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  • Johannes Rau als Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Entwicklung und Frieden benannt.
    S. 18 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Nordrhein-Westfalen hat den früheren Ministerpräsidenten des Landes, Johannes Rau (SPD), zum künftigen Vorsitzenden des Kuratoriums der Stiftung Entwicklung und Frieden benannt. Das Landeskabinett folgte einem entsprechenden Vorschlag von Regierungschef Wolfgang Clement (SPD).
    Die Stiftung Entwicklung und Frieden wurde 1986 auf Initiative von Bundeskanzler a.D. Willy Brandt (SPD) gegründet. Die Stiftung hat ihren Sitz in der Bundesstadt Bonn und dient der Förderung von Völkerverständigung, internationaler Zusammenarbeit und Entwicklung sowie der Stärkung und Verbreitung des Bewußtseins um globale Zusammenhänge.

    Berlin, Brandenburg, Sachsen

    Zum 1. Juli 1993 ist der frühere Verein unter maßgeblicher Beteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen und unter Mitwirkung der Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen in eine rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts umgewandelt worden. Als stellvertretende Vorsitzende des Kuratoriums haben Berlin den Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen (CDU) und Brandenburg Ministerpräsident Dr. Manfred Stolpe (SPD) benannt. Die Benennung Sachsens steht noch aus. Als weitere Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung Entwicklung und Frieden hat Nordrhein-Westfalen aus dem Landtag die Abgeordnete und ehemalige Wissenschaftsministerin Anke Brunn (SPD) sowie die Abgeordneten Reinhold Hemker, Karin Jung (beide SPD, Ilka Keller (CDU) und Ute Koczy (GRÜNE) benannt, ferner den ehemaligen SPD-Abgeordneten Helmut Kupski und aus dem Kabinett den Minister für Bauen und Wohnen, Dr. Michael Vesper (GRÜNE). Darüber hinaus sollen dem Kuratorium Egon Bahr, Dr. Katharina Focke, Professor Dr. Ingomar Hauchler MdB, Professor Dr. Uwe Holtz (Universität Bonn), Professor Dr. Knut Ipsen (Deutsches Rotes Kreuz), Professor Dr. Reimut Jochimsen (Landeszentralbank), Josef Krings (Duisburg), Dr. Klaus Lefringhausen (Nord-Süd-Beauftragter), Dr. Irmgard Schwaetzer MdB, Ludger Volmer MdB, Ingrid Walz (Evangelische Kirche) und Professor Dr. Ernst-Ulrich von Weizsäcker (Wuppertal-Institut) angehören.

    ID: LI981239

  • Einberufung von Lehrern zu Wehrübungen.
    S. 18 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Im Falle der Einberufung zu einer Wehrübung sei ein Beamter kraft Gesetzes für die Dauer der Wehrübung mit Bezügen beurlaubt. Wie Angehörige anderer Berufsgruppen unterlägen daher Wehrpflichtige, die als Lehrer tätig seien, der gesetzlichen Verpflichtung, an diesen Übungen teilzunehmen. Wie lange die Übungen dauerten, wann sie stattfänden und wie oft wehrpflichtige Lehrer eingezogen würden, entziehe sich grundsätzlich einer Beeinflussung durch die Schulbehörden. Das erklärt Schulministerin Gabriele Behler (SPD) in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage des SPD-Abgeordneten Johannes Pflug. Die Frage einer Sonderregelung für Lehrer sei mehrfach zwischen dem Bundesverteidigungsminister und den Kultusministern erörtert worden. Die Bundesregierung habe es jedoch wegen des Gleichbehandlungsgrundsatzes in der Verfassung abgelehnt, Lehrer prinzipiell besser zu stellen. Die Kreiswehrersatzämter hätten indessen in der Vergangenheit Freistellungsanträgen der Schulbehörden in der Regel entsprochen (Drs. 12/2581).

    Systematik: 1410 Wehrdienst; 4210 Lehrer

    ID: LI981240

  • Türkische Schüler im Landtag.
    S. 18 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Bildunterschrift:
    Die Wuppertaler CDU-Landtagsabgeordnete Jutta Appelt und ihr Gelsenkirchener Fraktionskollege Oliver Wittke haben im Landtag mit Schülergruppen aus Izmir und dem Gymnasium Vohwinkel diskutiert. Die türkischen Schüler, die zu einem Austauschbesuch bei ihrer Wuppertaler Partnerschule, dem Gymnasium Vohwinkel zu Gast waren, interessierte vor allem die Arbeit des Parlaments, das deutsche Schulwesen, die Möglichkeiten des Studiums in Deutschland und das Staatsbürgerschaftsrecht. Diskutiert wurden auch Fragen der gegenseitigen Anerkennung unterschiedlicher Kultur. Dabei waren sich die Schüler der Partnerschulen mit den CDU-Abgeordneten, die beide im Migrationsausschuß des Landtags arbeiten, einig, daß gegenseifiges Verständnis durch das Leben in der Austauschfamilie besonders gefördert werden kann. Den Besuch im Landtag rundete die Anwesenheit der türkischen Vizekonsulin Yonca Sunel ab. Das Bild zeigt v. l. Oliver Wittke, Yonca Sunel, Schüler des Gymnasiums Izmir, Schüler und Lehrer des Gymnasiums Vohwinkel sowie Jutta Appell. Foto: Wieland

    ID: LI981241

  • Hoher Stellenwert des organisierten Sports im Land Beim Klettern wird nach Kompromiß mit Natur gesucht.
    S. 19 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Bildunterschriften:
    Seinen Antrittsbesuch als neu gewählter Vorsitzender des Sportausschusses machte Dr. Hans Kraft (SPD) beim Präsidenten des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen, Richard Winkels (im Bild links v. l.). Während des in freundlicher Atmosphäre verlaufenden Gesprächs betonte Winkels nachdrücklich den enormen gesellschaftlichen Stellenwert des organisierten Sports mit seinen fünf Millionen Mitgliedern in 20 000 Vereinen im Sportland NRW. — Zufriedene Gesichter bei den Mitgliedern des Organisations-Komitees für das große deutsch-japanische Sportsymposion im Sommer 1998 an der Universität/Gesamthochschule Essen. Die Vorbereitungen des Ereignisses, für das Sportministerin Ilse Brusis (SPD) die Schirmherrschaft übernahm, wurden optimal abgewickelt.
    Das Foto rechts zeigt v. l. n. r.: Dr. Hans Kraft, Vorsitzender des Sportausschusses, den ehemaligen FDP-Landtagsabgeordneten Joachim Schultz-Tornau, heute Präsident der deutsch-japanischen Gesellschaft NRW, und Professor Dr. Roland Naul, Sportpädagoge in Essen.

    ID: LI981242

  • Gabriele Behler.
    Zur Person
    S. 19 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Gabriele Behler (SPD), nordrhein-westfälische Ministerin für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung, ist neue Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder. Frau Behler hat dieses Amt bis zum Jahresende übernommen. Die neue KMK-Präsidentin leitet das NRW- Schulministerium seit 1995 und hat mit der Regierungsumbildung unter Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) auch das Wissenschaftsressort von Anke Brunn (SPD) übernommen, die dem Kabinett Clement nicht mehr angehört.

    ID: LI981243

  • Heinz Schleußer.
    Zur Person
    S. 19 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Heinz Schleußer (SPD) hat auf einem Parteitag in Duisburg am 20. Juni den Vorsitz des SPD-Bezirks Niederrhein nach 16 Jahren niedergelegt. Schleußer, nordrheinwestfälischer Finanzminister, bezeichnete seinen Rückzug vom Bezirksvorsitz als "Einstieg in den Ausstieg". Der 62jährige bleibt Minister. Zum neuen Vorsitzenden wurde auf dem Parteitag am Beginn der Parlamentsferien der Essener Europa-Abgeordnete Detlev Samland (SPD) gewählt. Der 45jährige, der keinen Gegenkandidaten hatte, erhielt 82,8 Prozent der gültigen Stimmen. Zu seinen Stellvertretern im Vorsitz des viertgrößten SPD-Bezirks in Deutschland wurden der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Bodo Hombach sowie die Landtagsabgeordnete Elke Talhorst gewählt.

    ID: LI981244

  • Konflikt zwischen Klettersport und Naturschutz in der Eifel.
    S. 19 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Bildunterschrift:
    Der Arbeitskreis Sport der CDU-Landtagsfraktion informierte sich " vor Ort" in Nideggen über den Konflikt zwischen Klettersport und Naturschutz in der Eifel. Unter Leitung der sportpolitischen Sprecherin Dr. Annemarie Schraps trafen sich die CDU-Politiker mit Vertretern des Deutschen Alpenvereins mit dem Ziel, einen Kompromiß zu finden. Der örtliche Abgeordnete Rolf See/ bescheinigte dem Alpenverein, bisher ein verläßlicher Partner gewesen zu sein, der um einen Ausgleich der Interessen bemüht sei. Dr. Schraps kündigte an, die CDU werde das Thema nach der Sommerpause im Sportausschuß des Landtags zur Sprache bringen. Auf Antrag der CDU-Landtagstraktion sollen auch Vertreter des Landwirtschafts-, Umwelt- und Wirtschaftsministeriums zu dieser Sitzung eingeladen werden. Das Bild zeigt von links: Heinz-Helmich van Schewick, Dr. Annemarie Schraps (beide CDU), Heidi Cremer (Alpenverein), Rolf Seel (CDU) und Hans-Achim Michna (Wissenschaftlicher Referent der CDU-Fraktion) Bild: Walter Schmühl

    ID: LI981245

  • Verabschiedung in den Ruhestand.
    S. 20 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Bildunterschrift:
    Zwei Mitarbeiter des Landtags, Ministerialrat Walter Hezel (l.) und Haushandwerker Wolfgang Templin (r.), sind von Landtagspräsident Ulrich Schmidt (M.) in den Ruhestand verabschiedet worden. Der Präsident bedankte sich zunächst bei Walter Hezel für dessen nahezu 40jährige Tätigkeit im Landtag. Durch dessen Lebensdaten ziehe sich, wie ein roter Faden, die Begeisterung, man könne schon sagen, die Liebe zur Stenographie. Er habe bereits mit 14 Jahren begonnen, die Kurzschrift zu erlernen. Im Jahre 1953 sei er bereits über 300 Silben schnell gewesen. 1954, nach bestandenem Abitur, habe er als gelernter "Altsprachler" ein Stenogramm in lateinischer Sprache mit 100 Silben erstellen können. Im Mai 1960 sei der Jurist Hezel der zweite Landtagsstenograph mit abgeschlossener akademischer Vorbildung gewesen. Seit Beginn seiner Tätigkeit habe er an exakt 970 Plenarprotokollen mitgewirkt. Der Präsident bestätigte Walter Hezel, dem scheidenden Leiter des stenographischen Dienstes, eine hervorragende Auffassungsgabe, Erfahrung, Übung, Kenntnis der Hintergründe und volle berufliche Hingabe. Ulrich Schmidt dankte ferner dem gelernten Stahlbauschlosser Wolfgang Templin. Mit ausschlaggebend für seine Einstellung 1981 dürfte gewesen sein, daß er in seiner Vortätigkeit als Anreißer im Preßwerk Krefeld drei Prämien wegen technischer Verbesserungsvorschläge erhalten habe. Seit 1987 sei er im Gebiet " Maschinentechnik" tätig gewesen. Auch ausbildungsfremde Arbeiten habe er klaglos erledigt. Der Präsident beglückwünschte ferner drei Beschäftigte des Landtags zum 25jährigen Dienstjubiläum: Oberamtsrat Bernhard Heimfarth sowie die Regierungsangestellten Wiltried Graßhoff und Eleonore Pallast.

    ID: LI981246

  • Eschweiler pfiff Spiel vorzeitig ab.
    S. 20 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Der FC Landtag kam erst in der zweiten Halbzeit zum Zuge. Er löste die Mannschaft Solinger Politiker im Benefizspiel zugunsten der psycho-sozialen Krebsberatung ab und sah sich vor einem begeisterten Publikum vor die Aufgabe gestellt, den 1:0 Vorsprung des jungen, durchtrainierten Teams bekannter Solinger Sportler aufzuholen. Die Zeit aber war einfach zu knapp. Kaum hatte sich der FCL warmgespielt, da wurde das Spiel vorzeitig, nach nur 17 Minuten, von dem früheren Bundesliga-Schiedsrichter Walter Eschweiler abgepfiffen. Dabei hatte der FCL in diesen wenigen Minuten bereits enormen Druck entfaltet, sich mehrere gute Chancen erkämpft und erspielt und den Vorsprung der Solinger Sportler-Asse egalisiert. Tommy Mayer, einmal mehr fädenziehende Figur im Mittelfeld des FCL, spielte einen klugen Steilpaß präzise in den Lauf von Jens Harmeier, und cer ließ dem gegnerischen Keeper mit seinem plazierten Flachschuß nicht den Hauch einer Chance. Immer besser kam der FCL in der Jahnkampfbahn in Solingen-Wald ins Spiel: Hans Kraft und Thomas Mahlborg trieben den Drehzahlmesser in die Höhe. Und dann kam es, wie es so oft im Fußball kommt: die sprintschnellen Solinger Sportler überliefen den aufgerückten, auf den Sieg drängenden FCL und gingen erneut in Führung. Allen weiteren Anstrengungen des FCL machte der finale Pfiff Eschweilers ein jähes Ende. Langsam wird es Nacht um die Parlamentsmannschaft. Erst ein Sieg in acht Spielen. Und am Freitag geht es zur Eröffnung des westfälischen Kirchentages nach Unna gegen die bärenstarke Auswahl evangelischer Pfarrer...

    ID: LI981247

  • FC Landtag spielte voller Schwung gegen Duisburger Trainerauswahl.
    Trotz Niederlage Hoffnung auf Aufwärtstrend.
    S. 20 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Es war ein gutes, ein schwungvolles Spiel mit flüssigen Kombinationen, mit herzhaften Torschüssen, technischen Kabinettstückchen, tollen Torwartparaden, die trotzdem sechs Treffer nicht verhindern konnten.
    Die fachkundigen Zuschauer waren's zufrieden; sie geizten nicht mit Beifall bei den zahlreichen gelungenen Aktionen beider Teams. Die Bedingungen waren hervorragend in Duisburg auf der Sportanlage von Viktoria Buchholz: Platz, Wetter, Schiedsrichter, Ball — alles paletti, so daß es nachher an der Theke schwerfiel, Entschuldigungen herbeizudiskutieren. Inspiriert durch die Fußball-WM, ging der FC Landtag mit großem Elan, mit Kreativität und Tordrang in die Begegnung. Vor allem das schwarze magische Dreieck aus der wendigen Sturmspitze Günter Langen sowie den nimmermüden Antreibern Thomas Mahlberg und Oliver Wittke tat sich dabei hervor. Dumm nur, daß sich die Duisburger Trainerauswahl in dieser Klassepartie insgesamt als durchtrainierter, als eingespielter, als weiter in der Vorbereitung nach der langen Sommerpause erwies. Kurzum: die Duisburger Kicker waren etwas cleverer, und das brachte ihnen den verdienten Sieg. Zur Halbzeit lag die Trainerauswahl mit 2:0 vorne. Dabei war das 1:0 typisch: Angriff über die linke Seite, flache Hereingabe, Gefummel im Parlaments-Strafraum, und irgendwie wird der Ball über die Linie des von Rene Markgraf gehüteten Tores gestochert. Ein Beleg für das fehlende Quentchen Spritzigkeit beim FC Landtag. Kurz nach Wiederanpfiff keimte Hoffnung auf, als das größte Talent in den FCL-Reihen, Tommy Mayer, in seiner unnachahmlichen Art verkürzte. Leider währte die Hoffnung nicht lange. Kaltblütig nutzte die Trainerauswahl die sich bietenden Räume für wirkungsvolle Konter.

    Gute Laktatwerte

    Immerhin entwickelte Landtagsteam doch nach einigen Anlaufschwierigkeiten die nötige Power, um die gut vorbereiteten Trainer in arge Bedrängnis zu bringen. Trotz aller Anstrengungen aber reichte es insgesamt nur zum 2. Treffer, den Abwehrchef Wolfgang Euteneuer per Elfmeter markierte. Das Match ging 2:4 verloren. Macht nichts. Der FCL hat sich gut präsentiert. Es besteht Hoffnung, daß es aufwärts geht. Die Laktatwerte sind gut, und nach Berechnungen der medizinischen Abteilung wird der FCL voraussichtlich Mitte November seine Höchstform erreicht haben. Bedauerlicherweise endet die Saison vier Wochen vorher.

    ID: LI981248

  • Luerwald geschont.
    S. 20 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Der Lückenschluß der A 46 zwischen Hemer und Neheirn-Hüsten sei bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplanes 1992 von der Landesregierung aus landschaftsökologischer Sicht — insbesondere wegen der Durchschneidung des Luerwaldes — abgelehnt worden. Für die Landesregierung kämen daher nur Lösungen in Betracht, die den Luerwald nicht durchschnitten. Das geht aus einer Antwort des nordrhein-westfälischen Wirtschafts- und Verkehrsministeriums auf eine Kleine Anfrage des CDU-Abgeordneten Hubert Schulte hervor. Der Politiker hatte den Lückenschluß der A 46 zwischen Hemer und Arnsberg angesprochen, unter anderem mit Hinblick auf die Infrastrukturentwicklung des nördlichen Märkischen Kreises (Drs. 12/3035).

