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  • Im Europa der KulturRegionen Einheit in Vielfalt bewahren.
    Kultusministerkonferenz tagte im Landtag am Rhein.

    S. 20 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Die 282. Kultusministerkonferenz unter Vorsitz der nordrhein-westfälischen Wissenschaftsministerin Anke Brunn (SPD) hat am 4. und 5. Juni im Düsseldorfer Landtag stattgefunden. Der Erste Vizepräsident des Landtags, Dr. Hans-Ulrich Klose, begrüßte die Teilnehmer.
    Im Namen von Landtagspräsident Ulrich Schmidt hieß Klose die Gäste mit den Worten willkommen: "Es ist für uns eine besondere Freude und Ehre, die 282. Kultusministerkonferenz in unserem Hause zu beherbergen." Die Kultusministerkonferenz — selten habe eine Institution im Laufe ihres Bestehens so unterschiedliche, so kontroverse Bewertungen erlebt. Aber trotz aller Kritik, trotz der immer wiederkehrenden Rufe nach Auflösung arbeite sie weiter, und das sei gut so, betonte Klose.
    Er fuhr fort, die Konferenz, die in diesem Jahr bereits ihr 50jähriges Jubiläum habe feiern können, habe die bildungspolitische Geschichte der Bundesrepublik mitgeschrieben. Geleitet von dem Anspruch, die Einheit in der Vielfalt sicherzustellen, sei es ihr gelungen, die regionalen Kulturen der einzelnen Länder zu bewahren und gleichzeitig die erforderliche Einheitlichkeit und Chancengleichheit im deutschen Schul- und Bildungswesen sicherzustellen. Bei aller Vielfalt, die man wolle und die ja gerade ein föderales System ausmache, sei ein Mindestmaß an Einheitlichkeit, an Koordination und Absprache unerläßlich, nicht nur, aber eben auch wenn es um die Vergleichbarkeit von Bildungsabschlüssen gehe. Als Stichworte zur Arbeit der Konferenz nannte der Vizepräsident die wechselseitigen Anerkennungen, die vielen Reformen, die schnelle Integration der neuen Bundesländer sowie die Rechtschreibreform.
    Er folgerte: "Für mich ist und bleibt die Kultusministerkonferenz, wie es der soeben aus dem Amt geschiedene Ministerpräsident unseres Landes, Dr. Johannes Rau, anläßlich der Jubiläumsfeierlichkeiten im Februar formuliert hat, eine Art bildungs- und kulturpolitische Denkfabrik." Er fuhr fort: "Unsere Gesellschaft befindet sich im Wandel. Wir stehen vor großen Herausforderungen — in wirtschaftlicher, ökologischer, sozialer und eben auch in kultureller Hinsicht." Die Welt wachse mehr und mehr zusammen, aber sie werde auch immer komplexer. Neue Chancen und Freiräume zeichneten sich ab, aber man müsse auch befähigt sein, diese zu nutzen. Bildung und damit die Vermittlung von Wissen, von Fertigkeiten und Fähigkeiten heiße Erziehung zur Technologiefähigkeit. Es heiße aber auch Erziehung zu Kreativität und Innovation, zu Toleranz und Weltoffenheit und heiße auch Anleitung zu lebenslanger Lernfähigkeit.
    Hans-Ulrich Klose schloß, was im Verhältnis von Bund und Ländern gelungen sei, werde zunehmend über die Grenzen unseres Landes hinaus Bedeutung erlangen. In einem stärker zusammenwachsenden Europa werde es darum gehen, ein Europa der KulturRegionen zu schaffen, in dem die Einheit in der Vielfalt bewahrt werden könne. Er sei davon überzeugt, daß sich die KMK diesen Herausforderungen ebenso engagiert wie in der Vergangenheit stelle. Das umfangreiche Arbeitsprogramm für die Jahre 1998/99 jedenfalls lasse diesen Schluß zu.

    Bildunterschrift:
    Zu einem Erinnerungsfoto haben sich Kultusministerinnen und Kultusminister auf einer Treppe im Düsseldorfer Landtag aufgestellt. Gastgeberin war die nordrhein-westfälische Wissenschaftsministerin Anke Brunn (SPD, vorne Mitte).

    ID: LI981050

  • Spielerträge aus drei Spielcasinos für die Wohlfahrt.
    S. 20 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Die Stiftung des Landes Nordrhein-Westfalen für Wohlfahrtspflege hat am 2. Juni den Geschäftsbericht 1997 vorgelegt. Nach dem nordrhein-westfälischen Spielbankgesetz erhält die öffentlich-rechtliche Stiftung Wohlfahrtspflege der jeweils im Haushaltsplan des Landes festgelegten Anteil der Bruttospielerträge der Spielcasinos in Aachen, Bad Oeynhausen und Dortmund-Hohensyburg. Für 1997 hat der Landtag diesen Anteil auf 50 Millionen Mark nebst einer Verpflichtungsermächtigung von 20 Millionen Mark festgesetzt. Die drei Spielbanken werden von der Westdeutsche Spielbanken GmbH & Co KG in Münster betrieben. Die nach dem Spielbankgesetz vom Spielbankunternehmer an das Land zu zahlende Spielbankabgabe beträgt 80 Prozent der Bruttospielbeträge. Nach Abzug der Anteile der Sitzgemeinden Aachen, Bad Oeynhausen und Dortmund verbleiben dem Land jeweils 65 Prozent der Bruttospielerträge. Der Landesanteil belief sich 1997 auf über 138 Millionen Mark, das sind 9,36 Prozent mehr als 1996. In dem Geschäftsbericht heißt es indessen, auffallend sei in diesem Zusammenhang das um rund vier Pozent gesunkene Aufkommen bei der Spielbank in Bad Oeynhausen. Die Stiftung Wohlfahrtspflege hat die ihr zugewiesenen Mittel nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung für gemeinnützige oder wohltätige Zwecke der Wohlfahrtspflege zu verwenden. Im Vordergrund steht die Förderung von Einrichtungen und Maßnahmen der Altenhilfe und Behindertenhilfe. 1997 wurden 235 soziale Einrichtungen und Maßnahmen mit Zuschüssen gefördert. Die Summe der im Geschäftsjahr 1997 ausgezahlten Zuschüsse belief sich auf rund 68 Millionen Mark. Mit dieser Fördersumme konnte ein Investitionsvolumen von rund 273 Millionen Mark mobilisiert werden. Die Stiftung ist für die kommenden Jahre bereits Verpflichtungen in Höhe vor 20,8 Millionen Mark eingegangen. Davon entfallen allein rund 16,5 Millionen Mark auf das Haushaltsjahr 1998. Für das laufende Geschäftsjahr hat das Land den an die Stiftung Wohlfahrtspflege abzuführenden Anteil an der Spielbankabgabe wiederum auf 50 Millionen Mark nebst Verpflichtungsernächtigungen von 20 Millionen Mark festgesetzt.
    Die Stiftung Wohlfahrtspflege besteht aus zwei Organen, dem Stiftungsrat und dem Stiftungsvorstand, dem die Geschäftsführung obliegt. Dem zehnköpfigen Stiftungsrat gehören von Seiten des Landtags die Abgeordneten Bodo Champignon und Wolfram Kuschke (beide SPD), Georg Gregull und Otti Hüls (beide CDU) sowie Daniel Kreutz (GRÜNE) als ordentliche Mitglieder sowie Vera Dedanwala, Hermann Jansen (beide SPD), Wilhelm Krömer, Ursula Monheim (beide CDU) und Marianne Hürten (GRÜNE) als stellvertretende Mitglieder an. Im Stiftungsrat sind ferner je ein Beamter des Innen-, Finanz- und Arbeitsministeriums sowie zwei Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände dar freien Wohlfahrtspflege vertreten. Der Stiftungsvorstand setzt sich aus Helmut König und Wolfgang Heiliger vom Arbeits- und Sozialministerium zusammen.

    Systematik: 8700 Glücksspiel

    ID: LI981052

  • Im sechsten Spiel endlich erster Sieg.
    FC Landtag überzeugte.
    S. 21 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Im sechsten Spiel endlich der erste Sieg der Saison 98. Mit 4:1 fiel er überzeugend aus, wenn auch das Team des Schwelmer Gymnasiums aus Schülern und Lehrern unter Wert geschlagen wurde. Die Schwelmer erwiesen sich als sehr spielstark und konnten dank ihrer weiten Spielerdecke dem erstmals in diesem Jahr von Personalnöten gequälten FCL mit drei sehr guten Spielern aus der Patsche helfen. Trotz einiger gekonnter Kombinationen des FCL waren die Schwelmer in der ersten Hälfte die bestimmende Mannschaft. Der FCL allerdings ging nach seinem ersten konstruktiv vorgetragenen Angriff in Führung. Der wieder exzellente Abwehrchef Wolfgang Euteneuer hatte sich nach vorne gepirscht — geschickter Doppelpaß mit Arnim Brux und gefühlvoller Heber über den herausstürzenden Keeper mitten hinein ins Schwelmer Netz. Der Ausgleich ließ jedoch nicht lange auf sich warten. Zeitweise wurden die Abwehrspieler des FCL von den jungen Schwelmer Talenten hin- und hergehetzt. Zur Pause stand es 1:1.
    Dann kam der große Regen. Er half dem FCL Die Luft wurde reiner, der Boden besser bespielbar. Plötzlich wurde das Spiel des FCL wieder von Selbstbewußtsein und Inspiration getragen. Besonders die rechte Seite mit dem Debütanten Bernhard Tenhumberg, Thomas Mahlberg und Günter Langen wurde nun stärker. Mit dem hoffnungsvollen Youngster Thomas Mayer, der aus dem Rückraum hervorragend von Heinz Köster unterstützt wurde, bildete Kapitän Langen eine effektvolle Flügelzange. Güla brach dann auch den Bann. Dank seines phänomenalen Torriechers bugsierte er das Leder mit wehendem Schöpf an dem sich verzweifelt streckenden Schwelmer Torhüter in den Kasten. Jetzt setzte sich der FCL in der gegnerischen Hälfte fest. Es kam zu turbulenten Szenen im Strafraum der Gastgeber. Dann war es endlich soweit. Thomas Mahlberg ließ abtropfen, und Hans Zinnkann haute den Ball aus 16 Metern ins lange Eck. Nun zog sich der FCL wieder etwas zurück, insgesamt aber hatte er die allerdings nach wie vor nicht zu unterschätzenden Sturmspitzen der Schwelmer ganz gut im Griff. In der Schlußminute brillierte dann Thomas Mahlberg mit einer Einzelleistung. Diesmal setzte er sich am linken Flügel durch, ließ drei Abwehrspieler hinter sich und überwand mit strammem Schuß aus spitzem Winkel auch den letzten möglichen Spielverderber. 4 : 1, das bei gemütlichem Beisammensein noch ausgiebig diskutiert wurde. Der Klasse 6 vielen Dank für Brötchen und Getränke.

    Bildunterschrift:
    Hans Kraft beim Spiel in Ennepetal.

    ID: LI981053

  • Untersuchungsausschuß konstituierte sich.
    S. 21 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Bildunterschrift:
    Unter Vorsitz des SPD-Abgeordneten Edgar Moron hat sich am vergangenen Dienstag der Parlamentarische Untersuchungsausschuß konstituiert, der auf einstimmigen Beschluß des Landtags am 29. Mai eingesetzt worden war. Dem Ausschuß gehören 13 stimmberechtigte Mitglieder an, davon sechs der SPD-Fraktion, fünf der CDU-Fraktion und zwei der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Vorsitzender ist Edgar Moron (l.), stellvertretender Vorsitzender der CDU-Abgeordnete Klaus Stallmann (r.).

    ID: LI981055

  • Die Abwehrreihen dominierten.
    S. 21 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Nicht schlecht gespielt, jedoch wieder kein Sieg, allerdings auch keine erneute Niederlage für den FC Landtag. Gegner war diesmal im herrlichen Stadion von Ennepetal eine Prominentenauswahl der Stadt.
    Die Begegnung war sozusagen das Sahnehäubchen auf dem erstklassig besetzten internationalen A-Junioren Turnier. Bei beiden Teams dominierten die Abwehrreihen; packende Torraumszenen hatten Seltenheitswert. Dafür präsentierten sich beide Mannschaften mit ausgeklügelten taktischen Konzepten, die — wen wundert's — so kurz vor der WM in Frankreich bei allen Fußballexperten auf höchstes Interesse stießen. Die nahezu unbegrenzte Vielseitigkeit der FCL-Spieler fiel dabei besonders positiv auf. Nehmen wir z.B. Hans Kraft und Thomas Mahlberg: Ein leichtfüßiges Energiebündel der eine, die Außenlinien unsicher machend, und dazu immer noch einen kecken Spruch auf den Lippen. Der andere ein Kraftpaket, sowohl im defensiven Mittelfeld als auch am rechten Flügel als Flankengeber zu Hause. So verkörpern sie beide den modernen Fußball, der keine starren Positionen mehr kennt, sondern je nach Spielsituation eine hohe psychische wie physische Anpassungsflexibilität fordert. Das mag manchem Außenstehenden beim FCL manchmal anarchisch vorkommen, den Ungläubigen sei jedoch versichert, daß dahinter Methode steckt. Nun aber zurück zum Spielgeschehen auf dem grünen Rasen des Ennepetaler Stadions. Unentschieden Null zu Null stand es zur Pause, wobei der FCL in dieser Zeit die größte Chance hatte. Es war Alex Schmidt, der sich mit Jürgen Coße gekonnt in der Libero- Position abwechselte, der einen Freistoß aus 18 Metern an das Alu-Gestänge knallte. Pech, die Führung hätte der Landtagself gutgetan. Besser aber lief der Ball durch die Reihen der Ennepetaler, in wirkliche Gefahr aber brachten sie im ersten Abschnitt FCL-Keeper Wolfgang Hamann nicht. In der zweiten Hälfte lockerte der FCL seine Abwehr, zu gerne wollte er den ersten Sieg in die Scheuer der Kaffeeklappe einfahren. Das aber eröffnete nun auch den Ennepetalern zwei gute Einschußmöglichkeiten. Die dritte nutzten sie: Nach Hereingabe von der Torauslinie konnte ihre Sturmspitze aus kurzer Distanz vollstrecken. Die Mannen des FCL krempelten nun die Ärmel ihrer neuen grün-weiß-roten Trikots hoch, um eine erneute Niederlage doch noch abzuwenden. Es war schließlich der bullige Jens Harmeier, der die vielleibige Abwehr der Ennepetaler durch einen harten Schrägschuß von der Strafraumgrenze aus überwinden konnte. Das 1 : 3 war ein gerechtes Ergebnis. Noch aber läuft der Motor des FCL nicht ganz rund, noch hat das Team das Potential, das in ihm steckt, nicht voll ausgeschöpft. Wir sind gespannt, wann der Knoten endgültig platzt.

    ID: LI981056

  • SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Degen: CDU greift in die bildungspolitische Mottenkiste.
    Aus den Fraktionen
    S. 22 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    "Einen Rückbau der gymnasialen Oberstufe in die Verhältnisse der frühen 60er Jahre wird es mit uns in Nordrhein-Westfalen nicht geben." Das erklärte der bildungspolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Manfred Degen. Er wies damit die Forderung der CDU zurück, die Reform der gymnasialen Oberstufe rückgängig zu machen und so in der Sekundarstufe II Leistungskurse und viele Wahlmöglichkeiten abzuschaffen.
    Auch die Forderung nach Einführung eines Zentralabiturs lehnt der SPD-Schulpolitiker als bildungspolitisch falsche Weichenstellung ab. Denn entgegen den CDU-Behauptungen lasse sich aus den vorliegenden Schulleistungsvergleichen der Ruf nach einer zentralistisch gesteuerten Abiturprüfung nicht ableiten. Degen: "Unsere Schulen leisten gute Arbeit unter erschwerten Bedingungen. Sie müssen sich immer neuen Anforderungen stellen und die Qualität ihrer Arbeit fortentwickeln."
    Die CDU wolle statt dessen mit einem Sammelsurium zusätzlicher Abschluß- und Aufnahmeprüfungen in allen Schulformen lediglich die Schülerinnen und Schüler ständig prüfen und aussortieren. "Mit einem solchen Griff in die bildungspolitische Mottenkiste verweigert sich die CDU einer sachgerechten Diskussion über die Qualitätsentwicklung von Schule und Unterricht", kritisierte Degen.
    Er hob hervor, daß ein zukunftsfähiges Bildungssystem Schlüsselqualifikationen und Selbständigkeit stärken müsse, um die Fähigkeit zur Anwendung von Wissen und zur eigenständigen Problemlösung fördern. Das werde mit der Abschaffung von Leistungskursen und der Rückkehr zum starren Fächerkanon jedoch nicht gelingen, machte Degen deutlich.
    Degen: "Der Vorstoß zur Reform der Reform der gymnasialen Oberstufe zeigt erneut, daß sich die CDU in die frühen sechziger Jahre zurücksehnt, als nur wenig privilegierte Schülerinnen und Schüler zum Abitur und Studium gelangten."
    Die SPD-Landtagsfraktion werde eine Änderung des Ministergesetzes ernsthaft prüfen, auch wenn das Gesetz in dieser Legislaturperiode schon einmal geändert worden sei. Das sagte deren Vorsitzender Klaus Matthiesen. Er machte darauf aufmerksam, daß das nordrhein-westfälische Ministergesetz zuletzt im Februar 1997 geändert worden sei, was zu einer restriktiveren Handhabung, z.B. bei den Übergangsgeldern und deren Verrechnung mit anderen Einkünften, geführt habe. Unter Hinweis auf einen Antrag der CDU-Opposition bekräftigte Matthiesen, daß jeder ernsthafte Vorschlag selbstverständlich in die Prüfung des Ministergesetzes einbezogen werde. Voraussetzung dafür sei allerdings, daß die CDU auf vordergründige Effekthascherei verzichte und bereit sei, die Diskussion auf der Basis rechtlich einwandfreier Regelungen zu führen.

    ID: LI981057

  • CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    SPD betreibt Politik der sozialen Kälte.
    Aus den Fraktionen
    S. 22 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    "Mit ihren geplanten Einsparmaßnahmen bei den Hort- und Krippenplätzen sowie beim Personal in den Kindergärten setzt die Landesregierung den Rotstift an der falschen Stelle an." Mit diesen Worten kritisierte der familienpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion NRW, Antonius Rüsenberg, die Vorstellungen von Finanzminister Schleußer und der SPD- Fraktion zu Kürzungen im sozialen Bereich. "Dem von Finanzminister Schleußer gewollten Ausstieg des Landes aus der Finanzierung der Hort- und Krippenplätze wird sich die CDU entschieden widersetzen", erklärte Rüsenberg. "Ein solcher Schritt würde Angebotsstrukturen zerschlagen, auf die gerade Alleinerziehende mit Kindern angewiesen sind." Finanzminister Schleußer zeige nach den Worten des CDU-Politikers "soziale Kälte gegenüber Frauen, die auf einen Arbeitsplatz und ein Einkommen angewiesen sind". Außerdem produziere die Landesregierung mit einer solchen Politik Frauenarbeitslosigkeit.
    Darüber hinaus wandte sich Rüsenberg auch gegen den geplanten Stellenabbau im Kindergartenbereich: "Von den sozialdemokratischen Sparplänen sind zwischen 4000 und 6000 Erzieherinnen in den Kindergärten betroffen. So werde die SPD-Berechnungsgrundlage für die Personalanpassung zu einem reinen Arbeitsplatz-Vernichtungsprogramm. "Wenn infolge dieser Fehlkalkulation Erzieherinnen entlassen werden, bringt dies zwangsläufig Qualitätseinbußen in den Kindergärten."

    "Europäische Hausordnung sieht Niederlassungsfreiheit vor!"

    "Bei den weiteren Verhandlungen über die Erweiterung der EU müssen auch die berechtigten Interessen der deutschen Vertriebenen berücksichtigt werden." Dafür hat sich der CDU-Landtagsfraktionsvorsitzende, Helmut Linssen, ausgesprochen. Beim deutschlandpolitischen Kongreß der Landsmannschaft Ostpreußen dankte Linssen den Vertriebenen für ihr Wirken in der Vergangenheit. "Sie haben bewiesen, daß Sie sich als Brücke zwischen den Völkern verstehen. Sie haben von Anbeginn an den friedlichen Ausgleich mit unseren Nachbarn im Osten und ein freies und geeintes Europa angestrebt", sagte Linssen. Es sei richtig, daß die Europäische Union von jedem Mitgliedsland die Gewährung von Gleichheit und Gerechtigkeit einfordere, erklärte der CDU-Politiker. Vor diesem Hintergrund stellte Linssen die Frage, "ob es abwegig sei, ein Europa zu verlangen, das auch das Recht auf Heimat anerkennt?" Für den CDU-Landtagsfraktionschef steht fest: "Wer nach Europa will, muß die bestehende europäische Hausordnung anerkennen! Und diese Hausordnung sieht Niederlassungsfreiheit vor!" Linssen forderte, "daß das Dach Europa mit allen Anstrengungen zu vervollständigen sei". Nur unter dem Dach Europa werde es möglich sein, für möglichst viele Menschen in Zukunft Unrecht und Vertreibung zu verhindern. Nur unter dem Dach Europa werde es möglich sein, den Gedanken von Frieden und Freiheit für alle zu verwirklichen.

    ID: LI981058

  • Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen
    Ticket für Schüler und Schülerinnen.
    Aus den Fraktionen
    S. 22 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Mit dem Gesetz zur Stärkung der Leistungsfähigkeit der Kreise, Städte und Gemeinden in NRW, das zum 1. Januar 1998 in Kraft getreten ist, haben wir in vielen Verkehrsverbünden dazu beigetragen, daß neue angebotsorientierte Strategien auch für den Bereich der Schülerbeförderung entstehen. Nur wenn es uns gelingt, preiswerte und umfassende Mobilitätsangebote für die große Zielgruppe der Schülerinnen, Schüler und Auszubildenden in NRW zu entwickeln, können wir auf lange Sicht die Zuschüsse nach dem Personenbeförderungsgesetz erfolgreich gegen Kürzungsabsichten verteidigen.
    Unser Ziel ist die generelle Einführung eines Schülertickets in allen Regionen des Landes. Diesem Ziel sind wir in den letzten Monaten durch die neu entwickelten Angebote in einzelnen Regionen näher gekommen.
    Insbesondere das Beispiel der "Jugendfreizeitkarte", die zu Beginn des kommenden Schuljahres in Paderborn als Angebot für alle Schüler eingeführt wird, ist ein richtungsweisender und vorbildlicher Schritt in Richtung eines Schülertickets, wie wir es anstreben. Statt der Erhebung eines Eigenanteils wurde hier ein Mobilitätsangebot entwickelt, das attraktiv, einfach und sozialverträglich ist.
    Durch Änderung des Gesetzes haben die Schulträger die Möglichkeit, einen Eigenanteil (maximal 20 DM für das erste Kind, 10 DM für das zweite Kind) für Schülerzeitkarten zu erheben, wenn diese über die bloße Schulwegnutzung hinaus von Schülerinnen und Schülern gebraucht werden können.
    Festzuhalten bleibt: Auch künftig bleibt damit die reine Schulwegbeförderung kostenfrei für den Kreis der Anspruchsberechtigten. Die Erhebung eines Eigenanteils für die Schülerfahrtkosten ist nämlich gekoppelt an eine Ausweitung des Angebotes der Fahrkarte, die über die reine Schulwegbeförderung hinausgeht. Wir wollen damit erreichen, daß der Öffentliche Personennahverkehr für Kinder und Jugendliche attraktiver wird. Das umweltbezogene und umweltbewußte Alltagsverhalten kann so gestärkt und die Bemühungen der Verkehrserziehung effektiv unterstützt werden.
    In der Diskussion und bei der Entwicklung des künftigen Schülertickets verfolgen BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN folgende Ziele:
    - Der Preis des Schülertickets muß sozialverträglich sein.
    - Das Schülerticket soll für alle Schüler und Auszubildenden gelten.
    - Die Mobilitätsangebote für Jugendliche müssen ausgeweitet werden und in ihrer Qualität verbessert werden. Dies ist nur zu erreichen, wenn künftig härter mit den Verkehrsunternehmen verhandelt wird. D. h. wir wollen das Kosten-Nutzenverhältnis verbessern und mehr Leistung für die eingesetzten Mittel einfordern.
    - Der Verwaltungsaufwand für die Kommunen und die Verkehrsunternehmen muß reduziert werden.
    - Deshalb sind einfache Lösungen vor bürokratischen Modellen mit hohem Verwaltungs- und Kontrollaufwand zu bevorzugen. Die Kommunen befürchten zu Recht, daß mit der Erhebung des Eigenanteils ein unzumutbarer Verwaltungsaufwand entstehen könnte.
    - Die Ausgleichsleistungen nach dem §45a Personenbeförderungsgesetz (ca. 440 Millionen DM pro Jahr aus dem Landeshaushalt) wollen wir erhalten.
    Wir werden alles tun, um diese neuen Angebote weiterzuentwickeln. Unser Fernziel ist die Einführung eines generellen Schülertickets, das als Netzkarte zur Verfügung steht.

