Artikel der Ausgabe 3 / 2023

  • Gedenken an Solingen.
    Plenarbericht;

    S. 3 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    26. Mai 2023 - Am 29. Mai 1993 starben bei einem rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen fünf Mitglieder der Familie Genç. Viele weitere Familienmitglieder wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. 30 Jahre nach dem Anschlag gedachte der Landtag der Opfer und rief zum Kampf gegen Rechtsextremismus auf. Mitglieder der Familie Genç verfolgten die Debatte von der Besuchertribüne aus.
    Die Abgeordneten verabschiedeten einen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP (Drs. 18/4358). Darin heißt es: "Die Erinnerung an Solingen ist eine wichtige Mahnung, Rechtsextremismus und Rassismus einzudämmen und demokratische Haltungen in unserer Gesellschaft fortwährend zu stärken. Das ist eine wesentliche Aufgabe von Staat und Zivilgesellschaft." Die Landesregierung wird u. a. aufgefordert, den Ermittlungsdruck gegen rechtsextremistische Straftaten hochzuhalten. Die AfD enthielt sich bei der Abstimmung. Ein Änderungsantrag der AfD (Drs. 18/4487) wurde abgelehnt.

    "Botschafter der Versöhnung"

    "Liebe lässt den Menschen leben, aber der Hass, der bringt den Tod", zitierte CDU-Fraktionschef Thorsten Schick die im Oktober 2022 verstorbene Mevlüde Genç. Sie hatte bei dem heimtückischen Brandanschlag vor 30 Jahren zwei Töchter, zwei Enkelkinder und eine Nichte verloren. Mevlüde Genç habe den Hass hinter sich gelassen und ihr Leben der Versöhnung und Verständigung gewidmet. Die ganze Familie sei zu "Botschaftern der Versöhnung" geworden. Die Tragödie von Solingen sei "Teil der kollektiven Erinnerung unseres Landes", sagte Schick: "Wir dürfen niemals vergessen, was Menschen anderen Menschen in unserem Land angetan haben."
    Es sei eine Ehre für das Parlament, dass Familie Genç an diesem Tag in den Landtag gekommen sei, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Jochen Ott. Niemand verkörpere den "Geist der Versöhnung" mehr als Mevlüde Genç. Der Mordanschlag von Solingen sei eine Zäsur gewesen. "Seitdem konnte es keinen Zweifel mehr geben: Rassismus und Rechtsextremismus sind tödliche Realität in Deutschland." Der gewalttätige Rechtsextremismus sei die "größte Gefahr unserer Demokratie". Er müsse "die Macht der wehrhaften Demokratie zu spüren bekommen - und zwar noch härter und stärker, als es bisher der Fall war", sagte Ott.
    Anfang der 1990er-Jahre sei "rassistisch aufgeheizt" über die Aufnahme von Geflüchteten diskutiert worden, sagte Verena Schäffer, Fraktionschefin der Grünen. Trotz der Pogrome von Mölln, Rostock-Lichtenhagen und Hoyerswerda habe der Bundestag 1993 den sogenannten Asylkompromiss - laut Schäffer eine "erhebliche Beschneidung des Asylrechts" - beschlossen. "Für Neonazis und Rechtsextreme muss das eine Bestätigung für ihre menschenverachtende Hetze gewesen sein." Nur drei Tage später habe das Haus der Familie Genç gebrannt. Demokratinnen und Demokraten müssten sich dafür einsetzen, konsequent gegen Rechtsextremismus vorzugehen.
    Mit der Debatte, sagte FDP-Fraktionschef Henning Höne, mache der Landtag deutlich: "Auch 30 Jahre nach dem feigen Anschlag haben wir die Opfer nicht vergessen." Den Angehörigen, die den Anschlag in Solingen überlebten, gelte "unser tief empfundenes Mitgefühl". Menschenverachtende Taten dürften sich nicht wiederholen. Daher sollten Handlungskonzepte gegen Rechtsextremismus und Rassismus weiterentwickelt und Dunkelfelder erforscht werden. Die antragstellenden Fraktionen setzten sich u. a. dafür ein, Maßnahmen und Projekte zum Gedenken an den rechtsextremistischen Brandanschlag in Solingen zu fördern.
    Dr. Hartmut Beucker (AfD) sagte, der Landtag gedenke in Trauer des "feigen Anschlags" vor 30 Jahren. Einen vergleichbaren Anschlag habe es in NRW nicht gegeben. Aus ihm müssten Lehren gezogen werden. Er kritisierte allerdings den Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP. Dieser verurteile zurecht Rechtsextremismus und Rassismus. Er vermische aber andere Dinge damit, die nichts mit dem Thema zu tun hätten. Auch stelle der Antrag nicht die Frage, ob die bisherigen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus effizient und zielgerichtet seien. Daher habe seine Fraktion einen Änderungsantrag eingebracht.
    Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) sprach von "einem der dunkelsten Tage in der Geschichte unseres Landes". Fünf junge Menschen seien Opfer eines heimtückischen Brandanschlags geworden, der aus Hass begangen worden sei. Auch Wüst erinnerte an Mevlüde Genç. Sie sei ein großes Vorbild der Versöhnung gewesen und habe dem Hass Liebe entgegengesetzt. Den Rechtsextremismus nannte der Ministerpräsident die größte Gefahr für unsere Demokratie. Er betonte: "Es ist unser Land, ein Land der Vielfalt, ein Land der Toleranz, ein Land des respektvollen Miteinanders. Dieses Land lassen wir uns von niemandem wegnehmen."
    zab, tob, wib

    Bildunterschrift:
    Ein Mahnmal in Solingen erinnert an den Brandanschlag von 1993.

    Zusatzinformation:
    In der Nacht auf den 29. Mai 1993 hatten vier junge Rechtsextreme das Haus der Familie Genç in Brand gesetzt. Gürsün İnce (27), Hatice Genç (18), Gülüstan Öztürk (12), Hülya Genç (9) und Saime Genç (4) kamen bei dem Anschlag ums Leben. Mit einer Schweigeminute gedachten die Abgeordneten der Opfer des Brandanschlags. In einer Rede sagte der Präsident des Landtags, André Kuper: "Es gibt in der Geschichte unseres Landes Wunden, die für immer bleiben. Der 29. Mai 1993 gehört dazu. Rechtsextreme ermordeten in Solingen fünf junge Menschen. Die Anwesenheit von Familie Genç im Plenarsaal des Landtags ist für uns eine Verpflichtung: Wir Demokratinnen und Demokraten werden immer Rassismus, Extremismus, Antisemitismus und Menschenfeindlichkeit bekämpfen. Und wir setzen jenen Grenzen, die heute wieder versuchen, die Saat von Hass und Hetze in der Welt zu säen. Dafür steht dieses Parlament."

    Systematik: 1060 Ideologien

    ID: LI230302

  • Plenum: Meldungen.
    Plenarmeldungen
    S. 4-6 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Kinderschutz

    3.5.2023 - In Nordrhein-Westfalen wird es künftig die Stelle einer beziehungsweise eines unabhängigen Beauftragten für Kinderschutz und Kinderrechte geben. Der Landtag beschloss einen entsprechenden Antrag der Fraktionen von CDU, Grünen und FDP (Drs. 18/4119, Neudruck). Die AfD stimmte dagegen, die SPD enthielt sich. In dem Antrag heißt es u. a.: "Die Einrichtung der Stelle des bzw. der unabhängigen Beauftragten für die Belange von Kinderschutz und Kinderrechten in Nordrhein-Westfalen kann nicht nur eine gesamtgesellschaftliche Sensibilisierung bzgl. der Themen der Kinderrechte und des Kinderschutzes vorantreiben, sondern Bestrebungen und Prozesse um die Themen der Aufarbeitung, Prävention und Intervention nachhaltig fördern." Die SPD-Fraktion schließt sich in einem Antrag (Drs. 18/4023) der Forderung nach einer/einem Beauftragten an, will darüber hinaus aber eine eigenständige Interessenvertretung für die Betroffenen von sexuellem Missbrauch in Form eines Landesbetroffenenrats einrichten. Dieser Antrag sowie ein Änderungsantrag der AfD-Fraktion (Drs. 18/4231) wurden zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend (federführend) überwiesen.

    Wärmepumpen

    3.5.2023 - Die AfD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, sich im Bund gegen die Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) auszusprechen. In der Novelle hatte die Bundesregierung am 19. April 2023 festgelegt, dass möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Der Einbau neuer Gas- und Ölheizungen werde durch diese Regelung ab dem Jahr 2024 weitgehend verboten, schreibt die AfD in ihrem Antrag (Drs. 18/4117). "Die einseitige politische Ausrichtung der Bundesregierung auf Wärmepumpen bei der Wärmeversorgung weist dabei laut zahlreicher Expertenmeinungen erhebliche Mängel auf." Eine neue Wärmepumpe koste rund 30.000 Euro und sei damit deutlich teurer als eine neue Gasheizung. Wärmepumpen benötigten Strom, der "auf absehbare Zeit nicht ohne CO2-Emissionen erstellt werden kann" und leisteten keinen Beitrag zu einer CO2-Reduzierung. Der Antrag wurde mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP abgelehnt.

    Petitionsausschuss

    3.5.2023 - Den Petitionsausschuss haben im vergangenen Jahr rund 5.500 Eingaben von Bürgerinnen und Bürgern erreicht. Dies geht aus dem Jahresbericht 2022 hervor, den der Ausschussvorsitzende Serdar Yüksel (SPD) dem Landtag vorstellte. Schwerpunkte der Arbeit waren das Sozialrecht und der Bereich Bauen, Wohnen und Verkehr, die gemeinsam die Hälfte aller Petitionen ausmachten. Deutlich zurückgegangen sind die Eingaben mit Bezug zur Corona-Pandemie: Machten sie im ersten Halbjahr 2022 noch fast 15 Prozent der Eingaben aus, so waren es in den letzten sechs Monaten des Vorjahres 2 Prozent. Dieser Trend setze sich aktuell fort, betonte Yüksel. Der Ausschuss beriet im vergangenen Jahr über mehr als 5.300 Eingaben. In rund 30 Prozent konnte ein positives Ergebnis für die Petentinnen und Petenten erreicht werden. Bei etwa 20 Prozent habe der Ausschuss Rat erteilen oder die Eingabe auf andere Weise abschließen können. Yüksel betonte: "Der Petitionsausschuss ist und bleibt gerade in Krisenzeiten besonders wichtig und ein zuverlässiger Ansprechpartner für die Beschwerden, Sorgen und Nöte der Menschen in unserem Land. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger verlassen."

    Warschauer Ghetto

    4.5.2023 - 80 Jahre nach dem Aufstand im Warschauer Ghetto hat der Landtag der mutigen Widerstandskämpferinnen und -kämpfer gedacht. "Auch 80 Jahre später gilt es, das Andenken an diese Ereignisse unverändert wachzuhalten wachzuhalten und Bewusstsein für die schrecklichen Verbrechen des nationalsozialistischen Regimes zu wahren", heißt es in einem gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP (Drs. 18/4124), der einstimmig verabschiedet wurde. Der Landtag ehre den Mut der Menschen, die im Kampf gegen das menschenverachtende System der Nationalsozialisten ihr Leben verloren haben. "Die Erinnerung an die Opfer des Warschauer Ghettos mahnt uns überdies auch heute noch, Widerstand gegen Unrecht und Unterdrückung zu leisten und zu unterstützen." Der polnische Generalkonsul Jakub Wawrzyniak verfolgte die Debatte von der Besuchertribüne aus. Am 19. April 1943 hatte im Warschauer Ghetto der Aufstand gegen die Deportation in die Vernichtungslager der Nationalsozialisten begonnen. Es war der größte organisierte Aufstand der jüdischen Bevölkerung Polens gegen die deutschen Besatzer. Die Gruppe schlecht bewaffneter Kämpfer schaffte es, beinahe vier Wochen lang Widerstand zu leisten. Am 16. Mai 1943 wurde der Aufstand blutig niedergeschlagen. Die SS erklärte das Ghetto für aufgelöst, die Überreste wurden zerstört.