    Systematik: 2810 Verkehrswegebau

    ID: LI981249

  • Amerikaner verhinderten "Sozialisierungsexperimente".
    Landtag wollte 1948 Kohlebergbau an der Ruhr in Gemeineigentum überführen.
    S. 21 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Zerbombte Städte, Flüchtlingsströme, hungernde Menschen: Bilder, die man mit dem Deutschland der ersten Nachkriegsjahre verbindet, und die an Probleme der damaligen Zeit erinnern. Hinter diesen Bildern verbergen sich schwerwiegende Nachkriegsfolgen, zu denen nicht zuletzt die wirtschaftlich desolate Lage Deutschlands unmittelbar nach dem Krieg gehörte. Die Stagnation des Wachstums, überhaupt die Störung des gesamten Wirtschaftsablaufs zwangen die Besatzungsmächte und die deutschen Politiker zum schnellen Handeln auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber auch zu einer Grundsatzdiskussion: Wie sollte die Wirtschaftsordnung des künftigen Deutschlands aussehen? Das war die Frage, die in den ersten Nachkriegsjahren geklärt werden mußte. Daß es neben der Demokratisierung der Gesellschaft auch zu einer Wirtschaftsdemokratie ohne kapitalistische Auswüchse kommen müßte, gehörte zu den konzeptionellen Vorstellungen der meisten Politiker der damaligen Zeit. Sie waren sich weitgehend darüber einig, daß es zu einer Neuordnung der Wirtschaft und damit auch der Eigentumsverhältnisse kommen müsse.
    "Das kapitalistische Wirtschaftssystem hat sich an seinen eigenen Gesetzen totgelaufen. Der natürliche Zweck der Wirtschaft, nämlich die Bedarfsdeckung des Volkes, ist in sein Gegenteil verkehrt worden. Aus dem sittlich vorgeschriebenen Dienst an der Gemeinschaft wurde ein egoistisches Machtstreben, das das Lebensrecht und die Freiheit des wirtschaftlich Schwächeren und die Wohlfahrt des Volkes außer Betracht gelassen hat." Dies sind Worte, die viele, wohl ohne Kenntnis des geschichtlichen Hintergrunds, im linkspolitischen Lager vermuten würden. Tatsächlich ist es aber die Bilanz des christdemokratischen Ministerpräsidenten Karl Arnold (CDU) zwei Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg, eine Schlußfolgerung aus den schmerzhaften Erfahrungen der Kriegs- und Vorkriegsjahre, zu der er bei seiner Regierungserklärung am 17. Juni 1947 kam.
    Welche Konsequenzen ergaben sich aus dieser Bilanz? Welche Antworten fanden die Politiker auf das "totgelaufene kapitalistische Wirtschaftssystem?" Die Sozialisierung der Grundstoffindustrien war für viele Politiker eine mögliche Antwort, zumindest gehörte sie aber zu den Themen, die in den Nachkriegsjahren bis zur Gründung der Bundesregierung Deutschland die politische Debatte bestimmten.
    Die nordrhein-westfälischen Politiker konzentrierten sich hierbei entsprechend den Gegebenheiten auf die Kohlewirtschaft. Nachdem die britische Militärregierung am 22. Dezember 1945 den Kohlebergbau beschlagnahmt hatte, forderte die KPD am 22. Juli 1947 die "Überführung der beschlagnahmten Kohleindustrie in deutsche Hände zum Zwecke der Sozialisierung". In einer diesbezüglichen Sitzung votierten am 2. August 1947 alle Fraktionen in einer gemeinsamen Erklärung zwar nicht für die Sozialisierung, wohl aber für die Herbeiführung einer gemeinwirtschaftlichen Ordnung der Kohlewirtschaft: "Um sichere rechtliche und wirtschaftliche Verhältnisse in der Kohlewirtschaft herzustellen, ersucht der Landtag die Militärregierung, die Beschlagnahme des Eigentums an der Kohlewirtschaft aufzugeben und das Eigentum an eine von der Landesregierung zu benennende und vom Landtag zu bestätigende deutsche Treuhandverwaltung zu übertragen ..."
    Auch die FDP stimmte diesem Beschluß einer gemeinwirtschaftlichen Ordnung zu, betonte aber, jegliche Form der Sozialisierung abzulehnen. In der CDU gingen die Meinungen hinsichtlich der Sozialisierung des Kohlebergbaus auseinander. Während der damalige Fraktionsvorsitzende im Landtag und spätere Bundeskanzler Konrad Adenauer und einige seiner Anhänger keine Sozialisierung wünschten, dachten Ministerpräsident Karl Arnold und der linke Flügel der CDU laut über Formen der Sozialisierung nach. Der Widerstand Adenauers gegen die Überführung des Kohlebergbaus in Gemeineigentum wurde bei einer Sitzung des Landtags im April 1948 spürbar, als er sich gegen eine Formulierung eines SPD-Antrages wandte, in dem die Partei erneut von den Briten die Aufhebung der Beschlagnahme aller Grundstoffindustrien forderte. Grundsätzlich stimmte Adenauer zwar diesem Antrag zu, die Zielbestimmung ..Aufhebung der Beschlagnahme zwecks Überführung in Gemeineigentum" lehnte er aber ab, was allerdings nichts daran änderte, daß der SPD-Antrag vom 1. April 1948 in seinem ursprünglichen Wortlaut von der Mehrheit des Landtages angenommen wurde. Adenauer wollte wohl die Aufhebung der Beschlagnahme durch die Briten, befürwortete aber nicht die Sozialisierung. Auch Veto der Briten Einige seiner CDU-Kollegen hielten dennoch ihre positive Haltung bezüglich der Verstaatlichungsmaßnahmen bei, was zur Folge hatte, daß sich die Christdemokraten bei der endgültigen Abstimmung über ein Gesetz zur Sozialisierung am 6. August 1948 ihrer Stimme enthielten und somit einen neuen SPD-Antrag "betreffend der Ermächtigung des Landes Nordrhein-Westfalen zur Überführung der Kohlewirtschaft in Gemeinwirtschaft" nicht verhinderten. Das Gesetz wurde mit den Stimmen von SPD, KPD und Zentrum gegen die FDP und bei Enthaltung der CDU verabschiedet. Die erste Hürde auf dem Weg zur Sozialisierung der Kohlewirtschaft war genommen. Doch die zweite Hürde, die Zustimmung der Briten zu diesem Gesetz, erwies sich als zu hoch. Am 23. August 1948 teilte der britische General Bishop, Landesbeauftragter der Militärregierung, dem Landtagspräsidenten Josef Gockeln die Ablehnung des Gesetzes mit. Begründung der Briten: die Frage der Sozialisierung sollte "von einer deutschen Regierung und nicht von einer Landesregierung" behandelt werden. Schließlich seien die Bergwerke Teile nationalen Vermögens, was bedeute, daß "alle weiterreichenden Maßnahmen, die das Eigentum an ihnen und ihre Leitung berühren", Angelegenheiten seien, "die auch die anderen Länder angehen". Deshalb müsse eine Entscheidung für oder gegen die Sozialisierung von einer "künftigen Regierung" getroffen werden. Mit einer solchen Ablehnung ihres Gesetzes hatten die nordrhein-westfälischen Politiker nicht gerechnet. Für die Briten allerdings stand dieses Veto schon vor der Verabschiedung des Gesetzes fest, waren sie doch mit ihrer Haltung zur Sozialisierung auch an den Standpunkt der Amerikaner gebunden. Und die lehnten "Sozialisierungsexperimente" grundsätzlich ab. Obwohl die Briten selbst die Sozialisierung der Kohlewirtschaft favorisierten, stand spätestens seit dem Washingtoner Abkommen vom August 1947 fest, daß sie sich der Meinung der Amerikaner zu beugen hatten. In dem Abkommen setzten die Amerikaner für den Kohlebergbau die Aufschiebung der geplanten Verstaatlichungsmaßnahmen auf fünf Jahre durch. Im Gegenzug versicherten die Amerikaner den Engländern ihr Entgegenkommen bei der Lösung britischer Finanzprobleme. So war der Gesetzesbeschluß der nordrhein-westfälischen Abgeordneten zur Sozialisierung eigentlich bereits ein Jahr vor seiner Verabschiedung zum Scheitern verurteilt gewesen. Die Amerikaner erreichten ihr Ziel, die Sozialisierungsüberlegungen erst einmal aufzuschieben. So gaben sie der freien Unternehmerwirtschaft die Möglichkeit, mit ihrer Arbeit fortzufahren, bis sich wirtschaftliche Verbesserungen einstellten. Mit der Ablehnung des Sozialisierungsgesetzes vom 6. August 1948 war über den Kohlebergbau hinaus eine Vorentscheidung für die künftige Wirtschaftsordnung gefallen, in der für Sozialisierungsmaßnahmen kein Platz mehr war. Es zeigte sich schnell: So vieldiskutiert die Sozialisierung in den ersten Nachkriegsjahren war, so schnell verschwand sie in den "Kinderjahren" der Bundesrepublik Deutschland auch wieder von der politischen Bildfläche. Die Politik des Bundeswirtschaftsministers Ludwig Erhard (CDU) bestimmte von nun an die Zielrichtung und gab den Weg frei für die Soziale Marktwirtschaft. Astrid Krekelberg Literatur: "Kleine Geschichte Nordrhein-Westfalens", Walter Först, Landeszentrale für politische Bildung, Düsseldorf 1986 "Wirtschaft in Westdeutschland 1945— 1948", Werner Abelshauser, Deutsche Verlags-Anstalt Stuttgart

    ID: LI981250

  • Offene Tür.
    S. 21 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Im Landtag findet am Samstag, 29., und Sonntag, 30. August, ein "Tag der offenen Tür" statt. Verschiedene Dienstleistungsbereiche werden ihr Service-Spektrum darstellen. Der "Tag der offenen Tür" erfolgt in Kooperation mit dem WDR und dem Apollo- Theater, beide Nachbarn des Landtags.

    ID: LI981251

  • SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Berufskolleg bietet Startvorteil ins Berufsleben.
    Aus den Fraktionen
    S. 22 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    "Mit der Einführung des Berufskollegs schafft Nordrhein-Westfalen eine attraktive Alternative zur gymnasialen Oberstufe. Denn gerade in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ist es ein unschätzbarer Vorteil, mit zwei Optionen, beruflicher Qualifikation und Studienberechtigung in das Berufsleben einzutreten." Das erklärte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Manfred Degen. Seit dem 1. August 1998 seien die 331 berufsbildenden Schulen und 42 Kollegschulen in Nordrhein-Westfalen in "Berufskollegs" umgewandelt worden, erläuterte Degen. Mit der schrittweisen Entwicklung des Berufskollegs, für die ein fünfjähriger Übergangszeitraum geplant sei, verwirkliche Nordrhein-Westfalen erstmalig die Gleichwertigkeit beruflicher und allgemeiner Bildung. Mit den neuen verbesserten Angeboten steigere das Berufskolleg die Qualität in der beruflichen Ausbildung, stärke das duale System und verbessere die Grundlagen für lebenslange Weiterbildung. "Nordrhein-Westfalen übernimmt damit eine bundesweit anerkannte Vorreiterrolle", stellte Degen heraus. Er verwies darauf, daß mit den kürzlich getroffenen Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz die bundesweite Anerkennung aller schulischen Abschlüsse im Berufskolleg gewährleistet sei. "Durch umfassende Bildung und Lernen im beruflichen Zusammenhang wird den Absolventen des Berufskollegs im Vergleich ein ebenso schneller Erwerb der allgemeinen Hochschulreife wie in der gymnasialen Oberstufe angeboten", erläuterte der SPD- Bildungsexperte. Als Beispiele für neue Möglichkeiten und Veränderungen im Berufskolleg, die Schritt für Schritt realisiert werden sollen, nannte Degen den Ausbau berufsbezogener Fremdsprachenangebote in der beruflichen Ausbildung, die Ausweitung und Vertiefung von Informatikkenntnissen und die Möglichkeit zum Erwerb beruflicher Zusatzqualifikationen bereits während der Ausbildung. * Auf Initiative der SPD-Landtagsfraktion wird sich der Ausschuß für Haushaltskontrolle des Landtages mit den Zahlungsmodalitäten der öffentlichen Auftraggeber gegenüber dem Bauhandwerk befassen. Nach Auskunft des SPD-Sprechers im Ausschuß, Walter Grevener, reagiert die SPD-Fraktion damit auf eine Untersuchung des betriebswirtschaftlichen Instituts der Bauindustrie, nach deren Erkenntnissen öffentliche Auftraggeber ihre Rechnungen deutlich später begleichen als private. Deshalb müsse versucht werden, so Grevener, die Ursachen überlanger Zahlungsfristen zu erforschen und eventuelle Hemmnisse zu beseitigen. "Wir wollen dem Handwerk und dem Mittelstand helfen, indem wir erreichen, daß die öffentlichen Auftraggeber künftig schneller zahlen."

    ID: LI981252

  • CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Mehr Engagement für Ausbildung im öffentlichen Dienst.
    Aus den Fraktionen
    S. 22 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Die CDU-Landtagsfraktion hat den nordrheinwestfälischen Ministerpräsidenten Clement aufgefordert, bei seiner Lehrstellen-Tour auch bei den Behörden im Land für zusätzliche Ausbildungsplätze zu werben. Wie der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Helmut Linssen erklärte, "stellt der öffentliche Dienst in NRW zur Zeit nur 2,8 Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze, was angesichts eines Behörden-Anteils von 14 Prozent aller Arbeitsplätze schlicht zu wenig ist". Auch wenn die Dienststellen des Landes und der Kommunen hinterher nicht alle Nachwuchskräfte in den öffentlichen Dienst übernehmen könnten, müsse durch eine Ausbildung über den Bedarf hinaus mehr jungen Menschen als bisher die Chance gegeben werden, sich für einen besseren Start ins Berufsleben zu qualifizieren, meinte der CDU- Politiker. Linssen wörtlich: "Der öffentliche Dienst kann genügend attraktive Ausbildungsgänge anbieten, die nach Abschluß der Lehre den Wechsel in die freie Wirtschaft ermöglichen." Nach Linssens Worten sei es "gut, daß landauf, landab Bürgermeister, Landräte, Abgeordnete ebenso wie Kirchen und Medien für mehr Ausbildungsplätze in Wirtschaft und Verwaltung werben". Ministerpräsident Clement solle deshalb "bei seiner Rundreise die Rathäuser und Kreisverwaltungen nicht aussparen". CDU lehnt zusätzliches landesweites WDR-Programm ab "Der Beschluß des WDR-Rundfunkrates, auf der Frequenz 103,3 MHz für ein "kleines Funkhaus Europa" ein neues landesweites Programm einzurichten, ist ein eindeutiger Beweis für die "Frequenzüberversorgung des WDR", kritisierte die medienpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion, Ruth Hieronymi. "Das .kleine Funkhaus Europa' darf kein Alibi für WDR 6 sein!" stellte sie fest. "Diese Frequenzen müßten dem NRW-Lokalfunk für sein bereits seit langem gefordertes landesweites zweites Hörfunkprogramm zur Verfügung gestellt werden. Die Lokalfunkstationen, deren Ertragssituation wesentlich von den Ausschüttungen des privaten "radio NRW" abhängt, sind in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten. 39 der 46 Lokalstationen werden 1998 Verluste einfahren. Darüber hinaus sind die Ausschüttungen von "radio NRW" von 1995 48 Mio. DM auf 28 Mio. DM in 1997 abgesunken, "radio NRW" könnte durch eine zweite landesweite Hörfunkkette mit einer jugendlicheren Klangfarbe für entscheidend höhere Werbeeinnahmen und damit auch für mehr Ausschüttungen an die Lokalfunkstationen sorgen. Statt dessen wird nun aus offensichtlich nicht vorrangig benötigten Frequenzen ein sechstes WDR-Programm aus dem Boden gestampft", so die medienpolitische Sprecherin. "Die CDU-Landtagsfraktion hat immer wieder vor der Dominanz des WDR und der dramatischen Benachteiligung des NRW-Lokalfunks gewarnt. Die Landesregierung muß dafür sorgen, daß der WDR unverzüglich alle nicht vollständig genutzten Frequenzen offenlegt." Notwendig sei ein landesweites "Bündnis für Radio", um durch eine gerechtere Frequenzverteilung für private und öffentlich-rechtliche Sender die Zukunft des NRW-Lokalfunks zu sichern. "Die Landesregierung muß gewährleisten, daß ein vom Landtag gefordertes und in wenigen Wochen vorliegendes unabhängiges Frequenzgutachten nicht durch die Entscheidungen des WDR zu Makulatur wird", ergänzte die Medienexpertin.

    ID: LI981253

  • Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen
    Kindergartenpolitik ist zentrale Landesaufgabe.
    Aus den Fraktionen
    S. 22 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Berichte des Landesrechnungshofes haben nicht nur Anspruch auf sorgfältige Befassung in den zuständigen Gremien des Landtags; es darf auch erwartet werden, daß sich aus solchen Berichten Konsequenzen ergeben. Der LRH-Bericht vom 7.11.1997 befaßt sich mit Unregelmäßigkeiten, die im Verfahren der Betriebskostenzuschüsse für Kindergärten entstanden sind, nachdem diese Aufgabe am 8.12.1992 den Landesjugendämtern entzogen und den Bezirksregierungen übertragen worden ist. Machgewiesen werden konnte, daß einzeine örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe zum Nachteil des Landeshaushalts ihnen zustehende Mittel zu früh und/oder überhöht abgerufen haber. Das zuständige Ministerium hat dargelegt, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die erkannten Mängel abzustellen. Dies findet unsere Unterstützung. Damit hätte die Angelegenheit eigentlich ihr Bewenden haben können, gäbe es nicht im LRH-Bericht weitere Empfehlungen, die sich keineswegs schlüssig aus den Prüfungsergebnissen ableiten lassen: - zur Anpassung bzw. Flexibilisierung der Personalstandards - zur Verlagerung der Zuständigkeit für die Erteilung von Betriebserlaubnissen von den Landesjugendämtern auf die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe - zur Veränderung des Zuschußgewährungsverfahrens (über GFG oder Fachpauschalen) Anhaltspunkte für die Notwendigkeit dieser Empfehlungen ergeben sich aus den im LRH- Bericht zugrundeliegenden Ergebnissen der staatlichen Prüfungsämter jedoch nicht. Ein Schuh wird daraus erst, wenn wir den Blick auf die allgemeine Haushaltslage im Land und in den Kommunen richten. Angesichts massiver Zuschußforderungen seitens der konfessionellen Kindeigartenträger stehen die öffentlichen Kassen vor der Zwickmühle: entweder Beiträge anlieben oder Standards absenken und Personal abbauen, am besten alles gleichzeitig. Diese schwierigen Probleme politischer Prioritätensetzungen können mit Hilfe des LRH- Berichts nicht gelöst werden. Seine Empfehlungen sind allerdings dann nicht an den Haaren herbeigezogen, wenn wir sie vom Prüfungsgeschehen losgelöst betrachten und sie in den aktuellen finanzpolitischen Kontext stellen. Eine bedarfsgerechte Angebotsinfrastruktur mit Bildungsauftrag Im Bereich der Elementarerziehung ist sowohl entwicklungspsychologisch für Kinder unverzichtbar als auch frauen- und arbeitsmarktpolitisch unerläßlich. Weder die Verlagerung der Betriebserlaubniserteilung noch die Kommunalisierung der Betriebskosten über das GFG sind geeignet, diesen gesellschaftspolitischen Auftrag auch zukünftig sicherzustellen. Deshalb begrüßen wir, daß das MFJFG diese Empfehlung nicht aufgreift. Kindergartenpolitik ist eine zentrale Landesaufgabe, die zu' Attraktivität des Standortes NRW wesentlich beitragen kann. Das Gesetz über die Tageseinrichtungen für Kinder sichert mehrere 10 000 Arbeitsplätze in NRW.

    ID: LI981254

  • Johannes Rau 40 Jahre Mitglied des Landtags.
    Zur Person
    S. 23 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Johannes Rau (SPD), ehemaliger Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, gehörte am 21. Juli 40 Jahre dem Düsseldorfer Landtag an. 1958 zog er als jüngster Abgeordneter in das NRW-Parlament, damals noch im Ständehaus, ein. Seinen Wuppertaler Wahlkreis hat er danach neunmal in Folge und dreimal in Folge mit absoluter Mehrheit die Landtagswahl gewonnen. Johannes Rau ist heute der dienstälteste Abgeordnete des Landtags im bevölkerungsreichsten Bundesland.

    ID: LI981255

  • Porträt der Woche: Wolfgang Röken (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Wolfgang Röken ist von sportlich-kultivierter Erscheinung. Früher, als Leiter einer Hauptschule, war er gewiß eine Respektsperson auch für die größten Rabauken. Der Sozialdemokrat aus Gladbeck plaudert in angenehmem, kontrolliertem Ton, eine hinreichend gepflegte Atmosphäre beim Tischgespräch scheint ihm wichtig zu sein. Wenn er über sich als politischen Arbeiter daheim in der Gladbecker Parteipolitik sagt, er sei "der Junge für alles", kommt man ins Grübeln. Ob der eher feingeistig wirkende Mann wirklich auch ein Sozialdemokrat fürs Grobe sein kann? Er selbst sagt über sich, nach außen hin wirke er ruhig, ein dickes Fell jedoch habe er sich nicht zulegen können, es würde auch die notwendige Sensibilität stören.
    Schnell spürt man, daß der Pädagoge Röken nicht leidenschaftlich gerne über Schul- und Bildungspolitik redet. Es bleibt bei einem wackren Bekenntnis für die Gesamtschule, deren Idee man nach Rökens Meinung konsequenter hätte verfolgen und durchsetzen müssen. Schließlich hätten andere vergleichbare Industriestaaten doch auch Schulsysteme mit Gesamtschulcharakter. "Aber", betont er, "ich will mich bewußt hier nicht mit Bildungspolitik befassen." Ihn stört die Schablone: Aha, ein Lehrer, folglich Schulpolitik. Also: Wolfgang Röken der politische Generalist. Das hat ihm in der Zeit als Ober-/Bürgermeister von Gladbeck geholfen. Er übernimmt gerne Verantwortung, wenn es geht, in leitender Funktion. Jemand, der so engagiert ist, wie der leidenschaftliche Kommunalpolitiker Röken, von dem manche sagen, er sei ein Workaholic, für den muß doch Politik Drogenersatz sein. "Ja", räumt der SPD-Abgeordnete ein, "trotz allen Ärgers, den die Politik mit sich bringt, eine gewisse Droge ist sie schon." Röken stört der Ansehensverlust, den die Politiker erleiden. Er sagt, er sei pflichtbewußt, jemand, der in der Kommunal- und Landespolitik weniger große Erklärungen als vielmehr kleine vernünftige Taten schätzt. Er mag es, wenn die Menschen seinen Rat suchen. Das Wahlkreisbüro hat von 8 bis 18 Uhr geöffnet.
    Röken entstammt keiner sozialdemokratischen Familie, wiewohl die Mutter seit 20 Jahren die SPD wählt. Über die Mutter spricht er mit großer Bewunderung. Nachdem der Vater, ein Schneidermeister, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, mußte die Mutter wieder arbeiten, damit sie ihm das Studium finanzieren konnte. Eigentlich habe er Publizistik belegen wollen, doch dies sei zu langwierig und damit zu teuer gewesen. Also entschied sich der junge Wolfgang Röken fürs kurze Studium an der PH im heimatortnahen Essen. Für die Schwester blieb "nur" die Realschule. Gleichheit der Bildungschancen für alle — dieses Anliegen habe ihn letztlich in die SPD gebracht, erinnert sich der in Sachsen-Anhalt Gebürtige. In der Sozialdemokratie verschmäht er das Flügeldenken. Ein politischer Typus wie Wolfgang Clement sage ihm sehr zu. Über Willy Brandt spricht Röken zwar wie jeder aufrechte Sozialdemokrat mit Respekt, aber er findet auch: "Man sollte Brandt nicht überhöhen, ich habe mich politisch nie zu seinen Enkeln gerechnet." Über seine Arbeit im Landtag redet er mit reichlich Sinn fürs Machbare: "Es war mir klar, daß ich nicht in der ersten Reihe sitze, ich bin nicht angetreten, um den Düsseldorfer Himmel zu stürmen." In den Landtagsausschüssen für Städtebau und Wohnungswesen sowie Verkehr will Röken seine langjährigen Erfahrungen aus Gladbeck einbringen, natürlich auch noch etwas für den eigenen Wahlkreis "herausholen". "Denn dort bin ich gewählt worden." Ginge es nach ihm, ließe er sich auch für die kommende Legislaturperiode wählen.
    Immer wieder lenkt Röken das Gespräch Richtung Kommunalpolitik. Er streicht die fahrradfreundliche Stadt Gladbeck heraus, das erfolgreiche Modellprojekt ÖPNV, die Städtepartnerschaften zusätzlich zum Üblichen. Auf die von ihm angestoßene Verbindung, beispielsweise zum türkischen Alanya, ist er besonders stolz. In Gladbeck leben 6 500 Türken, die Stadt hat 80 000 Einwohner. Wann immer er dienstlich oder privat in die Türkei reise, empfinde er die Deutschfreundlichkeit dort: "Fast beschämend für uns." Röken kann sich, bei aller Verwurzelung im Revier, auch über Reisen in die weite Welt begeistern. Der dienstliche Abstecher nach Vancouver im Frühjahr war ein unvergeßliches Erlebnis. Nach New Orleans möchte er einmal, dort, wo Jazz in der Luft liegt. Diese Musikrichtung hat es dem Abgeordneten angetan. Wie das bei einem wie ihm, der gern alles selbst in die Hand nimmt, nicht verwundert, hat er sich zum Vorsitzenden des Gladbecker Jazzclubs wählen lassen. "Wir veranstalten jedes Jahr das schönste Jazzfest im Ruhrgebiet", meint er. "Ja, einmal nach New Orleans, das wäre ein Traum." Eine weitere Idee von Röken war es, Jazz im Rathaus zu bieten, stets am 2. Advent wird der Ratssaal leergeräumt für eine gemischte Präsentation von Jazzmusik und Kunsthandwerk.
    Zurück zur Politik: Röken mag klare Verhältnisse, sprich absolute SPD-Mehrheiten. Das müsse auch das SPD-Ziel für den nächsten Landtag sein, anderenfalls werde man doch für vieles verantwortlich gemacht, das man nur mit halbem Herzen mittrage. Es wurmt einen wie Röken gewaltig, daß in Gladbeck derzeit nicht die SPD, sondern die CDU den Bürgermeister stellt. Allerdings wirkt der Politiker, der die Werke von John Steinbeck und Werner Bergengruen zu seiner Lieblingslektüre zählt, zu keinem Zeitpunkt des Tischgesprächs, bei dem er sich zum Essen einen Weißwein gönnt, verbissen parteipolitisch.
    Reinhold Michels