    ID: LI981059

  • Regierungserklärung bei Plenarsitzung.
    S. 23 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Der Landtag tritt an drei Tagen zu seiner letzten Sitzung vor den Parlamentsferien zusammen. Schwerpunkte sind am Mittwoch, 17. Juni, die Vorstellung und Vereidigung der Mitglieder der Landesregierung sowie die Regierungserklärung von Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD). Bio- und Gentechnik besonders in der Medizin folgt als Thema auf Antrag der CDU. Danach kommt das Lehrerausbildungsgesetz im Entwurf der Koalition in 2. Lesung zur Sprache. Private Vorfinanzierung von Landesstraßen, Beflaggung als Anträge der CDU sowie der CDU-Gesetzentwurf einer fünften Novelle zum Ministergesetz schließen sich an. Es folgen die Haushaltsrechnung für 1996 und der Jahresbericht 1998 des Landesrechnungshofs. Die Übertragung landesrechtlicher Geschäfte auf den Rechtspfleger, der 13.Tätigkeitsbericht des Landesbeauftragten für den Datenschutz, Agenda 2000, Änderungen des Polizeigesetzes und des Flüchtlingsaufnahmegesetzes sowie der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Insolvenzordnung runden das Beratungsprogramm ab. Am Donnerstag, 18. Juni stehen ein zukunftsorientiertes Gymnasium (CDU), der Zwischenbericht der Enquete-Kommission "Zukunft der Erwerbsarbeit", Unterstützung der Gedenkstätten auf Antrag der Koalition, Hochwasserschutz, das Landesabfallgesetz (Landesregierung), Bestand der Volkshochschulen, eine Änderung des Krankenhausgesetzes im CDU-Gesetzentwurf sowie Förderung der deutschen Kultur des Ostens (CDU) zur Debatte. Freitag, der 19. Juni ist allein der Aussprache über die Regierungserklärung vorbehalten. Alle Plenarsitzungen beginnen um 10 Uhr.

    ID: LI981060

  • Porträt der Woche: Erwin Siekmann (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Schon seit dem 15. Lebensjahr prägt Erwin Siekmann sein gewerkschaftliches Engagement. Bereits während seiner Lehre als kaufmännischer Angestellter bei der Barmer Ersatzkasse (BEK) trat der damals 15jährige in die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) ein, sechs Jahre später, als 21 jähriger, saß der gebürtige Bochumer bereits in dem für das gesamte Bundesgebiet zuständigen Hauptpersonalrat dieser Krankenkasse.
    Nach Abschluß der ersten und zweiten Verwaltungsprüfung erwarb sich der heutige SPD-Landtagsabgeordnete während eines sechssemestrigen Studiums beim DGB Kenntnisse in Volks- und Betriebswirtschaft sowie in Sozialpolitik. Sein beruflicher Weg führte ihn schließlich zur Betriebskrankenkasse Hoesch Dortmund, wo er seit längerem deren stellvertretender Geschäftsführer ist.
    Im Jahre 1972 trat Erwin Siekmann in die SPD ein, um sich auch politisch für die Rechte der Arbeitnehmer einsetzen zu können. In verschiedenen örtlichen Parteigremien aktiv, nominierten ihn die Dortmunder Parteifreunde 1979 für den Rat der Revierstadt. Dort übernahm er während seines sechzehnjährigen kommunalpolitischen Wirkens eine Vielzahl von Aufgaben und Ämtern. Als Folge des Unvereinbarkeitsbeschlusses zum Doppelmandat mußte der Sozialdemokrat bei seinem Einzug in den Düsseldorfer Landtag 1995 seine Tätigkeit im Stadtrat aufgeben. Wie schon im Kommunalparlament, so liegen seine Schwerpunkte auch im Landtag in den Bereichen Soziales und kommunale Finanzen. Die Fraktion berief ihn in den Haushalts- und Finanzausschuß sowie in den Ausschuß für Kommunalpolitik.
    Der heute 62jährige Sozialdemokrat plädiert im finanziell angespannten Gesundheitsbereich für mehr Eigenverantwortung. Man dürfe sich nicht nur auf die Solidargemeinschaft verlassen, sondern müsse sich selbst "stark machen". Dazu gehöre beispielsweise die Vorsorge. "Man sollte vernünftig leben und auch Sport treiben!" Andererseits müßten alle notwendigen Behandlungsmöglichkeiten jedem Menschen zur Verfügung stehen.
    Als "Schutz in allen wichtigen Lebenslagen" dürfe die Sozialversicherung nicht abgebaut, sondern sie müsse "vitalisiert" werden, fordert Erwin Siekmann weiter. So ist er ein Verfechter der Einbeziehung der Beamten und der sogenannten Höherverdienenden in die Pflichtversicherung. Als Realist weiß er, daß dies ein langfristiges Ziel ist. Die privaten Krankenkassen sollten sich auf zusätzliche Leistungen konzentrieren.
    Mit Nachdruck plädiert der Dortmunder für eine solide Finanzpolitik. Das sei auch eine Verpflichtung gegenüber den Steuerzahlern. Die alljährliche Netto-Kreditaufnahme des Landes müsse reduziert und später müßten auch die Schulden abgebaut werden. Es sei daher zwangsläufig, daß zusätzliche notwendige Leistungen des Landes nur durch Einsparungen in anderen Bereichen finanziert werden dürften. "Prioritäten zu setzen, bedeutet nicht nur Wichtiges festzuschreiben, sondern auch weniger Wichtiges zu kürzen und ganz zu streichen." Da fehle oft die Kraft der Politiker, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. So müsse es beispielsweise eine strikte Begrenzung der Personalkosten und Versorgungsleistungen geben.
    Der im Wahlkreis 134, Dortmund V, direkt gewählte Sozialdemokrat sucht ständig den Kontakt zu den Mitbürgern, und bei seinen Diskussionen und Vorträgen bemüht er sich um eine "adressatengerichtete" Sprache. "Man muß verstanden werden, sonst hat die Politik ihre Aufgabe verfehlt."
    Der leidenschaftliche Skatspieler zählt nicht zu jenen, die im Urlaub um die Welt düsen. "Man muß nicht alle Länder gesehen haben. Zu Hause ist es auch schön." So ist denn auch Erwin Siekmanns "Stolz" die Familie, Ehefrau und zwei Töchter. Zu Hause findet er Entspannung und Ausgleich.
    Jochen Jurettko

    ID: LI981062

  • Franz-Josef Kniola.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Franz-Josef Kniola (SPD), Abgeordneter und bisher Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen, hat am 4. Juni — vor der Bekanntgabe des neuen Kabinetts — seinen Amtsverzicht bekanntgegeben. Kniola begründete seine Entscheidung in einer Erklärung mit "ganz privaten, ganz persönlichen Gründen". Nach seinen Angaben läßt sich sein Ministeramt nicht mit der Kraft und der Zuwendung vereinbaren, auf die nun vor allem seine Frau und seine Familie Anspruch hätten. Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) reagierte auf Kniolas Absicht "mit großem Bedauern". Franz-Josef Kniola ist Steinmetzmeister und in Dortmund zu Hause. Er hat von 1963 bis 1966 an der Höheren Fachschule für Sozialarbeit in seiner Heimatstadt studiert und das Staatsexamen abgelegt. Er war dann SPD-Bildungs- und Jugendsekretär, freier Referent in der Erwachsenenbildung der Friedrich- Ebert-Stiftung und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Dortmund. 1975 wurde er Mitglied des Landtags und 1990 Minister für Stadtentwicklung und Verkehr. 1995 übernahm er das Amt des Innenministers. Kniola ist Vater von vier Kindern.

    ID: LI981063

  • Dr. Axel Horstmann.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Dr. Axel Horstmann (SPD), nordrhein-westfälischer Arbeits- und Sozialminister ist aus der Landesregierung ausgeschieden. Er gab seinen Beschluß unmittelbar nach Einsetzung eines Parlamentarischen Untersuchungsausschusses am 29. Mai bekannt, der Mißständen in den psychiatrischen Landeskliniken nachgehen soll. Der 43jährige Politiker war seit zweieinhalb Jahren Sozialminister. Er hatte im November 1995 Franz Müntefering abgelöst, als dieser als SPD-Bundesgeschäftsführer nach Bonn wechselte.

    ID: LI981064

  • Dr. Hans Kraft.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Dr. Hans Kraft (SPD), Vorsitzender des Sportausschusses im Landtag Nordrhein-Westfalen, ist in das vierköpfige Organisations-Komitee für ein großes deutsch-japanisches Sportsymposion berufen worden. Das Symposion wird im Sommer dieses Jahres an der Universität-Gesamthochschule Essen durchgeführt. Führende deutsche und japanische Sport-Wissenschaftler wollen eine Bestandsaufnahme gemeinsam interessierender Probleme in gesundheitlicher, wirtschaftlicher und sportstättenpolitischer Hinsicht vornehmen. Auch über mittelfristige Trends des Sports in beiden Ländern soll diskutiert werden. Schirmherrin der Veranstaltung ist Sportministerin Ilse Brusis (SPD). Auf Einladung des Rheinischen und Westfälischen Turnerbundes besuchte Hans Kraft auch das deutsche Turnfest München. Als Vorsitzender des Sportausschusses im Landtag nahm er am rheinischen und westfälischen Abend der beiden großen Turnverbände teil.

    ID: LI981065

  • Elfriede Fleischhauer.
    Zur Person
    S. 24 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Elfriede Fleischhauer, ehemalige Mitarbeiterin der Landtagsverwaltung, ist im Alter von fast 75 Jahren gestorben. Frau Fleischhauer gehörte von 1949 bis 1969 als Regierungsangestellte der Verwaltung des Landtags an und war in verschiedenen Funktionen, unter anderem im Rechnungs- und Kassenwesen sowie bei der Unterstützung der parlamentarischen Arbeit tätig. Landtagspräsident Ulrich Schmidt, der Vorsitzende des Personalrats, Peter Geelen, sowie der Direktor beim Landtag, Professor Heinrich A. Große-Sender, haben der "Mitarbeiterin der ersten Stunde" in einem Nachruf gedacht. Sie stellen darin fest: "In den über zwanzig Jahren Landtagszugehörigkeit haben wir Frau Fleischhauer als pflichtbewußte, einsatzfreudige und hilfsbereite Mitarbeiterin kennen- und schätzengelernt."

    ID: LI981066

  • Postillon bläst die Signale.
    S. 24 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Bildunterschrift:
    Die Oberbergische Postkutsche ist am 4. Juni am nordrhein-westfälischen Landtag vorgefahren. Postillon Friedhelm Stöcker (l.) in traditioneller Uniform überbrachte Landtagspräsident Ulrich Schmidt (2. v. l.) einen Brief der Präsidentin des Deutschen Bundestages, Professor Dr. Rita Süssmuth mit einer persönlichen Botschaft an den nordrhein-westfälischen Landtagspräsidenten. 25 Jahre gibt es jetzt die Postkutsche Nümbrecht-Wiehl im Oberbergischen Land. Frau Süssmuth nahm das Jubiläum zum Anlaß, dem gesamten Land Nordrhein-Westfalen und seinen Bürgerinnen und Bürgern herzlich dazu zu gratulieren, daß der Oberbergische Kreis mit seinen vielen Schönheiten und Sehenswürdigkeiten einen bedeutsamen und zentralen Teil Nordrhein-Westfalens bilde und so den Charakter dieses Bundeslandes wesentlich mitpräge. "Als Präsidentin des Deutschen Bundestages habe ich das Oberbergische Land oft besucht, bin in ihm selbst von Kindheit an gerne zu Hause", schreibt Rita Süssmuth und fährt fort: "Immer wieder habe ich mich gefreut über seine liebenswürdigen Menschen mit ihrer Aufgeschlossenheit und Gastfreundschaft. Hervorheben möchte ich auch die Schönheit der Landschaft mit der reizvollen Abwechslung der Täler und Höhen, mit den attraktiven Städten und Dörfern". Zu den Attraktionen des Oberbergischen Kreises gehöre auch die historische Oberbergische Postkutsche, die sie mit den herzlichsten Wünschen auf ihrem Weg begleite. Frau Süssmuth schließt: "Dieser Weg führt zum Landesparlament von Nordrhein-Westfalen. An die Kolleginnen und Kollegen richte ich die Bitte, den kostbaren Oberbergischen Kreis mit seinen aufgeschlossenen Bürgerinnen und Bürgern weiterhin zu hegen und zu pflegen, damit diese wertvolle Region Deutschlands weiterhin ein Schmuckstück für das Land und für unsere Bundesrepublik Deutschland bleibt." Die Postkutsche verkehrt im übrigen während der Saison von Mai bis September planmäßig zwischen Nümbrecht und Wiehl. Das Gefährt ist ein Nachbau der kaiserlichen Post um 1871 und hat neun Sitzplätze. Der Postillon bläst die Signale. Die Fahrtstrecken betragen jeweils elf Kilometer, wobei es nach dem Motto "Romantik im Zockeltempo" vorangeht. Die Postkutsche befördert Briefpost mit Sonderstempel. Bei der Ankunft vor dem Landesparlament waren auch die SPD-Abgeordneten Wilfried Bergerhoff aus Wiehl (3. v. l.) und Hans-Dieter Moritz aus Neunkirchen (4. v. l.) sowie der Nümbrechter Bürgermeister Bernd Hombach (r.) dabei.

    ID: LI981067

  • Wort und Widerwort: Brauchen wir eine Reform der Lehrerausbildung?
    S. 1 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Wenn man das "Haus des Lernens" bauen wolle, benötige man gut ausgebildete Fachleute, die helfen würden, dieses Haus zu errichten und mit Leben zu füllen. Die Fachleute für ein "Haus des Lernens", in dem junge Menschen sich bildeten und lebten, müßten auf eine sich wandelnde Rolle im Beruf gezielt vorbereitet werden. Deshalb werde man noch in dieser Legislaturperiode eine grundlegende Reform der Lehrerausbildung auf den Weg bringen. Das erklärt der SPD-Abgeordnete Manfred Degen. Der CDU-Abgeordnete Bernhard Recker betont, eine Reform der Lehrerausbildung sei nicht nur dringend notwendig, sondern längst überfällig. Eine solche Reform müsse insbesondere auch die erste Ausbildungsphase an der Hochschule umfassen. Praxisrelevante Aspekte müßten an der Universität gleichrangig neben Fachwissenschaft und Fachdidaktik stehen. Die Ausbildung dort sollte außerdem durch eine bessere Ausstattung des Lehramtsbereichs verbessert werden. Die GRÜNE-Abgeordnete Brigitte Schumann führt an, es gebe keinen Zweifel daran, daß die Reform der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung längst überfällig sei. Dies sei der Landesregierung auch von unterschiedlichen Kommissionen bescheinigt worden, die sie selbst eingesetzt habe. Insofern müsse es vorrangiges Ziel der rot-grünen Landesregierung sein, mit der Reform noch in diesem Jahr endlich Ernst zu machen. (Seite 2)

    ID: LI980901

  • Rau wünscht Nachfolger "Glück und Segen".
    Wolfgang Clement zum Ministerpräsidenten gewählt.
    S. 1 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Auf seiner 87. Sitzung am 27. Mai 1998 hat der Landtag aus seiner Mitte in geheimer Wahl den bisherigen Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) zum Nachfolger von Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) gewählt.
    Um 12.17 Uhr erhob sich im Plenarsaal des Landtags Nordrhein-Westfalen Klaus Matthiesen und sagte auf die Frage von Landtagspräsident Ulrich Schmidt, ob es Wahlvorschläge aus der Mitte des Landtags gebe: "Für das Amt des Ministerpräsidenten schlage ich namens der SPD-Fraktion den Abgeordneten Wolfgang Clement vor." Danach Herbert Reul (CDU): Für seine Fraktion nominierte er Helmut Linssen.
    Eine Dreiviertelstunde später das Ergebnis: Von den 220 abgegebenen Stimmen — alle waren gültig — entfielen 124 auf Clement und 87 auf Linssen, neun Enthaltungen. Der amtierende Minister für Wirtschaft, Mittelstand, Technologie und Verkehr, Wolfgang Clement (SPD), war neuer Ministerpräsident, als er auf die Frage des Landtagspräsidenten, ob er die Wahl annehme, mit Ja antwortete und den von der Landesverfassung vorgeschriebenen Amtseid geleistet hatte. Zuvor hatte der scheidende Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) nach knapp 20 Jahren Amtszeit eine vom gesamten Auditorium mit minutenlangem Applaus bedachte Erklärung zur Rückgabe seines Amtes abgegeben, in der er seinem Nachfolger "Glück und Segen" wünschte.

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI980902

  • Degen, Manfred (SPD); Recker, Bernhard (CDU); Schumann, Brigitte (Grüne)
    Reform wird von vielen als dringlich angesehen.
    Wort und Widerwort
    S. 2 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Von Manfred Degen
    SPD: Studierende haben Anspruch auf stärkeren Praxisbezug
    Das Lehramtsstudium bereitet auf einen pädagogischen Beruf vor. Sein Ziel ist berufliche Handlungsfähigkeit unter den Bedingungen des Schulalltags.
    Der rasche Wandel in Gesellschaft und Arbeitswelt verändert den Lebensalltag unserer Kinder und Jugendlichen innerhalb und außerhalb der Familien. Schule muß veränderten Anforderungen gerecht werden. Ihr wachsen neue Aufgaben für Erziehung, Lernen und Leben der jungen Generation zu.
    Wenn wir das "Haus des Lernens" bauen wollen, benötigen wir gut ausgebildete Fachleute, die helfen, dieses Haus zu errichten und mit Leben zu füllen. Die Fachleute für ein "Haus des Lernens", in dem junge Menschen sich bilden und leben, in dem auch die Lehrenden zugleich Lernende sein werden, müssen auf eine sich wandelnde Rolle im Beruf gezielt vorbereitet werden. Deshalb werden wir noch in dieser Legislaturperiode eine grundlegende Reform der Lehrerausbildung auf den Weg bringen. Unserem Reformkonzept legen wir folgende Eckpunkte zugrunde:
    - Die erste Phase der Lehrerausbildung erfolgt für alle Lehrämter an den Universitäten und Gesamthochschulen.
    - Die einzelnen Phasen der Lehrerausbildung sowie die Fortbildung müssen stärker unter dem Leitgedanken einer wissenschaftlich fundierten und reflektierten pädagogischen Handlungsfähigkeit systematisch miteinander verzahnt werden.
    - Der Beitrag der Erziehungswissenschaft und der Fachdidaktiken muß einen größeren Stellenwert erhalten.
    - Die Erziehungswissenschaft muß gezielt auf die berufliche Rolle und die Wirklichkeit des Schullebens vorbereiten.
    - Der Praxisbezug in der ersten Phase der Lehrerausbildung muß systematisch ausgebaut werden.
    Die Studierenden haben Anspruch auf einen stärkeren Praxisbezug, um sich mit der Realität zu konfrontieren, ihre Berufswahlentscheidung zu überprüfen und ihr Studium bewußt als Ausbildung für ihren zukünftigen Beruf gestalten zu können. Das erfordert Praxisphasen und ein zusammenhängendes Schulpraktikum in der Mitte des Studiums, in dem die künftigen Lehrerinnen und Lehrer ein realistisches Bild über ihren zukünftigen Berufsalltag machen können. Ein stärkerer Praxisbezug in der ersten Phase der Ausbildung muß auch Konsequenzen auf die Gestaltung der zweiten Phase haben.
    In die Reform der Lehrerausbildung sollte die Perspektive einbezogen werden, zwei sich überschneidende Lehrämter Primarstufe/Sekundarstufe I und Sekundarstufe I/Sekundarstufe II zu schaffen, mit denen ein stufengerechter Unterricht sichergestellt und der Einsatz der Lehrerinnen und Lehrer erleichtert werden kann. Auf der Grundlage dieser Eckpunkte wollen wir eine intensive öffentliche Diskussion führen und unter Einbeziehung der Ergebnisse die Reform der Lehrerausbildung in Nordrhein-Westfalen einleiten.

    Von Bernhard Recker
    CDU: Reform ist längst überfällig
    Eine Reform der Lehrerausbildung ist nicht nur dringend notwendig, sondern längst überfällig. Schließlich hat die Landesregierung mit ihrer Neuregelung der Ordnung des Vorbereitungsdienstes bereits beschlossen, daß Lehramtsanwärter zunächst an unseren Grundschulen und schließlich auch an unseren weiterführenden Schulen eigenverantwortlichen, unbetreuten Unterricht erteilen. Solch eine Politik der Sparzwänge auf dem Rücken unserer Kinder ist unverantwortlich, wenn sie nicht von einer umfassenden Reform der Lehrerausbildung vorbereitet wird.
    Die überaus zahlreichen, kritischen Stimmen zur Neuordnung des Vorbereitungsdienstes haben die große Sorge um eine Gefährdung der Unterrichtsqualität an den Schulen und um eine erhebliche Minderung der Ausbildungsqualität des Vorbereitungsdienstes ausgedrückt. Im Vergleich zu anderen Ländern, in denen offensichtlich besser vorbereitete Referendare Unterricht erteilen, ist diese massive Ablehnung seitens aller Betroffenen ein einzigartiger Vorgang, der zeigt, wie unerläßlich eine umfassende Reform der Lehrerausbildung in unserem Land ist.
    Eine solche Reform muß insbesondere auch die erste Ausbildungsphase an der Hochschule umfassen. Praxisrelevante Aspekte müssen an der Universität gleichrangig neben Fachwissenschaft und Fachdidaktik stehen. Schulpraktika und Praktika außerhalb des Bildungsbereichs — z.B. in Wirtschaftsbetrieben — müssen während des gesamten Studiums obligatorisch werden. Die Ausbildung an den Universitäten sollte außerdem durch eine bessere Ausstattung des Lehramtsbereichs verbessert werden. Die anschließende Ausbildung an den Studienseminaren muß durch eine bedarfsorientierte Ausstattung und Größe der Seminare ebenso unerläßlicher Bestandteil der Reform der Lehrerausbildung sein wie praxisorientierte Qualifizierungs- und Fortbildungsmaßnahmen für Seminar- und Fachleiter.

