Wie kamen sie in die Politik? Wo liegen ihre politischen Schwerpunkte? Landtag Intern stellt in jeder Ausgabe Abgeordnete vor. Diesmal im Porträt: André Kuper, der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen. Der CDU-Abgeordnete aus Rietberg wurde am 1. Juni 2022 mit 178 von 195 Stimmen gewählt. Kuper war bereits in der 17. Wahlperiode Landtagspräsident.
Als André Kuper vor fünf Jahren das erste Mal gefragt wurde, ob er Landtagspräsident werden wolle, ließ ihm der damalige Fraktionsvorsitzende Armin Laschet (CDU) nur knapp eine halbe Stunde Bedenkzeit. "Dieses Mal kam der Anruf von Hendrik Wüst und die Entscheidung der Fraktion immerhin eine ganze Woche vorher", erzählt er und lacht. Lange nachdenken musste er aber in beiden Fällen nicht: "Das Amt ist besonders und das Vertrauen der Abgeordneten in meine Person ist mir eine Verpflichtung, die Aufgabe in Demut auszufüllen", sagt Kuper.
Als langjähriger Hauptamtlicher Bürgermeister von Rietberg habe er schon immer eine Politik des Ausgleichs gesucht, sagt Kuper. Er wolle trotz Parteibuch überparteilich agieren, Brücken zwischen den Fraktionen schlagen. "Ich bin kein Hau-Drauf-Politiker", sagt Kuper über sich selbst. "Ich habe stets versucht, Prozesse zu moderieren und Streit auszugleichen. Dabei hilft mir, dass ich auch in kontroversen Situationen in der Regel sehr ruhig bleibe."
Auch das Amt des Bürgermeisters sei ihm damals angetragen worden. Politisch engagiert hat sich Kuper aus eigenem Antrieb: "Schon als Schüler habe ich erkannt, dass es zwei Wege gibt, auf denen man durchs Leben kommt. Der bequeme ist, sich einfach zurückzulehnen und über alles zu wettern. Der in einer Demokratie mögliche und herausforderndere Weg ist, sich zu informieren und mitzuwirken."
Kuper entschied sich für den zweiten Weg, trat in die Junge Union ein und engagierte sich dort für Umwelt und Naturschutz. "Wir brachten damals eine Zeitschrift heraus, die das Ziel verfolgte, die Menschen wachzurütteln und für Umweltschutz und ein nachhaltiges Leben zu sensibilisieren", erinnert sich Kuper. Aber auch praktische Aktionen für Abfallvermeidung, der Einsatz für Mehrweg statt Einweg und der Einsatz für eine schnelle Verbreitung von bleifreiem Benzin bestimmten seine Freizeit. "Im Prinzip waren die Ziele beim Klima- und Umweltschutz damals ähnliche, wie sie heute verfolgt werden."
Kuper entschied sich nach seinem Realschulabschluss zunächst für eine duale Ausbildung, machte danach parallel zur täglichen Arbeit in drei Jahren am Abendgymnasium das Abitur. Es folgten erfolgreiche Diplom-Studiengänge der Verwaltungswissenschaften sowie der Betriebswirtschaft. Er arbeitete als Dozent für den Fachbereich Betriebswirtschaft am Studieninstitut in Bielefeld, ehe er in die Politik wechselte und Bürgermeister wurde. Dass er es schon früh verstand, Brücken zu bauen, zeigen seine Wahlergebnisse: Bei der Kommunalwahl 1999 wurde er mit 83 Prozent im ersten Wahlgang im Amt bestätigt, auch 2004 und 2009 gewann er über 70 Prozent der Stimmen. Als der bisherige Landtagsabgeordnete seines Wahlkreises nicht mehr antrat, kandidierte Kuper. 2012 zog er in den Landtag ein. "Ich habe immer gesagt, dass wir die Demokratie nicht als selbstverständlich hinnehmen dürfen, sondern für sie handeln, werben und überzeugen müssen", sagt Kuper - auch wenn das heute zunehmend zu einer beliebten Floskel geworden sei.