    ID: LI981256

  • Symbiose mit der Landschaft.
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Bildunterschrift:
    Das Bergische Freilichtmuseum für Ökologie und bäuerlich handwerkliche Kultur in Lindlar des Landschaftsverbandes Rheinland will einen Eindruck vermitteln, wie Land und Leute ausgesehen und wie die Menschen Im vergangenen Jahrhundert sowie in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts gelebt haben. Ökologie, Leben und Arbeiten von 1800 bis in die 50er Jahre dieses Jahrhunderts stehen im Mittelpunkt der "Open-air'-Ausstellung, die am 1. Juni eröffnet wurde. Die 25 Hektar Land des Ausstellungsbereichs werden, wie in vergangenen Zeilen, mit Pferd, Pflug und per Hand bearbeitet. In den originalgetreu wiederhergestellten Häusern, meist aus Fachwerk, zum Teil auch verschiefert, arbeiten Schmiede und Weber wie vor vielen Jahrzehnten. Im Freilichtmuseum Lindlar gehen nach Auffassung des Landschaftsverbandes Tier und Mensch eine historische Symbiose mit der Landschaft ein. "Die Lebens- und Arbeitsbedingungen, von denen sie abhängig sind, sind die natürlichen Verhältnisse des bergischen Landes', heißt es in einer Beschreibung. Neuerdings kann man auch mit einer historischen gelben Postkutsche vom Ortszentrum zum Museumsgelände fahren. Die Stiftung Post- und Telekommunikation hat dem Museum das Gefährt als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt. Die Kutsche war 1939 nach Originalplänen aus dem 17. Jahrhundert nachgebaut und zum 500jährigen Postjubiläum aufwendig restauriert worden. Die Kutsche pendelt jeweils an Samstagen und Sonntagen zwischen Lindlar Ortsmitte und dem Museumsgelände. Das Museum selbst ist bis Oktober dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr sowie in den Herbst- und Wintermonaten jeweils von 10 bis 16 sowie an den Wochenenden bis 19 Uhr geöffnet. Foto: LVR Ludger Ströter

    ID: LI981257

  • Karin Hussing.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Karin Hussing (Herne) und Hans-Peter Lindlar (Hennef), CDU-Landtagsabgeordnete, sind auf der 37. Landesdelegiertentagung der Kommunalpolitischen Vereinigung der nordrhein-westfälischen CDU (KPV/ NW) mit großer Mehrheit in ihren Ämtern als stellvertretende Vorsitzende bestätigt worden. Sowohl Hussing als auch Lindlar vereinigten knapp 90 Prozent der abgegebenen Stimmen auf sich. An der Spitze der KPV/NW steht für zwei weitere Jahre Heinrich Niehaves. Für den hauptamtlichen Bürgermeister von Wermelskirchen und Schatzmeister der Bundes-KPV votierten 203 der 220 anwesenden Delegierten.

    ID: LI981258

  • Dr. Hans Kraft.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Dr. Hans Kraft (SPD), Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des Sportausschusses, ist auf dem Verbandstag des Squash Landesverbandes Nordrhein-Westfalen mit der "Verbandstafel in Silber", der höchsten Ehrung, die der Verband zu vergeben hat, ausgezeichnet worden. Hans Kraft wirkt seit Jahren im ehrenamtlichen Bereich als Präsident des Squash Landesverbandes.

    ID: LI981259

  • Wilhelm Riebniger.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Wilhelm Riebniger (CDU), seit 1991 Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen, hat sein Landtagsmandat mit einer Erklärung gegenüber dem Präsidenten des Landtags Ulrich Schmidt mit Wirkung vom 31. Juli 1998 niedergelegt. Für ihn wird Dr. Harald Pohlmann, Kaufmann aus Lemgo, über die Landesreserveliste in das Landesparlament eintreten.

    ID: LI981260

  • Michael Scheffler.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Michael Scheffler (SPD) und Gerd Wirth (SPD), Landtagsabgeordnete, sind in ihren Vorstandsämtern des SPD-Unterbezirks Märkischer Kreis als Vorsitzender bzw. Schatzmeister von den märkischen Delegierten mit überzeugender Mehrheit bestätigt worden. Der Iserlohner Abgeordnete Scheffler bekleidet das Amt des SPD-Unterbezirksvorsitzenden im Märkischen Kreis bereits seit 1990.

    ID: LI981261

  • Günter Ide.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Günter Ide, ehemaliger Präsident des Landesarbeitsgerichts in Hamm, ist von der Ministerin für Arbeit und Soziales, Ilse Brusis (SPD), zum Leiter der Arbeitsgruppe "Gleichstellung Behinderter" berufen worden. Ide soll das Bundes- und Landesrecht nach Benachteiligungen durchforsten.

    ID: LI981262

  • Wolfram Kuschke.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Wolfram Kuschke (SPD), Landtagsabgeordneter seit 1985, hat sein Landtagsmandat mit einer Erklärung gegenüber dem Präsidenten des Landtags, Ulrich Schmidt, mit Wirkung vom 31. Juli 1998 niedergelegt. Für ihn wird Hannelore Ludwig, Realschullehrerin aus Warburg, über die Landesreserveliste in das Landesparlament eintreten. Wolfram Kuschke löst die bisherige Regierungspräsidentin in Arnsberg, Dr. Raghilt Berve, im Amt ab. Sie ist von Innenminister Dr. Fritz Behrens (SPD) in den Ruhestand verabschiedet worden. Vor ihrem Abschied wurde Frau Berve noch ein besonderes Geschenk gemacht. Sie ist als erste Frau in Nordrhein-Westfalen von der Schornsteinfegerinnung für den Regierungsbezirk Arnsberg zur Ehrenschornsteinfegermeisterin ernannt worden. Ein Vertreter der Innung hob das vielfältige Engagement der Behördenleiterin für den Umweltschutz hervor und betonte, dies sei ein gemeinsames Anliegen. Der Schornsteinfegerinnung gehören 320 Mitgliedsbetriebe an, die im Bereich der Bezirksregierung Arnsberg die Handwerkskammern Dortmund und Arnsberg einschließen. Zur Zeit werden 72 Männer und sieben Frauen in dem Handwerk ausgebildet.

    ID: LI981263

  • Wort und Widerwort: Kann der Straßenbau privat finanziert werden?
    S. 1 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Die private Finanzierung von Straßen sei grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Eine weitere Möglichkeit sei die private Vorfinanzierung von Straßen. Die Mehrzahl der Verkehrspolitiker im Lande sei sich darüber einig, daß eine solche private Vorfinanzierung angesichts der allgemeinen finanziellen Situation aller öffentlichen Haushalte sinnvoll wäre. Privat vorfinanzierter Bau von strukturpolitisch wichtigen Landesstraßen könnte die für Bürger und Wirtschaft erforderliche Infrastruktur vervollständigen und optimieren. Das erklärt der SPD-Abgeordnete Heinz Hunger. Der CDU-Abgeordnete Günter Langen betont, unter Rot-Grün seien die notwendigen Mittel für den Landesstraßenbau und -unterhalt nahezu halbiert worden. Für die CDU stehe fest, daß unter Rot-Grün kein Fortschritt bei den Ortsumgehungen und bei der Beseitigung von Bahnübergängen zu erzielen sei. Nur mit einer privaten Vorfinanzierung könnten aufwendige Ortsumgehungen realisiert werden, auch weil eine Privatfinanzierung nicht teurer sei als eine Finanzierung über den maroden Landeshaushalt. Der GRÜNE-Abgeordnete Peter Eichenseher schränkt ein, die bisherigen Erfahrungen mit privater Vorfinanzierung ließen nur einen Schluß zu: Die private Vorfinanzierung sei kein Wundermittel zur Konsolidierung des Haushalts und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Kosten für den Straßenbau müßten weiterhin aus der klassischen Haushaltsfinanzierung bereitgestellt werden. Durch private Vorfinanzierung würden darüber hinaus zukünftige Haushalte belastet. (Seite 2)

    ID: LI981101

  • Gedenken an Heimat und Integration.
    Koalition lehnt CDU-Forderung nach Beflaggung ab.
    S. 1 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Die Beflaggung öffentlicher Gebäude sei eine Maßnahme, die nicht inflationär betrieben werden sollte. Dies würde dem Grundgedanken einer landesweiten Mahnung und Erinnerung zuwiderlaufen.
    Mit dieser Begründung u.a. wurde von der Koalition im Plenum ein Antrag der CDU auf Beflaggung abgelehnt. Renate Brunswicker (CDU) erinnerte daran, daß bis 1996 die Beflaggung aller öffentlichen Gebäude zum Gedenken der zwölf Millionen deutschen Flüchtlinge und Vertriebenen, die ihre Heimat verloren hätten, durchgeführt worden sei.
    Die Leiden der Vertriebenen und Flüchtlinge sollten nicht geringgeschätzt werden, sagte Jürgen Jentsch (SPD). Doch könne nicht bestritten werden, daß es hierfür auch andere Gelegenheiten des privaten Gedenkens gebe.
    Die Integration der Flüchtlinge sei soweit gelungen, daß eine Beflaggung zum Tag der Heimat ein Anachronismus wäre, meinte Gisela Nacken (GRÜNE).
    Es könne mehr als fünfzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges nicht mehr darum gehen, Vergangenes durch staatlich angeordnete Beflaggung in Erinnerung zu bringen, stellte Innenminister Dr. Fritz Behrens (SPD) fest.
    Dr. Hans Ulrich Klose (CDU) hielt dagegen, derjenige, der seine Heimat habe verlassen müssen und eine neue Heimat gefunden habe, streiche die alte Heimat trotz Integration nicht aus dem Gedächtnis. Das sollte ein Staat respektieren.

    Systematik: 1050 Nation

    ID: LI981102

  • Hunger, Heinz (SPD); Langen, Günter (CDU); Eichenseher, Peter (Grüne)
    Kontroverse Ansichten über Kosten der Finanzierung.
    Wort und Widerwort
    S. 2 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Von Heinz Hunger
    SPD: Privat oder öffentlich Straßenbau muß gesichert sein
    Die private Finanzierung von Straßen ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Zwar müßten dafür bestimmte gesetzliche Voraussetzungen geschaffen werden, dies wäre aber bei einer einvernehmlichen positiven Willensbildung nicht das Problem. Aber die "private Finanzierung" setzt voraus, daß sich ein Investor findet, der eine solche Baumaßnahme privat durchführt, privat finanziert, privat betreibt und sich selbst bzw. die Maßnahme mit den am Markt gängigen Mitteln refinanziert, und zwar durch die Erhebung von Gebühren. Entsprechende ausreichende Einkünfte setzen voraus, daß eine angemessene Zahl von Autofahrern diese mautpflichtigen Straßen nutzt, was wiederum nur dann passiert, wenn die Mautgebühren bezahlbar sind und die Autofahrer keine Möglichkeit haben, durch die Nutzung einer anderen — öffentlichen — Straße sich die Gebühren zu sparen.
    Bei dem dichten Straßennetz in Nordrhein-Westfalen (Bundes-, Landes- und kommunale Straßen) ist das Zuammentreffen aller erforderlichen Voraussetzungen für eine private Finanzierung nicht absehbar. Dies ist durch Untersuchungen, Vergleichsrechnungen und Gespräche mit potentiellen Investoren belegt.
    Eine weitere Möglichkeit ist die private Vorfinanzierung von Straßen. Die Mehrzahl der Verkehrspolitiker im Lande ist sich darüber einig, daß eine solche private Vorfinanzierung angesichts der allgemeinen finanziellen Situation aller öffentlichen Haushalte sinnvoll wäre. Privat vorfinanzierte Bau von strukturpolitisch wichtigen Landesstraßen könnte die für Bürger und Wirtschaft erforderliche Infrastruktur vervollständigen und optimieren. Zudem ergeben sich hier Impulse für den Arbeitsmarkt. Gerade in jüngster Zeit haben sich aber sowohl im Plenum des Landtags als auch im Haushalts- und Finanzausschuß und im Verkehrsausschuß des Landtags die Ansichten und Argumente der Finanzpolitiker und des Finanzministers durchgesetzt. Zur Zeit hält eine Mehrheit der Entscheidungsträger eine private Vorfinanzierung von Landesstraßen aus übergeordneten finanzpolitischen Gründen für nicht durchsetzbar.
    Es wird argumentiert, Struktur- und verkehrspolitisch wichtige Straßenbaumaßnahmen müßten aus dem Landeshaushalt allein wegen der Haushaltsklarheit und -Wahrheit finanziert werden. Für mich gilt: Wer den Bau von Landesstraßen für dringend erforderlich hält, eine private Vorfinanzierung jedoch ablehnt, der muß dann auch dafür sorgen, daß mit dem Landeshaushalt die dringend benötigten Investitionsmittel bereitgestellt werden.

    Von Günter Langen
    CDU: Clement hat sich den GRÜNEN ergeben
    Unter Rot-Grün sind die notwendigen Mittel für den Landesstraßenbau und -unterhalt nahezu halbiert worden. Verantwortlich ist hierfür der ehemalige Verkehrsminister und jetzige Ministerpräsident Clement. Clement hat versäumt, die Weichen für den zukünftigen Landesstraßenbau in NRW zu stellen. Besonders betroffen sind Ortsumgehungen, die sowohl der Sicherheit als auch der Entlastung der Anwohner und dem Umweltschutz dienen.
    Von ursprünglich einmal vorgesehenen 200 Millionen Mark für den Landesstraßenausbau pro Jahr sind 1998 nur noch 110 Millionen Mark übriggeblieben. Das bedeutet, daß 1998 nur eine einzige Ortsumgehung in NRW neu begonnen werden kann.
    Um der grünen Investitionsfalle zu entgehen, griff Clement im November 1997 eine Initiative der CDU-Landtagsfraktion auf, Ortsumgehungen privat zu finanzieren. Gegenüber der staunenden Öffentlichkeit und den Landtagsfraktionen von SPD und GRÜNEN verkündete Clement, daß er vier besonders teure Ortsumgehungen privat finanzieren wolle, die L 697 in Plettenberg, L 418 in Wuppertal, L 666 in Gevelsberg, L 614 in Lüdge.
    Aber alles kam anders: Nach den drastischen Kürzungen im Haushalt setzten sich die GRÜNEN auch hier gegen Clement durch: Im Mai dieses Jahres verkündet Clement, daß die Landesregierung von der Privatfinanzierung der Ortsumgehungen Abstand nimmt. Grund hierfür ist die Blockadehaltung des grünen Regierungspartners.
    Bei Bundesstraßen, über die Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen nicht entscheiden muß, ist Clement weniger zimperlich. So begrüßt er ausdrücklich die Privatfinanzierung der A 44 Rheinquerung in Düsseldorf sowie die Überprüfung einer privaten Finanzierung der A 52 in Essen und der Tunnelbauwerke der A 40 in Dortmund. Auch die private Vorfinanzierung einer Flughafenzubringerstraße in Dortmund feiert Clement als Erfolg.
    Für die CDU steht fest, daß unter Rot- Grün kein Fortschritt bei den Ortsumgehungen und bei der Beseitigung von Bahnübergängen zu erzielen ist. Nur mit einer privaten Vorfinanzierung können aufwendige Ortsumgehungen realisiert werden, auch weil eine Privatfinanzierung nicht teurer ist als eine Finanzierung über den maroden nordrhein-westfälischen Haushalt.

    Von Petar Eichenseher
    GRÜNE: In jedem Fall Mehrbelastung
    Die bisherigen Erfahrungen mit privater Vorfinanzierung lassen nur einen Schluß zu: Die private Vorfinanzierung ist kein Wundermittel zur Konsolidierung des Halshaltes und der Schaffung von Arbeitsplätzen. Kosten für den Straßenbau müssen weiterhin aus der klassischen Haushaltsfinanzierung bereitgestellt werden.
    Eine vorurteilsfreie Bewertung kommt zu eindeutigen Ergebnissen:
    Eine private Vorfinanzierung käme aus finanzpolitischer Sicht dann in Betracht, wenn sie die kostengünstigere Möglichkeit darstellen würde. Dies ist jedoch nicht der Fall. Ein privater Investor wird sich nicht so günstig am Kapitalmarkt refinanzieren können wie das Land selbst. Berechnungen und Erfahrungen aus Projekten anderer Bundesländer kommen zu dem Ergebnis, daß in jedem Fall eine Mehrbelastung entsteht. Dies ist jedoch nach derr Haushaltsrecht nicht zulässig. Dort ist festgeschrieben, daß bei Investitionen jeweils die wirtschaftlichste Lösung zu wählen ist. Aus diesem Grund hat sich beispielsweise Bayern aus der privaten Vorfinanzierung zurückgezogen. Eine Auswertung des bayrischen Rechnungshofs hatte ergeben, daß die durchgeführten Pilotprojekte teurer wurden, als wenn sie über den Haushalt finanziert würden. Durch private Vorfinanzierungen werden zukünftige Haushalte belastet und die Spielräume zukünftiger politischer Entscheidungsträger eingeengt. Finanzielle Lasten werden jetzt bestellt, die Folgen müssen künftige Generationen tragen. Kurskorrekturen der Politik in späteren Jahren werden somit erheblich erschwert. Daß in den nächsten Jahren die Verfügbarkeit von Finanzen auf Landesebene wieder steigen und damit die Abbezahlung der Schulden ohne Einschränkungen in anderen Bereichen möglich sein wird, läßt sich aktuell nicht belegen. So kann durch ein solches Modell keine dauerhafte Entlastung des Landeshaushalts erreicht werden.
    Die Auswahl der Straßenbauprojekte, die innerhalb der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel finanziert werden können, muß nach verkehrspolitischen und wirtschaftlichen Erwägungen erfolgen. Die Nichtfanzierbarkeit von Einzelvorhaben allein ist keine Legitimation für die private Vorfinanzierung.
    Auch die private Finanzierung nach dem Betreibermodell ist für Nordrhein-Westfalen keine Lösung. Danach übernehmen Private nicht nur den Bau und die Finanzierung, sondern auch den Betrieb der Projekte' und erhalten im Gegenzug das Hecht, Mautgebühren zu erheben. Dieses Modell ist jedoch aufgrund EG-rechtlicher Rahmenbedingungen auf Brücken, Tunnel und Gebirgsengpässe im Bundesfernstraßenbau beschränkt und ist damit als Modell für Nordrhein-Westfalen kaum tauglich. Die Bemühungen der Bundesregierung offenbaren jedoch folgendes: Weiterer ungebremster Straßenbau ist nicht weiter finanzierbar, die Verkehrsprobleme auf unseren Straßen können nicht immer weiter durch mehr Straßen gelöst werden.