    Von Brigitte Schumann
    GRÜNE: Lernen muss sich am Leben orientieren
    Es gibt keinen Zweifel daran, daß die Reform der Lehrer- und Lehrerinnenausbildung langst überfällig ist. Dies ist der Landesregierung auch von unterschiedlichen Kommissionen bescheinigt worden, die sie selbst eingesetzt hat. Insofern muß es prioritäres Ziel der rot-grünen Landesregierung sein, mit der Reform noch in diesem Jahr endlich Ernst zu machen. Für die pädagogische Entwicklung der Schulen zu "Häusern des Lernens" ist eine reformierte Ausbildung aller Lehrerinnen und Lehrer die unverzichtbare Voraussetzung.
    Zukünftige Aufgabe der Lehrerinnen und Lehrer wird es sein, eine Balance herzustellen zwischen den Interessen der Schülerinnen und Schüler, den gesellschaftlichen Anforderungen und den fachwissenschaftlichen Fragestellungen und Methoden. Demzufolge muß sich das Lernen an den Problemen des wirklichen Lebens orientieren. Der Unterricht muß partizipatorisch gestaltet sein. Die Unterrichtspraxis hat sich zum Lernumfeld und zur Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler zu öffnen und macht die Kooperation mit außerschulischen Partnern notwendig. Die Entwicklung zur selbständigen Schule im kommunalen Umfeld verlangt zudem in einem hohen Maße von Lehrerinnen und Lehrern erweiterte soziale und berufliche Planungs- und Entscheidungskompetenz sowie die Fähigkeit zur Teamarbeit.
    Zu dem veränderten pädagogischen Tätigkeitsprofil paßt nicht länger die einseitige Orientierung an fachwissenschaftlichen Studien zu Lasten und auf Kosten der Pädagogik, der Didaktik und einer intensiven Auseinandersetzung mit der schulischen Praxis. Dazu paßt aber ebensowenig die Hierarchie der tradierten vier Lehrämter und die damit verbundene verfrühte und falsche Festlegung auf die spätere berufliche Zielperspektive.
    Deshalb gelten für die GRÜNEN als wichtige Eckpunkte einer Reform der Lehrer/ innenbildung:
    1. Die Lehrer/innenbildung findet für alle Lehrerinnen und Lehrer, unabhängig von ihren jeweiligen Schwerpunkten an Universitäten/Gesamthochschulen, Studienseminaren und Schulen statt. Die Regelstudienzeit umfaßt acht Semester. Daran schließt sich eine zweijährige, die Schulpraxis fundiert reflektierende Ausbildung an Studienseminaren an.
    2. An die Stelle der bislang vier Lehrämter tritt die Ausbildung für den Beruf der Lehrerin bzw. des Lehrers mit unterschiedlichen Schwerpunkten.
    3. Das Lehrer- und Lehrerinnenstudium ist in Form von Modulen curricular so zu gestalten, daß diese Module einerseits in den Beruf des Lehrers einmünden, andererseits als in sich abgeschlossene Bausteine Zusatzqualifikationen bedeuten.
    4. An Hochschulstandorten sind Zentren der Lehrer- und Lehrerinnenbildung einzurichten, die aus der Zusammenarbeit mit den wissenschaftlichen Hochschulen, Studienseminaren, Institutionen der Lehrerfort- und -Weiterbildung sowie den Schulen und weiteren Einrichtungen Aus- und Fortbildungsstrukturen entwickeln.
    5. Lehrstühle der Didaktik werden quantitativ und qualitativ ausgebaut.
    6. Die Qualität der Studiengänge ist zu verbessern durch die Erhöhung des Zeitanteils für die Berufswissenschaften und die Erziehungswissenschaft.
    7. Am Beginn des Studiums steht ein Studieneingangspraktikum. Wissenschaftlich reflektierte und betreute Praktika von einem Semester Dauer sollen zwischen Grundstudium und Hauptstudium absolviert werden und sind als obligatorisches zusätzliches Praxissemester auszugestalten.
    8. Die Lehrer- und Lehrerinnenbildung führt nicht allein in die Schule, sondern ermöglicht den Einsatz der Ausgebildeten in unterschiedlichsten außerschulischen Pädagogikbereichen.

    Systematik: 4300 Hochschulen; 4210 Lehrer

    ID: LI980903

  • DVU braucht keine Unterstützungsunterschriften mehr.
    Hauptausschuß erörtert den Verfassungsschutzbericht für das Jahr 1997.
    Ausschussbericht;

    S. 3, 8 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Nach den Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt und dem aufschreckenden Abschneiden der rechtsextremen DVU stehe die Frage ihrer Kandidatur bei der Bundestagswahl auf der Tagesordnung. Der Einzug der DVU in den Landtag von Sachsen-Anhalt habe dazu geführt, daß sie im Falle ihres Antretens keine Unterstützungsunterschriften mehr benötige. Darauf hat der Leiter der Abteilung Verfassungsschutz im Innenministerium, Dr. Fritz-Achim Baumann, bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichtes NRW für das Jahr 1997 im Hauptausschuß des Landtags unter der Leitung seines stellvertretenden Vorsitzenden Lothar Hegemann (CDU) hingewiesen.
    Bei den Republikanern sei inzwischen ein offener Richtungsstreit darüber ausgebrochen, ob man — nach dem Beispiel der DVU — künftig noch aggressiver agieren solle. Es sei zu befürchten, daß DVU und REP im Wahlkampf versuchen würden, sich gegenseitig mit ausländerfeindlichen Hetzparolen und Kampagnen gegen die etablierte Politik zu überbieten, sagte Baumann. Im Verfassungsschutzbericht 1997 werde anhand konkreter Beispiele nachgewiesen, daß auch der Landesverband der Republikaner in NRW zunehmend fremdenfeindliche Hetze betreibe und die Gangart härter werde. Allein mit Zitaten aus der Zeitschrift "Der Republikaner" sei belegbar, daß nahezu alle bestehenden Probleme von der Arbeitslosigkeit bis zur Kriminalität in diffamierender Weise mit den hier lebenden Ausländern in Verbindung gebracht würden. Außerdem betreibe der stellvertretende Landesvorsitzende Wnendt seit Sommer 1997 drei Info- Telefone, in denen in ehrverletzender Weise gegen Fremde gehetzt werde. Es bestünden nach wie vor in ausreichendem Maße Anhaltspunkte für Bestrebungen der Republikaner gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung.
    Der oberste Verfassungsschützer des Landes bezeichnete es als offen, ob DVU und REP in irgendeiner Form bei der Bundestagswahl kooperieren würden. Eine Listenverbindung beider Parteien scheide jedenfalls aus Rechtsgründen aus. Er fuhr fort, die organisatorisch gefestigte NPD werde ebenfalls bei der Bundestagswahl antreten, jedoch ohne nennenswerte Chancen. In NRW bleibe die Mitgliederzahl der NPD, die sich vor allem in östlichen Ländern selbst in einem Aufschwung sehe, annähernd gleich. "Ihre Fähigkeit, wie bei der Kampagne gegen die Wehrmachtsausstellung in München, politische Signale für das gesamte rechtsextremistische Spektrum zu setzen, sollte allerdings nicht unterschätzt werden", betonte Baumann. Der NPD-Aufmarsch in Leipzig am 1. Mai 1998 habe die Grenzen des NPD-Potentials, aber auch die Gefahren eines Gegeneinanders von Rechts- und Linksextremisten aufgezeigt. Rund 4000 bis 5000 NPD-Anhänger hätten bei diesem Aufmarsch vor dem Völkerschlachtdenkmal teilgenommen. Auffallend sei der überwiegende Anteil von Teilnehmern gewesen, die nach ihrem Erscheinungsbild der Skinhead- Szene zuzuordnen gewesen seien. Aus NRW seien rund 350 Personen angereist, vor allem aus den Bereichen Köln, Essen und Bielefeld/Ostwestfalen. Die rund 4000 Gegendemonstranten seien zu einem erheblichen Teil der autonomen Szene und den Antifa-Gruppen zuzurechnen gewesen. Als eine nach wie vor ernstzunehmende Neonazi-Organisation bezeichnete der Chef des Verfassungsschutzes die Sauerländer Aktionsfront. Sie sei eng mit der Skinhead-Szene verflochten. Sicher sei es kein Zufall, daß die Altersgruppe der jungen Männer bis 24 Jahren die stärkste Gruppe der fremdenfeindlichen Straftäter bilde.
    Der Verfassungsschutzbericht zeige darüber hinaus einen neuen Trend auf, daß Rechtsextremisten zunehmend in der Öffentlichkeit breit diskutierte Themenfelder wie den Euro, die Wehrmachtsausstellung oder die Rechtschreibreform aufgriffen und versuchten, auf diese Weise auch bürgerliche Zielgruppen anzusprechen, unterstrich Baumann. Auf der Linken drohten Gefahren für die öffentliche Sicherheit vor allem von gewaltbereiten Linksextremisten und Autonomen durch Aktionen gegen Kernenergie und Gentechnik, durch einen selbst definierten Antifaschismus, der Gewalt gegen vermeintliche Rechtsextremisten als "antifaschistische Selbsthilfe" rechtfertige, und durch die Möglichkeit neuer terroristischer Vereinigungen, vor allem auf regionaler Ebene. Dagegen hätten linksextremistische Parteien, wie die DKP oder der PDS-Landesverband in NRW, zur Zeit keine große Bedeutung.
    Im Ausländerextremismus hätten auch im letzten Jahr linksextremistische türkische bzw. kurdische Gruppierungen und islamistische Organisationen dominiert. Zu den gefährlichsten linksextremistischen türkischen Gruppierungen zähle weiterhin die Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C). Die Religion des Islam werde zunehmend für politische Zwecke islamistischer Institutionen instrumentalisiert. Im Vordergrund stehe hier die islamische Gemeinschaft Milli Görus (IGMG). Sie sei ein Ableger der in der Türkei verbotenen Refah-Partei.
    Die subtile Einflußnahme der IGMG auf viele Lebensbereiche, vor allem türkischer Jugendlicher, dürfe nicht unterschätzt werden, folgerte Baumann.
    Zum Thema Scientology führte er an, nach den bisherigen Erkenntnissen dürfte die Zahl der Mitglieder, entgegen eigener Darstellung, bundesweit deutlich unter 10000 liegen. In NRW seien es etwa 400.
    Ein großes Echo in der Öffentlichkeit habe der Abschlußbericht einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Beobachtung von Scientology gefunden. Das NRW-Innenministerium habe diesen Bericht im April als Broschüre mit einer Auflage von 12000 herausgegeben. Die SO-Broschüre sei auch über das Internet abrufbar.
    Bei der anschließenden Aussprache griff der Fraktionssprecher der GRÜNEN, Roland Appel, das Thema Scientology auf. Er könne nach wie vor, das wolle er nicht verbergen, der These der Gefährlichkeit der Scientology Church und der Einschätzung, daß es Aufgabe des Verfassungsschutzes sei, sie zu beobachten, nicht ganz folgen.
    Der Sprecher der SPD-Fraktion, Reinhard Grätz, hielt dagegen, man könne natürlich "unsere damalige Diskussion" aufgrund der Tatbestände relativieren. Er wäre da aber nicht voreilig, denn im Ansatz bleibe das gefährlich, und man wisse ja, daß zumindest in Amerika Scientology keineswegs zurückgehe. Auch wenn diese Mischung aus einer Variante von Kapitalismus und heidnischen Vorstellungen — er zögere zu sagen: religiösen heidnischen Vorstellungen — sicherlich von der Mentalität her in Westeuropa weniger gut Eingang finde, sollte man sie doch nach wie vor nicht unterschätzen, zumal ja in einer scheinbar aufgeklärten Gesellschaft, die über jeden wissenschaftlichen Zugang verfüge, eben auch diese heidnischen Vorstellungen weiterhin willige Gläubige fänden. "Also, man sollte es nicht unterschätzen!" Zum Rechtsextremismus merkte Grätz an: "Da sind wir uns alle einig, daß wir ihn wieder sehr ernst nehmen müssen, daß er gewissermaßen neue Wege findet, um an die Menschen heranzukommen." Wobei es eine Übereinstimmung zwischen Ost und West gebe, daß insbesondere junge Männer in großer Zahl anfällig seien in den jeweils angebotenen unterschiedlichen Organisationen. Er wisse nicht, was die demokratischen Parteien tun könnten, um bis zu den nächsten Wahlen, das müsse man ja ganz nüchtern sehen, aufklärerisch zu wirken. Allein Verfassungsschutzberichte, auch wenn sie so trefflich angefertigt seien wie die des NRW-Ministeriums, könnten das ja nicht bewirken.
    Der stellvertretende Ausschußvorsitzende Lothar Hegemann (CDU) stellte die Frage, ob es eigentlich richtig sei zu sagen, daß dieser Verfassungsschutzbericht Aufschluß gebe über einen erheblichen Zuwachs von rechtsextremen Straftaten. Aus der Tabelle sei das nicht zu entnehmen. Da sei der Höchststand 1993 gewesen. Aus dem Bericht sei seines Erachtens nicht herzuleiten, daß man sagen könne, in Nordrhein-Westfalen habe es eine extreme Zunahme gegeben. Zur PDS wollte Hegemann wissen, ob die sich in NRW eigentlich von anderen Bundesländern unterscheide, oder könne man sagen, daß für die PDS schlechthin gelte, was der Verfassungsschutz für NRW geschrieben habe, daß der Landesverband mit linksextremen Gruppierungen, auch des gewaltbereiten Spektrums, zusammenarbeite.
    Der Leiter des Verfassungsschutzes erläuterte daraufhin, die Formulierung zur PDS und der Bereitschaft, mit dem linksextremistischen Spektrum zusammenzuarbeiten, bedeute nicht, daß die Angehörigen der PDS selbst Gewalt anwenden würden. Aber sie scheuten sich nicht, beigeeigneter Gelegenheit durchaus mit Autonomen und Gewaltbereiten des linksextremistischen Spektrums zusammenzuarbeiten. Allerdings müsse er darauf hinweisen, die PDS in NRW, und er gehe davon aus auch in den anderen westdeutschen Bundesländern, sei eine ganz andere PDS als in den östlichen Ländern.
    Der CDU-Abgeordnete und Landtagsvizepräsident, Dr. Hans-Ulrich Klose, stellte fest: "Wir erinnern uns ja noch an die Auseinandersetzung und das Verbot der FAP Mitte der 80er Jahre." Das sei ja damals zu einem Beschluß im Landtag gelangt, ein solches Verfahren beim Bundesinnenminister anzuregen. Heute tauche die FAP im Verfassungsschutzbericht nicht mehr auf, was die These bestätige, daß sich der rechte Extremismus, der linke sicherlich auch, immer wieder in neuer organisatorischer Gestalt darstelle. "Gibt es die FAP überhaupt nicht mehr in Nordrhein-Westfalen?" fragte der Politiker. Der Chef des Verfassungsschutzes bestätigte, daß es die FAP in NRW nicht mehr gebe.

    Systematik: 1070 Politische Kräfte; 1320 Verfassungsschutz/Spionage

    ID: LI980906

  • Wolfgang Clement wird als neuer Ministerpräsident vereidigt.
    S. 3 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Bildunterschrift:
    Der neue Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, Wolfgang Clement (SPD, l.), ist von Landtagspräsident Ulrich Schmidt (r.) vereidigt worden. Das Protokoll gibt wieder, daß die Eidesleistung mit religiöser Beteuerung erfolgte. Der Landtagspräsident gratulierte mit einem herzlichen "Glückauf" und machte darauf aufmerksam, daß Clement nun die Regierungsverantwortung übernommen habe. Der neue Regierungschef erhielt Beifall aus dem Plenum und von zahlreichen Besucherinnen und Besuchern auf der Zuschauertribüne (siehe Seite 9).

    ID: LI980907

  • Kommissionsvotum: Offenen Vollzug in die Nähe der Ballungsräume.
    Ausschussbericht;

    S. 4 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Die Vollzugskommission des Rechtsausschusses, Vorsitzender Frank Sichau (SPD), stellvertretende Vorsitzende Tanja Brakensiek (CDU), hat seit ihrer Bestellung im Jahr 1995 nicht weniger als 34 Justizvollzugsanstalten (JVA), Zweiganstalten, Hafthäuser besucht. Dabei wurden nach einem Rundgang durch die Einrichtung von den Kommissionsmitgliedern Gespräche mit Vertretern der Anstalt, der Gefangenenmitverantwortung und der Fachdienste geführt. Diese und weitere Daten sind in dem Bericht enthalten, den der Vorsitzende am 20. Mai in den Rechtsausschuß eingebracht hat. Der Bericht, der die wesentlichen Erkenntnisse aus der Arbeit der Vollzugskommission zusammenfaßt, soll in einer der nächsten Sitzungen des Ausschusses unter Beteiligung des Justizministers erörtert werden.
    Fast alle Einrichtungen wiesen Überbelegungen auf. Das bedeutet, daß eine große Zahl von Gefangenen in sogenannten Notgemeinschaften untergebracht sind und die gesetzliche Vorgabe der Einzelunterbringung nur schwer eingehalten werden kann. Die gemeinschaftliche Unterbringung in der Strafhaft ist durch die hohe Zahl der Inhaftierten mittlerweile in einem erheblichen Umfang notwendig geworden. Das bedeutet nicht nur, daß vielfach Einzelhafträume mit zwei Gefangenen belegt werden müssen, sondern auch Freizeit-, Gruppen- und sonstige Räume für die Unterbringung der Inhaftierten in Anspruch genommen werden. Durch das Zusammenleben auf engem Raum entstehen so immer wieder Probleme. Die Möglichkeiten der Beschäftigung in der Freizeit und der Gruppenarbeit sind in vielen Anstalten daher eingeschränkt.
    Die Bemühungen einzelner Anstalten in den Bereichen der Haftverkürzung und Haftvermeidung zeigen durchweg positive Ergebnisse, können derzeit im Ergebnis aber lediglich bescheiden zur Entschärfung der Belegungssituation beitragen.
    Neue Ressourcen für die Lösung dieses Problems sind gegenwärtig sowie absehbar nicht vorhanden. Perspektiven zur Verbesserung der Situation werden von der Organisationsentwicklung der Justizverwaltung sowie der Weiterentwicklung des Vollzugskonzepts und alternativer Sanktionsformen erwartet.
    Die administrativen Gegebenheiten des Vollzugs bedingen oftmals langwierige Entscheidungsprozesse, über die sich die Betroffenen immer wieder beklagen. Hier könnte eine Optimierung der Steuerung des Vollzugs (Straffung der Entscheidungswege) zu einer Verbesserung führen.
    Die Vollzugskommission hat in ihren Einzelberichten bereits darauf hingewiesen, daß die Bereitschaft zu Verlegungen in Anstalten des offenen Vollzugs bei erwachsenen Gefangenen in nicht wenigen Fällen gering ist, da sie durch deren Standorte oft heimatferner untergebracht sind und bei Beurlaubungen aus der Haft weite Wege bewältigen müssen. Hier wurde bereits von der Vollzugskommission angeregt zu prüfen, ob die Schaffung von weiteren offenen Abteilungen in bereits vorhandenen Anstalten in Ballungsrandgebieten die Bereitschaft zu derartigen Verlegungen erhöht. In diesem Zusammenhang wird darauf verwiesen, daß das Land lediglich über eine Anstalt des offenen Vollzugs der ersten Progressionsstufe verfügt (JVA Bielefeld- Senne mit ihren 17 Außenstellen). Deren Lage im ostwestfälischen Raum findet gerade bei Gefangenen aus dem rheinischen Raum nicht immer die erwünschte Akzeptanz.
    Beim Besuch der JVA Attendorn wurde von den Gefangenenvertretern auf Probleme bei der Arbeitsbeschaffung im sogenannten freien Beschäftigungsverhältnis hingewiesen. Bei der hohen Arbeitslosenzahl und aufgrund der Lage im Sauerland sei es vornehmlich im kaufmännischen Bereich schwierig, einen Arbeitsplatz zu erhalten. Mitgefangene, die über ein Auto verfügten, seien hier eher in der Lage, verhältnismäßig weite Wege zum Arbeitsplatz zu bewältigen, als diejenigen, die auf die Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsmittel angewiesen seien.
    Pflegebedürftige Gefangene können teilweise nicht in Anstalten des offenen Vollzugs verlegt werden, da es dort an entsprechenden Plätzen fehlt. Allerdings verfügt die JVA Attendorn über eine Krankenabteilung mit 17 Betten, die meist nur gering belegt sind. Von der Ausstattung her eignet sich diese Abteilung für weitere offene Pflegeplätze. Derartige Überlegungen müssen aber nicht auf diese Anstalt beschränkt werden.
    Eine bessere Ausnutzung des offenen Jugendvollzugs erscheint notwendig. Das vorhandene Konzept enthält mit Sicherheit Möglichkeiten der Weiterentwicklung.
    Als ein wesentliches Ergebnis der Besuche in den Jugendanstalten ist festzuhalten, daß sowohl im Rheinland als auch in Westfalen je zwei Jugendanstalten bedarfsdeckend sein würden. Die Konzentrierung der für den offenen Vollzug geeigneten jugendlichen Gefangenen in der JVA Hövelhof wird den einzelnen vollzuglichen Gegebenheiten oft nicht gerecht. Die Jugendanstalten sollten jeweils über offene Abteilungen oder offene Zweiganstalten verfügen.
    Speziell zur Situation in der JVA Siegburg wird angeregt, die dort angesiedelte weitere Zuständigkeit für den Erwachsenenvollzug in eine andere Anstalt zu verlagern. Die Realisierung von Erwachsenen- und Jugendvollzug in einer Anstalt ist zumindest nicht "glücklich .
    Die Ergebnisse der Psychiatrie-Enquete sollten auch für den Vollzug geprüft werden. Die suchttherapeutische Arbeit für Heroin- Abhängige sollte weiterentwickelt werden. Hier ist vornehmlich eine Weiterentwicklung der Methadontherapie zu erwähnen, da Suchtkranke in der Regel ein Jahr bis zur entsprechenden gesundheitlichen Stabilisierung benötigen. Darüber hinaus sollte die Suchttherapie für Alkoholkranke weiterentwickelt und differenziert werden.
    Ein wesentliches Element des Behandlungsvollzugs ist das soziale Training. Es sollte in stärkerem Maß als bisher etabliert werden. Die Teilnahme daran müßte nach Auffassung der Vollzugskommission auf die Arbeitszeit der Gefangenen angerechnet werden. Dies würde bei vielen Gefangenen die Bereitschaft, verstärkt am Erreichen des Vollzugsziels mitzuarbeiten, weiter positiv beeinflussen.
    Die allgemeine Beschäftigungssituation bei den Gefangenen ist seit längerem weniger zufriedenstellend. In vielen Anstalten kann einer großen Zahl von Inhaftierten keine Arbeit angeboten oder zugewiesen werden. Dies ist im wesentlichen eine Auswirkung der allgemeinen Arbeitslosigkeit. Weitere Ressourcen bei Firmen oder in den Anstalten selbst dürften auf absehbare Zeit kaum zu erschließen sein.
    Die Vollzugskommission regt für diesen Bereich an, angesichts der Arbeitslosigkeit von Strafgefangenen, Arbeitszeitverkürzungen moderat umzusetzen. Der Vollzugskommission gehören neben dem Vorsitzenden Sichau (SPD) und seiner Stellvertreterin Brakensiek (CDU) noch an Gisela Gebauer-Nehring (SPD), Karin Hussing (CDU) und Christiane Bainski (GRÜNE). Nach den Grundsätzen über die Arbeit der Vollzugskommission des Rechtsausschusses für das Vollzugswesen im Lande Nordrhein-Westfalen informieren sie sich über Angelegenheiten des Vollzugs, über den Vollzug der Untersuchungshaft, über den baulichen Zustand der Anstalten und besondere Vorkommnisse im Vollzug. Sie kümmern sich um die Arbeits- und Lebensbedingungen sowie die Aus- und Fortbildung der Vollzugsbediensteten und informieren sich über Systeme und Entwicklungstendenzen im Vollzug der Freiheitsstrafe und ihrer Alternativen in anderen Bundesländern und im Ausland.

