Abgeordnetenporträts

Hilfe

Suche

Mit diesem Suchfeld werden alle Wörter des Titels und des Artikels durchsucht, außerdem alle bei dem Artikel zusätzlich erfassten Angaben.

Trunkierung:
* am Ende eines Suchwortes ersetzt ein oder mehrere Zeichen.

Suchwortverknüpfungen:

–"und-Verknüpfung"
Mehrere hintereinander eingegebene Suchworte werden automatisch mit "und" verknüpft, d.h. alle Suchworte müssen in einem Artikel vorkommen.
–"oder-Verknüpfung"
Die Eingabe von "or" zwischen den Suchworten bewirkt eine "oder-Verknüpfung", d.h. es muss nur eines der Suchworte in einem Artikel vorkommen.
–"Phrasen-Suche"
Suchworte, die mit Anführungszeichen oder Hochkommata verbunden werden, werden nur dann gefunden, wenn sie in der vorgegebenen Reihenfolge in einem Artikel vorkommen.

Suchfeldverknüpfungen
Wenn Suchworte in mehreren Suchfeldern eingegeben werden, werden die Sucheinträge mit "und" verknüpft.

Wählen Sie Suchergebnisse aus, die Sie gebündelt anzeigen oder ausdrucken lassen wollen.
  • Porträt der Woche: Marianne Dohmen (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 14 - 07.09.1999

    Die oft leidvollen Erfahrungen als Halbwaise im Nachkriegsdeutschland — der Vater war gefallen — haben bei Marianne Dohmen schon in frühen Jahren das Interesse für Politik geweckt. Bereits als Dreizehnjährige hörte die gebürtige Mönchengladbacherin, Jahrgang 1937, die Bundestagsdebatten im Radio, und in der Realschule betätigte sie sich in politischen Arbeitskreisen. Doch nach dem Besuch einer Fachoberschule für Hauswirtschaft standen für die Sozialdemokratin zunächst Beruf und Familie im Vordergrund.
    So arbeitete sie zunächst als Betriebsleiterin in einem Textil-Unternehmen und übernahm dann ein Arbeiterinnenwohnheim für ausländische Mitarbeiterinnen. Ihre Aufgabe sah Marianne Dohmen nicht nur in der Kontaktpflege zwischen dem Arbeitgeber und seinen Beschäftigten, sondern auch darin, den Ausländerinnen zu helfen, dass sie sich in ihrer neuen, ungewohnten Umgebung möglichst wohl fühlten. Nach der Geburt von zwei Töchtern konzentrierte sie sich auf deren Betreuung. "Die Familie ist für mich sehr wichtig."
    Doch das Interesse an der Politik blieb, und da die Mönchengladbacherin auch "mitgestalten" wollte, entschloss sie sich 1974, einer Partei beizutreten — der SPD. Aufgrund der eigenen beruflichen Erfahrungen engagierte sie sich sogleich bei der "Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen". In mehreren Führungsfunktionen setzte sich Marianne Dohmen für die damals noch mangelhafte Gleichberechtigung der Frauen ein und kämpft heute für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. "Das klappt noch immer nicht."
    Mehrere Jahre in einer Bezirksvertretung ihrer Heimatstadt tätig, wurde die Sozialdemokratin 1989 in den Stadtrat gewählt, wo sie sich auf die Bereiche Umwelt und Kultur konzentrierte. Als sie im letzten Jahr über die Landesreserveliste ihrer Partei in den Landtag nachrückte, musste sie wegen eines entsprechenden Unvereinbarkeitsbeschlusses des Unterbezirkes ihr Ratsmandat niederlegen.
    Zwar wäre es nach ihrer Einschätzung schwierig, beide Mandate auszuüben, doch hält sie andererseits eine Verzahnung von kommunalem und landespolitischem Wirken für sehr wichtig. Da sie als sogenannte sachkundige Bürgerin noch dem städtischen Kulturausschuss und damit auch der Ratsfraktion angehört, ist sie vom kommunalen Geschehen "nicht ganz losgelöst".
    Aber auch als Landtagsabgeordnete versucht die Sozialdemokratin einen möglichst engen Kontakt zu den Bürgern zu halten. So richtete sie unmittelbar nach Ihrem Einzug ins Landesparlament ein "Bürgerbüro" in ihrer Heimatstadt ein, das inzwischen die Anlaufstelle für zahlreiche Bürger und ihre Anliegen geworden ist.
    Die SPD-Fraktion berief die Mönchengladbacherin in den Kulturausschuss und in den Ausschuss für Wissenschaft und Forschung. Sie tritt für eine stärkere Öffnung der Hochschulen hin zu der Wirtschaft ein. So könnten deren Erkenntnisse besser von den Betrieben genutzt werden. Eine solche Verzahnung sei auch eine wichtige Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung einer Region. "Beide müssen sich gegenseitig ergänzen." Im Kulturausschuss macht sich Marianne Dohmen für die Vielfalt kultureller Einrichtungen in den Städten und Gemeinden stark. "Sie machen die Kommunen erst liebenswert." Auch für die Wirtschaftsförderung seien sie wichtig. Dabei brauchten nicht alle Einrichtungen auf "hohem künstlerischen Niveau" sein, meint die Abgeordnete.
    In ihrer Freizeit ist die Sozialdemokratin eine begeisterte Radlerin. Gemeinsam mit ihrem Ehemann entspannt sie sich auf solchen Radtouren. "Und man entdeckt am Niederrhein immer etwas Neues..."
    Jochen Jurettko

    ID: LI991457

  • Porträt der Woche: Willi Nowack (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 13 - 31.08.1999

    Wenn das keine Liebeserklärung an die Vaterstadt ist! Willi Nowack spricht: "Ich habe fast die ganze Welt gesehen, aber leben möchte ich nirgendwo anders als in Essen." 1950 wurde der Sozialdemokrat dort geboren. In Essen betreibt er seine Firma für Bauprojektplanung. In Essen macht er seit gut zwei Jahrzehnten Kommunalpolitik, mittlerweile als Chef der SPD-Ratsfraktion. Ja, Nowack kann schwärmen von der Einmaligkeit des Grand Canyon in den USA, vom grandiosen Ayers Rock in Australien oder vom reizvollen Sri Lanka. Aber: Essen im Ruhrpott — das ist die wahre Heimat, da kriegt ihn niemand weg.
    Nowack gehört zu den stolzen Reviermenschen. Er registriert mit Genugtuung, dass die Leute im Ruhrgebiet heute ein eigenes Selbstbewusstsein, eine eigene Identität entwickeln, dass die Zeiten vorbei sind, wo man in der Fremde eher verzagt kund tat, man komme aus Essen bei Düsseldorf.
    Nowacks politisches Selbstbewusstsein speist sich aus der traditionell starken Sozialdemokratie im Revier. Im Gespräch hat er keine Scheu, fast mitleidig auf südliche Landesverbände der SPD zu schauen, wo man bei Wahlen weniger als 30 Prozent schaffe. Spitz formuliert er beispielsweise in Richtung der nicht gerade von der Wählersonne verwöhnten SPD Baden-Württembergs, eigentlich müsste sich ein politischer Anspruch aus erfolgreicher Politik ableiten. Ohne ihn ausdrücklich zu artikulieren, schwingt da der Gedanke mit, dass die NRW-SPD, besonders die im Ruhrgebiet, in der Gesamt-Partei ihr Gewicht viel stärker zur Geltung bringen sollte.
    Willi Nowack zählt sich zu den Anhängern von Gerhard Schröder und dessen Versuch, die Partei auf modernen, pragmatischen, wirtschaftsfreundlichen Kurs zu bringen. Es war die Zeit, als Johannes Rau noch die Landes-SPD dominierte und es nicht so gerne gesehen wurde, dass Schröder — wahrlich kein Fan von Rau und dessen Politikstil — auf SPD-Schnuppertour durchs Revier gelotst wurde. Einer der eifrigsten Lotsen war Willi Nowack. Er sagt, dass ihm Schröders Pragmatismus, seine offene, direkte Art imponiere. Den Abgang von Rau und Lafontaine vom aktiven Politikgeschäft bedauert Nowack nicht. Im Gegenteil, ihn habe es gefreut, als Clement das Regierungsruder übernommen habe. Und zu Lafontaines Rückzug fällt ihm ein: "Ich habe immer gesagt, dass das bald so kommen werde." Kein Bundeskanzler könne einen Neben-Kanzler dulden, die Auseinandersetzung zwischen Schröder und Lafontaine sei unausweichlich gewesen. Nowack ist der Ausgang des heimlichen Duells recht. Er sagt mit Blick auf die neue SPD- Spitze: "Die personelle Veränderung haben wir, die inhaltliche muss noch kommen.
    " Nowack will eine SPD, die nicht in Traditionen erstarrt, die sich neuen Schichten der Gesellschaft öffnet, die sozial bleibt, aber für die Interessen der Wirtschaft Verständnis hat.
    Als junger Spund — 1969 trat er der SPD bei — sei er bei den Jusos zwar ein Rechter gewesen, aber Verstaatlichungsideen habe auch er damals gepflegt. Es ist ihm fast peinlich, darüber anno 1999 zu sprechen. Aber Man entwickelt sich eben. Im Übrigen gilt auch für den Unternehmer Willi Nowack Karl Marx' Satz: "Das Sein bestimmt das Bewusstsein." Wer wie er mitten im Leben steht, in Politik und Beruf Verantwortung trägt, RWE-Aufsichtsrat ist, der kann sich keine ideologischen Extravaganzen mehr leisten, es sei denn um den Preis, nicht für voll genommen zu werden.
    Nowack kann sich nicht vorstellen, einer anderen Partei als der SPD anzugehören. Die Familientradition spielt da eine erhebliche Rolle: Vater und Mutter waren und sind in der SPD aktiv, seine dritte Frau, eine Rechtsanwältin, gehört zur Partei, ebenso die 18-jährige Tochter, die 12-jährige indes dürfe noch nicht.
    Über seine Eltern spricht Willi Nowack voller Hochachtung: "Auf Papa bin ich stolz, auf Mama auch." Vater Nowack, der auch einmal im Landtag wirkte, hat sich hochgearbeitet vom Laufburschen bei Krupp zum Schweisser unter Tage, schließlich zum Betriebsratschef und Rechtsschutzsekretär bei der Gewerkschaft. Der Papa habe es von weit unten zu einer richtigen bürgerlichen Existenz gebracht. Sohn Willi machte Abitur, studierte, mehr um dem Vater einen Gefallen zu tun, Jura. Der Anwaltsberuf wäre nichts für ihn, noch weniger der des Diplomaten, sagt Nowack. Er sei nämlich sehr direkt, könne austeilen, aber auch einstecken.
    Für den Landtag, in den es ihn 1995 nur gezogen hatte, weil ein politischer und persönlicher Freund plötzlich verstorben war, möchte er noch einmal kandidieren.
    Ein Vielbeschäftigter wie Nowack, der angibt, sechsmal in der Woche einen 12- bis 13- Stunden-Arbeitstag zu haben, nutzt die Freizeit-Freuden des Lebens intensiv: Einmal im Jahr ist der Motorrad-Freak mit Gleichgesinnten auf Tour, seit sechzehn Jahren lässt die sportlich- unternehmungslustige Clique kein Fußball-WM-Turnier aus. Was bleibt dem Harley-Fahrer an Wünschen? "Einmal die legendäre Route 66, das wäre ein Traum."
    Reinhold Michels

    ID: LI991348

  • Porträt der Woche: Gabriele Behler (SPD).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 12 - 17.08.1999

    Man kann nicht behaupten, dass die Skulptur der Dargestellten schmeichelt: Eine stämmige Frau, um nicht zu sagen ein Trampel, bekleidet mit einer Art Dirndl, steht da auf dem Kopf und streckt die Beine in die Luft. Die lebensgroße Pappmachefigur hat Gabriele Behler von Hauptschülern aus dem westfälischen Delbrück geschenkt bekommen — völlig frei von Hintergedanken. Dass die Plastik Kopf steht, sei keine Anspielung auf ihre Politik, sondern lediglich eine Aufforderung, die Welt auch mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten, hätten ihr die Schüler erläutert. Gabriele Behler jedenfalls hat sich über das Kunstwerk gefreut und ihm einen Ehrenplatz in ihrem Büro zugewiesen.
    Sie wird mit solchen Sympathiebekundungen nicht gerade verwöhnt. Seit Sommer vorigen Jahres leitet Gabriele Behler das um Hochschule, Wissenschaft und Weiterbildung ergänzte Schulministerium, das die Sozialdemokratin schon seit 1995 führte. Die Hochschulen an Rhein und Ruhr betrachten das neue Superministerium eher skeptisch, ihrer Meinung nach bedarf es weiterhin eines eigenständigen Wissenschaftsressorts.
    Nicht weniger Skepsis schlägt der Ministerin aus Schulen und Interessenverbänden entgegen. Etwa, wenn sie von "Leistungskultur" spricht und erklärt, sie wolle den Nachweis führen, dass das öffentliche Schulsystem durchaus wettbewerbsfähig sei. Sie sieht darin die einzige Alternative zu dem Weg, den die meisten anderen Industriestaaten eingeschlagen haben: ein ärmliches öffentliches neben einem hochangesehenen und teuren privaten Schulwesen. Das heiße ja nicht, betont die Ministerin, dass jetzt nur noch die Mechanismen des Marktes angewendet würden. Es ist eine Politik der kleinen Schritte; keiner sonderlich spektakulär, aber jeder geeignet, Gegner hervorzurufen, die Schulleiter etwa, die künftig nur auf Zeit ernannt werden.
    Zugute kommt der 48-Jährigen bei ihren Reformen, dass ihr das Metier bestens vertraut ist. Nach dem Studium der Geschichte und Germanistik in Münster arbeitete sie als Studienrätin am Gymnasium in Halle/Westfalen. Danach war sie fünf Jahre ans Kultusministerium abgeordnet, wo sie die Machtmechanismen des Ressorts kennenlernte. Für vier Jahre wechselte sie dann noch einmal in den Schuldienst und leitete das Gymnasium in Bielefeld-Heepen, bis sie 1990 Abteilungsleiterin im Gleichstellungsministerium wurde.
    In der Partei ging es währenddessen steil nach oben: 1988 Mitglied im SPD-Bezirksvorstand Ostwestfalen-Lippe (OWL), 1989 Einzug in den Landesvorstand, 1990 stellvertretende OWL-Bezirksvorsitzende. Mit 40 Jahren löste sie 1991 schließlich die damals 67-jährige Antje Huber als stellvertretende Landesvorsitzende ab und verkörpert seither ein Stück Generationswechsel in der NRW-SPD.
    Dass sie zugleich eine Exponentin der Linken sei, hält sie dagegen für eine Medienerfindung. Diese "alten Linien", die Aufteilung in Linke und Rechte, "trägt doch schon lange nicht mehr", meint sie. Zu dem Etikett passt zumindest auch wenig, dass sie es war, die auf dem SPD-Landesparteitag 1993 einen pragmatischeren Kurs in Bezug auf die Gesamtschule durchsetzte und dafür hart attackiert wurde.
    Auffällig an dieser Karriere ist, dass sie ohne die berühmte Ochsentour verlief. Nie saß Gabriele Behler in einem Gemeinderat, und als Landtagsabgeordnete ist sie eine Anfängerin: Erst im September 1995 rückte sie ins Parlament nach. Das Direktmandat in ihrem Gütersloher Wahlkreis hatte der CDU-Konkurrent gewonnen. Und auch jetzt werde sie in ihrem Wahlkreis kaum als Abgeordnete, fast nur als Bildungsministerin wahrgenommen, sagt sie: "Die Leute kommen hauptsächlich mit Schulproblemen in die Sprechstunde."
    Gabriele Behler ist in erster Linie Parteipolitikerin. Dabei stammt sie aus einem "kleinbürgerlichen Elternhaus", wie sie es selbst nennt, in dem Politik eher als anrüchig galt. In ihrem Geburtsort Werne an der Lippe war ihr Vater Polizist, die Mutter Zahnarzthelferin. Den Weg zur SPD fand Gabriele Behler 1972 über ihre Beschäftigung mit dem Nationalsozialismus. Ihr habe imponiert, dass die SPD als einzige Partei gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz stimmte. Mittlerweile, erzählt sie amüsiert, seien auch ihre zwei jüngeren Geschwister in die SPD eingetreten. Sie selbst ist kinderlos mit einem Arzt verheiratet. Was an Schulen heutzutage so vor sich geht, wisse sie aber ganz gut durch ihre Nichten und Neffen, mit denen sie in einer Hausgemeinschaft lebt. Irgendwann, sagt sie, wolle sie auch wieder als Lehrerin arbeiten — am liebsten eine achte Klasse in Deutsch unterrichten. Über Literatur lasse sich sehr viel, vor allem über Geschichte, vermitteln.
    Roland Kirbach

    ID: LI991270

  • Porträt der Woche: Anne Garbe (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 9 - 26.05.1999

    Durchsetzungsvermögen — das hatte Anne Garbe schon als Kind. Später ist ihr diese Eigenschaft auch in der Politik zugute gekommen. Aufgewachsen ist sie in Epe bei Gronau als Tochter eines kleinen Landwirts. Anne Garbe hat sechs Geschwister. Als einziges Kind in der Familie gelang es ihr, den Vater davon zu überzeugen, daß Kühe melken nicht ihr Ding ist — sie wurde von dieser Aufgabe befreit, machte eine Lehre als Bäckereiverkäuferin und arbeitete später als Datenerfasserin im EDV-Bereich.
    Anne Garbe stammt aus einem unpolitischen, stark katholisch geprägten Elternhaus — zur SPD stieß sie erst 1970 durch ihren Mann. Eigentlich hatte Anne Garbe gar nicht vorgehabt, politisch aktiv zu werden, doch als sie gemeinsam mit ihrem Mann und den zwei Töchtern 1971 von Rheine nach Roxel zog, konnte sie sich dem nicht mehr entziehen: Der Ortsverband Roxel war Anfang der siebziger Jahre sozialdemokratische Diaspora. Die neu Zugezogenen mit den Mitgliedsnummern 15 und 16 wurden vom Ortsverband euphorisch empfangen und gleich in die politische Arbeit mit einbezogen. Anne Garbe stellte zusammen mit anderen Frauen in Roxel die Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) auf die Beine. Nach der Eingemeindung Roxels Mitte der siebziger Jahre setzte sie ihr frauenpolitisches Engagement in Münster fort.
    1985 konnte Anne Garbe ihr Durchsetzungsvermögen politisch gut gebrauchen. Als es im Vorfeld der Landtagswahl darum ging, den Spitzenkandidaten ihres Wahlkreises zu bestimmen, konnte sie ihren männlichen Mitbewerber in einer Kampfabstimmung aus dem Rennen werfen. Und dann kam das, womit Anne Garbe überhaupt nicht gerechnet hatte: Völlig überraschend gewann sie ihren für die SPD als aussichtslos geltenden Wahlkreis in Münster und konnte als Abgeordnete in den Düsseldorfer Landtag einziehen. Zwei Legislaturperioden hat sie im Landtag verbracht. Dann, bei der Wahl 1995, verlor die SPD die absolute Mehrheit und Anne Garbe ihren Wahlkreis — und damit auch ihr Landtagsmandat. Doch seit November 1998 ist sie wieder mit von der Partie, als Nachfolgerin für Johannes Pflug. Ihre Arbeit im Landtag hat sie da fortgesetzt, wo sie 1995 aufgehört hat. Anne Garbe ist wieder Mitglied im Petitionsausschuß und arbeitet im Frauenausschuß. Der Petitionsausschuß liegt ihr besonders am Herzen: "Wenn wir hier ein Gesetz beschließen, muß man sehen, was daraus wird. Im Petitionsausschuß habe ich das Ergebnis sofort und weiß, ob ich für einzelne Menschen etwas geschafft habe oder nicht."
    Anne Garbe hat ihren eigenen Kopf, zum Beispiel wenn es um die aktuelle Diskussion über die anstehende Verwaltungsstrukturreform geht. Im Gegensatz zur Mehrheit der SPD-Fraktion ist Anne Garbe gegen die geplante Auflösung der Landschaftsverbände. Sie kann sich nicht vorstellen, daß es eine kostengünstige, bürgerfreundliche und fachlich qualifizierte Alternative zu den beiden Verbänden gibt: "Und solange mir niemand erklärt, wie die Alternative aussieht, werde ich mich für den Erhalt der Landschaftsverbände einsetzen." Eine unbequeme Position zu vertreten macht Anne Garbe nicht unbedingt Spaß: "Da muß man schon was aushalten."
    In ihrer Freizeit liest die Westfälin gerne Krimis, eine ihrer Lieblingsautorinnen ist Elizabeth George. Im Urlaub wandert Anne Garbe, und da sie keine Steigungen mag, fährt sie am liebsten nach Holland: "Da kann ich tagelang am Strand geradeaus laufen."
    Ulrike Coqui

    ID: LIN05369

  • Porträt der Woche: Hildegard Nießen (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 8 - 11.05.1999

    Sie bricht eine Lanze für die "Ehrenamtlichen" in den Vereinen und Organisationen, deren Leistungen für die Gesellschaft der Staat niemals bezahlen könnte — Hildegard Nießen, SPD-Landtagsabgeordnete aus Stolberg.
    Viele Bürger wüßten leider gar nicht, wieviel Freizeit und auch persönliche Kosten mit einem Ehrenamt verbunden seien. Für die Parlamentarierin geht es nicht darum, sie finanziell stärker zu unterstützen — "wir müssen ihren unvergleichbar großen Wert für die Gesellschaft aber stärker herausstellen". Das müsse im übrigen schon auf der kommunalen Ebene geschehen.
    Dem Stolberger Stadtrat gehört die in Bardenberg bei Aachen geborene 52jährige Sozialdemokratin bereits seit fast 25 Jahren an. Deren kommunale Tätigkeitsfelder sind seitdem sehr vielseitig: Umwelt, Finanzen, Stadtplanung; und seit gut 15 Jahren ist die gelernte Bankkauffrau auch Vorsitzende der SPD-Ratsfraktion.
    Als Kommunal- und Landesparlamentarierin hält Hildegard Nießen die Nähe zu den Mitbürgern für absolut wichtig. So nehme sie jede nur mögliche Gelegenheit wahr zu Kontakten und deren Pflege; ob es kulturelle oder sportliche Vereine seien oder die verschiedensten Organisationen. Dabei lernte sie übrigens auch das Wirken der "Ehrenamtlichen" zu schätzen.
    Haupttätigkeitsfelder sind für die Parlamentarierin die Wirtschaftsförderung und die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. So sieht sie sich als Ansprechpartnerin der örtlichen Unternehmen und vermittelt deren Anliegen auch im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium. Gleichzeitig wirbt sie bei den Betrieben für zusätzliche Ausbildungsplätze und arbeitet dabei Hand in Hand mit den Gewerkschaften und der Arbeitsverwaltung zusammen.
    Bereits 1970, als 24 jährige, trat die Stolbergerin der SPD bei. Sie habe sich damals sehr geärgert, daß der politische Gegner im Wahlkampf die Integrität von Willy Brandt öffentlich in Zweifel gezogen habe.
    Aber auch das Programm der Sozialdemokraten sei ein Grund für den Beitritt gewesen. Seit 1993 ist sie Mitglied des Bezirksvorstandes der SPD-Mittelrhein und im Unterbezirk Aachen ist sie dessen stellvertretende Vorsitzende.
    Weil die Sozialdemokratin ihre kommunalpolitischen Erfahrungen in die Landespolitik einbringen wollte, kandidierte sie 1995 im Wahlkreis 3, Kreis Aachen I, für das Landesparlament und kam auf 44,4 Prozent der Wählerstimmen. Die SPD berief sie in den Ausschuß für Kommunalpolitik sowie in den Ausschuß für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz. Im Rahmen der Modernisierung der Verwaltung ist für die Sozialdemokratin von großer Bedeutung, daß den Kommunen mehr Spielräume in eigener Verantwortung eingeräumt werden und diese in ihren Entscheidungen nicht an starre Vorgaben des Landes gebunden sind. Dazu zähle auch, daß den Kommunen und ihren Unternehmen eine stärkere wirtschaftliche Betätigung erlaubt werde. Einen entsprechenden Gesetzesentwurf der Regierung bewertete die SPD-Abgeordnete als einen Mittelweg zwischen einer ausnahmslosen Privatisierung kommunaler Leistungen und einer unbegrenzten Teilnahme der Kommunen am marktwirtschaftlichen Wettbewerb. Natürlich sei es gleichermaßen wichtig, daß Städte und Gemeinden eine ausreichende finanzielle Ausstattung erhielten.
    In ihrer Freizeit hört die Parlamentarierin gern klassische Musik, auch ein Krimi gehört zur Entspannung. Und sie kocht gern, probiert immer wieder neue Gerichte aus.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN05321

  • Porträt der Woche: Helga Gießelmann (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 3 - 09.02.1999

    Frauenpolitik heute — das heißt für Helga Gießelmann "Kräfte bündeln". Seit Sommer 98 ist die Diplomsoziologin Sprecherin ihrer Fraktion im Ausschuß für Frauenpolitik im Landtag. Die Zeiten, in denen Frauen massiv Druck gemacht und ihre Forderungen lautstark und energisch angemeldet haben, sind vorbei, und das bedauert die Sozialdemokratin. Für sie steht fest: Frauenpolitik ist und bleibt — auch wenn Frauen mittlerweile schon vieles erreicht und erstritten haben — "ungeheuer wichtig." Daß die umstrittene Frauenquote zunehmend auch von Frauen selbst kritisch diskutiert wird, findet Helga Gießelmann nicht richtig: "Gleichberechtigung muß eine Selbstverständlichkeit werden, und an vielen Stellen sieht man, daß es ohne Quote nicht geht. Die Quote ist Mittel zum Zweck, nicht das Ziel."
    Helga Gießelmann ist in Isingdorf-Arrode, einer Kleinstadt bei Bielefeld, geboren und aufgewachsen. Sie stammt aus einem Arbeiterhaushalt, beide Eltern waren Seidenweber. Mit 15 Jahren begann Helga Gießelmann, sich politisch bei den Falken zu engagieren: "Es war die Zeit des Aufbruchs, wir waren kritisch, haben Normen in Frage gestellt, wollten vieles besser machen." Nach ihrem Volksschulabschluß machte sie eine Lehre als Industriekauffrau. Danach arbeitete sie als Sekretärin. Anfang der siebziger Jahre folgte sie mit ihrer kleinen Tochter ihrem Mann nach Hamburg.
    Dort begann sie 1974 an der Hochschule für Wirtschaft und Politik (HWP) über den zweiten Bildungsweg ein interdisziplinäres Studium der Fächer Volkswirtschaftslehre, Betriebswirtschaftslehre, Rechtswissenschaften und Soziologie: "Für uns war damals klar: Bildung ist Macht, wir wollten die Gesellschaft verändern."
    Schon in ihrer Hamburger Studienzeit begann Helga Gießelmann sich für Frauenfragen zu interessieren. Doch richtig Feuer fing sie erst in Bielefeld, wo sie 1977 ein Soziologiestudium aufnahm und sich in ihrer wissenschaftlichen Arbeit intensiv mit Frauenforschung beschäftigte. Sie wurde Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) im Unterbezirk Bielefeld, setzte sich für die Einrichtung kommunaler Gleichstellungsstellen ein und wurde schließlich selbst Leiterin der Gleichstellungsstelle der Stadt Herford.
    Ein Sitz im Landtag war eigentlich nie erklärtes Ziel von Helga Gießelmann. Doch als 1990 in ihrem Wohnort Bielefeld ein Wahlkreis frei wurde, bewarb sich die AsF-Vorsitzende um das Mandat. An den Spitzen der 13 ostwestfälischen Wahlkreise gab es damals keine einzige Frau, tür Helga Gießelmann ein Grund mehr zu kandidieren.
    Daß sie sich im Landtag gezielt für frauenpolitische Themen einsetzt, ist für sie selbstverständlich. Neben ihrer Arbeit im Frauenausschuß und im Ausschuß für Wirtschaft liegt der Sozialdemokratin vor allem ihre Mitarbeit in der Enquete-Kommission "Zukunft der Erwerbsarbeit" am Herzen: "Da geht es nicht nur um Tagespolitik, da muß man langfristiger planen und denken, Strategien entwickeln. Und das finde ich spannend."
    Helga Gießelmann verfolgt die Dinge gerne gründlich. Sie liest viel, "wuselt gerne herum", wie sie selber sagt. Wenn bei der Arbeit Fakten durcheinander geworfen werden oder aber viel Zeit mit langatmigen, inhaltlich leeren Vorträgen verschwendet wird, reißt ihr auch schon mal der Geduldsfaden. Aber das empfindet sie dann nicht unbedingt als negativ, denn: "Wenn ich wütend bin, bin ich am besten."
    Ihr Mann ist für sie ein kritischer Diskussionspartner, und auch ihre drei inzwischen erwachsenen Kinder haben ihr politisches Engagement mit Interesse und meist auch wohlwollend verfolgt. Nur die Wahlkampfzeiten haben sie manchmal als "lästig" empfunden.
    Helga (Gießelmanns Hobby ist ein kleiner Hund und heißt Acla. Mit Acla macht sie gerne lange Spaziergänge. Ab und zu geht's auch mal in den Hundeverein. Und dort, das hat Helga Gießelmann erstaunt festgestellt, "wird manchmal heftiger gestritten als in der Politik".
    Ulrike Coqui

    ID: LIN05108

  • Porträt der Woche: Prof. Dr. Manfred Dammeyer (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 21 - 22.12.1998

    Die Karriere Manfred Dammeyers ist nicht immer so zielstrebig und berechenbar verlaufen wie die anderer Politiker. Das mag mit ein Grund für die Verblüffung gewesen sein, die die Wahl des 59jährigen zum Nachfolger Klaus Matthiesens als Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion Anfang November auslöste. Hatte doch wenige Monate zuvor, wie es schien, gerade sein politischer Abstieg begonnen. Wolfgang Clement hatte nach seiner Wahl zum Ministerpräsidenten das Kabinett verkleinert und Dammeyers Ressort, das Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten, das er seit 1995 führte, aufgelöst.
    Prompt sahen manche Kommentatoren Dammeyer nun im neuen Amt schon als "Gegenspieler" zu Clement. Dammeyer reagiert unwirsch auf derlei Unterstellungen. Wenn er damals verärgert gewesen wäre, hätte er doch auch das Amt des Präsidenten des EU-Ausschusses der Regionen hingeschmissen — ein Amt, in das er erst Anfang des Jahres mit überwältigender Mehrheit gewählt wurde und das er auch weiter ausüben will. Und schon hat er das Gespräch auf sein Lieblingsthema gebracht: Europa. In der Kombination seiner neuen Aufgabe im Landtag mit der Brüsseler Funktion sieht er einen besonderen Reiz. Es komme darauf an, die "europäischen Dimensionen" von Landespolitik zu sehen. Als Beispiel führt er einen Richtlinienentwurf der EU an, der die künftige Rechtsform europaweit tätiger Aktiengesellschaften regelt. Dabei gehe es auch um die Frage der Mitbestimmung — "ein nordrheinwestfälisches Thema", sagt er begeistert, das nun auf europäischer Ebene verankert werde.
    Dammeyers europapolitisches Engagement, das ihm in Brüssel viel Ansehen eingetragen hat, könnte man angesichts seines Werdegangs als eine Art Läuterung zum elder statesman sehen. In jüngeren Jahren stand er eher im Ruf eines linken Bürgerschrecks, etwa als Bundessekretär des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS). Ein Ruf, der ihm auch noch als bildungspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion anhaftete, als er leidenschaftlich für die landesweite Einführung der Gesamtschule eintrat. Auch heute noch weckt das Thema Bildung seine Leidenschaft, und das hat mit seiner Biographie zu tun. Daß er, Sohn eines Hilfsarbeiters aus Ostwestfalen, Abitur machen und studieren konnte, sei ihm "nicht an der Wiege gesungen worden". Gleiche Bildungschancen für alle sind ihm ein Anliegen. Daß eine Untersuchung der OECD jetzt ergab, nur noch 25 Prozent eines Jahrgangs in Deutschland ergriffen ein Studium, zeige, wie sehr die 16 Jahre amtierende konservative Bundesregierung die Bildungschancen breiter Schichten wieder verschlechtert habe.
    Dammeyer studierte Sozial- und Erziehungswissenschaften. Danach zog es ihn nach Oberhausen, wo Hilmar Hoffmann seinerzeit die Volkshochschule leitete. Ein halbes Jahr später übernahm er selbst die Leitung. Auch der Oberhausener Kurzfilmtage wegen wechselte er an die Ruhr. Dammeyer ist begeisterter Cineast, verfaßte viele Filmkritiken und gehört immer noch dem Beirat der Kurzfilmtage an. Kürzlich hielt er einen Vortrag auf der Duisburger Filmwoche.
    Obwohl er längst Politiker im Hauptberuf ist — seit 1975 vertritt er den Wahlkreis Oberhausen II im Landtag und hat diverse Parteiämter inne —, pflegt er etliche Leidenschaften außerhalb der Politik. In Duisburg ist er Honorarprofessor für Politische Wissenschaften. Außerdem übersetzt er schwedische Literatur ins Deutsche. Kürzlich schrieb er ein Buch über den schwedischen Literaturnobelpreisträger Eyvind Johnson, der Anfang der zwanziger Jahre in Oberhausen lebte. Auf die drei Söhne, zwischen 30 und 37 Jahren alt, scheinen indes mehr seine künstlerischen Neigungen und weniger die politischen Ambitionen abgefärbt zu haben: Alle drei sind bildende Künstler geworden — wobei auch die Mutter, von Beruf Kunstlehrerin, den Ausschlag gegeben haben könnte.
    Daß Dammeyer selbst der Politik den Rücken kehrt und sich ganz der Kunst oder der Wissenschaft zuwendet, ist wohl auszuschließen. Dazu ist er, bei aller Intellektualität, zu passioniert und zupackend. Die GRÜNEN, die Klaus Matthiesen zu dessen Abschied spontan ein Ständchen darbrachten ("Viel Glück und viel Segen..."), in der Hoffnung, mit dem Nachfolger leichteres Spiel zu haben, könnten sich zu früh gefreut haben. Er sehe eine seiner Hauptaufgaben darin, sagt Dammeyer, "das Profil der eigenen Gruppierung zu schärfen". Dies allerdings könnte auch an die Adresse der Regierung gerichtet sein.
    Roland Kirbach