    Systematik: 2810 Verkehrswegebau

    ID: LI981103

  • "Erstklassige Antworten auf neue Herausforderungen".
    Regierungserklärung von Ministerpräsident Wolfgang Clement.
    Plenarbericht;

    S. 3-4 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Nach der Vereidigung des Kabinetts trug Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) dem Landtag am 17. Juni seine Regierungserklärung vor. Er dankte seinem Amtsvorgänger Johannes Rau, der ebenso wie die ausgeschiedenen Kabinettsmitglieder auf seinem Abgeordnetensitz Platz genommen hatte, und den ehemaligen SPD-Ministerinnen und -Ministern Anke Brunn (Wissenschaft/Forschung), Franz-Josef Kniola (Innen), Ilse Ridder-Melchers (Gleichstellung von Frau und Mann), Dr. Axel Horstmann (Arbeit/Soziales) und Professor Dr. Manfred Dammeyer (Europa-/Bundesangelegenheiten) für ihre Leistung und wünschte sich eine gute Zusammenarbeit mit den Regierungsfraktionen, die die neue Landesregierung trügen. Die CDU-Fraktion bat er um konstruktive Kritik und Ansporn aus der Konkurrenz heraus.
    Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) versprach, das Vertrauen zu rechtfertigen und den Auftrag für das Land NRW zu erfüllen. Unverändert sei der Koalitionsvertrag Grundlage der Regierungsarbeit. Die Regierungserklärung von Johannes Rau von 1995 gelte weiter. Die Lage der öffentlichen Finanzen bedinge schwierige und auch schmerzhafte Entscheidungen, die gemeinsam getroffen und verantwortet würden. Denn es sei ein Privileg, das Land in das 21. Jahrhundert zu führen. Die Menschen sollten durch erstklassige Antworten auf die neuen Herausforderungen überzeugt und dazu gewonnen werden, aktiv und zuversichtlich mildem Abverlangten umzugehen.

    Bürger-Engagement

    Clement warb um bürgerschaftliches Engagement, auf das es mehr denn je ankomme. Die Gemeinschaft müsse entlastet werden, wo der einzelne wirksamer helfen könne. Frauen und Männern, die sich im Sport, in Vereinen, in Gewerkschaften und Kirchen, in Initiativen und Parteien, in Kindergärten und Schulen, in Feuerwehren, Krankenhäusern, Altenheimen und Hilfsorganisationen engagierten, dankte Clement für ihren gelebten Gemeinsinn.
    Beim Aufspüren zukunftsweisender Ideen und ihrer Verwirklichung wolle er sensibel sein, sagte Clement, und zeigen, daß Modernität und Gerechtigkeit zusammengehörten, auch in einer globalen Wirtschaft und mit europäischer Politik. "Wir wollen NRW zu einer vorbildlichen europäischen Region machen", fügte er hinzu, das sei eine Aufgabe, die begeistere und spannend sei, Kreativität, Können und Konsequenz fordere. Grenzen seien gefallen, Märkte wüchsen zusammen. Selbst vor der D-Mark machten Veränderungen nicht halt. Der Wandel verunsichere viele Menschen. Sie wüßten um neue Antworten, wollten aber keine radikalen Brüche. Der Wandel solle gestaltet werden, und im Land solle es auch morgen modern, gerecht und sozial zugehen. Ökonomische und ökologische Modernisierung und soziale Gerechtigkeit blieben weiter die Maxime seiner Politik. Unverwechselbare Werte seien zu erhalten. Aus alten Stärken neue Chancen zu gewinnen, darauf komme es an.

    Mehr Reform fürs Geld

    Die engen finanziellen Spielräume seien Folge schwacher Konjunktur und einer konzeptionslosen Bonner Politik. In diesem Jahr fehlten dem Land 20 Milliarden Mark. Vieles Wünschbare könne es sich nicht mehr leisten. Mehr Reformen fürs Geld müßten verwirklicht werden, statt auf mehr Geld für Reformen zu warten. Regierung und Verwaltung sollten auf ihre wichtigsten Aufgaben zurückgeführt werden. Aufgaben- und Finanzverantwortung sollten stärker zusammengebracht werden, sagte Clement und begründete im einzelnen den neuen Zuschnitt einiger Ressorts. Bildung, Wissenschaft und Forschung gehörten in eine Hand. Um die Stadt als Wirtschaftsraum und Lebensort zu stärken, würden Stadtentwicklung, Kultur und Sport um die Aufgabenfelder Arbeit und Soziales erweitert. Durch die in Deutschland einzigartige Zusammenlegung von Justiz und Innen bleibe die Unabhängigkeit der Rechtsprechung gewährleistet. Gleichstellungspolitik werde mit Verantwortung für Familien, Jugend und Gesundheit ausgestattet. Im Kindergartenbereich werde es keine Kürzungen geben. Die Europapolitik nehme er selbst mit der Staatskanzlei wahr.

    Kindergärten ohne Kürzung

    Die kommunale Selbstverwaltung bleibe stark. Städte und Gemeinden würden zu regionaler Zusammenarbeit ermuntert. Nur wenn eine Aufgabe dort nicht wahrgenommen werden könne, stelle sich das Land. Originär staatliche Aufgaben seien einer Privatisierung nicht zugänglich. Wo es ausreichende Versorgung durch Private und funktionierenden Wettbewerb gebe, werde geprüft, ob die öffentliche Hand ganz verzichten könne. Alle Ressorts seien um Vorschläge für Privatisierung und Straffung gebeten worden. 22000 Stellen in der Landesverwaltung sollten sozialverträglich und beschleunigt eingespart werden, bestätigte der Ministerpräsident und kündigte an, die Ministerialzulage werde schrittweise abgebaut und persönliche Dienstaufwendungen gestrichen, insgesamt 16 Millionen Mark. Bei den Beihilfen würden ab 1999 Selbstbeteiligungen ab den mittleren Einkommen von 200 bis zu 1000 Mark pro Jahr bei den höchsten Gehältern eingeführt. Die Versorgung der Regierungsmitglieder wolle er offen und klar debattieren und bei den anderen Ministerpräsidenten für gleiche Maßstäbe werben.

    Ministerialzulage wird abgebaut

    Das Vermögen des Landes solle aktiviert, Immobilien sollten zentral und wirtschaftlich gemanagt und Beteiligungen zur Finanzierung von Sicherheit, Bildung und Gesundheit genutzt werden. Landesbauverwaltung und Liegenschaftsvermögen sollten zu einer flexibel arbeitenden Organisation zusammengefaßt werden. Durch Contracting auf breiter Basis solle das hohe Energiesparpotential an öffentlichen Gebäuden besser ausgeschöpft werden.

    Vermögensmanagement

    Von den zehn deutschen Großstädten mit geringster Kriminalität lägen acht in NRW, und von den zehn Städten mit höchsten Kriminalitätsraten liege keine einzige in NRW. Polizei und Strafverfolgungsbehörden sei für ihre erfolgreiche Arbeit zu danken. An schneller Strafverfolgung, zügigen Verfahren, wirksamer Vollstreckung und sozialen Diensten könnten alle Interessierten in Ordnungspartnerschaften mitarbeiten. Clements Feststellung, beim Maßregelvollzug müsse jetzt gehandelt werden, stimmte auch die Opposition zu. Therapie und Sicherheit korrespondierten miteinander. Wegen Platzmangels dürften Täter nicht freigelassen werden. Notfalls übergangsweise müsse in sicheren Gebäuden untergebracht werden. Arbeitsplätze zu schaffen, sei oberstes Ziel, an dem er sich messen lassen werde. Haushalten, die sich auf dem Markt nicht selbst mit angemessenem Wohnraum versorgen könnten, werde weiter geholfen. Die Wettbewerbsfähigkeit der Bauwirtschaft sei zu sichern. Statt Neubau solle stärker auf Sanierung verlagert werden.

    Sanierung vor Neubau

    Von NRW sollten starke Impulse für die Märkte ausgehen: für Klima- und Umweltschutz, rationelle Energie, Medizin und Gesundheit, Mobilität, Kultur und multimediale Kommunikation. Die Gründungsoffensive "GO" sei zum Markenzeichen für den Aufbruch geworden. Nirgends falle die Bilanz der Bonner Regierung, die den Kampf gegen die Arbeitslosigkeit verloren gebe, magerer aus als beim Mittelstand. Die Arbeitsmarktpolitik des Landes könne die Versäumnisse des Bundes nicht ausgleichen, aber wirksame Beiträge durch flexiblen Mitteleinsatz leisten. NRW werde konstruktiv an der Reform der EU-Strukturfonds mitarbeiten und weiter Brücken in den ersten Arbeitsmarkt bauen. Eines der schrecklichsten Probleme sei die hohe Jugendarbeitslosigkeit. Mit "Jugend in Arbeit" sei es gemeinsam angegangen worden. Eine Ausbildung für alle sei die wichtigste Aufgabe und das beste Rezept gegen Rückzug, Resignation und Radikalisierung.

    Lernkompetenz

    Als Konsequenz aus Kritik seien im März Maßnahmen zur Qualität in den Schulen vorgelegt worden, die rasch und ohne Einschränkung umgesetzt würden. Bei Bildung und Erziehung sollten fachliche Kenntnisse und methodische Fertigkeiten gründlicher vermittelt werden. Schlüsselqualifikationen, Lern- und Medienkompetenz sollten vermittelt werden. Im Sinne der Denkschrift "Zukunft der Schule" sollten Offenheit, Neugier und Aufgeschlossenheit geweckt werden. Aber auch Werte seien zu vermitteln, Persönlichkeit zu bilden und demokratische Orientierung zu geben. Benachteiligte und lernschwächere Kinder und Jugendliche würden unterstützt. Schulen brauchten mehr Eigenverantwortung und Gestaltungsspielräume. Das gelte erst recht für die Hochschulen. In einem einheitlichen Hochschulgesetz solle die Leitung und Organisation der Hochschulen effizienter, die Qualität von Lehre und Forschung gesteigert, das Studium internationaler ausgerichtet werden. Kürzere Studiengänge und differenzierte Abschlüsse sollten zu Berufen qualifizieren. "Wir sind bereit, neue Wege zu gehen", sagte Clement. Die Wissenschaftsministerin und den Wirtschaftsminister habe er um Vorschläge für eine bessere Zusammenarbeit der beiden Gebiete bis Ende September gebeten. Studierende sollten auch stärker auf den Weg in die Selbständigkeit vorbereitet werden.

    Neue Medien

    Alle Unternehmen bitte er um weitere Unterstützung, Schulen, Hochschulen und öffentliche Bibliotheken mit neuen Medien auszustatten. Einen intensiven öffentlichen Diskurs wünsche er sich, wie Kunst und Kultur in NRW weiter vorangebracht werden könnten. Das Land solle auch künftig attraktiv für kreative Köpfe sein. Kultur schaffe auch Arbeitsplätze. Die Mobilität von Menschen, Gütern und Dienstleistungen zu sichern, sei eine der wichtigsten Aufgaben. Gebot von Ökologie und Ökonomie sei die Vernetzung der Verkehrsmittel. Multimediale Netze seien das zentrale Nervensystem einer modernen Infrastruktur. Die erfolgreiche Landesinitiative "media NRW" werde mit aller Kraft fortgesetzt. NRW sei die bedeutendste Energieregion Europas. Nirgendwo sei soviel Know-how um den Faktor Energie konzentriert. Von der Solarfabrik Gelsenkirchen gehe das Signal aus, bei Chancen erneuerbarer Energie sei NRW die Nummer eins. Auf heimische Stein- und Braunkohle seien wir noch lange angewiesen. Vorsorgender Umweltschutz rechne sich betriebs- und volkswirtschaftlich, sei ökologisch ohne Alternative. Der Schritt zum produktionsintegrierten Umweltschutz sei vielfach bereits getan. Für den Mittelstand sei soeben die "Effizienzagentur NRW" gegründet worden. Für freiwillige, aber verbindliche Vereinbarungen zu einem Umweltpakt im Sinne der "Agenda 21" finde demnächst ein Gespräch mit allen gesellschaftlichen Gruppen statt. Bäuerliche Betriebe und die mittelständische Ernährungswirtschaft werde durch das Programm zur Regionalvermarktung gefördert. Transportwege würden verkürzt, und eine Verbindung zwischen Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz hergestellt. Ökologischer Landbau sei ein weiterer Schwerpunkt.

    Energieland NRW

    Toleranz gegenüber zwei Millionen Ausländern und Integration von Fremden sei in NRW seit vieler Jahren gelebte Wirklichkeit. Zu wirksamen Integrationschancen gehöre ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht. NRW sei eine der stärksten Regionen in Europa. Brüssel und Amsterdam seien näher als manche deutsche Metropole. "Wir sind die Brücke nach Europa", sagte Clement und wies auf die Internationale Bauausstellung 1999 und die Weltausstellung Expo 2000 hin. NRW werde zeigen, wie eine der modernsten Industriegesellschaften Westeuropas den Übergang in die Wissensgesellschaft des 21. Jahrhunderts meistere. Dabei werde es; sich an Werten orientieren, die das Land geprägt hätten: gleichberechtigte Partnerschaft und Chancengleichheit, Weltoffenheit und Toleranz, die Fähigkeit, vielfältige Tatente und Potentiale zusammenzubringen und ein neues Selbstvertrauen.

    Bildunterschriften:
    Dank an Johannes Rau, die früheren Minister und für "gelobten Gemeinsinn" engagierter Bürgerinnen und Bürger in gemeinnützigen Einrichtungen stand am Anfang der Regierungserklärung von Ministerpräsident Wolfgang Clement.
    Die Mitglieder der Landesregierung haben nach Artikel 53 der Landesverfassung bei ihrem Amtsantritt vor dem Landtag Ihren Amtseid abgelegt. Landtagspräsident Ulrich Schmidt (3. v. r.) gab die Eidesformel vor, die da lautet: "Ich schwöre, daß ich meine ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können unparteiisch verwalten, Verfassung und Gesetz wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe." Der Präsident schloß: " Wir wünschen Ihnen eine glückliche Hand für die vor Ihnen liegenden verantwortungsvollen Aufgaben zum Wohle unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger im Lande Nordrhein-Westfalen." Zuvor hatte Ministerpräsident Wollgang Clement die von ihm am 9. Juni ernannten Mitglieder der Landesregierung vorgestellt: Finanzminister Heinz Schleußer (SPD, 5. v. l.), Minister für Inneres und Justiz Dr. Fritz Bohrens (SPD, 6.v.l.), Minister für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr Bodo Hombach (SPD, l.), Ministerin für Arbeit, Soziales und Stadtentwicklung, Kultur und Sport Ilse Brusis (SPD, r.), Ministerin für Schule und Weiterbildung, Wissenschaft und Forschung Gabriele Behler (SPD, 3.v.l.), Minister für Bauen und Wohnen Dr. Michael Vesper (GRÜNE, 4.v.l.), Ministerin für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft Bärbel Höhn (GRÜNE, 2.v.r., verdeckt) und Ministerin für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit Birgit Fischer (SPD, 4.v.r.). "Zu meinem Stellvertreter habe ich Herrn Minister Dr. Michael Vesper bestellt", schloß Clement, 2.v.l. im Bild die Abgeordnete Otti Hüls (CDU) vom Landtagspräsidium.

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI981106

  • Datenschutz vorbildlich.
    Plenarbericht
    S. 5 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Der Landtag hat auf Beschlußempfehlung des Innenausschusses den 13. Tätigkeitsbericht der Landesbeauftragten für den Datenschutz NRW für die Zeit vom 1. Januar 1995 bis zum 31. Dezember 1996 sowie die Stellungnahme der Landesregierung zu dem Bericht einstimmig zur Kenntnis genommen. Der Landesbeauftragten Bettina Sokol wurde allseitig für ihre Arbeit gedankt (Drs. 12/2040 und Drs. 12/3075).
    Jürgen Jentsch (SPD) erklärte: "Wir wissen, daß wir in Nordrhein-Westfalen bundesweit eine Vorbildfunktion in Sachen Datenschutz einnehmen." Das bedeute, daß "unsere Gesetzgebung und -praxis der richtige Weg für einen sensiblen Umgang mit Bürgerdaten ist".
    Wilhelm Droste (CDU) sagte, es sei unverkennbar, daß bis in die jüngste Zeit eine hinreichende Aufklärung privater Unternehmen über den Umgang mit privaten Daten unterblieben sei und eine hinreichende Bewußtseinsschaffung bei vielen Unternehmen für diesen Bereich einfach nicht stattgefunden habe.
    Dr. Katrin Grüber (GRÜNE) meinte, der Bericht stelle eine Anregung und Aufforderung an die Politik dar, die zunehmenden Datenschutzprobleme, die sich durch die Technisierung und Computerisierung auf unser tägliches Leben ergäben, zu verbessern.
    Innenminister Dr. Fritz Behrens (SPD) betonte, angesichts des wachsenden Datenaustauschs innerhalb der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union sei für den öffentlichen und den nichtöffentlichen Bereich die Entwicklung eines einheitlichen Datenschutzstandards von großer Bedeutung.

    Systematik: 7750 Datenschutz

    ID: LI981109

  • Kniola legt sein Mandat nieder.
    Zur Person
    S. 5 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Franz-Josef Kniola (SPD), seit 1975 Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen und von 1990 bis 1995 Minister für Stadtentwicklung und Verkehr und danach Innenminister, hat am 17. Juni sein Landtagsmandat mit einer Erklärung gegenüber dem Präsidenten des Landtags, Ulrich Schmidt, mit Wirkung zum 30. Juni 1998 niedergelegt. Für Kniola wird Marianne Dohmen, Hausfrau aus Mönchengladbach, über die Landesreserveliste der SPD in das Landesparlament eintreten.

    ID: LI981110

  • Manfred Degen.
    Zur Person
    S. 5 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Manfred Degen, bildungspolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, ist für weitere zwei Jahre als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) im SPD-Bezirk Westliches Westfalen bestätigt worden. Der Marler Politiker wurde von den Delegierten der Arbeitsgemeinschaft auf einer Bezirkskonferenz in Dortmund einstimmig zum Vorsitzenden gewählt. Als Schwerpunkte künftiger Arbeit nannte Degen die Weiterführung der Integration behinderter Kinder in die allgemeinen Schulen, Reform der Lehrerausbildung und Erweiterungen der Kompetenzen einzelner Schulen.