    Einsamkeit

    4.5.2023 - Das Phänomen "Einsamkeit" verdiene mehr Aufmerksamkeit, schreiben die Fraktionen von CDU und Grünen in einem Antrag (Drs. 18/4121). Es handle sich um ein "bedeutendes, gesamtgesellschaftliches Problem". Einsamkeit könne krank machen. Studien hätten gezeigt, dass sie das Risiko u. a. für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen könne. Das Ehrenamt sei ein "sehr wichtiger Baustein" im Kampf gegen Einsamkeit. Die Landesregierung solle es deshalb weiter stärken und ehrenamtlich Tätigen "konkrete Unterstützung" zukommen lassen. Zudem solle sie eine Strategie zur Bekämpfung und Prävention von Einsamkeit erarbeiten. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, Grünen und AfD angenommen. SPD und FDP enthielten sich.

    Musikschulen

    5.5.2023 - Vom Mangel an Lehrkräften seien auch Musikschulen betroffen, schreibt die FDP-Fraktion in einem Antrag (Drs. 18/4136). Deshalb solle die Landesregierung gemeinsam mit den Musikschulen eine Werbekampagne für das Berufsbild erarbeiten. Musikschulen leisteten einen "fundamentalen Beitrag zur kulturellen Bildung". Fehle ein qualifizierter Unterricht, hätte dies auch "Folgen für das kulturelle Leben in Nordrhein-Westfalen mit seiner großen Vielfalt an Chören und Orchestern". Die Fraktion fordert u. a. eine einheitliche Besoldung. Festangestellte Lehrerinnen und Lehrer an Musikschulen seien tariflich bislang niedriger eingruppiert als Lehrkräfte an Grundschulen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU und Grünen abgelehnt. Dafür gestimmt hatten SPD, FDP und AfD.

    Große Anfrage

    24.5.2023 - Der Landtag hat sich mit einer Großen Anfrage der SPD-Fraktion zum Parlamentarischen Untersuchungsausschuss "Kindesmissbrauch" der 17. Wahlperiode (Drs. 18/1717) sowie der Antwort der Landesregierung (Drs. 18/4088) befasst. Der Ausschuss hatte seine Arbeit mit einem Zwischenbericht zunächst beendet. Weil er seine Arbeit nicht abschließen konnte, befasst sich auch in der 18. Wahlperiode ein Untersuchungsausschuss mit dem Thema. Der Zwischenbericht formuliere auf 18 Seiten 59 Schlussfolgerungen, die als "Meilenstein auf dem Weg zu einer ebenen- und ressortübergreifenden Kinderschutzpolitik in NRW betrachtet werden" könnten, heißt es in der Anfrage. Die SPD stellte mehr als 100 Fragen zur Umsetzung der Schlussfolgerungen. Die Antwort der Landesregierung umfasst mehr als 300 Seiten. Darin heißt es u. a.: "Auch wenn mit der Beantwortung der Großen Anfrage deutlich geworden ist, dass zahlreiche Hemmnisse für einen wirksamen Kinderschutz beseitigt werden konnten, ist es das Ziel der Landesregierung, auch über die veröffentlichten Ergebnisse des Zwischenberichts hinaus weiter ressortübergreifend die Verbesserung des Kinderschutzes mit Nachdruck zu verfolgen."

    Wasserstraßen

    24.5.2023 - Die Fraktionen von CDU und Grünen möchten die Binnenschifffahrt in Nordrhein- Westfalen stärken. Aktuell würden mehr als 20 Prozent der Güterverkehre über Wasserwege transportiert, schreiben die Fraktionen in einem Antrag (Drs. 18/4370), über den die Abgeordneten diskutiert haben. Essenziell für eine verlässliche Logistik seien u. a. "intakte Schleusen, sanierte Poller und Liegeplätze und bedarfsgerechte Brückenhöhen, die einen mehrlagigen Containertransport erlauben". Wichtige Themen der Branche beträfen zudem die Digitalisierung, die Umstellung auf klimaneutrale Antriebe sowie die Beseitigung von Engstellen im Rhein "im Einklang mit natur- und umweltschutzrechtlichen Vorgaben". Die Landesregierung solle sich beim Bund "auch künftig für eine verlässliche Finanzierung von Wasserstraßen" einsetzen. Der Antrag sowie ein Entschließungsantrag der FDP (Drs. 18/4447) wurden zur weiteren Beratung an den Verkehrsausschuss überwiesen.

    Besoldung von Lehrkräften

    25.5.2023 - Die Besoldung von Lehrkräften der Primarstufe und Sekundarstufe I wird schrittweise angehoben und in die Besoldungsstufe A 13 überführt. In zweiter Lesung hat der Landtag einen entsprechenden Gesetzentwurf der Landesregierung (Drs. 18/2277) angenommen. Ziel sei es, die Attraktivität des Lehramts zu steigern, heißt es im Entwurf. Die Anhebung soll in fünf Schritten von A 12 zu A 13 erfolgen und im August 2026 abgeschlossen sein. Die Mehrausgaben belaufen sich laut Entwurf von 2022 bis 2026 auf rund 900 Millionen Euro und ab 2027 auf 385 Millionen Euro jährlich. Die Landesregierung werde prüfen, welche Anpassungen etwa bei Funktions- und Leitungsämtern in Schulen aufgrund der Neubewertung erforderlich seien. Weitere Änderungen im Gesetzentwurf betreffen u. a. Notfallsanitäterinnen und -sanitäter sowie Lehrkräfte im Justizvollzug. Der Entwurf wurde mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und Grünen bei Enthaltung der anderen Fraktionen angenommen. Ein Entschließungsantrag der SPD (Drs. 18/4441) wurde abgelehnt.

    Chancengleichheit

    26.5.2023 - Der Landtag hat auf Antrag der SPD-Fraktion eine Enquetekommission zum Thema "Chancengleichheit in der Bildung" eingesetzt. Ausgehend vom 2022 letztmalig vorgelegten nationalen Bildungsbericht "Bildung in Deutschland 2022" kritisiert die Fraktion in ihrem Antrag (Drs. 18/3865), dass in Deutschland der Bildungserfolg stark von der sozialen Herkunft der Kinder abhänge. Die Pandemie habe diese Tendenz noch verschärft. Auch das nordrhein-westfälische Bildungssystem sei laut Bericht nachweislich nicht in der Lage, Chancengleichheit für Kinder und Jugendliche zu gewährleisten. Deshalb solle sich die Kommission mit fünf Fragekomplexen beschäftigen. Sie betreffen gute Voraussetzungen für den Schulbesuch, den Schulstart selbst, den Wechsel in die weiterführende Schule, die Ausgestaltung der Oberstufe sowie den Übergang von der Schule auf die Hochschule bzw. in die Ausbildung. Der Antrag wurde bei Enthaltung der AfD angenommen. Enquetekommissionen arbeiten fraktionsübergreifend und gemeinsam mit externen Fachleuten.

    Krisen- und Notfallmanagement

    26.5.2023 - Eine weitere neue Enquetekommission wird sich künftig mit dem Thema "Krisen und Notfallmanagement" befassen. Es gehe darum, "durch die Lehren der Vergangenheit die Zukunft sicher gestalten" zu können, wie es im Antrag der AfD (Drs. 18/4346) heißt. Die Fraktion wirft einen Blick zurück auf den Umgang mit der Corona-Pandemie. Die Arbeit der Kommission solle das Ziel haben, "Defizite in der Krisenfähigkeit unseres Bildungs-, Sozial-, Wirtschafts- und Gesundheitssystems sowie des gewaltengegliederten Verfassungsstaates im Sinne der Resilienz-Verbesserung umfassend zu identifizieren und aufzuarbeiten". Weiterhin gehe es darum, entsprechende Maßnahmen für die Zukunft zu entwickeln. Inhaltlich betroffen seien zahlreiche Komplexe: Gesundheitsversorgung und Forschung, Bildung und soziale Auswirkungen, Wirtschaft und Finanzen, Wissenschaft und Technologie, das Handeln von Politik und Verwaltung auf allen Ebenen sowie Kommunikation und Medien. Der Antrag wurde bei Enthaltung der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und FDP angenommen.

    Jugendkriminalität

    24.5.2023 - Der Landtag hat die Landesregierung beauftragt, in einer wissenschaftlichen Studie Ursachen für den Anstieg der Kinderund Jugendkriminalität erforschen zu lassen. Zudem sollen Handlungsempfehlungen erarbeitet werden. Das Parlament beschloss einstimmig einen entsprechenden Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen (Drs. 18/4368). "Den Anstieg von Kinder- und Jugendkriminalität nehmen wir ernst und er bereitet uns Sorge", heißt es in dem Antrag der Regierungsfraktionen.

    Wolfsmanagement

    24.5.2023 - Die FDP-Fraktion fordert ein "Update" fürs Wolfsmanagement. Obwohl die Zahl der gerissenen Weidetiere steige, sehe die Landesregierung keinen Handlungsbedarf, heißt es in einem Antrag (Drs. 18/4356). Die Landesregierung solle u. a. prüfen, ob zusätzliche Labore ausgewiesen werden können, um Übergriffe schneller zu bearbeiten. Der Antrag und ein Entschließungsantrag der AfD (Drs. 18/4445) wurden an den Ausschuss für Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Forsten und ländliche Räume überwiesen.

    Lkw-Stellplätze

    24.5.2023 - In Nordrhein-Westfalen fehlten Lkw-Stellplätze, schreibt die AfD-Fraktion in einem Antrag (Drs. 18/4343). Deshalb würden Fahrzeuge "verbotswidrig an sehr gefährlichen Stellen wie Ein- und Ausfahrten direkt an der Autobahn oder sogar auf Seitenstreifen vor und nach Rastanlagen" geparkt. Die Landesregierung solle u. a. nach möglichen Kooperationen mit Unternehmen suchen, um Flächen entlang von Landstraßen nutzbar zu machen. Der Antrag wurde an den Verkehrsausschuss überwiesen.

    ID: LI230307

  • Laufende Gesetzgebung.
    Gesetzgebung
    S. 6 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Reihenfolge: Name des Gesetzes | Drucksache | Antragsteller | ggf. federführender Ausschuss | Beratungsstand

    Stiftungsgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Stiftungsgesetz NRW) | Drs. 18/1921, Drs. 18/4315 (Neudruck) | Landesregierung | 2. Lesung am 24. Mai 2023 | verabschiedet

    Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Einsetzung und das Verfahren von Untersuchungsausschüssen des Landtags Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/3645 | AfD | 2. Lesung am 24. Mai 2023 | abgelehnt

    Gesetz über die Abspaltung von Glücksspielbeteiligungen von der NRW.BANK Anstalt des öffentlichen Rechts und über die Einwilligung zur Verschmelzung der Finanzierungsgesellschaft des Landes NRW zur Kapitalerhöhung bei der WestLB AG mbH mit der Beteiligungsverwaltungsgesellschaft des Landes Nordrhein-Westfalen mbH | Drs. 18/3842 | Landesregierung | 2. Lesung am 24. Mai 2023 | verabschiedet

    Gesetz zur Änderung des Spielbankgesetzes NRW | Drs. 18/4341 | Landesregierung | 1. Lesung am 24. Mai 2023 | Überweisung an den Hauptausschuss

    Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und des Versorgungswerksgesetzes NRW | Drs. 18/4359 | CDU, SPD, Grüne, FDP | 1. und 2. Lesung am 24. Mai 2023 | verabschiedet

    Gesetz zur Änderung des Landespersonalvertretungsgesetzes und weiterer Gesetze | Drs. 18/3065, Drs. 18/4334 | Landesregierung | 2. Lesung am 24. Mai 2023 | verabschiedet

    Gesetz zur Anpassung der Lehrkräftebesoldung sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften | Drs. 18/2277 | Landesregierung | 2. Lesung am 25. Mai 2023 | verabschiedet