    ID: LI982140

  • Porträt der Woche: Heinz Wirtz (SPD).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 17 - 10.11.1998

    Das Elternhaus hat Heinz Wirtz stark geprägt. Sein Vater war Gewerkschaftssekretär, später Bevollmächtigter der IG Metall in Bochum und 15 Jahre lang bis 1985 SPD-Landtagsabgeordneter. So trat der gebürtige Wattenscheider, Jahrgang 1943, als städtischer Verwaltungslehrling bereits mit 16 Jahren der ÖTV bei und engagierte sich gleich gewerkschaftlich, baute eine Jugendgruppe bei der Stadtverwaltung auf. Und nach Absolvierung der Bundeswehr schloß er sich den Sozialdemokraten an.
    Seit 1990 führt Heinz Wirtz den Stadtbezirk Bochum-Wattenscheid seiner Partei und wurde bei den letzten beiden Wahlen gegen jeweils nur eine Stimme von den Delegierten in seiner Funktion bestätigt, worauf er besonders stolz ist. Auch gehört er seit mehreren Jahren dem SPD-Unterbezirksvorstand Bochum an und engagiert sich besonders in der Öffentlichkeitsarbeit.
    Nach Absolvierung der Ausbildung für den gehobenen nichttechnischen Verwaltungsdienst am Dortmunder Studieninstitut für kommunale Verwaltung wurde der Diplom-Verwaltungswirt später Leiter der Bezirksverwaltung Bochum-Wattenscheid mit ihren rund hundert Mitarbeitern und pflegte den Kontakt zu den örtlichen Kommunalpolitikern. Für das heutige Mitglied des Landtagsausschusses für Kommunalpolitik sind diese damaligen beruflichen Erfahrungen besonders hilfreich.
    Seit 1990 als im Wahlkreis 126 (Bochum III) zweimal direkt gewählter Abgeordneter im Düsseldorfer Landesparlament macht sich der Sozialdemokrat für eine hinreichende Finanzausstattung der Kommunen stark. Dazu zählt nach seinen Worten auch deren wirtschaftliche Betätigung. "Die Gemeindeordnung muß in diesem Bereich ein Stück freier gestaltet werden". Abgesehen von der örtlichen Begrenzungsklausel dürften die Kommunen derzeit nur dann wirtschaftlich tätig werden, wenn ein "dringender öffentlicher Bedarf" bestehe, kritisiert der Abgeordnete. Das sei eine zu enge Begrenzung.
    So fürchtet Heinz Wirtz, daß angesichts der Liberalisierung des Strommarktes die Städte in "arge Bedrängnis" kommen werden, falls es bei den Beschränkungen in der Gemeindeordnung bleibe. Natürlich dürfe es nicht zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten privater Anbieter kommen. Für dringend erforderlich hält das Mitglied des kommunalpolitischen Ausschusses auch eine Neuverteilung des gesamten Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Kommunen.
    Als Mitglied des Verkehrsausschusses des Landtages drängt der SPD-Abgeordnete nach mehr Mitteln im Landeshaushalt vor allem für die Erhaltung der Landesstraßen. Nicht vernachlässigt dürfe aber auch der Bau zusätzlicher Ortsumgehungen. Nach seinen Worten liegt ihm besonders am Herzen, daß die Bundesstraßen im mittleren Ruhrgebiet verbessert und komplementiert werden. Konkret fordert der SPD-Abgeordnete auch die Erweiterung der A 40 zwischen Bochum und Essen, die Beseitigung des Nadelöhrs Essen- Frillendorf (A 52) und die Fortführung des Emscher-Schnellweges. In Partei und Gewerkschaft fest verwurzelt und als Abgeordneter parlamentarisch engagiert, entspannt sich der Sozialdemokrat bei einem Abenteuer- oder Kriminalroman. Auch die Musik der fünfziger Jahre — Erinnerung an die Jugendzeit — ist eine willkommene Abwechslung.
    Jochen Jurettko

    ID: LI981775

  • Porträt der Woche: Gerd-Peter Wolf (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 16 - 27.10.1998

    Einen "Tiefwurzler" nennt sich Gerd-Peter Wolf. Stolz bekennt sich der 46jährige dazu, seine Heimat Altenessen im Essener Norden noch nie in seinem Leben länger verlassen zu haben. Hier ist er geboren, zur Schule gegangen, und hier hat er seiner Familie vor einigen Jahren ein Häuschen gebaut. Auch seine Ausbildung zum Diplomverwaltungswirt und seinen Wehrdienst absolvierte er in Essen.
    Die Familie seiner Mutter ist seit Jahrhunderten in Altenessen ansässig. Sein Urgroßvater, der Schmidt hieß, hatte 17 Kinder und pflegte abends über die Straße zu rufen: "Alles, was Schmidt heißt, reinkommen!" Wolfs Vater, ein Mecklenburger, kam nach dem Krieg als Zirkusreiter auf der Durchreise vorbei und blieb in Altenessen hängen. "Auf Zeche" fand er Arbeit.
    Vergangene Zeiten: Die drei Altenessener Schachtanlagen sind längst geschlossen. Wie der Stadtteil zu neuem Leben erweckt werden kann und neue Arbeitsplätze geschaffen werden können — das habe ihn sein "ganzes politisches Leben" hindurch beschäftigt und geprägt, sagt Wolf. Schon 1972 als Juso wirkte er am ersten Programm zur Sanierung Altenessens mit. Seit 1985 vertritt er den Stadtteil für die SPD im Landtag. Mit stolzen 74,8 Prozent der Wählerstimmen zog er damals ins Parlament. Und selbst bei der letzten Wahl 1995, als die SPD nach 15 Jahren ihre absolute Mehrheit im Land einbüßte, brachte es Wolf immer noch auf 65,4 Prozent.
    Gerd-Peter Wolf ist nicht so vermessen, solche Ergebnisse allein den eigenen Verdiensten zuzuschreiben. Trotz Zechensterben und Strukturwandel sei Altenessen eben nach wie vor ein Stadtteil mit einem hohen Anteil von Arbeitern, und die wählten nun mal traditionell SPD. Allerdings sei es auch nicht mehr so, wie ein boshafter Spruch sagt, daß man in Wahlkreisen wie seinem selbst "einen Besenstiel aufstellen und rot anmalen" könne und er würde gewählt. Dazu habe sich die Struktur in seinem Wahlkreis schon zu sehr geändert — glücklicherweise, fügt er hinzu. Etliche Handwerker und Kleingewerbler hätten sich inzwischen auf Brachflächen niedergelassen, Mittelstandsfamilien hier ihre Eigenheime gebaut.
    Daß auch diese neuen gesellschaftlichen Gruppen sich mit Wolf identifizieren können, liegt gewiß mit daran, daß er alles andere als ein linker Bürgerschreck ist. Er bekennt sich dazu, ein "Kanalarbeiter" zu sein, wie sich die konservativen Sozialdemokraten nennen. Seit jeher sei für ihn weniger Willy Brandt als Helmut Schmidt ein Vorbild gewesen.
    "Ich war immer schon konservativ, auch als Juso", sagt er, der 1969 der SPD beitrat. Als es in der Partei zum guten Ton gehörte, den Wehrdienst zu verweigern, verpflichtete sich Wolf 1972 nach seiner Ausbildung zum Diplomverwaltungswirt für zwei Jahre bei der Bundeswehr. Für die Kernkraft trat Wolf ebenso ein wie für den Nato-Doppelbeschluß. Er grinst: "Die Jusos waren froh, als ich 35 wurde — und so dem Juso-Alter entwachsen war.
    Mit den Grünen hatte er lange Zeit "nichts am Hut". Er könne sich auch eine Zusammenarbeit mit der CDU vorstellen, wenigstens mit einigen ihrer Politiker, räumt er ein. Wegen der "strategischen Bedeutung" für den Machtwechsel in Bonn sei er 1995 dennoch für eine rot-grüne und gegen eine große Koalition auf Landesebene eingetreten.
    Mittlerweile empfindet er fast so etwas wie Sympathie für den Koalitionspartner, zumindest wenn er so gesittet daherkommt wie Michael Vesper, der grüne Bauminister, mit dem er aufgrund seines Fachgebiets häufig zu tun habe und "toll" zusammenarbeite. Wolf gehört dem Verkehrsausschuß sowie dem Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen an; außerdem ist er seit einiger Zeit baupolitischer Sprecher seiner Fraktion — alles zum Wohle von Altenessen, einem der letzten großen Sanierungsgebiete im Revier, als dessen erster Lobbyist Wolf sich versteht.
    Das macht für ihn den Sinn von Politik aus: "dicke Bretter bohren" und "penetrant erfolgreich sein" — im Gegensatz zu den Ideologen und Visionären, gerade auch in seiner Partei, die meist nur "elegant erfolglos" blieben. Die Landespolitik ist nach Wolfs Meinung die ideale Bühne, nach diesem Verständnis Politik zu machen: Einflußreich genug, um mitentscheiden zu können, aber noch nicht zu weit weg von den Menschen, den Adressaten der Entscheidungen. Ein Bundestagsabgeordneter könne nie so konkret handeln, daß er die Auswirkungen in seinem Wahlkreis sehe — er dagegen schon, sagt Wolf und ist deshalb davon überzeugt: "Ein guter Landespolitiker wird nie ein Bundespolitiker".
    Roland Kirbach

    ID: LI981644

  • Porträt der Woche: Ina Meise-Laukamp (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 15 - 29.09.1998

    Sie sind zu dritt, und sie sitzen gemeinsam auf einem Flurabschnitt im Landtag: Die drei sozialdemokratischen Abgeordneten aus Lippe. Eine von ihnen, die einzige Frau, ist Ina Meise-Laukamp. "Lieber im Kleinen etwas tun, als im Großen darüber reden", dieser Satz von Willy Brandt ist ihr politisches Motto. Daß man durch "persönlichen Einsatz im politischen Bereich etwas bewirken kann", diese Erfahrung hat die Lipperin schon als Jugendliche gemacht. Mit 15 setzte sie gemeinsam mit den Jusos die Errichtung eines Jugendraums in ihrer Heimatstadt Lemgo durch — und das war auch gleichzeitig die Weichenstellung für ihren politischen Werdegang. Obwohl sie nicht aus einer "urtypisch sozialdemokratischen" Familie kommt, trat Ina Meise-Laukamp sofort nach ihrem 16. Geburtstag in die SPD ein, wurde noch im gleichen Jahr Juso-Vorsitzende in Lemgo und kann jetzt nach 25 Jahren, wie sie selber sagt "Silberhochzeit mit meiner Partei" feiern.
    Ina Meise-Laukamp hat in Lemgo, wo sie auch heute noch lebt, die Realschule besucht und mit der mittleren Reife abgeschlossen. Ihren ursprünglichen Berufswunsch — Heilpädagogin — konnte sie nicht verwirklichen, alle Fachschulen waren damals überfüllt, sie bekam keinen Ausbildungsplatz. Ihr Soziales Jahr in der Stiftung Eben-Ezer, das sie angetreten hatte, um die nötigen Voraussetzungen für ihre geplante Ausbildung mitzubringen, hat sie trotzdem nicht bereut. Die Pflege schwerstbehinderter Kinder war für sie eine Erfahrung, die sie nicht missen möchte. Schließlich absolvierte Ina Meise-Laukamp eine Lehre bei der Stadt Lemgo und arbeitete dort als Verwaltungsfachangestellte.
    Nach der Geburt ihres ersten Kindes legte sie erst einmal eine Babypause ein. Danach holte der Lemgoer Landtagsabgeordnete Reinhard Wilmbusse die damals 22jährige als parlamentarische Mitarbeiterin in sein Wahlkreisbüro. Als Wilmbusse 1994 Bürgermeister von Lemgo wurde und sein Landtagsmandat abgab, kam für Ina Meise-Laukamp der Sprung nach Düsseldorf: Nach der Wahl im Mai 1995 trat sie als Abgeordnete in die Fußstapfen von Wilmbusse. Sie ist die Abgeordnete mit der "längsten Ausbildungszeit, 14 Jahre lang hat sie für Wilmbusse gearbeitet. Geplant hat sie ihre politische Karriere als Parlamentarierin nicht, "es hat sich so ergeben".
    Bei ihrer Arbeit im Landtag liegt ihr vor allem der Sozialausschuß am Herzen. Ina Meise-Laukamp befaßt sich intensiv mit der Seniorenpolitik. Ihr zweites Steckenpferd ist die Kurorte-Problematik im Land. "Das ist ein harter Brocken", so die Lipperin, denn "wir können nicht alle Probleme lösen, die Strukturkrise wurde von Bonn verursacht." Seit eineinhalb Jahren ist Ina Meise-Laukamp ständig auf Achse, besucht die Kurorte in Nordrhein-Westfalen und versucht, sich ein Bild von der Lage zu machen. Ihr Mann und ihre zwei Kinder unterstützen ihr politisches Engagement, "anders ginge das auch gar nicht". Während der Plenarwochen bleibt Ina Meise-Laukamp von Dienstag bis Freitag in Düsseldorf, die Heimfahrt nach Lemgo wäre zu langwierig und zeitraubend. "Ich fahre auf Montage", sagt sie zu ihren Kindern, wenn sie nach Düsseldorf aufbricht. Auch wenn Tochter (18) und Sohn (14) mächtig stolz sind auf ihre Mutter, manchmal "kommt etwas Frust auf, weil Ich so oft weg bin". Wenn Ina Meise-Laukamp nicht "on tour" ist, dann arbeitet sie in ihrem Wahlkreisbüro am Lemgoer Marktplatz. Einzelnen Bürgern helfen, vor Ort etwas erreichen, das macht ihr besonders großen Spaß.
    Die erste SPD-Frau aus Lippe im Düsseldorfer Landtag arbeitet besonders gut unter Druck und auch gerne im Team. Allerdings: "Bei Sturheit, Intoleranz und Uneinsichtigkeit, da platzt mir auch schon mal der Kragen."
    In ihrer Freizeit reitet die 41 jährige am liebsten — und das schon seit über 30 Jahren. Ein eigenes Pferd hat sie nicht, dafür aber das Glück, daß ihr Nachbar zwei besitzt und ihr gerne eins für ihre Ausritte zur Verfügung stellt. Zu einem guten Essen sagt Ina Meise-Laukamp nicht nein, vor allem wenn etwas aus der indischen Küche auf den Tisch kommt: "Das ist so schön scharf."
    Ulrike Coqui

    ID: LI981558

  • Porträt der Woche: Wolfgang Röken (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 12 - 25.08.1998

    Wolfgang Röken ist von sportlich-kultivierter Erscheinung. Früher, als Leiter einer Hauptschule, war er gewiß eine Respektsperson auch für die größten Rabauken. Der Sozialdemokrat aus Gladbeck plaudert in angenehmem, kontrolliertem Ton, eine hinreichend gepflegte Atmosphäre beim Tischgespräch scheint ihm wichtig zu sein. Wenn er über sich als politischen Arbeiter daheim in der Gladbecker Parteipolitik sagt, er sei "der Junge für alles", kommt man ins Grübeln. Ob der eher feingeistig wirkende Mann wirklich auch ein Sozialdemokrat fürs Grobe sein kann? Er selbst sagt über sich, nach außen hin wirke er ruhig, ein dickes Fell jedoch habe er sich nicht zulegen können, es würde auch die notwendige Sensibilität stören.
    Schnell spürt man, daß der Pädagoge Röken nicht leidenschaftlich gerne über Schul- und Bildungspolitik redet. Es bleibt bei einem wackren Bekenntnis für die Gesamtschule, deren Idee man nach Rökens Meinung konsequenter hätte verfolgen und durchsetzen müssen. Schließlich hätten andere vergleichbare Industriestaaten doch auch Schulsysteme mit Gesamtschulcharakter. "Aber", betont er, "ich will mich bewußt hier nicht mit Bildungspolitik befassen." Ihn stört die Schablone: Aha, ein Lehrer, folglich Schulpolitik. Also: Wolfgang Röken der politische Generalist. Das hat ihm in der Zeit als Ober-/Bürgermeister von Gladbeck geholfen. Er übernimmt gerne Verantwortung, wenn es geht, in leitender Funktion. Jemand, der so engagiert ist, wie der leidenschaftliche Kommunalpolitiker Röken, von dem manche sagen, er sei ein Workaholic, für den muß doch Politik Drogenersatz sein. "Ja", räumt der SPD-Abgeordnete ein, "trotz allen Ärgers, den die Politik mit sich bringt, eine gewisse Droge ist sie schon." Röken stört der Ansehensverlust, den die Politiker erleiden. Er sagt, er sei pflichtbewußt, jemand, der in der Kommunal- und Landespolitik weniger große Erklärungen als vielmehr kleine vernünftige Taten schätzt. Er mag es, wenn die Menschen seinen Rat suchen. Das Wahlkreisbüro hat von 8 bis 18 Uhr geöffnet.
    Röken entstammt keiner sozialdemokratischen Familie, wiewohl die Mutter seit 20 Jahren die SPD wählt. Über die Mutter spricht er mit großer Bewunderung. Nachdem der Vater, ein Schneidermeister, bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen war, mußte die Mutter wieder arbeiten, damit sie ihm das Studium finanzieren konnte. Eigentlich habe er Publizistik belegen wollen, doch dies sei zu langwierig und damit zu teuer gewesen. Also entschied sich der junge Wolfgang Röken fürs kurze Studium an der PH im heimatortnahen Essen. Für die Schwester blieb "nur" die Realschule. Gleichheit der Bildungschancen für alle — dieses Anliegen habe ihn letztlich in die SPD gebracht, erinnert sich der in Sachsen-Anhalt Gebürtige. In der Sozialdemokratie verschmäht er das Flügeldenken. Ein politischer Typus wie Wolfgang Clement sage ihm sehr zu. Über Willy Brandt spricht Röken zwar wie jeder aufrechte Sozialdemokrat mit Respekt, aber er findet auch: "Man sollte Brandt nicht überhöhen, ich habe mich politisch nie zu seinen Enkeln gerechnet." Über seine Arbeit im Landtag redet er mit reichlich Sinn fürs Machbare: "Es war mir klar, daß ich nicht in der ersten Reihe sitze, ich bin nicht angetreten, um den Düsseldorfer Himmel zu stürmen." In den Landtagsausschüssen für Städtebau und Wohnungswesen sowie Verkehr will Röken seine langjährigen Erfahrungen aus Gladbeck einbringen, natürlich auch noch etwas für den eigenen Wahlkreis "herausholen". "Denn dort bin ich gewählt worden." Ginge es nach ihm, ließe er sich auch für die kommende Legislaturperiode wählen.
    Immer wieder lenkt Röken das Gespräch Richtung Kommunalpolitik. Er streicht die fahrradfreundliche Stadt Gladbeck heraus, das erfolgreiche Modellprojekt ÖPNV, die Städtepartnerschaften zusätzlich zum Üblichen. Auf die von ihm angestoßene Verbindung, beispielsweise zum türkischen Alanya, ist er besonders stolz. In Gladbeck leben 6 500 Türken, die Stadt hat 80 000 Einwohner. Wann immer er dienstlich oder privat in die Türkei reise, empfinde er die Deutschfreundlichkeit dort: "Fast beschämend für uns." Röken kann sich, bei aller Verwurzelung im Revier, auch über Reisen in die weite Welt begeistern. Der dienstliche Abstecher nach Vancouver im Frühjahr war ein unvergeßliches Erlebnis. Nach New Orleans möchte er einmal, dort, wo Jazz in der Luft liegt. Diese Musikrichtung hat es dem Abgeordneten angetan. Wie das bei einem wie ihm, der gern alles selbst in die Hand nimmt, nicht verwundert, hat er sich zum Vorsitzenden des Gladbecker Jazzclubs wählen lassen. "Wir veranstalten jedes Jahr das schönste Jazzfest im Ruhrgebiet", meint er. "Ja, einmal nach New Orleans, das wäre ein Traum." Eine weitere Idee von Röken war es, Jazz im Rathaus zu bieten, stets am 2. Advent wird der Ratssaal leergeräumt für eine gemischte Präsentation von Jazzmusik und Kunsthandwerk.
    Zurück zur Politik: Röken mag klare Verhältnisse, sprich absolute SPD-Mehrheiten. Das müsse auch das SPD-Ziel für den nächsten Landtag sein, anderenfalls werde man doch für vieles verantwortlich gemacht, das man nur mit halbem Herzen mittrage. Es wurmt einen wie Röken gewaltig, daß in Gladbeck derzeit nicht die SPD, sondern die CDU den Bürgermeister stellt. Allerdings wirkt der Politiker, der die Werke von John Steinbeck und Werner Bergengruen zu seiner Lieblingslektüre zählt, zu keinem Zeitpunkt des Tischgesprächs, bei dem er sich zum Essen einen Weißwein gönnt, verbissen parteipolitisch.
    Reinhold Michels

    ID: LI981256

  • Porträt der Woche: Erwin Siekmann (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 10 - 16.06.1998

    Schon seit dem 15. Lebensjahr prägt Erwin Siekmann sein gewerkschaftliches Engagement. Bereits während seiner Lehre als kaufmännischer Angestellter bei der Barmer Ersatzkasse (BEK) trat der damals 15jährige in die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) ein, sechs Jahre später, als 21 jähriger, saß der gebürtige Bochumer bereits in dem für das gesamte Bundesgebiet zuständigen Hauptpersonalrat dieser Krankenkasse.
    Nach Abschluß der ersten und zweiten Verwaltungsprüfung erwarb sich der heutige SPD-Landtagsabgeordnete während eines sechssemestrigen Studiums beim DGB Kenntnisse in Volks- und Betriebswirtschaft sowie in Sozialpolitik. Sein beruflicher Weg führte ihn schließlich zur Betriebskrankenkasse Hoesch Dortmund, wo er seit längerem deren stellvertretender Geschäftsführer ist.
    Im Jahre 1972 trat Erwin Siekmann in die SPD ein, um sich auch politisch für die Rechte der Arbeitnehmer einsetzen zu können. In verschiedenen örtlichen Parteigremien aktiv, nominierten ihn die Dortmunder Parteifreunde 1979 für den Rat der Revierstadt. Dort übernahm er während seines sechzehnjährigen kommunalpolitischen Wirkens eine Vielzahl von Aufgaben und Ämtern. Als Folge des Unvereinbarkeitsbeschlusses zum Doppelmandat mußte der Sozialdemokrat bei seinem Einzug in den Düsseldorfer Landtag 1995 seine Tätigkeit im Stadtrat aufgeben. Wie schon im Kommunalparlament, so liegen seine Schwerpunkte auch im Landtag in den Bereichen Soziales und kommunale Finanzen. Die Fraktion berief ihn in den Haushalts- und Finanzausschuß sowie in den Ausschuß für Kommunalpolitik.
    Der heute 62jährige Sozialdemokrat plädiert im finanziell angespannten Gesundheitsbereich für mehr Eigenverantwortung. Man dürfe sich nicht nur auf die Solidargemeinschaft verlassen, sondern müsse sich selbst "stark machen". Dazu gehöre beispielsweise die Vorsorge. "Man sollte vernünftig leben und auch Sport treiben!" Andererseits müßten alle notwendigen Behandlungsmöglichkeiten jedem Menschen zur Verfügung stehen.
    Als "Schutz in allen wichtigen Lebenslagen" dürfe die Sozialversicherung nicht abgebaut, sondern sie müsse "vitalisiert" werden, fordert Erwin Siekmann weiter. So ist er ein Verfechter der Einbeziehung der Beamten und der sogenannten Höherverdienenden in die Pflichtversicherung. Als Realist weiß er, daß dies ein langfristiges Ziel ist. Die privaten Krankenkassen sollten sich auf zusätzliche Leistungen konzentrieren.
    Mit Nachdruck plädiert der Dortmunder für eine solide Finanzpolitik. Das sei auch eine Verpflichtung gegenüber den Steuerzahlern. Die alljährliche Netto-Kreditaufnahme des Landes müsse reduziert und später müßten auch die Schulden abgebaut werden. Es sei daher zwangsläufig, daß zusätzliche notwendige Leistungen des Landes nur durch Einsparungen in anderen Bereichen finanziert werden dürften. "Prioritäten zu setzen, bedeutet nicht nur Wichtiges festzuschreiben, sondern auch weniger Wichtiges zu kürzen und ganz zu streichen." Da fehle oft die Kraft der Politiker, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. So müsse es beispielsweise eine strikte Begrenzung der Personalkosten und Versorgungsleistungen geben.
    Der im Wahlkreis 134, Dortmund V, direkt gewählte Sozialdemokrat sucht ständig den Kontakt zu den Mitbürgern, und bei seinen Diskussionen und Vorträgen bemüht er sich um eine "adressatengerichtete" Sprache. "Man muß verstanden werden, sonst hat die Politik ihre Aufgabe verfehlt."
    Der leidenschaftliche Skatspieler zählt nicht zu jenen, die im Urlaub um die Welt düsen. "Man muß nicht alle Länder gesehen haben. Zu Hause ist es auch schön." So ist denn auch Erwin Siekmanns "Stolz" die Familie, Ehefrau und zwei Töchter. Zu Hause findet er Entspannung und Ausgleich.
    Jochen Jurettko

    ID: LI981062

  • Porträt der Woche: Irmgard Schmid (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 8 - 26.05.1998

    Irmgard Schmid sieht sich als Frau der Mitte. "Ich bin keine Linke", sagt die 53jährige SPD-Landtagsabgeordnete aus Kierspe mit lächelndem Kopfschütteln. Erläuternd fügt sie hinzu: "Die Haltung von Klaus Matthiesen und Wolfgang Clement, das ist auch meine Linie." Vor allem ist die Sozialdemokratin aus dem Westfälischen Pragmatikerin. Mit Verstand und Charme, aber auch mit Zähigkeit wirbt sie für ihre politischen Ziele. "Man muß offen miteinander reden, dann findet sich schließlich auch ein Kompromiß", heißt die Devise, nach der die SPD-Frau handelt.
    Daß diese Überzeugungsarbeit zuweilen recht mühsam ist, wurde unlängst im Landwirtschaftsausschuß — Irmgard Schmid ist stellvertretende Vorsitzende in dem Gremium — deutlich, als es um die Umsetzung der europäischen FFH-Richtlinie in Nordrhein-Westfalen ging. Der kleine grüne Koalitionspartner möchte die Richtlinie möglichst weit ausgelegt wissen. Irmgard Schmidt plädiert dagegen vor allem für Machbarkeit. "Die Gemeinden müssen auch in zehn Jahren noch Gewerbegebiete ausweisen können und dürfen durch die FHH-Richtlinie nicht stranguliert werden", vertritt sie standhaft ihre Position.
    Ihrer Einschätzung nach werden bei allzu stringenter Umsetzung der Europa-Beschlüsse einige nordrhein-westfälische Gemeinden in ihrer Existenz bedroht. "Das wird es mit mir nicht geben", betont die SPD-Frau fest. "In so einem Fall gibt es dann auch schon mal recht ernsthafte Auseinandersetzungen mit dem Koalitionspartner", räumt die Sozialdemokratin ein. "Wir müssen vernünftige Lösungen finden, die einerseits den Gemeinden die wirtschaftliche Lebensfähigkeit sichern und andererseits die Umwelt so weit wie möglich schonen."
    Um eine möglichst "zielorientierte Arbeit" geht es der SPD-Abgeordneten auch im Wirtschaftsausschuß, dem sie seit Beginn ihrer parlamentarischen Arbeit im Düsseldorfer Landtag 1990 angehört. "Für Neulinge im Landtag ist es nicht üblich, gleich in den mächtigen Wirtschaftsausschuß zu kommen, aber ich habe dafür gekämpft und mich durchgesetzt", erinnert sie sich heute. Ihre Argumentation überzeugte: "Ich vertrete einen Wahlkreis, der durch den Mittelstand geprägt ist. Außerdem gibt es in den kleineren Kommunen bei uns noch viele Haupterwerbslandwirte. Da ist die Mitarbeit im Wirtschaftsausschuß nur folgerichtig."
    Die Kombination von Wirtschafts- und Landwirtschaftsausschuß hält die SPD-Frau aus Kierspe für besonders glücklich. "Auf diese Weise habe ich einen guten Überblick und weiß ziemlich genau, wo man eingreifen muß", sagt sie. In den acht Jahren, die Irmgard Schmid jetzt schon Parlamentarierin ist, hat sie so manches Mal mithelfen können, daß von Konkursen bedrohte Unternehmen gerettet werden konnten. "Anders als im Ruhrgebiet sterben bei uns im Märkischen Kreis die Arbeitsplätze leise. Deshalb ist es um so wichtiger, daß sich die Politiker aus dem Wahlkreis um den Bereich Wirtschaft kümmern."
    Und das tut Irmgard Schmid. Die engagierte Politikerin, sie sitzt übrigens auch im Präsidium des Landtags, versteht sich vor allem als Wahlkreisabgeordnete. "Der Vorteil in einem ländlich strukturierten Gebiet ist, daß ich viele Bürger persönlich kenne und umgekehrt sie mich auch." In Lüdenscheid hat Irmgard Schmid ein Wahlkreisbüro, das wochentags von 8 bis 15 Uhr besetzt ist. "Außerdem wissen die Bürger, wo ich im Telefonbuch zu finden bin. Sie rufen auch privat an, und ich bin flexibel." Die SPD-Politikerin hat für die Probleme ihrer Wähler ein offenes Ohr. "Ich reise viel im Wahlkreis herum, mache Firmenbesichtigungen und unterrichte mich, was sich in meinem Beritt so tut", erklärt sie ihre Wahlkreisarbeit. "Wenn ich mich vor Ort informiert habe, kann ich ein Problem besser als vom grünen Tisch aus beurteilen."
    Das klingt ganz nach Vollblut-Politikerin. Tatsächlich ist die am Niederrhein in Haldern geborene Irmgard Schmid heute ein Polit-Profi. Doch an der Wiege hat man ihr das politische Lied nicht gesungen. Sie kommt aus einem bodenständigen Handwerkerhaushalt. Dort wurde zwar politisiert und — konservativ gewählt, aber politisch aktiv waren ihre Eltern nicht. Nach der Volksschule absolvierte Irmgard Schmid eine Lehre als Verkäuferin im Nahrungsmittelgewerbe, machte anschließend eine Metzgerlehre und arbeitete eine Zeitlang im elterlichen Betrieb, ehe sie über den zweiten Bildungsweg Lehrerin wurde und zwanzig Jahre lang in Kierspe an der Gesamtschule arbeitete.
    Während des Studiums in Köln beschäftigte sie sich eingehender mit Politik. "Sehr beeindruckt hat mich Gustav Heinemann und seine Haltung zu den Jugendproblemen der damaligen Zeit", weiß sie noch heute. Er und das politische Umfeld der damaligen Zeit bewirkten, daß Irmgard Schmid 1970 in die SPD eintrat. Die politische Karriere ergab sich dann von selbst. 1975 — das erste ihrer drei Kinder war gerade geboren — wurde sie in den Stadtrat von Kierspe gewählt. Von 1979 bis 1989 war sie in ihrer Heimatstadt stellvertretende Bürgermeisterin. Gerade als sie beschlossen hatte, mit der Politik etwas zu pausieren, wurde die SPD-Frau von Parteifreunden aufgefordert, für den Landtag zu kandidieren. "Manche Chancen kommen nur einmal", sagte sie sich damals. Nachdem sie sich mit der Familie beraten hatte, griff Irmgard Schmid zu und hat ihren Wahlkreis auch direkt gezogen.
    Trotz aller Intensität, mit der Irmgard Schmid ihren Polit-Job betreibt, bleibt für Kinder und Freunde noch immer Zeit. Und auch ihr Hobby, ein schöner großer Bauerngarten, kommt nicht zu kurz. "Ich habe eben eine handwerkliche Ader", sagt sie vergnügt und freut sich schon auf den nächsten Gang durch ihre 2000 Quadratmeter Grün.
    Gerlind Schaidt