    Systematik: 3330 Justizvollzug

    ID: LI980908

  • Gemeinsame Sitzung des Landtagskulturausschusses und des Kulturausschusses der Landeshauptstadt Düsseldorf.
    S. 4 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Bildunterschrift:
    Bei einer inzwischen zur Tradition gewordenen gemeinsamen Sitzung des Landtagskulturausschusses und des Kulturausschusses der Landeshauptstadt Düsseldorf am 20. Mai im Landtag haben beide Gremien ihren partnerschaftlich geführten kulturpolitischen Dialog fortgesetzt und dabei die Schwerpunkte und Prioritäten der Förderung von Kunst und Kultur auf den Ebenen von Land und Landeshauptstadt erörtert. Unser Bild zeigt im Kreis von Mitgliedern beider Ausschüsse die Vorsitzenden Leonhard Kuckart (Land, zweiter v. l.) und Wollgang Kamper (Stadt, zweiter v. r.). Foto: Leuschner

    ID: LI980909

  • Umgang mit der PDS als Streitpunkt im Vorwahlkampf.
    Aktuelle Stunde über "Konsens der Demokraten".
    Plenarbericht
    S. 5 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    In einer von der CDU beantragten Aktuellen Stunde zum Thema "Konsens der Demokraten bewahren — Keine Zusammenarbeit mit extremistischen Parteien" debattierte der Landtag am 28. Mai über die Folgen der Wahl des SPD-Ministerpräsidenten von Sachsen-Anhalt mit den Stimmen der PDS. Am Ende der von parteipolitischen "Gräben" im bevorstehenden Bundestagswahlkampf geprägten Debatte mahnten Vizepräsident Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU) und SPD-Fraktionsvorsitzender Klaus Matthiesen, den Ernst der wirklichen Probleme nicht zu vergessen.
    Dr. Helmut Linssen (CDU), Fraktionsvorsitzender, zitierte einen namhaften deutschen Historiker mit SPD-Parteibuch, der die Wahl von Höppner als Zäsur in der Geschichte der SPD und des deutschen Parteiensystems bezeichnet hatte. Sonderbare Bettgenossen hätten sich in Sachsen- Anhalt zusammengefunden, die umbenannte SED stehe in der Tradition des radikalen Flügels der Arbeiterbewegung, zu dessen Merkmalen ein militanter Atheismus gehöre. Kampf um die Mitte hier und Linksbündnisse dort, das könne für die SPD nicht gutgehen. Die Ost-CDU könne mit der SED nicht auf eine Stufe gestellt werden, denn die SED sei alleinige Führungspartei gewesen. In Düsseldorf habe die CDU auf die Wahl eines Oberbürgermeisters mit Stimmen der Republikaner verzichtet. Die PDS wolle eine sozialistische Räteherrschaft. Der SPD-Kanzlerkandidat Schröder habe Höppners Vorgehen scharf kritisiert. Der NRW-SPD-Vorsitzende Müntefering empfehle das Magdeburger Modell auch für andere Länder und wolle eine neue Mehrheit links von der Mitte. Die SPD unterwerfe unser System einer Zerreißprobe, sagte Dr. Linssen und forderte die SPD zu einem Unvereinbarkeitsbeschluß auf.
    Franz Müntefering (SPD), Landesvorsitzender, erinnerte an SPD-Hilfe im spanischen Bürgerkrieg und die Ostpolitik der SPD. "Wir haben vor Roten Socken keine Angst, sie sind uns sympathischer als schwarze Lumpen!" sagte er und versicherte, die SPD werde alles tun, damit die PDS nicht in den Bundestag komme. Müntefering zählte 12 Beispiele von kommunalpolitischer Zusammenarbeit der CDU mit der PDS im Osten auf. Kohl sei 1994 mit 12 Blockflöten gewählt worden. Die Bundes- SPD habe sich eine SPD/CDU-Koalition in Magdeburg gewünscht. Er bot einen sachlichen Wahlkampf an.
    Roland Appel (GRÜNE), Fraktionssprecher, hielt die Argumente der Konservativen für Geschichtsklitterung. Die einzige Partei, die gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz gestimmt habe, seien die Kommunisten gewesen. Antikommunismus sei zur Ausgrenzung benutzt worden. Appel zitierte PDS-Ziele aus dem Verfassungsschutzbericht, die er für alles andere als "schrecklich" hielt, und plädierte für kritischen differenzierteren Umgang damit. Ein Drittel der Ostwähler auszugrenzen, sei zu oberflächlich und durchsichtig.
    Innenminister Franz-Josef Kniola (SPD) bezog sich ebenfalls auf den Verfassungsschutz, der auch erwähne, daß die PDS in NRW sich wesentlich unterscheide von anderen Landesverbänden, da sie mit Autonomen und Gewaltbereiten zusammenarbeite. Dennoch sei sie bedeutungslos und werde unter 0,5 Prozent in NRW bleiben. Bei Wählern der PDS und DVU in Sachsen- Anhalt drücke sich die tiefe Enttäuschung über politische Zusagen und beim Anblick alter Industrie- und neuer Investitionsruinen aus.
    Herbert Reul (CDU) meinte, mit Kommunisten zusammenzuarbeiten, sei das Thema. Die SPD sei bereit, mit Extremisten zusammen auch in Bonn zu regieren. Kurt Schumacher und Willy Brandt würden sich im Grabe umdrehen, wenn sie Müntefering heute hörten. Reul widerlegte einige, von diesem vorgetragenen Beispiele der Zusammenarbeit von CDU und PDS und stellte fest, die CDU habe in NRW dafür gesorgt, daß die Republikaner aus den Räten verschwunden seien.
    Klaus Matthiesen (SPD), Fraktionsvorsitzender, zitierte einen CSU-Kommentar, Sachsen-Anhalt sei die schmutzigste Wahl seit 1933 gewesen und bezeichnete das als das dreckigste, was er in den letzten Jahrzehnten gehört habe. Angesichts der SPD-Opfer in Konzentrationslagern habe die SPD solche Belehrung nicht nötig. Von "Volksfront" zu sprechen, sei kein Beitrag zur Integration. Nicht PDS und DVU seien das Problem, sondern die Massenarbeits- und Perspektivlosigkeit seien Ursachen für Radikalisierung.
    Minister Franz-Josef Kniola (SPD) trat ebenfalls dafür ein, keinen Wahlkampf zu machen, sondern sich den wichtigen Aufgaben zuzuwenden.
    Lothar Hegemann (CDU) spottete, so flexibel wie Schröder wäre er auch gern, und warf Müntefering vor, der Architekt der Volksfront zu sein. De Maiziere (CDU) habe gehen müssen, Stolpe (SPD) sei geblieben, das sei der Unterschied. Zwischen SPD und PDS gebe es über 2000 Absprachen. Die SPD solle sich nicht mit den größten Feinden der sozialen Marktwirtschaft verbünden und von Radikalen wählen lassen.
    Gisela Nacken (GRÜNE) trat für differenziertes Wahrnehmen bei den über 20 Prozent Stimmabgaben für die PDS in den neuen Ländern ein, die einfach Angst hätten, vom zufriedenen Westen übersehen zu werden.
    Vizepräsident Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU) berichtete von Erlebnissen mit Verwandten und Freunden in der NS-Diktatur und der DDR und dem festen Vorsatz aller Opfer: Wenn sie lebend aus dem Zuchthaus rauskämen, alles zu tun, damit rechte und linke Extremisten nicht wieder an die Macht kämen. Die PDS lehne das parlamentarische System nach wie vor ab. Ihre Strategie werde Schritt für Schritt vollzogen. Die SPD solle alles tun, diesen Kurs zu stoppen.
    Franz Müntefering (SPD) dankte für diesen Beitrag und stimmte ihm zu, die Verbrechen von Nationalsozialisten und von Kommunisten solle es nie wieder geben. Er warb um Verständnis für Motive von SED- Mitgliedern, für deren Wunsch, jetzt selbst entscheiden zu wollen, wer sie regiert.
    Klaus Matthiesen (SPD) zitierte den SPD- Ost-Politiker Richard Schröder, die DDR- Bevölkerung sei in einen unvorstellbaren Lernprozeß gestoßen worden durch gleichzeitigen Genuß der Freiheit und massenhafte Angst um den Arbeitsplatz, während Westdeutsche so weiterleben könnten wie bisher. Raum zum Nachdenken sei notig und das gemeinsame Ziel, die sozialen Ängste zu nehmen. Nur so sei auch künftig die Republik in ruhigem Fahrwasser zu halten.

    Bildunterschrift:
    Um Verständnis für PDS-Wähler warben Redner der SPD und der GRÜNEN, während die CDU Bündnisse mit rechten und linken Extremisten ablehnte, v. l. Dr. Helmut Linssen (CDU), Franz Müntefering (SPD), Roland Appel (GRÜNE), Minister Franz-Josef Kniola (SPD).

    Systematik: 1100 Parlament; 1080 Wahlen; 1070 Politische Kräfte

    ID: LI980910

  • CDU kritisiert mangelnde Effizienz und Kontrolle der eingesetzten Mittel.
    Die Wirtschaftsförderung des Landes im Kreuzfeuer der Meinungen.
    Plenarbericht;

    S. 6 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Das Land soll die knapper werdenden finanziellen Mittel für die Wirtschaftsförderung auf die wirtschaftsnahe Infrastruktur konzentrieren. Außerdem seien mehr Effizienz und bessere Kontrollen dringend erforderlich. Das steht in einem Antrag (Drs. 12/3072), den die CDU-Fraktion vorgelegt und über den der Landtag am 28. Mai debattiert hat. Zur abschließenden Beratung und Abstimmung überwies das Plenum den Antrag an den Ausschuß für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie.
    Christian Michael Weisbrich (CDU) konstatierte mit Blick auf die wirtschaftlichen Daten des Landes, sie ließen für die Wirtschaftsförderung wenig hoffen. Seit 1992 sei die Arbeitslosigkeit in NRW von acht auf 11,4 Prozent gestiegen; die Landesschulden seien von 22 (1978) auf bis heute 150 Milliarden Mark gestiegen; die Investitionsquote von "stolzen" 22 auf "schwindsüchtige" zehn Prozent abgesackt. Die Arbeitslosenquote liege 1,2 Prozent über dem Bundesdurchschnitt. Der neue Ministerpräsident habe schon vor Jahren eine Halbierung der Arbeitslosenzahl im Lande versprochen, aber das sei angesichts der real existierenden Probleme Schönfärberei; als Wirtschaftsminister habe es Clement während seiner Amtszeit nicht geschafft, das Ruder herumzuwerfen. Trotz gegenteiliger Ankündigungen liege das NRW-Wirtschaftswachstum immer noch unter dem der südlichen Bundesländer, und die Gründe dafür lägen nicht in Bonn oder in Brüssel: "Ursache sind die falschen Konzepte der Landesregierung, sind Fehlleitungen von Fördergeldern, sind mangelnde Transparenz, mangelnde Effizienz und mangelnde Erfolgskontrolle der Wirtschaftsförderung in Nordrhein-Westfalen." Der Wirtschaftsminister habe versäumt, seinen Etat "wieder in die zentrale Kraftquelle zu verwandeln für die Unterstützung innovativer Wirtschaftsstrukturen, für die Unterstützung von kleinen und mittleren Unternehmen, für die Unterstützung von Existenzgründern". Statt dessen sei der Haushalt als "Steinbruch mißbraucht worden zur Gewinnung von Finanzmasse für grüne Projekte und unsinnige Gutachten". In der Wirtschaft wäre es undenkbar, wie im Lande geschehen, daß zehn Milliarden Mark Programmvolumen ohne effizientes Controlling blieben, fuhr der Sprecher fort und sagte, es sei gegenüber den Steuerzahlern unverantwortbar, daß Fehlentwicklungen erst auffielen, wenn das Geld schon weg sei. Weisbrich: "Wenn wir wollen, daß Nordrhein-Westfalen seinen Spitzenplatz in der Wirtschaftsentwicklung zurückgewinnt, dann muß unverzüglich Schluß sein mit dem erkannten Schlendrian."
    Helga Gießelmann (SPD) buchte den CDU- Antrag unter der Rubrik "Wahlkampf" ab und verband damit die Feststellung, die CDU wolle wieder einmal von ihrer bundespolitischen Verantwortung für die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahre ablenken. Schließlich seien die Daten im Lande besser, als sie die Union des Landes in langen statistischen Zahlenreihen zu belegen suche; das bestätigten die Konjunkturberichte der Landeszentralbank, der Industrie- und Handelskammern und des Handwerkkammertages. Wenn es keine Wachstumslükke der nordrhein-westfälischen Wirtschaft mehr gebe, wenn die Exportquote steige und die Investitionsneigung sich spürbar verbessert habe, dann liege das daran, daß "wir in Nordrhein-Westfalen verantwortlich und entschlossen auf diese Bonner Misere reagiert haben. Wir haben gespart". Wenn man spare, treffe es zuerst die freiwilligen Leistungen, also auch die Wirtschaftsförderung. Das sei aber nichts gegen den Kahlschlag der Bundesregierung, die bei der Gemeinschaftsaufgabe Regionale Wirtschaftsförderung im laufenden Jahr allein 57 Millionen gestrichen habe, die für NRW eigentlich vorgesehen waren. Alexandra Landsberg (GRÜNE) nannte den Vorwurf der Opposition
    , die Landesregierung habe etwa die Mittel für die Mittelstandsförderung zusammengestrichen, "heuchlerisch"; schließlich habe Bonn das Land durch die Kürzungen an den Kohlebergbau um 1,2 Milliarden geradezu gezwungen, die Mittel für den aktiven Strukturwandel zu kürzen, um den Ausfall einigermaßen wettzumachen, der sonst zu einem radikalen Strukturbruch geführt hätte. Dennoch sei sie, fügte die Sprecherin an, froh über den CDU-Antrag, denn er gebe Gelegenheit, "die parlamentarische Diskussion über die Effizienz der NRW-Wirtschaftsförderung weiterzuführen". Es gehe darum festzustellen, ob die Ziele der Wirtschaftsförderung tatsächlich erreicht würden. Darum seien auch Gutachten zur Evaluierung erforderlich, die sich zur Zeit den Technologietransferstellen widmeten.
    Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD), amtierender Wirtschaftsminister, verwies in seinem kurzen Beitrag ebenfalls auf die Ausschußberatungen. In denen sei richtigzustellen, "was in dem Antrag falsch ausgeführt worden ist".
    Laurenz Meyer (CDU) widersprach der Aussage, die Bundesregierung reduziere ihre Mittel für die Wirtschaftsförderung — im Gegenteil: "Die Bundesregierung tut in diesem Bereich so viel, daß es aus nordrheinwestfälischer Sicht im Sinne von Arbeitsteilung nicht nötig ist, zusätzliche nordrheinwestfälische Mittel einzusetzen." Das habe der Landeswirtschaftsminister selber eingeräumt. Da die EU-Mittel nicht stiegen, müsse nicht erst zum Jahr 2000, sondern schon zu den nächsten Haushaltsberatungen Klarheit darüber bestehen, "wie in Zukunft die Mittel eingesetzt werden sollen" und wie spezielle nordrhein-westfälische Akzente zu setzen seien. Die Mittel seien auf kleinere und mittlere Unternehmen zu konzentrieren, "Mitnahmeeffekte insbesondere bei der Finanzierung von Investitionen im Bereich der großen Unternehmen" müßten zurückgeführt werden. Schließlich sei man sich im klaren darüber, daß man sich auf Bereiche zu konzentrieren habe, in denen Arbeitsplätze zuwachsen können — "und das sind die kleinen und mittleren Unternehmen in unserem Land". Das Starren auf die Großen, schloß er, müsse endlich aufhören.

    Systematik: 2000 Wirtschaft

    ID: LI980912

  • Antrittsbesuch des neuen japanischen Generalkonsuls im Landtag Nordrhein-Westfalen.
    S. 6 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Bildunterschrift:
    Der neue japanische Generalkonsul in Nordrhein-Westfalen Kenji Tanaka (l.) hat seinen Antrittsbesuch im Landtag abgestattet. Er ist von Landtagspräsident Ulrich Schmidt (r.) empfangen worden. Foto: Leuschner

    ID: LI980913

  • Schulwettbewerb.
    S. 6 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    156 nordrhein-westfalische Schulen haben sich am 45. Europäischen Wettbewerb zur Förderung des Europagedankens beteiligt, der in diesem Jahr unter dem Thema stand "Europa auf der Suche nach Frieden — 350 Jahre seit dem Westfälischen Frieden". In ihrer Antwort (Drs. 12/2994) auf die Kleine Anfrage von fünf CDU-Abgeordneten weist Schulministerin Gabriele Behler (SPD) darauf hin, daß sich am letztjährigen Wettbewerb 120 Schulen aller Formen und Typen beteiligt hatten. Das größte Kontingent stellten die Grundschulen, gefolgt von den Gymnasien.

    ID: LI980914

  • Einigkeit über Absicherung der Qualität in der Pflege.
    Plenarbericht;

    S. 7 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    In Nordrhein-Westfalen wird im Bereich der Pflege alter Menschen Hervorragendes geleistet. Bei der Beratung des Koalitionsantrages "Zukunftsorientierte Qualitätssicherung in der Pflege ist mehr als Krisenintervention" wurde daher auch von allen Fraktionen der Absicherung der Qualität in der Pflege besonderes Gewicht beigemessen. Der Antrag (Drs. 12/3068) wurde an den Arbeits- und Sozialausschuß zur Abstimmung in öffentlicher Sitzung überwiesen.
    Ina Meise-Laukamp (SPD) betonte, die Diskussionen um die Fachkraftquote in den Pflegeheimen hätten eines deutlich gezeigt: Das Pflegeversicherungsgesetz sei und bleibe für die Bundesregierung ein ständiger politischer Spielball, um immer wieder sozialpolitisch höchst fragliche marktwirtschaftliche Komponenten aufzubauen. In dem Antrag gehe es nun darum, was man für die Zukunft erreichen könne. Erfreulicherweise sei die Streichung der Fachkraftquote in der Heimpersonalverordnung vom Tisch. Die Bundesregierung habe mit ihrem Versuch, die Fachkraftquote abzuschaffen, deutlich Schiffbruch erlitten. Der massive Widerstand aller Länder und der Verbände habe bewirkt, daß die Übergangsregelung für das Erreichen der Mindestquote von 50 Prozent Fachkräften in den stationären Einrichtungen für weitere zwei Jahre, also bis 2000, habe fortgeschrieben werden können.
    Daniel Kreutz (GRÜNE) erklärte, Pflege betreffe Menschen in einer Situation, in der sie in ihrer Würde sehr verletzlich seien. Deshalb sei Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung in der Pflege eine viel zu wichtige Aufgabe, als daß sie in den Strudel allfälliger Spardiskussionen geraten dürfe. Er wies darauf hin, pflegebedürftige Menschen hätten eine Reihe von Regelungen und tatsächlichen Entwicklungen hinnehmen müssen, die zur Folge gehabt hätten, daß für viele nicht Verbesserungen, sondern Reduzierungen der Hilfe eingetreten seien. "Die Neuausrichtung des Pflegebegriffs und eine entsprechende Reform der Pflegeversicherung halten wir daher für unerläßlich", unterstrich der Abgeordnete.
    Georg Gregull (CDU) merkte an, Qualitätssicherung als Ziel dürfte in diesem Hause unstreitig sein. Deswegen halte er es für eine Selbstverständlichkeit, daß eine Landesregierung sich darum bemühe, Qualität in der Pflege zu sichern. Dafür brauche man keinen großen Antrag zu schreiben. Die Diskussion um die Heimpersonalverordnung bezeichnete Gregull als zur Zeit nicht aktuell. Man habe dazu beigetragen, daß diese Heimpersonalverordnung um zwei Jahre verlängert worden sei, und zwar nicht durch Druck, sondern im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden, mit den einzelnen Trägern. Er fügte an, zur menschlichen und qualitativ guten Pflege gehöre selbstverständlich die Fachlichkeit, aber auch die richtige Einstellung der pflegenden Personen. Beides müsse zusammenkommen.
    Gesundheits- und Sozialminister Dr. Axel Horstmann (SPD) vertrat die Auffassung, Nordrhein-Westfalen leiste in der Pflegepolitik Vorbildliches. Wie die Infrastrukturverantwortung, die den Ländern übertragen worden sei, in NRW vorgenommen worden sei, das sei inzwischen in vielen anderen Ländern nachgemacht worden. Die von der Opposition so heftig kritisierte eingeführte Institution des Pflegewohngeldes werde in anderen Ländern übernommen. NRW stehe an der Spitze der Länder, wenn es darum gehe, die eigentlichen pflegekassenfinanzierten Pflegeleistungen durch sogenannte komplementäre Dienste zu ergänzen. Das Ausbildungsniveau in der Altenpflegeausbildung in NRW liege außerdem weit an der Spitze. Der Minister berichtete: "In Nordrhein-Westfalen befinden sich 40 Prozent aller Ausbildungsplätze in der Altenpflege in Deutschland, obwohl wir nach unserem Beschäftigtenanteil vielleicht gut 20 Prozent haben müßten."

    Bildunterschrift:
    Hortes Ausbildungsniveau in der Pflege: v. l. Ina Meise-Laukamp (SPD), Daniel Kreutz (GRÜNE), Georg Gregull (CDU) und Gesundheits- und Sozialminister Dr. Axel Horstmann (SPD). Fotos: Schälte

    Systematik: 5200 Gesundheit; 5060 Alte Menschen

    ID: LI980915

  • Ulrich Schmidt und Bernhard Paul räumen Mißverständnisse aus.
    S. 7 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Bildunterschrift:
    Landtagspräsident Ulrich Schmidt (l.) und der künstlerische Leiter der Apollo Variete Betriebs GmbH, Bernhard Paul (r.), haben im Landtag gemeinsam Mißverständnisse ausgeräumt, die während der Bauzeit des Apollo-Varietes unter der Düsseldorfer Rheinkniebrücke in unmittelbarer Nähe des Landesparlaments entstanden waren, und ihr inzwischen entspanntes Verhältnis bekräftigt.

    ID: LI980917

  • Beitritt Österreichs.
    S. 7 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Der Landtag hat auf Beschlußempfehlung des Hauptausschusses dem Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich vom 28. April 1995 zu den am 19. Juni 1990 in Luxemburg unterzeichneten Übereinkommen zur Durchführung des Schengener Abkommens von 1985 zugestimmt. Dieses Abkommen sieht den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen der Staaten der Europäischen Union vor. Die Übereinkunft von 1985 im luxemburgischen Schengen hatten die Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und die Französische Republik getroffen. Dem Übereinkommen waren dann in den Jahren von 1990 bis 1992 die Italienische Republik, das Königreich Spanien, die Portugiesische Republik sowie die Griechische Republik beigetreten. Die Zustimmung zu dem Staatsvertrag auf Antrag der Landesregierung war gemäß Artikel 66 Satz 2 der Landesverfassung erforderlich.

    ID: LI980918

  • Rau blickt auf lange politische Karriere zurück.
    S. 8 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Der scheidende nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD), gebürtig in Wuppertal-Barmen, verheiratet und Vater dreier Kinder, blickt auf eine lange politische Karriere zurück. Hier ein Auszug nach Daten und Stationen:
    16.1.1931: Johannes Rau kommt als Sohn eines Predigers zur Welt. Nach dem Besuch von Volksschule und Gymnasium macht er eine Lehre als Verlagsbuchhändler und legt 1952 die Fachprüfung ab.
    2.12.1952: Der 21 jährige tritt der Gesamtdeutschen Volkspartei (GVP) seines politischen Ziehvaters Gustav Heinemann bei.
    4.6.1957: Nach Auflösung der GVP folgt Rau dem späteren Bundespräsidenten Heinemann in die SPD. Beruflich hatte er 1954 die Leitung eines theologischen Verlages der evangelischen Jugend übernommen.
    21.1.1958: Rau wird Juso-Vorsitzender in Wuppertal.
    6.7.1958: Als jüngster Abgeordneter zieht Johannes Rau erstmalig in den nordrheinwestfälischen Landtag ein. Seinen Wuppertaler Wahlkreis hat er seitdem neunmal in Folge gewonnen.
    9.1.1967: Die SPD-Landtagsfraktion wählt den Wuppertaler Politiker zum Vorsitzenden. Das Amt hat er bis 1970 inne.
    24.11.1969: Rau wird Oberbürgermeister von Wuppertal.
    28.7.1970: Johannes Rau wird Minister für Wissenschaft und Forschung und nimmt erstmals am Kabinettstisch Platz.
    1.8.1970: Mit der Gründung von 15 Fachhochschulen und später fünf Gesamthochschulen gestaltet Rau die Universitätslandschaft neu.
    25.7.1977: In einer Kampfabstimmung gegen Arbeitsminister Prof. Dr. Friedhelm Farthmann (SPD) wird Rau zum Landesvorsitzenden der Sozialdemokraten in NRW gewählt.
    20.9.1978: Rau löst Heinz Kühn (SPD) in der laufenden Legislaturperiode als Regierungschef ab.
    11.5.1980: Die SPD erreicht unter ihrem Spitzenkandidaten Rau mit 48,4 Prozent erstmals die absolute Mehrheit der Mandate im Landtag.
    22.4.1982: In München wird Johannes Rau erstmals zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD gewählt.
    12.5.1985: Mit 52,1 Prozent verteidigt die SPD bei der Landtagswahl ihre absolute Mehrheit.
    25.1.1987: Die SPD verliert mit Rau als Kanzlerkandidat die Bundestagswahl.
    13.5.1990: Zum dritten Mal in Folge erreicht die SPD mit Johannes Rau die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl.
    23.5.1994: Johannes Rau unterliegt Roman Herzog bei der Wahl des Bundespräsidenten.
    14.5.1995: Nach 15 Jahren Alleinregierung verliert die SPD die absolute Mehrheit bei der Landtagswahl. Rau wird am 6. Juli zum Ministerpräsidenten einer rotgrünen Koalitionsregierung gewählt.
    16.3.1998: Vor dem SPD-Landesvorstand kündigt Johannes Rau seinen Rücktritt als Regierungschef und als Landesvorsitzender an.