    Gesetz zur Zustimmung zum Dritten Staatsvertrag zur Änderung medienrechtlicher Staatsverträge (Dritter Medienänderungsstaatsvertrag) und zur Änderung des WDR-Gesetzes (20. Rundfunkänderungsgesetz) | Drs. 18/3063 | Landesregierung | 2. Lesung am 25. Mai 2023 | verabschiedet

    Gesetz zur Änderung abfallrechtlicher Vorschriften | Drs. 18/4183 | Landesregierung | 1. Lesung am 3. Mai 2023 | Überweisung an den Ausschuss für Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Forsten und ländliche Räume

    Gesetz betreffend den weiteren Aufbau der Medizinischen Fakultät in Ostwestfalen-Lippe und zur Änderung weiterer hochschulgesetzlicher Vorschriften | Drs. 18/4184 | Landesregierung | 1. Lesung am 3. Mai 2023 | Überweisung an den Wissenschaftsausschuss

    Gesetz zur Vermeidung von Gendersprache in den Angeboten des Westdeutschen Rundfunks (Gendersprache-Vermeidungsgesetz WDR) | Drs. 18/1368 | AfD | 2. Lesung am 4. Mai 2023 | abgelehnt

    Gesetz über den "Westdeutschen Rundfunk Köln" (WDR-Gesetz) | Drs. 18/3644 | AfD | Ausschuss für Kultur und Medien | in Beratung

    Gesetz zur Zustimmung zum Staatsvertrag über die Vereinigung der LBS Westdeutsche Landesbausparkasse, Anstalt des öffentlichen Rechts, und der LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin-Hannover, Anstalt des öffentlichen Rechts, zur LBS Landesbausparkasse NordWest, Anstalt des öffentlichen Rechts, und über die LBS Landesbausparkasse NordWest und zur Änderung der Landeshaushaltsordnung | Drs. 18/3482 | Landesregierung | Hauptausschuss | in Beratung

    ID: LI230308

  • Sorge um den Zustand der Brücken.
    Plenarbericht;

    S. 7 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    25. Mai 2023 - Mehr als 1.000 Brücken im Rheinland seien in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand. Zu diesem Ergebnis kommt eine gemeinsame Studie der Industrie- und Handelskammern (IHK) im Rheinland sowie der RWTH Aachen. Die Fraktionen von FDP und AfD hatten unabhängig voneinander eine Aktuelle Stunde zum Thema beantragt.
    Allein im Bezirk der IHK Köln befänden sich 61 sanierungsbedürftige Brücken auf Land- und Bundesstraßen - "und damit in Verantwortung von Straßen.NRW", schreibt die FDP-Fraktion in ihrem Antrag (Drs. 18/4404). Ein konkreter Sanierungsplan der Landesregierung fehle bislang. "Wichtig wäre es, die Vergabe der Bauaufträge zu straffen und dann auch die gesamte Bauzeit zu beschleunigen - etwa durch modulare Brückenbausysteme", so die AfD-Fraktion in ihrem Antrag (Drs. 18/4405). Lange, starre Verfahren sowie fehlende Personalkapazitäten führten "immer wieder zu massiven Verzögerungen", die sich auf den Speditions- und Lieferverkehr sowie auf Pendlerinnen und Pendler negativ auswirkten.
    "Sieben Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm", sagte Christof Rasche (FDP). Die Kammern befürchteten "Verkehrschaos, Deindustrialisierung und unabsehbare Folgen für die Arbeitsplätze in Industrie und Handwerk". Unter Beibehaltung des derzeitigen Tempos bei Sanierungen drohten Brückensperrungen, großräumige Umleitungen und unzumutbare Belastungen für die Bevölkerung. Eine Beschleunigung bei Planung, Sanierung und Neubau sei zwingend erforderlich, sagte Rasche. Die Landesregierung habe "immer Forderungen Richtung Berlin gestellt", im eigenen Verantwortungsbereich aber nichts getan.

    "Spitze des Eisbergs"

    Die mittlerweile gesprengte Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid sei "nur die Spitze des Eisbergs", sagte Klaus Esser (AfD). An der A 45 etwa seien weitere zehn Brücken in kritischem Zustand und müssten umgehend instandgesetzt werden. Nur an der Hälfte werde derzeit gearbeitet. Ähnlich sehe es entlang der A 3 und bei den Rheinbrücken aus. "Welche Stadt wird das nächste Lüdenscheid?", fragte Esser. Es sei "nicht auszumalen, was ein Lüdenscheider Verkehrsinfarkt in Großstädten wie Duisburg, Düsseldorf oder Köln anrichten würde". Die Landesregierung spiele "Russisch Roulette" mit der nordrhein-westfälischen Infrastruktur.
    "Von Risikofaktoren, von Chaos oder Waterloo kann nun wirklich keine Rede sein. Das ist plumpe Panikmache", erwiderte Klaus Voussem (CDU). Die Landesregierung habe seit dem Jahr 2018 bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, "um den Sanierungsstau bei den Brücken schnellstmöglich zu beheben". Der Abgeordnete bezeichnete die Infrastrukturpakete I und II als richtungsweisend. Er verwies zudem auf engmaschige Prüfmaßnahmen und mögliche anlassbezogene Sonderprüfungen von Brücken. Das Land investiere in den Erhalt von Straßen und Brücken in diesem Jahr 213,4 Millionen Euro. Das bekannte Hauptproblem sei der Fachkräftemangel.
    Man bekomme den Eindruck, dass Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) nichts gegen "ausufernde Brückendesaster" und das "Stau-Chaos" unternähmen, sagte Alexander Vogt (SPD). Weder entsprechende Vorschläge seiner Fraktion noch der Untersuchungsausschuss zur Rahmedetalbrücke hätte die beiden Politiker dazu veranlasst, das Problem ernst zu nehmen. "Sorgen Sie dafür, dass endlich die Brücken angepackt werden mit den Mitteln, die Sie hier auch in Nordrhein-Westfalen haben", rief er die Landesregierung auf. Den Industrie- und Handelskammern dankte Vogt für ihre Initiative.
    Deutschland habe ein "Brückenproblem", sagte Martin Metz (Grüne). Das sei keine neue Erkenntnis. Viele Brücken seien in den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren gebaut worden und nicht für die Verkehrslast des 21. Jahrhunderts ausgelegt. "Wir müssen den Anstieg des Lkw-Verkehrs bremsen", forderte der Grünen-Politiker. Alternativen seien mehr Gütertransporte mit der Bahn und Binnenschiffen. Bund, Länder und Kommunen müssten die Fehler der vergangenen Jahrzehnte gemeinsam "heilen" und die bestehende Infrastruktur wieder "flottmachen". Was sanierungsbedürftige Brücken angehe, gelte die Prämisse: "Erhalt vor Neubau".
    Die IHK-Studie beruhe auf Zahlen, die die Landesregierung zuvor transparent vorgelegt habe, sagte Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Bereits im März 2023 habe die Landesregierung in einem Bericht über den Zustand aller 6.422 Brücken informiert, für die das Land NRW die Verantwortung trage. 205 dieser Brücken müssten erneuert, 22 verstärkt und 69 instandgesetzt werden. Die meisten Brücken, die in der IHK-Studie problematisiert würden, seien an Autobahnen gelegen, für die der Bund zuständig sei. Der Bundesverkehrsminister müsse seine Pläne darlegen, wie diese Brücken in Zukunft zu sanieren seien.
    zab, sow, tob

    Systematik: 2810 Verkehrswegebau; 2600 Verkehr

    ID: LI230303

  • Debatte um "Stärkungspakt Armut".
    Plenarbericht;

    S. 8 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    24. Mai 2023 - Rund 150 Millionen Euro stellt die Landesregierung den Kommunen im laufenden Jahr zur Bekämpfung von Armut zur Verfügung. Ein großer Teil des Geldes könne Medienberichten zufolge aber nicht ausgegeben werden, kritisierte die SPD-Fraktion. Schuld seien "Fristen und Bedingungen des Landes". Der Landtag hat darüber in einer Aktuellen Stunde debattiert.
    Das Geld aus dem "Stärkungspakt Nordrhein-Westfalen - gemeinsam gegen Armut" ist u. a. für soziale Einrichtungen, aber auch zur Unterstützung von Menschen vorgesehen, denen Überschuldung, Energiesperren oder Wohnungsverluste drohen. Hintergrund sind gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.
    In der Stadt Duisburg zum Beispiel müssten 80 Prozent des Geldes aus dem Stärkungspakt (5,2 Millionen Euro) zurück ans Land fließen, heißt es im Antrag (Drs. 18/4403) der SPD-Fraktion. "Der Beantragungsaufwand lastet auf den Trägern, die dafür kein weiteres Personal haben, und die kurze Frist verkompliziert das Prozedere", schreibt die Fraktion. Zudem seien Doppelförderungen ausgeschlossen, Einzelfallhilfen daher schwierig.
    Nordrhein-Westfalen habe die höchste Armutsquote aller Flächenländer, sagte Lisa-Kristin Kapteinat (SPD). Im Ruhrgebiet lebe jedes vierte Kind in Armut. Die Bekämpfung von Armut im Land sei daher "bitter nötig". Der Stärkungspakt aber scheine ein "absoluter Flop" zu sein. Dies zeige, welchen Stellenwert Armut und deren Bekämpfung für die Landesregierung hätten. Deren "Credo" laute offenbar: "Lieber keinen Cent zu viel ausgeben - wer weiß, was die damit machen." Es sei "keine gute Zeit für dieses Land, wenn Schwarz-Grün die Bekämpfung von Armut nicht wirklich angeht", sagte Kapteinat.
    Marco Schmitz (CDU) bezeichnete die Vorwürfe seiner Vorrednerin als "Unverschämtheit". Schwarz-Grün bekämpfe Armut "nicht mit Polemik, sondern mit konkreter Politik". Der Stärkungspakt sei dabei nicht das einzige Instrument. Schmitz sprach von einem "großen Bündel" an Maßnahmen für Kinder, Jugendliche und für von Armut bedrohte Menschen. Beispiele seien u. a. Programme in Schulen, für Obdachlose, das Sozialticket, der Stromsparcheck und die Schuldnerberatung. Von den Kommunen habe er gehört, dass sie für das Geld aus dem Stärkungspakt dankbar seien. Auch Träger hätten bestätigt, dass das Projekt funktioniere.