    ID: LI980860

  • Porträt der Woche: Friedhelm Lenz (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 5 - 24.03.1998

    Anders als seine damaligen Schulkameraden beteiligte sich Friedhelm Lenz rege an den politischen Diskussionen im Elternhaus. So trat der heutige Kölner Landtagsabgeordnete denn auch bereits mit 18 Jahren in die SPD ein. "Nach 18 Jahren CDU-geführter Bundesregierung wollten wir es besser machen", erinnert er sich. Bevor der in Rauschendorf/Siegkreis gebürtige Sozialdemokrat, Jahrgang 1945, etwas "verändern" konnte, mußte er allerdings die typische "Parteikarriere" absolvieren. Sie führte über den stellvertretenden Distrikt-Kassierer und stellvertretenden Ortsvorsitzenden in Porz schließlich in den Unterbezirksvorstand Köln, dem er heute noch angehört.
    Wie für so viele seiner Fraktionskollegen begann auch für Friedhelm Lenz die politische Tätigkeit im kommunalen Bereich. 1978 zog er in den Kölner Stadtrat ein und gehörte zehn Jahre lang dem Fraktionsvorstand an. Schwerpunkte des kommunalen Wirkens waren die Allgemeine Verwaltung und Ausländerfragen. Nach einem entsprechenden Beschluß des Kölner SPD-Unterbezirks, der Doppelmandate verbietet, mußte der Sozialdemokrat 1994 den Ratssitz räumen. Heute bedauert er das damalige Votum seiner Parteifreunde, könnte man doch mit den im Landtag wie im Stadtrat erworbenen Kenntnissen und Kontakten erfolgreicher kommunale Interessen vertreten.
    Auf Vorschlag der Porzer Sozialdemokraten kandidierte Friedhelm Lenz bei der letzten Landtagswahl 1995 im Wahlkreis Köln II und erreichte 46 Prozent der Stimmen für seine Partei. Die Fraktion berief ihn in den Ausschuß für Innere Verwaltung, den Petitionsausschuß und den Ausschuß Eine-Welt und Europa.
    Nach 16jähriger Tätigkeit im Kölner Stadtrat reizte ihn das neue parlamentarische Wirkungsfeld. Und das um so mehr, weil viele kommunale Probleme nur mit Hilfe des Landes zu lösen seien. Sei es der Wohnungs- oder Straßenbau, überall habe das Land mit seinen Zuschüssen "die Finger im Spiel". Zudem ist der Sozialdemokrat seit 1964 bei den Stadtwerken Köln tätig, zuletzt in der Abteilung Konzernplanung und Konzernstrategie.
    Der Innenausschuß im Landtag zählt zu den Wunschausschüssen des Abgeordneten, sieht er doch die innere Sicherheit als das nach der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit wichtigste innenpolitische Thema. "Die Menschen haben Angst vor der Kriminalität und der Überfremdung, und die Politik muß diese Sorgen ernst nehmen." Je länger der Sozialdemokrat in diesem Gremium tätig ist, desto größer wird seine Erkenntnis, daß das Verbrechen nur in enger Zusammenarbeit zwischen allen europäischen Ländern erfolgreich bekämpft werden kann — "sonst werden wir von der organisierten Kriminalität überrollt". Europol hält er daher für besonders wichtig.
    Das arbeitsintensivste Gremium ist für den Parlamentarier der Petitionsausschuß, dem er aber sehr gern angehört. Man könne dort dem Bürger noch direkt helfen, sich mit dessen persönlichem Schicksal unmittelbar beschäftigen. Der Ausschuß werde nach seiner Einschätzung von den Kommunalverwaltungen sehr ernst genommen, so daß die Erfolgsquote entsprechend hoch sei. "Dort, wo offensichtliches Unrecht entstanden ist, kann auch geholfen werden."
    Neben seiner parlamentarischen Tätigkeit hat der Kölner noch eine andere Wirkungsstätte: Er ist Präsident der SpVg Porz, eines Vereins, "aus dem Nationalspieler hervorgegangen sind", wie der 52jährige nicht ohne Stolz bemerkt. Die Jugendarbeit liegt ihm besonders am Herzen. Die SpVg besitzt inzwischen 18 Jugendmannschaften. Wenn Politik und Sport es zeitlich ermöglichen, besucht der Abgeordnete gerne die Oper und Philharmonie. Aber auch längere Wanderungen dienen der Entspannung.
    Jochen Jurettko

    ID: LI980551

  • Porträt der Woche: Irmgard Mierbach (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 3 - 10.02.1998

    "Es ist wichtig, daß Frauen auch in den politisch entscheidenden Ausschüssen vertreten sind und sich nicht auf den Bereich Schule und Sozialpolitik abdrängen lassen", sagt Irmgard Mierbach. Für die zierliche SPD-Landtagsabgeordnete im Düsseldorfer Landtag ist klar, daß es nicht nach der Devise gehen darf: "Schule und Soziales sind das Metier der Frauen, und da, wo die Musik bestellt wird, da spielen die Männer." Deshalb hat die Sozialdemokratin aus Leverkusen auch für einen Platz im Finanzausschuß gekämpft. So ganz einfach war das nicht. Aber ihr Vorgänger Horst Henning habe sie frühzeitig auf die Bedeutung des Gremiums aufmerksam gemacht. "Der Ausschuß ist nicht besonders publikumswirksam, und außerdem ist er sehr arbeitsintensiv", wußte die Abgeordnete also von vornherein. "Aber es handelt sich um einen der wichtigsten und einflußreichsten Ausschüsse, die es im Landtag gibt. Wer da drin sitzt, weiß, wo es politisch langgeht."
    Zwar bedauert Irmgard Mierbach ein bißchen, daß die guten Zeiten vorbei sind, wo die Finanzausschußmitglieder noch wie mit der Gießkanne Wohltaten über das Land regnen lassen konnten, aber ihr Insiderwissen möchte sie nicht missen. Auch wenn es heute eher so sei, daß die Mitglieder des Finanzausschusses als die Buhmänner des Parlamentes erschienen. Wenn sie ihren Kämmerer in Leverkusen anrufe, stöhne der als erstes: "Nein, bitte nicht schon wieder eine schlechte Botschaft." Andererseits könne sie als Finanzausschußmitglied doch das eine oder andere für ihren Wahlkreis tun.
    Überhaupt sei dieses Gremium so eine Art "Überausschuß", wo die Grundsatzentscheidungen fielen und die Schwerpunkte der Politik festgelegt würden. Das Arbeitsfeld von Irmgard Mierbach rundet sich ab, weil sie gleichzeitig noch im Unterausschuß Personal des Finanzausschusses und im Ausschuß für Haushaltskontrolle vertreten ist.
    Überhaupt macht ihr die Arbeit im Düsseldorfer Parlament Spaß. Nach zweieinhalb Jahren Abgeordnetendasein sind die Anfangsschwierigkeiten vergessen. Das Zurechtfinden im Rundbau am Rhein bereitet ihr keine Schwierigkeiten mehr. Allerdings hat sie nicht vergessen, wie freundlich Verwaltung und Kollegen ihr als Parlamentsneuling geholfen haben.
    Ein bißchen beneidet sie die westfälischen Kollegen um den guten Kontakt untereinander. "Wir Mittelrheiner machen den Fehler, daß wir nach den Sitzungen zu schnell nach Hause fahren, anstatt den Umgang mit den anderen Abgeordneten zu suchen." Andererseits zieht die Wahlkreisarbeit sie nach den Plenartagen immer wieder rasch nach Leverkusen. "Das ist der zweite Schwerpunkt meines Parlamentarierlebens, und da stecke ich viel Arbeit rein", erklärt sie mit einem leichten Seufzer.
    Während sie bei der Ausschußarbeit einen festumrissenen Themenkreis abzuarbeiten hat, sind die Anforderungen bei der Wahlkreisarbeit ganz unterschiedlich. "Da gibt es Termine beim Einzelhandelsverband oder bei der Polizei. Da kommen Bürger mit ihren Problemen oder Parteifreunde wollen Rat", umreißt sie die unterschiedlichen Arbeitsbereiche. "In jedem Fall bin ich immer auf dem lautenden über das, was in meinem Wahlkreis los ist", resümiert sie zufrieden die positive Seite der Wahlkreisarbeit. Gut informiert ist Irmgard Mierbach auch deswegen, weil sie noch Ratsmitglied in Leverkusen ist. Dieses Doppelmandat hält sie wegen der Basisbindung für wichtig. Oft werden im Parlament Entscheidungen mit großen Auswirkungen auf die Kommunen gefällt. "Und die kann man nur mit ausreichender Erfahrung in der Kommune richtig treffen", ist die SPD-Politikerin überzeugt. Niemand sollte ihrer Auffassung nach in den Land- oder Bundestag gehen, ohne zuvor in der Kommune an der Basis mitgearbeitet zu haben.
    Für sich selber überlegt Irmgard Mierbach allerdings, ob sie das Ratsmandat bei der nächsten Kommunalwahl nicht abgeben soll. Zwar begeistert sie ihre Arbeit als Vorsitzende des Kulturausschusses im Leverkusener Rat noch immer, andererseits werden beide Aufgaben mit der Zeit doch etwas viel, zumal es auch viele terminliche Überschneidungen gibt. Die Landtagsarbeit möchte sie gerne weitermachen. Da sie ihren Wahlkreis direkt gezogen hat, wird es wohl auch kaum Schwierigkeiten bei der Wiederaufstellung geben. Dennoch formuliert die SPD-Frau zurückhaltend: "Das werden wir zu Hause alles in Ruhe abklären. Ich hoffe, daß meine Leute mit mir zufrieden sind."
    Ihre Leute, das sind die SPD-Freunde in Leverkusen, die ihr 1995 das Landtagsmandat angetragen haben, nachdem sie seit Mitte der 70er Jahre an der Basis kräftig mitgeackert hat. Die am 10. August 1942 in Pfalzburg geborene Irmgard Mierbach ist eigentlich Rheinländerin. Die Kriegswirren hatten sie und ihre Familie ins Lothringische verschlagen. Aber schon 1944 war sie wieder in Köln. Hier machte sie ihr Abitur und die Ausbildung zur Programmiererin. Dann heiratete sie nach Leverkusen und zog zwei Kinder groß.
    Über die politisch interessierten und in der SPD engagierten Schwiegereltern, die Nachbarschaftshilfe und verschiedene Bürgerinitiativen kam sie dann selber der SPD näher und trat 1964 in die Partei ein. Danach ging es mit der politischen Karriere recht zügig voran. Der SPD-Fraktionsvorsitzende fragte zunächst, ob sie nicht bürgerschaftliches Mitglied im Jugendwohlfahrtsausschuß werden wollte. Als 1975 die Gebietsreform anstand und die Sozialdemokraten eine krisenfeste Mannschaft für mehrere Jahre suchte, zog sie in den Rat der Stadt ein. Als Fraktionsgeschäftsführerin und Vorsitzende des Kulturausschusses wurde die Politik bald zur Profession und der Umzug ins Landesparlament schließlich eine logische Folge.
    Für Hobbys und Freizeit bleibt Irmgard Mierbach heute wenig Zeit. Dennoch liest, wandert und schwimmt sie gern, geht mit Vergnügen ins Theater und nimmt sich Zeit für Freunde. Seit sie nach ihrer Scheidung allein lebt, und die Kinder bereits eine eigene Familie haben, weiß sie, wie wichtig Freunde sind. Gefragt, wo sie denn politisch einzuordnen ist, kommt nach einer kurzen Pause mit einem vergnügten Lächeln die ziemlich präzise Antwort: "Vermutlich gehöre ich zur gestandenen Mitte".
    Gerlind Schaidt

    ID: LI980347

  • Porträt der Woche: Friedrich Schepsmeier (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 21 - 23.12.1997

    Friedrich Schepsmeier rechnet sich zu den Teutonen. "Wie bitte?" der Abgeordnete aus dem fernsten Winkel des Landes klärt umgehend auf: " Teutonen — so nennen sich die dreizehn Fraktionsmitglieder aus Ostwestfalen." Und weiter: "Wir halten gut zusammen." Wenn Sitzungswochen sind, reservieren die Teutonen Bahnabteile. Die erste Gruppe, zu der Schepsmeier gehört, steigt in Minden ein, der Rest folgt im Hauptbahnhof Bielefeld.
    Wegen der vergleichsweise weiten Anreise nach Düsseldorf — die Bahn braucht drei Stunden — sitzt Schepsmeier in der sitzungsfreien Zeit nicht im Landtagsbüro. Und wenn er in Düsseldorf das Mandat wahrnimmt, dann übernachtet er während der Woche dort. Das Dorf Wehe, das zu Rahden gehört, ist für ein tägliches Hin und Her zu weit weg von der Landeshauptstadt.
    Schepsmeier kommt vom Lande. Daheim bewohnt er mit Frau und drei Kindern zwischen sechs und vierzehn Jahren ein umgebautes Schulhaus nebst 3 800 Quadratmetern Grundfläche. Bienen und Hühner komplettieren das rustikale Leben, das Schepsmeier, der als Student die Großstadt Bielefeld kennengelernt hat, jetzt genießt.
    Sein Vater hatte ein paar Jahre im Nebenerwerb Landwirtschaft betrieben. Sechs Hektar bewirtschaftete die Familie damals. Als Brotberuf diente das Bäckerhandwerk. Die Schepsmeiers zählten sich damals zu den kleinen Leuten. Das bekam der junge Friedrich im Gymnasium manchmal zu spüren, nicht von den Klassenkameraden, vielmehr von einigen Lehrern.
    Noch heute erinnert sich der 1949 geborene Politiker daran, wie sich manche Herren Studienräte über die leicht abgewetzte Kleidung des Schülers Friedrich oder das Fehlen eines kompletten Lexikons zu Hause mokierten.
    So etwas prägt nicht nur empfindsame Naturen. Friedrich Schepsmeier erlebte das Dilemma fehlender Chancengleichheit. Fortan empfand er sozialdemokratisch. Mit 17 Jahren schloß er sich der SPD an. Schon in der Schule nannte man ihn den Roten Zar. Viel später schulmeisterte ihn, den Jungsozialisten, Helmut Schmidt auf dem Bundesparteitag 1973. Die Jusos hatten ein Gegenkonzept zum ökonomischen Langzeitprogramm der Partei-Granden vorgelegt.
    Von der 68er Aufbruchstimmung wurde auch Schepsmeier angesteckt. Man habe nach Berlin zur APO geschaut, sei aber noch ein bißchen zu jung gewesen, um dazuzugehören. Heute vermißt Schepsmeier die geistige Regsamkeit jener Aufbruchjahre. Der politische Betrieb erschöpfe sich zu sehr im Tagesgeschäft.
    Schepsmeier, der Gymnasiallehrer für Mathematik und Soziologie, betrachtet sich nicht als Intellektuellen. "Den einen klingt das etwas überheblich, den anderen wie ein Schimpfwort", meint er. Er dürfe die Bodenhaftung nicht verlieren, erst recht nicht in einem Wahlkreis mit sechs Gemeinden mit jeweils zwischen sieben und zwölf Ortschaften sowie regem Vereinsleben. "Das Grußwort des Wahlkreisabgeordneten darf nicht länger als fünf Minuten dauern, dann hockt man sich zu den Leuten und muß ganz handfest dabei sein." Der beurlaubte Lehrer beklagt, daß sein Berufsstand und der öffentliche Dienst generell im Landtag und anderen Parlamenten reichlich vertreten sind: "Den anderen Gruppen wird es schwergemacht."
    Schepsmeier, der ein enges Verhältnis zu seiner evangelischen Kirche pflegt, strebte 1995 nicht mit vollster Leidenschaft in den Landtag. "Ich bin gestandener Kommunalpolitiker", sagt das Mitglied des Kreistages Minden-Lübbecke. Nachdem der Wahlkreis-Abgeordnete Krumsiek im November 1994 plötzlich verzichtete, habe er sich kurzfristig entscheiden müssen: "Ich hab' halt gesagt, o.k." Er sei ein Pflichtmensch, seine Frau behaupte, er könne nicht leicht nein sagen. Ein Bundestagsmandat kommt für Schepsmeier nicht in Frage: "Ich bin auch zu alt zum Umtopfen."
    Im Landtag liegt dem Pädagogen das Schul- und Kindergartenwesen am Herzen. Außerdem will er mit dafür sorgen, daß die Landesgesetzgebung nicht großstadt-orientiert wird, vielmehr die Belange des ländlichen Raumes berücksichtigt. Aktiver Sport und ausgiebige Reiseaktivitäten sind nicht Schepsmeiers Sache. Früher hat er Handball gespielt, heute verspricht er hin und wieder den Söhnen, von denen einer BVB- und ein anderer KSC-Fan ist, gemeinsame Stadionbesuche. Familienvater-Pflichten. Von Fernweh nicht sonderlich geplagt, möchte er doch einmal die USA kennenlernen. Auch Italien reizt ihn, Spanien hingegen gar nicht.
    In der Freizeit liegt Schepsmeier daran, das große Grundstück in Ordnung zu halten. Die Lust anzupacken, korrespondiert mit dem Hang zur Literatur. Thomas Manns Opus hat er gelesen, Bölls Werk dergleichen. Aus dem Roten Zar aus Quartaner- und Tertianer-Zeiten ist mit den Jahren ein besonnener Sozialdemokrat und Familienmensch geworden: geistig interessiert und der Scholle verhaftet.
    Reinhold Michels

    ID: LI972129

  • Porträt der Woche: Gerhard Wirth (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 20 - 16.12.1997

    Es ist außergewöhnlich, ausgerechnet über ein Hobby zur Politik zu kommen: Gerhard Wirth interessiert sich nicht nur für die Fotografie, der SPD-Landtagsabgeordnete ist ein beachteter Porträtist. Als Jugendlicher wurden seine Fähigkeiten nicht nur mit dem Bundes-Fotopreis der Jugend gewürdigt, auch auf zahlreichen Ausstellungen, selbst in Israel, fanden seine Arbeiten große Anerkennung. Als der damals 24jährige Meinerzhagener auch einmal einen SPD-Ratsvertreter fotografierte, fragte der ihn plötzlich: "Hast Du nicht Lust, in die Partei zu kommen?" Und er tat es.
    Seitdem prägt die Partei den Lebensweg des heute 45jährigen. Geboren im märkischen Kierspel, sah Gerhard Wirth seinen beruflichen Wirkungskreis eigentlich im Maschinenbau. Er absolvierte die Werkzeugmacherlehre und besuchte erfolgreich die Fachhochschule. Nach anschließendem zweijährigen Zivildienst wechselte der Meinerzhagener in jenen Bereich, der "mir in den Adern liegt": er studierte Sozialarbeit. Während seines Studiums engagierte sich der Sozialdemokrat bereits in seiner Partei, wurde Vorsitzender der örtlichen Jungsozialisten. Später war er Mitarbeiter eines Bundestagsabgeordneten, und seit 1980 ist er Geschäftsführer des SPD-Unterbezirks Märkischer Kreis. Seit 1979 gehört Gerhard Wirth auch dem Rat der Stadt Meinerzhagen an, wo er schon seit zahlreichen Jahren Vorsitzender der SPD-Fraktion ist. Wie auch als Kreistagsmitglied seit 1984, sind Planung und Verkehr die Schwerpunkte seines kommunalen Wirkens. 1990 in den Landtag gewählt, holte der SPD-Abgeordnete auch fünf Jahre später den Wahlkreis 148, Märkischer Kreis l, für seine Partei. Auch im Landesparlament gilt sein Interesse dem Verkehrs- und Baubereich, in deren zuständigen Ausschüssen er ist.
    Wenn es nicht zu einem Verkehrskollaps kommen solle, so müsse der Verkehr stärker von der Straße auf die Schiene "umdirigiert" werden, meint er. Daran mitzuarbeiten, hält der Meinerzhagener für eine seiner wichtigsten Aufgaben, nicht zuletzt aus Umweltschutzgründen. So engagiert er sich beispielsweise für eine Wiederbelebung der in den achtziger Jahren stillgelegten Strecke zwischen Hagen und Gummersbach für den Personenverkehr. Allerdings unterstützt er die Flughafenpolitik des Wirtschaftsministers im Interesse Nordrhein-Westfalens, "weil sonst die Leute nach Amsterdam fahren". Der SPD-Abgeordnete sieht sich als einen Vermittler zwischen dem Land und seinem Wahlkreis. Daher hat er nach eigenem Bekunden auch niemals versucht, die "Karriereleiter in Düsseldorf zu besteigen". Er hält in diesem Zusammenhang seine Zugehörigkeit zum Stadtrat und Kreistag für wichtig, "um mitzubekommen, was da unten passiert". So konnte Gerhard Wirth beispielsweise mithelfen, zahlreiche regionale Probleme mit Hilfe des Landes zu lösen.
    Trotz der zahlreichen politischen Aufgaben möchte der Vater von drei Kindern auch andere Aktivitäten nicht vermissen. "Ich mache gern Politik, aber es gibt auch etwas anderes im Leben." So ist er passionierter Segler, der vor allem die Ostsee und das Mittelmeer liebt. Und wer im Märkischen Kreis und seiner Umgebung eine schwarze "Moto Guzzi" sichtet, auf der siebzig PS starken Maschine könnte Gerhard Wirth sitzen. Aber auch der Wohnwagen ist für ihn ein unverzichtbares Gefährt, wenn das Urlaubsziel mitsamt Familie Griechenland ist.
    Jochen Jurettko

    ID: LI972039

  • Porträt der Woche: Gisela Ley (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 19 - 09.12.1997

    Abstoßend empfindet Gisela Ley Heuchelei, Intrigantentum und Ungeduld. Wieso Ungeduld? fragt man sich. Führt die Gesprächspartnerin die Unterhaltung nicht ohne eine Spur von Hektik, verzichtet sie nicht auffallend auf den verstohlenen Blick zum Handgelenk, dort, wo die Uhr ist? Wirkt sie nicht ganz entspannt an diesem vergleichsweise lebendigen Plenartag — jedenfalls bis zu dem Moment, als ein Fraktionskollege an den Tisch eilt und etwas von Kampfabstimmung sagt? "Nein", sagt Gisela Ley, "das meine ich nicht mit Ungeduld." Wenn es sein müsse, nehme sie sich ausgiebig Zeit, sei sie die Ruhe selbst. Was sie nicht leiden könne und ungeduldig mache, seien wichtige Dinge, deren Erledigung sich hinziehe, sei richtig Erkanntes, bei dem man nicht, zu Potte" komme.
    Tugenden, welche die Sozialdemokratin aus Leichlingen besonders schätzt, sind Glaubwürdigkeit und Zuverlässigkeit. In ihrer politischen Arbeit versucht sie, sich danach zu richten. Ein selbstbewußter Blick soll signalisieren, daß es meistens gelingt. Gisela Ley ist in der Großstadt geboren worden und aufgewachsen. Die Düsseldorferin zog 1966 mit ihrem ersten Mann ins beschauliche Leichlingen. Das war eine Entscheidung, die sie bis heute nicht bereut hat. Frau Ley ist überzeugte Kleinstadtbewohnerin, wo der Kontakt der Menschen untereinander noch funktioniere, jedenfalls besser als in der Anonymität der Metropole. Der Kontakt zu Menschen ist ihr äußerst wichtig. Vereinzelung wäre für sie ganz schlimm. Gisela Ley macht nicht den Eindruck einer Betriebsnudel, aber wie ein roter Faden zieht sich durch ihr Leben, besonders das politische, der Wunsch, sogar der Drang, unter Menschen zu sein, ihnen zur Verfügung zu stehen, zu helfen, wo es nötig oder sinnvoll erscheint.
    Die Frau hat ein großes soziales Herz. 1969 entschied sie sich für die SPD-Mitgliedschaft. Eine andere Partei kommt für sie nicht in Frage. Käme es irgendwann einmal dazu, daß ihr die SPD nicht mehr passe, würde sie austreten, nicht jedoch die Partei wechseln.
    Mit dem üblichen "Du", gar der für manche Ohren peinlich klingenden Anrede Genossin bzw. Genosse, hat die Frau, die ladylike wirkt, keine Probleme. "Das stört mich nicht, im Gegenteil, das zeigt ein bißchen unsere Verbundenheit in der Partei." "Im übrigen", fügt sie hinzu, "was kann die alte SPD dafür, daß die Anrede Genosse von den Kommunisten mißbraucht wurde?"
    Zu Beginn ihrer politischen Arbeit fällt die Mutter zweier damals noch kleiner Söhne durch reichlich Engagement in verkehrspolitischen Angelegenheiten auf. Die Kinder gingen in Leichlingen in den Kindergarten, dann dort zur Schule. Als Mutter wisse man besser als der ganztägig beschäftigte Vater, wo Gefahrenpunkte an Schul- und Kindergartenwegen lauern, wo ein Radweg not tut. Es sind die kleinen, aber wichtigen Dinge des Alltagslebens, für deren vernünftige Regelung sich die Leichlinger Stadträtin von Anfang an ins Zeug legte — ob im Verkehrsausschuß oder im Sozialausschuß. Ihr Engagement fiel Parteifreunden angenehm auf, so angenehm, daß bald schon die Mitgliedschaft im Kreistag folgte.
    Mindestens dreimal im Monat ruft Gisela Ley zur Bürgersprechstunde. Einmal pro Jahr lautet das Angebot an alle: Kaffeeklatsch mit Gisela. Da kommen sie dann mit ihren großen und kleinen Sorgen, und Gisela Ley hört viel zu und freut sich später riesig, wenn sie das eine oder andere im Sinne ihrer Kaffeegäste erledigen konnte.
    Sie geht nicht gerne mit der Brechstange vor, eher mit weiblicher Klugheit, was einschließt, auch mal einen Schritt zurückzutun im Wissen, hernach zwei Schritte weiter zu kommen. Die Frau bezeichnet sich als Pragmatikerin. Kein ideologisch gefärbter Ton kommt ihr im ausgiebigen Gespräch über die Lippen. Sie versteht sich als emanzipierte Frau, ohne das Wort "Emanzipation" wie eine Standarte vor sich her zu tragen. Schon die Mutter habe ihr und den beiden Schwestern eingetrichtert, daß es für Mädchen genauso wichtig sei wie für Jungen, beruflich auf eigenen Beinen zu stehen. Gisela Ley wurde Bürokauffrau, ging, wiederum auf gutes Zuraten der Mutter, 1959 für zwei Jahre nach London. Hätte sie heute noch einmal zu wählen, würde sie Psychologie studieren. Faszinierend sei für sie, das Wesen der Menschen zu ergründen. Wohl auch deshalb übernahm sie 1988 eine neue berufliche Aufgabe in der Rheinischen Landesklinik Langenfeld, von der sie beurlaubt ist, seit sie 1995 in den Landtag gewählt wurde. Die Arbeit im Düsseldorfer Landtag sei die logische Fortsetzung dessen, was sie in zwei Jahrzehnten kommunalpolitischer Tätigkeif erreicht habe. Da drängt sich dann die Frage auf, ob nicht die Kandidatur für den Bundestag eine weitere logische Fortsetzung wäre. Das Nein folgt prompt. Im Bundestag würde sie den Bezug zu den Menschen doch stärker verlieren, allein schon wegen der größer geschnittenen Wahlkreise.
    Daß die Unlust am Bundestag vielleicht auch damit zu tun haben könnte, daß der demnächst nicht mehr in gemütlichen rheinischen Gefilden tage, bestreitet Gisela Ley mit dem Satz: "Berlin würde mich als alte Reisetante nicht stören." Beim Stichwort "Reisen" räumt die Touristikkauffrau ein, daß ihr manche Gegenden der Erde noch fremd seien, sie beispielsweise sehr gerne Südostasien kennenlernen möchte. "Sie wissen, wenn man Kinder hat und großziehen muß, dann bleibt eben mancher Reisewunsch unerfüllt." Das bejammert sie nicht, findet es ganz normal. Mit 65 Jahren wird Gisela Ley, die gerne eine zweite Legislaturperiode in Düsseldorf sein möchte, der Politik "tschüs" sagen. Spätestens dann folgt der Trip nach Südostasien.
    Reinhold Michels

    ID: LI971965

  • Porträt der Woche: Elke Talhorst (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 16 - 28.10.1997

    Für sie sind Respekt und Achtung auch gegenüber politischen Gegnern sehr wichtig: Elke Talhorst, SPD-Landtagsabgeordnete aus dem niederrheinischen Moers lehnt denn auch "rhetorische Zuschläger" kategorisch ab, und sie mußte nach eigenem Bekunden während ihrer gut zweijährigen Parlamentszugehörigkeit erst lernen, mit dem oftmals "rüden Ton" zwischen den Fraktionen umzugehen.
    Das Streben nach Gemeinsamkeit auch im politischen Bereich entspricht nicht nur dem Naturell der gebürtigen Bochumerin ("ich bin kein Inselmensch"), es leitet sich auch aus ihrer Erkenntnis ab, daß es nicht nur "eine Wahrheit" gebe. "Wir können nicht alles wissen, um ein Problem gerecht zu lösen: dabei müssen uns andere mithelfen." Nach der mittleren Reife und dem Besuch der Handelsschule absolvierte Elke Talhorst, Jahrgang 1945, erfolgreich die Ausbildung als Industrie-Kauffrau. Der anschließende Berufseinstieg "verzögerte" sich allerdings. Sie wurde Mutter. Als ihr Sohn dann sechs Jahre wurde, trat sie wieder ins sogenannte Erwerbsleben ein, besuchte einen Verwaltungslehrgang bei der Bundesknäppschaft Moers und war dann als Sozialversicherungsfachangestellte tätig.
    Als 27jährige trat die Moerserin in die SPD ein, "weil damals Brandt die Vision von einer menschenwürdigen Gesellschaft vermittelte, an der ich mitarbeiten wollte". So engagierte sie sich zunächst im Ortsverein, hatte später etliche Führungspositionen im Unterbezirk Wesel inne, und bereits seit 1983 gehört sie dem niederrheinischen Bezirksvorstand an.
    Ihre Partei nominierte Elke Talhorst 1979 für den Rat der Stadt Moers, dem sie noch heute angehört und wo die Schwerpunkte ihrer kommunalpolitischen Tätigkeit die Bereiche Personal und Finanzen sind. In der Vergangenheit engagierte sich die Sozialdemokratin auch für die Behinderten. Auch sie können nach ihrer Einschätzung Höchstleistungen vollbringen, die von den nichtbehinderten Menschen aber nicht beachtet würden. Von 1989 bis 1994 war sie auch Mitglied des Weseler Kreistages.
    Als ihre Partei die heutige Abgeordnete vor den Landtagswahlen 1995 fragte, ob sie für das Düsseldorfer Landesparlament kandidieren wolle, erbat sie sich längere Bedenkzeit. Mit den sprichwörtlichen "preußischen Tugenden" ausgestattet, fragte sich die Moerserin, ob sie für diese neue Aufgabe die erforderliche Qualifikation habe und auch die mit dem Landtagsmandat verbundene politische Verantwortung übernehmen könne. Mit 57,1 Prozent eroberte Elke Talhorst schließlich den Wahlkreis 65, Wesel IV, für ihre Partei. Die Fraktion berief sie dann in den Haushalts- und Finanzausschuß sowie in das Haushaltskontrollgremium. Eine "gute Politik" zeichne sich aus, indem sie ein solides Finanzgebaren praktiziere. Und dazu will sie in ihrer Ausschußarbeit beitragen. Auch gehört sie bereits dem Fraktionsvorstand an.
    Vielfältig wie ihr politisches Engagement ist auch die Gestaltung ihrer Freizeit. So radelt die Abgeordnete gern mit ihrem Ehemann durch die niederrheinische Landschaft und "läßt gemeinsam die Seele baumeln". Sie greift ebenso gerne zu einem Buch, von Graham Greene bis Alice Schwarzer. Und wenn irgendwo ein Rockkonzert veranstaltet wird, kann man sie als begeisterte Zuhörerin in den vorderen Reihen sehen.
    Jochen Jurettko