    ID: LI980919

  • Vom Journalisten zum Politiker und Regierungschef.
    S. 8 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Wolfgang Clement (SPD), neuer Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen, wurde am 7. Juli 1940 in Bochum geboren. Nach dem Abitur volontierte er bei der Dortmunder Tageszeitung "Westfälische Rundschau" und wurde Redakteur. Das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Münster schloß sich an. 1965 legte er das erste Staatsexamen ab. Von 1965 bis 1968 war er Rechtsreferendar und wissenschaftlicher Assistent am Institut für Prozeßrecht der Universität Marburg. Ab 1968 arbeitete er als politischer Redakteur, wurde Ressortleiter "Politik" und stellvertretender Chefredakteur der "Westfälischen Rundschau". Seine journalistische Laufbahn setzte er von 1987 bis 1989 als Chefredakteur der "Hamburger Morgenpost" fort.
    Von 1989 bis 1995 war Wolfgang Clement Chef der Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen, von 1990 bis 1995 im Range eines Ministers für besondere Aufgaben. Seit 1995 hatte er das Amt des Ministers für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr inne. Im 4. und im 5. Kabinett Rau gehörte er somit der Landesregierung an.
    Von Juni 1990 bis Januar 1991 war der heutige Regierungschef stellvertretendes Mitglied im Bundesrat. Seitdem ist er Mitglied der Länderkammer. Von Juni 1993 bis Dezember 1995 war er darüber hinaus stellvertretendes Mitglied im Gremium "Ausschuß der Regionen der Europäischen Gemeinschaft".
    Der SPD gehört Wolfgang Clement seit 1970 an. Von 1981 bis 1986 war er Sprecher des SPD-Bundesvorstandes. Von 1985 bis 1986 amtierte er als stellvertretender Bundesgeschäftsführer der Sozialdemokraten. Seit 1994 gehört er als Mitglied dem Landesvorstand der SPD Nordrheinwestfalen an, seit 1996 ist er stellvertretender Landesvorsitzender. Seit 1995 ist er ferner Mitglied des Bundesvorstandes der SPD.
    In der 11. Wahlperiode, am 1. Oktober 1993, rückte Wolfgang Clement über die Landesreserveliste der SPD als Mitglied in den Landtag nach. Bei der Landtagswahl zur 12. Wahlperiode 1995 wurde er im Wahlkreis 125 Bochum II direkt gewählt. Der neue Regierungschef ist verheiratet und hat fünf Töchter.

    ID: LI980920

  • Johannes Rau dienten als Orientierung immer die Interessen des Landes und das Wohl der Menschen.
    Landtagspräsident Ulrich Schmidt würdigte den scheidenden Regierungschef.
    Plenarbericht
    S. 9-12 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Der scheidende Regierungschef Johannes Rau (SPD) hat bei seinem Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten in einer Erklärung am 27. Mai im Plenum des Landesparlaments in bewegenden Worten bekräftigt, in all den Jahren sei es ihm immer besonders wichtig gewesen, daß er das Vertrauen, das die Menschen in Nordrheinwestfalen und die Mehrheit Im Landtag in ihn gesetzt hätten, gerechtfertigt und erwidert habe. Landtagspräsident Ulrich Schmidt hob in seiner Dankesrede hervor, Johannes Rau sei es zusammen mit dem Parlament gelungen, in Nordrhein-Westfalen identitätsstiftend zu wirken und erstmalig ein Landesbewußtsein zu schaffen. "Wir in Nordrhein-Westfalen" — dahinter verberge sich das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Solidarität. Hier die beiden Reden im Wortlaut:
    Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) sagte: "Herr Präsident, meine Damen und Herren! Am 6. Juli 1995 hat mich der Landtag nach den Landtagswahlen vom 14. Mai zum Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen gewählt. Heute möchte ich dieses Amt zurückgeben. Als ich am 20. September 1978 zum Nachfolger von Heinz Kühn gewählt worden war, habe ich mir nicht vorstellen können, daß ich diese Funktion so lange innehaben würde. Ich konnte damals nicht wissen, daß ich einmal vor Ihnen als dienstältester Ministerpräsident und dienstältester Abgeordneter dieses Landtages sprechen würde. In all den Jahren war es mir immer besonders wichtig, daß ich das Vertrauen rechtfertige und erwidere, das die Menschen in Nordrhein-Westfalen und das die Mehrheit im Landtag in mich gesetzt haben. Ich habe mich immer darum bemüht, jenseits tagespolitischen Streits und grundsätzlicher Unterschiede in den politischen Auffassungen auch die Gesprächsfäden zu Kolleginnen und Kollegen in anderen Fraktionen nicht abreißen zu lassen. Das habe ich am Schwanenspiegel so gehalten. Daran hat sich auch hier in diesem lichten Gebäude am Rhein nichts geändert. Ich war und ich bleibe geprägt von den ganz unterschiedlichen Erfahrungen, die ich habe machen dürfen als Abgeordneter in der Opposition, als Vorsitzender der größten Regierungsfraktion, als Mitglied und Chef einer Koalitionsregierung, als Ministerpräsident mit eigener parlamentarischer Mehrheit und dann wieder in einer Koalition. Noch wichtiger als die Gesprächsfäden auch in andere Fraktionen des Parlaments war es mir, daß ich mir in allen Ämtern und in allen Funktionen ein möglichst ungefiltertes Bild machen konnte von dem, was die Menschen in unserem Land bewegt. Dazu haben neben vielen Gesprächen auch ungezählte Briefe beigetragen, die mir geschrieben wurden. Die Briefe zu lesen, war mir wichtiger als manches andere. Ich verdanke ihnen neben manchen Einsichten und den Möglichkeiten, praktisch zu helfen, vor allem das sichere Gefühl, daß ich Bodenhaftung behalten habe. Es hat meinem Amtsverständnis entsprochen, daß Menschen, die dem Ministerpräsidenten schreiben, auch eine Antwort bekommen, und zwar so schnell wie möglich, und wenn es irgend ging, von mir selber.

    Grenzen des Wortes

    In der Politik kommt es, wie in kaum einem anderen Bereich, auf das geschriebene und das gesprochene Wort an. Darum ist es so wichtig, die Möglichkeiten und die Grenzen des Wortes zu kennen und zu beachten. Hans Jonas, den ich in der kommenden Woche ehre, und von dem zu wenige wissen, daß er ein Sohn unseres Landes war, aus Mönchengladbach stammte, hat das so formuliert: Er hat die Sorge der .Vergeblichkeit des Wortes', das, so sagte er, ,dann ohnmächtig werden kann für die Gegenwart, wenn es zu sehr in die Zukunft greift, oder wenn es zu stark in Widerspruch gerät mit den Zwängen, den Nöten, den Interessen oder den Mächten der Zeit'. Ich habe mich in allen Ämtern darum bemüht, ich selber zu bleiben — im Reden und im Handeln —, und vor allem darin, daß beides übereinstimmt. Wer sich darum bemüht, kann es nicht jedem recht machen. Das wollte ich auch nicht. Ich habe getan, was ich für richtig hielt und unterlassen, was ich für falsch hielt. Dabei waren die Interessen unseres Landes Nordrhein-Westfalen und das Wohl aller Menschen, die hier leben, mein Orientierungspunkt.
    Ich bin dankbar dafür, daß ich mich bei meiner Arbeit immer auf eine solide und zuverlässige Mehrheit im Parlament stützen konnte. Ich bin aber auch den Kolleginnen und Kollegen dankbar, deren Vertrauen in mich nicht ganz gereicht hat, um mich in meiner politischen Arbeit zu unterstützen. Das bedeutete ja nicht, daß der Gedankenaustausch, die politische Auseinandersetzung, und — wo nötig — auch der heftige Streit immer fruchtlos bleiben mußten. Meine Erfahrung sagt mir, daß konstruktive Kritik auch dann als Ansporn dienen kann, wenn man sie selber nicht für ganz berechtigt hält oder wenn man sie nur teilweise verstehen kann. Am fruchtbarsten habe ich immer jene parlamentarischen Debatten empfunden, in denen quer durch die Fraktionen spürbar wurde, daß die Welt sich nicht auf Schwarz oder Weiß reduzieren läßt — selbst dann nicht, wenn klare und eindeutige Entscheidungen nötig sind. Weil ich bei der Abwägung des Für und Wider in den meisten Fällen nicht hundert Prozent auf der einen oder auf der anderen Seite buchen konnte, habe ich mich manches Mal mit Entscheidungen schwergetan. Wer das als Schwäche ansieht, dem will ich das gern nachsehen. Ich lasse mich leiten von einer Einsicht, die Andre Gide so formuliert hat: .Vertraut denen, die die Wahrheit suchen. Mißtraut denen, die sie gefunden haben.' Meine Damen und Herren, wer die Zukunft gestalten will, muß wissen, woher er kommt. Nordrhein-Westfalen ist ein junges Land, aber ein Land mit traditionsreichen Städten und Regionen. So vielschichtig wie seine Vergangenheit, so vielfältig wie seine Landschaften so kontrastreich sind auch die Eigenarten der Menschen, die in Nordrheinwestfalen leben: die hintergründig verhaltenen Westfalen, die temperamentvollen und lebensfrohen Rheinländer und die Lipper, die für ihre Sparsamkeit ebenso bekannt sind wie für ihren Selbstbehauptungswillen. All das kann nur der verstehen, der die vielfältigen geistigen und religiösen Traditionen kennt, die unser Land prägen. Da gibt es den Ravensberger ebenso wie den Wuppertaler Pietismus, den Paderborner Katholizismus wie den des Münsterlandes, die Freiheitsliebe der Rheinländer und den Freisinn der Lipper. Aus dieser Vielfalt gewinnt Nordrhein-Westfalen seine Stärke.

    Eine lange Tradition

    Bei aller Vielfalt und bei allen Gegensätzen haben die Menschen in Nordrhein-Westfalen inzwischen ein Bewußtsein für unser Land und von unserem Land entwickelt, ein Landesbewußtsein, das nicht auf Ausgrenzung setzt, sondern zu gemeinsamem Handeln einlädt. Wie kaum eine andere Region in der Bundesrepublik Deutschland ist unser Land seit über einem Jahrhundert davon geprägt, daß Menschen als Fremde zu uns kommen und hier eine neue Heimat finden: Arbeiter aus Schlesien und aus Masuren schon vor über hundert Jahren, Flüchtlinge aus dem ehemaligen deutschen Osten nach 1945, Männer und Frauen aus der Türkei, aus Italien, aus Griechenland und aus vielen anderen Ländern, die vor allem große Unternehmen in den 60er Jahren als Gastarbeiter gerufen haben, seit Mitte der 80er Jahre viele Deutschstämmige, vor allem aus Polen, Rumänien und aus dem Gebiet der früheren Sowjetunion, und Menschen, die auf der Flucht vor Verfolgung und Vertreibung, vor Elend und Bürgerkrieg zu uns gekommen sind. Diese lange Tradition hat dazu beigetragen, daß die meisten Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht danach fragen, woher einer kommt, sondern was er tut, und was er beiträgt, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Wie schwer das ist, wie viele Probleme das bringt, das wissen wir alle, und das erfahren wir jeden Tag. Darum muß das friedliche Zusammenleben und gute Miteinander zwischen Alteingesessenen und Zugewanderten politisch gefördert werden. Wir dürfen es nicht zerreden oder gar zerstören. Das muß auch in Zukunft die gemeinsame Aufgabe aller Demokraten sein — ohne Wenn und Aber. Solidarität und die Bereitschaft, auch in schwierigen Zeiten zusammenzustehen, das zeichnet unser Land Nordrhein-Westfalen aus. Solidarität hat bei uns Tradition; sie wird tagtäglich gelebt. Das hat den Menschen in unserem Land Sicherheit gegeben, unaufgeregt undmit ruhiger Kraft immer wieder auch große Herausforderungen zu meistern. In kaum einem Land haben die Menschen schon seit Jahrzehnten stärker als bei uns erfahren, daß Veränderung die einzige Konstante ist. In den vergangenen Jahren hat sich Nordrhein-Westfalen gewaltig verändert — weit mehr, als die meisten von uns vor zwanzig Jahren gedacht haben. So wenig wie die alten Zeiten immer gut waren, so wenig hat sich alles zum Besseren verändern können. Aber daß es auch durch vorausschauende Politik gelungen ist, dafür zu sorgen, daß aus wirtschaftlicher Dynamik nicht soziales Dynamit entsteht: Das ist eine Gemeinschaftsleistung, auf die wir in Nordrhein- .Westfalen stolz sein können. In den nächsten zwanzig Jahren wird sich wieder vieles verändern. Manches erkennen wir schon, anderes sehen wir erst in Umrissen. Unser Land wird sich — das ist jedenfalls gewiß — auch in den kommenden zwanzig Jahren so stark verändern, daß es in vielem nicht wiederzuerkennen sein wird. Unser gemeinsames Ziel aber sollte es sein, daß Nordrheinwestfalen ein starkes Land bleibt, in dem es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.
    Ich bin sicher, daß mein Nachfolger, dem ich Glück und Segen wünsche, seine ganze Kraft für dieses Ziel einsetzen wird. Ich wünsche mir unser Land auch in Zukunft auf der Höhe der Zeit, leistungsfähig und selbstbewußt, heimatverbunden und weltoffen, freiheitlich und sozial, umweltbewußt und kulturell reich, tolerant und menschenfreundlich. Ich wünsche mir ein Land, das seine Stärke bezieht aus dem Ausgleich unterschiedlicher Interessen, aus dem Dialog verschiedener Kulturen und aus der Bereitschaft der Menschen, nicht nur an sich selber zu denken, sondern gemeinsam mit anderen die Dinge zum Besseren zu verändern. Ich wünsche mir ein Land, das sich stark macht für einen lebendigen Föderalismus in Deutschland und für ein zusammenwachsendes Europa, das seine Kraft aus der Vielfalt der Regionen bezieht. Wenn das gelingt, dann ist mir nicht bange um die Zukunft unseres Landes. Dazu kann jeder einen Beitrag leisten. Ich werde das tun als Abgeordneter, der ich bleibe, und jenseits des Amtes des Ministerpräsidenten, das ich heute dankbar abgebe.
    Herr Präsident, meine Damen und Herren! Fehler machen alle. Auch ich habe Fehler gemacht. Ich entschuldige mich bei denen, die ich verletzt oder gekränkt habe. Ich habe das nicht gewollt. Ich überreiche Ihnen, Herr Präsident, jetzt den Brief, mit dem ich gemäß Artikel 62 Absatz 1 unserer Landesverfassung vom Amt des Ministerpräsidenten zurücktrete. Glück auf und Gottes Segen für unser Land!"

    Schmidt: "Wir schätzen Sie als brillanten Redner"

    Der Präsident des Landesparlaments, Ulrich Schmidt, ging in seiner Laudatio auf des scheidenden Ministerpräsidenten oratorisches Talent ein. Seit seiner Jungfernrede im Jahr 1959 seien bis heute 700 Redebeiträge im Archiv dokumentiert. Schmidt überreichte deren gebundene Sammlung in fünf Bänden, exakt 7,885 Kilo schwer.
    Landtagspräsident Ulrich Schmidt führte aus: "Nun bin ich zwar lange nicht so bibelfest wie Sie, Herr Ministerpräsident Dr. Rau, trotzdem will ich in Anlehnung an einen bekannten Bibelvers sagen: Es gibt eine Zeit des Vorausschauens, es gibt eine Zeit des Erinnerns und es gibt eine Zeit des Bedenkens. Wir lesen das bei Prediger 3 Vers 1.
    Heute ist für mich vor allem ein Tag des Einhaltens, ein Tag, an dem ich zusammen mit Ihnen, Herr Ministerpräsident, für einen Moment innehalten und auch kurz zurückblicken möchte auf die vergangenen zwanzig Jahre. Der heutige Tag ist schon ein denkwürdiger Tag, weil er das Ende einer Etappe markiert. Er wird als Meilenstein auf einer langen Wegstrecke festgehalten werden, nicht aber als ein Tag des endgültigen Abschieds in unsere Geschichtsbücher eingehen.
    Mit dem heutigen Tag haben Sie ein Amt niedergelegt, das Sie zwei Jahrzehnte ausgefüllt haben; Zwanzig Jahre lang haben Sie als Ministerpräsident die Politik unseres Landes gestaltet. Dafür spreche ich Ihnen Respekt, Dank und Anerkennung im Namen des nordrhein-westfälischen Landtags aus. Erinnern Sie sich?
    ,Ich werde wohl kein Landesvater, [...] weil mir dazu bestimmte Strukturen fehlen.' Erinnern Sie sich noch an dieses Zitat, Herr Ministerpräsident? Es stammt aus Ihrer Abschiedsrede vor dem Rat der Stadt Wuppertal, Ihrer Heimatstadt, — deren jüngster Oberbürgermeister Sie ja auch einmal gewesen sind — wenige Tage nach Ihrer Wahl zum Ministerpräsidenten. Aus heutiger Sicht stelle ich fest: Hier hat sich ein großer Politiker gründlich geirrt!
    Herr Ministerpräsident Johannes Raul Sie haben in einer Zeit Verantwortung getragen, in der sich in unserem Land ein tiefgreifender Wandel vollzogen hat. Die strukturelle Krise im Bergbau zeichnete sich bereits bei Ihrem Einzug in den Landtag im Jahre 1958, das heißt, vor fast vierzig Jahren, ab. Hunderttausende von Arbeitsplätzen sollten in den folgenden Jahren verlorengehen, nicht nur im Bergbau und in der Stahlindustrie, auch im Textil- und Bekleidungsgewerbe und in vielen Zuliefererbetrieben. Rückblickend kann man sicher die Ruhrgebietskonferenz im Mai 1979 als eine Ihrer ganz großen politischen Taten bezeichnen. Nicht allein, weil mit dem aus der Konferenz resultierenden Aktionsprogramm Ruhr wichtige Weichen gestellt werden konnten, sondern vor allem, weil die Menschen damals Ihre Sorge um die Zukunft des Reviers gespürt haben, weil Sie den Menschen Hoffnung vermittelt haben, Hoffnung und ein neues Selbstbewußtsein. Nicht nur im Ruhrgebiet lernten die Menschen, wieder stolz auf ihre Heimat zu sein, auf ihr Land, das zwar nicht mehr das Land von Kohle und Stahl, aber ein Land mit Kohle und Stahl sein würde.
    Ihnen ist es gelungen, in Nordrhein-Westfalen auch besonders identitätsstiftend zu wirken und erstmalig ein Landesbewußtsein zu schaffen. Wir in NRW — dahinter verbirgt sich das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Solidarität. Aus dem "Bindestrichland" Nordrhein-Westfalen haben Sie ein Gemeinwesen geschaffen, in dem Rheinländer, Westfalen und Lipper gern zusammenleben. Die Strukturpolitik in Nordrhein-Westfalen war beispielgebend auch für andere Industrieregionen in Europa, vor allen Dingen auch deswegen, weil Sie die Menschen einbezogen und nicht außen vor gelassen haben. Der Strukturwandel bis heute ist auch deshalb gelungen, weil er auf der Grundlage der Politik des Dialogs, der partnerschaftlichen Zusammenarbeit aller Entscheidungsträger erfolgt ist — eines Politikstils, den Sie maßgeblich geprägt haben. Wir haben gelernt, daß große Herausforderungen nur dann erfolgreich bewältigt werden können, wenn alle erforderlichen Maßnahmen auf dem tragfähigen Fundament eines breiten Konsens vollzogen werden. Die Einbeziehung aller verantwortlichen Akteure, die Bündelung aller Kräfte, das Zusammenwirken von staatlichen, kommunalen, verbandlichen und privaten Entscheidungsträgern, eben der Dialog am ,runden Tisch', dieses Modell hat sich bewährt.
    Inzwischen hat sich unser Land zu einem attraktiven und international anerkannten Wirtschaftsstandort entwickelt. Aus der "alten" — von manchen auch als "veraltet" bezeichneten — Industrieregion von einst ist ein moderner, zukunftsfähiger Standort geworden, der sich im Wettbewerb der Regionen bewährt hat. Ich will nicht wiederholen, was uns allen aus unzähligen Landtagsdebatten, Regierungserklärungen und Pressemeldungen bekannt ist: die Dichte und Qualität der Hochschullandschaft und vieles mehr. Wir alle wissen und schätzen es. Daran waren Sie und war dieses ganze Parlament mit Ihnen gemeinsam beteiligt.
    Es war ein langer und es war ein harter Weg, ein Weg mit Erfolgen und mit Niederlagen. Und es ist ein Weg, der noch nicht beendet ist, denn Strukturwandel ist für uns alle, die wir hier sitzen, eine dauernde Aufgabe.
    Die zurückliegenden Jahre haben uns eines besonders gelehrt: Strukturwandel als Chance zu begreifen. Diese Erfahrung wird eine gute Grundlage für die Bewältigung der anstehenden Probleme sein.
    Die Internationalisierung und Globalisierung der Wirtschaft, die Veränderungen der Umwelt und der Wandel unserer Kultur stellen uns alle vor völlig neue Herausforderungen. Aber sie bergen auch neue Chancen, die wir nutzen müssen. Wir werden einsehen müssen, daß sie Gewinner bringt, leider aber auch Verlierer.
    Unser Ziel ist die moderne Informations- und Dienstleistungsgesellschaft, nicht aber die Gesellschaft der Individualisten. Modernisierung kann und darf deshalb nur in sozialer Verantwortung stattfinden. Sie, Herr Ministerpräsident, haben es kürzlich auf den Punkt gebracht und gesagt: Das Bindeglied zwischen Globalisierung und Individualisierung heißt schlicht Solidarität.
    Ein ganz wichtiger Begriff der aktuellen Politik lautet nicht von ungefähr "Vertrauen". Wir, die Politiker, sind für die Menschen die Zugangspunkte zum politischen System, einem System, das für viele bedauerlicherweise immer noch undurchschaubar ist Sie, Herr Ministerpräsident — und dies stelle ich mit großem Respekt fest — haben sich dieses Vertrauen der Menschen erworben. ,Wir lernen die Menschen nicht kennen, wenn sie zu uns kommen; wir müssen zu ihnen gehen, um zu erfahren, wie es mit ihnen steht.' Dieser Satz stammt von Goethe, er könnte aber genausogut auch aus Ihrem Munde gekommen sein. Die alltäglichen Probleme und Sorgen der Menschen liegen Ihnen am Herzen. Sie gehen zu den Menschen, oft abseits der Öffentlichkeit, im Stillen.
    Es ist Ihr Verständnis von Politik, wie Sie es einmal formuliert haben, .dem Bedürfnis der Menschen nach Harmonie und Konsens zu entsprechen und Politik als eine Sache erscheinen zu lassen, die wenig mit Macht zu tun haben sollte, aber viel mit Zwischenmenschlichkeit, Zuwendung und Mitleidenschaft.'
    Einbinden, nicht ausschließen, Gemeinsamkeiten finden, statt Gegensätze in den Vordergrund zu stellen, so haben wir Sie hier im Parlament erlebt; versöhnen statt spalten, zuhören, nachdenken, antworten und dann erst entscheiden. Dies sind die Maximen Ihres Politikstils.
    Nun liegt es aber in der Natur der Sache, daß gerade Politiker nicht immer uneingeschränkte Zustimmung erfahren. Das wissen wir alle. So gibt es auch Menschen, die diesen Politikstil als ,zu wenig entschlußfreudig' oder gar ,als Entpolitisierung der Vorgänge' bezeichnet haben. Ich will dies nicht bewerten, aber gestatten Sie mir eine persönliche Anmerkung: Gerade in einer Zeit rasanter Umbrüche erscheint es mir manchmal geboten, für einen Moment einzuhalten, um besonnen und beharrlich über die Tragweite anstehender Entscheidungen nachzudenken — auch damit wir die Menschen auf dem Weg des Wandels und der Veränderung, auf dem Weg in die Zukunftsgesellschaft nicht wieder verlieren. Sie haben die Gabe des Zuhörens — auch das möchten wir alle Ihnen bestätigen —,aber Sie haben auch die Gabe eines guten Politikers, der gut reden kann. Wir kennen und schätzen Sie in diesem Hause als einen brillanten Redner und gelegentlich — bitte verzeihen Sie mir die etwas saloppe Umschreibung — auch als begnadeten, humorvollen Unterhalter.
    Den ersten Reden, die Sie — wie ich in Ihrer Biographie nachlesen konnte — bereits als Kind unter der Bettdecke gehalten haben, sollten noch unzählige folgen. Allein hier im Landtag sind von Ihrer Jungfernrede im Jahre 1959, Herr Ministerpräsident Dr. Rau — übrigens zum Landesjugendplan, der damals noch im Haushalt des Ministerpräsidenten etatisiert war — bis heute rund 700 Redebeiträge im Archiv dokumentiert. Eine gebundene Sammlung Ihrer bisherigen Redebeiträge möchte ich Ihnen später zur Erinnerung überreichen. Sie umfaßt übrigens etwa 3000 Saiten und wiegt genau 7,885 Kilogramm.
    Die zukünftigen Reden in diesem Parlament — eine Erklärung haben Sie vorhin abgegeben — werde ich zu gegebener Zeit nachliefern.
    Ihre menschliche Grundhaltung spiegelt sich auch in der Art und Weise Ihrer Rede wider: Wenn es sein muß hart in der Sache, aber nie verletzend, immer darauf bedacht, Verbindendes statt Trennendes in den Vordergrund zu stellen, die Auseinandersetzung mit dem Florett, statt dem Säbel, wie es schon öfter formuliert wurde. Und noch eines ist Ihnen stets wichtig gewesen: von den Menschen verstanden zu werden. Wie sagte schon Moliere: ,Wer so spricht, daß er verstanden wird, spricht gut.' Dem möchte ich mich widerspruchslos anschließen.
    Ihre besondere Integrationskraft haben Sie aber nicht nur innerhalb der Grenzen unseres Landes bewiesen. Bei den vielen Begegnungen haben Sie sich Sympathie und Anerkennung erworben und auch Freundschaften geschlossen. Im Ausland war es Ihnen stets wichtig, über das offizielle Programm hinaus mit den Menschen in Kontakt zu kommen. Ich will den Schwerpunkt Europa nennen: Sie haben früh erkannt, daß Nordrhein-Westfalen aufgrund seiner geographischen Lage und seiner Wirtschaftsstruktur von allen Entscheidungen auf europäischer Ebene am stärksten betroffen sein würde und daß es gilt, die Stellung unseres Landes im .Europa der Regionen' zu behaupten, aber auch daß es im Zuge der Internationalisierung trotz aller ökonomischen Konkurrenz für viele Probleme unserer Zeit nur gemeinsame Lösungen mit unseren europäischen Nachbarn geben kann. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit unseren Nachbarregionen in den Niederlanden und in Belgien sind ein Beispiel dafür.
    Meine Damen und Herren, unser Land tragt als modernes Industrieland mit internationalen Verflechtungen auch eine besondere Verantwortung. Die Entwicklungszusammenarbeit, die .Eine-Welt-Politik", die wir auch im Landtag durch einen eigenen Ausschuß etabliert haben, gehörte zum Aufgabenspektrum Ihrer fünf Amtsperioden. Entwicklungspolitische Aktivitäten, von der humanitären Hilfe bis zur Unterstützung beim demokratischen Aufbau, das heißt für Sie und für uns: konkreter Friedensdienst.
    Einen zentralen Schwerpunkt Ihrer politischen Arbeit möchte ich abschließend hervorheben: Ihr Engagement für die Versöhnung mit dem jüdischen Volk. Ihnen lag und liegt die Schaffung eines neuen Vertrauens, aber auch die Erinnerung an das Unrecht und die Verbrechen während der nationalsozialistischen Diktatur, die überhaupt erst eine Versöhnung möglich macht, am Herzen. Sie haben die Beziehungen zwischen Israel und Nordrhein-Westfalen gefördert und ausgebaut. Sie haben dies nicht allein getan, wir alle und viele Menschen, Städte und Gemeinden unseres Landes sind diesen Weg engagiert mitgegangen.
    Herr Ministerpräsident, mit Freude und Dankbarkeit stellen wir fest, daß sich in unserem Land wieder jüdisches Gemeindeleben entwickelt. Aber Sie wären nicht Johannes Rau, wenn sich Ihre Bemühungen und Aktivitäten auf die Aussöhnung mit Israel beschränken würden. Zu der .kritischen Partnerschaft' mit dem jüdischen Volk gehört untrennbar auch Ihr Bemühen um eine von gegenseitigem Verständnis geprägte Nahost-Politik. Ihr Engagement in Israel schließt deshalb selbstverständlich konkrete Hilfsmaßnahmen für die palästinensische Bevölkerung in den autonomen Gebieten mit ein. Der Landtag von Nordrhein-Westfalen, insbesondere die deutsch-israelische und die deutsch-palästinensische Parlamentariergruppe, unterstützen Sie in diesem Bemühen und danken Ihnen für Ihre Signale der Verständigung.