    Menschen in Notlagen

    Viele Menschen lebten in Armut oder seien davon bedroht, sagte Susanne Schneider (FDP). "Politik zur Bekämpfung von Armut muss Menschen in Notlagen einbeziehen." Die Bürokratie erschwere allerdings häufig eine sinnvolle Unterstützung. Dringend nötig seien Ombudsleute als Ansprechpartnerinnen und -partner bei Problemen mit Behörden. Außerdem bestehe der Wunsch nach einer Interessenvertretung auf Landesebene, in der sich Betroffene organisieren könnten. Politik sei gefordert, armutsbetroffene Menschen besser zu unterstützen. Das gelte auch für in Armut lebende Kinder, deren Anteil in den vergangenen Jahren gestiegen sei.
    Der Stärkungspakt der Landesregierung sei "Teil einer ersten Tranche von Maßnahmen", sagte Jule Wenzel (Grüne), der mit dem Krisenbewältigungsgesetz zur Abmilderung der Folgen des Ukraine-Kriegs aufgelegt worden seien. Die Opposition habe die Einrichtung des Sondervermögens zur Krisenbewältigung bei den vergangenen Haushaltsberatungen bekämpft. Ein "ernsthaftes Bekenntnis", Menschen in Krisenzeiten zu unterstützen, müsse mit konsequenter Handlung und Haltung einhergehen, forderte die Grünen-Politikerin: "Nicht nur in der Aktuellen Stunde, sondern auch, wenn der Haushalt verhandelt wird."
    Armut sei nicht so einfach zu beheben, wie die SPD es dargestellt habe, sagte Dr. Martin Vincentz, Vorsitzender der AfD-Fraktion. "Immer mehr Geld hilft eben nicht." Er unterschied zwischen verschiedenen Armutsformen, etwa zwischen Altersarmut und Kinderarmut. "In einem Land, in dem über Fachkräftemangel gesprochen wird, stellt Kinder zu haben ein Armutsrisiko dar", sagte er. Altersarmut bezeichnete Vincentz als "unwürdig für einen reichen Staat". Um Armut grundsätzlich zu bekämpfen, komme es auf Bildung, einen starken Familienverband und auf aktivierende Hilfen an, empfahl der Abgeordnete.
    Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass es allen Kommunen gelinge, die Mittel aus dem Stärkungspakt abzurufen. Dies erfordere "Kreativität, Pragmatismus und etwas zupackenden Mut". Das Ministerium tue alles, um die Kommunen dabei bestmöglich zu unterstützen. Laumann verwies etwa auf Handlungshilfen und möglichst einfache Nachweisformulare. Das "anspruchsvolle Paket" ziele darauf ab, in einer Notlage zu helfen, sagte der Minister und verwies auf die Preissteigerungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise. Es gehe dabei nicht um die allgemeine soziale Situation im Land.
    zab, tob, sow

    Systematik: 5100 Soziales

    ID: LI230304

  • Mangelware Medikamente.
    Plenarbericht
    S. 9 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    3. Mai 2023 - Fiebersäfte, Antibiotika oder auch Schmerzmedikamente für Kinder und Jugendliche - sie sind derzeit Mangelware in den Apotheken. Über Maßnahmen gegen die Versorgungsengpässe hat der Landtag in einer Aktuellen Stunde beraten.
    Die Aktuelle Stunde war von den Fraktionen von CDU und Grünen beantragt worden (Drs. 18/4229). Die Situation habe sich deutlich zugespitzt: "Besonders antibiotikahaltige Säfte für Kinder, die etwa bei Mittelohr- oder Halsentzündungen benötigt werden, sind schwer zu bekommen. Dies ist eine nicht hinnehmbare Situation", heißt es in dem Antrag.
    Das Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte habe deshalb eine offizielle Mangellage ausgerufen, so die Fraktionen weiter. Dies eröffne den Ländern die Möglichkeit, "im Einzelfall von den Vorgaben des Arzneimittelgesetzes befristet abzuweichen". Neben der Bekämpfung der Mangelsituation gehe es aber auch um eine "Stabilisierung des Medikamentenmarktes". Dazu gehöre die Stärkung der Produktion von Arzneimitteln in Deutschland und Nordrhein-Westfalen.
    Marco Schmitz (CDU) bezeichnete die offizielle Anerkennung des Versorgungsmangels durch die Bundesregierung als einen längst überfälligen Schritt. "Es kann nicht die Lösung sein, dass Eltern aus Nordrhein-Westfalen nach Holland fahren, um den Fiebersaft zu kaufen, den sie hier nicht bekommen." Als Vater zweier Kinder könne er den Unmut der Eltern verstehen. Es komme nun darauf an, Medikamente fairer auf die Bundesländer zu verteilen, den Preisdruck auf Hersteller zu verringern und auf europäische Lagerstandorte zu pochen. Die Koalition aus CDU und Grünen sei entschlossen, alles zu tun, um die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen zu schützen.
    Jahrzehntelanges Preisdumping gerade bei patentfreien Arzneimitteln habe zu Lieferketten mit wenigen globalen Herstellern geführt, analysierte Meral Thoms (Grüne). Vor allem auf den Preis und weniger auf die Versorgungssicherheit zu schauen, mache nun verwundbar. Schon kleine Störungen in der Produktion oder Lieferketten könnten zu Engpässen führen. "Lassen Sie uns die Lösung jetzt gemeinsam angehen und mit aller Energie", rief sie zu gemeinschaftlichem Handeln auf. Sie forderte, auf mehr Hersteller, europäische Produktionsstandorte und eine Stärkung von Medikamentenforschung und -produktion in NRW zu setzen.

    "Nicht überraschend"

    Lisa-Kristin Kapteinat (SPD) sprach von einem wichtigen Thema. Das Problem sei "lange verschlafen" worden, nicht innerhalb der nächsten Wochen zu lösen und betreffe nicht nur Nordrhein-Westfalen. Die Engpässe bei Medikamenten für Kinder und Jugendliche kämen nicht überraschend. Bereits im vergangenen Sommer habe ihre Fraktion darauf hingewiesen, dass in vielen Apotheken keine Fiebersäfte mehr erhältlich seien. Kapteinat erinnerte zudem an den von der SPD geforderten "Masterplan zur Stärkung der Kinder- und Jugendgesundheit". Die Koalition habe bislang nicht signalisiert, dass sie dessen Notwendigkeit erkannt habe.
    Hintergrund der Situation in Nordrhein-Westfalen seien "eher suboptimale Produktionsbedingungen" für die Pharmaindustrie, sagte Susanne Schneider (FDP). Auch die Bedingungen für Forschung und Entwicklung seien "ausbaufähig". Die Notlage betreffe nicht nur junge Menschen. Probleme habe es zuletzt u. a. auch bei Krebs- und Blutdruckmedikamenten gegeben. Die Ursachen für Lieferengpässe, deren Dauer und Auswirkungen seien vielfältig. So habe sich die Zahl der Produktionsstätten verringert. Vielfach würden Arzneimittel in China und Indien hergestellt. Zur Bekämpfung der Lieferengpässe seien "europäische und nationale Ansätze" erforderlich.
    Seine Fraktion habe bereits 2020 in einem Antrag gefordert, die Produktion von wichtigen Arzneien zurück nach Deutschland und Europa zu holen, sagte AfD-Fraktionschef Dr. Martin Vincentz. Die Mehrheit im Plenum habe dies abgelehnt - ebenso wie einen weiteren AfD-Antrag vor zwei Monaten zur Medikamentenunsicherheit in Deutschland. Das Problem bestehe seit rund zehn Jahren. "Es ist mittlerweile reichlich spät, nur darüber zu sprechen. Wir müssen dringend Lösungen finden." Wovon allerdings abzuraten sei: nicht zugelassene Medikamente auf den Markt zu bringen, wie in Bayern geschehen.
    Es sei zu befürworten, dass der Bund ein Arzneimittelsicherungsgesetz auf den Weg gebracht habe, sagte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU). Neue Regelungen wirkten aber erst mittelfristig. Dass die Produktion von Medikamenten beispielsweise nach China und Indien verlagert worden sei, habe auch mit Auflagen etwa für die Forschung sowie für Abwässer in Deutschland zu tun. In Zukunft müsse mehr auf die Sicherheit von Lieferketten geachtet werden. "Diese Sicherheit", sagte Laumann, "wird uns am Ende des Tages auch höhere Krankenkassenbeiträge bescheren", die gemeinsam aufgebracht werden müssten.
    sow, zab, tob

    Systematik: 5240 Arzneimittel; 5210 Gesundheitsschutz

    ID: LI230309

  • Problem Messerangriffe.
    Plenarbericht
    S. 10 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    5. Mai 2023 - Zahlreiche Messerstechereien am langen Maiwochenende haben die Landespolitik alarmiert. Zu Vorfällen war es u. a. in Leverkusen, Wuppertal, Düsseldorf, Köln und Bielefeld sowie in den Kreisen Warendorf und Düren gekommen. Über Hintergründe und Reaktionen berieten die Abgeordneten in einer Aktuellen Stunde.
    In Leverkusen sei ein 35-jähriger Mann nach einer Auseinandersetzung an einem Kiosk seinen Verletzungen erlegen, heißt es im Antrag der SPD-Fraktion (Drs. 18/4230), der der Debatte zugrunde lag. In anderen Städten seien mehrere Menschen teils lebensgefährlich verletzt worden.
    Attacken mit Stichwaffen führten regelmäßig zu schweren Verletzungen. "Die hohe Zahl der Messerattacken führt darüber hinaus zu großer Unruhe in der Bevölkerung und beeinträchtigt das subjektive Sicherheitsgefühl der Menschen in außerordentlichem Maße." Die Landesregierung müsse Gegenmaßnahmen ergreifen.
    Andreas Bialas (SPD) zählte acht Tatorte auf, an denen am langen Maiwochenende Messerattacken stattgefunden haben. "Eine nie dagewesene unfassbar brutale Blutspur zieht sich quer durch unser Land", sagte er. "In Nordrhein-Westfalen muss kein Mensch ohne einen vernünftigen Grund mit einem Messer herumlaufen." Er fragte, wie der Innenminister dem "Messer-Wahnsinn" Einhalt gebieten wolle. Ein Blick auf die Statistik gaukle nur Sicherheit vor, da während der Corona-Pandemie insgesamt weniger Menschen unterwegs gewesen seien. Bialas forderte u. a. mehr Waffenverbotszonen und grundsätzliche Polizeipräsenz.
    Über "Law and Order vom Feinsten" seitens der SPD wunderte sich Gregor Golland (CDU). Oft seien es junge Männer, die "aus vermeintlichem Selbstschutz, Imponiergehabe oder einem Gefühl der Stärke" ein Messer bei sich trügen. Golland schloss sich der Forderung nach mehr Waffenverbotszonen an und betonte, dass die Verbote dank konsequenter Kontrolle wirkten. Der Innenminister habe das Problem frühzeitig erkannt: NRW erfasse als erstes Bundesland das Messer als Tatmittel. Golland verwies auf einen Rückgang von Messerattacken um 28 Prozent in den Jahren 2019 bis 2022. Die Koalition werde die Null-Toleranz-Linie gegen Kriminelle fortsetzen.

    "Präventionsoffensive"

    Marc Lürbke (FDP) sprach von 4.191 Messerattacken allein im vergangenen Jahr. Der Landesregierung gelinge es nicht, "der um sich greifenden Messergewalt wirksam zu begegnen". Erforderlich seien mehr Prävention, beschleunigte Verfahren und mehr Abschreckung. So solle die Landesregierung eine "Präventionsoffensive" an Schulen, in Jugendzentren, Sportvereinen und Unterkünften für Geflüchtete starten. "Der weit überwiegende Teil der Täter ist männlich, die meisten unter 30, ein Drittel sogar unter 18", sagte Lürbke. Der Anteil der Täter ohne deutsche Staatsangehörigkeit liege mit 40 Prozent "signifikant über dem Anteil der Gesamtbevölkerung".
    Jede Gewalttat mit einem Messer habe für Opfer, Zeugen und Angehörige furchtbare Folgen, sagte Dr. Julia Höller (Grüne). Diese Taten machten Angst und stärkten das Gefühl von Unsicherheit. Das subjektive Sicherheitsgefühl habe aber "in vielen Fällen nichts damit zu tun, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, Opfer einer Straftat zu werden". Die Politik müsse dieses Gefühl ernst nehmen, dürfe Angst und Unsicherheit aber nicht weiter verschärfen. Das Phänomen müsse "sachlich, wissenschaftlich fundiert und faktenbasiert" eingeordnet werden. Höller sprach von einem Teufelskreis aus "toxischer Männlichkeit", Gruppendynamik und Alkohol.
    Oft würden "intransparente Polizeimitteilungen bezüglich der Herkunft der Täter" veröffentlicht, kritisierte Markus Wagner (AfD) - nach dem Motto: "Bloß nicht sagen, was ist." Das gelte auch für Medien, besonders den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Tageszeitungen. Das Motto hier: "Bloß nicht schreiben, was ist." Behindert würden dadurch der Zeugenaufruf sowie die Ermittlungsarbeit der Polizei. In der Politik wiederum wollten viele "nicht wissen, was ist". Die AfD-Fraktion habe hingegen in der aktuellen Legislaturperiode bereits 49 Kleine Anfragen an die Landesregierung zum Thema Messerangriffe gestellt.
    Es gebe "zu viele Taten mit Messern", sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). Aber: Die Zahl der Messerattacken in Nordrhein-Westfalen sei im Moment niedriger denn je. Im Jahr 2019 habe es rund 5.800 Fälle gegeben. Sie seien kontinuierlich gesunken, auf rund 4.200 im Jahr 2022. 26 Menschen seien gestorben. 22 Prozent der Täter seien Kinder und Jugendliche. Wichtig sei, die Hintergründe differenziert zu betrachten. Es gebe keine 100-prozentige Sicherheit, sondern nur eine "immer besser werdende" Sicherheit, zu der u. a. die Einführung der Waffenverbotszonen in Köln und Düsseldorf beigetragen habe.
    sow, zab, tob

