In einer zweiten Sitzung des Hauptausschusses auf Antrag der CDU-Fraktion zum Medienprojekt HD Oberhausen am 24. August hat Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) verdeutlicht, daß die früheren Geschäftsführer der HDO-Betreibergesellschaft nicht aus Steuergeldern bezahlt worden seien. "Nicht eine Mark" sei für Gehälter und Dienstwagen aus Landesmitteln geflossen, betonte Clement in der Sondersitzung. Das Land habe ausschließlich Investitionen gefördert. Entschieden wies er den Vorwurf des politischen Subventionsbetrugs zurück. Der Regierungschef warnte davor, die Affäre könne dem ganzen Standort Nordrhein-Westfalen schaden. Die Opposition blieb bei ihrer Kritik, Clement habe viel früher eingreifen müssen. Zu Beginn hatte der Vorsitzende des Hauptausschusses, Klaus Matthiesen (SPD), um ein Votum gebeten, ob die Öffentlichkeit hergestellt werden sollte. Die Fraktionen erklärten sich einverstanden. Die CDU hatte erneut eine Sondersitzung zu HDO beantragt, weil nach ihrer Ansicht einige Themenkomplexe beim ersten Termin am 10. August nicht hatten abschließend geklärt werden können.
Ministerpräsident Wolfgang Clement (SPD) legte bei seiner Einführung "allergrößten Wert" darauf, daß im Zuge der Vorwürfe, die im Rahmen des Projektes HDO (High Definition Oberhausen) erhoben worden seien, absolute Öffentlichkeit und Transparenz hergestellt werde. Er habe deshalb auch dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Dr. Linssen zugesagt, jegliche Informationen zu verschaffen, die aus dem Bereich der Landesregierung verfügbar seien, vor allem ihm und dem Hauptausschuß die Möglichkeit zu geben, in alle Akten der Landesregierung zu HDO Einsicht zu nehmen. "Uns geht es bei diesem Bemühen um Transparenz nicht um die Sorge vor einem Untersuchungsausschuß", betonte Clement. Sondern er habe Sorge um das Projekt HDO, und er sei hoch interessiert an einer raschen Aufklärung dieser Affäre.
Der Ministerpräsident erwähnte dann einen "Vorgang", wonach nach seinen Angaben ein Brief des kaufmännischen Geschäftsführers der HDA GmbH an alle Gläubiger, Lieferanten und Dienstleister der HDA, in dem dieser zur gegenwärtigen Lage des Unternehmens Stellung genommen habe, an die Öffentlichkeit gelangt sei. "Und zwar nach dem, was erkennbar ist, wäre dies geschehen über die CDU-Landtagsfraktion", sagte Clement. Er halte das deshalb für eine bemerkenswerte Angelegenheit, weil es ja doch um die Zukunft eines Unternehmens gehe, an dem maßgebliche Unternehmen aus Europa, u.a. Philips, beteiligt seien, und die Landesregierung natürlich ein klares Interesse habe, dieses Unternehmen in eine bessere, eine sichere Zukunft zu bringen. "Ich bin zuversichtlich, daß wir das auch schaffen werden."
Die CDU hatte nach den Gründen für ein Fehlen der rechtlichen Voraussetzungen einer von HDO erbetenen Landesbürgschaft in Höhe von 5 Millionen Mark gefragt. Der Regierungschef teilte dazu mit, daß der HDA nach Beratungen im Landesbürgschaftsausschuß mit Schreiben des Finanzministers vom 19. Februar eine 50prozentige Landesbürgschaft zu einem Kredit von 5 Millionen bewilligt worden sei. Die Aushändigung der Bürgschaftsurkunde hätte im April 1998 angestanden. Dies sei auf Grund der zwischenzeitlichen Erkenntnisse im wesentlichen aus zwei Gründen nicht erfolgt: weil die nachhaltige Kapitaldienstfähigkeit des Unternehmens nicht mehr hinreichend gewährleistet erschienen sei und weil es Mitteilungen der Kreditgeber gegeben habe, wonach inzwischen die Gesellschafterfrage ungeklärt sei. Das sei ja eine Frage, die inzwischen auch die Gerichte beschäftige. Aus diesen Gründen sei die Urkunde im April nicht ausgehändigt worden. Durch Fristablauf sei die Zusage des Finanzministers ab 27 August hinfällig geworden. Zur Finanzierung der sogenannten Altprojekte von HDO, insbesondere der zweck- und fristgerechten Verwendung von Fördermitteln, sagte der Ministerpräsident, alle diese Projekte seien ordnungsgemäß abgerechnet und geprüft worden. Es gebe bei diesen Projekten "aus unserem Kenntnisstand" keinerlei Veranlassung, auch nach Erkenntnis der Prüfungen von Subventionsbetrug oder von einer Veruntreuung von Steuermitteln zu sprechen. "Nichts von alledem ist gerechtfertigt."
