Die SPD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Landesrichtergesetzes in den Landtag eingebracht (Drs. 9/1572), mit dem nach den Worten ihres justizpolitischen Sprechers, Egbert Reinhard, der Status der Richter im Land neu formuliert werden soll. Geplant ist eine Reform der Vorschriften über die Vertretungsgremien der Richter, die Präsidial- und Richterräte. Der justizpolitische Sprecher der CDU- Opposition, Dr. Hans-Ulrich Klose, hielt den Gesetzentwurf der SPD für "in weiten Bereichen unzureichend". Seine Substanz sei minimal. Die Richter würden sich fragen, was das eigentlich mit der Erfüllung ihrer Aufgaben zu tun habe.
Egbert Reinhard (SPD) erklärte bei der Einbringung des Gesetzentwurfs, es handele sich hier um Richterrecht. Der Status der Richter im Lande solle neu formuliert werden. Das bestehende Landesrichtergesetz sei 16 Jahre alt. Es habe 16 Jahre ohne Änderung überstanden. "Man fragt sich, wieso ein Gesetz, das häufig im Blickpunkt der Kritik gestanden hat, so lange ohne Änderung die Zeiten überdauert hat", meinte der justizpolitische Sprecher der SPD-Fraktion. Man habe sich in den letzten Legislaturperioden schwergetan, Änderungen am Status der Richter vorzunehmen. "In der 8. Legislaturperiode von 1975 bis 1980 haben wir auf den Bund gewartet. Dort wurde signalisiert, daß das Bundesrichtergesetz, das ja eine Art Rahmengesetz für die Länder ist, geändert werden sollte", sagte Reinhard. Besonders habe man die Zweigleisigkeit der Richtervertretung beseitigen wollen. In Bonn sei es leider nicht zu einer Einigung gekommen. In letzter Zeit sei nun an den Gesetzgeber der Appell gerichtet worden, nach bestehendem Bundesrahmenrecht das Landesrichtergesetz zu ändern. Insbesondere solle die Mitbestimmungskomponente mehr hervorgehoben werden. Das Grundgesetz sehe vor, daß die Rechtsverhältnisse der Richter durch ein besonderes Gesetz geregelt würden, und es sei nicht gerade glücklich, wenn in diesem besonderen Gesetz ständig Verweise auf Beamtengesetze und Personalvertretungsgesetze stattfänden. "Das wollen wir mit unserem Gesetzentwurf beseitigen und wirklich ein eigenes, eigenständiges Gesetz, wie es die Verfassung vorsieht, schaffen", sagte der Politiker. Als "Kernpunkte des Gesetzentwurfs" nannte Reinhard das Wahlverfahren, bei dem es um den Wahlmodus für die Wahl des Richterrates und des Präsidialrates gehe. Beide sollten einheitlich nach dem Verhältniswahlrecht gewählt werden. Ferner wies er darauf hin, daß die Mitgliederzahl der Richterräte erhöht werde. "Wir sind dafür, daß die Verantwortung bei der Mitbestimmung in personellen Entscheidungen auf viele Schultern gelegt wird", betonte der Abgeordnete. Als drittes stellte Reinhard heraus, daß in den Präsidialräten die sogenannten geborenen Mitglieder abgeschafft werden sollten. Das sei ein Schritt in Richtung auf eine Demokratisierung der Richtervertretungen.
Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU) kritisierte, daß im Entwurf kein Wort zu der Notwendigkeit für die Gesetzesinitiative enthalten sei. "Ich frage mich allen Ernstes: Was hat ihre Fraktion dazu bewogen, einen solchen Gesetzentwurf vorzulegen?" meinte der justizpolitische Sprecher der Opposition. Die Substanz des Entwurfs sei minimal. Er frage sich, ob das Minimum an Organisationsregeln, das geschöpft werden solle, nicht viel sinnvoller vom Justizminister vorgelegt worden wäre. "Ich frage mich, lieber Kollege Reinhard, ob Sie und Ihre Fraktion eigentlich hier jetzt die Arbeit des Justizministers übernehmen müssen, die er eigentlich selber zu erfüllen hätte, oder was Sie, Frau Minister, bei der nun auch abgesicherten engen Verbindung zwischen Regierung und der sie tragenden Regierungsfraktion der SPD bewogen hat, hier nicht gemeinsam mit Ihrer Fraktion einen Entwurf dem Hause zu präsentieren, der wirklich der Beratung wert gewesen wäre." Man könne natürlich darüber sprechen, ob der Richterrat aus fünf oder neun Leuten bestehen solle. Worüber man nicht streiten könne, sei, wie die materiellen Fragen der Mitbestimmung zu regeln seien. Zudem würden sich der Amtsrichter, der Richter am Sozialgericht, der Finanzrichter fragen, was das eigentlich mit der Erfüllung ihrer Aufgaben zu tun habe. Klose meldete Bedenken an, daß ein solcher, in weiten Bereichen unzureichender Gesetzentwurf zur Beratung gestellt werde.
Albert Klütsch (SPD) wies darauf hin, der Gesetzentwurf enthalte alle die Probleme, die seit etlichen Jahren in der öffentlichen Diskussion stünden, nämlich die Frage des Dualismus zwischen Präsidialrat und Richterrat sowie die Frage, wie denn gewählt werden solle. "Wir stehen auf dem Standpunkt, daß die 1982 stattfindenden Wahlen zu den Richterräten und Präsidialräten durchaus Sinn machen, uns in einem ersten Verfahrensabschnitt über Wahlmodalitäten zu unterhalten", meinte Klütsch. Er folgerte, daß bei dieser Gelegenheit jenes Quorum abgebaut würde, das heute noch den Zugang zum Präsidialrat den Richtern der Beförderungsämter ab R 2 vorbehielte, bedeute nicht zuletzt auch einen Weg auf mehr Demokratie hin. Wenn bei der Gelegenheit die SPD-Fraktion deutlich mache, daß sie dem Verhältniswahlrecht den Vorzug vor der absoluten Personalwahl auch bei den Präsidialräten gebe, dann habe das in der Tat seine Auswirkungen bereits in diesem Gesetzentwurf gefunden. "Wenn schließlich mehr Richter in diese Richterräte berufen werden sollen, dann wird daran ebenfalls deutlich, daß wir Mitbestimmung und Mitwirkung der Richter als eine eigene Aufgabe der dritten Gewalt ansehen, die zusätzlich durch ein Mehr an Richtern in den entsprechenden Mitwirkungsgremien beeinflußt werden wird", schloß der Politiker.
Justizministerin Inge Donnepp (SPD) erklärte, es gehe um die Reform der Vorschriften über die Vertretungsgremien der Richter, also um Präsidialräte und Richterräte. Es sei wünschenswert, das Deutsche Richtergesetz und das Landesrichtergesetz in vollem Umfang an die zwischenzeitliche Rechtsentwicklung anzupassen. "Was sich auf Grund der Erfahrungen mit den bisherigen Vorschriften als sinnvoll erwiesen hat, soll gesetzlich fixiert werden", betonte die Ministerin. Außerdem müsse nach neuen Lösungen gesucht werden, die der Stellung des Richters und den Besonderheiten seines Amtes noch besser Rechnung trügen. Einer umfassenden Reform des im Lande geltenden Richterrechts stünden allerdings Hindernisse entgegen, die sich aus den bundesrechtlichen Vorschriften ergäben. Zur Kritik der CDU, warum sie den Gesetzentwurf nicht vorgelegt habe, meinte Frau Donnepp, es gebe keinen apodiktischen Satz, wonach jeder Gesetzentwurf aus einem Ministerium kommen müsse. Auch die Fraktionen des Landtags seien ja berechtigt, Gesetzentwürfe einzubringen. "Es muß ja nicht als etwas Exotisches angesehen werden, wenn das so ist", schloß die Justizministerin.
Bildunterschriften:
Setzten sich für Reform des Richterrechts ein: v. l. Egbert Reinhard, Justizministerin Inge Donnepp und Albert Klütsch (alle SPD). Fotos: Tüsselmann
Hielt den Gesetzentwurf der Regierungsfraktion "in weiten Bereichen" für unzureichend: Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU). Foto: Öge
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