    Systematik: 1300 Innere Sicherheit; 5000 Gesellschaft/Bevölkerung; 5070 Ausländer/Vertriebene/Aus- und Übersiedler

    ID: LI230310

  • Funk, Fernsehen und Finanzen.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 11-12 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    20. April 2023 - Braucht der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR) eine Schlankheitskur? Und falls ja: An welchen Stellen muss er abspecken? Um diese Fragen ging es in einer Sachverständigenanhörung des Ausschusses für Kultur und Medien. Anlass war ein Antrag der FDP-Fraktion.
    Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Hörfunk- und Fernsehsender über Rundfunkbeiträge sei ein "Dauerbrennerthema", schreibt die FDP-Fraktion in ihrem Antrag ("Für einen starken, aber schlanken öffentlich-rechtlichen Rundfunk - Nordrhein-Westfalen muss ein Aktivposten bei der dringenden Modernisierung und Reform der Landesrundfunkanstalten sein"; Drs. 18/2565). Die Fraktion fordert eine Reihe von Änderungen, um die Beiträge stabil zu halten. Durch "Konsolidierungsmaßnahmen" solle sogar eine Halbierung der Gebühren bis zum Jahr 2027 angestrebt werden.
    So müssten sich die Sender primär auf Nachrichten, Kultur, politische Bildung, Dokumentationen und Angebote konzentrieren, die rein kommerzielle Veranstalter nicht als Schwerpunkte hätten. Die Landesregierung solle sich bei künftigen Verhandlungen über Staatsverträge u. a. für eine "deutliche Reduzierung der Anzahl öffentlich-rechtlicher Fernseh- und Hörfunkkanäle" sowie eine "Fusion von Anstalten" einsetzen. Zudem seien "unnötige Doppelstrukturen" in der Verwaltung zu vermeiden.
    Viele der genannten Forderungen seien bereits "Gegenstand von Reformbemühungen", heißt es in einer Stellungnahme des Instituts für Informations-, Telekommunikations- und Medienrecht der Universität Münster. Im 3. Medienänderungsstaatsvertrag stehe beispielsweise, "dass die öffentlich-rechtlichen Angebote der Kultur, Bildung, Information und Beratung zu dienen haben". Unterhaltung sei Teil des Auftrags, wenn sie einem öffentlich-rechtlichen Profil entspreche. Die Anzahl der Sender sei ebenfalls Thema. So seien "nur noch ARD, die dritten Fernsehprogramme, das ZDF sowie 3sat und ARTE verpflichtend als Fernsehprogramme zu veranstalten".
    Der Antrag füge sich als ein Baustein in die Reformdebatte ein und sollte berücksichtigt werden, befindet der "Digitalpublisher und Zeitungsverleger Verband NRW". Die Forderung nach "Schärfung und Fokussierung auf den Kernbereich" sei nachvollziehbar und berechtigt. Der Verband weist auf "umfangreiche Nachrichtenangebote" des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Internet hin: "Eine öffentlich-rechtliche digitale 'Gratispresse' wäre eine Gefahr für die Pressevielfalt in Deutschland, da sie die Refinanzierung privatwirtschaftlich getragener Angebote (...) erheblich erschweren würde."
    Ähnlich argumentiert "Vaunet - Verband Privater Medien". Bei einer Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks müssten auch die Anliegen privater Medienanbieter "umfassend berücksichtigt" werden. Der Verband spricht sich u. a. für eine "deutliche Reduzierung von Werbung und Sponsoring in den Angeboten der Rundfunkanstalten" aus. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk müsse sich auf seine Kernaufgaben fokussieren. Zur Beitragsstabilität könne "maßgeblich eine konsequente Weiterverfolgung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beitragen".

    "Gesamtangebot für alle"

    Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe die Aufgabe, "ein Gesamtangebot für alle zu unterbreiten", so WDR-Intendant Tom Buhrow in seiner schriftlichen Stellungnahme für den Ausschuss. Mit dem 3. Medienänderungsstaatsvertrag hätten die Länder bekräftigt, dass "auch Unterhaltung gleichgewichtiger Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Auftrags ist". Der WDR zeige in seinen Unterhaltungsangeboten "gesellschaftlich relevante Themen" und fördere so den "gesamtgesellschaftlichen Diskurs". Gleichwohl hätten Information, Bildung und Kultur im Programmangebot nach wie vor große Bedeutung. Die ARD habe bereits 2016 "ein umfangreiches Reformpaket aufgesetzt". Ziel sei die "größtmögliche inhaltliche Wertschöpfung bei gleichzeitig größtmöglicher Effizienz".
    Laut WDR-Personalrat wolle die FDP beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk "die Axt anlegen". Dabei dränge sich die Frage auf, ob sie nur Stimmen bei möglichen Wählerinnen und Wählern fangen wolle, "denen gemeinnütziger Rundfunk ein Dorn im Auge ist", und "noch mehr Macht und Einfluss" für Verlage wolle.
    Der FDP-Antrag sei sehr stark auf die "traditionellen Hörfunk- und Fernsehangebote" fokussiert, so Prof. Dr. Christoph Bieber vom Forschungsinstitut "CAIS" (Center for Advanced Internet Studies, Bochum). Digitale, nicht-lineare Angebote würden nicht berücksichtigt. Es spreche nichts dagegen, "gegen unnötige Doppelstrukturen, komplizierte Verwaltungswege oder teure (lineare) Medieninhalte vorzugehen - undifferenzierte Vorschläge zu Fusionierung, Streichung und Zentralisierung weisen jedoch nicht den richtigen Weg zu einer effizienten Modernisierung öffentlich-rechtlicher Medienangebote".

    "Wirtschaftliche Bedeutung"

    Der Film- und Medienverband NRW hebt in seiner Stellungnahme u. a. die wirtschaftliche Bedeutung der Kultur- und Kreativwirtschaft in Nordrhein-Westfalen hervor. Die Sender müssten "ein Vollprogramm in allen Genres anbieten", um im publizistischen Wettbewerb mit Privatsendern zu bestehen. Dem FDP-Vorschlag zufolge würde es Sendungen wie "heute-show" (ZDF), "Mitternachtsspitzen" (WDR/ARD), "Charité" (ARD), "Ku'damm" (ZDF) oder "Aktenzeichen XY" (ZDF) künftig nicht mehr geben.
    Man begrüße die Debatte zur Weiterentwicklung und Zukunftssicherung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, schreibt der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) NRW. Ein "konsequenter Veränderungsprozess" sei notwendig. Wie der Film- und Medienverband sieht auch der DJV bei einer Umsetzung der Forderungen "geradezu dramatische Auswirkungen" auf den Medienstandort Nordrhein-Westfalen: "Die Zahl der direkt und indirekt vom ÖRR abhängigen Arbeitsplätze würde erheblich sinken." Eine politische Vorgabe zur Höhe des Rundfunkbeitrags möge "auf den ersten Blick populär erscheinen, ist am Ende aber doch schlicht populistisch".
    zab

    Zusatzinformation:
    Öffentlich-rechtlicher Rundfunk
    Hörfunk und Fernsehen wurden in der Bundesrepublik Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg als öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten organisiert. Sie waren damit staatsunabhängig, jedoch keine privatwirtschaftlichen Organisationen. Hintergrund: Hörfunk und Fernsehen sollten nicht wie im Nationalsozialismus zentral gesteuert werden, sondern unabhängig und kritisch berichten.
    Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten unterliegen keiner behördlichen Fachkontrolle, sie sind mit Selbstverwaltungsbefugnissen ausgestattet. Ihre Aufgabe ist die Grundversorgung mit Radio- und Fernsehprogrammen. Diese Aufgabe ist ihnen gesetzlich zugewiesen. Die Anstalten finanzieren sich überwiegend aus Rundfunkbeiträgen. (Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung)

    Systematik: 7720 Rundfunk/Fernsehen

    ID: LI230311

  • Standpunkte: "Öffentlich-rechtlicher Rundfunk".
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 12-13 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ...

    Andrea Stullich (CDU) ... muss sich mit der Gesellschaft weiterentwickeln und ein Gesamtangebot für alle machen, um relevant zu bleiben. Wir wollen moderne Anstalten mit klarem Profil und hoher Verlässlichkeit, die sich gut ergänzen. Denn gerade in Zeiten von Fake News und wachsender populistischer Strömungen braucht es ein starkes duales Mediensystem und dafür auch in Zukunft einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
    Ina Blumenthal (SPD) ... ist ein wichtiger Bestandteil unserer Demokratie. Er ist eine unverzichtbare Informationsquelle für die Gesellschaft und hält die Menschen durch die Berichterstattung sowohl auf lokaler als auch auf globaler Ebene auf dem Laufenden. Daher setzen wir uns auch in Zukunft für einen starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein.
    Anja von Marenholtz (Grüne) ... ist eine wichtige Säule der unabhängigen Berichterstattung und stellt eine zuverlässige Informationsquelle für die Bürgerinnen und Bürger dar. Gerade in Zeiten von Desinformation, Hass und Hetze zeigt sich umso mehr, wie wichtig unabhängiger Journalismus ist. Auch der ÖRR leistet einen wichtigen Beitrag gegen Fake News und Verschwörungsmythen.
    Ralf Witzel (FPD) ... hat die Aufgabe der Grundversorgung vor allem mit Bildung, neutraler Information und Kultur unabhängig von Quote und Kommerz. Dieser Auftrag ist gerade in Zeiten von Fake News wichtig und durch eine Fokussierung zu stärken. Der ÖRR trägt mit privaten Anbietern zur Vielfaltssicherung bei. Nur journalistischer Mehrwert rechtfertigt Pflichtbeiträge, nicht Parallelangebote und seichtes Entertainment.
    Sven W. Tritschler (AfD) ... ist in seiner jetzigen Form ein Relikt aus den 1950er- Jahren. Unsere Fraktion, die hier schon lange durchgreifende Reformen fordert, freut sich, dass nun auch die FDP - nachdem sie nicht mehr regiert - bereit ist, an einem Umbau der öffentlich-rechtlichen Anstalten mitzuwirken. Der Auftrag der Bürger ist klar: In allen Umfragen wird mit großer Mehrheit zumindest ein Rückbau von ARD und Co. gefordert.

    Eine Reform ...

    Andrea Stullich (CDU) ... muss ein ehrlicher Neuanfang sein und zügig vorangehen. Es geht vor allem darum, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Ziel muss ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk sein, der für sein vielfältiges Programm sparsam wirtschaftet, transparent in seinen Entscheidungen ist, über eine funktionierende Aufsicht verfügt, die senderübergreifende Zusammenarbeit stärkt und Strukturen verschlankt.
    Ina Blumenthal (SPD) ... ist nötig und muss das Profil des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stärken, gerade in Zeiten der geänderten Mediennutzung. Auch Demokratisierungsprozesse und eine gerechte Bezahlung aller Mitarbeitenden muss Teil davon sein.
    Anja von Marenholtz (Grüne) ... der Rundfunkanstalten ist notwendig. Wir unterstützen daher die Bemühungen der Rundfunkanstalten und regen Einsparpotenziale an. Zusätzlich muss der ÖRR diverser werden, wenn er auch weiter einen breiten Teil der Bevölkerung erreichen möchte. Ein vielfältig besetzter Rundfunkrat könnte ein Anfang sein, der sich in den Anstalten selbst fortsetzen sollte.
    Ralf Witzel (FPD) ... ist unverzichtbar, eilbedürftig und Voraussetzung für gesellschaftliche Akzeptanz. Rund 80 Programme, 800 soziale Netzwerke, eine Expansion presseähnlicher Onlineangebote ohne Sendungsbezug und XXL-Mediatheken sind inakzeptabel und eine unfaire Konkurrenz zu Anbietern, die ihre Erlöse täglich selbst hart im Markt erwirtschaften müssen. Die Privilegien des ÖRR dürfen Medienvielfalt nicht verdrängen.
    Sven W. Tritschler (AfD) ... der Anstalten ist überfällig. Das musste inzwischen sogar WDR-Chef Buhrow zugeben. Die AfD-Fraktion NRW hat gemeinsam mit sieben weiteren Landtagsfraktionen schon 2019 das "GRUNDFUNK"-Konzept auf den Weg gebracht und damit gezeigt, wie es gehen kann: Abschaffung des Rundfunkbeitrags, Verkleinerung der Anstalten, Fokussierung auf Nachrichten-, Kultur-, Bildungs- und Regionalprogramme.