    ID: LI981111

  • Beginn der Aussprache zur Regierungserklärung: Opposition fordert eine neue Politik.
    Plenarbericht;

    S. 5 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Einziger Punkt der Tagesordnung der Landtagssitzung am 19. Juni war die Aussprache über die Regierungserklärung, die Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) am 17. Juni vor dem Landtag abgegeben hat. Als erster ergriff der Oppositionsführer Dr. Helmut Linssen (CDU) das Wort. — Die Berichterstattung über die weiteren Redebeiträge setzen wir in der nächsten Ausgabe von "Landtag intern" fort.
    Dr. Helmut Linssen, CDU-Fraktionsvorsitzender, erinnerte an die Mitverantwortung des jetzigen Ministerpräsidenten für die "Politik der Langsamkeit" seines Amtsvorgängers, die er neun Jahre mitgestaltet habe. Woher er die Chuzpe nehme, plötzlich aufs Gas treten und den Eindruck erwecken zu wollen, "als sei die rot-grüne Sackgasse in NRW jetzt plötzlich ein Clement-Highway". Die Regierungserklärung habe Clement darauf angelegt, die hinlänglich bekannten Streitpunkte zwischen SPD und GRÜNEN bis nach der Bundestagswahl unter den Teppich zu kehren; sie habe zu den wichtigen Fragen, die die Menschen im Lande wirklich bewegte, etwa wasserrechtliche Erlaubnis für Garzweiler, den neuen Landesstraßenbedarfsplan oder den Ausbau der Flughäfen, nichts gesagt.
    Wenn der Ministerpräsident vom "Sanierungsfall NRW" und davon gesprochen habe, "dieses Land wieder auf Vordermann zu bringen" oder "Handlungskompetenz zurückzugewinnen und Steuerungsfähigkeit wiederherzustellen", dann sei das eine Ohrfeige für den Amtsvorgänger, die er sich deutlicher nicht vorstellen könne.
    Er, Linssen, hätte sich die Regierungserklärung konkreter gewünscht, weniger Ankündigungen, Eingeständnisse und Selbstlob und mehr Klartext. Sie sei, genau wie die Kabinettsumbildung, nicht der große Wurf. Linssen: "Da ist keine großartig neue Politik, das sind keine großartig neuen Gesichter in Ihrer Regierung. Ich höre vage Ankündigungen, höre die Neuauflage der alten Schallplatte mit den üblichen Schuldzuweisungen an Bonn." Gut sei er, Clement, nur, "wenn Sie Begriffe und Ideen aus dem CDU-Wahlprogramm klauen und unsere Initiativen abkupfern" — nur sei die Frage, ob das "mit Ihrer Partei und Ihrem Koalitionspartner" umgesetzt werden könne.
    Starke Bedenken äußerte der CDU-Fraktionschef zur Zusammenlegung von Justiz- und Innenministerium; das Konkurrenzverhältnis zwischen den beiden klassischen Ressorts sei ein gesundes Regulativ zwischen der ausführenden und der rechtsprechenden Gewalt gewesen. Wenn dieser Vorgang in einem Kommentar einem "Putsch gegen die republikanische Verfassung von Nordrhein-Westfalen" gleichgesetzt worden sei, dann brauche er, Linssen, dem nichts mehr hinzuzufügen. Der CDU- Sprecher kritisierte im weiteren den Zuschnitt der geschaffenen acht Ressorts, erklärte die Zusammenlegung von Schule und Weiterbildung sowie Wissenschaft und Forschung für sinnvoll, meldete aber massive Vorbehalte gegen die Ministerin an, die dieses "nordrhein-westfälische Zukunftsministerium" leitet. Die Ernennung von Frau Behler sei nichts als ein "Einknicken vor dem linken Parteiflügel der SPD". Die Ministerin habe in ihrem früheren Ressort versagt, stellte er fest und forderte die "Grundsanierung des nordrhein-westfälischen Schulsystems". Linssen: "Wir brauchen endlich zusätzliche Investitionen, damit Nordrhein-Westfalen die rote Laterne der schlechtesten Unterrichtsversorgung, der größten Klassen und der schlechtesten Schüler-Lehrer-Relation im Vergleich zu anderen Bundesländern abgeben kann." Der SPD hielt der Redner die Blockaden von Hochschulreform und Steuerreform auf Bundesebene vor: "Andere Bundesländer geben Gas, während das Land Nordrhein-Westfalen im Bundesrat mit beiden Füßen auf der Bremse steht." Linssen unterstrich die Bedeutung der Steuerreform für die Schaffung neuer Arbeitsplätze — ein Ziel, an dem sich Clement selbst messen lassen wolle.
    Linssen zählte im weiteren Verlauf seines Beitrags die Differenzen zwischen den beiden Düsseldorfer Koalitionspartnern auf ("rot-grüne Schlaglöcher auf dem Clement- Highway"). Dabei bezeichnete er in Zusammenhang mit der wasserrechtlichen Genehmigung für Garzweiler II die sichtbar werdende Haltung des Verschweigens und Nichtansprechens von wirklichen Zukunftsfragen als "nackte Feigheit". Das sei ein verheerendes Signal aus dem Lande an die Investoren, denn es drücke aus, daß es in NRW unter Rot-Grün keine Planungssicherheit gebe. Klare Worte hätte Linssen sich für die Bereiche Landesstraßenbau, Verkehrsflughäfen und Innere Sicherheit gewünscht, sagte er und schloß mit dem Hinweis auf die Finanzprobleme des Landes. Das festzustellende "Desaster" sei selbstgemacht. "In der Vergangenheit ist Vollere! betrieben worden. Das muß jetzt endgültig ein Ende haben", erklärte Linssen und forderte als Zeichen der notwendigen neuen Politik, um "unser Heimatland wieder auf Platz 1 zu bringen", ein Milliardeninvestitionsprogramm aus dem Verkauf von Landesbeteiligungen und Landesvermögen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze.
    Den Katalog für einen "konsequenten Politikwechsel" benannte der Oppositionsführer unter anderem so: solide und berechenbare Finanzpolitik, ideologiefreie Bildungspolitik, Offenheit für Spitzentechnik und Forschung, Verschlankung des Staates, beschleunigte Planung und Genehmigung, Ausschöpfung aller Privatisierungspotentiale, weniger Verwaltungsvorschriften, eine leistungsfähige und bürgerfreundliche Behördenstruktur und eine weltumfassende Verknüpfung mit Hilfe von Informationstechnik und Verkehr. Zu beachten sei dabei die "Verwurzelung des Menschen in seiner heimatlichen Kultur und die Beheimatung im Glauben und in seiner von Grundgesetz und Landesverfassung geschützten Ehe und Familie".
    Zum Schluß wandte er sich mit einem Angebot an den Ministerpräsidenten: "Wenn Sie es wirklich ernst meinen, und wir von der CDU meinen es ernst mit dem Wohl der uns vertrauenden Menschen, dann helfen wir Ihnen! Denn wenn ich mich so im Plenarsaal umschaue: Wer soll Ihnen sonst helfen?"

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI981112

  • Novelle mindert alte Benachteiligung und eröffnet neue Aufstiegschancen.
    Plenarbericht
    S. 6 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    In zweiter Lesung hat der Landtag am 17. Juni das Lehrerausbildungsgesetz (LABG) geändert und damit einer begrenzten Zahl von Lehrkräften mit Altlehrämtern die Möglichkeit eröffnet, die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe I zu erwerben. SPD und GRÜNE stimmten dieser in ihrem gemeinsamen Gesetzentwurf (Drs. 12/2891) vorgesehenen Regelung zu (die GRÜNEN hätten eine generelle Öffnung vorgezogen, sahen dazu aber angesichts der Haushaltslage des Landes keine Chance); die CDU votierte dagegen, weil sie die volle Gleichstellung dieses Personenkreises mit den Sekundarstufe-I-Lehrern (Sek I) forderte.
    Manfred Degen (SPD) sah eine Ungerechtigkeit darin, daß es im Nebeneinander von Altlehrämterinhabern, die früher zum Volksschullehrer oder zum Lehrer an Grund- und Hauptschulen ausgebildet worden seien, und Inhabern des Stufenlehramts für die Sek I erfahrenen Lehrkräften, die zum Teil die Ausbildung der Sek-I-Lehrer übernommen hätten, verwehrt sei, sich für das Beförderungsamt nach A 13 zu bewerben. Die gefundene Lösung befriedige nicht, weil die Überleitung an Bedingungen geknüpft werden mußte, so an Erfahrungen in der Ausbildung von Lehramtsanwärtern oder im Wahrnehmen von Schulleiterfunktionen und die Teilnahme an einem förmlichen Überprüfungsverfahren, Die erforderliche Haushaltsneutralität sei dadurch erreicht worden, daß die im jetzigen Haushalt vorgesehenen 50 A-13-Überleitungsstellen durch Streichung anderer Beförderungsstellen erzielt worden seien. Wenn die CDU auf ihren Gesetzentwurf von 1993 hinweise, in dem sie die generelle Überleitung aller Altlehrämter vorgesehen — und die Kosten für die 2000 bis 3000 Stellen mit Null beziffert — habe, dann sei damals diese Initiative allein aus diesem Grund abzulehnen gewesen, betonte Degen.
    Gudrun Reinhardt (CDU) warf der Koalition vor, mit ihrem Entwurf spalte sie die Lehrerschaft in Gewinner und Verlierer. Das Versäumnis von 1974, gleichzeitig mit der neuen Lehrerausbildungsverordnung auch die Überleitung der damaligen Altlehrämter in das Sek-I-Lehramt zu vollziehen, werde nicht bereinigt, sondern von der Schulministerin noch heute gerechtfertigt. Ihre Fraktion lehne den Koalitionsentwurf mit aller Entschiedenheit ab, es sei unerträglich, "daß eine klare Fehlentscheidung aus dem Jahre 1974 bis zum Jahr 1998, also fast ein Vierteljahrhundert später, immer noch nicht korrigiert ist. Und es bleibt für meine Fraktion unverantwortlich, daß mit dem heutigen Gesetzentwurf der rot-grünen Regierungskoalition immer noch keine angemessene Lösung des Problems geboten wird und fast alle der betroffenen 20 000 Lehrerinnen und Lehrer vergebens auf eine gerechte Lösung gewartet haben."
    Brigitte Schumann (GRÜNE) betonte, der angestrebten Lösung seien beamtenrechtliche Grenzen gesetzt, auf die der SPD- Sprecher bereits hingewiesen habe, die Einführung eines Beförderungsamtes 1990 aufgrund des Bundesbesoldungsgesetzes. "Deswegen bleibt uns im Augenblick statt einer generellen großen Lösung nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung, nämlich die Gleichstellung und Überleitung an Bedingungen zu knüpfen." Dennoch habe man die Spielräume so weit wie möglich genutzt. Den Grund für die damalige Ungleichbehandlung sah sie darin, daß die Lehrerinnen und Lehrer an der Grundschule weit weniger anerkannt worden seien; diese generelle Fehleinschätzung sei heute glücklicherweise überwunden; es werde an der Gleichwertigkeit aller Lehrämter gearbeitet — das sei auch bei künftigen Lehrerausbildungsgesetzen zu berücksichtigen, merkte sie an. Mit der Chance zur Überleitung der 16000 Lehrerinnen und Lehrer in den Altlehrämtern spreche man die generelle Anerkennung für Lehrkräfte aus, die tatsächlich gleichwertige Arbeit leisten, "auch wenn sie nach einem anderen Prinzip und nach einem anderen Modell ausgebildet worden sind".
    Schulministerin Gabriele Behler (SPD) erklärte, es sei richtig und in der Sache begründet, "daß die Gesetzesnovelle der Koalitionsfraktionen ausdrücklich nicht den Weg einer pauschalen Anerkennung der sogenannten Altlehrämter als Stufenlehrämter geht"; das sei nicht mehr möglich gewesen. Bei der Neuregelung werde ausdrücklich auf jene Inhaber abgehoben, die den Nachweis erbracht hätten, "daß sie über die in der Stufenlehrerausbildung zu vermittelnden Qualifikationen verfügen". Damit seien etwa Fachleiterinnen und Fachleiter der Lehrerausbidung sowie Lehrerinnen und Lehrer in Schulleitungsfunktionen gemeint. Sicher sei darüber zu streiten, ob die Zahl mit 50 richtig angesetzt sei; aber das bedeute nicht, daß für die Inhaber von Altlehrämtern überhaupt nur 50 Stellen zur Verfügung stünden. Die Ministerin: "Den betroffenen Lehrerinnen und Lehrern schafft die Gesetzesnovelle Zugang zu allen Beförderungsämtern, die für die Lehrkräfte mit der Befähigung zum Lehramt für die Sek I zur Verfügung stehen." So sei diese Regelung nicht nur eine symbolische Geste, sondern sie bringe strukturelle Veränderungen, die unbillige und ungewollte Härten beseitige. "Sie verstärkt zugleich das Signal, daß herausragende Leistungen auch anerkannt und honoriert werden."

    Bildunterschrift:
    Um die Anerkennung erbrachter Leistungen und um den Abbau einer nicht länger haltbaren Ungerechtigkeit geht es bei der Novelle des Lehrerausbildungsgesetzes, über die kontrovers in zweiter Lesung debattiert wurde (v. l.): Manfred Degen (SPD), Gudrun Reinhard! (CDU), Brigitte Schumann (GRÜNE) und Schulministerin Gabriele Behler (SPD).

    Systematik: 4210 Lehrer

    ID: LI981113

  • LKW-Nachtfahrverbote nur bei unerträglichem Lärm.
    S. 6 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    LKW-Nachtfahrverbote können laut Straßenverkehrs-Ordnung nur in bestimmten Einzelfällen, d.h. auf bestimmten Straßen oder Straßenstrecken angeordnet werden, wenn sie der wirksamen Verringerung einer schlechterdings unerträglichen Lärmbelästigung dienen. Darauf verweist das Wirtschafts- und Verkehrsministerium in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der GRÜNE-Abgeordneten Peter Eichenseher und Johannes Remmel zu Nachtfahrverboten für LKW im Lande Nordrhein-Westfalen. Bieibe die Lärmbelästigung von Straßenanwohnern an Straßen während der Nachtzeit unterhalb der Richtwerte in den Lärmschutz-Richtlinion-StV, so sei die Verhängung eines LKW-Nachtfahrverbotes unzulässig. Zu Fragen der Abgeordneten, warum in einigen Fällen die Anordnung von Nachtfahrverboten durch die Straßenverkehrsbehörden nicht umgesetzt worden seien, teilt das Ministerium mit, ein Nachtfahrverbot für LKW auf der B1 in Dortmund sei von Stadt und Bezirksregierung abgelehnt worden, weil die Umleitung über die Autobahnen A 45 und A 1 zu weiträumig gewesen wäre. Gegen die nächtliche Sperrung der B 1 Salzkotten sowie der B 68 im Raum Bielefeld für den Schwerverkehr hätten sich die Behörden ausgesprochen, weil keine geeigneten Umleitungsstrecken vorhanden seien. Hingegen werde ein Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, den LKW-Verkehr zur Nachtzeit von der B 265 in Erftstadt-Lechenich auszuschließen, zur Zeit vom zuständigen Stadtdirektor der Stadt Erftstadt geprüft (Drs. 12/3084).

    Systematik: 2630 Straßenverkehr

    ID: LI981115

  • Haushaltsrechnung 1996 und Jahresbericht 1998 des Landesrechnungshofs.
    Plenarbericht
    S. 7 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Der Antrag der Landesregierung auf Entlastung für das Rechnungsjahr 1996 (Drs. 12/3096) und der Jahresbericht 1998 des Landesrechnungshofs (Drs. 12/3097) wurden nach der Aussprache am 17. Juni an den Ausschuß für Haushaltskontrolle überwiesen.
    Finanzminister Heinz Schleußer (SPD) erläuterte, der Haushaltsabschluß 1998 sei mit 86,1 Milliarden Mark ausgeglichen. Minderausgaben in Höhe von 535 Millionen Mark seien voll erwirtschaftet worden. Von den über- und außerplanmäßigen Ausgaben in Höhe von 855 Millionen Mark seien rund 400 für den Länderfinanzausgleich und weitere 231 für die Kosten der Flüchtlingsaufnahme ausgegeben worden. Die Nettokreditaufnahme sei um 4,1 Millionen Mark geringer als veranschlagt ausgefallen.
    Walter Grevener (SPD) sagte, im Bericht des Landesrechnungshofs (LRH) würden Ordnungsmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit geprüft. Kritisch vermerke der LRH zu den Personalausgaben an, der Abbau von kw-Stellen müsse schneller erfolgen, und im Fahrdienst gebe es unwirtschaftlichen Mehraufwand. An drei Universitäten habe der LRH Reserven bei der Tätigkeit von Professoren gefunden. Dankbar nehme er den LRH-Bericht aus einem Guß entgegen und zur Kenntnis, daß der LRH die Transferleistungen an die Kommunen in Höhe von 40 Prozent des Haushaltsvolumens hervorhebe, wovon etwa 8,4 Milliarden Mark vom Landtag gestaltet würden.
    Michael Breuer (CDU) zitierte die Präsidentin des LRH mit der Feststellung, die Steuereinnahmen seien nach wie vor fallend. Aus Sicht der CDU sichere nur eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik die Einnahmen. Der Rückstand im Wirtschaftswachstum von NRW sei der Kern der Finanzmisere. Nicht nur für Kohle und Stahl, sondern für alle Leistungswilligen müsse Politik gemacht werden. Die CDU werde beobachten, ob der neue Ministerpräsident die von ihm selbst gesetzten Hürden nehme, und mahne die SPD, endlich den Weg für eine grundlegende Steuerreform freizumachen. Die Blockade in Bonn schade dem Land bei den Einnahmen und führe zum Entzug von Steuerpflichten. Schleußer habe ein Modell gehabt und auf Konsens gesetzt, sich aber nicht durchsetzen können. Beim Stellenabbau habe die Landesregierung ihre Hausaufgaben nicht erfüllt. Die Höhe der Pensionslasten sei nicht allein das Problem von NRW. Geschätzte 90 Milliarden Mark müßten zurückgestellt werden.
    Dr. Stefan Bajohr (GRÜNE) hielt die wachsende Gesamtverschuldung und steigende Zinslasten für eine Hypothek. In allen Bereichen der Personalkosten gebe es eigentlich zusätzlichen Bedarf, bei Schulen 9000 Stellen, Hochschulen protestierten gegen Massenabfertigung, im Justizvollzug sei die Stellensituation völlig unbefriedigend, bei der Polizei würden viele Überstunden angeordnet. Gleichzeitig seien 900000 Frauen und Männer arbeitslos. Massenerwerbslosigkeit koste das Land etwa 34 Millionen Mark. Arbeitsmarktpolitische Verantwortung hätten nicht nur Unternehmen, sondern auch der Staat. Stellenstreichungen hier müßten Ausweitungen beim Bedarf gegenüberstehen. Mit Einsparungen durch Stellenabbau komme niemand in Lohn und Brot. Ob dieser Kurs richtig sei, müsse überlegt werden. Die Rückzahlungsquote für Unterhaltsvorschüsse könne durch Beteiligung der Kommunen gesteigert werden. Leider weise der LRH nur auf die hohe Haushaltlast hin.

    Systematik: 8300 Öffentlicher Haushalt

    ID: LI981116

  • Finanzminister Heinz Schleußer im Gespräch mit der Präsidentin des Landesrechnungshofs Ute Scholle.
    S. 7 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Bildunterschrift:
    Was Finanzminister Heinz Schleußer, offensichtlich gut gelaunt, hier erzählt, scheint auf Skepsis der Zuhörerin, der Präsidentin des Landesrechnungshofs Ute Scholle, zu stoßen.

    ID: LI981117

  • Ab Juli Verfahren zur Restschuldenbefreiung.
    Ausführungsgesetz zur Insolvenzordnung.
    Plenarbericht
    S. 7 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Der Landtag verabschiedete am 17. Juni nach der zweiten Lesung das Gesetz zur Ausführung der Insolvenzordnung (Drs. 12/3030). Die Koalitionsmehrheit nahm außerdem den Entschließungsantrag von SPD und GRÜNEN (Drs. 12/3158) an, in dem eine Anpassung der Abgabenordnung (des Bundes), der Verzicht auf die Kürzung der Vergütungsverordnung für die Treuhänder und Ergänzungen im Rechtsberatungs- und im Steuerberatungsgesetz gefordert werden. Im Antrag wird von zusätzlichen 18000 Beratungsfällen mit 158000 Beratungsstunden oder 100 Fachkräften ausgegangen.
    Horst Vöge (SPD) äußerte sich erfreut über das schnelle und gemeinsame Verfahren, mit dem verschuldeten Menschen schon im Vorfeld des neuen Insolvenzrechts geholfen werden könne. Bis auf einen massiven Konfliktpunkt seien Bedenken der Schuldnerberatungsstellen erledigt. Zwischen Schuldnerberatern und Schuldenanbietern dürfe es keinen Zusammenhang geben. Menschen, die Schuldner- oder Insolvenzberatung ausübten, dürften nicht als Finanzdienstleister tätig gewesen ein. Eine Anfinanzierung durch das Land werde gefunden. Der Antrag der Koalitionsfraktionen ziele auf Überprüfung der Abgabenordnung und auf Aufschub durch die Finanzämter. Der Bundesjustizminister solle die Vergütung gestalten.
    Bernhard Tenhumberg (CDU) stimmte dem Gesetz zu und erinnerte an die von der CDU bereits 1997 angemahnte Beschleunigung. Weil in NRW die außergerichtliche Schuldenbefreiung nicht rechtzeitig ab 1. Juli möglich sei, werde sich die CDU trotz inhaltlicher Zustimmung enthalten. "Rechtzeitige Umsetzung" im SPD-/ GRÜNE-Antrag sei ein Hohn. Die verzerrende Darstellung werde bei der Ablenkung von der finanziellen Verantwortung fortgesetzt. Die Beratungsstellen müßten die Aussagen als Witz auffassen. In NRW könne mit Anerkennungsverfahren erst im Herbst begonnen und Insolvenzverfahren könnten zum Nachteil der Betroffenen demnach später eingeleitet werden. Die Landesregierung solle baldmöglichst Förderrichtlinien bekanntgeben und finanzielle Mittel zusagen.
    Daniel Kreutz (GRÜNE) vermißte eine Verordnungsermächtigung und eine Förderzusage im Gesetz. Die Förderverpflichtung werde aber anerkannt, die Mittel müßten aber bereitgestellt werden. Verständnis gebe es für den Wunsch der Schuldnerberatung, gewerbliche Anbieter auszuschließen. Es werde Neuland betreten. Aussagen über die Förderbedarfe könnten deshalb noch nicht gemacht werden. Ziel sei, daß überschuldete Menschen und ihre Familien die Chancen nutzen könnten. Auf eine Mindesttilgungsquote als Zugangsvoraussetzung zur Restschuldbefreiung werde im Koalitionsantrag verzichtet, weil sachkundige Beobachter diese nicht für nötig hielten. Die Fördermittel seien ab dem laufenden Jahr bereitzustellen.
    Familienministerin Birgit Fischer (SPD) begrüßte die Verabschiedung des "sehr schlanken Ausführungsgesetzes" als ein gutes Ende der Beratungen, das sofort nach der Verkündung in Kraft treten müsse. Die Richtlinien könnten unmittelbar in Gang gesetzt werden. Vielfach seien Familien betroffen. Nicht selten erbten Frauen die Verschuldung ihrer Männer, die sie längst verlassen hätten. Mit der Restschuldbefreiung werde ihnen Souveränität und Würde zurückgegeben. Die Integration in Gesellschaft und Arbeitswelt sei eine realistische Perspektive. Die vom Bund zugesagte Kompensation der Belastungen im Justiz- und Sozialbereich lasse noch auf sich warten und komme zu spät für die Rechtssicherheit der anerkannten Beratungsstellen.