    ID: LI971649

  • Porträt der Woche: Michael Scheffler (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 14 - 30.09.1997

    Wäre Michael Scheffler ein Gebrauchtwagenhändler — man würde ihm wohl unbesehen ein Auto abkaufen, so rechtschaffen und offen und auch etwas bieder wirkt der SPD-Abgeordnete auf Anhieb. Nicht in den Landtag, wo er seine Wichtigkeit inszenieren könnte, bittet er zum Interview, sondern zu sich nach Hause in Iserlohn. Handwerker haben das Heim gerade in eine Baustelle verwandelt, die Kinder lärmen, doch Michael Scheffler läßt sich von all dem Trubel wenig beirren. Bedächtig und unprätentiös gibt er Auskunft. Der Mann scheint in sich zu ruhen, und man spürt: Hier, in der Familie und seiner sauerländischen Heimat, hat der Vater dreier Kinder seinen Mittelpunkt.
    Ganz in der Nähe, in Letmathe, heute ein Stadtteil Iserlohns, wurde Scheffler 1954 geboren. Im benachbarten Hohenlimburg absolvierte er nach der mittleren Reife eine Lehre zum Industriekaufmann bei Hoesch, wo er bis 1987 als Sachbearbeiter beschäftigt war. In die SPD trat er 1971 als Sechzehnjähriger ein. Im Unterschied zu vielen Sozialdemokraten seiner Generation, die dem akademischen Milieu entstammten und damals die theoretische Diskussion in die Partei trugen, ging es Scheffler stets mehr ums Praktische. Deswegen gehörte er zum Beispiel auch der Jugendvertretung bei Hoesch an und füngierte später als Vertrauensmann der IG Metall. "Ich wollte immer etwas Konkretes für die Menschen tun, persönliche Hilfe leisten", beschreibt er seine Motivation.
    Schefflers Hang zum Pragmatischen zeigt sich auch in seinem frühen Engagement in der Kommunalpolitik. Bereits mit 21 Jahren war er sachkundiger Bürger im Iserlohner Rat. Mit 30 wurde er ordentliches Ratsmitglied und zugleich zweiter stellvertretender Bürgermeister. Dem Rat gehört er nach wie vor an. Außerdem ist er inzwischen Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Märkischer Kreis und Mitglied im SPD-Bezirksvorstand Westliches Westfalen.
    Den Einzug in den Landtag 1995 sieht der bisherige Kommunalpolitiker als eine Art Neubeginn an. "Die haben in Düsseldorf nicht gerade händeringend auf mich gewartet", nimmt er sich selbst auf die Schippe und fügt ernst hinzu: "Man braucht eine gewisse Zeit, die eigene Rolle zu finden. Ich denke, Ich lerne immer noch." Dabei empfindet er es als zusätzliche Herausforderung, "in die großen Fußstapfen" eines prominenten Vorgängers getreten zu sein: Scheffler übernahm den Wahlkreis von Günther Einert, dem früheren Wirtschaftsminister und noch früheren Iserlohner Oberbürgermeister. Zugleich verkörpert der 43jährige damit ein Stück Generationswechsel in der SPD — ein geglücktes obendrein: Wie Einert gewann Scheffler das Mandat direkt.
    Der Aufstieg von der Kommunal- in die Landespolitik bedeutet für Scheffler aber auch so etwas wie einen Wechsel vom Amateur- ins Profilager. Mit dem Einzug ins Landesparlament gab er seinen Job als Geschäftsführer des AWO-Kreisverbandes Hagen-Märkischer Kreis auf, den er seit seinem Weggang von Hoesch innehatte. "Jetzt ist Politik mein Beruf", sagt er eher nachdenklich. Und als wolle er sich selbst versichern, dennoch nicht von seiner inneren Unabhängigkeit eingebüßt zu haben, fügt er an: "Ich könnte mir auch vorstellen, beruflich noch mal was ganz anders zu machen."
    Doch das ist wohl eher vorsorglich gemeint. Noch reizt es den Neu-Parlamentarier viel zu sehr, sein Wissen und seine Erfahrungen aus der Zeit als AWO-Geschäftsführer in Politik umzusetzen. So gehört er dem Landtagsausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales an. "Sozial- und Jugendpolitik hat mich schon immer interessiert", erklärt er und bedauert, daß "die Landespolitik leider nicht alles auffangen kann, was die Bundesregierung beschließt". Ihn bedrücke, sagt er, wie durch die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung vor allem "immer mehr jungen Menschen die Perspektive genommen" werde. Sozialpolitikern wie Rudolf Dreßler, dem stellvertretenden SPD- Fraktionsvorsitzenden im Bundestag, fühlt sich Scheffler verbunden. Daß dessen Politik in jüngster Zeit zunehmend als "unmodern" gescholten wird, kann er nicht nach vollziehen. Scheffler: "Was ist unmodern daran, sich für diejenigen am unteren Rand einzusetzen, die mittlerweile immer mehr alleingelassen werden?"
    Als Landespolitiker, wie es sein Vorgänger Einert war, fühlt sich Michael Scheffler indes noch lange nicht. "Ich betrachte mich mehr als Vertreter meines Wahlkreises". Wenn zum Beispiel jetzt das Iserlohner Frauenhaus in die Landesförderung aufgenommen worden sei oder die Regierung den Neubau eines Hallenbads genehmigt habe — "dann hat man da schon dran mitgestrickt", sagt er in einer Mischung aus Stolz und Verlegenheit.
    Roland Kirbach

    ID: LI971466

  • Porträt der Woche: Hans-Peter Meinecke (SPD).
    Porträt
    S. 35 in Ausgabe 12 - 09.09.1997

    Sage niemand, daß die Generation der Mittfünfziger der Computerwelt und allem, was dazugehört, aus Desinteresse und Unverständnis den Rücken kehre. Hans-Peter Meinecke ist 53 Jahre alt und bei allem, was mit Computertechnik und -Programmen zu tun hat, up to date. Der SPD-Landtagsabgeordnete aus Remscheid bekennt seine Begeisterung mit dem Satz: "Es macht mir viel Spaß, am Wochenende zwei bis drei Stunden durchs Internet zu surfen. Bei Computern bin ich auf dem neuesten Stand." Zum Sport hat Meinecke ein zwiespältiges Verhältnis. Früher, da hat er Leichtathletik betrieben, auch Fußball. Aber nun gibt es "Probleme mit den Knochen", also bleibt nur noch die Zuschauer-Position.
    Wer mit Hans-Peter Meinecke Kontakt aufnimmt, spürt schnell, daß hier ein bodenständiger homo politicus ohne allzu große Illusionen am Werk ist. Meinecke singt ein Hohelied auf die Kommunalpolitik. Das Wahlkreisbüro in Remscheid ist ihm politisches Basislager, im Stadtrat ist er seit 1995 Fraktionschef der SPD. Alles, was sich auf landespolitischer Ebene tue, betrachte er durch die Brille des Kommunalpolitikers, sagt der beurlaubte Kriminalbeamte. Er setzt hinzu: "Ein Landtagsabgeordneter, der keine kommunale Funktion hat. läuft Gefahr, ein bißchen die Bodenhaftung zu verlieren." 1987 hat Meinecke noch etwas anderes gedacht. Damals kandidierte er für den Bundestag. Nur wenige Stimmen fehlten seinerzeit. Nun sei jedoch die Bundespolitik oder das, was man "große Politik" nenne, für ihn keine Alternative mehr. Kommunal- und Landespolitik sehe er mittlerweile als wichtiger an, weil man sich mehr mit den Menschen und mit dem, was ihnen auf den Nägeln brenne, beschäftige.
    Der Kripomann ist seit 1995 im Düsseldorfer Parlament. Erhofft, in drei Jahren wiedergewählt zu werden, denn ein Zurück in den Polizeidienst strebt er nicht an. Meinecke war nicht von Anfang an bei der Kripo. " 1969 begann die Laufbahn bei der Polizei erst Schutzpolizei mit Streifendienst im Auto und auf dem Krad." Stets habe er sich bei der Polizei wohlgefühlt, obwohl er zum Beruf gekommen sei wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kinde. Irgendwann beschloß Meinecke, hauptberuflich mal etwas Anderes zu machen.
    In die Partei trat Meinecke hauptsächlich wegen Willy Brandt ein. Ihm und seiner Politik habe er sich gefühlsmäßig verbunden gefühlt. Auch der jüngere Rau hat dem in Wuppertal geborenen Abgeordneten imponiert, vor allem die Art, "wie der junge Rau den Menschen das Gefühl gegeben habe, daß er sie ernst nimmt." Er selbst neigt als Politiker zu pragmatischer "Helmut-Schmidt-Politik". Selbstverständlich gebe es für ihn Grundsätze, jedoch verschwänden im Laufe der Zeit die Illusionen. Nicht leiden kann Meinecke Politiker und Politikerinnen, die "die Wahrheit so hindrehen, wie sie es gerade brauchen".
    Wehmut legt sich in Meineckes Stimme, wenn er an die alten sozialdemokratischen Zeiten denkt. Heute sei alles im Umbruch, die Wirtschaftspolitik, die Wolfgang Clement für die SPD vertrete, wäre so vor Jahren noch nicht möglich gewesen. Er bedauere ein wenig die geringe Unterscheidbarkeit der Wirtschaftspolitik der großen Parteien, aber, so findet der 53jährige Remscheider, "das ist wohl unumkehrbar". Die SPD sollte nach seiner Meinung stets das Soziale in den Vordergrund rücken. Auf die Frage, ob er sich für einen Linken halte, antwortet Meinecke ausweichend: "Das ist 'ne Frage. Bei bestimmten Dingen wird man mich als einen Linken ansehen, aber das gilt nicht durchgängig."
    Als gelernter Polizist, der viel mit den unschönen Dingen des Lebens zusammengekommen sei, der die dunklen Seiten der menschlichen Natur täglich erlebt habe, hat Meinecke etwa zu Fragen der Verbrechensbekämpfung eine feste Überzeugung. Täter, die wissen, was sie tun, sollten härter bestraft werden. "Aber bei den Nichtsteuerungs fähigen - da nützt Strafe gar nichts." Er sei kein "Law-and-order"-Mann, aber seine Erfahrung lehre ihn, daß bestimmte Leute "eben weggeschlossen" werden müssen. Flugs setzt er hinzu: "als ultima ratio".
    Mit stolzem Unterton berichtet der Abgeordnete, er habe schon viermal im Plenum zu innenpolitischen Problemen geredet. Da er auch im Schulausschuß tätig sei, werde gewiß bald eine Rede vor dem Parlament zu Fragen der Schulpolitik fällig sein.
    Der Vater von vier Kindern hält die Idee der Gesamtschule nach wie vor für faszinierend, wenn er auch die Schwierigkeiten dieser Schulform in der Praxis nicht leugnen will. Von den beiden Zwillingstöchtern, die anfangs zur Gesamtschule gegangen sind, besucht eine heute das Gymnasium. Eine dritte Tochter ist ebenso auf dem Gymnasium. Der Sohn, der mittlerweile Physik studiert, war auch auf dem Gymnasium. Er habe als Vater die Unterschiede der Schulformen gut erkennen können, erzählt Hans-Peter Meinecke. Sicherlich gehe die Gesamtschule zu Beginn mit den Schülern pfleglicher um als das Gymnasium, das doch für manche Kinder einen ziemlich brutalen Übergang bedeute. Aber, so betont Schulpolitiker Meinecke, in den Schulen müsse Leistung gefordert werden. Schul- und Hochschulanforderungen sollten stärker verzahnt werden: "Ich sehe die Schwierigkeiten vieler Abiturienten, den späteren Anforderungen gerecht zu werden und zu studieren."
    Reinhold Michels

    ID: LI971293

  • Porträt der Woche: Sigrid Klösges (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 9 - 21.05.1997

    Sie wollte von jeher etwas bewegen und eine gleichberechtigte Gesprächspartnerin mit fundierten Fachkenntnissen sein. Eine Schulleiterin — "die alles wußte und ich nichts" — bewegte Sigrid Klösges dann endgültig dazu, die politische Laufbahn einzuschlagen. "Ich habe mich damals als Schulpflegschaftsvorsitzende sehr darüber geärgert", erinnert sich die Sozialdemokratin. Als Mutter von zwei Kindern wollte sie schließlich wissen, worum es ging. Also holte sie die Defizite auf und entwickelte sich im Lauf von 30 Jahren zur Expertin in Sachen Schulpolitik.
    Der Weg in die Politik war ohnehin programmiert, schon allein durch ein SPD- Elternhaus. Folgerichtig trat auch sie mit 26 Jahren in die Partei ein. Am 1. Juni 1995 erreichte sie ihr gewünschtes Ziel: Die gebürtige Krefelderin wurde Abgeordnete des Landtages. "Ich wollte in das Parlament, weil ich dort Schulgesetze mitgestalten kann", sagte die 58jährige.
    Seit Jahren ist Sigrid Klösges, die nach dem Besuch der Höheren Handelsschule in verschiedenen Wirtschaftsbereichen tätig war, Mitglied des Bezirksvorstandes Niederrhein der Arbeitsgemeinschaft für Bildungspolitik. Und seit 1984 ist sie zudem Ratsmitglied in Krefeld und seit 1989 stellvertretende Fraktionsvorsitzende.
    Es war für die Seidenstädter auch keine Frage, sie zur Vorsitzenden des Schulausschusses des Rates zu ernennen. Nebenbei findet Sigrid Klösges noch Zeit, im Aufsichtsrat der Wirtschaftsförderungsgesellschaft und im Verwaltungsrat der Sparkasse Krefeld mitzuwirken. Die Berufsbezeichnung Hausfrau, die sie offiziell angibt, ist von daher stark untertrieben. Mit Recht blickt sie voller Stolz auf das zurück, was sie bislang in der Schulpolitik allein für ihre Heimatstadt Krefeld geleistet hat. Dazu zählt unter anderem die Gründung der ersten Gesamtschule 1986 in Krefeld — und das trotz der damaligen CDU-Mehrheit.
    Mit Hilfe des Elternwillens setzte Sigrid Klösges die Pläne seinerzeit federführend durch. Vielleicht ist das auch ein Grund dafür, warum ihre Tochter heute eine Berufsausbildung zur Gesamtschullehrerin absolviert. Inzwischen gibt es drei Gesamtschulen in ihrer Geburtsstadt. Und die Einrichtungen wenden sich allesamt an die Fachfrau Sigrid Klösges, wenn sie Fragen oder Probleme haben. Sie wissen, daß sie der "Motor in Sachen Schule" ist, viele Initiativen bewegt hat und noch bewegen wird.
    "Schlimm ist aber, wie sehr den Kommunen heute über die Spargesetze zugesetzt wird", beklagt die kulturpolitische Sprecherin Krefelds. Von daher sei es auch traurig, daß die Denkschrift der Bildungskommission erst spät vorgelegt worden sei. Das sei in eine Zeit gefallen, in der überall der Rotstift angesetzt werde. "Trotzdem bin ich über das umfangreiche Gutachten sehr glücklich, auch wenn man über einzelne Punkte durchaus streiten kann", sagt Sigrid Klösges. Unter die Kritikpunkte fällt ihrer Meinung nach zum Beispiel die Tatsache, daß man Mehrstunden für die Lehrer, wie sie vorgesehen sind, gerechter nach Schulformen verteilen müßte.
    Nicht unerheblich ist der Einfluß von Sigrid Klösges auch darauf gewesen, daß Krefeld inzwischen als gute Schulstadt bezeichnet werden kann. So wird an fast allen Einrichtungen bereits Unterricht von 8 bis 13 Uhr erteilt. Eine "Selbstverständlichkeit", um die in vielen anderen Städten noch hart gerungen wird, seit das Bildungsministerium sich in dieser Frage einschaltete.
    "Man muß generell mehr Frauen dazu ermutigen, ihren eigenen Weg zu gehen", meint die ehrgeizige Politikerin, die bei all ihrem Engagement von Ehemann und Kindern voll unterstützt wird. "Was sie dazu brauchen, ist vor allen Dingen Organisationstalent." Eine Gabe, die sich Sigrid Klösges selbst auf die Fahnen schreiben kann. Anders hätte sie ihre Aufgaben "nebenbei" auch nicht erfüllen können, als die Kinder noch klein waren. Heute aber steckt sie sich immer wieder neue politische Ziele.
    Andrea C. Grüten

    ID: LI970943

  • Porträt der Woche: Claudia Nell-Paul (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 7 - 29.04.1997

    Claudia Nell-Paul kann man meist schon riechen, noch ehe sie zu sehen ist: Die SPD-Abgeordnete ist stets in eine dicke Wolke aus Zigarillo-Qualm gehüllt, deren Geruch einem bereits von weitem in die Nase fährt. Ein Spleen aus Imagegründen? Zweifellos unterstreicht er die elegante Erscheinung der 43jährigen und verleiht ihr zugleich einen Hauch Verruchtheit. Nein, nein, es handele sich um ein echtes Laster, versichert sie. Sie paffe die kleinen braunen Stinker ja nicht nur, sondern inhaliere sie. Etwas kokett klingt das schon, vor allem, wenn sie zugleich beteuert, sie möchte keineswegs nur als "Kulturtante" abgetan, sondern als Politikerin auch auf anderen Feldern ernstgenommen werden. Doch könnte man sich, beispielsweise, eine nüchterne Haushaltspolitikerin vorstellen, die unablässig Zigarillos qualmt? Ob "Kulturtante" oder nicht: Kultur ist Claudia Nell-Pauls Leidenschaft. Daß daraus jedoch ihr politisches Fachgebiet wurde, ergab sich eher zufällig. Von Haus aus ist sie eigentlich Diplom-Pädagogin. 1973, nach dem Abitur, verschlug es die aus Wertheim in Nordwürttemberg stammende Tochter einer sozialdemokratischen Familie zum Studium nach Düsseldorf. Im selben Jahr trat sie der SPD bei. Der Schritt habe sich wie von selbst ergeben, erzählt sie. Vor allem ihr Vater, "ein in sich gekehrter Mann", den die Nazis ins KZ gesperrt hatten, habe sie politisch geprägt. Inzwischen ist sie sowohl in der Düsseldorfer SPD wie auch im Rheinland heimisch geworden. Ihre alte Heimat besuche sie heute nur noch "wie eine Touristin". Während des Studiums engagierte sie sich bei den Jusos, in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (ASF) und in ihrem Ortsverein. Nach ihrer Ausbildung strebte sie zunächst nur eine berufliche Karriere an; sie wurde pädagogische Mitarbeiterin des Familienbildungswerks derAWO in Düsseldorf, 1982 übernahm sie die Leitung des Paul-Gerlach-Bildungswerks der AWO, die sie bis 1995 innehatte.
    Die politische Laufbahn begann eher überraschend. Als kurz vor der Kommunalwahl 1984 der SPD-Ratsherr ihres Ortsvereins sein Mandat niederlegte und wegzog, wurde Claudia Nell-Paul zu ihrem eigenen Erstaunen als Ersatz nominiert und gewählt. Die neue Fraktion kürte sie zudem zu ihrer kulturpolitischen Sprecherin.
    Diese Zeit bezeichnete Claudia Nell-Paul als "Lehrjahre" in Sachen rot-grüner Zusammenarbeit. Es war eine der ersten Kooperationen auf kommunaler Ebene, die SPD und GRÜNE damals in Düsseldorf wagten. Entsprechend groß waren die Reibungsverluste. Seitdem hänge bei ihr am Projekt Rot-Grün "kein Herzblut" mehr, sagt die Abgeordnete — weder im Positiven noch im Negativen. War sie auch zufällig in die Politiklaufbahn katapultiert worden — ihren weiteren Weg wollte Claudia Nell-Paul nicht mehr allein dem Zufall überlassen: 1990 bemühte sie sich um den Landtagswahlkreis Düsseldorf II. Doch unterlag sie knapp ihrer Gegenkandidatin Carla Boulboulle — eine Wahl, die der SPD bald Ärger bereiten sollte. Denn Carla Boulboulle outete sich kurz darauf als Trotzkistin und wurde im Oktober 1990 aus der Partei ausgeschlossen. Ihr Mandat behielt sie allerdings die ganze Legislaturperiode über.
    Erst seit der Landtagswahl 1995, als Claudia Nell-Paul im zweiten Anlauf den Sprung ins Parlament schaffte, haben die Sozialdemokraten aus Düsseldorf II nun auch wieder eine Landtagsabgeordnete. Das erfordere jetzt eine gewisse Aufbauarbeit, sagt die Neu-Parlamentarierin, weswegen sie einen großen Teil ihrer Tätigkeit dem Wahlkreis widme, mit Besuchen, Vorträgen und Veranstaltungen. Im Landtag gehört sie dem Ausschuß für Europa- und Eine-Welt-Politik und Entwicklungszusammenarbeit sowie dem Kulturausschuß an. Ihre Sorge, als "Kulturtante" nicht ernstgenommen zu werden, hat sicher auch mit der Geringschätzung zu tun, die der Kultur selbst oft entgegengebracht wird. Die Haltung, zuerst komme alles andere, und Kultur sei nur das "Sahnehäubchen", klagt sie, sei leider weit verbreitet, auch in ihrer eigenen Partei: "Ich sehe das anders, Kultur ist ein hohes Gut für die gesellschaftliche und demokratische Entwicklung."
    Claudia Nell-Paul wünscht sich daher, die Kulturschaffenden des Landes würden sich mehr zusammentun. "Die Stärken, die wir haben, müssen wir bündeln", fordert sie. Welche andere Region habe etwa eine solch reichhaltige Theater- und Museumslandschaft wie Nordrhein-Westfalen? Doch leider verhindere das Pfründendenken kommunaler Kulturgewaltiger oftmals die Zusammenarbeit.
    Politik bedeutet ihr aber nicht alles. Ebenso wichtig ist ihr das Privatleben, von dem sie aber nur wenig preisgeben mag. Nur wenn sie von ihrem 13jährigen Sohn berichtet, entfährt ihr schon mal: "Er ist das Wichtigste, das ich bisher hervorgebracht habe."
    Roland Kirbach

    ID: LI970747

  • Porträt der Woche: Dorothee Danner (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 5 - 25.03.1997

    Da kann man nicht meckern: Die Frauenquote bei den sozialdemokratischen Landtagsabgeordneten aus Ostwestfalen-Lippe stimmt seit der letzten Landtagswahl im Mai 1995. Von 13 Parlamentariern aus diesem Beritt sind fünf Frauen. Eine von ihnen ist Dorothee Danner. Mit dem besten Wahlergebnis in Ostwestfalen-Lippe schaffte die 47 jährige gleich beim ersten Anlaut den Sprung in den Düsseldorfer Landtag. Zusammen mit NRW-Schulministerin Gabi Seh/er, Ursula Bolte, Helga Giesselmann und Ina Meise-Laukamp sorgte sie für die Verstärkung des weiblichen Lagers. Bis auf Helga Giesselmann sind alle Parlamentsneulinge. Das schweißt zusammen. In den Anlangsmonaten halt man sich beim Zurechtfinden in dem nicht ganz einfachen Landtagsgeflecht. Und bei den Jungfernreden herrschte nette Solidarität. Als Dorothee Danner im Dezember 1995 erstmals im Plenum an das Rednerpult trat, war sie ganz dankbar, daß die Parlamentskolleginnen ihr den Rücken stärkten. "Als stellvertretende Landrätin habe ich schon viele Reden gehalten, aber im Parlament zu sprechen, ist doch etwas anderes", erinnert sie sich an ihren Auftritt und auch daran, daß es im Anschluß sogar ein paar Blümchen gab.
    Heute fühlt sich Dorothee Danner im Landtag schon ganz heimisch. Ihr Abgeordnetemimmer hat sie mit persönlichen Dingen wie Bildern und Geschirr von zu Hause wohnlich hergerichtet. "Ich verbringe doch viel Zeit hier im Büro, da muß ich mich auch wohl fühlen', erklärt sie. Die Parlamentsarbeit macht ihr richtigen Spaß, obwohl sie sich zwei besonders arbeitsintensive Gebiete ausgesucht hat. Wie ihr Vorgänger Karl-Heinz Schnepel wollte sie gern in den Petitionsausschuß, und gleichzeitig interessierte sie sich für den Umweltausschuß. Tatsächlich hat sie es geschafft, in beide zu kommen.
    Vor allem im Petitionsausschuß hat Dorothee Danner den Kontakt zum Bürger, den sie als Parlamentarierin braucht. Im Schnitt tagt das 25köpfige Gremium alle 14 Tage. In der Zwischenzeit müssen acht bis zehn Akten zu Hause bearbeitet werden, damit es in der folgenden Sitzung mit der Beschlußfassung weitergehen kann. Doch die Arbeit im Petitionsausschuß beschränkt sich nicht auf Schreibtischtätigkeit. Häufig gibt es Ortstermine. "Die machen die Aufgabe so zeitaufwendig, zugleich aber auch reizvoll", erklärt die SPD-Frau.
    Gleich bei ihrem ersten Fall konnte Dorothee Danner ein Erfolgserlebnis verbuchen, obwohl ihr politischer Berater, Ex-MdL Karl-Heinz Schnepel die Eingabe für hoffnungslos angesehen hatte. .Es tut mir leid, das wird in die Hose gehen', hatte er die Neu-Parlamentarierin gewarnt. Vielleicht war das ein Grund für Dorothee Danner, sich besonders ins Zeug zu legen. Es ging um ein junges Mädchen aus Marokko, das von seinen Verwandten, die inzwischen die deutsche Staatsangehörigkeit erlangt hatten, adoptiert werden sollte. Obwohl das Mädchen bei den Verwandten wohnte, wollte das Ausländeramt, daß es nach Marokko zurückkehrte, um von dort aus die Adoption zu betreiben. Das schien hoffnungslos, da der Vater sich von der Familie getrennt hatte, die Mutter schwerkrank, die Großmutter, bei der das Kind autgewachsen war, inzwischen verstorben und der Großvater 300 Kilometer entlernt von einer größeren Stadt lebte.
    Zusammen mit einer Anwältin und einer Mitarbeiterin des Jugendamtes gelang es Dorothee Danner, das Ausländeramt zu überreden, zunächst einmal die Entscheidung des Familiengerichtes abzuwarten. Und tatsächlich mußte die 14jährige nicht noch einmal zurück nach Marokko. "Als alles in trockenen Tüchern war, bin ich wie auf Wolken aus der Stadt, wo der Fall sich abspielte, hinausgeschwebt", erinnert sich die Abgeordnete.
    Im Umweltausschuß hat sich Dorothee Danner auf das Gebiet der Abtallpolitik spezialisiert. "Wir sind ganz stolz darauf, daß wir nach langen Gesprächen mit den Bundnisgrunen ein gemeinsames Papier zustande gebracht haben", meinte sie. Es soll auf lange Sicht verhindern, daß in einigen Deponien Müll zu Bllllgprelsen abgekippt werden kann.
    Mit diesen beiden Fachbereichen Ist die SPD-Abgeordnete voll ausgelastet Zumal sie in ihrem Herforder Wahlkreis auch noch eine Bürgerstunde eingerichtet hat. "Jeden Montag ist Sprechstunde. Der Kontakt, den ich dabei mit den Bürgern bekomme, Ist wichtig für meine Arbeit in Düsseldorf." Da Dorothee Danner zugleich auch noch sachkundige Bürgerin im Gleichstellungsausschuß in ihrem Heimatort Löhne ist, verliert sie die Rückkoppelung an die Basis nicht.
    So selbstverständlich die Sozialdemokratin heute ihr Politikerinnen-Leben führt, an der Wiege war ihr diese Zukunft nicht gesungen worden. Sie wurde am 22. Februar 1949 in Marl-Hüls geboren. Ihr Vater war Diplomingenieur, die Mutter Einzelhandelskauffrau. Beide waren nicht sehr politisch. Nach dem Hauptschulabschluß setzte Dorothee Danner ihre Ausbildung zur Tischlerin durch. "Meine Zielvorstellung war immer, eine eigene kleine Werkstatt mit einer ebenso netten kleinen Galerie oder einem Kunstgewerbegeschätt zu haben." Natürlich war sie in der Berufsschule, aber auch in der Ausbildung ein "absolut buntes Huhn" unter all den männlichen Gesellen.
    Und doch hat ihr Beruf auch etwas mit dem Entschluß zu tun, in die Politik zu gehen. Nach mehreren erfolgreichen Anstellungen zog sie mit ihrem Mann nach Detmold und erkundigte sich beim dortigen Arbeitsamt nach einem Job. Die Antwort verblüffte und verärgerte sie. Klipp und klar wurde ihr mitgeteilt, Tischler sei keine Arbeit für eine Frau. Das sei viel zu schwer. Kurzum, Frauen würden in diesem Beruf nicht beschäftigt. "fn dem Augenblick habe ich mir gesagt: Jetzt reicht's. Wir Frauen dürfen uns nicht alles gefallen lassen. Das war für mich der Grund, in die Politik zu gehen."
    Dem Entschluß ließ Dorothee Danner rasch Taten folgen. Sie trat in die SPD ein und wurde politisch aktiv. Auf den Posten der stellvertretenden Ortsvorsitzenden folgte die Arbeit als Pressebeauftragte des Ortsvereins und stellvertretende Vorsitzende der AsF Im Ortsverband Löhne. Dann kamen Ämter im Bezirk. 1989 wurde sie Mitglied im Kreistag von Herford, um sogleich den Posten der stellvertretenden Landrätin zu übernehmen. "Das war ein Sprung ins kalte Wasser, aber die Arbeit hat mir viel Freude gemacht", sagt sie heute.
    Natürlich war das ein Vollzeitjob, den sie mit ihrer Familie — Mann, Sohn und Tochter — geregelt bekommen mußte. Aber wie sich zeigte, war die viele Arbeit ein Lebenselexier für Dorothee Danner. Als Karl-Heinz Schnepel nicht mehr für den Landtag kandidierte, bewarb sich die SPD-Frau um das Mandat. Sie gewann zunächst gegen eine Gegenkandidatin und dann das Landtagsmandat. Weitere politische Ambitionen hat sie vorerst nicht. So, wie der neue Job sich angelassen hat, möchte sie im Jahr 2000 gern noch einmal kandidieren, doch bescheiden sagt sie: "Darüber entscheidet die Partei."
    Und ein bißchen natürlich auch die Familie. Lange hat sie mit ihrem Mann und den beiden Kindern diskutiert, ob sie sich als Landtagsabgeordnete bewerben soll. "Schließlich muß die Familie mitziehen, sonst kann man so einen Job nicht übernehmen", weiß Dorothee Danner und freut sich, daß ihr Mann sie voll bei ihrer politischen Arbeit unterstützt. Mindestens ebenso stolz ist sie, daß auch Sohn und Tochter ein paar zusätzliche Aufgaben übernommen haben, damit die Mutter Politikerin sein kann. Bei so vielen Aktivitäten bleibt Dorothee Danner kaum Zeit für Hobbys nebenher. Doch sie gesteht: "In den Ferien restauriere ich noch immer gerne Schränke."
    Gerlind Schaidt