    Das Programm ...

    Andrea Stullich (CDU) ... muss zum Profil der Sender passen und Angebote machen, die Privatsender so nicht leisten können. Es muss unterschiedliche Meinungen und Perspektiven journalistisch vielfältig darstellen und die verschiedenen Lebenswelten der Menschen in Stadt und Land glaubwürdig abbilden. Denn die Menschen erwarten zu Recht vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk, auf höchstem Niveau informiert und unterhalten zu werden.
    Ina Blumenthal (SPD) ... liefert gut recherchierte Nachrichten, niveauvolle Unterhaltung, werbefreie Kinderprogramme und Bildung in fast allen gesellschaftlichen Bereichen.
    Anja von Marenholtz (Grüne) ... erfüllt in seiner Form den Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Neben dem Informationsprogramm strahlen die Sendeanstalten auch Kultur- und Unterhaltungssendungen aus. Damit schaffen sie einerseits Aufmerksamkeit für die Nachrichtensendungen und bilden gesellschaftlich relevante und kritische Themen auch in fiktiver Form ab.
    Ralf Witzel (FPD) ... hat an Qualität und Ausgewogenheit verloren und unterscheidet sich immer weniger vom privaten Angebot, vor allem bei Unterhaltung, die längst die Hauptsendezeit im ÖRR dominiert. Teurer Rechteerwerb sollte seltener werden. Wir wollen eine gründliche Strukturreform. Unser Ziel ist ein starker, moderner und schlanker ÖRR, der sich primär auf Angebote konzentriert, die private Wettbewerber nicht liefern.
    Sven W. Tritschler (AfD) ... muss auf das Wesentliche beschränkt werden. Und das sind die Dinge, die private Anbieter nicht leisten können: Regionales, Information, Kultur, etc. Wir dürfen die Bürger aber nicht mit einer Zwangsabgabe nötigen, Kapitän Silbereisens Traumschiff zu bezahlen oder FIFA und UEFA Milliarden für Sportrechte überweisen: Das können und sollen Private machen und diejenigen bezahlen, die es sehen wollen.

    Rundfunkbeiträge ...

    Andrea Stullich (CDU) ... sichern Vielfalt und die Unabhängigkeit der Sender. Sie müssen stabil bleiben, denn sie sind ein Privileg, mit dem die Sender sehr sorgsam umgehen müssen. Sie müssen damit effizient wirtschaften und den Menschen einen erkennbaren Mehrwert für ihr Geld liefern. Guter, kritischer Journalismus und unabhängige Medien müssen uns etwas wert sein, aber Verschwendung und Maßlosigkeit haben dort keinen Platz.
    Ina Blumenthal (SPD) ... sorgen dafür, dass die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks vom Staat gewährleistet wird.
    Anja von Marenholtz (Grüne) ... sollten unserer Ansicht nach möglichst stabil gehalten werden. Die Finanzierung des ÖRR ist verfassungsrechtlich vorgeschrieben. Sie leitet sich direkt aus der Rundfunkfreiheit ab, die im Grundgesetz festgelegt ist. Rundfunkbeiträge stehen aber auch im unmittelbaren Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Akzeptanz des ÖRR, auf die dieser angewiesen ist. Das darf nicht vergessen werden.
    Ralf Witzel (FPD) ... sind konjunkturunabhängig, für alle verpflichtend und daher das zentrale Privileg des weltweit teuersten ÖRR. Jährlich 8,5 Mrd. Euro sind entschieden zu viel. Wir wollen den Pflichtbeitrag perspektivisch halbieren. Ein Pflichtbeitrag, der auch ohne Nutzung anfällt, bedingt höchste Anforderungen an Transparenz und Kontrolle der Mittelverwendung. Für eine Beitragssenkung ist der ÖRR-Auftrag zu beschränken.
    Sven W. Tritschler (AfD) ... hießen früher "Rundfunkgebühren", aber das ist nur Kosmetik: In Wahrheit ist es eine Quasi-Steuer, die jeder zahlen muss, ob er das Programm nun konsumiert oder nicht. Das gefällt natürlich den Kollegen im Landtag, die unübersehbaren Einfluss auf das Programm nehmen. Den Bürgern aber gefällt es immer weniger: Nach aktuellen Umfragen sind nur elf Prozent mit der Höhe des Beitrags einverstanden.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230312

  • 75 Jahre Staat Israel - "Die Freundschaft lebt".

    S. 14-15 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    15. Mai 2023 - Landtag und Landesregierung haben während einer gemeinsamen Feierstunde im Plenarsaal an die Gründung des Staates Israel vor 75 Jahren erinnert. Die Festrede hielt Prof. Ron Prosor, der Botschafter Israels in Deutschland. Am 14. Mai 1948 hatte David Ben-Gurion die israelische Unabhängigkeitserklärung in Tel Aviv verkündet.
    André Kuper, der Präsident des Landtags, begrüßte im Plenarsaal neben den Abgeordneten und Mitgliedern der Landesregierung zahlreiche Gäste - unter ihnen Dr. Abraham Lehrer, Zwi Rappoport und Dr. Oded Horowitz als Vertreter jüdischer Verbände im Land, die Präsidentin des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen, Prof. Dr. Dr. h.c. Barbara Dauner-Lieb, der Generalkonsul Polens, Jakub Wawrzyniak, der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, die frühere Landtagspräsidentin Carina Gödecke, der frühere Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg, die ehemaligen Ministerpräsidenten Prof. Dr. Jürgen Rüttgers und Armin Laschet sowie die frühere stellvertretende Ministerpräsidentin Sylvia Löhrmann.

    Partnerschaften

    "Dass unsere Länder, dass viele Menschen in unseren Ländern nach dem Menschheitsverbrechen Nazideutschlands an den Juden Freunde werden konnten, erfüllt mich mit tief empfundener Dankbarkeit", sagte Kuper. Er erinnerte an viele Partnerschaften Nordrhein- Westfalens mit Israel - u. a. zwischen Kommunen, Schulen, Universitäten, Unternehmen und im Sport. Der Präsident nannte in diesem Zusammenhang auch die 1987 ins Leben gerufene Parlamentariergruppe NRW-Israel: "Sie war die erste Parlamentariergruppe dieses Hauses." Die deutsch-israelische Freundschaft lebe, sagte der Landtagspräsident: "Sie hat Bestand - auch für die kommenden Generationen."
    Den Nationalfeiertag und die Gründung eines anderen Staates mit einem Festakt im Landtag zu begehen, sei einzigartig - "genauso einzigartig wie die Beziehungen unseres Landes zu Israel", sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst. Jüdisches Leben sei im Rheinland und in Westfalen über Jahrhunderte gewachsen und habe Geschichte, Kultur und wirtschaftliche Entwicklung geprägt. Mit dem Menschheitsverbrechen der Shoa sei das jüdische Leben im Land fast vollständig vernichtet worden: "Dass es nach diesem Zivilisationsbruch heute wieder so vielfältig blüht, ist alles andere als selbstverständlich." Das Land Nordrhein-Westfalen sehe sich in besonderer Verantwortung im Kampf gegen Antisemitismus und für die Stärkung der israelisch-deutschen Freundschaft, sagte Wüst.
    "Was für eine Veranstaltung!", begann Prof. Ron Prosor, Botschafter des Staates Israel in Deutschland und Ehrengast der Veranstaltung, seine Rede. Er fühle sich fast wie zu Hause. Die Beziehungen Nordrhein-Westfalens zu Israel bezeichnete er als "Paradebeispiel für alle anderen Bundesländer". So habe NRW als eines der beiden ersten Bundesländer eine Landesvertretung in seiner Heimat eröffnet. Besonders hob Prosor die vielfältigen lebendigen Beziehungen hervor, die Nordrhein-Westfalen mit Israel unterhalte - von Wissenschaft und Wirtschaft über Kultur und Sport bis hin zum Jugendaustausch. Letztgenannter könne eine Brücke sein, um gemeinsam die Zukunft zu gestalten: "Die Kinder von heute werden die Kanzler, Präsidenten und Premierminister von morgen sein."

    "Zu neuen Höhen"

    Die Feier im Landtag zeige ihm zweierlei, so Prosor: zum einen, was in 75 Jahren bereits geschafft worden sei. Zum anderen werde man in weiteren 75 Jahren Zusammenarbeit die Beziehungen zwischen Israel und Nordrhein-Westfalen "zu neuen Höhen bringen".
    Der Botschafter erinnerte an die Worte der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel, nach denen Deutschland der Sicherheit Israels verpflichtet sei und diese Verantwortung zur deutschen Staatsräson gehöre. Es liege in der Verantwortung beider Seiten, "diese Begriffe mit Inhalt und Leben zu füllen", betonte Prosor.
    "Nach 75 Jahren reichen wir jedem die Hand, der mit uns Frieden schließen will. Mit der anderen Hand halten wir das Schild Davids sehr, sehr eng an unsere Brust." Denn: "Nur ein sehr starkes Israel kann Frieden in unserer Region erreichen." red

    Bildunterschriften:
    Feierstunde im Plenarsaal
    Der Jugendchor des Albert-Einstein-Gymnasiums Düsseldorf sang auf der Tribüne die israelische Nationalhymne.
    Empfang vor der Feierstunde (v.l.): Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Landtagspräsident André Kuper, Volker Beck, Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, und der israelische Botschafter Prof. Ron Prosor.

    Zusatzinformationen:
    Programm
    Musikalisch begleitet wurde die Feierstunde von Shelly Ezra (Klarinette) und Naaman Wagner (Klavier) vom deutsch-israelischen "Else Ensemble". Sie brachten Werke u. a. von Joseph Horovitz und Béla Kovács zu Gehör. Der Jugendchor des Albert-Einstein-Gymnasiums Düsseldorf sang die israelische Nationalhymne. Die Moderatorin Stella Jürgensen las zur "Stunde Null des Staates Israel" - eine literarische Bearbeitung der Unabhängigkeitserklärung Israels.
    Ein Video der Feierstunde und einen Mitschnitt finden Sie auf der Internetseite des Landtags unter www.landtag.nrw.de.