    "Letzte Schicht"

    Es ließe sich noch vieles sagen — zu Ihren Aktivitäten, zu Ihrem Engagement in vielen Bereichen, zu dem, was Sie in den zwanzig Jahren Ihrer Regierungsverantwortung geleistet haben. Ich will hier bewußt zum Schluß kommen; zum einen, weil die Zeit dazu gar nicht reichen würde, und zum anderen, weil dies keine Abschiedsrede werden soll, und zum letzten, weil zum 40jährigen Abgeordnetenjubiläum im Laufe dieses Jahres noch unveröffentlichtes Material vorgehalten werden muß.
    Aber eine letzte Bemerkung ist mir doch noch wichtig: Durch die Rolle des Landesvaters, in die Sie in den beiden Jahrzehnten als Ministerpräsident mehr und mehr hineingewachsen sind, ist für viele unserer Bürgerinnen und Bürger die Tatsache aus dem Blickfeld verlorengegangen, daß Sie immer mit Leib und Seele Parlamentarier gewesen und geblieben sind. Sie haben den Vorrang des Parlaments nie aus dem Auge verloren. Sie haben den Landtag, seine Abgeordneten und vor allem seine Aufgaben respektiert, auf ein gutes Verhältnis und eine konstruktive Zusammenarbeit über die Fraktionsgrenzen hinweg geachtet. Dafür gilt Ihnen heute unser besonderer Dank.
    Als junger Parlamentarier haben Sie noch die drei Kabinette Meyers erlebt, die von der CDU und später von der CDU und der F.D.P. getragen wurden. Sie dienten im Koalitionskabinett von Heinz Kühn als Wissenschaftsminister. Ihr erstes Kabinett war eine Koalition mit der F.D.P. Danach folgten drei SPD- Allein-Regierungen. In dieser Wahlperiode arbeiten Sie in einer Koalition mit BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN. In diesen fast vierzig Jahren haben Sie in diesem Hause viele Kontakte und Freundschaften über die Fraktionsgrenzen hinweg gepflegt. Ihre ersten parlamentarischen Händel hatten Sie mit der Ihnen gelegentlich mütterlich zugewandten Christine Teusch von der CDU. Näheres zu diesem Thema, Herr Ministerpräsident, bei einer späteren Laudatio.
    Herr Ministerpräsident, mit dem heutigen Tage — Ihrer .letzten Schicht' als Regierungschef — geht eine wichtige, eine bedeutende Etappe Ihres politischen Wirkens zu Ende, aber gleichzeitig beginnt ein neuer Abschnitt. Sie haben einmal gesagt, daß es das Ideal Ihrer Politik sei, ,das Leben der Menschen im Laufe der Jahre ein Stückchen menschlicher zu machen.' Für das in diesem Sinne bisher Geleistete danke ich Ihnen im Namen des gesamten Hohen Hauses — und ich tue dies auch stellvertretend für die Menschen in unserem Land. In meinen Dank an Sie schließe ich auch Ihre Familie ein, die Ihnen den nötigen Rückhalt gegeben hat. Für den nächsten Abschnitt in Ihrer Lebensplanung, Herr Ministerpräsident, wünschen wir Ihnen alle Glück und Erfolg. Mit dem heutigen Tag wechseln Sie von der Regierungsbank als dienstältestes Mitglied dieses Hauses zurück in die Reihen der Abgeordneten: Herzlich willkommen, Glück auf und Gottes Segen!"

    Bildunterschrift:
    Zum Abschied Blumen: Landtagspräsident Ulrich Schmidt (r.) dankte dem scheidenden Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD). Foto: Schälte
    Am Tag der Wahl: v. l. der neue Ministerpräsident Wolfgang Clement, sein Vorgänger Johannes Rau und der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Matthiesen (r., alle SPD). Neben Ihm Regierungssprecher Dr. Norbert Walter- Borjans.
    Die Fraktionsspitze der GRÜNEN, Gisela Nacken (2. v. r.) und Roland Appel (3. v. r.) sowie der Abgeordnete und SPD-Landesvorsitzende Franz Müntefering (l.) gratulieren Wolfgang Clement.
    Vor Beginn des Plenums am 27. Mai: CDU-Fraktionschef Dr. Helmut Linssen, der sich zur Wahl stellte, sowie der CDU-Wirtschaftsexperte Laurenz Meyer (v. l.).
    Landtagspräsident Ulrich Schmidt bei seiner Laudatio.

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI980921

  • Eine-Welt-Beirat legt "Richtungsimpulse" vor.
    "Mit aufgeklärten Eigentumsinteressen zum sozialökologischen Umsteuern in einer lernenden Gesellschaft".
    Ausschussbericht
    S. 13 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Den ersten Bericht des Eine-Welt-Beirats mit dem Titel "Richtungsimpulse" (Drs. 12/2064) leitete der Ministerpräsident Ende April dem Landtag zu. Dem vor zwei Jahren eingesetzten Eine-Welt-Beirat beim NRW-Ministerpräsidenten gehören 14 Männer und vier Frauen aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften, verbänden, Kirchen, Medien und umweit- und entwicklungspolitischen Gruppen an. Vorsitzender ist Dr. Klaus Lefringhausen. Der Beirat hat es sich zur Aufgabe gemacht, der Landespolitik Vorschläge und Impulse für die Querschnittsaufgaben "Eine Welt" und "Nachhaltige Entwicklung" zu geben.
    In vielen Ländern des Südens gebe es erhebliche Vorbehalte gegenüber der Idee der globalen Verantwortungsgemeinschaft, stellen die Autoren des Beirats fest. Die Vertreter des Südens verwiesen darauf, daß die Industrieländer drei Viertel der Umweltschäden verursachten und deshalb zunächst selbst ein zukunftsfähiges Wirtschafts- und Lebensmodell entwickeln sollten. Öko-Kolonialismus lehnten sie ab. Nachhaltigkeit gelte als Kampfbegriff des Nordens, rechne sich nicht und sei nur etwas für Reiche. Die Verständnis- und Vertrauenslücke könne nur durch gleichzeitiges Streben nach sozialer Gerechtigkeit überwunden werden.
    An Initiativen und Experimenten in NRW zählt der Beirat auf: Produktintegrierten Umweltschutz, Öko-Audit bei über 200 Unternehmen, das REM- und das Wohnungsmodernisierungs-Programm, das Promotoren- Modell auf kommunaler Ebene, 350 Eine- Welt-Initiativen in 24 lokalen Netzwerken, den Erlaß "Eine Welt im Unterricht", die Stiftung "Entwicklung und Frieden", das Modellprojekt "zivile Konfliktbearbeitung" und die Förderung des Zentrums für Internationale Zusammenarbeit in Bonn.
    Im Kapitel "Probleme und Defizite" wird unter anderem ausgeführt, die Landesregierung müsse einer "ökologischen Atempause" wegen verschärften Wettbewerbs widerstehen. Die Energieversorgung dürfe nicht Prinzipienstreit und Gruppeninteressen ausgeliefert werden. Die Ozonkonzentration in den Sommermonaten habe in einigen NRW- Städten durch Verkehrsabgase erheblich zugenommen. Für die beschleunigte Verkehrsverlagerung auf die Schiene fehle ein gemeinsames Verfahren von "Zivilgesellschaft" und Transportwirtschaft, Bund und Land.
    Weiter wird bedauert, daß es noch keine Verständigung auf Bundes- und Landesebene mit den Kommunen gebe, wie das soziale und ökologische Unterbieten im Wettbewerb um Industriestandorte beendet werden könne. Mehr "produktintegrierten Umweltschutz" hätten ungeklärte Kompetenzfragen in der Landesregierung verzögert. Aus Projekten zu "Arbeit und Umwelt" solle eine Nachhaltigkeitsstrategie erarbeitet werden, wobei nicht nur Regierungsprojekte eingeordnet, sondern auch Initiativen der Zivilgesellschaft aufgenommen werden sollten.
    Unter dem Titel "Denkanstöße" wird empfohlen, bei der Entwicklungszusammenarbeit "die Dynamik aufgeklärter Eigentumsinteressen" zu nutzen. Nicht zukunftsfähig sei das auf hohem Energie- und Materialeinsatz beruhende Wohlstandsmodell. Mit "Produktintegriertem Umweltschutz" könnten NRW- Unternehmen einen Vorsprung auf dem Weltmarkt erhalten, dessen Volumen auf 900 Milliarden Mark geschätzt werde. Die Länder des Südens dürften nicht nur Zusatzmärkte für Umwelttechnik sein. Nicht erhöhte staatliche Regelungen, sondern überprüfbare Selbstverpflichtungen sollten zu nachhaltigem Wirtschaften führen. Kritischer Beobachter sei vor allem die "Zivilgesellschaft", auf deren Beteiligung es mehr und mehr ankomme. Sie müsse sich als "lernende Gesellschaft" verstehen, die Politik müsse auf sie zugehen.
    Beim neuen Kreislaufwirtschaftsgesetz solle die Landesregierung den Vorrang ökologischer Verantwortung durch Wiederverwendung vor (fiskalischen) Interessen der Entsorger an der Senkung der Fixkosten betreiben. In der EU solle "nachhaltiges Wirtschaften" als Förderkriterium bei den Strukturfonds und bei Agrarsubventionen gelten. Im Rahmen der Welthandelsorganisation sollten Gewerkschaftsverbot, Kinderarbeit, kommerzielle Nutzung von Zwangsarbeit und ökologischer Raubbau nicht länger belohnt werden. Wenn Arbeitsplätze den Importen zu Dumpingpreisen geopfert würden, sinke die Bereitschaft zu weltwirtschaftlicher Arbeitsteilung.
    Für den Spätherbst 1998 schlägt der Eine- Welt-Beirat einen Kongreß "Zukunftsfähiges Nordrhein-Westfalen" vor als Auftakt für ein Konsultationsprogramm zum Thema "Landes-Agenda 21", das wie der Lagebericht der Kirchen zur Debatte gestellt werden solle.
    Der Landtag lehnte am 29. Mai den CDU-Antrag, die bisherige Tätigkeit der Eine-Welt- Promotorinnen und -Promotoren zu überprüfen (Drs. 12/3071) in direkter Abstimmung ab. Die Opposition verlangte darin Rechenschaft der Landesregierung über die jährlichen zwei Millionen Mark Haushaltsmittel, insbesondere über die Zunahme ehrenamtlich Tätiger, die Höhe der durch Promotoren eingeworbenen Fremdmittel und deren Anteil am Gesamtspendenaufkommen und konkrete Wertungsmaßstäbe (Bericht über die Aussprache in der nächsten Ausgabe).

    Systematik: 6100 Umwelt; 1510 Internationale Beziehungen

    ID: LI980928

  • Ausbau des gesamten westdeutschen Kanalnetzes.
    S. 13 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Bildunterschrift:
    An der Schleuse Henrichenburg setzte der Verkehrsausschuß am 15. Mai die Bereisung westdeutscher Kanäle und Binnenhäfen fort. Mit einem "Feuerwerk" schwarzer Zahlen hatte der Geschäftsführer des Dortmunder Hafens, Grage, am Vortag zufrieden vom 6. Platz unter den deutschen Binnenhäfen berichtet und als "Prunkstück" den Container-Umschlag vorgestellt. Für den Ausbau des gesamten westdeutschen Kanalnetzes und der Weststrecke des Mittellandkanals seien 1998 47 Millionen Mark im NRW-Haushalt vorgesehen, teilte Ausschußvorsitzender Hemmer mit. Allerdings müsse die Schiffahrt wegen der 350 Brücken auch auf längere Sicht mit zwei Lagen Containern auskommen, erklärte der Präsident der Direktion West der Bundeswasserstraßenverwaltung. Sorgen im westfälischen Wirtschaftsraum trug Dipl.-Ing. Gerhard Eitler (IHK) hinsichtlich Straße und Schiene vor und listete den Mandatsträgern dringenden Bedarf bei Bundes- und Landesstraßen auf. Ferner solle die Landesregierung bei der Bahn auf Einhaltung der Zusage für Neigtec-Fahrzeuge auf der Strecke Dortmund—Kassel dringen.

    ID: LI980929

  • Künftige Arbeit in Oberfinanzdirektion.
    Öffentliche Anhörung Haushaltsausschuß.
    Ausschussmeldungen
    S. 13 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Der Haushalts- und Finanzausschuß führt am Freitag, 12. Juni, 10 Uhr eine öffentliche Anhörung zum Thema "Neuordnung der Aufgabenerledigung in den Landesabteilungen der Ober finanzdirektionen" durch.
    Sachverständige der Industrie- und Handelskammern, Steuerberater, Steuergewerkschaften, die Oberstadtdirektoren von Düsseldorf und Köln sowie der Bundes- und der Landesfinanzminister sollen sich zu Fragen äußern, auf die sich die Fraktionen am 30. April verständigt haben. Dabei geht es um wegfallende Stellen und Neuorganisation in Köln und Düsseldorf, um die Aufgaben durch den geplanten Verkauf von Bundesvermögen und durch eine künftige Steuerreform, um Bürger- und Kundenorientierung als Leitbild für die Finanzverwaltung und um Auswirkungen auf die Wirtschaft im Raum Düsseldorf.

    ID: LI980930

  • Regionaler Konsens ohne Frauen verwunderte die Landtagsabgeordneten.
    Besuch beim Anneke-Zentrum Hattingen.
    Ausschussbericht
    S. 14 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Unter der Leitung der Vorsitzenden Helga Gießelmann (SPD) tagte der Ausschuß für Frauenpolitik am 15. Mai beim Anneke-Zentrum in Hattingen. Der Ausschuß nutzte die Gelegenheit, sich in Gesprächen mit der Leiterin Katja Bednarczyk und der Geschäftsführerin Sabine Schirmer, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Hattingen, Ingrid Wawrzyniak, sowie der Vertreterin der Regionalstelle Frau und Beruf, Frau Wardeischke, über die Aufgaben und Perspektiven des Fortbildungsinstituts zu informieren.
    Das Anneke-Zentrum wurde 1996 gegründet zur Förderung der Frauenerwerbstätigkeit und zur beruflichen Qualifizierung von Frauen. Betriebliche Qualifizierung von Frauen, für An- und Ungelernte, für Frauen in unsicheren Beschäftigungsverhältnissen gehört in gleicher Weise zum Programmangebot wie Fortbildungsangebote für Frauen in Führungspositionen und für Dozentinnen. Die Entwicklung von Modellprojekten zu neuen Berufsbildern und ausbildungsübergreifenden Modulen für verschiedene Berufsfelder, die Qualifizierung für Berufsrückkehrerinnen oder der Erwerb von Berufsabschlüssen sind weitere Arbeitsziele. Einen Schwerpunkt der Aufgaben des Zentrums bildet der Aufbau von Kooperationsstrukturen sowie die Vernetzung und Koordinierung von Angeboten der Qualifizierung und Beschäftigung von Frauen.
    Die Vertreterinnen des Anneke-Zentrums bewerteten die Arbeit und Akzeptanz des Fortbildungsangebotes insgesamt als positiv. Zur Nachfrage von Regina van Dinther (CDU), wie die Kooperation mit der Industrie- und Handelskammer (IHK) bezüglich der Frauenfortbildung aussehe, wurde die Zusammenarbeit mit der IHK als sehr schwierig beurteilt.
    Erstaunt nahmen die Mitglieder des Ausschusses ebenfalls zur Kenntnis, daß in dieser Region weder die Gleichstellungsbeauftragte noch das Anneke-Zentrum an der regionalen Konsensrunde beteiligt werden. Dies sei schon deshalb nicht verständlich, da gerade die Berücksichtigung und Einbindung von frauenpolitischen Gesichtspunkten in die regionalen Entwicklungskonzepte Struktur- und wirtschaftspolitisch notwendig sei.
    Im weiteren Verlauf der Sitzung gaben Vertreterinnen des im April 1995 gegründeten Netzwerks für Frauen und Mädchen mit Behinderungen einen ausführlichen Überblick über ihre überwiegend ehrenamtliche Tätigkeit. In NRW leben heute 900000 Frauen und Mädchen mit Behinderungen. Jede zehnte Frau in Deutschland lebt mit Behinderungen. In NRW sind es 14000 schwerbehinderte Mädchen unter 18 Jahren, rd. 250000 schwerbehinderte Frauen zwischen 18 und 60 Jahren und mehr als eine halbe Million über 60 Jahren. Gertrud Servus und Renate Schäfer berichteten über Aufbau, Struktur und Schwerpunkte des Netzwerks. Hauptziel ist die Schaffung gesellschaftlicher Voraussetzungen für ein individuelles Leben von Frauen und Mädchen mit Behinderungen sowie eine breite Interessenvertretung auf allen Ebenen der Gesellschaft und Politik. Öffentlichkeitsarbeit steht somit an erster Stelle des vom Frauenministerium geförderten Netzwerkes.
    Die Vielzahl der Anfragen von Frauen und Mädchen mit Behinderungen an das Netzwerk habe deutlich gezeigt, daß neben Beratungs- und Unterstützungsaufgaben dringend die Einrichtung einer Hilfsmittelbörse notwendig ist; was am Beispiel einer behinderten Frau, die einen Kinderwagen schieben muß, sehr deutlich wurde. Für Behinderte gibt es zu wenige technische Hilfsmittel, die täglichen Arbeiten könnten wesentlich erleichtert werden.
    Ein weiteres Problem stellt die Kostenträgerschaft dar. Findet ein Wechsel von den Landschaftsverbänden zu Kommunen statt, gibt es oft Probleme mit der Bereitstellung der Sozialhilfe. Die lange Bearbeitungsdauer führe für die Betroffenen häufig zu unzumutbaren Wartezeiten.
    Sigrid Klösges (SPD) empfahl den Netzwerkvertreterinnen, künftig auch die Möglichkeit einer Petition an den Petitionsausschuß des Landtags in Erwägung zu ziehen. Abschließend wies die Ministerin Ilse Ridder-Melchers darauf hin, daß die Gleichstellungsbeauftragten der Kommunen ebenfalls Ansprechpartnerinnen für die Frauen und Mädchen mit Behinderungen seien und somit auch dazu beitragen würden, evtl. vorhandene Barrieren einzureißen. Astrid Hopstein-Menn

    Systematik: 5040 Frauen; 5050 Behinderte

    ID: LI980931

  • CDU im Europa-Ausschuß: NRW-Mittelstand nicht "EURO-fähig".
    Ausschussbericht
    S. 14 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Der Ausschuß für Europa- und Eine-Weit- Politik lehnte nach kurzer Aussprache in der von Professor Horst Posdorf (CDU) geleiteten Sitzung am 11. Mai den CDU-Antrag, NRW solle sich rechtzeitig auf den EURO als Chance vorbereiten, mit den Stimmen von SPD und GRÜNEN ab. Europa-Minister Dammeyer berichtete vom Europäischen Gipfel am 2./3. Mai und zur "Agenda 2000".
    In ihrem Antrag "Den EURO als Chance begreifen und NRW rechtzeitig auf die Umstellung vorbereiten!" (Drs. 12/2878) zitiert die CDU eine Umfrage, wonach nur zehn bis 25 Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen Vorbereitungen im Zusammenhang mit der Einführung des EURO (ab 1999) getroffen hätten. NRW müsse als bevölkerungsreichstes und grenznahes Bundesland bei der Umstellung an der Spitze stehen, meint die CDU. Es brauche möglichst viele "EU- RO-fähige" Unternehmen, denn der Wettbewerb im Binnenmarkt werde transparenter und damit fairer. Durch Wegfall der Umtauschgebühren und Wechselkursrisiken würden Unternehmen und Verbrauchern Kosten in Höhe von einem Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung erspart. Der EURO werde ein niedriges Zinsniveau haben, eine attraktive Anlagewährung und Europas strategische Antwort auf die Globalisierung sein: Ein großer europäischer Finanzmarkt, der die Abhängigkeit von amerikanischen und asiatischen Märkten verringere.
    CDU-Sprecherin Ilka Keller hielt das Abschmettern des CDU-Vorstoßes für kleinkariert, denn eigentlich seien sich alle Fraktionen einig. Das Antragsbegehren sei berechtigt und das Land zur Hilfestellung für kleine und mittlere Unternehmen verpflichtet. SPD- Sprecherin Gabriele Sikora wandte ein, die 16 Länder hätten sich auf ein gemeinsames Vorgehen bei EURO-Steuererklärungen verständigt. Kleine und mittlere NRW-Unternehmen hätten sich nicht genügend auf den Binnenmarkt 1992 eingestellt, sondern sich, auch wegen der Sonderabschreibungen, mehr in den neuen Ländern engagiert. Nachdem die "Eldorado-Stimmung" verflogen sei, stellten sie erstaunt fest, daß belgische und niederländische Unternehmen in NRW tätig seien. Ute Koczy (GRÜNE) sprach von Risikohäufung, der zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet worden sei, und wies darauf hin, daß die Bevölkerung zur Einführung des EURO nicht gefragt worden sei. Werner Jostmeier (CDU) hielt das Hickhack um den Präsidenten der Europäischen Zentralbank für schädlich. Gabriele Sikora (SPD) wies auf großes Lob der Kammern für die Europapolitik der Landesregierung hin. NRW müsse nicht getrieben werden. Die Unternehmen habe die Festlegung des kurzfristigen Leitzins auf 3 bis 6 Prozent für Ende 1998 etwas aufgeschreckt.
    Europaminister Professor Dr. Manfred Dammeyer berichtete vom Europäischen Gipfel am 2./3. Mai, die Kurse zum EURO seien noch nicht festgelegt. Über die rechtzeitige Umstellung der Finanzämter werde bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz am 8. Juni verhandelt. NRW wolle Steuererklärungen in EURO annehmen und Bescheide noch in D-Mark erteilen. Bayern stimme dem zu.