    Systematik: 5100 Soziales

    ID: LI981118

  • Agenda 2000: Debatte über Reformrichtung der EU-Agrarpolitik.
    Plenarbericht;

    S. 8 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Auf Antrag der CDU-Fraktion (Drs. 12/3136) hat sich der Landtag über die angestrebte Reform der EU-Agrarpolitik auseinandergesetzt, wie sie in der 1977 vorgelegten Agenda 2000 niedergelegt ist. Der Antrag wurde einstimmig an den Landwirtschaftsausschuß — federführend — überwiesen.
    Eckhard Uhlenberg (CDU) meinte zur Agenda 2000 der EU, sie bringe mit ihren Absichten eine radikale Umsteuerung der Agrarpolitik in Europa, das sei nicht notwendig. Es sei besser, sich auf die Bereiche Milch und Rindfleisch zu konzentrieren, wo es wirklich Handlungsnotwendigkeiten gebe; die anderen Dinge sollte man sich weiterentwickeln lassen, fand er. Im einzelnen erwähnte der Sprecher kritisch die Ansätze der Agenda, die Abkehr vom Prinzip der EU- Agrarreform "Mengenreduzierung gegen Einkommensausgleich". Die Agenda biete der nordrhein-westfälischen Landwirtschaft keine Zukunftsorientierung, die deutschen Landwirte müßten sich mit Einkommenseinbußen zwischen zehn und 20 Prozent abfinden, und der deutsche Steuerzahler müßte, da die EU-Agrarpolitik insgesamt teurer würde, knapp zwei Milliarden Mark mehr an Brüssel zahlen. Für die Landwirte bedeuteten die Brüsseler Vorstellungen mehr Bürokratie, die flächendeckende Landwirtschaft würde gefährdet, die Wettbewerbsposition der gesamten europäischen Landwirtschaft würde verschlechtert. Zudem sei die beabsichtigte Kopplung eines Teils der Direktzahlungen an die Einhaltung national zu bestimmender Umweltauflagen mit Wettbewerbsverzerrungen verbunden und würde die Entwicklung der Landwirtschaft von "nationalen politischen Strömungen" abhängig machen. Der "sehr konstruktive, gut begründete und in sich schlüssige CDU-Antrag" sei so ausgereift, daß alle Fraktionen ihm zustimmen könnten, schloß Uhlenberg.
    Horst Steinkühler (SPD) machte darauf aufmerksam, daß die Agenda nicht ein Papier zur Reform der europäischen Agrarpolitik sei, sondern daß es dabei um die Erweiterung der Europäischen Union (EU) in Richtung Osteuropa gehe. Diese geplante Osterweiterung stelle die Union vor bisher nicht gekannte institutionelle und politische Herausforderungen, sie ziehe Reformbedarf bei der Agrarpolitik und bei der gesamten Strukturpolitik nach sich. Wie die Union sei auch die SPD der Meinung, daß die gemeinsame Agrarpolitik sich auf der Basis der Reform aus dem Jahr 1992 weiterentwickeln sollte, das allein reiche aber nicht aus. Die landwirtschaftlichen Räume seien stärker bei der Förderung im Rahmen der Strukturfonds zu berücksichtigen, um so zusammen mit einer reformierten Agrarpolitik zu einer integrierten Entwicklung von Landwirtschaft und ländlichem Raum zu kommen. Dazu sei aber Voraussetzung, daß sich die Bundesregierung — der Außenminister sei für, der Landwirtschaftsminister gegen die Agenda — zu einer einheitlichen Linie durchringe.
    Siegfried Martsch (GRÜNE) hielt den CDU-Antrag nicht für so ausgereift wie behauptet, denn um einer Zustimmung willen hätte er am Ende auf die Forderung verzichten sollen, die Landesregierung müsse die Politik der Bundesregierung in dieser Frage unterstützen. Martsch: "Das ist wirklich so ziemlich das letzte, was im Interesse des Landes Nordrhein-Westfalen wäre." Der Bundeslandwirtschaftsminister sei für die vollintensive Nutzung aller Flächen, auch unter Einsatz der Bio- und Gentechnologie, bei wachsenden Betriebsgrößen. Sicher gebe es in der EU-Agrarpolitik Reformbedarf, sie müsse effizierter und stärker sozial und ökologisch umgestaltet werden: "Ohne diese weitreichende Reform ist die EU gegenüber künftigen Herausforderungen nicht genügend vorbereitet." Das bedeute die Sicherung der Arbeitsplätze in der Landwirtschaft, den Verzicht auf "Preisdumping" zugunsten einer Weltmarktorientierung und die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für ökologische und soziale Standards.
    Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (GRÜNE) erklärte, die zur Reform der europäischen Agrarpolitik gemachten Vorschläge trügen den Bedürfnissen der deutschen Landwirtschaft nicht ausreichend Rechnung. Die Agenda werde nicht in Bausch und Bogen, wie vom Bundeslandwirtschaftsminister, abgelehnt, denn eine solche Position führe nicht weiter. Die CDU im Lande verstehe sich als Sprachrohr des Bundeslandwirtschaftsministers und verzichte auf eine eigene Position; darum gehe die Forderung nach einer Unterstützung der Bundesregierung ins Leere, denn die wissen selbst nicht, welche Haltung sie zur Agenda habe. Die Befürchtung von 20prozentigen Einkommensverlusten für deutsche Landwirte würden durch seriöse wissenschaftliche Berechnungen angezweifelt. "Wir dürfen nicht nur klagen, sondern wir müssen Gegenkonzepte vorlegen", fuhr die Ministerin fort, es genüge nicht, immer nur nein zu sagen, Deutschland müsse seinen Einfluß nutzen, um Einfluß auf die EU-Agrarpolitik zu nehmen. Die Bundesregierung wolle zwar unbedingt die Osterweiterung der EU, wenn es aber um Konsequenzen gehe, "steckt sie den Kopf in den Sand". Ihre Haltung sei nicht, die Landwirtschaft unter Verzicht auf Artenschutz und Marktstützung dem Weltwettbewerb auszusetzen, sondern die EU- Agrarpolitik an den Erfordernissen des Binnenmarktes auszurichten und auf subventionierte Agrarexporte zu verzichten.
    Heinrich Kruse (CDU) stellte angesichts des Widerstands gegen die Agenda in anderen europäischen Ländern fest, daß man so isoliert gar nicht sei. Es sei wichtig, daß in Deutschland eine einheitliche Linie vertreten werde, damit auf der im nächsten Jahr beginnenden Welthandelskonferenz möglichst viel erreicht werde, etwa im Bereich einheitlicher Umwelt-, Sozial- und Verbraucherschutzstandards. Es mache keinen Sinn, den Getreidepreis drastisch zu senken und dann mit höherem bürokratischen Aufwand den Landwirten einen Teil dessen wieder zukommen zu lassen, was ihnen zuvor genommen worden ist.

    Systematik: 6500 Landwirtschaft

    ID: LI981119

  • Eine Zeitreise durch 2000 Jahre Stadtbaugeschichte.
    S. 8 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Bildunterschrift:
    "Eine Zeitreise durch 2000 Jahre Stadtbaugeschichte" ist die Ausstellung "Von Juliacum virtuell bis Jülich" untertitelt, die Landtagspräsident Ulrich Schmidt am 17. Juni im Beisein des stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden des Forschungszentrums Jülich, des Juristen Hartmut Grübel, sowie Prof. Dr. Eberhardt vom Fachbereich Architektur der Fachhochschule Köln eröffnete. Zeitreisen, Stippvisiten in die Vergangenheit und die Zukunft hätten einen besonderen Reiz, sagte der Präsident in seiner Eröffnungsrede und folgerte: "Per Mausklick können wir Jülich in den verschiedenen Epochen der Entwicklung erleben, können den Standpunkt der Betrachtung selbst bestimmen und uns auf diesem Wege ein eigenes Bild von der Stadt machen." Er erläuterte, die Zeitreise umfasse sieben verschiedene Epochen, die für die Stadtbaugeschichte von besonderer Bedeutung gewesen seien. Sie führe von den Anfängen der Besiedlung in römischer Zeit bis in das heutige Jülich. Das Projekt des virtuellen Stadtmodells zeige auch, welche Wirkungen frühere städtebauliche Entscheidungen auf die heutige Stadtgestalt hätten. Stadtentwicklungsministerin Ilse Brusis (SPD) nannte "Virtuelles Jülich", das auch bei der Landesgartenschau angeboten wird, ein bundesweit beispielhaftes Projekt zum Einsatz neuer Medien in der Stadtentwicklung. Jülich präsentiere sich mit seinem historischen Erbe in einem neuen Gewand. Das Bild zeigt v. l. Prof. Dr. Eberhardt, den SPD-Abgeordneten Adolf G. Retz aus Jülich, Ministerin Ilse Brusis (beide SPD), Landtagspräsident Ulrich Schmidt und Hartmut Grübel, die sich von einem Computerfachmann über das Projekt informieren lassen.

    ID: LI981120

  • Reform der Mittelebene nur bei Konsens und nach Landtagswahl.
    Verwaltungsstruktur.
    Ausschussbericht
    S. 9 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Zwei Jahre nach Vorstellung eines neuen Verwaltungsmodells durch die Fraktion der CDU steht der Oppositionsantrag vor der endgültigen Ablehnung. Die CDU hatte vorgeschlagen, in einer neu zuzuschneidenden mittleren Verwaltungsebene die Aufgaben der Landschaftsverbände, der Bezirksregierungen, des Kommunalverbandes Ruhrgebiet, der Landesoberbehörden und einiger Sonderverwaltungen zusammenzuführen. In der letzten Sitzung vor der Sommerpause unter Leitung der Vorsitzenden Renate Drewke (SPD) am 10. Juni hatten die Sprecher der Fraktionen ein letztes Mal Gelegenheit, ihre Standpunkte abschließend vorzutragen. Nach den Parlamentsferien erfolgt dann die Abstimmung in öffentlicher Sitzung.
    Franz-Josef Britz (CDU) verband mit der Zusammenführung der genannten Behörden die Hoffnung auf erhebliche Einsparungen in den Haushalten der kommenden Jahre. Auch der Verwaltungsdschungel müsse gelichtet werden. Für die Lösung dieser Aufgaben stünde nur ein bestimmtes Zeitfenster offen. "Wird die Chance jetzt nicht genutzt, werden wir alle es später bereuen", so Britz. Die Fraktionen hätten zwei Jahre Zeit gehabt, an den Details zu arbeiten, über die Anzahl der Regionalverwaltungen und die Frage der demokratischen Kontrolle in der Regionalversammlung hätte man diskutieren können.
    Brigitte Herrmann (GRÜNE) stellte fest, der von der CDU beabsichtigte "große Wurf" wäre nur im Konsens aller Parteien machbar, davon wäre das Land jedoch weit entfernt. Der Ausschuß habe sich ernsthaft mit der Mittelebene beschäftigt und dazu auch eine zweitägige Anhörung durchgeführt. Das habe gezeigt, wie schwierig es sei, den zugegebenermaßen auf dieser Ebene bestehenden Verwaltungsdschungel mit einem Streich zu beseitigen. Aber auch inhaltlich könne ihre Fraktion dem CDU-Antrag nicht in allen Punkten folgen, etwa den Privatisierungsvorschlägen oder dem, Stellen zu streichen, ohne zu sagen, wohin die Aufgaben verlagert werden oder welche davon wegfallen sollen. Andererseits sei Nordrhein-Westfalen auf dem richtigen Wege. Sie denke dabei an die von den Bezirksregierungen durchgeführte, umfassende Aufgabenkritik. Auch der soeben bekanntgegebene neue Zuschnitt der Landesregierung unter Ministerpräsident Wolfgang Clement werde Folgen haben.
    Johannes Pflug, Sprecher der Fraktion der SPD, nannte einige der vielen Gründe dafür, daß die Chance einer großen Reform nicht genutzt wurde. Zum einen habe es quer durch die großen demokratischen Parteien keinen Konsens gegeben. Zum anderen reiche jetzt die verbleibende Zeit der laufenden Wahlperiode nicht mehr aus, werde vielmehr zusätzlich belastet durch die bevorstehenden Wahlkämpfe. Teile des CDU-Antrages wären durchaus diskussionsfähig. Mit Argwohn betrachte man einige EU-Richtlinien, die das föderale System untergrüben und die Länderkompetenzen aushöhlten. Die von der CDU im Antrag behauptete Bestandsgarantie für die Bezirksregierungen sei so nicht richtig. Der frühere Mehrheitsbeschluß sei Ausfluß eines Organisationsgutachtens. Damals hätte auch jedes Ressort dazu geneigt, neue Sonderbehörden zu planen. Dies sei nicht gewollt gewesen. Über Anzahl und Größe der Bezirksregierungen sei nichts festgeschrieben worden, wohl aber, daß auf der mittleren Ebene Bündelungsbehörden bestehen müßten und keine neuen Sonderbehörden geschaffen werden dürften.

    Diskussionsfähig

    Die Abschaffung des Kommunalverbandes Ruhrgebiet entspreche dem Diskussionsstand von 1996, sei aber nicht das eigentliche Thema, Ansatz der Diskussion sei vielmehr die Höhe der Umlage gewesen. Andererseits, so Pflug, könne das von der Opposition vorgestellte Modell so nicht funktionieren. Zu den vom Koalitionspartner vorgetragenen Bedenken kämen rechtliche Probleme hinzu. So werde das Instrument der Organleihe völlig überfordert. Auch die erwartete Personaleinsparung von 30 Prozent sei zu hoch, aber selbst Einsparungen zwischen 10 und 15 Prozent wären schon diskutabel. Dennoch bleibe der Antrag der CDU weiterhin ein diskutables Modell, über welches die Landesregierung weiter nachdenken müsse. Danach werde sich zeigen, welches Modell konsensfähig sei.
    Der soeben mit den Aufgaben des Innenressorts zusätzlich beauftragte Minister für Inneres und Justiz, Dr. Fritz Behrens (SPD) fügte hinzu, das Thema bleibe erhalten. Wolle man aber die Grundstrukturen verändern, würden viele Interessen tangiert. In so weitreichender Weise gelinge dies nur im politischen und gesellschaftlichen Konsens. Es sei jetzt festzustellen, ob es über die Arbeit des Ausschusses hinaus eine Chance gibt, einen solchen zu organisieren. Die hierfür erforderliche Diskussion werde er führen. Vor der nächsten Landtagswahl wären gesetzgeberische Maßnahmen nicht denkbar. Die Diskussion solle aber weitergeführt werden, damit gleich zu Beginn der nächsten Wahlperiode Entscheidungen getroffen werden können. Er verwies auf das Signal der neuen Landesregierung. Aus dem strafferen Neuzuschnitt würden sich automatisch Veränderungen mit Synergieeffekten für alle staatlichen nachgeordneten Bereiche ergeben. Er versicherte, die kommende inhaltliche Diskussion mit einer parallel verlaufenden Aufgabenkritik werde sehr intensiv sein.

    Straffer Neuzuschnitt

    Franz-Josef Britz sah in diesen und in den Äußerungen seines Kollegen von der SPD- Fraktion eine Perspektive für die Zukunft. Die angedachte Schrittfolge des Ministers entspreche dem Vorschlag der CDU, der auch im Antrag zum Ausdruck komme. Nach der Sommerpause und nach der erwarteten Regierungserklärung des Ministerpräsidenten Clement ergebe sich möglicherweise auch eine neue Situation.
    Wolfgang Fröhlecke

    Systematik: 1200 Öffentliche Verwaltung

    ID: LI981121

  • Hoher Orden für Donata Reinecke.
    S. 9 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ist die SPD-Abgeordnete Donata Reinecke (Bild) ausgezeichnet worden. Landtagspräsident Ulrich Schmidt überreichte der Politikerin den vom Bundespräsidenten verliehenen Orden im Marie-Juchacz-Altenzentrum in Köln, In seiner Laudatio sagte der Präsident, üblicherweise finde die Ehrung im Landtag in Düsseldorf statt. Davon habe er eine Ausnahme gemacht, weil er wisse, daß dieser Ort — das Altenzentrum — Donata Reinecke sehr viel bedeute und viel mit ihrer Arbeit zu tun habe. Der Präsident fuhr fort, die Auszeichnung erfolge für Verdienste, die sich Donata Reinecke auf landes- und kommunalpolitischer Ebene sowie im verbandlichen, ehrenamtlichen Bereich erworben habe. Das politische Engagement habe vor 25 Jahren begonnen. 1972 sei der Eintritt in die SPD erfolgt. Seit 1990 sei sie Mitglied des Landtags. Den Arbeitsschwerpunkten aus der kommunalpolitischen Zeit sei sie auch auf Landesebene treu geblieben. Sie gehöre als ordentliches Mitglied dem Ausschuß für Wissenschart und Forschung, dem Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen und als stellvertretendes Mitglied dem Haushalts- und Finanzausschuß sowie dem Wahlprüfungsausschuß an. "Wir beide arbeiten vor allem im Präsidium des Landtags zusammen, dem Du ebenfalls seit Beginn dieser Wahlperiode angehörst", stellte Ulrich Schmidt fest. Er würdigte ferner als besonderen Schwerpunkt ihrer Arbeit ihr soziales Engagement. Seit 1978 sei Donata Reinecke Mitglied der Arbeiterwohlfahrt in Köln. Besonders engagiert habe sie sich in der Seniorenarbeit. So sei sie Initiatorin und Gründungsmitglied des Fördervereins des Marie-Juchacz-Altenzentrums in Köln-Chorweiler, dessen Vorsitz sie ebenfalls seit Gründung wahrnehme. "Die Dir übertragenen Aufgaben nimmst Du stets mit großer Einsatzbereitschaft und häufig unter Zurückstellung eigener Interessen wahr. Mit besonderem Organisationstalent hast Du es hervorragend gemeistert, als alleinerziehende Mutter Haushalt und Beruf, Partei-, Rats- und später Landtagsarbeit und das ehrenamtliche Engagement aufeinander abzustimmen", schloß der Präsident.