    ID: LI970559

  • Porträt der Woche: Hans Krings (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 4 - 11.03.1997

    So wie Hans Krings einem gegenübertritt — in dunkelblauem Tuch, mit makellosen Manieren — drängt sich die Frage auf, was er empfinde beim Anblick von Landtagskollegen in kunterbuntem Look oder in Hosenträgern. So etwas, sagt der frühere Leutnant der Bundeswehr, störe ihn nicht besonders. Als Vater von zwei Söhnen im Jugendlichen-Alter sei er gewöhnt, tolerant zu sein, was Kleidung angehe. Man müsse durch das Äußere auf den Menschen sehen.
    Die Antwort verstärkt den Eindruck gutbürgerlicher Noblesse, den der Sozialdemokrat aus Kerpen macht. Krings ist dem Naturell nach Offizier geblieben. Die vierjährige Militär-Vergangenheit hat den Mann nicht allein äußerlich geprägt. Er schätzt es so ein: Eine gewissen Disziplin, das planvolle Vorgehen — das lerne man beim Militär, und das sei auch ihm eigen. Krings ist kein "Kommißkopp". Im Gegenteil, irgendwann paßte ihm das Soldatsein nicht mehr. Es herrsche viel Routine beim Militär, es sei denn, man steige ganz hoch in der Hierarchie. Im übrigen sei er wohl auch zu sehr Individualist, meint der studierte Volkswirt, der eine Verwaltungslaufbahn einschlug, bevor er 1995 in den Landtag gewählt wurde — nach mehrfachem Anlauf.
    Als Parlamentarier vermißte er zunächst den Büroapparat, das hilfreiche Vorzimmer, das ihm als Abeitlungsleiter beim RP in Düsseldorf zustand. Mittlerweile habe er gelernt, perfekt am PC zu schreiben, und die Telefonanlage verstehe er jetzt auch.
    Die Freiheit eines Abgeordneten-Menschen ist Hans Krings wichtiger als der Status eines höheren Beamten. Ihm fällt die Biographie von Colin Powell, dem früheren US-General ein. Dort heiße es sinngemäß, wer sein berufliches Selbstbewußtsein aus Äußerlichkeiten wie der Amtsausstattung beziehe, sollte vorsichtig sein. Recht habe Powell, meint Krings. Wie kam Krings zur SPD?
    Er, der Ureifeler, stammt aus einfachem Elternhaus. Der Vater war Landbriefträger. Im Gymnasium spürte der junge Hans instinktiv die soziale Vorrangstellung der Mitschüler, die zu den sogenannten Trierer Patrizierfamilien gehörten. "Ich habe die materielle Enge zu Hause doch sehr empfunden."
    Als nach 25 Jahren ein Klassentreffen stattfand, war seine SPD-Mitgliedschaft für viele der ehemaligen Kameraden etwas schwer zu Verstehendes. Krings kann sich nicht vorstellen, in einer anderen Partei zu sein. Bewundernd spricht er über Helmut Schmidt. Der Kerpener Stadtrat meint, in der SPD wäre vieles anders, besser gelaufen, wenn Schmidt Mitte der Siebziger auch den Parteivorsitz übernommen hätte.
    Zu SPD-Chef Lafontaine geht Krings auf Distanz. Die Gründe liegen Jahre zurück. Lafontaine sei mit ihm einige Zeit lang in Prüm in derselben Klasse gewesen. Sehr auf sich bezogen und keinen anderen neben sich duldend — so schildert er den Mitschüler Oskar. Eine Begegnung später im Wahlkampf sei über ein lockeres Gespräch nicht hinausgegangen.
    Unter den NRW-Parteifreunden gefallen Krings besonders Wolfgang Clement und Klaus Matthiesen. An Clement schätze er dessen kühle, intellektuelle, auch ironische Art. Mit Matthiesen verbinde ihn herzliches Einvernehmen. Beide Politiker haben dem Abgeordneten Krings sehr geholfen, als ihm im Braunkohle-Wahlkreis wegen der Koalition mit den Grünen Empörung entgegenschlug. "Mit Hilfe von Clement und Matthiesen ist es schließlich gelungen, die Front zu halten."
    Da Hans Krings rank und schlank ausschaut, wird er gewiß eine Freizeit-Sportkanone sein. "Ja", sagt er, "ich bin passionierter Langstreckenläufer, wenn möglich jogge ich zwei Stunden täglich." Die belgische Schäferhündin ist seine treue Mitläuferin. Hätte er nicht wegen der politischen Arbeit in Kerpen und Düsseldorf soviel am Hals, würde er "irgendwann Extremsport, Triathlon oder so was" betreiben.
    Über den Sport des bekanntesten Sohnes seiner Heimatstadt Kerpen, über "Schumi" Schumacher also, äußert sich Krings politisch korrekt. Natürlich sehe er die Formel 1-Rennen Schumachers im Fernsehen, schon wegen eines gewissen Lokalpatriotismus. "Aber", setzt er schnell hinzu, "ob so etwas noch zeitgemäß ist, eine kritische Distanz zum Autorennsport will ich nicht verhehlen."
    Krings scheint ein unruhiger Geist zu sein. Das Reisen, der Müßiggang im Urlaub sind seine großen Leidenschaften nicht. Es gehe soviel Zeit dabei drauf, meinte er und ergänzt, er sei eben ein bißchen arbeitssüchtig. Trotzdem, bei der Frau Gemahlin steht er im Wort, mit ihr später einmal im Wohnmobil zu verreisen. "Aber eines Tages als Pensionär aufstehen und meiner Frau Tee kochen, das kann ich mir nicht vorstellen."
    Reinhold Michels


    ID: LI970455

  • Porträt der Woche: Annegret Krauskopf (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 3 - 25.02.1997

    "Mercedes baut doch keine Autos, um damit Menschen zu verletzen." Einer noch gar nicht gestellten Frage kommt Annegret Krauskopf (52), SPD-Landtagsabgeordnete aus Dortmund, mit diesem Bekenntnis zum Sozialsponsoring zuvor. Keine Zweifel begleiten auch diese Aussage: "Fürs Ehrenamt braucht man Rahmenbedingungen."
    Hintergrund für Krauskopfs Äußerungen sind ihr seit fast zwei Jahrzehnten währendes Engagement für die Verkehrssicherheit, vor allem, wenn es um die Sicherheit der Kinder geht. Als Leiterin der evangelischen Kindertagesstätte Jungferntal in Dortmund-Rahm hat sie über viele Jahre die Probleme der Kinder im Straßenverkehr vor Ort miterlebt. Seit 1982 ist sie Bundessprecherin der Vorschulparlamente, in denen Eltern und Erzieher ehrenamtlich in Zusammenarbeit mit der Verkehrswacht tätig sind. 37 Vorschulparlamente hat sie mit aufgebaut, mittlerweile gibt es über 40. Mercedes fördert jedes dieser Vorschulparlamente mit jährlich 10000 Mark. Krauskopf arbeitet weiterhin als freiberufliche Fachreferentin für Verkehrssicherheit und gehört dem Beirat der Deutschen Verkehrswacht an.
    Parallel zum beruflichen und ehrenamtlichen Engagement ist Annegret Krauskopf 1979 in die SPD eingetreten und war von 1989 bis 1995 Ratsmitglied in Dortmund. In der Partei sei ihr Start ein wenig schwierig gewesen, räumt die gebürtige Essenerin ein, da sie nicht den sozialdemokratischen "Stallgeruch" mitgebracht und sich auch nicht in der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen engagiert habe.
    Deshalb hat sie lange überlegt, ob sie die ihr vor der Landtagswahl 1995 angetragene Direktkandidatur im Wahlkreis 130 übernehmen sollte. Denn noch vor der Landtagswahl 1990 hatte sich die Dortmunder SPD strikt geweigert, den Trend zur Frauenquote mitzumachen, so daß aus allen sechs Dortmunder Wahlkreisen SPD-Männer in den Landtag zogen. Doch seit 1995 gibt es Parität in der Dortmunder SPD: Drei Frauen und drei Männer vertreten die SPD der westfälischen Metropole im Landtag.
    Ihrem politischen Schwerpunkt entsprechend gehört Annegret Krauskopf dem Ausschuß für Kinder, Jugend und Familie an, dessen Vorsitzende sie im September 1996 wurde, nachdem ihr Vorgänger Erich Heckelmann zum hauptamtlichen Bürgermeister von Grevenbroich gewählt worden war. Ferner ist sie Mitglied im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung.
    Innerhalb ihrer Partei, deren Ideologie sie natürlich mittrage, schlägt die SPD- Politikerin auch durchaus eigenwillige und kritische Töne an: "Die Erhöhung des Kindergeldes hätte ich jetzt nicht durchgesetzt". Den wirklich Bedürftigen bringe sie auch nicht viel, da sie voll auf die Sozialhilfe angerechnet werde. Und als "Reicher" brauche man in dieser Gesellschaft auch nicht 20 DM mehr Kindergeld. Krauskopf fordert differenzierte statt pauschale Lösungen. Als Sozialpolitikerin scheut sie nicht vor der Feststellung zurück, daß sie "bewußte Klientelpolitik" für die Familie betreibe, die gestärkt werden müsse. Dabei möchte sie andere Formen des Zusammenlebens nicht ausgrenzen, es geht ihr um die "kleinste gesellschaftliche Einheit".
    Angesichts der Finanznöte werde die Jugendhilfearbeit in den Städten zu oft als freiwillige Aufgabe verstanden, für die die Mittel gekürzt werden könnten, kritisiert Krauskopf. Deshalb müßten diese Aufgaben "verbindlich festgeschrieben" werden. Dann, so ist sie überzeugt, "wird sich auch das Bewußtsein der Kommunalpolitiker ändern". Daneben gelte es, die Jugendhilfearbeit dadurch zu straffen, daß die Träger öfter gemeinsam Aufgaben angingen.
    Auf die Kritik läßt Krauskopf aber auch Verständnis für die Kommunen folgen: Die Städte und Gemeinden dürften nicht so überfordert werden, wie dies der Bund zuletzt mit der Einführung des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz getan habe. In den Kindergärten müsse sich aber einiges ändern. So müßten etwa die Öffnungszeiten flexibler auf die Nachfrage und Bedarf ausgerichtet sein. Aus ihrer beruflichen Tätigkeit kommt die Erfahrung, daß Widerstände gegen solche Neuerungen oft von den Personalräten kommen, während die Mitarbeiter in der Regel dazu bereit seien. Im Landtag will sie sich dafür einsetzen: "Das Kindertagesstättengesetz muß einen flexibleren Rahmen setzen."
    In ihrer Freizeit kümmert sich die Familienpolitikerin Krauskopf am liebsten um ihre beiden Enkel: "Das ist eins der schönsten Dinge der Welt."
    Ludger Audick
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI970358

  • Porträt der Woche: Wolfgang Drese (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 1 - 21.01.1997

    Er mag jene Politiker nicht, von denen es offensichtlich immer mehr gibt — die "Polit-Profis". Sie kommen meist von den Hochschulen und streben sogleich eine politische Karriere oder ein Mandat an, ohne zuvor einen Beruf erlernt zu haben. "So sehen dann auch oft deren Entschließungen und Entscheidungen aus, realitätsfern", kritisiert Wolfgang Drese. Der SPD-Landtagsabgeordnete aus Erkrath-Hochdahl bedauert den geringen Anteil von "Leuten aus der Wirtschaft" in den Parlamenten. Sie würden offensichtlich von den allgemeinen Parteistrukturen "abgeschreckt".
    Der gelernte Maschinenschlosser und Programmierer, der seit vielen Jahren im Verkauf einer großen Aufzugsbaufirma tätig ist, stieß Anfang der siebziger Jahre über die Jungsozialisten zur SPD. "Mir hatten so einige kommunale Dinge in Hochdahl nicht gepaßt", erinnert sich der heute 53jährige. Und da Wolfgang Drese nicht nur "meckern" wollte, engagierte er sich in einer politischen Partei. Bereits 1975 wurde der Sozialdemokrat in den Erkrather Stadtrat gewählt, dem er bis 1990 angehörte, davon vierzehn Jahre als Vorsitzender der SPD-Fraktion. Die Schwerpunkte seiner kommunalpolitischen Tätigkeit waren die Wirtschaftsförderung und die Stadtplanung.
    Zu jener Zeit entstand auch das großräumige neue Wohngebiet Hochdahl vor den Toren der Landeshauptstadt Düsseldorf, das heute für 30 000 Menschen ein Zuhause ist. Im Gegensatz zu manch anderen ähnlichen Großprojekten gilt es mitten in einer reizvollen Landschaft als architektonisch gelungen. Als langjähriger Aufsichtsratsvorsitzender der Entwicklungsgesellschaft Hochdahl hat Wolfgang Drese an dem Gelingen dieses Projektes einen entscheidenden Anteil. Nach fünfzehnjähriger kommunalpolitischer Tätigkeit wollte sich der Sozialdemokrat 1990 eigentlich aus der Politik "zurückziehen und deren aktive Mitgestaltung Jüngeren überlassen. Doch die Partei ersuchte ihn, für den Landtag zu kandidieren, und er setzte sich im Wahlkreis Mettmann II erfolgreich durch, übrigens auch fünf Jahre später. In der letzten Legislaturperiode gehörte der Erkrather dem Rechtsausschuß sowie dem Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen an.
    Seit dem letzten Jahr engagiert sich der Abgeordnete im Ausschuß für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz sowie im Haushaltskontrollausschuß. "Ich wollte mal etwas anderes machen." Sein besonderes Anliegen ist es nun, dabei mitzuwirken, daß die bäuerlichen Familienbetriebe existentiell gesichert werden und "keine Strukturen wie im Osten" entstehen. Die kleineren Höfe müßten nicht nur gefördert werden, weil sie mehr Arbeitskräfte beschäftigten als die vollmaschinellen Großbetriebe mit ihrer Monostruktur, sondern weil sie auch einen bedeutenden Beitrag zum Naturschutz leisteten. Wichtig sei auch, daß über die Direktvermarktung das Vertrauen der Verbraucher in gesunde bäuerliche Produkte gestärkt werde.
    Der Parlamentarier hatte ein mehr als 300 Jahre altes Fachwerkhaus erworben, das er in den letzten zwölf Jahren selbst sanierte. Für Wolf gang Drese war diese "Eigenleistung" ebenso ein willkommener Ausgleich für das politische Wirken wie der Sport — allerdings reduziert er sich heute "altersbedingt" auf Tennisspielen. Der Erkrather zählt im übrigen zu jenen Politikern, denen "ideologisches Denken" ein Greuel ist. Jede Entscheidung sollte sach- und realitätsorientiert aus persönlicher Verantwortung getroffen werden.
    Jochen Jurettko

    ID: LI970155

  • Porträt der Woche: Dr. Axel Horstmann (SPD).
    Porträt
    S. 31 in Ausgabe 21 - 19.12.1996

    Es scheint eine Laune der politischen Natur zu sein, daß die meisten Arbeits- und Sozialminister in Nordrhein-Westfalen auf Namen hören oder hörten, die mit einem "Mann" enden: Grund-, Farth-, Heinemann hießen sie. Die Kette wurde nur von den Figgens und Münteferings unterbrochen. Und nun setzt sie Axel Horstmann fort.
    Der 42jährige hat einen sozialdemokratisch durchgeprägten Lebensweg hinter sich, wie er heute eigentlich nur noch höchst selten gemacht wird: Vater Dreher, später kleiner Verwaltungsangestellter, Mutter Friseuse — "kleine Leute", wie er selbst ganz ohne proletarisches Pathos sagt. Evangelische Volksschule im ostwestfälischen Enger, Widukind-Gymnasium, 1973 Abitur. Ein teures Studium auswärts kam nicht in Frage. Wäre da nicht die gerade gegründete Uni Bielefeld direkt vor der Haustür gewesen, er hätte wohl eine Lehre gemacht. So kann er Volkswirtschaft studieren, macht 1979 das Diplom und wird 1986 zum Dr.rer.pol. promoviert. — Horstmann, ein Kind sozialdemokratischer Bildungspolitik.
    Im selben Jahr übernimmt Horstmann das Amt für Wirtschaftsförderung und Liegenschaften bei der Stadt Detmold, ein Jahr später wird er Stadtkämmerer und Dezernent für Wirtschaftsförderung und 1990 Stadtdirektor in Detmold. Parallel dazu läuft die Karriere in der SPD, der Horstmann 1972, im Jahr der Willy-Wahl, beitritt. Von 1979 bis 1987 gehörter dem Rat seiner Geburts- und Heimatstadt Enger an, zuletzt als Fraktionschef. Von 1980 bis 1982 ist er stellvertretender Bundesvorsitzender der Jungsozialisten, was seinen Ruf begründet, ein Parteilinker zu sein. Seit 1982 sitzt er im Vorstand des mit knapp 24 000 Mitgliedern kleinsten nordrhein-westfälischen SPD-Regionalsprengels, des Bezirks Ostwestfalen-Lippe, dem er seit 1988 vorsitzt. Und 1994 wird der Wirtschaftsexperte auf Vorschlag von Partei- und Regierungschef Johannes Rau Schatzmeister der NRW-SPD.
    Den bisherigen Höhepunkt seiner Laufbahn erreicht Horstmann am 27. November 1995: Ein halbes Jahr nach der letzten Landtagswahl, die für die SPD das Ende der absoluten Mehrheit bedeutete, holt ihn Rau in sein rot-grünes Kabinett, wo er die Nachfolge von Franz Müntefering antritt, der in Bonn SPD-Bundesgeschäftsführer geworden ist. Horstmann hat sich für dieses Amt nicht zuletzt durch sein Geschick bei den Koalitionsverhandlungen mit den GRÜNEN qualifiziert, die in ihm einen verläßlichen Partner sehen. Wohl auch, weil er zur Koalition steht und meint, es gebe "keine bessere Option".
    Für einen Linken mag er nicht gelten. Damit habe er "große Schwierigkeiten" sagt er. Aber zu den Repräsentanten des "Status quo", die alles beim alten lassen wollten, gehöre er auf keinen Fall. Mithin begreift er sein Ministeramt als "emanzipatorische Aufgabe". Er wolle die Menschen befähigen, so zu leben, wie sie es möchten statt sie zu versorgen. Daraufist seine Politik vor allem für Alte und Behinderte gerichtet.
    Größte Sorge aber mache ihm die hohe Arbeitslosigkeit, die trotz verbesserter Konjunktur weiter zunehme. Und stolz präsentiert er seine Bilanz: Während Bundesarbeitsminister Blüm Milliarden habe abgeben müssen, sei es ihm gelungen, die Mittel für die Arbeitsmarktpolitik deutlich anzuheben — "und das in einem Sparhaushalt." Horstmann, der kein Mann großer Worte, eher der leisen Töne ist, ahnt freilich auch, daß die "wirklich schwerwiegenden Eingriffe" in die Sozialhaushalte erst noch kommen. " Wir stehen jetzt an der Kante", sagt er mit Blick auf die Bergleute, von denen bisher noch keiner ins Bergfreie gefallen sei. "Ich glaube, daß die Ruhe im Lande eine Täuschung ist."
    Auch innerparteilich bemüht sich Horstmann um Desillusionierung. Zusammen mit seiner ostwestfälischen Parteifreundin Gabriele Behler, der Schulministerin, hat er zur Reform der alten Tante SPD Gedanken zu Papier gebracht, die Abschied nehmen von einem Gesellschaftsmodell, das von Großindustrien und Großgruppen geprägt wird. Das ist ihm als Absage an die traditionelle SPD-Anhängerschaft des Ruhrgebiets und die Gewerkschaften vorgehalten worden. Was Horstmann nicht gelten läßt. Neue gesellschaftliche Entwicklungen verlangten von der SPD neue Antworten, hält er seinen Kritikern vor, die ihn zu nahe bei den GRÜNEN orten.
    Dem politischen Dauerstreß kann sich Ehemann und Familienvater Horstmann nur selten entziehen. Dann zieht es ihn mit dem ältesten seiner drei Kinder aus Herzog Widukinds Revier ins Reich von König Fußball. Bei Borussia Dortmund hat er zwei Dauerkarten. Und sonntags sieht man ihn gelegentlich beim Joggen durch den Teuteburger Wald.
    Bernd Kleffner

    ID: LI962171

  • Porträt der Woche: Erika Rothstein (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 18 - 29.10.1996

    In Solingen geboren, in Solingen zu Hause, in Solingen bekannt — und von Solingen aus gereist in beinahe alle interessanten Ecken dieser Welt. Dies wäre die denkbar kürzeste Fassung, um Erika Rothstein zu beschreiben. Die Kommunalpolitikerin mit Leib und Seele, die von 1984 bis 1994 Bürgermeisterin in ihrer Heimatstadt war, und die sich anstrengen muß beim Aufzählen ferner Länder, die sie bereits bereist hat, ist eine aufgeschlossene, antwortbereite Gesprächspartnerin, die zum verabredeten Termin ein wenig außer Atem in ihr Büro in der Ebene 5 stürmt.
    Im Plenarsaal des Landtages wird soeben der Etat für 1997 debattiert, der Tag ist nicht ideal für ein ausgeruhtes Gespräch, aber: Verabredet ist verabredet, sie hat eine gute Stunde Zeit, dann ruft die Pflicht das Präsidiums-Mitglied Erika Rothstein zurück ins Plenum. Man spürt: Hier sitzt ein Mensch, der gelernt hat, die knappe Zeit einzuteilen.
    Erika Rothstein ist Sozialdemokratin durch und durch. Sie entstammt einer alten SPD- Familie, der Vater gehörte nach Kriegsende zu denjenigen, die die Partei in Solingen wieder neu gründeten. Warum sie nicht schon in den 50er Jahren, der Tradition im Elternhaus folgend, in die SPD eingetreten sei, weiß sie heute nicht mehr genau.
    Die Mitgliedschaft begann dann, als in Bonn Helmut Schmidt regierte, genauer: 1976. Die gelernte Industrie-Kauffrau ("früher hießen wir Mädchen auch Industrie-Kaufmann") engagierte sich schon im Alter von siebzehn Jahren in der DAG. Später war sie zehn Jahre lang Vorsitzende des Betriebsrates beim Solinger Zweigbetrieb von Mannesmann.
    Niemals hat sie einen Gedanken daran verschwendet, auch eine andere Partei als die SPD könnte ihr politische Heimat bieten. Das könne sie beschwören, sagt sie, ohne dabei verbissen zu wirken.
    Für Willy Brandt hat sie geschwärmt, Helmut Schmidt imponierte ihr, an Johannes Rau findet sie heute die Gabe eindrucksvoll, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Aber politische Vorbilder? Nein, die gebe es nicht.
    Politik zu machen hat bei Erika Rothstein mit dem Wunsch, helfen zu wollen, sehr viel zu tun. Allerdings folgte bei der Arbeit im Solinger Stadtrat, dem sie noch angehört, sehr schnell die ernüchternde Feststellung, daß man Mehrheiten benötigt, um seine Vorstellung von Hilfeleistung durchsetzen zu können.
    Als sie schließlich Bürgermeisterin war (1994 mußte sie wegen der inzwischen erstarkten GRÜNEN-Fraktion ihren Platz räumen), stellte sich bald das gute Gefühl ein: Hier kannst du was machen, für Menschen etwas erreichen, beispielsweise bei der Stadtverwaltung. Bürgermeisterin Rothstein schweißte die Solinger Frauenvereinigungen zu einem Frauenplenum zusammen, das es noch heute gibt. Sie unterstützte die Obdachlosen-Initiative "Raus aus der Sackgasse", und sie genoß zunehmend das Gefühl, in allen Stadtteilen "bekannt wie ein bunter Hund" zu sein.
    1990 folgte der Einzug ins Landesparlament, wo sie sich dank kollegialer Hilfe schnell eingelebt habe. Die erste Rede im Landtag galt den Roma und Sinti, die seinerzeit neben dem Landtag kampiert und für reichlich landespolitischen Gesprächsstoff gesorgt hatten. Die Integration von Ausländern ist der Kommunal- und der Landespolitikerin Rothstein ein großes Anliegen. Es gehe ihr dabei nicht darum, den Fremden Privilegien zu verschaffen, sondern gleiche Lebensbedingungen zu ermöglichen.
    Sie fände es zwar gut, wenn etwa hier geborene Ausländer der dritten Generation automatisch die deutsche Staatsbürgerschaft erhielten, aber entscheidend sei dies für die Integration nicht, denn: "Wenn eine Türkin mit Kopftuch über die Straße geht, hilft ihr der deutsche Paß wenig."
    Die Menschen müßten Vorurteile gegenüber Ausländern abbauen. Deshalb verspreche sie sich viel von dem in Solingen geplanten Zentrum für Zuwanderung. Zum schwierigen politischen Alltagsgeschäft in der SPD/GRÜNEN-Koalition äußert sich die Abgeordnete vergleichsweise optimistisch. Als Solinger Ratsmitglied sei sie geübt im Umgang mit den GRÜNEN, was sie die Lage jetzt auch gelassener beurteilen lasse. Sie sei der festen Überzeugung, daß die Koalition halten werde. Natürlich sei es für sie ein tolles Erlebnis gewesen, als sie 1990 in den Landtag gekommen sei und ihre Partei alleine regieren konnte. Der Satz ist kaum ausgesprochen, als schon die schulterzuckende Bemerkung folgt: "Was will man machen, Koalitionen sind immer schwierig."
    In der SPD tendiert Erika Rothstein "Richtung links", wie sie bekennt, jedoch: Berührungsängste gegenüber Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen bestünden nicht, im Landtags-präsidium komme man gar menschlich hervorragend miteinander aus.
    Reinhold Michels
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961856

  • Porträt der Woche: Walter Bieber (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 14 - 10.09.1996

    Für einen Landtagsneuling ist Walter Bieber ganz schön kregel. Bei seiner Jungfernrede - nur vier Monate nach Einzug in das Düsseldorfer Parlament im Oktober 1995 - nahm der Sozialdemokrat seinen politischen Gegner von der Union munter an: "Es tut mir leid, daß ich als neuer Abgeordneter Ihnen das sagen muß, aber: Thema verfehlt, setzen sechs." Mitte Mai 1996 war der SPD-Mann womöglich noch mutiger, denn er forderte unverblümt von der eigenen Regierung: "Die SPD-Fraktion erwartet von dem Landeskabinett, daß es in diesem Sinne zügig tätig wird." Beide Male ging es um den Köln/Bonner Flughafen. Und da kann Walter Bieber schon eine Lippe riskieren. Das ist sein ureigenster Beritt. Bieber ist in Troisdorf, also in unmittelbarer Nähe zum Airport, geboren und aufgewachsen und hier auch SPD-Vorsitzender und Fraktionschef. Wenn es um die Verkehrspolitik geht, weiß der SPD-Mann wie kaum ein anderer, die Interessen seiner Region zu wahren. "Aber natürlich hatte ich auch Glück, daß gerade mein Thema auf der Tagesordnung des Landtags stand", räumt der Rheinländer aufgeräumt ein.
    Dabei verhehlt der neue Mann im nordrheinwestfälischen Landtag keineswegs, daß ihm neben dem Kampf um die Sache auch die Auftritte selber Vergnügen bereiten. Allerdings räumt er ein: "Also, ich habe ja schon viele Reden gehalten, auch vor viel Publikum, aber beim ersten Auftritt im Plenum, war ich doch nervös." Aufatmend fügt er in typisch rheinischem Tonfall hinzu: "Als ich dann den ersten Satz gesprochen hatte, ging mir alles glatt von der Zunge. Es war ein wunderbares Gefühl." Die Kollegen gratulierten ihm anschließend, und selbst Fraktionschef Klaus Matthiesen knuffte ihm anerkennend mit der Bemerkung in die Seite: "War 'ne flotte Rede." Das hatten alle, die Bieber kennen, auch von ihm erwartet. Denn der Troisdorfer ist nur im Landtag neu, ansonsten ist der 48jährige mit dem schütteren Haar und dem verschmitzten Lächeln ein Polit-Profi. 1970 trat er in die SPD ein. Seither ist Politik sein Leben. Von der Pike auf lernte er die Kommunalpolitik und hat damit das beste Rüstzeug für die Landespolitik. Seine politische Karriere begann er als Troisdorfer Juso-Vorsitzender. 1973 rückte er in den SPD-Ortsvorstand auf, 19 Jahre amtierte er als Parteivize, bis er 1995 Vorsitzender wurde. 1971 zog Bieber, der sich selber als "harmoniebedürftig, aber keineswegs konfliktscheu" bezeichnet, als sachkundiger Bürger in den Stadtrat, avancierte 1975 zum ordentlichen Stadtratsmitglied und ist seit 1982 ununterbrochen Fraktionsvorsitzender im Troisdorfer Rat.
    So war es nur folgerichtig, daß die SPD den erfahrenen Kommunalpolitiker nach Düsseldorf schickte. Alles klappte wie am Schnürchen. Dafür hatte allerdings auch Hans Jaax, Biebers Vorgänger im Landesparlament und politischer Ziehvater, gesorgt. Der bereitete auch den Boden dafür vor, daß der "Neue" gleich im Verkehrsausschuß, neben Stadtentwicklung, Mietfragen und Finanzen Biebers Spezialthemen, mitarbeiten konnte. Bieber versteht sich im Düsseldorfer Parlament durchaus als Lobbyist für seine Region, für die er das Optimum erreichen will. "Ich bin mit Leib und Seele Kommunalpolitiker", gesteht der Mann, für den Landespolitik eine Form gehobener Kommunalpolitik ist und fügt hinzu: "Natürlich achte ich auf alle Sonderprogramme und alarmiere die Verwaltungschefs vor Ort, damit wir bei Windhundverfahren etwas abbekommen."
    In seinem Abgeordnetenzimmer im 5. Stock des Düsseldorfer Landtags beugt sich Bieber vergnügt über seinen Schreibtisch. "Obwohl ich jetzt mehr tun muß, bekomme ich meine Arbeit heute besser geregelt als früher", erklärt der SPD- Mann, der in seiner Freizeit Tennis spielt und schwimmt und den Urlaub gern in Südfrankreich verbringt. Das hat seinen Grund. Bieber ist als Abgeordneter sein eigener Herr und kann seine kommunalpolitische Arbeit mit der als Parlamentarier besser koppeln als in früheren Jahren als Angestellter. Von Haus aus ist der in der Wolle gefärbte Sozialdemokrat, der selber sagt, aus bescheidenen Verhältnissen zu kommen, Starkstromelektriker. Auf dem zweiten Bildungsweg holte er Fachhochschulreife und Abitur nach, studierte in Bonn Jura, jobbte im Pressezentrum des Bundestags als studentische Hilfskraft, arbeitete dann bei dem Bundestagsabgeordneten Heinz Pensky und wurde 1982 nach dessen Ausscheiden Mitarbeiter von Ingrid Matthäus-Maier.
    "Das war der Beginn einer großen Freundschaft, wie es schön bei Humphrey Bogart heißt", erinnert sich Bieber. Ingrid Matthäus-Maier wohnte im Nachbarort St. Augustin und brauchte, als sie nach dem Bruch der sozial-liberalen Koalition von der FDP zur SPD übergetreten war, jemanden, der die Partei und ihren neuen Wahlkreis kannte. "Da es mein Heimatbezirk war, konnte ich ihr ganz schön den Rücken freihalten." Elf Jahre arbeitete Bieber als Referent bei der Finanzexpertin in Bonn. Dann kam seine eigene Zeit. Niemand in der eigenen Partei machte ihm die Nachfolge von Jaax streitig. Für alle war klar, daß Bieber in den Düsseldorfer Landtag nachrücken würde. Und tatsächlich holte Bieber den Wahlkreis auch mit 43,9 Prozent der Stimmen.
    Als Landtagsabgeordneter sieht Bieber es als seine wichtigste Aufgabe an, zur Schaffung von Arbeitsplätzen beizutragen. Im Köln/Bonner Flughafen sieht er den Wachstumsmotor der Region schlechthin. Deshalb unterstützt er auch voll und ganz die Verkehrspolitik von Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und bezieht eindeutig Position: "Wer die Möglichkeit des Nachtfluges unzumutbar beschneiden will, schwächt den Wirtschaftsstandort NRW und vertreibt die Frachtflugunternehmen, die auf den Nachtflug angewiesen sind, ins benachbarte Ausland. Wer dies tut, wird mit dem Etikett .Jobkiller' leben müssen", machte er in der Landtagsdebatte vom 9. Mai 1996 klar.
    So eindeutig Biebers Haltung in Sachen Flughafen ist, so pragmatisch ist der SPD-Mann auch in anderen Fragen. Von der Eingruppierung nach linken und rechten Flügeln oder der Einstufung in irgendwelche Schubladen hält er nichts. Mit einem etwas ironischen Grinsen meint er dann aber doch: " Wissen Sie, ich gehöre zur progressiv-dynamischen, vernunftbegabten linken Mitte."
    Gerlind Schaidt
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961455