Für ihn hieß das in seiner ersten Amtszeit als Landtagspräsident ganz konkret: So vielen (jungen) Bürgerinnen und Bürgern wie möglich einen "Demokratiekontakt" zu vermitteln und sie in den Landtag zu holen. Mit Parlamentsnächten und anderen Veranstaltungen verfolgte Kuper das Ziel, möglichst allen Bürgerinnen und Bürgern einen Einblick in die Arbeit des Landtags zu geben. Rund 30.000 Besucherinnen und Besucher kamen in früheren Legislaturperioden pro Jahr in das Landesparlament - Kuper hatte sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, diese Zahl auf 150.000 anzuheben.
Das habe zunächst auch gut funktioniert, man war bei über 100.000 Besucherinnen und Besuchern im Landtag - doch dann kam die Pandemie. "Corona hat unsere Arbeit völlig auf den Kopf gestellt, auf allen Ebenen", erinnert sich der alte und neue Präsident. Viele Begegnungen mit Bürgerinnen und Bürgern musste der Landtag absagen, gerade um junge Menschen habe ihm das sehr leid getan: "Die vergangenen zweieinhalb Jahre waren ein ständiger Ausnahmezustand."
Das beziehe sich nicht nur auf die Kontakte zu Bürgerinnen und Bürgern, sondern auch auf die vielen Debatten im Landtag, die Kuper geleitet hat. Die Corona-Pandemie, aber auch die Flutkatastrophe und zuletzt der Krieg in der Ukraine hätten hitzige Diskussionen und auch viele Ordnungsrufe mit sich gebracht: "Wenn man auf die vergangenen Legislaturperioden blickt, dann gab es mal neun, mal zwölf Ordnungsmaßnahmen - in der zurückliegenden Periode waren es dagegen 113", sagt Kuper. Hier wünsche er sich in Zukunft einen faireren Umgang miteinander.
Auf die kommenden fünf Jahre in Düsseldorf freut sich Kuper auch privat: Fast täglich joggt er frühmorgens am Rhein, nimmt gemeinsam mit seiner Frau Monika auch am gesellschaftlichen Leben der Stadt teil. Das Wochenende gehört dann den Terminen im Land und seinem Wahlkreis: "Der Kreis Gütersloh ist meine Heimat - die Menschen und ihre Anliegen sind und bleiben mir im Herzen."
Maike von Galen
Zur Person
Der Präsident des Landtags, André Kuper, ist verheiratet und hat zwei erwachsene Söhne. Er wohnt in Rietberg. Als Abgeordneter gehört Kuper dem Parlament seit 2012 an. Der frühere Hauptamtliche Bürgermeister der Stadt Rietberg war in der 16. Wahlperiode stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion. Zu Beginn der
17. Wahlperiode wurde Kuper erstmals zum Präsidenten des nordrhein-westfälischen Landtags gewählt. Er ist Chef der Landtagsverwaltung, vertritt den Landtag und führt dessen Geschäfte. Dem Präsidenten stehen das Hausrecht und die Polizeigewalt in allen Gebäuden und auf den Grundstücken zu, die der Erfüllung der Aufgaben des Landtags dienen. Er leitet im Wechsel mit seinen Stellvertreterinnen und Stellvertretern die Sitzungen des Plenums. Er ist oberster protokollarischer Repräsentant des Landes.
Nachgefragt
Was ist Ihr Lieblingsbuch und warum?
"Sag niemals, das ist dein letzter Weg" von Jetta Schapiro-Rosenzweig.
Welche Musik hören Sie gerne?
Beim Sport höre ich aktuelle Charts. Ansonsten gern Boogie-Woogie, Rock n Roll und Klassik.
Was haben Sie immer in Ihrem Kühlschrank vorrätig?
Zartbitter-Nuss-Schokolade und Boskop-Äpfel.
Ihr liebstes Reiseziel?
Ägypten ist uns mittlerweile sehr ans Herz gewachsen - und die Landschaft Südtirols.
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