    ID: LI981122

  • Ministerium berichtet zum "Kinderkessel".
    Ausschussbericht
    S. 10 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Im Rahmen einer Aktuellen Viertelstunde des Ausschusses für Innere Verwaltung hat das Ministerium für Inneres und Justiz über die Modalitäten der Abschiebung von Kosovo-Albanern berichtet. Entgegen anderslautenden Meldungen sollten lediglich 13 Nicht-Albaner und 22 Kosovo-Albaner (Straftäter, die zu mindestens 50 Tagessätzen verurteilt wurden) nach Belgrad geflogen werden. Dabei sei kein Flug nach Pristina, sondern nur nach Belgrad geplant. Wegen der zur Zeit völlig undurchsichtigen Lage im Kosovo werde eine präzise Stellungnahme des Auswärtigen Amtes erwartet. Seitens der Bundesregierung sei kein Abschiebestopp verfügt worden. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalens habe auch keine Aussetzung der Abschiebung verfügt. Die Rückführung der übrigen Flüchtlinge werde lediglich verzögert, um sie in Jugoslawien nicht der erneuten Verfolgung auszusetzen.
    Unter der Leitung des Vorsitzenden Klaus Stallmann (CDU) nahm der Ausschuß für Innere Verwaltung auf der Sitzung am 10. Juni einen ausführlichen Bericht über ein Ereignis in Bielefeld entgegen. Dort hatten Bewohner des A 33-Hüttendorfes anläßlich des fünfjährigen Bestehens Aktionswochen ausgerufen und zum 25. April 1998 eine Veranstaltung mit Technomusik auf dem Bahnhofsvorplatz und in der Bielefelder Innenstadt organisiert, ohne sie jedoch als Versammlung anzumelden oder eine ordnungsbehördliche Erlaubnis zu beantragen. Da sich niemand als Veranstalter oder Verantwortlicher zu erkennen gab, hatte die Polizei anonymen Anrufern und Bewohnern des Hüttendorfes zu verstehen gegeben, bei Benennung eines Versammlungsleiters und unter der Voraussetzung der Friedlichkeit könne bei Versammlungsbeginn auch noch vor Ort ein Kooperationsgespräch geführt werden. Vor diesem Hintergrund wurde eine Anmeldebestätigung gefertigt, die einem Verantwortlichen ausgehändigt werden sollte.
    Es kam dann zu einem Aufzug auf dem Bahnhofsvorplatz, bei dem je ein Trecker und ein LKW mitgeführt wurden, auf deren Anhänger Lautsprecher installiert waren. Hinweise der Polizei, wegen der unzumutbaren Lärmbelästigung sei deren Betrieb nicht zu akzeptieren, eine ordnungsbehördliche Genehmigung einzuholen oder die Beschlagnahme der Anlage unumgänglich, wurden mißachtet. Die Fahrzeuge wurden durch die Innenstadt geführt, wodurch es zu erheblichen Verkehrsstörungen kam. Wegen der großen Lautstärke der abgespielten Musik hatte die Polizei Schwierigkeiten, über eigene Verstärkeranlagen Verbote, Auflagen oder Hinweise zu verkünden. Nachdem sie sich über drei Stunden lang vergeblich um Beachtung der Auflagen oder eine friedliche Auflösung der Versammlung bemüht hatte, errichtete sie schließlich eine einschließende Absperrung, um die Teilnehmer vorläufig festnehmen und zur Identitätsfeststellung zur Polizeidienststelle bringen zu können. Dabei wurden die Absperrkräfte massiv angegriffen, auch von Sympathisanten außerhalb der Sperre. Nur durch Einsatz von Reizstoffsprühgeräten und Schlagstöcken konnte eine Befreiung der Eingeschlossenen verhindert werden. An den Einsatzfahrzeugen wurden 14 Reifen zerstochen.
    Von den 165 vorläufig festgenommenen Personen waren 22 im Alter von 16 und 17, lediglich drei im Alter von 15 Jahren, die übrigen waren volljährig. Die Erziehungsberechtigten der Jugendlichen seien benachrichtigt worden. Die vorläufig in Gewahrsam genommenen Personen seien vor Ablauf der richterlich verfügten Frist nach und nach wieder entlassen worden.
    Heinz Paus, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, stellte nach diesem Bericht fest, die Polizei sei richtig vorgegangen und habe sehr langmütig gehandelt und reagiert. Da die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN diesen Bericht unter der Bezeichnung "Kinderkessel" angefordert habe, vermutete er, daß damit die Polizei diffamiert werden sollte. Die Frage des Sprechers der SPD-Fraktion, ob es richtig sei, daß der Polizeibeirat der Bielefelder Kreispolizeibehörde Verhältnismäßigkeit und sachgerechtes Handeln bescheinigt habe, beantwortete das Ministerium mit ja, es sei so einstimmig bei einer Stimmenthaltung entschieden worden.
    Roland Appel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) meinte, das Verhalten der Polizei sei rechtlich nicht anzugreifen. Als Beobachter vor Ort müsse er jedoch feststellen, das Verhalten der Polizei sei in Einzelfällen unverhältnismäßig gewesen. Damit sei für die Verständigung zwischen Jugend und Polizei politischer Schaden angerichtet worden. Eine Diskussion des Bielefelder Polizeipräsidenten mit den Jugendlichen könne der Entspannung dienlich sein.
    Wolfgang Fröhlecke

    Systematik: 1330 Ordnungsrecht; 5070 Ausländer/Vertriebene/Aus- und Übersiedler

    ID: LI981123

  • Informationsreise nach Brandenburg.
    S. 10 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Bildunterschrift:
    Vor dem einzigen Großhubschrauber russischer Bauart in Diensten der Polizei - Mitglieder des Ausschusses für Innere Verwaltung bei ihrer Informationsreise durch das Bundesland Brandenburg (wir berichteten).

    ID: LI981124

  • Sprachheilpädagogen: Pro und contra Landesgesetz.
    Ausschussbericht;

    S. 10 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Über die Frage der steuerlichen Behandlung von Sprachheilpädagogen hat der Ausschuß für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge (Vorsitzender Bodo Champignon, SPD) vor dem Hintergrund eines Gesetzentwurfs der CDU-Fraktion (Drs. 12/2892) eine Anhörung durchgeführt. — Wir setzen damit die Berichterstattung aus der vorigen Ausgabe fort.
    Dietlinde Schrey-Dern vom Deutschen Bundesverband für Logopädie nannte es als Ziel ihrer Organisation, alle derzeit tätigen Behandler zu integrieren und dadurch zu einer Harmonisierung der Berufslandschaft, wie sie in Europa bereits üblich sei, zu gelangen. Sie diagnostizierte bei den Sprachheilpädagogen Defizite in den medizinischen Grundlagen und in der klinisch-praktischen Ausbildung. Eine landesrechtliche Regelung führe bloß zu einer weiteren Zersplitterung im Bereich Logopädie und würde immer mehr berufsfremde Quereinsteiger ermuntern, für sich ebenfalls eine landesrechtliche Regelung einzufordern.
    Für die Bundesarbeitsgemeinschaft der Heilmittelverbände warnte Clara Scheepers ebenfalls vor einem "Türöffner, den auch andere benutzen werden". Sie forderte mit Blick auf die Regelungen in Europa die längst fällige Akademisierung des Berufs auch hierzulande und die Einführung von Mindeststandards. "Mit Sorge" sehe man den CDU-Entwurf, weil die Ausweitung der Therapieberechtigung neue Angebote (und damit auch Nachfrage) schaffe, was aber wegen der damit verbundenen höheren Kosten im Gesundheitsbereich abzulehnen sei.
    Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit plädierte für den Verband der Atem-, Stimm- und Sprechlehrer für eine bundesgesetzliche Regelung, weil sie grundsätzlich vorzuziehen sei. Eine landesrechtliche Regelung von Ausbildung und Berufszulassung der "medizinischen Sprachheilpädagogen" neben dem bundeseinheitlich geregelten nichtärztlichen Heilberuf des Logopäden sei verfassungsrechtlich unbedenklich, weil der Bund mit dem Logopädengesetz die Materie nicht abschließend geregelt und damit nicht die Absicht bekundet habe, alle anderen Heilberufe als nach diesem Gesetz von der Leistungserbringung auszuschließen.
    Matthias Geck von der Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) Westfalen-Lippe urteilte: "Jede Ausweitung des Kreises der Behandler gefährdet die Beitragsstabilität und hat Auswirkungen auf die Standortdebatte." Der CDU-Gesetzentwurf sei daher nicht hilfreich, obwohl man seitens der AOK eine umsatzsteuerliche Regelung durchaus begrüßen würde. Geck warnte dringend vor der Tendenz, neben medizinischen vermehrt auch pädagogische Leistungen in den Katalog der Kassen aufzunehmen. Eine Einbeziehung sei nur dann möglich, wenn eine medizinisch orientierte Ausbildung qualitätsgesichert absolviert worden sei. Nach der rasanten Steigerung der Zahl bei der Zulassung von Logopäden sei in absehbarer Zeit der Bedarf in NRW vollständig gedeckt.

    Systematik: 5230 Medizinische Berufe

    ID: LI981125

  • Landesrechnungshof sieht sich in Kleiner Anfrage zu Unrecht attackiert.
    Kreis Soest treibt in vielen kleinen Schritten Verwaltungsreform voran.
    Ausschussbericht
    S. 11 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    "Der Landesrechnungshof ist sensibel, aber nicht empfindlich" — diese Feststellung traf Dr. Hans Blasius, Vizepräsident des nordrhein-westfälischen Landesrechnungshofs (LRH) vor dem Haushaltskontrollausschuß des Landtags. Hintergrund dieser Worte bildete die Kleine Anfrage des GRÜNEN-Abgeordneten Jens Petring (Drs. 12/3087), der dem LRH in Zusammenhang mit seinen Feststellungen und Erkenntnissen bei den Zuwendungen zur Förderung der Betriebskosten für Kindertagesstätten Nachrecherchen bei einzelnen örtlichen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe unterstellt und damit eine "windige Vorgehensweise" vorgehalten hat.
    Dies sei eine "neue" Bewertung der Arbeit des LRH durch einen Abgeordneten, stellte Blasius vor dem Ausschuß fest. Der LRH sehe sich ungerechtfertigterweise angegriffen, weil es die behaupteten Nachrecherchen von seiner Seite nicht gegeben habe, erklärte der Vizepräsident. Da die Kleine Anfrage in alleiniger Verantwortung der Landesregierung beantwortet werde, werde die Meinung des betroffenen LRH durch die Wiedergabe im Protokoll dieser Ausschußsitzung des Landtags dokumentiert.
    Walter Grevener erklärte für die SPD, die vom Abgeordneten vorgenommene Bewertung sei durch Arbeit und Beschlüsse des Haushaltskontrollausschusses nicht gedeckt — "in keiner Weise". Ähnlich äußerte sich Michael Breuer (CDU): Mit der Arbeit des LRH in Sachen Kindertagesstätten sei man in seiner Fraktion im Gegenteil besonders zufrieden, hätten doch die Erkenntnisse des LRH zu einer besseren Information der Abgeordneten geführt. Petrings Einschätzung sei nicht nachvollziehbar.
    Im Mittelpunkt der Sitzung im Kreishaus des Kreises Soest standen die neuen Steuerungsmodelle, die die Kreisverwaltung Soest seit 1992 umsetzt. Sie sollen eine stärkere Bürgerorientierung — ohne Abstriche bei der Rechtmäßigkeit — des Verwaltungshandelns bewirken. Mehr Kostenbewußtsein bei den Verwaltungsmitarbeitern, mehr Transparenz für die Entscheidungen der Politik, weniger Bürokratie und Einsparungen im Personalhaushalt (bisher wurden zwölf Prozent Stellenabbau realisiert) sind Ziele, denen man sich behutsam nähern will. Erstes, nach außen wirkendes Zeichen ist dabei der Bürgerservice in der Eingangshalle des Kreishauses, in dem den vielfältigen Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern möglichst umgehend abgeholfen wird. Es ist übrigens die erste Einrichtung dieser Art in einer deutschen Kreisverwaltung, wie Heinz Cortner, Leiter der Zentralen Steuerungsunterstützung, den Abgeordneten mitteilte.
    Eines der wichtigsten Mittel in diesem "system- und sozialverträglichen Reformprozeß" sei die Einführung des ergebnisorientierten Haushalts, der erstmals in dieser dreigliedrigen Form (dazu kommen noch kameraler Verwaltungs- und Vermögenshaushalt) für 1998 aufgestellt worden sei. Nicht zuletzt sei es Absicht dieses knapp 360 Millionen Mark umfassenden Kreishaushalts, der Politik Entscheidungshilfen an die Hand zu geben, indem der Etat die "Produkte" in diesem Haushalt beschreibt und die Kosten dazu nennt.
    Für den Bürger sind schon jetzt spürbare Erleichterungen festzustellen: Eine Baugenehmigung dauert nicht länger als 14 Tage, wenn alle Unterlagen eingereicht worden sind (Cortner: In Zukunft kann sie sogar per Internet abgewickelt werden), und das Straßenverkehrsamt kennt nach dem Umbau nach den Vorstellungen des Publikums keine langen Schlangen vor den (abgeschafften) Schaltern mehr.
    Bei Befragungen in der Bürgerschaft und unter den Verwaltungsmitarbeitern wurde das hohe Maß an Zufriedenheit mit den eingeleiteten Änderungen deutlich, erklärte Cortner. Er vermittelte den Landtagsabgeordneten einen Eindruck von den vielfältigen einzelnen Verbesserungen, die zusammengefaßt das Bild einer modernen, leistungsfähigen und bürgerorientierten Kreisverwaltung prägen, die für die Anforderungen der Zukunft gerüstet sei. Cortner: "Verwaltungsreform ist erst dann ein Erfolg, wenn niemand darüber spricht, wenn sie also zum Normalfall geworden ist."
    Ausschußvorsitzender Wilhelm Riebniger (CDU), zugleich (ehrenamtlicher) Landrat des Kreises Soest, der sich in Kürze zum ersten hauptamtlichen Landrat des Kreises wählen lassen will, machte darauf aufmerksam, daß im Interesse einer wirksamen und dauerhaften Verwaltungsreform die Gesetzgebung angepaßt werden müsse. Derzeit werde immer noch zu sehr auf der Grundlage zeitlich befristeter "Experimentierklauseln" gearbeitet. Neben den Kreisen müßten auch die Städte und Gemeinden mitziehen, denn dem Bürger sei es egal, wer Träger einer Maßnahme sei — Kreis oder Kommune. Riebniger stellte den Ausschußmitgliedern "seinen" Kreis vor: Er sei im Zuge der kommunalen Neugliederung 1975 aus den ehemaligen Kreisen Soest und Lippstadt und dem Amt Warstein entstanden, knapp über 300000 Menschen lebten in einem Gebiet, das stark von der Land- und Forstwirtschaft geprägt sei. Wirtschaftlich sei der Kreis deutlich mittelständisch strukturiert, den größten Einzelarbeitgeber stelle ein Automobilzulieferer mit 6500 Beschäftigten in Lippstadt. Der Sektor Dienstleistung sei im Vergleich dazu noch zu schwach entwickelt. Auf dem Kreisgebiet lägen drei Kurorte mit den bekannten Problemen, die mit der allgemeinen Situation im Gesundheitswesen zusammenhingen. Als derzeit aktuellstes Thema nannte Riebniger die Diskussion über die Umsetzung der Flora-Fauna-Habitat (FFH)-Richtlinie im Kreisgebiet. Zugespitzt formulierte der Landrat, daß eine bestimmte Vogelart Anlaß für Bestrebungen sei, den gesamten Kreis — mit den befürchteten Folgen für die wirtschaftliche Entwicklung — "zum Naturschutzgebiet zu erklären". Grund: Die seltene Wiesenweihe soll hier im Kreis mit seinen großen Freiflächen fast die Hälfte ihrer gesamten Population haben. Bislang sei von den Bauern bei der Getreideernte freiwillig ein großer Bogen um die Nester gemacht worden, für den Ernteausfall hätten sie eine Entschädigung erhalten. Riebniger: "Ich bin mir nicht sicher, ob sie das auch in Zukunft tun werden. Die Stimmung jedenfalls ist momentan sehr aufgeheizt."

    Bildunterschrift:
    Eine seiner letzten Sitzungen als Vorsitzender des Ausschusses für Haushaltskontrolle leitete Wilhelm Riebniger (CDU, zweiter von rechts) im Sitzungssaal des Soester Kreishauses: Riebniger will sich zum hauptamtlichen Landrat wählen lassen und wird darum sein Mandat als Landtagsabgeordneter zum 1. August niederlegen. Zum Abschied bedankte sich die Präsidentin des Landesrechnungshofs, Ute Scholle (l.), mit einem Buchgeschenk; die Sprecher der beiden vertretenden Landtagsfraktionen (Walter Grevener, SPD, rechts, und Michael Breuer, CDU, zweiter von links) hoben, bevor sie ihr Präsent übergaben, die sachliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit im Haushaltskontrollausschuß hervor, für die Riebniger stets eingestanden habe, und wünschten ihm Gesundheit und alles Gute für seinen weiteren Weg.

    Systematik: 1200 Öffentliche Verwaltung

    ID: LI981126

  • Stuttgart: Kulturförderung wandelt sich allmählich.
    Ausschussbericht
    S. 12 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Der Erfahrungsaustausch mit Kulturpolitikern des Landes Baden-Württemberg in Stuttgart sowie Informationen über das neue Festspielhaus in Baden-Baden und das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe waren die Hauptziele eines Besuchs von Mitgliedern des Kulturausschusses in diesem südlichen Bundesland. Die Delegation wurde vom Vorsitzenden des Kulturausschusses, Leonhard Kuckart (CDU), geleitet.
    Im Gespräch mit Kolleginnen und Kollegen des Ausschusses für Wissenschaft, Forschung und Kunst des baden-württembergischen Landtags wies dessen Vorsitzender Ulrich Deuschle auf die vier Grundsätze in der kulturellen Landesförderung hin, Dezentralität, Pluralität, Liberalität und Subsidiarität. Das Förderspektrum umfaßt etwa die Kommunaltheater, Festspiele, soziokulturelle Zentren, Orchester, Literatur und die bildende Kunst. Der Kulturetat habe im vorigen Jahr 608 Millionen DM ausgemacht, wovon gut die Hälfte, nämlich 307 Millionen, in den Bereich Theater, Festspiele und Orchester geflossen sei (zwei Staatstheater — Badisches Staatstheater in Karlsruhe und Württembergisches Staatstheater in Stuttgart — drei Landesbühnen, neun Kommunaltheater, 23 sog. Zimmertheater, zwölf sonstige Theater, zwei Kinder- und Jugendtheater, acht Kulturorchester). In dem Etat von 608 Millionen DM geht allerdings der für den Kulturbereich bestimmte Landesanteil an Lottoeinnahmen (1997 waren dies 64 Millionen) voll auf. Ohne die wiederum im Wirtschaftsministerium angesiedelte Denkmalpflege (80 Millionen DM) einzurechnen, komme der Kulturetat (= rund zehn Prozent des Ministeriumsbudgets) auf einen Anteil von einem Prozent am Gesamthaushalt des Landes Baden-Württemberg. Dabei beschränkt sich der traditionell beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst angesiedelte Kulturhaushalt ausschließlich auf die sogenannte professionelle Kunst, während etwa die Musikschulen und die Laienmusik durch das Bildungsministerium gefördert werden.
    Die Unterhaltung der landeseigenen Schlösser und Gärten ressortiert beim Finanzministerium, die Kulturarbeit für den ländlichen Raum beim Landwirtschaftsministerium, so daß sich die Kulturförderung Baden-Württembergs insgesamt — nach den weiteren Ausführungen des Staatssekretärs beim Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, Dr. Christoph-E. Palmer — eher in einem Volumen von knapp einer Milliarde Mark bewegt. Nach seiner Einschätzung nimmt Baden-Württemberg im Theater- und Museumsbereich eine Spitzenstellung unter den deutschen Bundesländern ein, während Nordrhein-Westfalen, insbesondere in der Förderung der Volkshochschulen und der Weiterbildung, im Vergleich zu Baden-Württemberg weit vorn liege. Die Haushaltssituation, so der Staatssekretär, verschone jedoch auch die Kultur in Baden-Württemberg nicht vor Einsparungen. Diese würden allerdings nach dem Konsolidierungsprinzip nur dort, wo keine Institutionen gefährdet werden, vorgenommen, also bei den disponiblen Mitteln wie Ausstellungstätigkeit oder Ankäufe der Museen.
    Da so auf Dauer keine perspektivische Kulturpolitik betrieben werden könne, habe das Ministerium vor einem Jahr eine Kulturstrukturkommission mit Experten, auch aus anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen eingesetzt, die jedes Themenfeld auf möglicherweise tiefgreifende Veränderungen hin bearbeiten soll. Aus Sicht Palmers ist überlegenswert, ob die in den beiden Landesteilen Württemberg und Baden vorhandenen Parallelstrukturen erforderlich sind. Oder ob die Erhaltung aller drei Landestheater, die zu fast 85 Prozent vom Land gefördert werden, Bestand haben soll. Erste Änderungen haben bereits die kommunalen Theater erfahren, die statt bisher 40 nur noch 35 Prozent an Landeszuschüssen erhalten. Die Tendenz in der Kulturpolitik bewege sich hin zu einer Grundfinanzierung von Personal und Gebäude durch den Staat, während besondere Anlässe und Präsentationen überwiegend durch Sponsoringfinanzierung ermöglicht werden sollen.
    Die im Wege der sogenannten Public Private Partnership gegründete Festspielhaus GmbH in Baden-Baden (Gesamtkosten 120 Millionen Mark) stellt mit gut 2600 Zuschauerplätzen eines der größten Opernhäuser der Welt dar. Die Festspielhaus GmbH wird von einer privaten Betreibergesellschaft geführt, die abgesehen von den Landeszuschüssen sowie einer auf zehn Jahre von der Stadt Baden-Baden gewährten jährlichen Mietausfallbeteiligung von derzeit 3,1 Millionen Mark, das Risiko des Betriebs allein zu tragen hat. Klaus Klein, einer der beiden Geschäftsführer der "Festspielhaus und Festspiele Baden-Baden GmbH" erläuterte die Konzeption des ensemblelosen Hauses, das mit einem Stamm von 35 Mitarbeitern auskommt, deren Arbeitszeitregelung flexibel auf den Festspielbetrieb eingeht; kurzfristig würden bei Bedarf auch Zeitarbeitskräfte eingesetzt. Das Haus, dessen Eintrittspreise sich je nach Veranstaltung und Platzkategorie zwischen 30 und 600 DM bewegen, setzt sein Hauptaugenmerk auf herausragende Veranstaltungen (zum Beispiel Karajan-Pfingstfestspiele, Covent Garden in Residenz) und auf Welturaufführungen. Erster Bürgermeister Jörg Zwosta wertete das nicht unumstrittene Festspielhaus als eindeutigen Prestigezuwachs für die Stadt Baden-Baden (53000 Einwohner).
    In einem anderen Bauwerk sah sich die Landtagsdelegation in Karlsruhe um: Im Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM), das sich als weltweit erste Institution konsequent der Kunst in Verbindung mit den neuen Medien widmet und unter einem Dach Forschung, Entwicklung, Sammlung und Präsentation vereinigt. Das ZKM ist eine Stiftung des öffentlichen Rechts und wird je zur Hälfte vorn Land und der Stadt finanziert. Es wurde 1989 gegründet. Die knapp 42000 Quadratmeter einer behutsam umgebauten 80jährigen ehemaligen Fabrikhalle teilen sich das ZKM und die dort auch angesiedelte Staatliche Hochschule für Gestaltung und die Städtische Galerie. Als Begegnung von Kunst und Wissenschaft auf der Basis neuer Technologien umschrieb der amtierende Leiter des Hauses, Dr. Schwandler, das ZKM, das aus dem Medienmuseum, dem Museum für Neue Kunst, der Mediathek, dem Institut für Bildmedien, dem Institut für Musik und Akustik und dem Medientheater besteht. Die Gesamterrichtungskosten bewegen sich mit insgesamt 153 (Landesanteil davon 50 Millionen DM) nach Darstellung des Kulturdezernenten der Stadt Karlsruhe, Dr. Michael Heck, in einem relativ günstigen Rahmen. Der jährliche Betriebskostenzuschuß wurde mit 2,8 Millionen Mark beziffert, wobei derzeit 400000 DM als Minderausgaben einzuplanen sind. Das Medienmuseum ist die erste museale Einrichtung, die sich mit der Wirkungsweise der Neuen Medien auseinandersetzt. Außerdem stellt es das erste vollständig interaktiv konzipierte Museum dar, in dem Besucher Bild, Ton oder Szenen der Installation selbst beeinflussen können. Das Museum für Neue Kunst besitzt eine der größten Medienkunstsammlungen der Welt.