    Systematik: 1600 Europäische Gemeinschaften/Europäische Union; 2000 Wirtschaft; 8400 Finanzmarkt

    ID: LI980932

  • Noch Beratungsbedarf.
    Ausschussmeldungen
    S. 14 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    25 Gesetzentwürfe und Anträge wurden nicht fristgerecht, das heißt innerhalb von 12 Wochen, in der Ausschußberatung erledigt. Das geht aus dem Ausschußspiegel der Landtagsverwaltung zum Monatsende April hervor. Bei den meisten Gegenständen handelt es sich um CDU- Anträge, darunter die Beratung zu Paragraph 218, gegen ein PVC-Verbot, Einbindung des Bundesgrenzschutzes, Leistungsabfall bzw. Bildungsverfall in Schulen, Gebührenfreiheit für PC in Unternehmen. Unter den vier Materien der Landesregierung befinden sich der Landeswaldbericht und der Landesentwicklungsbericht. Beim einzigen unerledigten Antrag der Koalitionsfraktionen SPD und GRÜNE geht es um Contracting-Modelle im Staatsbau. Damit das am 28. Mai eingebrachte Gesetz zur Ausführung der Insolvenzordnung noch vor der Sommerpause verabschiedet werden kann, dessen Eilbedürftigkeit auch Anliegen eines CDU-Antrags war, wurden drei Ausschüsse zu einer gemeinsamen Dienstagssitzung am 9. Juni einberufen.

    ID: LI980933

  • Experten: Schule ist mehr als bloß Vorbereitung auf die Berufswelt.
    Ausschussbericht
    S. 15 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    "Was kann und soll Schule leisten, damit junge Menschen in einer sich wandelnden Arbeitswelt bestehen können" — unter diesem Thema stand die öffentliche Anhörung des Ausschusses für Schule und Weiterbildung unter dem Vorsitz von Heinrich Meyers (CDU) am 5. Mai. Es folgt der zweite Teil der Berichterstattung.
    Horst Kowalak vom DGB-Bundesvorstand erinnerte daran, Schule sei nicht nur "Bedarfsdeckungsfaktor der Industrienation Deutschland", sondern sie müsse als zentrale Aufgabe die individuellen Fähigkeiten und Neigungen ausbilden, "die wichtig sind für das ganze Leben, einschließlich des Berufs und des Soziallebens". Bildung für alle, nicht nur Spitzenqualifikationen sei ein weiteres Ziel, zu dem der Grundsatz "Fördern statt Auslesen" noch hinzukomme. Bei der Vorbereitung auf das Berufsleben habe das Fach Arbeitslehre eine wichtige Funktion, entscheidend sei die Einführung von Betriebspraktika für Schüler und Lehrer. Da eine erfolgreiche Bildung Beteiligung voraussetze, seien Sozialkompetenz, Kritikfähigkeit, Zivilcourage und Verantwortungsbereitschaft in der Schule nicht nur theoretisch zu vermitteln, sondern auch einzuüben.
    Der nordrhein-westfälische Lehrerverband definierte über seinen Sprecher Rolf Steuwe die Vorbereitung auf die Arbeitswelt als eine wichtige, aber sicherlich nicht als alleinige Aufgabe von Schulen. "In der bestmöglichen Förderung der unterschiedlichen Begabungen, Neigungen und Interessen in institutionell abgesicherten Bildungswegen liegt auch die Basis für das Funktionieren unseres Sozialstaats", erklärte er und schlug zur Verbesserung der Schule unter anderem vor, die Verbindlichkeit von Kernfächern wie Deutsch, Mathematik, Fremdsprache und Naturwissenschaft zu stärken, auf die Möglichkeit einer Abwahl von Kernfächern in der gymnasialen Oberstufe zu verzichten und den Drittelerlaß aufzuheben, wonach eine Klassenarbeit dann nicht zu werten ist, wenn ein Drittel der Ergebnisse schlechter als "ausreichend" ausfalle. Mehr für den Bildungsstandort Deutschland tun — das müsse jetzt geschehen, denn Kinder und Jugendliche dürften hier nicht auf später vertröstet werden.
    zu Andrea Langhans vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) fand ebenfalls, Schule müsse neben Grundwissen auch Schlüsselqualifikationen vermitteln, "die es dem einzelnen ermöglichen, selbständig weiter zu lernen, um neue Qualifikationen zu erwerben". Trotz ihres Erziehungsauftrages sei Schule aber kein "Reparaturbetrieb der Gesellschaft", in dem Lehrer zugleich Sozialarbeiter, Psychologen und Familienersatz sein müßten — dazu fehle ihnen einfach die Zeit. Auch die Rahmenbedingungen hätten sich in den letzten Jahren ständig verschlechtert — bei neuen Aufgaben, die der Schule zugewiesen worden seien. Langhans schloß mit der Feststellung: "Schule kann die an sie von der Gesellschaft herangetragenen Aufgaben nur dann annähernd lösen, wenn die sächlichen, räumlichen und personellen Voraussetzungen gegeben sind. Die Schule in Nordrhein-Westfalen hält jedoch in diesen Bereichen selbst einem internen Vergleich zwischen den Bundesländern nicht stand." Bei unzureichenden Rahmenbedingungen falle es jungen Menschen immer schwerer, sich in einer komplizierter werdenden Arbeitswelt zurechtzufinden.
    Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) warnte vor einem Rückfall in Schubladendenken: Eine Diskussion, die angesichts des Themas nicht nach Qualitätsentwicklung und -Sicherung frage, sondern in eine "Reideologisierungsdebatte" zurückfalle, sei unproduktiv Dr. Jürgen Schmitter begrüßte den Beschluß des Landtags zur Einführung des Berufskollegs zum 1. August 1998; das sei Beweis dafür, daß NRW Schulentwicklung unideologisch voranzutreiben bemüht sei und die Attraktivität des berufsqualifizierenden gegenüber dem studienqualifizierenden Bildungsweg steigern wolle. In diesem Zusammenhang nannte er einige Bedingungen, die nach Ansicht der GEW noch zu erfüllen seien, etwa das vor einem betrieblichen Veto geschützte Recht der jungen Erwachsenen auf schulische Weiterqualifikation im Rahmen ihrer Berufsausbildung und der Verzicht auf die Rückkehr zum Klassenverband oder die Einschränkung bzw. Rücknahme des Kursangebots in der gymnasialen Oberstufe. Qualitätsentwicklung beginne schon in der Grundschule, fuhr er fort und ergänzte, beim Lernen seien der Zeit- und der Förderungsfaktor entscheidend; beides koste Geld. Darum greife der ökonomische Ansatz zu kurz, wenn dabei das pädagogische Prinzip zu kurz komme.
    Dr. Hermann Hansis (Verband der Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschafts- und Kollegschulen) verwahrte sich gegen die Erwartung — auch und nicht zuletzt an die Berufsschulen —, daß der junge Mensch "fertig" abgeliefert wird; aber das sei jugend- und entwicklungspsychologisch nicht leistbar. In der gegenwärtigen schul- und bildungspolitischen Debatte hielt er es für angemessener, Reformanstöße zu geben anstelle der "Durchsteuerung dessen, was man derzeit glaubt, an letzter Erkenntnis zu haben". Hansis sah die Berufsschulen in der Zwickmühle: Einerseits müßten (und wollten) sie nach den unterschiedlichen Voraussetzungen ihrer Schülerinnen und Schüler differenzieren, andererseits erwartete die Wirtschaft von ihr, "daß wir für fast jeden einzelnen Betrieb die Unterrichtsorganisation angemessen gestalten müssen". Da drohe jeglicher schulischer Gestaltungsspielraum verlorenzugehen. Die erforderliche Differenzierung, so der Sprecher, sei mit den vorhandenen personellen Ressourcen nicht zu schaffen. Ihre Ergebnisse seien abzuwarten, bevor von der Politik voreilig das Thema eines Abschlusses unterhalb der Berufsschulebene, der sogenannte "Kleine Gesellenbrief", in die Debatte geworfen werde. Zum Schluß empfahl er die engere Verzahnung von Erstausbildung und Weiterbildung.
    Hans-Jürgen Steffens vom Verband der Lehrerinnen und Lehrer an berufsbildenden Schulen erklärte das in der Bundesrepublik durch Rahmenordnung und Ausbildungsordnungen festgelegte Berufskonzept für unverzichtbar. Der Berufsschule sei heute der Ort und die letzte Gelegenheit für immerhin noch 60 bis 70 Prozent der Jugendlichen, "noch einmal systematisch, berufsbezogen, motivierend umfassende Lebenskompetenzen und nicht nur Berufskompetenzen erwerben zu können". Qualität und Qualität, die Zeit, die Berufsschule hat, um Werte und Normen zu vermitteln, stünden in einem engen Zusammenhang. Mehr Zeit diene nicht zuletzt den Lernschwachen, die oft nur die Lernlangsameren seien. Wer hier kürze, der zerstöre die wertebildende und damit integrierende kraft des Berufskonzeptes.
    Der Leiter der Gesamtschule Velbert, Gerd Schäfers, machte auf die hohen Anforderungen aufmerksam, die heute an die Jugendlichen gerichtet würden. Wenn sie Schwierigkeiten hätten, ihnen zu folgen, dann halte die Wirtschaft sie gleich für unqualifiziert, faul und unflexibel — in diesem Bild erkenne er seine Schüler nicht wieder, sie seien unverändert pünktlich, lernwillig, fleißig —, und das bestätigten auch die Ausbildungsbetriebe. Er warnte, von der Jugend in den Medien ein Zerrbild zu zeichnen und sie pauschal zu beurteilen — "sie werden es uns heimzahlen".
    Der Beauftragte der Evangelischen Landeskirche, Landeskirchenrat Böge, sah in der Bildung einen lebensbegleitenden und selbstreflektiven Prozeß. Auf die Schule komme viel zu viel an Erwartung zu, sie sei kein Reparaturbetrieb fürs Elternhaus noch für andere Lebensorte. Wenn Schulen miteinander in Wettbewerb treten sollen, dann nicht, um sich gegenseitig Konkurrenz zu machen, sondern sie sollten in ihrer Motivation bestärkt werden, "über den Regelunterricht hinaus Formen von Begleitung, Betreuung, Arbeitsgemeinschaften" zu bieten. Das helfe vor allem jenen jungen Menschen, die benachteiligt sich an den Rändern wiederfinden.
    Augustinus Graf Henckel-Donnersmarck vom Katholischen Büro NRW hielt die Frage der Anhörung für einen "Sündenfall", es sei ein Mißverständnis zu glauben, Schule müsse Fertigkeiten beibringen, die sich nahtlos in die berufliche Ausbildung einfügen lassen: Der Bildungsbegriff sei nicht zu instrumentalisieren, um eine bessere berufliche Ausbildung voranzubringen. Er freue sich darüber, wie der Gesamtschulleiter für seine Schüler Partei ergriffen habe. Bildung in der Schule müsse Neugier wecken und junge Leute dafür interessieren, was in der Welt um sie herum vorgeht. Der Sprecher regte an, in der Grundschule das Fremdsprachenangebot zu vertiefen, den integrativen Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Schülern zu erweitern, die Hochbegabten besser zu fördern und den Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen nicht untergehen zu lassen.

    Bildunterschrift:
    Leitete die Anhörung: Schulausschußvorsitzender Heinrich Meyers (CDU).

    Systematik: 4200 Schulen; 4100 Bildung

    ID: LI980934

  • Landtag setzte Untersuchungsausschuß ein, der die Lage sowie Mängel, Verantwortlichkeiten und Gefahren im NRW-Maßregelvollzug darstellen soll.
    S. 16 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Der Landtag setzte am 29. Mai auf Antrag der CDU-Opposition einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuß ein, der Defizite und Mängel, Kapazitäts- und Sicherheitsprobleme des Maßregelvollzugs untersuchen soll. Dem ersten Untersuchungsausschuß der 12. Wahlperiode gehören sechs Abgeordnete der SPD-, fünf der CDU- und zwei der GRÜNE-Fraktion an. Zum Vorsitzenden wurde Edgar Moron (SPD), zu seinem Stellvertreter Klaus Stallmann (CDU) gewählt. Aus dem Landeshaushalt müssen die Mittel für je eineinhalb Mitarbeiterstellen bei der Landtagsverwaltung und den drei Fraktionen zur Verfügung gestellt werden.
    Im einzelnen umfaßt der Untersuchungsauftrag nach dem von allen drei Fraktionen formulierten Antrag (Drs. 12/3080) die Untersuchung der Entwicklung seit Inkrafttreten des Maßregelvollzugsgesetzes 1984 und dabei sichtbar gewordener Mängel, der Ursachen in politischer, rechtlicher, finanzieller, organisatorischer und therapeutischer Hinsicht für Mißstände, Fehlentwicklungen und Probleme, der Schnittstellenproblematik von Strafvollzug und Maßregelvollzug, was Zusammenarbeit, Abstimmung und Verantwortlichkeiten der beteiligten Ministerien und Behörden betrifft. Es soll untersucht werden, wie sich die Zusammensetzung der Patienten hinsichtlich der Anlaßdelikte, der psychischen Störungen und Krankheiten entwickelt hat, welche Konsequenzen aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der SPD 1990 und aus dem Organisationsgutachten Ernst & Young gezogen wurden.
    Bei den Kapazitätsproblemen sollen Entwicklung des Bestands und Bedarfs an Plätzen seit 1984, Ursachen der Unterversorgung mit Plätzen und Schritte zur Beseitigung der Mangelsituation untersucht werden. Weiter geht es um die innere und äußere Sicherheit bei der Praxis des Maßregelvollzugs, um mögliche Defizite und um therapeutische Möglichkeiten für psychisch erkrankte Straftäter innerhalb des Strafvollzugs.
    Die Flucht des Bernd Buch aus der Rheinischen Landesklinik in Düren und andere "Entweichungen" sowie Straftaten entwichener Straftäter sollen dargestellt werden, auch derjenigen, die in allgemeinpsychiatrischen Anstalten untergebracht waren. Wie sich die Zahl der schweren Zwischenfälle im Klinikbereich entwickelt hat und die Rolle und Verantwortung aller beteiligten Behörden, Personen, Entscheidungsträger, Experten und Gutachter soll der Ausschuß untersuchen.
    Für die SPD gehören dem 1. Untersuchungsausschuß als ordentliche Mitglieder Vera Dedanwala, Wolfram Kuschke, Robert Krumbein, Friedrich Schepsmeier, Michael Scheffler und Erwin Siekmann, für die CDU Hermann-Josef Arentz, Rudolf Henke, Theodor Kruse, Rainer Lux und Klaus Stallmann, für die GRÜNEN Daniel Kreutz und Christiane Bainski an (Bericht über die einstündige Plenardebatte in der nächsten Ausgabe).

    Systematik: 5260 Psychiatrie

    ID: LI980936

  • "Länderspiel in Sachsen".
    S. 16 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Länderspielstimmung herrschte am Christi-Himmelfahrtstag 1998 im kleinen Stadion von Dresden. Die Landesflaggen von Sachsen und Nordrheinwestfalen waren gehißt. Auf der Tribüne stand eine Gruppe fröhlicher Fans, die offensichtlich eine Vatertagswanderung hinter sich hatten und die Mannschaften des FC Landtag Sachsen und Nordrhein-Westfalen lautstark begrüßten. Der Mitteldeutsche Rundfunk hatte ein Fernsehteam entsandt, die anwesenden Fotografen schössen einige Mannschaftsfotos, und um 17 Uhr konnte Landtagspräsident Erich Iltgen mit seinem Anstoß das Spiel freigeben.
    Nach dieser Einstimmung spielten und kombinierten die Düsseldorfer wie aus einem Guß, so daß bereits nach zwei Minuten Spielertrainer Wolfgang Euteneuer nach einern Musterpaß von Günter Langen das 1:0 erzielen konnte. Drei Minuten später schon egalisierte der Mittelstürmer der Dresdener zum 1:1. "Oldie" Jupp Föhles war es dann, der in der 10. Minute mit einer Bogenlampe den gegnerischen Torwart zum zweiten Mal überlistete. Von einem Flachschuß überrascht, mußte Keeper Jupp Siebert jedoch in der 18. Minute den 2:2 Ausgleich zulassen. Ein umstrittener Foulelfmeter brachte die Hausherren kurz vor Halbzeit dann 3:2 in Führung.
    Das ungestüme Drängen der Nordrhein-Westfalen, den Ausgleich nach der Halbzeit zu erreichen, wurde durch einen stark abseitsverdächtigen Konter der Sachsen mit erfolgreichem Abschluß zum 4:2 zunichte gemacht. Der weitere Offensivdrang der Gäste wurde in der 50. Minute durch einen fulminanten Schuß aus 25 m Entfernung von Wolfgang Euteneuer zum 4:3 belohnt. Nun mußte doch noch der Ausgleich kommen! Ein in Häßler-Manier gezirkelter Freistoß wurde durch den Libero der Sachsen abgelenkt, so daß diese im direkten Gegenangriff über die geöffnete Abwehr zum 5:3 einschießen konnten.
    Jetzt verletzte sich auch der bis dahin im Mittelfeld agierende Rainer Maedge, nachdem zuvor schon Sturmtank Werner Mayer wegen einer Oberschenkelzerrung das Spielfeld verlassen hatte. Mit neun Feldspielern konnte das Blatt nicht mehr gewendet werden, so daß das 6:3 in der letzten Spielminute zwangsläufig fallen mußte. Die Fans des FC Landtag Sachsen dankten mit einer La-Ola-Welle, und die Nordrhein-Westfalen sinnen nun auf Revanche, die im nächsten Jahr in Köln stattfinden soll.
    Beim abendlichen Bankett überreichte Landtagspräsident Erich Iltgen jedem Spieler eine silberne Medaille des Landtags Sachsen, während der Spielführer und Vorsitzende des FC Landtag Nordrhein-Westfalen im Auftrag des Präsidenten Ulrich Schmidt einen Meissner-Porzellanteller mit dem Bild des Düsseldorfer Landtags als Gastgeschenk überreichen durfte.
    Güla

    ID: LI980937

  • Jahresbericht des Landesrechnungshofs 1998.
    S. 16 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Bildunterschrift:
    Die Präsidentin des Landesrechnungshofs Nordrhein-Westfalen, Ute Scholle, hat Landtagspräsident Ulrich Schmidt den aktuellen Jahresbericht des Landesrechnungshofs 1998 über das Ergebnis der Prüfungen im Geschäftsjahr 1997 übergeben. Am 2. Juni haben die Abgeordneten den Bericht erhalten, der in einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Jetzt wird sich der Haushaltskontrollausschuß mit dem Bericht befassen, ehe er ins Plenum zur Beratung kommt.

    ID: LI980938

  • Integrationsstrategie kombinierte die Aufnahme der Vertriebenen mit Bereitstellung von Arbeitsplätzen.
    Vor 50 Jahren wurde das erste Flüchtlingsgesetz eines Landesbeschlossen.

    S. 17 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Das Nordrhein-Westfälische Flüchtlingsgesetz wurde am 2. Juni 1948 verabschiedet. Es war das erste Gesetz seiner Art in den Ländern und regelte die Eingliederung, den Arbeits- und Ausbildungsprozeß, Kapitalhilfen sowie Fürsorgeleistungen. Das Gesetz war wichtig für den Zusammenhalt des Landes. Mit ihm wurde die Aufnahme von Flüchtlingen und Vertriebenen aus Ostpreußen, Pommern, Schlesien und später aus der DDR auf eine rechtliche Grundlage gestellt.
    Nordrhein-Westfalen, kurz nach dem Krieg: eine "Gesellschaft unterwegs". Millionen wollten nach Hause, waren auf der Suche nach Angehörigen oder befanden sich auf der Flucht. Das Ruhrgebiet, ganze Landstriche und Städte waren infolge des Bombenkrieges weitgehend entvölkert. Ein Großteil der Männer befand sich in Kriegsgefangenschaft oder in Internierungslagern, Frauen, Kinder und ältere Menschen waren in Richtung Osten evakuiert worden. Zusätzlich zu den delokalisierten Einheimischen drängten nach Kriegsende die Flüchtlinge in dieses Bevölkerungsvakuum hinein.
    Als eine ihrer ersten administrativen Maßnahmen erklärte die britische Besatzungsmacht die meisten Städte und Landkreise zu "black areas", die sowohl für die Rückkehr wie für den Neuzuzug gesperrt waren. Die ersten Flüchtlingsströme wurden am Rheinland und Westfalen vorbei gelenkt, da die Zerstörung von Produktionsstätten, Verkehr- und Versorgungsverbindungen sowie von Wohnraum die Aufnahme von Flüchtlingen unmöglich machten.
    Die Rückkehr der Einheimischen und der Zuzug von Flüchtlingen in die gesperrten Gebiete war nur dann erlaubt, sofern für sie eine Unterkunft und ein Beschäftigungsbedarf nachgewiesen werden konnte. Während die Arbeitsvermittlung für Zuwanderer keine großen Schwierigkeiten bereitete, schien das Problem der Unterbringung fast unlösbar. 46 Prozent des Vorkriegsbestands an Wohnungen waren in NRW vernichtet worden, weitere 15 Prozent waren schwer beschädigt und zumeist unbewohnbar.
    Die nordrhein-westfälische Integrationsstrategie basierte im wesentlichen auf der Kombination der Flüchtlingsaufnahme mit der Bereitstellung von Arbeitsplätzen und Wohnraum. Die in erster Linie am Arbeitskräfteeinsatz orientierte Landespolitik ließ die Aufnahme von jungen, fachlich ausgebildeten Männern als besonders wünschenswerterscheinen. Die britische Besatzungsmacht drängte zu einer raschen Wiederaufnahme der Produktion und räumte der Arbeitskräftebeschaffung im Kohle- und Stahlbereich höchste Priorität ein. Der Arbeitsplatz wirkte für viele Flüchtlinge als die wesentliche Integrationsagentur, so daß in NRW die anfänglich befürchtete Radikalisierung der Flüchtlinge ausblieb. Das Land trug durch den Aufbau von halbstaatlichen Flüchtlingsbeiräten und durch eine geschickte Politik gegenüber den wirtschaftlichen Flüchtlingsverbänden mit dazu bei, daß Interessenkonflikte harmonisiert und innerverbandlich kanalisiert werden konnten.