    Systematik: 7300 Religionsgemeinschaften

    ID: LI230305

  • Werkstattgespräch zum Ausbau der Windenergie.
    Aus den Fraktionen
    S. 16 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Nordrhein-Westfalen genehmigt mehr Windräder als jedes andere Bundesland. Der ambitionierte Ausbau der Erneuerbaren ist der Koalition von CDU und Grünen wichtig - und deshalb Thema eines Werkstattgesprächs am 7. Juni im Landtag. Die Windenergie leistet nicht nur einen Beitrag zur Erreichung unserer Klimaziele, sondern macht uns unabhängiger von fossilen Energieträgern, stärkt unsere Energiesouveränität und den Industriestandort Nordrhein-Westfalen. Eine wichtige Voraussetzung für den Ausbau ist hierbei die Akzeptanz in der Bevölkerung. Noch in diesem Jahr wollen CDU und Grüne das Bürgerenergiegesetz schaffen: Dieses soll Anwohnern und Kommunen ermöglichen, sich an neuen Windenergieanlagen zu beteiligen und somit auch von den Erträgen finanziell zu profitieren. Das schafft Anreize, Windenergieprojekte vor Ort zu planen und umzusetzen.
    Ein gemeinsames Werkstattgespräch soll die Diskussionsgrundlage für den Gesetzgebungsprozess schaffen. Unter dem Titel "Bürgerenergie: Akzeptanzsicherung und beschleunigter Windenergieausbau für Nordrhein-Westfalen" werden Erfahrungen mit Beteiligungsmodellen ausgetauscht. Referenten sind Bürgermeister, Windparkparkbetreiber, Vertreter der Stadtwerke sowie Rechtsexperten und Planer. Im Anschluss laden die Fraktionen zum Imbiss vor dem Plenarsaal ein.
    Das Werkstattgespräch findet am Mittwoch, 7. Juni 2023, von 17 bis 19 Uhr im Plenarsaal des Landtags statt. Die Teilnehmerzahl ist begrenzt, um Anmeldung bis 1. Juni wird gebeten. Das Anmeldeformular finden Sie online unter cdu-nrw-fraktion.de.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230313

  • Mahnen. Gedenken. Erinnern. - 30 Jahre nach dem Brandanschlag von Solingen.
    Aus den Fraktionen
    S. 16 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Gewalt hat viele Gesichter. Ihr hässlichstes ist der Hass selbst. Am 29. Mai 1993 hat es sich bei dem Brandanschlag von Solingen auf das Haus der Familie Genç in seiner schlimmsten Form gezeigt. Fünf Menschen kamen damals ums Leben. Es war der traurige Höhepunkt einer Welle von rassistischen Anschlägen zu Beginn der 1990er-Jahre. 30 Jahre danach haben wir Anfang Mai in einer emotionalen Gedenkveranstaltung an die Opfer erinnert und ein Zeichen gegen Rechtsextremismus gesetzt.
    Mehr als 200 Gäste verfolgten sichtlich betroffen die Erfahrungsberichte von Gamze Kubaşık, Tochter des 2006 vom NSU ermordeten Dortmunders Mehmet Kubaşık, und Ibrahim Arslan, Überlebender des rassistischen Anschlags von Mölln 1992. Birgül Demirtaş vom Informations- und Dokumentationszentrum für Antirassismusarbeit in NRW und Zeitzeugin sowie Reem Alabali-Radovan, Beauftragte des Bundes gegen Rassismus, bekräftigten, wie wichtig der Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus nach wie vor sei. Denn nicht zuletzt die NSU-Morde, München, der Mord an Walter Lübcke, Halle und Hanau zeigen, dass wir in Deutschland leider bis heute rechtsextreme Gewalt erleben. Wir treten dieser Gesinnung weiterhin entschieden entgegen.

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    ID: LI230314

  • Grüne Fraktion vor Ort im Rheinischen Revier.
    Aus den Fraktionen
    S. 17 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Der Kohleausstieg im Rheinischen Revier wird auf 2030 vorgezogen, damit retten wir fünf Dörfer und drei Feldhöfe - die Anwohnerinnen und Anwohner haben endlich die Gewissheit, in ihrem Zuhause bleiben zu dürfen. Die Region steht nun am Anfang des beschleunigten Strukturwandels, und für unsere Fraktion ist klar: Jetzt geht es darum, den Fokus noch intensiver auf die Frage nach der Zukunftsperspektive für diese Orte zu richten. Dafür waren unsere Abgeordneten kürzlich unter anderem zu Besuch in Keyenberg und beim Eggerather Hof, um mit den Menschen vor Ort ins Gespräch zu kommen, ihre Ideen, Wünsche und Forderungen für die Zukunft des Reviers zu erfahren. Denn viele Menschen in der Region haben sich bereits Gedanken über die Zukunft gemacht, zahlreiche Ideen sind entstanden, die sich über alle Lebensbereiche erstrecken: Eine aktive Dorfgemeinschaft mit generationsübergreifendem Zusammenleben, ein gutes Nahversorgungsangebot, kulturelle Angebote oder eine gute Verkehrsinfrastruktur sind unter anderem die zentralen Themen für die Anwohnerinnen und Anwohner. Wir setzen uns für eine sichere und nachhaltige Transformation des Rheinischen Reviers ein. Diesen Prozess wollen wir gemeinsam mit den Menschen angehen. Ihre vielen Ideen werden wir in unsere Arbeit im Landtag einfließen lassen.

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    ID: LI230315

  • Grundfunk statt Rundfunk.
    Aus den Fraktionen
    S. 17 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist seit Jahren ein Kernanliegen der Alternative für Deutschland. Schon 2019 hat unsere Fraktion gemeinsam mit den Kollegen aus Hamburg, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern das "Grundfunk"-Konzept vorgestellt, das inzwischen auch Bestandteil des AfD-Programms geworden ist.
    Die Eckpunkte sind: Eine Fokussierung der Anstalten auf echte Grundversorgung, das heißt: Nachrichten, Information, Kultur, Bildung und Regionales und eine Verringerung der Finanzausstattung auf ein Zehntel des gegenwärtigen Volumens. Dazu sollte man wissen: Der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk ist der teuerste der Welt und wäre auch mit der von uns angestrebten Reduzierung im internationalen Vergleich noch bestens ausgestattet.
    Finanziert werden sollen die so verkleinerten Anstalten nicht mehr direkt durch die Bürger, sondern durch eine Abgabe großer Medienkonzerne. Schließlich sollen die Aufsichtsgremien der Anstalten weniger mit Lobbyisten und vielmehr mit Experten und echten Zuschauervertretern besetzt werden.
    Durch diese Umgestaltung erwarten wir deutlich mehr Wettbewerb und Vielfalt in der Medienlandschaft anstatt des politisch stark beeinflussten und einseitig ausgerichteten Rundfunks der Gegenwart. Die "Staatsferne", wie sie von den Anstalten und ihren Unterstützern immer wieder in Anspruch genommen wird, ist in Wahrheit eine Simulation: Der Staat gibt den Rahmen vor, der Staat besetzt die Aufsichtsgremien, der Staat nimmt den Bürgern (notfalls mit Erzwingungshaft) den Rundfunkbeitrag ab.
    Würde man die Bürger fragen, wäre die Antwort übrigens eindeutig: Rund ein Drittel möchte ganz auf die öffentlich-rechtlichen Sender verzichten, insgesamt drei Viertel wollen sie zumindest deutlich verkleinern. Nur im Landtag hat der Status quo noch sehr viele Freunde: Die Gründe sind naheliegend.

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    ID: LI230317

  • Migrations- und Integrationspolitik: Neues 11-Punkte-Programm der Freien Demokraten.
    Aus den Fraktionen
    S. 17 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Nordrhein-Westfalen nimmt mit seinen 18 Millionen Einwohnern mehr Flüchtlinge aus der Ukraine auf als Frankreich mit 65 Millionen Einwohnern. Das ist das Ergebnis der Politik CDU-geführter Regierungen unter Bundeskanzlerin Angela Merkel. Jahrelang wurde es versäumt, eine geregelte Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas durchzusetzen. Dieses Defizit geht zulasten der Flüchtlinge und der Staaten, die sie aufnehmen und versorgen. Als Beitrag zur Problemlösung hat die FDP-Landtagsfraktion NRW jetzt elf politische Forderungen in einem Positionspapier formuliert.
    "Wir müssen die Migrations- und Integrationspolitik neu ordnen. Denn nicht die Migration bereitet uns Probleme, sondern wie sie organisiert ist. Generationen von Einwanderern haben einen wichtigen Beitrag geleistet, NRW aufzubauen und mitzugestalten. Unser Bundesland wird auch in Zukunft auf Einwanderung angewiesen sein, um unseren Wohlstand zu sichern. Einwanderung darf jedoch nicht ungeordnet erfolgen. Wir müssen diese stärker an unseren Interessen ausrichten. Mehrere Wirtschaftszweige werden ohne ausländische Arbeitskräfte ihr Leistungsangebot nicht mehr aufrechterhalten können", sagt Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Fraktion.
    Die Freien Demokraten im Landtag NRW verfolgen zwei zentrale Ziele: Einerseits bekennen wir uns zu einer Politik der Liberalität. Wir wollen mehr legale Einwanderung in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Wir stehen fest an der Seite unserer Städte und Gemeinden, die gerade eine außerordentliche Herausforderung meistern. Wir werden bürgerschaftliches Engagement weiter fördern und stärken. Asylrecht und Flüchtlingsschutz setzen wir durch, zusammen mit unseren Freunden in Europa. "Anderseits verlangen wir mehr Verbindlichkeit. Denn nicht jeder Mensch, der zu uns kommt, kann bleiben. Und ein Europa ohne Binnengrenzen setzt für uns eine starke Außengrenze voraus", sagt Höne.
    Lesen Sie hier das 11-Punkte-Programm im Detail:
    QR-Code siehe Originalseite

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    ID: LI230316

  • Medaille für "Mr. Gartenschau".
    S. 18 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    20. April 2023 - Der Präsident des Landtags, André Kuper, ist zum Auftakt der Landesgartenschau in Höxter mit der Ernst-Schröder-Medaille ausgezeichnet worden. Die Ehrung erhalten Persönlichkeiten, die sich in Nordrhein-Westfalen für den Garten- und Landschaftsbau eingesetzt haben.
    Der Vize-Präsident des Verbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau, Frank Benning, überreichte Kuper die Auszeichnung im Anschluss an die Eröffnung der Landesgartenschau in Höxter. Die Laudatio hielt die Ministerin für Landwirtschaft und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen, Silke Gorißen. Im Jahr 1999 hatte etwa der frühere Ministerpräsident und Bundespräsident Johannes Rau die Medaille erhalten.
    André Kuper hat nicht nur durch seine Arbeit als Präsident sowie Mitglied des Landtags den Landschafts- und Gartenbau unterstützt. Als hauptamtlicher Bürgermeister der Stadt Rietberg hatte er die Landesgartenschau 2008 in der ostwestfälischen Stadt organisiert. Der Gartenschaupark Rietberg ist bis heute ein touristischer Magnet der Region. Als Präsident des Landtags setzt sich Kuper u. a. für die Weiterentwicklung des Bürgerparks Bilk rund um das geplante Erweiterungsgebäude des Landesparlaments in Düsseldorf ein. Wegen seines Engagements wird der Politiker auch "Mr. Gartenschau" genannt.
    Landwirtschaftsministerin Gorißen sagte bei der Preisverleihung: "André Kuper ist seit jeher in seinen Ämtern und Funktionen ein Unterstützer und Wegbegleiter des Gartenund Landschaftsbaus in Nordrhein-Westfalen. So hat André Kuper als Bürgermeister im Jahr 2008 die damalige Landesgartenschau nach Rietberg geholt, nachdem die Stadt unter seiner Ägide schon im Jahr 2006 die Goldmedaille im bundesweiten Wettbewerb 'Unsere Stadt blüht auf' gewann."