    Bildunterschrift:
    Blick in den Lichthof des Museums für Neue Kunst im Karlsruher ZKM: Im Vordergrund die meterhohe Stahl/Video-Installation "Tempo Liquido".

    Systematik: 7100 Kunst/Kultur

    ID: LI981128

  • Drei OFD-Standorte bleiben "zunächst".
    Ärger über Verfahren.
    Ausschussbericht
    S. 13 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Nach der Anhörung von Sachverständigen zur künftigen Organisation der Landesaufgaben in den Oberfinanzdirektionen am 12. Juni und der in einer Presseerklärung bekanntgegebenen Entscheidung des Finanzministers vom 15. Juni, die Steuerabteilungen zunächst an allen drei Standorten beizubehalten, äußerten Vorsitzender Leo Dautzenberg (CDU) und weitere CDU-Abgeordnete in der Sitzung des Haushaltsausschusses am 18. Juni Verärgerung über das Verfahren. Der Minister habe die Auswertung der Anhörung nicht abgewartet und damit die sachliche Zusammenarbeit gestört.
    In der Anhörung hatten Manfred Lehmann (Deutsche Steuergewerkschaft Köln) und Inge André (Gewerkschaft ÖTV) die Notwendigkeit einer Neuorganisation bezweifelt (Fortsetzung des Berichts in der vorigen Ausgabe von "Landtag intern"). Die Arbeitsverdichtung in den Finanzämtern sei nicht nur ein Schlagwort, sondern täglich erlebte Realität, sagte Lehmann und wies auf den heute üblichen schnellen Weg von Antworten auf schwierige Fragen der Finanzämter und steuerberatenden Berufe durch Telefonate mit den Fachreferaten hin. Die erfolgreiche Landessteuerabteilung bei der OFD Köln in Frage zu stellen, würde die Motivation der Beschäftigten und auch das Vereinnahmen von Steuern mit einem Volumen von zur Zeit 118 Milliarden Mark beeinträchtigen. Inge André (ÖTV) hielt eine Superbehörde in Düsseldorf mit über 80 betreuten Finanzämtern und 18000 Beschäftigten für kaum mehr steuerbar.
    Zur Auswertung der Sitzung hatte Ausschußvorsitzender Dautzenberg eine Sitzung am 18. Juni einberufen. Obwohl die Entscheidung über die künftige OFD-Organisation, die der Finanzminister bereits am 15. Juni der Öffentlichkeit bekanntgab, ausschließlich Regierungshandeln betreffe und somit nicht der Zustimmung des Parlaments bedurft habe, hielten er und die Oppositionsfraktion, für die zunächst Franz Riscop (CDU) sprach, das Vorgehen für eine Mißachtung der Ausschußarbeit und vermuteten, es handele sich um eine "Retourkutsche" gegenüber dem Bundesfinanzminister, der seinerseits die Konzentration der Bundesabteilungen ohne Beteiligung des Landes verfügt hatte. Ministerialdirigent Stadermann (Finanzministerium) bezeichnete Schleußers Strukturkonzept als Kompromißlösung, die ebenfalls Einsparungen bringe. Eine Arbeitsgruppe solle die Umorganisation optimierend begleiten. Reinhold Trinius (SPD) hielt die von der Opposition durchgesetzte Anhörung für nicht zweckmäßig, da der Haushaltsausschuß kein Mitwirkungsrecht habe, und erkannte keine neuen Aspekte gegenüber den bisher schon schriftlich vorgelegten Argumenten.
    Zu Fragen der CDU-Abgeordneten nach Raumbedarf, Miet-, Betriebs- und Umzugskosten bei dem vom Ministerpräsidenten angekündigten Umzug der Staatskanzlei in das Düsseldorfer Stadttor erklärte Ministerialdirigent Dr. Oerter, alle haushaltsrelevanten Details des Umzugs würden auf ihre Wirtschaftlichkeit hin geprüft. Die Umzugsabsicht sei Teil des längerfristigen Konzepts für die Schaffung eines Regierungsviertels in Düsseldorf.

    Bildunterschrift:
    Wo eigentlich sanfte Hände die Kuh melken müßten, sei das kalte Eisen der Melkmaschine am Werk, meinte der Präsident des Steuerberaterverbands Köln, Professor Dr. Fritz Eggesieker, zur geplanten Zusammenlegung ("Anonymisierung") von Landesabteilungen bei den Oberfinanzdirektionen in der Anhörung des Haushaltsausschusses: im Bild Ausschußvorsitzender Leo Dautzenberg (CDU, r.) und Staatssekretär Ernst Gerlach (Finanzministerium) bei der Begrüßung von Ministerialdirektor Dirk Kühnau (l.) vom Bundesfinanzministerium, dessen "Straffungskonzept" die Neuorganisation im Landesdienst ausgelöst hatte.

    Systematik: 1200 Öffentliche Verwaltung

    ID: LI981130

  • Handlungsleitfaden für Fahrradstationen - Bahn gibt 120 Bahnhöfe in NRW auf - 28 Millionen Mark weniger für Straßenbau.
    Staatssekretäre im Verkehrsausschuß.
    Ausschussbericht
    S. 13-14 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Im Mittelpunkt der von Manfred Hemmer (SPD) geleiteten Sitzung des Verkehrsausschusses am 15. Juni standen Berichte der Staatssekretäre Dr. Hans Jürgen Baedeker (Ministerium für Arbeit, Soziales, Stadtentwicklung, Kultur und Sport) und Joachim Westermann (Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr) zu den Themen Stadtverkehr, Umgestaltung von Bahnhöfen, Radwegeförderung, Schallschutzprogramm am Flughafen Köln/Bonn, zum Stand des Fernstraßenbaus Mittleres Ruhrgebiet sowie zu den Auswirkungen der globalen Minderausgaben auf den Landesstraßenbau. Die abschließende Beratung eines Gesetzentwurfs zu Einsparungen bei Reise- und Umzugskosten sowie zur Parkraumbewirtschaftung bei Landesbehörden und des CDU-Antrags, den Eltingmühlenbach im Ausbau-Bereich des Flughafens Münster/Osnabrück nicht als FFH-Schutzgebiet auszuweisen, wurde bis nach der Sommerpause vertagt.
    Es werde immer schwieriger, den Wünschen nach zeitnaher Finanzierung kommunaler Straßenbaumaßnahmen nachzukommen, erläuterte Staatssekretär Dr. Baedeker. Nur noch jedes dritte Projekt könne mittelfristig finanziert werden. Die Kommunen müßten ihre Prioritäten neu festsetzen. Die Radwegeförderung erfreue sich konstanter Beliebtheit. Die Radverkehrsinfrastruktur in NRW sei besser als anderswo. Die in diesem Haushalt noch eingestellten jährlichen 60 Millionen Mark könnten künftig nicht mehr durchgehalten werden. Das Stadtverkehrsprogramm stehe übrigens allen Bürgern im Internet offen.
    In NRW gebe es 678 Bahnhöfe und Haltepunkte, berichtete der Staatssekretär über die Umgestaltung der Bahnhöfe zu "multifunktionalen Zentren urbanen Lebens" und zu Verkehrszentralen. Bahnhöfe seien öffentliche Orte mit der absolut höchsten Besucherzahl. Das Stadtentwicklungsministerium treibe das abgestimmte Vorgehen der beteiligten Institutionen voran, um einerseits die Mobilität zu stärken, nicht mehr genutzte Flächen der Bahn zu nutzen, und Bahnhöfe sowie ihr Umfeld aufzuwerten. Nach anfänglich schleppender Gangart redeten die Planungsbeteiligten jetzt intensiv miteinander. An 80 Standorten seien Fahrradstationen geplant, für 13 davon seien sieben Millionen Mark bereits im Stadtverkehrsprogramm 1998 eingestellt. Noch im Laufe dieses Jahres werde es einen Handlungsleitfaden dazu geben. Die Bahn wolle in NRW 120 Bahnhöfe aufgeben, einige davon stünden unter Denkmalschutz, antwortete Dr. Baedeker auf mehrere Fragen von Peter Eichenseher (GRÜNE), und nannte als Förderumfang 80 Millionen Mark im Jahr 1998, allerdings nur für das Bahnhofsumfeld, insbesondere für die Verknüpfung von Verkehrsträgern. Heinz Hardt (CDU) wies auf viele brachliegende Gleisanlagen hin, die als Nutzflächen interessant seien. Charlotte Kann (SPD) erbat einen Zwischenbericht über die Fahrradstationen. Der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Heinz Hunger erinnerte an "fürchterliche Erfahrungen" mit hohen kommunalen Investitionen und nicht realisierten Frachtzentren der Bahn.
    Den CDU-Antrag "Private Vorfinanzierung von Landesstraßen im Haushalt absichern" (Drs. 12/2825) lehnte die Ausschußmehrheit aus SPD und GRÜNEN ab. Der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Günter Langen hatte auf die Dringlichkeit von vier konkreten Vorhaben hingewiesen. Heinz Hunger (SPD) trug haushaltspolitische Bedenken vor und sprach sich, ebenso wie Johannes Remmel (GRÜNE) und Staatssekretär Joachim Westermann, gegen die Belastung künftiger Haushalte durch Zinslasten aus. Das Baurecht liege nur für die Ortsumgehung Gevelsberg vor, bestätigte Westeimann, mit dem Bau könne begonnen werden.
    Für die weitere Beratung über den CDU-Antrag, den Ausbau der Start- und Landebahn am Flughafen Münster/Osnabrück nicht durch Schutzgebiets-Anmeldungen zu gefährden, erbat der Verkehrsausschuß vom Umweltministerium ein Gutachten des Bundesforschungsministeriums von 1996, und Staatssekretär Westermann sagte dem Ausschuß die Übermittlung einer Umweltverträglichkeitsuntersuchung des TÜV zu. Das Schallschutzprogramm am Flughafen Köln/Bonn, erläuterte Staatssekretär Westermann, habe ein Gesamtvolumen von 120 Millionen Mark, wovon 30 Millionen ausgegeben worden seien. Seit 1992 seien die Schutzgebiete noch mehrmals erweitert worden. Im gesamten Gebiet seien 11000 mehrgeschossige Gebäude betroffen, 5 483 Schlafräume seien mit Schallschutz und Lüftung ausgestattet worden. Einen von Peter Eichenseher (GRÜNE) erbetenen Sachstandsbericht zum 22-Punkte-Programm des Landtags sagte er zu.
    Im Ressort Wirtschaft/Verkehr müßten im Haushaltsjahr 1998 globale Minderausgaben in Höhe von 122,4 Millionen Mark erwirtschaftet werden. Davon entfielen 28,5 Millionen Mark auf den (Landes)Straßen- und Brückenbau. Bei Erhaltungsinvestitionen dürften zehn und bei Neu- und Ausbaumaßnahmen 17,6 Millionen Mark weniger ausgegeben werden, erläuterte Westermann. Beim Radwegeprogramm (zehn Millionen Mark) gebe es keine Einsparung. Fast alle Maßnahmen müßten zeitlich gestreckt werden. Die Verschuldungs-Höchstgrenze nach der Verfassung werde nicht erreicht, antwortete er auf eine Frage von Heinz Hardt (CDU). Auch bei Schiene und Wasserstraße gebe es Minderausgaben, teilte er auf die Frage von Günter Langen (CDU) mit.

    Systematik: 2600 Verkehr

    ID: LI981131

  • SPD: Statt Qualitätssicherung will CDU-Fraktion bloß Diffamierung.
    Antrag auf Überprüfung der Gesamtschule gescheitert.
    Ausschussbericht
    S. 14 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    "Qualität von Gesamtschulen auf den Prüfstand!" — so der Titel des Antrags der CDU- Fraktion (Drs. 12/2877), der am 10. Juni in öffentlicher Sitzung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung unter Vorsitz von Heinrich Meyers (CDU) abschließend beraten und mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen SPD und GRÜNEN gegen die Stimmen der antragstellenden Fraktion der CDU abgelehnt wurde.
    Der schulpolitische Sprecher der CDU, Bernhard Recker, erklärte, mit ihrem Antrag gehe es seiner Fraktion nicht darum, die Gesamtschule in Frage zu stellen, sondern um die Überprüfung ihrer Qualität. Verschiedene Schulen müßten auf den Prüfstand; dazu gehöre auch die Gesamtschule. Wer die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen ernst nehme, habe in diesem Bereich zu handeln. Der Ministerin für Schule und Weiterbildung mangele es an Vorschlägen, ihrem Konzept fehle das Merkmal der Vergleichbarkeit der Leistungen an Gesamtschulen mit den Leistungen anderer Schulen des gegliederten Schulsystems. Recker hob besonders drei Forderungen des Antrags an die Landesregierung hervor, nämlich das strukturelle Konzept der Gesamtschule in NRW kritisch zu hinterfragen, die Genehmigung einer neuen Gesamtschule generell dann zu verweigern, wenn sie dazu führe, daß der kommunale Haushalt nicht ausgeglichen sei und in Zeiten knapper Kassen Ganztagsangebote nicht als Privileg nur der Gesamtschule festzuschreiben.
    Christiane Bainski (GRÜNE) erwiderte, die Gesamtschule habe einmal ersetzende Schulform werden sollen. Sie sei zwar nur ergänzende Schulform geworden, habe es aber gegen alle Widerstände geschafft, Innovation in die Pädagogik zu bringen. Im Zusammenhang mit der Diskussion über Qualitätssicherung müsse man auch feststellen, daß die Gesamtschule über zwölfjährige Erfahrung im Bereich der Evaluation verfüge. Sie halte es für unseriös, den Lehrerinnen und Lehrern an der Gesamtschule mangelndes Engagement zu unterstellen. Wenn im Herbst dieses Jahres die Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung vorliege, sollte man eine andere Diskussion führen.
    Sigrid Klösges (SPD) bezweifelte, ob der CDU-Fraktion an der Qualitätssicherung gelegen sei. Schließlich brauche man Qualitätssicherung für alle Schulformen. Der CDU gehe es im Grunde nur um die Diffamierung der Gesamtschule. Das sei aus den Forderungen, keine weiteren Gesamtschulen zu errichten und bestehende umzuwandeln, deutlich geworden.
    Schulministerin Gabriele Behler (SPD) betonte, in der öffentlichen Diskussion werde der Eindruck erweckt, als gebe es abschließende wissenschaftliche Studien. Man sei gut beraten, sich auf überprüfbare Veröffentlichungen zu konzentrieren, die tatsächlich vorliegen. Schulpolitische Entscheidungen aufgrund instrumentalisierter Berichte und angekündigter Studien seien unseriös. Die Ministerin hob noch einmal hervor, daß das pädagogische Konzept der Gesamtschule noch nie den Anspruch erhoben habe, alle Schüler zur Fachoberschulreife oder in die gymnasiale Oberstufe zu führen. Sie wolle den jungen Menschen diese Option aber so lange wie möglich offenhalten.
    Zweiter Schwerpunkt der Ausschußberatungen war das "Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen Schulen" (Drs. 12/2891) der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, das gegen die Stimmen der CDU-Fraktion unverändert angenommen wurde. Inhalt des Gesetzentwurfes ist die Ergänzung des § 29 des Lehrerausbildungsgesetzes um einen sechsten Absatz, der regelt, unter welchen Bedingungen Lehrkräfte mit Altlehrämtern die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe I erwerben können.
    Der schulpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Manfred Degen (SPD), erklärte, in der Sache sei man sich einig, den Lehrkräften mit Altlehrämtern den Aufstieg im Schuldienst zu ermöglichen. Im Haushalt seien dafür 50 Stellen veranschlagt. Die Befähigung zum Lehramt für die Sekundarstufe I sei an die im Gesetz genannten Bedingungen geknüpft. Die Resonanz der Lehrerverbände belege, daß damit der berühmte Schritt in die richtige Richtung vollzogen werde, auch wenn der Aufstieg jetzt nicht generell geöffnet werde.
    Christiane Bainski (GRÜNE) betonte, ihr wäre die Regelung einer generellen Überleitung der Altlehrämter lieber gewesen. Wegen der bekannten Haushaltssituation sei dies jedoch nicht möglich. Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf sei ein längst überfälliges Zeichen an die betroffenen Lehrkräfte im Schuldienst gesetzt worden. Man müsse sehen, was demnächst noch zur Verbesserung geleistet werden könne.
    Theodor Kruse (CDU) kritisierte, es sei ärgerlich und nicht zu verantworten, wenn sich das Parlament heute noch mit den Nachwirkungen des Lehrerausbildungsgesetzes von 1974 befassen müsse. Damals wurde für die sogenannten Altlehrämter keine statusrechtliche Überleitung vorgenommen; dies war der grundlegende Fehler. Als die CDU-Fraktion im April 1993 einen Gesetzentwurf einbrachte, sei er an der SPD-Mehrheitsfraktion gescheitert, obwohl zuvor in der Debatte alle im Landtag vertretenden Fraktionen die Ungerechtigkeit erkannt und eine Lösung für dringend notwendig erachteten. Die CDU-Fraktion werde von ihrer Forderung aus 1993 nicht abrücken und verlange für den betroffenen Personenkreis die volle laufbahnrechtliche Gleichstellung mit den Sekundarstufe I-Lehrern. Es sei nur gerecht, eine Lösung für alle Betroffenen zu erreichen. (Siehe auch Seite 6)

    Systematik: 4210 Lehrer; 4220 Allgemeinbildende Schulen

    ID: LI981133

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Die Fraktionen im Landtag NRW