  • Porträt der Woche: Gabriele Sikora (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 12 - 25.06.1996

    In Castrop-Rauxel geboren, ist Gabriele Sikora mit jener typischen Bergarbeiterstadt fest verwurzelt; die SPD- Landtagsabgeordnete kennt deren Probleme wie kaum ein anderer Parteifreund und erlebte den strukturellen Einbruch in den siebziger und Anfang der achtziger Jahre hautnah mit. Selbst einschließlich der neuen Bundesländer ist diese Region an Emscher und Lippe auch heute eine der schwierigsten in Deutschland. Der sie umgebende Bergbau und das Elternhaus prägten auch die poltische Einstellung der heute 46jährigen.
    "Schon mein Großvater gehörte der SPD an, und die Partei spielte auch im familiären Kreis eine bedeutende Rolle", erinnert sich die Diplom-Betriebswirtin. So schloß sie sich bereits mit 15 Jahren den Jungsozialisten an und beteiligte sich damals an den lebhaften parteiinternen Diskussionen über das Godesberger Programm. Die Castrop-Rauxelerin ist überhaupt eine profunde Kennerin des Partei- "Innenlebens": Nach dem Studium der Wirtschaftswissenschaften war sie fast vierzehn Jahre als Geschäftsführerin des mitgliederstärksten SPD- Bezirkes Westliches Westfalen tätig. Seit 1984 gehört das Vorstandsmitglied der örtlichen Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen (AsF) dem Rat ihrer Heimatstadt an und ist stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion. Dort gilt ihr Engagement insbesondere der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. So schlössen sich im Rahmen der Zukunftsinitiative Emscher-Lippe-Raum engagierte Bürger aus den verschiedensten gesellschaftlichen Gruppen und Betrieben zu einem Verein namens "Ziel" zusammen, der vielen arbeitslosen Jugendlichen eine Zukunftschance bietet.
    Als bei den letzten Landtagswahlen im Mai 1995 von den sechs Wahlkreisen im SPD-Unterbezirk Recklinghausen drei "frei" wurden und für sie sich nur männliche Parteifreunde bewarben, stieg auch Gabriele Sikora couragiert in den Wettkampf-Ring und setzte sich gegenüber ihren Mitkonkurrenten im Wahlkreis 84 Recklinghausen IV erfolgreich durch. Und die Wähler beriefen sie anschließend am Wahlsonntag in das Düsseldorfer Landesparlament.
    Die SPD-Fraktion "beorderte" sie in die Ausschüsse für Verwaltungsstrukturreform sowie für Europa- und Eine- Welt-Politik. Im ersteren Landtagsgremium will die Sozialdemokratin dazu beitragen, daß die Landesbehörden "durchschaubarer" und vom überflüssigen Verordnungs-Gestrüpp gelichtet werden. Nachdem die Regierungspräsidenten eine Bestandsgarantie der Landesregierung besitzen, werde der Ausschuß in nächster Zeit die beiden Landschaftsverbände und den Kommunalverband Ruhrgebiet (KVR) kritisch unter die Lupe nehmen müssen, meint Frau Sikora. "Wir werden prüfen, ob sie ihre Aufgaben weiter behalten oder sie reduziert werden müssen." Dieser Prüfprozeß werde aber unter Anhörung der Betroffenen erfolgen.
    Ein größeres Gewicht wird nach ihrer Einschätzung der Europa-Ausschuß im Düsseldorfer Parlament erhalten, weil sich die Einflüsse der Europa-Politik auf das Land weiter verstärken würden. "In Brüssel werden die Weichen für die nächsten Jahre auch bei uns gestellt." Insbesondere für eine strukturschwache Region wie den Emscher-Lippe-Raum seien die dort getroffenen Entscheidungen von immenser Bedeutung.
    Wie für viele andere Parlamentarier ist auch für Gabriele Sikora die Freizeit kurz bemessen. Sie verbringt die Castrop-Rauxelerin mit der Lektüre eines guten Buches oder beim Skilaufen und neuerdings beim Tauchen. "Die Ruhe unter Wasser bringt große Entspannung."
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961250

  • Porträt der Woche: Ursula Bolte (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 10 - 21.05.1996

    In der Geschichte des Landes Nordrheinwestfalen ist es ein Vorgang ohne Beispiel, daß jemand aus dem Vorsitzendenamt eines Landschaftsverbands in den Landtag gewählt worden ist. Bei Ursula Bolte aus Steinhagen war es der Fall, als sie im Mai 1995 im Wahlkreis Gütersloh III für die SPD gewählt wurde und dort das Mandat des aus Altersgründen ausscheidenden früheren Kultusministers Hans Schwier gewann.
    Zu Beginn des Jahres 1996 gab Ursula Bolte die Aufgabe der Vorsitzenden des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe ab, die sie seit 1989 wahrgenommen hatte. Schon 1979 war sie Mitglied des Landschaftsverbands geworden. Leicht ist ihr das Ausscheiden dort nicht gefallen, denn für das sehr sachliche Klima der Zusammenarbeit in diesem Gremium hat sie auch heute nichts als Lob. Aber seit 1994 ist sie Landrätin des Kreises Gütersloh und dies sowie weitere politische Aufgaben ließen keine andere Wahl, wenn sie das Landtagsmandat voll wahrnehmen wollte. Ohnehin ist sie von morgens früh bis abends spät tätig — "und in der Regel auch an Wochenenden".
    Schon durch ihr Elternhaus ist Ursula Bolte in politisches Engagement hineingewachsen. "Anders als bei Gleichaltrigen wurde bei uns zu Hause immer über Politik, auch über die Zeit des Nationalsozialismus diskutiert", sagt die Landtagsabgeordnete. Das hat sie geprägt. "Für die Politik geworben hat mein Vater mich aber nicht. Das war mein damaliger Freund und heutiger Mann." Den äußeren Anstoß bildete ihr Auftritt bei einer Podiumsdiskussion, den sie vertretungsweise übernommen hatte. So kam es dazu, daß sie 1973 Mitglied des Kreistags Gütersloh wurde. Das war noch vor ihrem 30. Geburtstag.
    Die finanzielle Lage des Elternhauses hatte Ursula Bolte den Besuch eines Gymnasiums nicht erlaubt. Damals noch hätten Schulgeld, Autobusfahrkarten und der Kauf der Bücher die Familie überfordert. So wurde sie Industriekauffrau und übte diesen Beruf bis 1971 aus. "Daß ich nicht zum Gymnasium gehen konnte, hat mich empfindlich getroffen", sagt sie. "Es war für mich Anlaß, daran mitzuwirken, daß nicht das Einkommen der Eltern ausschlaggebend für die Bildungschancen der Kinder sein darf." In der Kommunalpolitik kam sie schnell in verantwortungsvolle Positionen. Als sie Landrätin des Kreises Gütersloh wurde, hatte sie schon 15 Jahre lang das Amt der Stellvertretenden Landrätin versehen.
    "Das ist mir so wichtig, daß ich mit meinem Mandat Menschen helfen kann", sagt Ursula Bolte. Nach der Geburt ihres ersten Kindes — sie hat einen Sohn im Alter von 25 Jahren und eine Tochter von 20 Jahren — ist sie nicht mehr in den Beruf zurückgekehrt. Die politischen Aufgaben nahmen zu. Zum Beispiel wurde sie noch zur Zeit von Ministerpräsident Heinz Kühn in den SPD-Landesausschuß NRW gewählt, dessen Vorsitzende sie seit 1982 ist. So kam sie auch in engeren Kontakt mit der Landespolitik. Zur Zeit ist dieser Landesausschuß in der SPD zur Disposition gestellt. "So wie der Landesausschuß jetzt ist, muß er reformiert werden", sagt auch seine Vorsitzende. Ohne Beschlußkompetenzen werde er in der Partei nicht ernstgenommen. Doch für eine Abschaffung des Landesausschusses ist Ursula Bolte nicht, seine Ersetzung durch jährliche Landesparteitage hält sie im Interesse der anstehenden Aufgaben für wenig effektiv und kostentreibend: "Der Landesausschuß hat 60 Mitglieder, zum Landesparteitag dagegen gehören 300 Delegierte und der Vorstand."
    Im NRW-Landtag gehört die Abgeordnete Ursula Bolte dem Ausschuß für Kommunalpolitik sowie dem Ausschuß für Verwaltungsstrukturreform als ordentliches Mitglied an. "In mehr als zwei Ausschüssen kann man kaum intensiv mitarbeiten", meint sie. Im Hauptausschuß, dem Ausschuß für Europa- und Eine-Welt-Politik sowie im Ausschuß für Kinder, Jugend und Familie ist sie Stellvertretendes Mitglied. Aus der Arbeit im Landtag ergeben sich manche sachlichen Berührungen zu ihrer Arbeit als Landrätin: "Im Kreis Gütersloh vollzieht sich ähnlich wie in den Städten des Reviers ein ständiger Strukturwandel. Auf Grund der Branchenvielfalt und der überwiegend mittelständischen Unternehmen haben wir jedoch bessere Chancen, den Wandel abzufangen", betont sie. "Von den 16 früheren Brennereien meiner Heimatgemeinde Steinhagen ist nur noch eine erhalten geblieben." Die früheren zwei Möbelfabriken beständen beide nicht mehr, und auch in der Textilbranche habe es herbe Einbrüche gegeben.
    Das Mandat als Landtagsabgeordnete ist lange Zeit ihr Ziel gewesen, gesteht Ursula Bolte. Nun wird sie es möglicherweise nur bis 1997 ausüben können, denn die jetzige ehrenamtliche Landrätin hat sich entschlossen, im kommenden Jahr bei der Wahl zur hauptberuflichen Landrätin zu kandidieren. Hat sie dabei Erfolg, würde sie aus dem Landtag ausscheiden müssen.
    Peter Weigert
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961046

  • Porträt der Woche: Ilse Brusis (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 8 - 30.04.1996

    Offen, handfest und deftig, so charakterisiert Ilse Brusis den typischen Ruhrgebietler. Und so würde sich die 1937 in Wattenscheid geborene Abgeordnete und Ministerin auch selbst beschreiben. Bis auf die Kriegszeit, wo es bei der Oma im Siegerland sicherer war, lebte sie fast durchgehend in Wattenscheid und Bochum. Ihrem mehr preußisch als westfälisch ausgeprägten Pflichtgefühl ist es zuzuschreiben, daß sie im vergangenen Jahr nach Dortmund zog, weil sie dort von der SPD einen Wahlkreis erhielt.
    Ilse Brusis ist gelernte Lehrerin. Konrektorin, Schulleiterin, stellvertretende Leiterin und Chefin eines Dortmunder Bezirksseminars für Grund- und Hauptschule waren berufliche Stationen. Gegen die Schulmisere Ende der 60er Jahre — 62 Schüler in der Klasse und 30 Stunden in der Woche als Berufsanfängerin — engagierte sie sich bei der Lehrergewerkschaft GEW. Weil Ilse Brusis jedoch schon damals wirkliche Veränderungen nur durch Parteien für möglich hielt, trat sie bereits 1969 in die SPD ein.
    Nach zwei Jahren Schulrätin wurde sie 1977 zur NRW-Vorsitzenden der GEW gewählt. Doch bald geriet sie in einen erbitterten Clinch mit den Linken innerhalb der GEW. Zeitverträge, Zweidrittel-Stellen, all das bot für die eher pragmatische Vorsitzende Auswege aus der zunehmenden Lehrerarbeitslosigkeit. Doch bei der GEW-Mehrheit stießen solche Verhandlungsangebote an den damaligen Kultusminister Girgensohn auf harsche Kritik. Ilse Brusis behauptete öffentlich, ihre Gewerkschaft sei von DKP- Sympathisanten unterwandert. Die Konflikte zwischen den "Linken Dogmatikern" und der "Rechten Sozialdemokratin" eskalierten. Die GEW-Basis verhinderte die Wahl von Ilse Brusis zur stellvertretenden GEW-Bundesvorsitzenden und wählte sie 1981 als Landesvorsitzende ab.
    Doch die erzwungene Rückkehr in den Schuldienst währte nur ein halbes Jahr. Nicht zuletzt auf Betreiben von Johannes Rau wurde sie, trotz des erklärten Widerstandes linker Gewerkschafter, im Sommer 1982 in den geschäftsführenden DGB-Bundesvorstand gewählt, wenn auch mit für Gewerkschaftsverhältnisse bescheidenen 75 Prozent der Stimmen. Hier kümmerte sie sich vor allem um Weiterbildungsangebote für Gewerkschaftsfunktionäre und versuchte gegen den Mitgliederschwund vor allem unter Jugendlichen anzukämpfen.
    Als sie 1987 auch noch zur Vorsitzenden der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler Stiftung gewählt wurde, schien die Funktionärsarbeit in der Gewerkschaft bis zur Pensionierung programmiert. Doch dann kam am Rande eines Gewerkschaftskongresses 1990 der Anruf von Johannes Rau, verbunden mit der Bitte, Mitglied seines Kabinetts zu werden. Rau kannte Ilse Brusis schon aus seiner Zeit als Wissenschaftsminister, schätzte sie als zuverlässig und loyal, auch im SPD-Bundesvorstand, dem Ilse Brusis seit 1984 angehört. Völlig überraschend für die Öffentlichkeit wie für sie selbst wurde Ilse Brusis 1990 Ministerin für Bauen und Wohnen in Nordrheinwestfalen. Durch viele Gespräche, große Wißbegierde und zähes Aktenstudium gewann sie rasch Fachkompetenz und allgemeine Anerkennung. Als besondere Erfolge ihrer fünfjährigen Amtszeit sieht sie den Ausbau des sozialen Wohnungsbaus über das geplante Soll hinaus. Die Wohnungsnot insgesamt konnte sie zwar nicht beheben. Doch es gelang ihr, sich als sozialpolitischer Garant für öffentlichen Wohnungsbau vor allem gegenüber Irmgard Schwaetzer, ihrer Kollegin in der Bundesregierung, zu profilieren. Nicht zuletzt deshalb berief sie Rudolf Scharping vor der Bundestagswahl 1994 in sein Regierungsteam. Für Nordrhein-Westfalen schreibt sich Ilse Brusis die Zusammenlegung von Finanzbauverwaltung und staatlichen Hochbauämtern, an der sich so mancher Vorgänger die Zähne ausgebissen hatte, sowie eine neue Landesbauordnung mit besonderem Stolz auf ihre Fahnen.
    Bedingt durch den Einzug der Grünen in die Landesregierung übernahm Ilse Brusis im vergangenen Jahr die Leitung des neugeschaffenen Ministeriums für Stadtentwicklung, Kultur und Sport. Die Lebenssituation der Menschen vor Ort zu verbessern, dies soll das neue Ministerium leisten. Das Überleben des reichen kulturellen Angebots in Nordrhein-Westfalen gerade angesichts der leeren Kassen ist für Ilse Brusis eine herausragende Aufgabe dieser Legislaturperiode. Und die breite Kulturlandschaft genießt die zuständige Ministerin auch persönlich mit Freuden. Vernissagen, Musikaufführungen und Museumseröffnungen werden zu vergnüglichen Terminen, dabei hat die Ministerin ihre besondere Vorliebe fürs Tanztheater entdeckt. Als Sozialpolitikerin will sie dabei sicherstellen, daß die Kultur wie im übrigen auch der Sport nicht nur Angebote für Reiche vorsieht.
    Bei der Aufgabenfülle in Partei und Landesregierung bleibt für die reine Abgeordnetenarbeit nur wenig Zeit. Doch für die Sozialdemokratin alten Schlages wollte sie sich nach fünf Jahren in der Regierung auch zur Wahl stellen. Weitergehende Karriereabsichten hat sie nicht, das gibt ihr ein Stück Gelassenheit und Unabhängigkeit. Doch einen privaten Traum möchte sie bald verwirklichen: Nach vielen Urlauben an der deutschen Nord- und Ostsee in den vergangenen Jahren eine Abenteuertour nach Alaska.
    Richard Hofer

    ID: LI960839

  • Porträt der Woche: Peter Budschun (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 7 - 23.04.1996

    Als Kind teilte er das Schicksal so vieler Flüchtlinge und Vertriebener nach dem Krieg - Peter Budschun, gebürtiger Königsberger. Der damals Fünfjährige, seine Eltern und Geschwister fanden zunächst eine Bleibe in Schleswig-Holstein, zur "zweiten Heimat" aber wurde ihnen später Recklinghausen. Dort, auf der Zeche "General Blumenthal", begann 1955 als Berglehrling auch sein Einstieg in das Berufsleben.
    Schon früh engagierte sich der heutige SPD-Landtagsabgeordnete in der IG Bergbau und Energie, wurde Jugendsprecher der damaligen Hibernia AG mit ihren zwölf Schachtanlagen und Kokereien. Die erste Kohlekrise 1958 erlebte er als Knappe hautnah, und er mitinitiierte den legendären "Marsch nach Bonn". Vier Jahre später wechselte Peter Budschun zur Polizei. Der Ausbildung zum Polizeikommissar folgte eine über zwanzigjährige Tätigkeit als Sachgebietsleiter des Bezirks- und Ermittlungsdienstes im Schutzbereich Mari. Seit 1994 Erster Hauptkommissar, leitete er bis zu seiner Wahl in den Landtag die Polizeiwache Nord in Castrop-Rauxel.
    Bereits in jungen Jahren politisch geprägt durch das Elternhaus, trat Peter Budschun als 19jähriger in die SPD ein und war viele Jahre Vorsitzender des Ortsvereins Recklinghausen-Süd. Mit der Wahl in den Recklinghäuser Stadtrat 1975 begann seine kommunalpolitische Tätigkeit. Die Schwerpunkte seiner Arbeit sieht der SPD-Fraktionsvorsitzende in der Schaffung neuer Arbeitsplätze in der von Strukturwandel besonders stark betroffenen Stadt sowie in der Erhaltung von deren architektonischer Bausubstanz. Auch wirbt er für die Stärkung Recklinghausens als Ruhrfestspiel-Stadt.
    Die enge Verknüpfung zwischen den Kommunen und dem Land bewogen den Sozialdemokraten, sich um eine Kandidatur für das Düsseldorfer Landesparlament zu bewerben. Mit 56 Prozent der Stimmen holte er den Wahlkreis 85, Recklinghausen V, im vergangenen Mai für seine Partei. Sein Anliegen ist es nun, sich für seine Heimatstadt sowie die gesamte Emscher-Lippe- Region stark zu machen. Die Fraktion berief den "Neuling" in den Ausschuß für Kommunalpolitik — ein Parlamentsgremium also, in dem er sich für die Interessen der Gemeinden am besten engagieren kann. Die Umsetzung des "Ifo"-Gutachtens, das jene Großstädte mit einer Sozialhilfe-Kostenexplosion durch hohe Arbeitslosigkeit über die Schlüsselzuweisungen entlasten soll, sieht der Kommunalexperte nur als "ersten Schritt". Angesichts eines Fehlbetrages von 2,4 Milliarden Mark in den kommunalen Kassen müsse eine Reform der Gemeindefinanzierung an "Haupt und Gliedern" erfolgen.
    Als das "zentrale Thema" in der Landespolitik sieht Peter Budschun die Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit mit all ihren Folgen. Der Wirtschaftsstandort NRW dürfe einerseits nicht "kaputtgeredet" werden, zum anderen müßten aber auch die notwendigen Voraussetzungen für seine Stärkung geschaffen werden; und dazu zählten eine moderne Verkehrsinfrastruktur und die Förderung neuer Technologien. Für den Sozialdemokraten ist aber auch der Erhalt der Arbeitsplätze im Steinkohlebergbau ein Anliegen, ist doch der Kreis Recklinghausen der größte kohlefördernde Standort in Deutschland.
    Der Recklinghäuser gibt schließlich zu bedenken, Mittel aus dem Solidaritätszuschlag, bevor er endgültig abgeschafft wird, auch in finanz- und strukturschwache Regionen Westdeutschlands fließen zu lassen. "Schließlich haben wir in der Vergangenheit auch mit Milliarden- Summen geholfen."
    Für Peter Budschun ist die Kommunalpolitik sein "Hobby". Und die "schönste Erholung" findet er in der Familie samt zwei Enkelkindern.
    Jochen Jurettko

    ID: LI960739

  • Porträt der Woche: Inge Lagemann (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 4 - 05.03.1996

    Als Studentin zählte sie zu den Weltverbesserern, sagt Inge Lagemann heute von sich selbst. Gerade dem "kleinen Mann" wollte sie ein leichteres und besseres Leben ermöglichen. Ein Wunsch, der für die 52jährige SPD-Politikerin nach wie vor noch Vorrang hat und ihr ganzes Wirken prägt. Dieses Ziel war mit ein Grund dafür, daß die Lehrerin beschloß, die politische Laufbahn einzuschlagen. "Ich wurde seinerzeit zuerst in die klassische Frauenpolitik gedrängt", erinnert sich Inge Lagemann, die in Schwerte geboren wurde und seit Juni 1965 Mitglied der SPD ist. Das Korsett gefiel ihr jedoch ganz und gar nicht. Sie wollte sich nicht in etwas hineinzwängen lassen. Denn sie verlangte mehr — auch an Mitspracherecht.
    Deshalb ging sie 1975 in den Rat der Stadt Schwerte. Von 1975 bis 1995 war sie Mitglied des SPD-Fraktionsvorstandes im Rat. Und mit Leichtigkeit gewann sie ein ums andere Mal ihren Wahlkreis. Schon deswegen fiel ihr der Abschied auch im vergangenen Jahr doppelt schwer. Nur im Mai 1995 rief eine neue Aufgabe: Mit einem überragenden Ergebnis von 50,5 Prozent wurde sie bei den Landtagswahlen in das Düsseldorfer Parlament gewählt. Damit wagte sie einen weiteren Schritt ihrer Polit-Karriere, der ihr anfangs nicht ganz leicht fiel, wie die kämpferische Pädagogin zugibt. — Doch frei nach dem Motto "Frauen müssen nicht nur in der Politik den Mund aufmachen" beweist sie auch hier erneut Durchsetzungsvermögen. Schon von der Diskussion, Mädchen und Jungen in bestimmten Fächern getrennt zu unterrichten, hält sie überhaupt nichts. "Sie müssen sich gegenseitig behaupten können und den Grundstock für ihre weitere Entwicklung legen", weiß Inge Lagemann aus Erfahrung.
    Im übrigen ist ihr der Weggang als Lehrerin aus der Hauptschule ebenso schwer gefallen wie die Tatsache, daß sie für den Landtag der Kommunalpolitik weitgehend den Rücken zudrehen mußte. Auf der anderen Seite sah sie ein, daß es keinen Sinn hatte, sich zu verzetteln und auf zu vielen Gebieten gleichzeitig aktiv zu sein. "Aber jetzt möchte ich erst recht etwas bewegen", spricht sie sich selbst Mut zu. Dabei wurde ihr der Einstieg in den Landtag nicht leicht gemacht. "Als Neuling hat man es schwer. Das hat mich schon ein bißchen geärgert." Beispielsweise kam sie nicht unbedingt in die Ausschüsse, die sie sich gewünscht hatte. Dazu zählt natürlich vor allen Dingen der Schulausschuß. Statt dessen wurde sie bei der Neubesetzung mit Beginn der neuen Legislaturperiode Mitglied des Petitionsausschusses und des Ausschusses für Europa und Eine-Welt-Politik. "Natürlich sind das auch interessante Aufgabengebiete. Aber während ich in anderen Ausschüssen zweifellos von meiner Erfahrung profitiert hätte, muß ich mich in die neuen Themenbereiche erst noch hineinfinden und viel lesen."
    Zu letzterem hat sie kaum genügend Zeit. Denn nach wie vor ist Inge Lagemann doch noch sehr oft in ihrem Wahlkreis. "Ich möchte niemals ein abgehobener Politiker werden", begründet sie ihren Wunsch nach Bürgernähe. Am wohlsten fühlt sie sich, wenn sie von den Menschen direkt angesprochen wird, die bei ihr Hilfe suchen. So kommen häufig ausländische Mitbürger oder arbeitslose Lehrer zu ihr, um sich in ihrer anscheinend ausweglosen Situation einen Rat zu holen.
    Sehr am Herzen liegt Inge Lagemann auch die Förderung der Kultur. Nicht umsonst war sie in Schwerte stellvertretende Vorsitzende im Ausschuß für Kultur und Weiterbildung, Sprecherin der SPD-Fraktion. "Ich hoffe nicht, daß die Kultur, die immer schon stiefmütterlich behandelt wurde, zusehends stirbt. Deshalb muß man unbedingt Fördervereine oder Sponsoren finden, beispielsweise große Unternehmen", wirbt sie für ihr Steckenpferd. Ganz besonders wichtig ist für sie, daß auch die Schulen hier entsprechend Mittel erhalten. "Sonst verarmen die Jugendlichen immer mehr, können sich bald überhaupt nicht mehr artikulieren." Kleintheater sollten ihrer Ansicht nach Eltern fördern, die es sich finanziell leisten können.
    So macht Inge Lagemann denn auch keinen Hehl daraus, daß sie mit Leib und Seele Lehrerin war. Und das wissen auch die ehemaligen Schüler, die sie nach wie vor privat besuchen. Sie wissen ebenfalls, daß sie eine (für die Sache) streitbare Frau ist, die ihre Ansichten nach außen hin vertritt. Auch daß sie ehrgeizig ist, ist bei Kollegen kein Geheimnis. Ihr Wunsch im Landtag: "Ausschußvorsitzende, das würde ich schon gerne machen."
    Andrea C. Stockhausen
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI960461

  • Porträt der Woche: Frank Baranowski (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 21 - 12.12.1995

    Mit 33 Jahren ist er der zweitjüngste Abgeordnete in der 108 Mitglieder zählenden SPD-Landtagsfraktion — für Frank Baranowski ein Beweis dafür, daß es in der Fraktion noch immer einen Nachholbedarf an jungen Parlamentariern gibt. Deren ungenügende Repräsentanz war für den Gelsenkirchener auch ein wesentlicher Grund, sich im Unterbezirk seiner Partei mit weiteren drei Kandidaten um den Wahlkreis 88 zu bewerben. Er setzte sich gegenüber seinen Mitkonkurrenten durch und gewann den Wahlkreis auch bei den letzten Landtagswahlen im Mai wieder für die Sozialdemokraten. Für den langjährigen wissenschaftlichen Mitarbeiter des Vorgängers im Wahlkreis Gelsenkirchen II, des Abgeordneten Egbert Reinhard, ist das Düsseldorfer Parlamentsgeschehen zwar kein Neuland, aber es ist doch ein großer Unterschied, ob man Berater und "Zuträger" oder Handelnder ist. "Die Türen öffnen sich wesentlich schneller." Allerdings übernahm er das Landtagsmandat nach seinen Worten mit einer "sehr realistischen Erwartung". Er zähle nicht zu denjenigen, die meinen, sie könnten als einzelner Abgeordneter viel bewegen. Nur in Kooperation ließen sich politische Vorstellungen umsetzen. Diese Erfahrung machte Frank Baranowski übrigens auch während seiner Ratstätigkeit. Nach der Reifeprüfung studierte der gebürtige Gelsenkirchener an der Bochumer Ruhr-Universität Deutsch und Geschichte für das Lehramt der Sekundarstufe I und II und schloß sein Studium mit der ersten und zweiten Staatsprüfung erfolgreich ab. Zwischendurch lehrte der künftige Pädagoge an der Bergberufsschule in Recklinghausen bevor er Ende 1991 wissenschaftlicher Mitarbeiter in der SPD-Fraktion wurde.
    Politisches Interesse zeigte Frank Baranowski bereits als Schülervertreter, und so trat er schon als Sechzehnjähriger den Jungsozialisten und der SPD bei. Mehr als sieben Jahre war er Unterbezirksvorsitzender der Jusos. Auch dem SPD-Unterbezirksvorstand angehörend, wählte ihn der Ortsverein im letzten Jahr zu seinem Vorsitzenden. Bei den Kommunalwahlen 1989 in den Gelsenkirchener Stadtrat gewählt, widmete sich der Sozialdemokrat insbesondere der Jugendpolitik und versuchte trotz der gebotenen Haushaltskonsolidierung die Förderung dieses wichtigen Bereichs weiter aufrechtzuerhalten. Die starken Auswirkungen der Landespolitik auf das kommunale Geschehen erfuhr der Stadtverordnete während seiner Tätigkeit im Rat, die er nach seinem Einzug in den Landtag aufgab. Diese Verzahnung will Frank Baranowski künftig bei seinem Stimmverhalten als Landtagsabgeordneter berücksichtigen. Für eine vorrangige Aufgabe hält das Mitglied des Ausschusses für Innere Verwaltung, ein Höchstmaß an innerer Sicherheit zu gewährleisten, weil sie für das Zusammenleben der Bürger von großer Bedeutung sei. Allerdings dürfe dieses Bemühen nicht zu Lasten demokratischer Grundrechte gehen. Im Gegensatz zu anderen Parteifreunden verursache ihm persönlich daher die mögliche Einführung des sogenannten "großen Lauschangriffs arge Bauchschmerzen". Wie andere Mitglieder des Petitionsausschusses bedauert auch Frank Baranowski die geringe Resonanz dieses Gremiums in der Öffentlichkeit.
    Als neuer Abgeordneter wäre nach seiner Einschätzung das Zusammenwachsen der neugewählten Fraktion sicher leichter gewesen, wenn die SPD wieder die absolute Mehrheit bei den Landtagswahlen errungen hätte. So hätten beispielsweise in den ersten Sitzungen die Koalitionsverhandlungen im Mittelpunkt gestanden und weniger die "Selbstfindung" der Fraktion. Wegen der Rücksichtnahme auf den grünen Koalitionspartner werde die Arbeit in Fraktion und Parlament ohnehin schwieriger — "aber auch spannender". Dabei ist sich der "Neuling" bewußt, daß er in den ersten Parlamentsjahren auch sein "Lehrgeld" werde bezahlen müssen wie in jedem anderen Beruf.
    Trotz der neuen Anforderungen will sich der Abgeordnete bemühen, sein "Privatleben" möglichst zu bewahren. Dazu zählen Haushaltsarbeit und Kinobesuche ebenso wie Reisen über den "großen Teich". Den "Amerika-Fan" fasziniert immer wieder die Weite dieses Landes.
    Jochen Jurettko

    ID: LI952158

  • Porträt der Woche: Werner Bischoff (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 19 - 28.11.1995