Der Ministerpräsident erinnerte noch einmal an die Geschichte der EMG, einem Unternehmen aus der film- und fernsehwirtschaftlichen Hinterlassenschaft der DDR. Bei der Hauptausschußsitzung am 10. August hatte Clement bereits ausgeführt, daß bei der Gründung der HDA GmbH Mitte 1993 die EMG in der Position eines Minderheitsgesellschafters gewesen war. Als dann das Unternehmen in die Rolle eines Mehrheitsgesellschafters hineinwuchs, war man dann auf Landesebene 1994 zu der Erkenntnis gekommen, daß diese EMG wegen personeller Konstellationen nicht Gesellschafter der Betreibergesellschaft HDA GmbH sein sollte. Clement erinnerte nun daran, daß diese Firma EMG in den Jahren 1991/92 von der Treuhandanstalt übernommen worden sei, einer Einrichtung des Bundes, und daß sie dann von der Treuhand an einen britischen Trust verkauft worden sei. Die Fragestellung, die sich daran anschließe, sei, ob unterstellt werden solle, daß die Treuhand ein Unternehmen wider besseres Wissen an den britischen Trust veräußert und ob man etwa gewollt habe, daß der britische Trust nur mit außerdeutschen Unternehmen Verträge und Kontrakte abschlösse. Das könne kaum gemeint gewesen sein. "Übrigens, das damals zuständige Vorstandsmitglied der Treuhand war Herr Dr. Rexrodt, der heutige Bundeswirtschaftsminister", berichtete Clement. Der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Dr. Helmut Linssen, eröffnete die Aussprache. Er sagte, er würde zu Beginn gerne auf die Bemerkung des Ministerpräsidenten eingehen, daß möglicherweise die CDU den Brief der HDA an alle Lieferanten und Dienstleister, abgesandt am 19. August in Oberhausen, in Umlauf gebracht habe. Linssen unterstrich, er könne nur sagen, daß er von der CDU-Pressestelle nicht verteilt worden sei. Der Ministerpräsident hätte auch in Oberhausen mal fragen sollen, wie der Brief in Oberhausen verteilt worden sei, da natürlich etliche Lieferanten und Dienstleister der HDA, an die der Brief gerichtet gewesen sei, auch in Oberhausen säßen.
Die Diskussion machte dann deutlich, wie schwierig es sein kann, sich über Unternehmen zu informieren. Der CDU-Wirtschaftsexperte Laurenz Meyer fragte den Ministerpräsidenten, ob er den Kooperationsvertrag, vor allem den Paragraphen 4 dieses Vertrages, der zwischen HDA und HDT (Besitzgesellschaft) geschlossen worden sei, kenne. Laut Meyer heißt es darin, daß sich die HDA GmbH zur Sicherung des mit der öffentlichen Förderung und den gewährten Fördermitteln verfolgten Zweckes dazu verpflichte, die mit dieser Förderung verbundene Zweckbindung einzuhalten. Sie unterwerfe sich daher den Richtlinien der Regionalförderung des Landes NRW mit der Folge, daß das Land berechtigt werde, aus diesem Kooperationsvertrag direkte Rechte gegen HDA GmbH geltend zu machen. Dazu Meyer: "Ich frage deshalb, hat die Landesregierung über die Laufzeit bisher diese Rechte, die ein direktes Prüfungsrecht bei der HDA, ein Betretungsrecht bei der HDA und Auskunftsrechte jeglicher Art wie beim Zuschußempfänger selbst, der Stadt Oberhausen, beinhalten, wahrzunehmen, jemals Gebrauch gemacht?" Er schloß: "Wollen Sie heute noch behaupten, Sie hätten keinerlei Einsicht haben können in die Verhältnisse bei HDA?"
Für die Landesregierung antwortete der medienwirtschaftliche Experte Dr. Hans Gerd Prodoehl. Er erläuterte, insoweit die HDA GmbH mit dem Investitionsprojekt zu tun habe, müsse sie Auskunft erteilen, aber wenn es um betriebsinterne Dinge gehe, gebe es dieses Auskunftsrecht nicht, weil man als Landesregierung diesen Betrieb der HDA nicht gefördert habe. "Mit keiner Mark." Wenn man als Landesregierung nicht fördere, könne man betriebsinterne Daten der HDA GmbH nicht erfassen.
