Um die endgültige Stellungnahme der SPD-Fraktion zum Landeshaushalt 1971 ging es in der ganztägigen Fraktionssitzung am Montag, die am Dienstagvormittag fortgesetzt wurde. Die elf Arbeitskreise der Fraktion hatten in ihren Sitzungen Erhöhungswünsche ausgearbeitet, die insgesamt an die 130 Millionen Mark ausmachten. Zu Beginn der Sitzung wurde zunächst festgestellt, daß der Gesamtbetrag für Erhöhungen jedoch 60 Millionen Mark nicht überschreiten sollte, damit die Steigerung des Haushalts gegenüber dem Vorjahr auf 14,5 Prozent begrenzt werden könne.
Die Aufteilung dieses Kuchens erforderte unter den Abgeordneten schwierige Kompromisse, da jeder seine Portion naturgemäß für besonders wichtig hielt. Das größte Stück konnte schließlich der Arbeitskreis Verkehr einheimsen, der für den Straßenbau eine Erhöhung des Regierungsansatzes um 15 Millionen Mark erreichte.
Um zehn Millionen wurde der Ansatz für den Bau von Kindergärten erhöht, wobei die Fraktion die Regierung beauftragte, die Typisierung der Bauten zu fördern, damit auch bei künftigen Baupreissteigerungen das Ziel, jährlich 40 000 Plätze zu errichten, nicht gefährdet wird. Um je fünf Millionen Mark sollen nach dem Willen der Fraktion die Haushaltsmittel für die Wasserversorgung und die Abwasserreinigung erhöht werden.
Heiterkeit gab es bei der Forderung um 2,5 Millionen Mark für den Bau eines Schwimmbeckens für die Jugendstrafanstalt Hennen, als ein Zwischenrufer bemerkte, "damit die besser untertauchen können!" Antragsteller Dr. Till Kalsbach konterte: "Im Gegenteil, wir wollen ihnen helfen, daß sie besser wieder auftauchen können." Der Antrag wurde mit einer Stimme Mehrheit angenommen.
Einen Schulversuch, über dessen Kosten noch nichts ausgesagt werden kann, regte der Arbeitskreis Kultur an: an zehn ausgesuchten staatlichen Gymnasien sollen die Pflichtstundenermäßigung der mit Verwaltungsaufgaben betrauten Studienräte reduziert und dafür Verwaltungskräfte eingestellt werden.
Der Versuch soll zeigen, ob diese Lösung im Endeffekt billiger ist, gleichzeitig soll er das Unterrichtsdefizit an den betroffenen Schulen etwas lindern. Die Zahl der wissenschaftlichen Assistenten an den Hochschulen, die im Regierungsentwurf reduziert worden war, soll nach dem Fraktionsbeschluß auf dem Stand des Haushalts 1970 gehalten werden.
14 neue Lehrstühle an den Universitäten sollen eingerichtet werden, darunter einige an klinischen Fächern der Medizin als erster Schritt zur Einführung des Departementssystems.
Umstrukturiert werden soll der Titel von 12 Millionen Mark "Landesförderung für Schüler". Nach dem Willen der Fraktion soll davon nur noch ein kleiner Teil den allgemeinbildenden Schulen für die Regulierung von Härtefällen verbleiben, der Löwenanteil dagegen soll Schülern der Klasse 10 der Fachoberschulen mit abgeschlossener Berufsausbildung zugute kommen, die von der Förderung nach dem Ausbildungsförderungsgesetz des Bundes nicht erfaßt werden.
Eine Reihe von Forderungen stimmte mit Anträgen der FDP-Fraktion überein, darunter die nach insgesamt 3,5 Millionen für die Verbesserung der Situation der Polizei, eine Million für Katastrophenschutz, 4 Millionen für das Landeskreditprogramm, 4 Millionen für die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur und 1,5 Millionen für ein Verkehrssicherheitsprogramm.
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