    Nur wenige Parlamentarier haben die Möglichkeit, ihr politisches Wirken mit der beruflichen Tätigkeit zu verbinden. Zu diesen Ausnahmen zählt der SPD-Landtagsabgeordnete und Landesvorsitzende der Gewerkschaft Chemie/Papier/Keramik, Werner Bischoff. Politik und Gewerkschaft prägten denn auch den Lebensweg des heute 48jährigen Sozialdemokraten.
    Nach dem Schulabschluß absolvierte der gebürtige Gelsenkirchener eine Lehre als Ziseleur bei der Ruhrgas AG in Essen und war anschließend dort auch mehrere Jahre als Facharbeiter tätig. Während dieser Zeit engagierte er sich bereits in der Gewerkschaftsjugend, und nach Ableistung des Zivildienstes wechselte Werner Bischoff hauptberuflich als Gewerkschaftssekretär zu der IG Chemie, Papier, Keramik. Bereits seit 1990 ist er ihr Landesvorsitzender.
    Früh schloß sich der Gewerkschafter auch der SPD an, engagierte sich zunächst bei den Jungsozialisten und war zeitweilig stellvertretender Vorsitzender im Bezirk Westliches Westfalen der Jusos. Nach seinem Wohnortwechsel ins rheinische Monheim 1970 wurde der Sozialdemokrat aktiv in der örtlichen Parteiarbeit und 1976 in den Stadtrat gewählt, wo er seit sechs Jahren Fraktionsvorsitzender seiner Partei ist. Als die frühere Landtagspräsidentin Ingeborg Friebe im Mai dieses Jahres nicht mehr für das Landesparlament kandidierte, bewarb sich der Gewerkschafter um "ihren" Wahlkreis Mettmann I und holte ihn wieder für die Sozialdemokraten.
    Der Gewerkschafter weist auf den gewaltigen Umstrukturierungsprozeß der Industrie hin, der die Arbeitnehmer wie das Management der Unternehmen vor neue Herausforderungen stellt. Auch die SPD und die Gewerkschaften müßten bei diesem Prozeß ihre Positionen beziehen, zu deren Erarbeitung Werner Bischoff beitragen will. Durch den engen und ständigen Kontakt zu den Arbeitnehmern behalte er nach seiner Einschätzung eine große Bodenhaftung, und die Gefahr werde so vermieden, sich "abzuheben".
    Der SPD-Landtagsabgeordnete, der von seiner Fraktion in den Ausschuß für Umweltschutz und Raumordnung berufen wurde, hält die gegenseitige Abstimmung beider Bereiche für unerläßlich. Sie beeinflusse auch sozial- und bildungspolitische Entscheidungen. In diesem Zusammenhang erinnert der Landeschef der IG Chemie- Papier-Keramik, daß seine Gewerkschaft eine der ersten gewesen sei, die Umweltthesen formuliert und sich dazu bekannt hat, aus Verantwortung vor kommenden Generationen an einem Ausgleich zwischen wirtschaftlichen und ökologischen Interessen mitzuarbeiten.
    Die Umweltpolitik des Landes Nordrhein-Westfalen sei in den zurückliegenden Jahrzehnten, so Werner Bischoff, nicht gegen die Gewerkschaften und nicht gegen die Industrie, sondern mit diesen gemacht worden. Die politischen Forderungen beispielsweise nach Luftreinhaltung, Gewässerschutz u.a.m. seien auch im hohen Maße umgesetzt worden. Das gelte für alle Industriezweige, namentlich für die Chemie.
    Mit Nachdruck weist der Gewerkschaftschef darauf hin, daß die Koalitionsvereinbarung mit Bündnis 90/Die Grünen auch ein "Bekenntnis" zur Chemieindustrie enthält und man jetzt nicht aus der grünen Minderheitenposition heraus ständig "individuelle Interpretationen" des Vertrages "nachschieben" dürfe. Dieser Industriezweig sei mit 85 Milliarden Mark Jahresumsatz der stärkste in Nordrhein-Westfalen und in ihm seien nicht nur direkt rund 200000 Menschen beschäftigt, sondern er sichere in seiner sekundären und tertiären Beschäftigungswirkung noch ungleich mehr Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen.
    Dem Vater von zwei erwachsenen Töchtern macht die Politik trotz des prallen Terminkalenders nach eigenem Bekunden viel Spaß. Und so verspürt er auch hinsichtlich der knapp bemessenen Freizeit keine "Defizite".
    Jochen Jurettko

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951959

  • Porträt der Woche: Heinrich Dietmar Borcherding (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 17 - 31.10.1995

    Turbulent wie die Nachkriegszeit, so verlief auch der Lebensweg des Mindener SPD-Landtagsabgeordneten Heinrich Dietmar Borcherding in den Kindheits- und Jugendjahren: Flucht als Dreijähriger im Winter 1945 aus dem ehemaligen Warthegau. Zuflucht bei Verwandten im mecklenburgischen Stralsund und schließlich ein neues Zuhause in Dankersen bei Minden. Schon früh übernahm der gebürtige Langenauer Verantwortung im Elternhaus, nachdem sein Vater Opfer der Kriegswirren geworden war.
    Nach einer Maschinenschlosserlehre und der Fachoberschulreife erlangte Borcherding 1966 über den zweiten Bildungsweg im Bielefelder Westfalen-Kolleg das Abitur — übrigens zusammen mit dem heutigen niedersächsischen Ministerpräsidenten Gerhard Schröder. Es folgten das Studium des Lehramtes für Berufsschule an den Universitäten Hannover und Hamburg mit beiden Staatsexamen. Seine berufliche Wirkungsstätte fand der heutige Oberstudienrat 1972 an der Gewerblichen Kreisberufsschule in Minden, wo er bis zu seiner Wahl in den Landtag im Mai dieses Jahres tätig war.
    Der politisierenden "68er Generation" angehörend, trat Heinrich Borcherding bereits während des Studiums der SPD bei und wurde später in zahlreiche Parteigremien berufen. Fast zwangsläufig wurde die Bekanntschaft mit der Kommunalpolitik. Als Mitglied des Kreistages Minden-Lübbecke seit 1973 setzte der Sozialdemokrat Akzente vor allem in der Jugend- und Schulpolitik und zählte dann zu den Mitinitatoren des ersten Landschaftsplanes in Nordrheinwestfalen. Auch schon früh erkannte er die Probleme der Abfallentsorgung. Die Anerkennung für sein Engagement für die heimische Region kam in der Wahl zum Landrat 1984 zum Ausdruck. Inzwischen ist er bereits zum zweiten Mal in seinem Amt bestätigt worden.
    Auch außerhalb des Kreises nimmt der Sozialdemokrat Einfluß auf die Kommunalpolitik. So ist er stellvertretender Landesvorsitzender des Landkreistages NRW und Präsidiumsmitglied des Deutschen Landkreistages. In der "Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik" (SGK) bekleidet er Führungspositionen auf Landes- und Bundesebene.
    Die enge Verzahnung zwischen Landes- und Kommunalpolitik bewog Heinrich Dietmar Borcherding vor der letzten Landtagswahl, sich um die freigewordene Kandidatur seiner Partei im Wahlkreis 112 (Minden-Lübbecke III) zu bewerben — gegen zwei Mitbewerber. In einer Urwahl entschieden sich mehr als siebzig Prozent der Mitglieder für den heutigen Landtagsabgeordneten.
    Von der SPD-Landtagsfraktion ließ sich der Ostwestfale in den Sportausschuß insbesondere deswegen wählen, weil der Landessportbund und das Land gemeinsam im Kreis Minden-Lübbecke Projekte zur Förderung des Breitensports in ländlichen Regionen unterstützen. Die Sportvereine sollen befähigt werden, ihre Angebots-Palette auch unter gesundheitsvorsorgenden Aspekten zu erweitern. Sport im Kindergarten, aber auch für arbeitslose Jugendliche zählen ebenfalls zu den Modellprojekten. Und im Ausschuß für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz will sich der Abgeordnete für die Erhaltung der Lebensqualität im ländlichen Raum stark machen.
    Der "Neuling" im Düsseldorfer Landesparlament sieht auf Grund seiner langjährigen kommunalen Erfahrungen aber auch seine Aufgabe darin, kritisch darauf zu achten, daß Initiativen des Landes die Gemeinden und Kreise nicht noch mehr finanziell belasten. Zusätzliche Bürden könnten sie einfach nicht mehr verkraften.
    In der heimischen Region wird sein Engagement für die Bürger nicht nur erkannt, der Vater von zwei Töchtern ist auch als "radelnder Landrat" bekannt. Und nicht selten animiert er Freunde und Bekannte zu gemeinsamen Radtouren. Ein willkommener Ausgleich für einen Parlamentarier, dessen Terminkalender prall gefüllt ist.
    Jochen Jurettko

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951742

  • Porträt der Woche: Brigitte Speth (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 13 - 19.09.1995

    An den Abend des 14. Mai erinnert sich Brigitte Speth mit gemischten Gefühlen: In ihrem Düsseldorfer Wahlkreis hatte die stellvertretende SPD-Fraktionschefin wieder die Nase vorn — eine Leistung, auf die sie sich etwas zugute hält, denn: viel Bildungsbürgertum ist dort zu Hause, und im übrigen liegt in dieser Ecke der Landeshauptstadt traditionell der F.D.P.- und Grünen-Anteil recht hoch. Aber da gab es eben auch das Abrutschen der Landes- SPD, das im Ergebnis die Sozialdemokraten ihre absolute Mehrheit kostete. "Das hat mich traurig gemacht, geschockt hat es mich nicht", resümiert Brigitte Speth. Beinahe im selben Atemzug äußert sie sich skeptisch zu der rot-grünen Zusammenarbeit: "Meine Erfahrung mit den Grünen aus den letzten Jahren lassen mich daran zweifeln, daß es eine gute, reibungslose Zusammenarbeit geben wird." Die Grünen machten, ähnlich wie die F.D.P., zu sehr Klientel-Politik, dadurch gerate ihnen das zusammenhängende soziale und demokratische Gefüge der Politik aus dem Blick. Auf dem Politikfeld, das sie besonders gründlich beackert, der Bildungs- und Schulpolitik, möchte sie sich den Blick nicht verengen lassen. Das Thema sei unglaublich wichtig für Kinder und Jugendliche, findet die Bundesvorsitzende der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Bildungspolitik, aber auch für die Wirtschafts- und Technologieentwicklung des Landes. Die Diplom-Physikerin, die 1944 in Thüringen geboren wurde, in Mönchengladbach- Rheydt aufwuchs, in Aachen studiert hat und seit 1974 in Düsseldorf lebt, nennt die Entwicklung des Reviers verbindlich. Sie meint damit die Umstrukturierung, die Rücksicht nehme auf die Bergleute und Stahlkocher. Es sei für sie eine zutiefst soziale Frage, ob eine Wirtschafts- und Technologiepolitik mit einem schnellen Ausstieg aus hergebrachten Strukturen einhergehe oder auf die betroffenen Menschen und Regionen Rücksicht nehme. Die weitverbreitete Meinung, ihre Partei sei technologiefeindlich, ist nach Frau Speths Meinung falsch, das Image aber hafte und verschwinde so schnell nicht. Sie selbst lehne als Naturwissenschaftlerin neue Technologie nicht grundsätzlich ab. Bei Bio- und Gentechnik sei sie allerdings skeptisch, und zur Kernenergie sage sie kategorisch "nein". "Technikfolgen-Abschätzung" lautet Speths Schlüsselwort. Die Forschung in der Bio- und Gentechnik müsse viel stärker vernetzt werden, etwa mit der Sozialpolitik. Das scheitere anfangs sicherlich schon an den unterschiedlichen Fachsprachen, aber es könne langfristig dazu führen, die Beunruhigung der Öffentlichkeit über manche technologische Entwicklung zu verkleinern. Beim Thema Kernenergie-Nutzung sieht sie keinen Bedarf, die Öffentlichkeit durch mehr Aufklärung zu beruhigen. An den "inhärent sicheren Atomreaktor" glaubt sie nicht, gewiß jedoch an das Restrisiko der Kernkraft-Nutzung. Wieder verweist sie auf ihr Physikstudium, währenddessen sie sich besonders mit dem Zweig Hochenergietechnik befaßt habe. Wie fand die Naturwissenschaftlerin aus einem, wie sie sagt, sehr konservativen Elternhaus, zur SPD? Eine Affinität zu dieser Partei habe sie schon lange gehabt, vielleicht auch als Affront zum Elternhaus. Schon früh reagierte sie sehr aufgebracht auf soziale Mißstände. Anfang der siebziger Jahre machte sie mit bei der Brandt-Initiative "Willy wählen". Den Schritt zur SPD-Mitgliedschaft vollzog sie erst 1979, als Helmut Schmidt Kanzler war und als die Nachrüstungsdebatte ihrem Höhepunktzustrebte. Vieles habe sie damals nicht verstanden, als Schmidt regierte — die "sehr autoritäre Politik, die beabsichtigte Nachrüstung". An der schon historischen Bonner Großdemonstration der "Friedensbewegung", 1981, hat Frau Speth teilgenommen. Die spätere Entscheidung des Bundestages für die Nachrüstung des Westens sei für sie schwer auszuhalten gewesen. Wohl aus dieser Zeit rührt ihr Ruf, sie zähle zum linken Flügel der SPD. Der Ruf verfestigte sich, als sie besonders engagiert die Gesamtschule verfocht. Auch heute noch ist sie von dieser Schulform überzeugt, wenn sie auch einräumt, Verständnis zu haben für diejenigen, die sich gegen die Gesamtschule entscheiden. Am Bild von der linken Brigitte Speth möchte sie Korrekturen anbringen. Sie hält sich für integrationsfähig, weiß aber auch: Einstein hat recht, ein Vorurteil sei wirklich schwerer zu spalten als ein Atom. Zu ihren Charaktereigenschaften zählt die rheinische SPD-Abgeordnete "ein hohes Maß preußischen Pflichtbewußtseins", "innere Unruhe", "Durchhaltevermögen" und "Neugier". Ein wißbegieriger Mensch wie Brigitte Speth reist selbstverständlich gerne, am liebsten nach Griechenland, aber auch nach Lateinamerika. Im Sommer brach sie Richtung Simbabwe auf. Früher geliebte Sportarten wie Tennis und Skifahren übt sie nicht mehr aus. Die heutigen Hobbys sind weniger anstrengend: Sie fotographiert, bastelt Puppen nebst deren Stuben, und außerdem schreibt sie Märchen für Kinder. Diese werden nicht veröffentlicht, vielmehr bei passender Gelegenheit verschenkt.
    Reinhold Michels
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951338

  • Porträt: Präsident des Landtags.
    Ulrich Schmidt (SPD) strebt eine gute Arbeitsatmosphäre an.
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe S1 - 10.06.1995

    Von Ralt Kapschack
    Irgendwie lief es ja schon auf ihn zu. Denn nachdem Ingeborg Friebe angekündigt hatte, nicht mehr für das Landesparlament zu kandidieren, war ihr bisheriger Stellvertreter — aus der nach wie vor stärksten Fraktion — erste Wahl für die Position des Landtagspräsidenten. Ulrich Schmidt macht auch keinen Hehl daraus, daß er diesen Höhepunkt seiner politischen Karriere angestrebt hat, nachdem der Platz frei wurde. Daß es allerdings so problemlos ablaufen würde, hat selbst ihn etwas überrascht.
    Als ihn seine Freunde aus dem SPD-Bezirk Westliches Westfalen vorgeschlagen hatten, gab es in der Fraktion eigentlich keine Diskussion mehr.
    Ein Grund dafür ist sicherlich die ausgleichende Art des Abgeordneten aus Wetter, eine gute und notwendige Voraussetzung für einen Landtagspräsidenten. Der andere Grund ist wohl die Tatsache, daß Ulrich Schmidt dem Landtag seit zwanzig Jahren angehört, den Parlamentsalltag also in- und auswendig kennt.
    Wäre es nach seiner Mutter gegangen, dann wäre Ulrich Schmidt nicht Politiker geworden. Sie riet ihm bereits früh ab, sich überhaupt mit Politik zu beschäftigen, denn diese sei viel zu wechselhaft und unberechenbar. Seinen Vater hat er nie gesehen, er fiel als Soldat im Krieg 1942. Im März jenes Jahres wurde Ulrich Schmidt geboren.
    Der Verlust des Ernährers und die Nachkriegswirren brachten die Familie in eine schwierige wirtschaftliche Lage.
    Vielen anderen ging es ähnlich. Weil die Not unverschuldet war, die Regierung Adenauer aber zuwenig für die Familien tat, wurden in Bonn Demonstrationen organisiert. Ein Motto damals: "Witwen- und Waisenrenten aufbessern."
    Bei diesen Aktionen und später beim Protest gegen die Wiederbewaffnung lernte Ulrich Schmidt, daß man sich selbst engagieren muß, wenn sich politisch etwas bewegen soll.
    Mit 14 begann der Junge aus Wetter eine kaufmännische Lehre bei Hoesch in Dortmund. Von Wetter jeden Morgen in aller Frühe mit der Bahn nach Dortmund und nachmittags zurück, das war damals fast eine "Weltreise".
    Nach dem Abschluß der Ausbildung fand er allerdings keine Anstellung im erlernten Beruf, statt dessen wurde ihm eine Stelle bei der Hoesch-Betriebskrankenkasse angeboten. Im nachhinein war das ein Glücksfall. Denn bei der fünfjährigen Arbeit am Schalter, bei zahllosen Gesprächen ging es immer um die sozialen und wirtschaftlichen Probleme der "kleinen Leute". Und diese Zeit war wohl mit ausschlaggebend für Schmidts späteres politisches Engagement.
    Bevor er sich allerdings parteipolitisch festlegte, verglich das Mitglied der IG Metall erst einmal verschiedene Parteiprogramme und trat dann in die SPD ein. Das war 1964.
    Elf Jahre später wurde er Bürgermeister in seiner Heimatstadt Wetter und zog zum ersten Mal, als direkt gewählter Abgeordneter, in den Landtag ein. Bei seinem damaligen Arbeitgeber hatte er es zwischenzeitlich zum Referenten für Grundsatzfragen gebracht. Doch Ulrich Schmidt machte vor zwanzig Jahren die Politik zu seinem Beruf und verabschiedete sich bei Hoesch.
    In seinem Wahlkreis und als Bürgermeister hatte er anschließend alle Hände voll zu tun. Der Strukturwandel war in vollem Gange. Der vergebliche Kampf der Belegschaft um den Erhalt der Firma Mönninghoff in Hattingen oder die Entwicklung der Henrichshütte forderten monatelang den ganzen Mann, zeigten aber auch die Grenzen politischer Einflußnahme auf wirtschaftliche Prozesse. Für Schmidt stehen diese beiden Firmennamen auch für bittere persönliche Niederlagen.
    Die Verknüpfung von kommunal- und landespolitischer Arbeit hat sich für ihn rückblickend trotz allem bewährt. Denn vor Ort merkte man schnell, ob Gesetze, die der Landtag beschlossen hatte, überhaupt praktikabel seien oder nicht.
    In Düsseldorf konzentrierte sich Ulrich Schmidt schnell auf den Bereich Arbeit und Soziales. Vor allem die Behinderten- und Altenpolitik lag ihm am Herzen. Und so ist er stolz, daß mit dem Landesaltenplan auch von ihm persönlich wichtige Daten in diesem Politikfeld gesetzt worden sind: Das Angebot für ältere Menschen hat sich deutlich verbessert.
    Für Behinderte, vor allem geistig Behinderte, ist die Situation bei weitem noch nicht befriedigend. Im Augenblick wird ein entsprechender Landesplan erarbeitet. Da geht es nicht zuletzt ums Geld. Doch unter dem Diktat der leeren Kassen, das ist für Ulrich Schmidt klar, dürfen nicht ausgerechnet die Schwächsten leiden. Wenn er von diesen Menschen redet, dann hat er konkrete Beispiele, persönliche Schicksale vor Augen. Als Landesvorsitzender der Lebenshilfe und Mitglied im Vorstand der Evangelischen Stiftung Volmarstein (ehemals Orthopädische Anstalten) weiß er schließlich, wo der Schuh drückt.
    Der zweite Schwerpunkt seiner Landtagsarbeit war bisher die Reform der Verwaltungsstruktur. Schmidt wurde vor zweieinhalb Jahren Vorsitzender eines neuen Fachausschusses, der die schwierige Aufgabe hat, Vorschläge zu machen, wie die Verwaltung des Landes effektiver und bürgerfreundlicher werden kann. Bei diesem Thema könne man "keine schnelle Nuß knacken" meint Schmidt. Zwar steige der Reformdruck durch die Finanzprobleme der öffentlichen Hand. Tragfähige Lösungen könne es aber nur in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und Beschäftigten geben — und die seien ja auch dazu bereit. Für Schmidt ist dieses Thema ein, wenn nicht der Schwerpunkt in der neuen Legislaturperiode.
    Auch für die Arbeit des Landtags gibt es eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen. Ein entsprechendes Gutachten soll jetzt in Ruhe ausgewertet werden. Der Präsident will auch hier nichts überstürzen, doch die Richtung ist eindeutig: Die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten sollen weiter verbessert werden, gleichzeitig soll der Landtag noch stärker als bisher offen sein für politische und kulturelle Aktivitäten.
    Das ist ein wichtiges Ziel für den neuen Chef im Düsseldorfer Landtag. Das andere ist, trotz aller politischen Meinungsverschiedenheiten eine gute Atmosphäre in der Parlamentsarbeit zu schaffen. Nach dem Wahlergebnis dürfte das nicht einfacher geworden sein. Trotzdem, Ulrich Schmidt freut sich auf diese Herausforderung.

    Bildunterschrift:
    Ulrich Schmidt, nach der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse im Mai dieses Jahres.

    ID: LI95S114

  • Porträt der Woche: Präsident des Landtags.
    Ulrich Schmidt (SPD) strebt eine gute Arbeitsatmosphäre an.
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 10 - 07.06.1995

    Von Ralt Kapschack
    Irgendwie lief es ja schon auf ihn zu. Denn nachdem Ingeborg Friebe angekündigt hatte, nicht mehr für das Landesparlament zu kandidieren, war ihr bisheriger Stellvertreter - aus der nach wie vor stärksten Fraktion - erste Wahl für die Position des Landtagspräsidenten. Ulrich Schmidt macht auch keinen Hehl daraus, daß er diesen Höhepunkt seiner politischen Karriere angestrebt hat, nachdem der Platz frei wurde. Daß es allerdings so problemlos ablaufen würde, hat selbst ihn etwas überrascht. Als ihn seine Freunde aus dem SPD-Bezirk Westlichen Westfalen vorgeschlagen hatten, gab es in der Fraktion eigentlich keine Diskussion mehr.
    Ein Grund dafür ist sicherlich die ausgleichende Art des Abgeordneten aus Wetter, eine gute und notwendige Voraussetzung für einen Landtagspräsidenten. Der andere Grund ist wohl die Tatsache, daß Ulrich Schmidt dem Landtag seit zwanzig Jahren angehört, den Parlamentsalltag also in- und auswendig kennt.
    Wäre es nach seiner Mutter gegangen, dann wäre Ulrich Schmidt nicht Politiker geworden. Sie riet ihm bereits früh ab, sich überhaupt mit Politik zu beschäftigen, denn diese sei viel zu wechselhaft und unberechenbar. Seinen Vater hat er nie gesehen, er fiel als Soldat im Krieg 1942. Im März jenes Jahres wurde Ulrich Schmidt geboren. Der Verlust des Ernährers und die Nachkriegswirren brachten die Familie in eine schwierige wirtschaftliche Lage.
    Vielen anderen ging es ähnlich. Weil die Not unverschuldet war, die Regierung Adenauer aber zuwenig für die Familien tat, wurden in Bonn Demonstrationen organisiert. Ein Motto damals: "Witwen- und Waisenrenten aufbessern." Bei diesen Aktionen und später beim Protest gegen die Wiederbewaffnung lernte Ulrich Schmidt, daß man sich selbst engagieren muß, wenn sich politisch etwas bewegen soll.
    Mit 14 begann der Junge aus Wetter eine kaufmännische Lehre bei Hoesch in Dortmund. Von Wetter jeden Morgen in aller Frühe mit der Bahn nach Dortmund und nachmittags zurück, das war damals fast eine "Weltreise".
    Nach dem Abschluß der Ausbildung fand er allerdings keine Anstellung im erlernten Beruf, statt dessen wurde ihm eine Stelle bei der Hoesch-Betriebskrankenkasse angeboten. Im nachhinein war das ein Glücksfall. Denn bei der fünfjährigen Arbeit am Schalter, bei zahllosen Gesprächen ging es immer um die sozialen und wirtschaftlichen Probleme der "kleinen Leute". Und diese Zeit war wohl mit ausschlaggebend für Schmidts späteres politisches Engagement.
    Bevor er sich allerdings parteipolitisch festlegte, verglich das Mitglied der IG Metall erst einmal verschiedene Parteiprogramme und trat dann in die SPD ein. Das war 1964.
    Elf Jahre später wurde er Bürgermeister in seiner Heimatstadt Wetter und zog zum ersten Mal, als direkt gewählter Abgeordneter, in den Landtag ein. Bei seinem damaligen Arbeitgeber hatte er es zwischenzeitlich zum Referenten für Grundsatzfragen gebracht. Doch Ulrich Schmidt machte vor zwanzig Jahren die Politik zu seinem Beruf und verabschiedete sich bei Hoesch.
    In seinem Wahlkreis und als Bürgermeister hatte er anschließend alle Hände voll zu tun. Der Strukturwandel war in vollem Gange. Der vergebliche Kampf der Belegschaft um den Erhalt der Firma Mönninghoff in Hattingen oder die Entwicklung der Henrichshütte forderten monatelang den ganzen Mann, zeigten aber auch die Grenzen politischer Einflußnahme auf wirtschaftliche Prozesse. Für Schmidt stehen diese beiden Firmennamen auch für bittere persönliche Niederlagen.
    Die Verknüpfung von kommunal- und landespolitischer Arbeit hat sich für ihn rückblickend trotz allem bewährt. Denn vor Ort merke man schnell, ob Gesetze, die der Landtag beschlossen habe, überhaupt praktikabel seien oder nicht.
    In Düsseldorf konzentrierte sich Ulrich Schmidt schnell auf den Bereich Arbeit und Soziales. Vor allem die Behinderten- und Altenpolitik lag ihm am Herzen. Und so ist er stolz, daß mit dem Landesaltenplan auch von ihm persönlich wichtige Daten in diesem Politikfeld gesetzt worden sind: Das Angebot für ältere Menschen hat sich deutlich verbessert.
    Für Behinderte, vor allem geistig Behinderte, ist die Situation bei weitem noch nicht befriedigend. Im Augenblick wird ein entsprechender Landesplan erarbeitet. Da geht es nicht zuletzt ums Geld. Doch unter dem Diktat der leeren Kassen, das ist für Ulrich Schmidt klar, dürfen nicht ausgerechnet die Schwächsten leiden. Wenn er von diesen Menschen redet, dann hat er konkrete Beispiele, persönliche Schicksale vor Augen. Als Landesvorsitzender der Lebenshilfe und Mitglied im Vorstand der Evangelischen Stiftung Volmarstein (ehemals Orthopädische Anstalten) weiß er schließlich, wo der Schuh drückt.
    Der zweite Schwerpunkt seiner Landtagsarbeit war bisher die Reform der Verwaltungsstruktur. Schmidt wurde vor zweieinhalb Jahren Vorsitzender eines neuen Fachausschusses, der die schwierige Aufgabe hat, Vorschläge zu machen, wie die Verwaltung des Landes effektiver und bürgerfreundlicher werden kann. Bei diesem Thema könne man "keine schnelle Nuß knacken", meint Schmidt. Zwar steige der Reformdruck durch die Finanzprobleme der öffentlichen Hand. Tragfähige Lösungen könne es aber nur in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und Beschäftigten geben - und die seien ja auch dazu bereit. Für Schmidt ist dieses Thema ein, wenn nicht der Schwerpunkt in der neuen Legislaturperiode.
    Auch für die Arbeit des Landtages gibt es eine Reihe von Verbesserungsvorschlägen. Ein entsprechendes Gutachten soll jetzt in Ruhe ausgewertet werden. Der Präsident will auch hier nichts überstürzen, doch die Richtung ist eindeutig: Die Arbeitsbedingungen für die Abgeordneten sollen weiter verbessert werden, gleichzeitig soll der Landtag noch stärker als bisher offen sein für politische und kulturelle Aktivitäten.
    Das ist ein wichtiges Ziel für den neuen Chef im Düsseldorfer Landtag. Das andere ist, trotz aller politischen Meinungsverschiedenheiten eine gute Atmosphäre in der Parlamentsarbeit zu schaffen. Nach dem Wahlergebnis dürfte das nicht einfacher geworden sein. Trotzdem, Ulrich Schmidt freut sich auf diese Herausforderung.

    ID: LI951035

  • Porträt der Woche: Eine engagierte Demokratin.
    Ingeborg Friebe (SPD) nimmt Abschied vom Landtag.
    Porträt
    S. 35 in Ausgabe 8 - 03.05.1995

    Von Richard Hofer
    Ingeborg Friebe blickt zufrieden auf ein erfülltes politisches Leben zurück. Die fünfjährige Präsidentschaft im Düsseldorfer Landesparlament war der Höhepunkt einer nie spektakulären, aber soliden und engagierten politischen Arbeit. Für die Rechte des Parlaments kämpfte die nun scheidende Präsidentin unverdrossen, legte sich dabei nicht selten auch mit Parteifreunden der eigenen Regierung an. Beharrlich wehrte sie sich gegen anmaßende Übergriffe der Exekutive zu Lasten des Parlaments. So kämpfte sie gegen die Staatskanzlei um ein Mandat des Landesparlaments im Ausschuß der Regionen im Europäischen Parlament und erreichte einen Kompromiß. Und sie ließ nicht zu, daß Ministerien im Landtag Veranstaltungen durchführten, der sei schließlich das "Haus des Parlaments". Wenn auf Veranstaltungen Staatssekretäre mehr Beachtung finden als "vom Volk gewählte Abgeordnete", beklagt sie dies als Verfall demokratischer Kultur.
    Dabei wollte die engagierte Parlamentarierin nach 1945 von Politik erst einmal gar nichts wissen. Ihre Jugend war geprägt von der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus. Die Familie opponierte offen gegen die Nazi-Diktatur, als Kind wurde sie ständig hin- und hergerissen zwischen nazi-kritischem Elternhaus und Blut- und Boden-Erziehung in der Schule. Die Mutter, Sozialdemokratin, wurde von der GESTAPO geschlagen, der Vater, Kommunist, im KZ ermordet.
    Doch die Neugier über die Ursachen jener traumatischen Erlebnisse weckte dann doch bald das Interesse an der Politik. In Abendkursen studierte sie Englisch und Gesellschaftskunde und engagierte sich, ganz in der Tradition ihrer Eltern und Großeltern, beim DGB. Dort arbeitete sie zunächst in der Rechtsschutzabteilung und wurde 1950 zur Landesvorsitzenden der HBV in Niedersachsen gewählt. Nach der Geburt ihrer zwei Söhne legte sie dann eine längere politische Pause ein.
    1966 zog die gebürtige Braunschweigerin nach Nordrhein-Westfalen, in ihrer neuen Heimatstadt Monheim stürzte sie sich in die Kommunalpolitik. Sie übernahm diverse Partei- und Ratsfunktionen und wurde 1976 Bürgermeisterin, ein Jahr nach ihrem Einzug in den Landtag und jenem Coup, der sie vor Ort zur "Mutter Courage" werden ließ: Die sozial-liberale Landesregierung hatte eigentlich schon die Zusammenlegung von Langenfeld und Monheim beschlossen. Doch die frischgebackene Abgeordnete bündelte alle Kräfte, ging auch in anderen Fraktionen auf Stimmenfang und rettete in der entscheidenden Abstimmung per Hammelsprung im Landtag die Unabhängigkeit Monheims, indem sie persönlich an der "Ja-Tür" Wache schob und gerade noch genügend Abgeordnete zum Abstimmungsgang durch die "Nein-Tür" bewegen konnte.