Der stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende Lothar Hegemann meinte im Anschluß: "Sie haben ja dargestellt, daß Sie überhaupt keine Zuwendungen an HDA gegeben haben. Da haben Sie keinen Zugriff drauf, denen haben Sie kein Geld gegeben, sondern Sie haben immer nur mit HDT zutun gehabt." Er folgerte: "Stimmen Sie mir denn zu, daß es HDT nur gibt, um HDA zu ermöglichen?" Unter Anspielung auf stasibelastete Gesellschafter meinte Hegemann: "Sie wissen ganz genau von Anfang an, was bei HDA läuft." Der Ministerpräsident konterte: "Sie wollen mir doch unbedingt diese Kommunisten-Geschichtchen anpappen. Deshalb müssen Sie unbedingt HDA und EMG haben. Was Sie nicht zur Kenntnis nehmen: Der aktive Teil in Oberhausen ist Philips."
Subunternehmer
SPD-Sprecher Reinhard Grätz griff die Anwürfe "Kommunisten" und "dunkelroter Filz" auf und stellte fest: "Ich sage nur vorsorglich, wenn das so weitergeht, wird meine Fraktion darauf bestehen, daß auch Herr Rexrodt zu diesem Tatbestand aussagt." Da sei ja das Stichwort "Subventionsbetrug". Das sei ja das einzige Stichwort. Im übrigen zeigte er sich froh, daß endlich klargestellt zu sein scheine, daß man zwischen Betriebsmittelförderung und Investitionsförderung unterscheiden müsse. Jeder, der sich die Anlage in Oberhausen mal angesehen habe, könne gut abschätzen, wenn er denn vom Bauen, von der Technik etwas verstehe, daß dort tatsächlich diese Mittel investiert worden seien. "Das ist offenkundig."
Staatssekretär Jörg Bickenbach vom Wirtschaftsministerium bekräftigte, daß HDT korrekt gehandelt habe, indem es alle Verpflichtungen, die im Verhältnis zwischen Land und HDT als Zuschußempfänger bestanden hätten, auch was das Offenlegen von Informationspflichten angehe, an den Subunternehmer weitergegeben habe. Das gleiche gelte auch für das Verhältnis HDA zu Philips. "Das ist in der Tat in unseren Förderrichtlinien so festgelegt, daß Informationspflichten und -rechte, die aus dem Zuschußverhältnis entstehen, an alle Subunternehmer weitergegeben werden müssen." Im Verhältnis zum Land als Zuschußgeber seien sowohl HDA als auch Philips Subunternehmer, mit denen man keine unmittelbaren vertraglichen Beziehungen gehabt habe. Man habe nur dafür zu sorgen gehabt, daß der Zuschußempfänger in seinen Verträgen die Verpflichtungen aus der Zuschußgewährung weitergebe.
Der Fraktionssprecher der GRÜNEN, Roland Appel, berichtete von einer Information im Vorfeld durch die Staatskanzlei. Er stellte fest: "Ich habe hier ja eine sehr illustre Aufstellung von Aufsichtsratsmitgliedern der HDT-Gesellschaft." Der Aufsichtsrat habe nun, entgegen CDU-Ansicht, durchaus nicht nur beratende Funktion gehabt. Das bringe ihn zu der Frage, ob der Aufsichtsrat, auch die CDU-Mitglieder, eigentlich über die Kooperationsvereinbarung, aus der der Kollege Meyer zitiert habe, informiert gewesen sei und davon möglicherweise auch Gebrauch gemacht habe.
Gegen Ende der rund vierstündigen Sitzung bestätigte der Ministerpräsident, dem Oppositionssprecher Laurenz Meyer zuvor "unprofessionelles Verhalten und laxe Aufsicht" vorgehalten hatte, es gebe keinerlei Hinweis auf Subventionsbetrug. "Der Subventionsbetrug, davon bleibt offensichtlich nichts übrig." Das andere sei die Frage der Geschäftsführer, und da glaube die CDU, auch nachweisen zu sollen, daß er Kommunisten finanziell ausgestattet habe, am besten noch mit Dienstwagen. Dieser Vorwurf sei auch weg.
Bildunterschriften:
Kontroverse um ein Medienprojekt: im linken Bild CDU-Fraktionsvorsitzender Dr. Helmut Linssen, im rechten Bild von rechts SPD-Sprecher Reinhard Grätz und GRÜ- NE-Fraktionssprecher Roland Appel.
Sorgen um den Standort Nordrhein-Westfalen: im linken Bild der Vorsitzende des Hauptausschusses Klaus Matthiesen (SPD), im rechten Bild von rechts Ministerpräsident Wolfgang Clement und Staatssekretär Jörg Bickenbach.
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