    Lebensqualität

    Als Abgeordneter und Präsident des Landtags setze André Kuper sein Engagement für Gärten und Parks in den Städten und Gemeinden fort, um so die Lebensqualität der Menschen zu verbessern und das ökologische Klima vor Ort zu erhöhen, betonte die Ministerin. Seine Tür sei immer offen für Ideen und mehr Dialog zur Verbesserung des Stadtbildes zum Beispiel durch blühende Gärten, Fassadenbegrünung oder moderne Freizeitplätze. Gorißen: "Es freut mich daher von Herzen und es ist mir eine Ehre, Landtagspräsident André Kuper die renommierte Ernst-Schröder-Medaille für seinen langjährigen Einsatz für ein besseres Leben und Wohnen in Nordrhein-Westfalen zu überreichen. Herzlichen Glückwunsch, lieber André Kuper, zu dieser verdienten Auszeichnung!"
    André Kuper sagte in seiner Dankesrede: "Die Auszeichnung mit der Ernst-Schröder-Medaille ist eine Würdigung der Bemühungen um eine lebenswerte Heimat in unserer Region und in Nordrhein-Westfalen, für die ich mich herzlich bedanke. Die Landesgartenschau 2008 hat meine Heimatstadt Rietberg nachhaltig verändert, dies zu sehen, erfüllt mich bis heute mit Dankbarkeit. Es ist auch das Werk der mehr als 1.200 Menschen, die im Förderverein Gartenschaupark, den ich ehrenamtlich leiten darf, mit anpacken. Die Kulturlandschaft Nordrhein-Westfalens verdankt ihre Schönheit auch den Ideen der Landschaftsarchitekten und Gartenbauer. Unser Land wäre ohne die vielen Betriebe und Beschäftigten im Garten- und Landschaftsbau weniger lebenswert. Der Blick auf die Herausforderungen der Klimaveränderung und der Landschaftsplanung zeigt, dass wir diese Branche in Zukunft noch mehr brauchen werden."
    red

    Zusatzinformation:
    Der Landtag präsentiert sich im Juni und August auf der Landesgartenschau in Höxter. Vom 12. bis 20. Juni und vom 11. bis 20. August finden im "Bunten Klassenzimmer" Simulationen von Plenarsitzungen für Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 9 aller Schulformen statt. Zudem macht die Wanderausstellung "Landtag macht Schule" vom 7. bis 19. Juni und vom 9. bis 20. August Station in der Blumenhalle der Landesgartenschau. Mehr Informationen: sandra.dragon@landtag.nrw.de, claudia.diamantis@landtag.nrw.de. Das Präsidium des Landtags wird am 12. Juni 2023 im Rahmen der Veranstaltungsreihe "Landtag Lokal" Höxter besuchen und u. a. auf der Landesgartenschau zu Gast sein.

    ID: LI230318

  • Porträt: Wibke Brems (Grüne).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Wie kamen sie in die Politik? Wo liegen ihre politischen Schwerpunkte? Landtag Intern stellt in jeder Ausgabe Abgeordnete vor. Diesmal im Porträt: Wibke Brems, gemeinsam mit Verena Schäffer Vorsitzende der Grünen-Fraktion. Die 42-Jährige hat Elektrotechnik studiert und das Studium als Diplom-Ingenieurin abgeschlossen.
    "Der Hambacher Forst muss bleiben", steht auf einem Plakat, das an der Bürotür der Grünen-Fraktionsvorsitzenden Wibke Brems im Landtag hängt. Noch gut erinnert sie sich an die Demonstrationen am Rheinischen Tagebau, als sie frisch aus Ostwestfalen kam, wo das Kohleland Nordrhein-Westfalen weit weg schien. "Das Rheinische Revier spielt in der Kommunalpolitik in Gütersloh keine Rolle - je mehr ich mich mit Energiepolitik befasst und politisch engagiert habe, desto mehr war mir klar: Wenn Nordrhein-Westfalen keine ambitionierte Klimapolitik macht, dann kann ganz Deutschland seine Klimaziele nicht erreichen."
    Der Impuls, in die Politik zu gehen, kam für Wibke Brems durch das Erdölunternehmen Shell und dessen Pläne, Mitte der 90er-Jahre die Ölplattform Brent Spar im Atlantik zu versenken. "Ich war damals so entsetzt und dachte: So dürfen wir mit unserer Natur nicht umgehen", erzählt die Abgeordnete. Ein Infostand der Grünen war ihre Anlaufstelle: Mit anderen jungen Menschen aus Gütersloh initiierte sie eine Ortsgruppe der Grünen Jugend. Auch wenn zu ihren ersten politischen Forderungen die Ansiedlung einer Disko für Gütersloh zählte, sei der Schutz der Umwelt immer in ihrem Fokus geblieben: "Ich wollte ein neues Bewusstsein dafür schaffen, dass wir dabei sind, diesen Planeten zu zerstören, wenn wir nicht endlich umdenken."
    Die Bundestagswahl 1998 beflügelte Wibke Brems: Auch wenn sie selbst noch nicht wählen durfte, sei das eine Zeit des Aufbruchs gewesen, erinnert sie sich: "Ich bin aufgewachsen in dem Glauben, 'Bundeskanzler Kohl' sei ein zusammenhängendes Wort", sagt sie und lacht. "Plötzlich war da dieser rot-grüne Aufbruch und ich durfte beim Bundesparteitag dabei sein, als über den Koalitionsvertrag abgestimmt wurde."
    Während sie seit 1999 als sachkundige Bürgerin im Gütersloher Stadtrat weiter Politik machte, studierte Brems in Bielefeld Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt "Erneuerbare Energien" - damals noch ein ziemliches Exotenfach, sagt sie: "Mit 20 Prozent Frauenanteil fielen wir in dem Fachbereich schon auf. Die Professoren waren meist alte Männer, die nichts von Erneuerbaren Energien hielten und uns rieten aufzuhören."
    Heute profitiert Wibke Brems von ihrem Studium: Politisch setzt sie sich seit Langem für einen "konsequenteren Umbau der Energieversorgung" ein, ist entsetzt darüber, "wie das in der Vergangenheit verschlafen wurde". Während die Photovoltaik-Branche, in der Brems nach ihrem Studium arbeitete, 2005 noch geboomt habe, sei ab 2012 der große Crash gekommen, viele ihrer Kommilitoninnen und Kommilitonen hätten ihren Job verloren und die Branche gewechselt: "Da sieht man auch, welche Bedeutung Gewerkschaften haben: Damals gingen in drei Jahren über 100.000 Arbeitsplätze verloren, aber niemand auf die Straße - in der Branche war einfach kaum jemand gewerkschaftlich organisiert."

    Diskussion um Kohleausstieg

    Sie selbst wechselte komplett in die Politik, zog 2010 in den Landtag ein, wo ein Thema plötzlich viel näher rückte: die Diskussion um einen Kohleausstieg, die sie bis heute begleitet und innerlich immer wieder zerreiße. "In meiner Zeit im Landtag habe ich hier schon eine riesige Veränderung erlebt", sagt Brems. Dass es keine neuen Tagebaue mehr gibt, weitere Dörfer und auch Teile des Hambacher Walds erhalten bleiben konnten - das alles seien riesige Erfolge gewesen, wenn man darauf zurückblicke, von welchem Punkt man gekommen sei, sagt Brems. Trotzdem ist sie nicht zufrieden: "Wir könnten so viel weiter sein."
    Für Wibke Brems ist gute Politik vor allem eine Mentalitätsfrage: "Wir brauchen viel weniger 'Geht nicht' und mehr 'Wie lösen wir das?'" Die Herausforderungen der Zukunft brächten mit sich, dass man auch Fehler mache: "Das dürfen wir uns nicht ständig vorwerfen, sondern müssen uns eingestehen, dass das unvermeidlich ist."
    Ihre Arbeit in Düsseldorf mag die Co-Fraktionschefin der Grünen sehr, auch den Blick auf den Rhein genießt sie in kurzen Pausen. Trotzdem ist sie immer froh, wenn sie im Zug Richtung Gütersloh sitzt: "Selbst wenn ich nachts am Bahnhof in Gütersloh ankomme, denke ich: Hach, zu Hause", sagt Brems. Das ruhigere Leben in einer kleineren Großstadt mit viel Natur und Platz zum Fahrrad fahren genießt sie sehr. Wenn die Zeit es zulässt, entspannt sie bei einer Runde Yoga.
    Maike von Galen

    Zur Person
    Wibke Brems ist gebürtige Bremerhavenerin und in Gütersloh aufgewachsen. Nach dem Studium der Elektrotechnik in Bielefeld war sie zunächst selbstständig im Bereich Photovoltaik und Energieberatung, dann Leiterin des Technischen Supports bei einem Unternehmen. 1998 wurde sie Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen. Von Oktober 2020 bis August 2022 war sie stellvertretende Vorsitzende und Fraktionsgeschäftsführerin der Grünen-Landtagsfraktion, seit August 2022 ist sie gemeinsam mit Verena Schäffer Fraktionsvorsitzende. Wibke Brems ist (mit einer kurzen Unterbrechung) seit 2010 Mitglied des Landtags.

    Nachgefragt
    Was ist Ihr Lieblingsbuch und warum?
    Mein E-Book-Reader, so kann ich je nach Laune zwischen Historischen Romanen, englischen Liebesromanen und feministischer Literatur entscheiden.

    Welche Musik hören Sie gerne?
    Alles, was mich in die 90er oder frühen 2000er zurückkatapultiert: Roxette, Justin Timberlake, Michael Jackson, Lady Gaga.

    Was haben Sie immer in Ihrem Kühlschrank vorrätig?
    Selbstgemachtes Schokoladeneis mit kandiertem Erdnusscrunch.

    Ihr liebstes Reiseziel?
    Es gibt so viel zu entdecken. Beim Camping kann ich der Natur besonders nahe sein und vom politischen Alltag am besten entspannen.

    ID: LI230319

  • Eine Nacht im Landtag.
    S. 20 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Mehr als 3.000 Besucherinnen und Besucher waren am 22. April 2023 bei der Düsseldorfer Nacht der Museen im Landtag zu Gast. Nach einer Coronapause beteiligte sich das Landesparlament wieder an der beliebten Aktion. Erstmals wurde auf der Medienwand am Vorplatz des Landtagsgebäudes die Videoinstallation "ZID/Wall" der international bekannten Künstlerin und Professorin an der Kunstakademie Düsseldorf, Danica Dakić, gezeigt. Und in der Wandelhalle stellte Volkhard Kempter sein Licht-Objekt "Blister" aus. Mehr Informationen zur Kunstsammlung des Landtags gab es bei speziellen Führungen. Gezeigt wurden Kunstwerke, die das Parlament in den Jahren der Pandemie gekauft hatte, um Künstlerinnen und Künstler aus Nordrhein-Westfalen zu fördern.

    ID: LI230320

  • Regenbogenfahne.
    S. 20 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Anlässlich des Internationalen Tages gegen Homophobie hat der Landtag am 17. Mai 2023 erstmals offiziell die Regenbogenfahne gehisst. Mit ihren sechs bunten Streifen steht sie für Toleranz, Akzeptanz und Vielfalt und gilt als Symbol der queeren Community. Das Präsidium des Landtags hatte zuvor beschlossen, dass das Landtagsgebäude künftig zu bestimmten Anlässen mit der Fahne beflaggt wird. Neben den Tagen der Christopher-Street-Day-Parade in der Landeshauptstadt Düsseldorf zählt hierzu auch der Internationale Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transphobie (IDAHOBIT). "Nordrhein- Westfalen ist weltoffen und tolerant. Mit der bunten Regenbogenflagge sprechen wir uns gegen jegliche Form der Diskriminierung und Ausgrenzung aus. Der Landtag setzt heute ein sichtbares Zeichen für die Vielfalt in unserem Land und bekennt sich zu den Grundwerten der Verfassung", sagte der Präsident des Landtags, André Kuper. (Mehr Informationen: www.landtag.nrw.de)

    ID: LI230321

  • Neue Ausgabe.
    S. 20 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Die nächste Ausgabe von Landtag Intern erscheint am 20. Juni 2023. Sie ist bereits ab Freitagnachmittag, 16. Juni 2023, online abrufbar unter www.landtag.nrw.de.

    ID: LI230322

  • "Ort der Demokratiegeschichte".
    S. 20 in Ausgabe 3 - 31.05.2023

    Bildunterschriften:Der Präsident des Landtags, André Kuper, hat am 23. Mai 2023 - dem Tag des Grundgesetzes - die Plakette "Ort der Demokratiegeschichte" am Parlamentsgebäude in Düsseldorf enthüllt. Sie wird von der "Gesellschaft zur Erforschung der Demokratie- Geschichte" vergeben, die sich bundesweit für die Bedeutung und Sichtbarmachung der deutschen Demokratie engagiert. Die Plaketten heben Orte hervor, an denen sich Menschen für demokratische Prinzipien wie Freiheit und Menschenwürde eingesetzt haben. Zu den "Orten der Demokratiegeschichte" gehören beispielsweise der Deutsche Bundestag und die Frankfurter Paulskirche.
    Der Präsident des Landtags, André Kuper (r.), mit Dr. Markus Lang, Projektleiter "Orte der Demokratiegeschichte".

    ID: LI230323

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