    In das Volk eingliedern

    In NRW wurde, im Gegensatz zu den sogenannten Hauptaufnahmeländern, keine selbständige Flüchtlingsverwaltung installiert. Für Flüchtlingsangelegenheiten gab es lediglich ein Referat innerhalb des Sozialministeriums. Darin kommt das konsequent verfolgte Bestreben der nordrhein-westfälischen Staatsverwaltung zum Ausdruck, das Flüchtlingsproblem in den Rahmen gesamtgesellschaftlicher Aufgabenlösung zu stellen.
    In den Jahren 1945—47 spitzte sich die Flüchtlingssituation zu; zu diesem Zeitpunkt erreichte die Zwangswanderung von Deutschen aus dem Osten in den Westen ihren vorläufigen Höhepunkt. Die Landesregierung stand vor der fast unmöglichen Aufgabe, ein Flüchtlingsgesetz zu entwerfen und verabschieden, das nicht nur die Rechte der Flüchtlinge klärte, sondern das Ziel anstrebte, die Flüchtlinge vollends in ihre neue Umgebung zu integrieren. Bei den Beratungen über das nordrhein-westfälische Flüchtlingsgesetz stellte Minister Josef Gockeln 1947 unmißverständlich klar, es gehe auch im Hinblick auf die kulturelle Betreuung vor allem darum, "die Flüchtlinge möglichst schnell in das gesamte Volk einzugliedern." Jede Sondergruppenbildung müsse vermieden werden. Am Anfang wollte die Landesregierung über eine provisorische Unterbringung nicht hinausgehen. "Für die Zeit, die unsere Heimatvertriebenen bei uns gegen ihren Willen und gegen ihre Sehnsucht leben müssen, wollen wir ihnen eine Heimat bereiten", erklärte Sozialminister Dr. Amelunxen dem Landtag am 7. Februar 1948. Erst als die britische Besatzungsmacht deutlich machte, daß die Flüchtlinge endgültig einzugliedern seien, begann das Land, sie als Arbeitskräftereservoir für den damals von Arbeitskräftemangel gekennzeichneten Arbeitsmarkt zu nutzen. Der Landtag hatte ein nahezu unlösbares Problem vor sich, denn "nur wenn es gelingt, die Arbeitskraft der Flüchtlinge und Ausgewiesenen mit den beiden anderen Produktionsfaktoren, Boden und Kapital, so zu verbinden, daß die Masse der erzeugten Güter mindestens der Masse des Verbrauchten gleich ist, kann man von einem Vorteil sprechen", erklärte der CDU-Abgeordnete Trawinski dem Landtag.
    Durch die vielfältige Einbindung von Flüchtlingsvertretern sollte ein Interessenausgleich unter kommunaler Kontrolle herbeigeführt werden. "... Zur Förderung einer ersprießlichen Zusammenarbeit ist die Mitwirkung von Flüchtlingen in allen Betreuungsstellen und Ausschüssen wichtig." Um einer Verstimmung zwischen den Einheimischen und den Flüchtlingen zu entgehen, beteuerte die Landesregierung, daß "bei der Zuteilung von wirtschaftlichen Bedarfsgütern auch die Ausgebombten und Evakuierten vordringlich berücksichtigt würden" (Sozialminister Dr. Amelunxen, 28. Februar 1948). Das Flüchtlingsgesetz wurde schließlich am 2. Juni 1948 in seiner dritten Lesung verabschiedet, nicht ohne daß der Wortlaut der Präambel genauestens diskutiert wurde. Vor allem die KPD erklärte sich unzufrieden mit der Präambel, da ihr Wortlaut zu falschen Schlußfolgerungen führe und als Agitation gedeutet werden könnte. Letztendlich wurde der gesamte Gesetzesentwurf des Flüchtlingsgesetz am 2. Juni 1948 fast einstimmig angenommen (gegen einige Stimmen und Enthaltungen der FDP), wobei über den Wortlaut der Präambel individuell abgestimmt werden mußte.

    Quellen und Literatur
    Brunn, G. & Reulecke, J. 1996. Kleine Geschichte von Nordrhein-Westfalen 1946— 1996. Köln: W. Kohlhammer GmbH.
    Ellerbrock, K.-P. (ed.) 1995. Blick zurück nach vorn. Essen: Krupp Druckereibetriebe GmbH. Faust, A. (ed.) 1993. Nordrhein-Westfalen: Landesgeschichte im Lexikon. Düsseldorf: Patmos.
    Reinicke, C & Romeyk, H. 1996. Nordrheinwestfalen: Ein Land in seiner Geschichte. Münster: Druckhaus Aschendorff.
    Romeyk, H. (ed.) 1989. Nordrhein-Westfalen: Kernland der Bundesrepublik. Siegburg: Verlag Franz Schmitt.

    Bildunterschrift:
    1945 — Ein Millionenstrom an heimatentwurzelten Menschen bewegte sich von Ost nach West.

    ID: LI980939

  • SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Durch Steuergerechtigkeit die Steuermoral verbessern.
    Aus den Fraktionen
    S. 18 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    "Wenn man die Steuermoral der Bürgerinnen und Bürger wieder verbessern will, dann muß man auch für Steuergerechtigkeit sorgen." Das erklärten der finanzpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Reinhold Trinius, und deren rechtspolitischer Sprecher, Robert Krumbein. Sie begrüßten, daß mit den Stimmen aller im Landtag vertretenen Parteien einem Entschließungsantrag zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung im Haushalts- und Finanzausschuß zugestimmt wurde.
    "In der Entschließung wird der Landesregierung bescheinigt, alles ihr Mögliche bei der Bekämpfung der Steuerkriminalität getan zu haben", erläuterte Krumbein. Dies sei nicht zuletzt auch deshalb möglich gewesen, weil der Finanzminister durch interne Stellenumschichtungen den Finanzämtern für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung über 250 Beschäftigte zur Verfügung gestellt habe.
    "Repression allein löst das Problem allerdings nicht", erklärte Reinhold Trinius. Wichtig sei es, die Steuermoral und Steuergerechtigkeit wieder zu stärken. Dazu müsse im Steuerrecht dem Grundsatz der Besteuerung nach Leistungsfähigkeit wieder durchgängig Geltung verschafft werden. Denn nur bei einer Besteuerung, die als gerecht empfunden werde, könne der Staat auf die Steuerehrlichkeit seiner Bürgerinnen und Bürger setzen, führte Trinius aus. Er machte deutlich, daß es nun zügig zu einer Steuerreform kommen müsse, mit der die Steuerschlupflöcher geschlossen und das Steuerrecht insgesamt vereinfacht würden. Der nordrhein-westfälische Finanzminister habe dazu bundesweit beachtete und respektierte Vorschlage unterbreitet, erklärte Trinius und forderte: "Die Bundesregierung muß hier ihre zögerliche Haltung aufgeben." Deshalb erwarte der Landtag von Bundestag und Bundesrat eine rasche Einigung auf ein Steuerreformmodell, das vor allem eine Erleichterung des Ertragssteuerrechts enthalte. Darüber hinaus halte der Landtag eine internationale Harmonisierung der Quellenbesteuerung ausländischer Zinseinkünfte für dringend erforderlich. Trinius: "Nur so können die wegbrechenden Einnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden wieder stabilisiert und zukünftige öffentliche Haushalte planbar gemacht werden."
    Der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Klaus Matthiesen, unterstützt das Vorhaben von Finanzminister Heinz Schleußer, ein Haushaltssicherungsgesetz vorzulegen. Trotz steigender Steuereinnahmen fehle dem Land Nordrhein-Westfalen im nächsten Jahr eine Milliarde Mark. Diese Lücke könne und dürfe nicht durch zusätzliche Kredite geschlossen werden. Das wäre verfassungswidrig. "Deshalb hat der Finanzminister meine volle Unterstützung bei seinem Vorhaben, durch Eingriffe in Leistungsgesetze eine Milliarde Mark einzusparen", erklärte Matthiesen. Über Einzelheiten werde im Zuge des weiteren Beratungsverfahrens selbstverständlich noch zu reden sein. Das ändere aber nichts am Ziel der Konsolidierungsnotwendigkeiten.

    ID: LI980942

  • CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Studie des Max-Planck-Instituts.
    Aus den Fraktionen
    S. 18 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    "Unsere schlimmsten Befürchtungen über die Bildungsmisere an unseren Schulen haben sich bestätigt", so der schulpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Recker, zur aktuellen Veröffentlichung der Ergebnisse der internationalen Studie TIMS III. Nach dieser Studie liegen nicht nur die Achtklässler, sondern auch die Oberstufenschüler in Nordrhein-Westfalen weit hinter ihren Alterskollegen in Bayern und Baden-Württemberg zurück, nämlich bis zu zwei Jahre. Als "besonders bemerkenswert" bezeichnete Recker die Feststellung des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung, daß die Bundesländer mit Zentralabitur und strengerer Notengebung besser abschneiden. "Ich weiß nicht, welche Ohrfeigen die rot-grüne Landesregierung für ihre lasche Bildungspolitik noch bekommen muß, bevor sie sich endlich auf eine Umkehr besinnt!" stellte Recker fest. Die CDU werde jedenfalls "nicht nachlassen, die Landesregierung weiter mit einer Leistungs- und Qualitätsdebatte zu quälen". Die CDU werde deshalb einen Antrag zur Leistungssteigerung der nordrhein-westfälischen Gymnasien einbringen, der sich für eine Einschränkung der Abwahlmöglichkeiten in der Oberstufe einsetzt. "Die Oberstufenschüler unseres Landes müssen mit einer breiten Allgemeinbildung und einer wirklichen Studierbefähigung ihre weitere Ausbildung erfolgreich bewältigen können. Dazu muß nicht nur ausreichend Unterricht erteilt werden, sondern auch die Inhalte und die Organisation der Oberstufe an den nordrhein-westfälischen Gymnasien gehören erneut auf den Prüfstand."

    Novelle Hochschulrahmengesetz

    "Die Novelle des Hochschulrahmengesetzes eröffnet Frauen bessere Perspektiven. Deshalb muß die nordrhein-westfälische Landesregierung ihre Blockadehaltung dieser Novelle gegenüber schnellstens beenden." Mit diesen Worten kommentierten die frauenpolitische Sprecherin der CDU-Landtagsfraktion NRW, Regina van Dinther, und der hochschulpolitische Sprecher, Manfred Kuhmichel, die in der HRG-Novelle vorgesehenen Regelungen zur Frauenförderung. "Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht nicht nur die Verpflichtung der Hochschulen zur tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung vor, sondern auch eine stärkere Förderung der sozialen Bedürfnisse von Studierenden mit Kindern und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf", erklärten van Dinther und Kuhmichel. Die beiden CDU-Sprecher verwiesen darauf, "daß inzwischen zwar der Anteil junger Frauen, die Abitur machen und ein Studium beginnen, über 50 Prozent liegt, daß demgegenüber aber der Frauenanteil bei Promotionen und Habilitationen kaum mehr als 5 Prozent beträgt". Die von der unionsgeführten Bundesregierung geplanten Neuregelungen seien aus frauenpolitischer wie auch aus strukturpolitischer Sicht zu begrüßen, betonten Regina van Dinther und Manfred Kuhmichel. ') Diese Mitteilungen liegen in der alleinigen Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI980943

  • Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag Nordrhein-Westfalen
    Kommunalwahlgesetz geändert.
    Aus den Fraktionen
    S. 18 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen wurde am 6. Mai 1998 das "zweite Gesetz zur Änderung des Kommunalwahlgesetzes" verabschiedet. Bei den nächsten Kommunalwahlen dürfen damit Jugendliche ab 16 Jahren wählen. Für die Bürgerbegehren und Bürgerentscheide gilt das neue Wahlalter bereits jetzt direkt nach der Verkündung des Gesetzes.
    Mit der Herabsetzung des Wahlalters wird eine seit langem bestehende GRÜNE-Forderung endlich umgesetzt. Erfahrungen aus Niedersachsen haben eindeutig gezeigt, daß das Wahlrecht von den 16- und 17jährigen in gleichem Maße angenommen (oder auch nicht angenommen) wird wie von Erwachsenen. Das immer wieder angeführte Gegenargument der angeblichen Unreife von 16jährigen kann dabei nun wirklich nicht ernstgenommen werden, wenn man bedenkt, daß niemand mehr anzweifelt, daß bereits 14jährige über ihre Religionszugehörigkeit entscheiden können oder im neuen Kindschaftsrecht bereits Kinder vielfältige eigene Mitbestimmungsrechte bekommen haben. Kinder und Jugendliche haben inzwischen eigene Bankkonten und sind als Kunden in der Geschäftswelt ein wichtiger Faktor geworden. Diese und viele andere Argumente mehr sind Grund genug, ein neues gesellschaftliches Verständnis von Mitbestimmungsrechten — auch und gerade von politischen Mitbestimmungsrechten — von Jugendlichen zu entwickeln.
    Als zweite wesentliche Änderung wird das Sitzplatzberechnungsverfahren vom bisherigen Höchstzahlverfahren nach d'Hondt auf das Verfahren nach Hare- Niemeyer umgestellt.
    Das Sitzplatzberechnungsverfahren nach Hare-Niemeyer dient einer gerechteren Berücksichtigung kleiner Parteien bei der Sitzzuteilung und wahrt damit die Chancengleichheit.
    Neben weiteren technischen Änderungen im Kommunalwahlgesetz wurde im Zuge des Beratungsverfahrens auch die Fünf-Prozent-Sperrklausel für die Kommunalwahlen überprüft. Dabei ist der Landtag zu der Überzeugung gelangt, die Sperrklausel sowohl für die Gemeinden und Kreise als auch für die Landschaftsversammlungen beizubehalten. Wir sind jedoch weiter der Überzeugung, daß die Einführung von Kumulieren und Panaschieren in NRW ein richtiger Schritt hin zu einem demokratischeren Wahlrecht wäre, der die Debatte über die Fünf-Prozent-Hürde überflüssig machen würde. Leider scheiterte diese Initiative am Widerstand der SPD. Aber: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben!

    ID: LI980944

  • Sparsamer Umgang mit Ressource Wasser.
    S. 19 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Ziel der Gewässerschutzpolitik der Landesregierung sei es, die Nachhaltigkeit der Lösungen in der Wasserwirtschaft zu sichern. Deshalb sei mit der Ressource Wasser so schonend wie möglich umzugehen. Der Wasserverbrauch müsse weiter als bisher gesenkt, die in die Gewässer eingeleiteten Schadstofffrachten müßten vermindert und möglichst geschlossene Wasserkreisläufe gesichert werden. Deshalb lege die Landesregierung großen Nachdruck auf die Umsetzung des Paragraphen 51 a im Landeswassergesetz, um möglichst ortsnah das Niederschlagswasser wieder dem natürlichen Wasserkreislauf zuzuführen. Das erklärt Innenminister Franz-Josef Kniola (SPD) in seiner Antwort auf eine Kleine Anfrage der GRÜNE-Abgeordneten Marianne Hürten. Die Politikerin hatte sich in ihrer Anfrage dagegengewandt, Regenwassernutzung durch Gebührengestaltung unattraktiv zu machen. Der Minister unterstreicht, die Nutzung des Regenwassers werde grundsätzlich befürwortet. Er unterscheidet die Regenwassernutzung zur örtlichen Grundwasseranreicherung durch Niederschlagsversickerung, zur Bewässerung vor allem von Gärten sowie als Brauchwasser in Gebäuden. Regenwasser könne in vielfältiger Form in Industrie und Gewerbe eingesetzt werden. Als Beispiel nannte Kniola die Nutzung als Kühlwasser, in den Produktionsprozessen der Stahlindustrie und des metallverarbeitenden Gewerbes sowie in Autowaschanlagen. Der Minister macht ferner darauf aufmerksam, durch den Einsatz des Regenwassers für Gartenbewässerung und Toilettenspülung werde die Wasserentnahme und damit die Gebührenbelastung für den Bürger um rund 50 Liter je Tag verringert (Drs. 12/3083).

    Systematik: 6140 Wasser

    ID: LI980945

  • Porträt der Woche: Sylvia Löhrmann (GRÜNE).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    "Ich bin ein ziemliches Arbeitstier und mache ungern Fehler." Sylvia Löhrmann hat Politikmanagement in Solingen gelernt: Neun Jahre lang war sie dort Ratsmitglied und Fraktionssprecherin der GRÜNEN. Jetzt hat sie diese beiden Funktionen aufgegeben, um genug Zeit für ihre neue Position zu haben: seit Mitte März ist Sylvia Löhrmann parlamentarische Geschäftsführerin der GRÜNEN. Vernetzen und Koordinieren, für einen reibungslosen Ablauf sorgen bei allen parlamentarischen Vorgängen, die die GRÜNE Fraktion betreffen, Vorbereitung der Ältestenratssitzung, Teilnahme am Jour fixe mit der SPD, das sind ihre Aufgaben.
    "Ich sehe darin nicht die Funktion einer dritten Sprecherin neben Roland Appel und Gisela Nacken, sondern sehe mich in einer Managementposition", beschreibt Sylvia Löhrmann ihren neuen Posten. Der Fundi-Flügel der Fraktion hatte bei der Wahl zur parlamentarischen Geschäftsführerin nicht für Sylvia Löhrmann gestimmt, weil er eine Kandidatin aus den .eigenen Reihen' auf dem Posten sehen wollte. Nachdem Sylvia Löhrmann gewählt worden war, weigerte er sich, die Vorstandswahlen zu Ende zu führen. Das findet die neue parlamentarische Geschäftsführern der GRÜNEN unbefriedigend, aber "ich glaube, daß die Situation, die da eingetreten ist, sich nicht gegen meine Person gerichtet hat". Sylvia Löhrmann möchte innerhalb der Fraktion daran arbeiten, die Kommunikation zu verbessern und durch reibungsloses Management dafür zu sorgen, daß die inhaltliche Arbeit gestärkt wird.
    Natürlich wird sie sich auch weiterhin intensiv ihrer Ausschußarbeit widmen. Im Kommunalpolitischen Ausschuß liegen Sylvia Löhrmann die Finanzen besonders am Herzen: "Die Umstrukturierung des Finanzausgleichs halte ich für richtig, weil sich bestimmte Belastungen in den großen Städten potenzieren, ich habe deshalb dafür geworben, daß wir uns jetzt an die Umsetzung machen."
    Wie ein roter Faden durch ihre Arbeit zieht sich Sylvia Löhrmanns frauenpolitisches Engagement. Sie ist Feministin, und das heißt für sie "eindeutig Parteilichkeit für Frauen und Mädchen". Sylvia Löhrmann ist stolz auf die Früchte, die ihr Engagement in Solingen getragen hat: dort wurde eine Anlaufstelle gegen sexualisierte Gewalt eingerichtet, die Gleichstellungsstelle gut ausgebaut.
    Sylvia Löhrmann ist ein Kind des Ruhrgebiets. Sie wurde in Essen geboren, und als die Eltern mit ihr 1969 nach Witten zogen, bestand die damals Zwölfjährige darauf, weiter in ihrer Heimatstadt zur Schule zu gehen. Zwei Stunden Fahrt für eine Strecke nahm sie dafür gerne in Kauf. Und das lag auch an ihrer Schule: das katholische Mädchengymnasium "Beatae Mariae Virgines" hat Sylvia Löhrmann gerne besucht, denn "da wurden wir gezielt gefördert, waren der Jungenkonkurrenz nicht ausgesetzt". Auch wenn ihr die Schule noch so gut gefiel, Lehrerin war nach dem Abitur nicht ihr Traumberuf. Sylvia Löhrmann war schon damals ein großer Skandinavien- und Großbritannien-Fan: Sie wollte Lektorin für Schwedisch und Englisch werden. Da das an ihrer Wunsch-Uni, der Ruhr-Universität Bochum, aber nicht so ohne weiteres möglich war, entschloß sie sich, Deutsch und Englisch für das Lehramt zu studieren. Ein Schulpraktikum während ihrer Studienzeit hat sie dann schließlich motiviert, doch Lehrerin zu werden. Sylvia Löhrmann hat elf Jahre lang an der Städtischen Gesamtschule Solingen unterrichtet: "Ich bin Gesamtschullehrerin aus Überzeugung, das Schulsystem ist meiner Ansicht nach besser als sein Ruf."
    Die Anti-AKW- und die Frauenbewegung haben sie politisch geprägt. "Grün gewählt" hat sie schon immer, 1985 trat sie in die Partei ein. Ihren eigenen politischen Stil beschreibt Sylvia Löhrmann als "hart in der Sache, aber verbindlich im Ton und im Umgang". Innerhalb der GRÜNEN-Fraktion zählt sie zu den sogenannten Regierungslinken, hat den Kreis "Genuß und Vernunft" um Roland Appel und Bärbel Höhn mitbegründet. In ihrer Freizeit genießt Sylvia Löhrmann die Lektüre englischer Frauenkrimis, ganz vernünftig auch manchmal in der Originalsprache, um nicht aus der Übung zu kommen. Sie verreist gerne, am liebsten mit dem Schiff nach Skandinavien oder Großbritannien und ist ein Fan der italienischen Küche. Außerdem pflegt Sylvia Löhrmann noch immer Kontakt zum Ruhrgebiet: "Ich habe eine alte Neigung zum Theater und habe immer noch ein Abo in Bochum, vermisse aber die Peymann-Truppe."
    Ulrike Coqui

    ID: LI980947

  • Franz Müntefering.
    Zur Person
    S. 20 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Franz Müntefering, Bundesgeschäftsführer der SPD, ist auf einem Sonderparteitag am 24. Mai in Düsseldorf zum neuen Landesvorsitzenden der Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen gewählt worden. Der SPD- Sonderparteitag wählte den 58jährigen in Neheim-Hüsten geborenen Industriekaufmann mit 98,7 Prozent der Stimmen zum Nachfolger von Johannes Rau. Müntefering ist der vierte Landesvorsitzende in Nordrhein-Westfalen nach Heinz Kühn, Werner Figgen und Johannes Rau. Nach über zwei Jahrzehnten an der Spitze von Landesregierung und dem größten SPD-Landesverband nahm der bisherige Ministerpräsident auf dem Parteitag Abschied von seinen Ämtern. Johannes Rau sprach vor den mehr als 300 Delegierten und über 1000 Gästen von einem tiefen Einschnitt in seinem Leben. In seinen Gefühlen mische sich Erleichterung mit Wehmut. Er blicke dankbar zurück, fröhlich nach vorn und sei auch ein wenig stolz auf das, was er habe gestalten dürfen, sagte Rau. Die Delegierten feierten ihn nach seiner Abschiedsrede mit über zehnminütigem Beifall. SPD-Parteichef Oskar Lafontaine und Kanzlerkandidat Gerhard Schröder würdigten die Lebensleistung des scheidenden Düsseldorfer Regierungschefs. Lafontaine forderte Rau auf, auch künftig Verantwortung für die SPD zu übernehmen. Auf dem Parteitag wurde zugleich der nordrhein-westfälische Wirtschaftsminister Wolfgang Clement als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten benannt. Clement erhielt 89,7 Prozent der 312 gültigen Stimmen. Für Clement stimmten 280 Delegierte, 20 votierten mit Nein, zwölf enthielten sich.

    ID: LI980948

  • Manfred Bruckschen.
    Zur Person
    S. 20 in Ausgabe 9 - 03.06.1998

    Manfred Bruckschen (SPD), Landtagsabgeordneter begeht am 13. Juni seinen 60. Geburtstag. Bruckschen stammt aus Rheinhausen. Der gelernte Dreher arbeitete bis 1966 in seinem Beruf. Dann wurde er Betriebsrat der Krupp-Stahl AG, Duisburg-Rheinhausen, und war von 1984 bis 1992 Betriebsratsvorsitzender und 2. Vorsitzender des Gesamtbetriebsrates. Von 1992 bis 1995 hatte er das Amt des 2. Vorsitzenden des Betriebsrates der Krupp/ Hoesch Stahl AG, Werk Rheinhausen, inne. Von 1978 bis 1993 war er Mitglied des Aufsichtsrates der Krupp-Stahl AG, Bochum. Der SPD gehört Manfred Bruckschen seit 1955, dem Landtag seit 1990 an.

    ID: LI980949

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Die Fraktionen im Landtag NRW