    Brücken bauen

    Praktische Arbeit für den Einzelnen interessierte Ingeborg Friebe stets mehr als abstrakte politische Gedankenspiele. Im Petitionsausschuß engagierte sie sich gegen die Entmündigung von Kranken, im Gesundheitsausschuß kämpfte sie für die Auflösung der überdimensionierten und entpersönlichten Psychiatrien. Als Anke Brunn 1978 nach Berlin "entsandt" wurde, wählte die Fraktion Ingeborg Friebe in ihren Vorstand, da war der Grundstein für die Parlamentskarriere gelegt. Die Männer der SPD verschreckte sie nie durch emanzipatorische Ansprüche, dem Quotenbeschluß ihrer Partei stimmte sie ohne innere Überzeugung zu, mehr aus "Solidarität mit den Frauen insgesamt". Schließlich war sie die erste Frau an der Spitze eines SPD-Unterbezirks und hatte sich auch bei ihrer ersten Landtagskandidatur gegen drei männliche Mitbewerber durchgesetzt — ohne Quotenbeschluß.
    1985 wurde Ingeborg Friebe Vizepräsidentin des Landtags und 1990 schließlich Nachfolger von Karl Josef Denzer. Die neue Präsidentin zeigte Sinn für Kunst und Historie. Nach gründlicher Auseinandersetzung mit dem Künstler ließ sie Günther Uecker ein riesiges Nagel-Relief vor dem Eingang des Plenarsaals installieren. Der neue Landtag wurde mehrfach Tribüne für außergewöhnliche Theaterstücke und Performances. Die alljährliche Veranstaltung "Kinder im Parlament" geht ebenso auf ihre Initiative zurück wie die eindringliche Gedenkveranstaltung angesichts der Befreiung des KZ von Auschwitz vor 50 Jahren.
    Ingeborg Friebe macht das Amt Spaß. Gerne empfängt sie ausländische Gäste und repräsentiert nicht ohne Stolz "ihr" Nordrhein-Westfalen in seiner ganzen Vielfalt. Den Parlamentsablauf versuchte sie stets sachgerecht und unabhängig zu managen, pochte im Ältestenrat unerbittlich auf ihre Kompetenz. Manch hitzige Debatte konnte sie in ihrer ruhigen und sachlichen Art abkühlen. Brücken zu bauen, darin sieht sie eine wichtige Aufgabe ihres Amts. Vorwürfe, sie würde etwa in "Aktuellen Stunden" die SPD bevorzugen, kränken sie.
    Nächstes Jahr wird Ingeborg Friebe 65. Nach 20 Jahren Landtagsarbeit möchte sie nun das Parlament verlassen. Mit großer Befriedigung registriert sie, daß der alte Landtag nun doch im Besitz des Landes bleiben soll, auch wenn sich ihre Vision von einem "Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalens" wegen der knappen Haushaltsmittel nicht erfüllen dürfte.
    Der endgültige Abschied von der Politik steht allerdings noch aus, Bürgermeisterin von Monheim möchte sie noch einige Jahre bleiben. Doch freut sie sich, künftig auch mehr und mehr private Wünsche realisieren zu können. Vor allem möchte sie reisen, nach Kanada und mit dem Schiff zum Nordpol. In der Wandelhalle des Landtags wird sie indes demnächst als erste Frau in der Präsidenten-Galerie verewigt werden. Als kämpferische Parlamentarierin mit Herz hat sie ein Stück Landtagsgeschichte mitgeschrieben.

    (In der Papierausgabe des Heftes findet sich dieser Artikel auf S. 31)

    ID: LI950892

  • Porträt der Woche: Annelie Kever-Henseler (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 1 - 17.01.1995

    "Ich wäre unglücklich, wenn ich ausschließlich Landtagsabgeordnete wäre. Ich brauche die Praxis." Und die hat Annelie Kever-Henseler im sozialen Bereich gefunden, der ihr seit Jahren sehr am Herzen liegt. So ist die gelernte Wissenschaftliche Mitarbeiterin in ihrer Heimatstadt Köln nicht nur Vorsitzende der Drogenhilfe mit 60 hauptamtlichen Mitarbeitern, sondern auch Vorsitzende der Jugendkunstschule Köln-Rodenkirchen. "Eine Einrichtung, die bei der Bekämpfung von Gewaltproblemen bei Jugendlichen eine große Rolle spielt." Den Jugendlichen wird hier versucht, etwas Sinnvolles an die Hand zu geben. Besonders stolz ist die 47jährige auf ihren Arbeitskreis Rheinstraße" in der Domstadt. Mit ihm wurde 1989/90 ein sozialer Brennpunkt mit alten "Laubengang-Häusern" nach jahrelanger Vorarbeit auf gelungene Weise saniert, wie ihr Experten bescheinigen.
    Und noch einen anderen Erfolg kann sich Annelie Kever-Henseler auf die Fahne schreiben: Die zwei Millionen Mark Unterstützung, die vom Land in ihren Wahlkreis im Kölner Süden flössen, um den Hochwasser-Opfern von Weihnachten 1993 zu helfen. "In erster Linie ging das Geld an Leute mit kleinen Gehältern, an Rentner und Kinderreiche", freut sie sich auch heute noch. Einen weiteren Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit sieht Annelie Kever-Henseler, die 1972 in die SPD eintrat und seit 1990 im Landtag ist, im Ausschuß für Mensch und Technik. "Wie wirken sich die neuen Technologien auf den einzelnen Menschen aus", so lautet die spannende und vorrangige Frage, die sie sich selbst stellt. Vor Ort sucht sie auch bei diesem Thema deshalb das Gespräch mit Betroffenen und Verbänden, zum Beispiel das Transplantationsgesetz betreffend.
    Kontakte hält die Abgeordnete ferner zu Schulen und Eltern. Als Mitglied des Schulausschusses des Landtags widmet sie sich verstärkt dem Bereich der Sonderpädagogik. Die Integration von Behinderten und Nichtbehinderten ist ihr besonders wichtig. "Ich habe noch eine Reihe von Dingen, die ich durchsetzen möchte", sagt die ehrgeizige Politikerin. So müsse zum Beispiel das Methadon-Programm mit psychosozialer Betreuung unbedingt weiter ausgebaut werden. Vorrang habe allerdings die Suchtvorbeugung.
    Durchsetzungsvermögen bewies Annelie Kever-Henseler schon allein bei ihrem beruflichen Werdegang. Nachdem sie bis 1971 als Kaufmännische Angestellte tätig war, absolvierte sie zwei Jahre später am Köln-Kolleg ihr Abitur und nahm dann das Studium der Rechtswissenschaft auf. 1975 bis 1986 war sie als Werkstudentin in verschiedenen Firmen beschäftigt. 1989/ 90 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin. "Politik hat mich schon in der Schule interessiert", begründet sie ihren Entschluß, schließlich diesen Weg einzuschlagen.
    Ihr Engagement hat aber auch einen relativ hohen Preis: Nämlich einen akuten Mangel an Freizeit. Liebend gerne würde sie sich mehr ihrem Garten widmen. Auch Hunde liebt sie über alles. Doch für ein Haustier fehlt einfach die Zeit. Ihr Mann hat zum Glück viel Verständnis für sie. "Er ist selbst politisch aktiv, darum ergänzen wir uns wunderbar."
    Der persönliche Wunsch von Annelie Kever-Henseler: "Weitermachen", sagt sie kurz und bündig. Denn in der zweiten Legislaturperiode sei man zweifellos doch sattelfester". Sie sei schon deshalb noch wichtiger, weil man sich nicht mehr orientieren müsse, sondern zielgerechter seinen Sachgebieten nachkommen könne. Ihr politisches Handwerkszeug hat sie auf jeden Fall von der Pike auf gelernt. Und das erkannten die Wähler 1990 in ihrem Wahlbezirk Köln III auch an. Immerhin setzte sie sich klar mit 46,9 Prozent der Stimmen ab. Ihren politischen Auftrag erfüllt die dynamische Kölnerin auch als Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Bayenburg /Marienburg /Raderberg /Raderthal seit 1981. Darüber hinaus ist sie Geschäftsführerin von "forum DS" — einem Verein zur Förderung der politischen Bildung und Publizistik. "Wichtig ist für mich, daß ich durch meine konkrete Arbeit Hilfestellung leiste, ob in der Jugendarbeit, in der Drogenpolitik oder in anderen sozialen Bereichen."
    Und das kann sie vor Ort in ihrem Wahlkreis im Kölner Süden, den sie bestens kennt — mit all seinen Menschen und deren Sorgen und Nöten. Zupacken lautet die Devise von Annelie Kever-Henseler, wenn Not am Mann ist. So steht das Telefon in ihrem Büro auch selten still, denn irgend jemand sucht immer ihren Rat — und sie umgekehrt die Zusammenarbeit mit Kollegen. Denn eines ist ihr schon allein aufgrund ihrer "Sozialarbeit" klar: Auf den Teamgeist kommt es an.
    Andrea C. Stockhausen

    ID: LI950160

  • Porträt der Woche: Uwe Herder (SPD).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 20 - 29.11.1994

    Für Johannes Rau sei er der teuerste Abgeordnete, berichtet Uwe Herder nicht ohne Stolz. Über 100 Millionen Mark habe er als sportpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion in den vergangenen Jahren für den Sport herausgeholt, eine Investition, die nicht nur der bloßen Leibesübung diene. Der Sozialdemokrat sieht im Sport eine immense gesellschaftliche Chance: Eine Chance zur Integration von Ausländern, eine Chance, Jugendliche in Gemeinschaft einzubinden, eine Chance, ältere Menschen aus der Vereinsamung herauszuholen. Sein Engagement für Sportvereine reicht bis ins Parlament Landtag selbst: 1981 gründete er den FC Landtag, dem er bis heute als Mannschaftskapitän vorsteht. Als Torwart und später als Verteidiger hat aber auch er nicht verhindern können, daß seine Mannschaft meistens beide Punkte dem Gegner überlassen mußte.
    Den Vorsitz im sportpolitischen SPD- Arbeitskreis hat der einst passionierte Handballer 1985 übernommen. Dabei ist für den gebürtigen Königsberger die Verkehrspolitik Schwerpunkt der fachlichen politischen Arbeit. Und die hängt eng mit seinem beruflichen Werdegang zusammen: Betonbauerlehre, Ingenieursstudium mit Schwerpunkt U-Bahn-Bau in Wuppertal und Bochum. Die Untertunnelung der Großstädte ist für Uwe Herder bis heute berufliches und politisches Lieblingskind. Als Ingenieur war er maßgeblich am Bau der Düsseldorfer U-Bahn beteiligt, als Politiker hat er den Verkehrsministern Jochimsen, Zöpel und Kniola beharrlich den "Segen der U-Bahn "schmackhaft zu machen versucht. Nach dem Ausscheiden Zöpels sah sich Herder gar als Nachfolger im Gespräch, doch paßte er offenbar nicht auf das "Schachbrett" des Ministerpräsidenten. Dabei ist Herder Johannes Rau zumindest räumlich ganz nah: Seinen Wahlkreis hat der Verkehrsexperte in Wuppertal, wo er zwar 1975 nach einem Stimmen-Patt gegen seinen CDU-Kontrahenten erst durch Losentscheid verlor, seit 1980 aber stets als der strahlende Sieger ins Landesparlament zog. Raus "Versöhnen statt Spalten" hat Herder durchaus auch für sich als richtige Polit-Strategie ausgemacht: Überzeugungsarbeit beim Bürger habe stets mehr bewirkt als autoritäres Durchsetzen von oben.
    "Heimat" ist für Uwe Herder indes nicht Wuppertal, sondern seine Geburtsstadt Königsberg. Den Besuch in diesem Jahr, mit dem vollen Ausmaß der Zerstörung vor Augen, schildert er als "bitter". Die kulturelle Verbundenheit sei stets geblieben, das heimische Bücherregal über Ostpreußen sei "länger als das über Wuppertal".
    Gebietsansprüche, die ewig gestrige Vertriebenenverbände bis heute im Munde führen, lehnt er indes unmißverständlich ab, da halte er es mit Ralph Giordano: "Adieu, Königsberg".
    Auch die Jugendzeit im konservativen bayerischen Zwiesel hat Spuren hinterlassen. In Fragen der Abtreibung beispielsweise ist Uwe Herder der Union näher als den meisten Genossen. Gleichwohl ist der politische Werdegang prototypisch sozialdemokratisch: Eintritt in die SPD, Vorsitz im Ortsverein, Juso-Vorsitz, Stadtverordneter in Wuppertal, Gewerkschaftsmitglied. Neben seinem verkehrspolitischen Engagement setzte er in der örtlichen Kultur nachhaltige Akzente: Das Engels- wie das Eise Lasker-Schüler-Denkmal gehen auf die Beharrlichkeit des Ex-Kommunalpolitikers zurück — 1989 gab Herder seine Ratsarbeit auf, "auf Drängen meiner Frau".
    Der Sozialdemokrat gilt in seiner Landtagsarbeit auch fraktionsübergreifend als kompetent. Als Verkehrspolitiker sei er bewußt nie aus der 2. Reihe herausgetreten, um nicht mit seiner beruflichen Tätigkeit als Verkehrsprojektplaner zu kollidieren. Bei der Abstimmung über Projekte, an denen er beruflich beteiligt sei, würde er sich der Stimme enthalten. Korrektheit und Loyalität zu Partei und Landesregierung sind für den Wuppertaler feste Richtlinien. Der Beruf verschafft ihm hinreichende politische Unabhängigkeit. Gleichwohl möchte er die parlamentarische Arbeit nicht mehr missen. Zwar sei er regelrecht schockiert gewesen, als er einmal im Schulausschuß einen Kollegen vertreten mußte und die dort herrschende verbissene Polarisierung erlebte. Doch namentlich die Arbeit im Verkehrsausschuß empfindet er als wohltuend sachlich. Er versteht sich als Pragmatiker, schätzte aber gleichwohl die Visionen von Kniolas Amtsvorgänger Zöpel, "auch wenn die oft falsch waren". Das Verkehrschaos könne nicht "mit dem Fahrrad" gelöst werden, doch einschneidende Reglementierungen gegen den ungebremsten Autoverkehr seien unumgänglich: Tempo 30 in den Innenstädten, teilweise Sperrung der City- Kernbereiche, Ausbau des Park-and-Ride für Buspendler. Andererseits hält Herder nichts von "grüner Traumtänzerei": Er plädiert, stärker auch als Verkehrsminister Kniola, für weitere U-Bahn-Tunnel, auch um die umstrittene DÜ-BO-DO käme man nicht herum. In der Fraktion hat Herders politisches Wort Gewicht, auch wenn er bislang eher im Hintergrund agiert. Ein weiterer politischer Aufstieg des 52jährigen scheint nicht ausgeschlossen.
    Richard Hofer
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI942068

  • Porträt der Woche: Eberhard Sohns (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 19 - 15.11.1994

    Die Kindheit haben sein Wesen und seinen Lebensweg stark beeinflußt: Der berufsbedingte achtmalige Ortswechsel seiner Eltern, die entbehrungsvollen Nachkriegsjahre und der frühe Broterwerb zunächst in der Landwirtschaft und dann im Bergbau. Das soziale Engagement des SPD-Abgeordneten Eberhard Sohns ist heute sehr ausgeprägt. Ob im heimatlichen Kamp-Lintfort oder im entfernten Ostpreußen — dort, wo Hilfe not tut, versucht er sie zu geben.
    Bereits mit 15 Jahren ging der gebürtige Berliner, Jahrgang 1936, in den Pütt. Dann das übliche Durchlaufen der Bergbauberufe: Knappe, Hauer, Steiger, Fahrsteiger und Obersteiger. Zwischendurch Berufsaufbauschule und Fachhochschulreife im zweiten Bildungsweg mit der Devise: "Wenn du etwas verändern willst, mußt du nach oben."
    Und der damalige Jugendsprecher und spätere Betriebsrat auf der Schachtanlage "Friedrich Heinrich" wollte etwas verändern, wollte die »soziale Komponente" einbringen. Eberhard Sohns gründete kleine Gruppen, wo sich der eine um den anderen kümmert. Später, als Hauptabteilungsleiter, baute er dieses Netz gegenseitiger Hilfe weiter aus. Der SPD trat das Mitglied der IG Bergbau und Energie 1970 bei und wurde auch gleich im Ortsverein Kamp-Lintfort aktiv. Inzwischen ist er sein Vorsitzender. Seit 1978 gehört er auch dem Vorstand des Unterbezirkes Wesel an. Vor seiner Wahl in den Landtag 1990 engagierte sich der Sozialdemokrat sechs Jahre lang als sogenannter "sachkundiger Bürger" im Kreistag.
    Als gewählter Abgeordneter des noch vom Bergbau und der Landwirtschaft geprägten Wahlkreises Wesel I sieht sich der Sozialdemokrat als Interessen Vertreter beider Wirtschaftszweige. Beide hätten mit großen Strukturproblemen zu kämpfen. So gelte es besonders. Ersatzarbeitsplätze zu schaffen und die jungen Menschen für ihre berufliche Zukunft zu qualifizieren. Als Mitglied des Landtagsausschusses für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz hat der Schutz der Umwelt und Natur für Eberhard Sohns hohe Priorität.
    Unverzichtbar für seine parlamentarische Arbeit ist der enge Kontakt zu den Bürgern, den jungen wie älteren. So bietet der Abgeordnete regelmäßig sogenannte Bürgerstunden an, und einmal im Jahr lädt er die Bewohner eines Altenheims zu einer Schiffsfahrt auf dem Rhein ein. Diese Abwechslung vom Alltag erfreut sich bei den älteren Menschen natürlich großen Zuspruchs.
    Soziales Engagement zeigt der gebürtige Berliner auch außerhalb Nordrheinwestfalens — im ehemaligen Ostpreußen. In den beiden letzten Jahren haben er und seine Ehefrau mit Unterstützung von Freunden insgesamt zwölf Hilfstransporte in den Raum Königsberg/Tilsit arrangiert. Dort verteilen beide nicht nur eigenhändig dringend benötigte Nahrungsmittel und Kleidung an von der Armut besonders betroffene Menschen, sie initiieren auch kleinere Projekte unter dem Motto "Hilfe durch Selbsthilfe". So entstanden beispielsweise eine Schneiderei, eine landwirtschaftliche Maschinen-Station u.a.m. Nun hofft der Abgeordnete, daß auch die Landesregierung und die Europäische Union ihn bei der Schaffung größerer Projekte unterstützen werden.
    Der Sozialdemokrat will im nächsten Frühjahr in seinem Wahlkreis erneut für den Landtag kandidieren. Seine Begründung: "Die Politik macht mir Spaß, weil man mit Menschen viel zusammen ist und ihnen auch oft helfen kann." Der Gesprächspartner nimmt Eberhard Sohns diesen Beweggrund ohne Zweifel ab.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI941944

  • Porträt der Woche: Manfred Degen (SPD).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 18 - 08.11.1994

    Er ist ein Mann, der sich immer neue Ziele setzt und der nie seinen Ehrgeiz verliert: Manfred Degen, seit 1964 Mitglied der SPD und seit 1990 im Landtag. Eigentlich wollte er Karriere im Bergbau machen, und so absolvierte der heute 55jährige 1954 zunächst eine Ausbildung als Berglehrling. Doch nach der Knappenprüfung 1957, seiner Tätigkeit als Lehrhauer bis 1960 und dem Besuch der Bergvorschule stellte er fest, daß dieser Weg doch nicht das war, was er sich beruflich erträumt hatte.
    So sattelte der gebürtige Elbinger (Ostpreußen) 1960 um und war vier Jahre lang im Labor der Chemischen Werke Hüls tätig. Da ihn auch diese Arbeit auf Dauer nicht ausfüllte, besuchte er kurzerhand die Berufs-Abendschule und legte dort eine Begabten-Sonderprüfung ab. 1964 nahm er dann sein Studium an der Pädagogischen Hochschule Ruhr in Dortmund auf. Und nur drei Jahre später hatte er sein Ziel erreicht: Das Lehramt.
    1967 bis 1973 war Manfred Degen an der Volks- und an der Hauptschule in Mari, seiner Wahlheimatstadt, tätig, in die er 1954 gekommen war. "Es macht Spaß, wenn man mit Kreativität und Einfallsreichtum etwas bewegen kann", meint der vorwärtsstrebende Politiker, der es auf dem zweiten Bildungsweg bis zum Obervolksschulrat gebracht hat. Immer wieder opferte er seine Freizeit der Fortbildung und avancierte über ein Zusatzstudium 1973/74 schließlich zum Diplom-Pädagogen. Zusätzlich war er von 1973 bis 1990 Fachbereichsleiter an der Volkshochschule Mari "die Insel".
    Von seinem beruflichen Werdegang profitiert Manfred Degen heute auch im Landtag. Er weiß, wovon er spricht, wenn der Schulausschuß oder der Grubensicherheitsausschuß tagen. "Letzterer zum Glück nur in Notfällen", so sagt er. Degen ist diesem Gremium aus alter Tradition beigetreten. "Zu beiden Bereichen habe ich immer noch gefühlsmäßig eine enge Bindung", meint er rückblickend. So kennt er auch die Probleme an den Schulen und hat eine direkte Rückkoppelung zur Kommunalpolitik. Das war für ihn ein Grund mehr, sich freiwillig als Mitglied des Schulausschusses zu melden. "Manche Schwierigkeiten kann man auf dem kleinen Dienstweg erledigen, zum Beispiel im Gespräch mit den Ministern. Die enge Verknüpfung mit der Kommune war immer mein politischen Ziel." Das ist eine Ursache dafür, warum ihm die Arbeit im Bundestag immer schon als zu abgehoben erschien.
    Seinen Entschluß, in die SPD einzutreten, festigte vor 30 Jahren eine Rede des Politikers Otto Wels während eines Geschichtsseminars. "Da wußte ich, das ist die Partei, in der du zuhause bist", erinnert er sich. 1969 kam Manfred Degen in den Stadtrat von Mari und war dort bis 1973 Mitglied. Zuvor war er Juso-Vorsitzender des Stadtverbandes. "Zur Politik gehört viel Idealismus", betont er und nennt eine 50- bis 60- Stunden-Arbeitswoche für sich normal. Allerdings hält er nichts davon, wenn jemand frisch von der Universität in die Politik kommt. "Man sollte vorher einen Beruf ausüben, das ist wichtig für eine gewisse Form der Bodenhaftung", sagt er aus Erfahrung. Verständlich, daß er sich aufgrund seines persönlichen Werdegangs ganz besonders für den zweiten Bildungsweg einsetzt. "Der liegt mir extrem am Herzen." Dennoch appelliert er an die Lehrer, den jungen Leuten nicht nur das Studium zu empfehlen, sondern auch auf die Lehre als "attraktive Alternative "hinzuweisen.
    Ein Schlüsselerlebnis für das, was man vor Ort bewegen kann, war für Manfred Degen vor zwei Jahren, als ein leeres Bergwerk vor seiner Haustüre von Jugendlichen besetzt wurde. "Die Stadt hatte anfangs die Augen zugemacht." Mit der Hilfe des Abgeordneten investierte das Land 1,4 Millionen Mark in den "Schacht 8" und damit in ein soziokulturelles Zentrum. "Das war ein Erlebnis zu sehen, welches Durchhaltevermögen junge Leute haben. Politik wird einfach lebendig wenn man merkt, daß man trotz aller Reglementierungen viel bewegen kann", sagt ein Mann, der sich in vielen Bereichen engagiert — von der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft bis hin zur Arbeiterwohlfahrt.
    Die Devise eines Mannes, der immerhin in 15 Fördervereinen zuhause ist, lautet in der Politik: "Man kann nicht everybody's darling sein. Irgendwann kommt die Quittung. Man sollte wirklich nur das versprechen, was man auch halten kann." Das Klima im Landtag hält Manfred Degen auch überparteilich für gut. Ist er auch grundsätzlich der Meinung, daß man "zu Zeiten aufhören soll", so hat er für sich persönlich genügend Ehrgeiz und Neugier, um sich immer wieder neue Ziele zu stekken.
    Andrea C. Stockhausen

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI941851

  • Porträt der Woche: Jarka Pazdziora-Merk (SPD).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 13 - 23.08.1994

    Schon als Kind wurde sie damit konfrontiert, wie sehr Politik Entscheidungen im Leben prägen kann. Denn die Eltern von Jarka Pazdziora-Merk, Tschechen, lebten in der ehemaligen DDR. Und nachdem ihr Vater Freunden bei der Flucht in den Westen geholfen hatte, mußte die Familie 1959 ebenfalls flüchten, weil er verhaftet werden sollte. Ein Erlebnis, das die damals 10jährige prägte und sicher mit ein Grund dafür war, daß sie später mit 19 Jahren in die SPD eintrat. "Man muß sehr viel Realismus mitbringen", umschreibt die heute 44jährige die politische Zielsetzung. Einer der Beweggründe für die vielseitig interessierte Mutter von zwei Töchtern im Alter von 13 und 16 Jahren, sich auch auf diesem Feld zu betätigen: Ihr Helfersyndrom für andere. "Das Gefühl, etwas für andere zu tun, ist für mich ebenso wichtig wie der Kontakt zu Menschen", meint die gelernte Graphologin und Kauffrau, die auch beruflich ein Multitalent ist. Der Wunsch, sich für Bürger einzusetzen, bestärkte 1983 den Entschluß von Jarka Pazdziora-Merk, in die Kommunalpolitik zu gehen.
    Zunächst aber sammelte die ehemalige Psychologiestudentin bereits in sehr jungen Jahren als Sachbearbeiterin und Handlungsbevollmächtigte Erfahrungen in der freien Wirtschaft. 1979 machte sie sich dann als freiberufliche Graphologin selbständig. Parallel dazu ging sie unaufhaltsam ihren politischen Weg. 1980/1988 war sie Mitglied im SPD-Ortsvereinsvorstand in ihrer Heimatstadt Essen, 1983/1984 Sachkundige Bürgerin im Ratsausschuß Gesundheit und Umwelt, 1984/1990 Mitglied in der Bezirksvertretung. 1985/1990 wurde Jarka Pazdziora-Merk zudem SPD- Fraktionsvorsitzende in Essen. All diese Aufgaben wußte sie dank ihres Organisationstalents immer gut mit der Familie zu vereinbaren. Seit ihrem Einzug in den Landtag stellte sie Aufträge für graphologische Gutachten, die sie ebenso für Betriebe wie für Partnerschaftsanalysen oder in Erbschaftssachen anfertigt, allerdings zurück. "Diese Gutachten sind sehr zeitaufwendig. Der Wähler hat jedoch einen Anspruch darauf, daß ich meine Aufgabe in seinem Sinn erfülle", betont die engagierte Politikerin, die im übrigen sehr gerne Betriebspsychologie studiert hätte. "Ich möchte aber nicht mit allen Aufgaben so sein, daß ich von der Welt nichts mehr mitbekomme. Wenn ich in den Supermarkt gehe und von Leuten angesprochen werde, möchte ich ebenso für sie Zeit haben wie für meine Kinder und deren Aktivitäten und Sorgen."
    Sichergestellt, daß Politik für sie nicht zu abstrakt, sondern bürgernah ist, hat Jarka Pazdziora-Merk auch durch die Auswahl der Ausschüsse, in denen sie im Landtag Mitglied ist. So sind ihr die Ausschüsse für Schule, Kultur, Kinder, Jugend und Familie sehr wichtig. Sie hat unter anderem die direkte Ansprache von Eltern und Kindern. "Man sieht am Ende Gestaltungsmöglichkeiten und Ergebnisse." Allerdings dürften Entscheidungen nicht vom "grünen Tisch" oder unter ideologischen Aspekten getroffen werden, merkt sie an. Natürlich sieht sie diese Arbeit vor dem Hintergrund ihrer beruflichen Ausbildung auch unter dem Gesichtspunkt Management: "Wir können hier etwas umsetzen und bewirken, sehen am Ende ein Ergebnis."
    Ihre eigenen Ziele umschreibt die umtriebige Abgeordnete so: "Eine weitere Periode im Landtag aktiv sein. Und Hauptsache, etwas Gutes und Sinnvolles tun." Entspannung findet die vielseitig interessierte stellvertretende SPD-Ortsvereinsvorsitzende von Essen-Stadtwald vor allem in der Familie: "Sie ist auch der Punkt, wo ich regeneriere." Das bedeutet für sie aber gleichzeitig, daß diese bei allem politischen Engagement im Mittelpunkt steht. Denn: "Meine Töchter sind noch in einem Alter, wo sie mich ein Stück brauchen." In der Familie wird viel über Politik diskutiert. So setzt sich Jarka Pazdziora-Merk auch stark für Frauenrechte ein und versucht, dies den Töchtern weiterzugeben. "Ich habe erst erfahren müssen, wie andere Frauen leben. Es gibt viele, die nicht den familiären Hintergrund gehabt haben wie ich, oder die sich nicht artikulieren können", so erinnert sich Jarka Pazdziora-Merk trotz der politischen Schattenseiten gerne an ihre Kindheit und Jugend zurück. Deshalb ist es für sie heute auch um so wichtiger, daß "wir im Landtag untereinander kooperieren und uns in unseren Fachgebieten austauschen. Wir Politiker müssen uns viel mehr vernetzen und konstruktiv zusammenarbeiten", appelliert sie.
    Eine der wichtigen Voraussetzungen für eine bürgernahe Politik ist für sie: auch die Zwischentöne beim Bürger zu hören. Mit Spannung geht sie deshalb mit den sieben Ortsvereinen ihres Wahlkreises in den Wahlkampf. "Ich versuche sehr viel über Gespräche zu erreichen — auch mit Ministern", sagt die Politikerin, die sich auf die Fahne schreibt: "Ich leiste mir, Politik zu machen, wie ich es für richtig empfinde." Dabei bleibt sie stets ihrer Devise treu: "Ich verspreche nichts, ich bemühe mich darum." Denn Aufrichtigkeit ist für die Abgeordnete, die begeistert immer neue Wege und Betätigungsfelder sucht, das wichtigste.
    Andrea C. Stockhausen

    ID: LI9413A2

  • Porträt der Woche: Egebert Reinhard (SPD).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 12 - 21.06.1994

    Wenn ihm die Zeit bleibt, geht er samstags "auf Schalke". Teile von Schalke gehörten zu seinem Wahlkreis, da müsse man sich für Fußball interessieren, meint Egbert Reinhard schmunzelnd. Aber auch für die Dortmunder Borussen habe er etwas übrig. Bei der traditionellen Rivalität der beiden Revierclubs grenzt diese Sympathie für manchen Gelsenkirchener schon fast an Hochverrat. Seine Wähler ahnen von diesen "Abgründen" wahrscheinlich nichts, sonst hätten sie Reinhard seit 1970 nicht regelmäßig mit satten Mehrheiten nach Düsseldorf gewählt.
    Auch wenn man bei einem SPD-Abgeordneten aus Gelsenkirchen anderes vermuten könnte, durch das Elternhaus war sein Engagement bei den Sozialdemokraten nicht vorgeprägt. Im Gegenteil, da galt eher eine konservative Orientierung, der Großvater war sogar Stadtverordneter der Deutschen Volkspartei gewesen.
    Das Interesse an der Politik kam Egbert Reinhard nach dem Kriege, den er als jugendlicher Luftwaffenhelfer und dann für einige Monate auch in Gefangenschaft miterlebt hatte. Wie manche aus dieser Generation stellte er sich und anderen nicht nur die Frage .Wie geht es weiter?" Er wollte auch selbst etwas tun, für das neue, demokratische Deutschland.
    Das erschien ihm dringend notwendig, denn als er sein Abitur machte, stellte er fest, daß dieselben Lehrer, die ihn vor 45 von den Verheißungen des Nationalsozialismus überzeugen wollten, nun den jungen Leuten demokratische Tugenden beibringen sollten.
    Nach dem Abitur arbeitete er als Lokomotivführer im Bergbau, auch unter Tage, um sich Geld für das spätere Studium zu verdienen. Mit den Anfängen des Jura-Studiums in Münster fiel die Diskussion über die Wiederbewaffnung der jungen Bundesrepublik zusammen. Reinhard war wie viele andere seiner Kommilitonen strikt dagegen, engagierte sich im Sozialistischen Deutschen Studentenbund (SDS) und wurde 1952 Mitglied der SPD.
    Bereits vier Jahre später ging er als jüngstes Ratsmitglied für die SPD in die Stadtverordnetenversammlung in seiner Heimatstadt. Ab 1962 arbeitete er dann beim Städtischen Rechtsamt, wurde Chef der SPD-Betriebsgruppe und des Arbeitnehmerausschusses, einem Vorläufer der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen. Ein Beamter an der Spitze dieser Organisation war nicht eben alltäglich. Doch die Bergleute und Stahlarbeiter in der SPD hatten ihn akzeptiert, "was Du sagst, können wir verstehen", hatten sie ihm gesagt. Das war eine Anerkennung, die bis heute auch Auftrag für ihn ist.
    Und so waren es eben diese Arbeitnehmer und auch die Jusos, die ihn 1970 aufforderten, für den Landtag zu kandidieren.
    In den vergangenen 24 Jahren war er rechts- und innenpolitischer Sprecher der Fraktion, parlamentarischer Geschäftsführer, Vorsitzender des Rechts- und jetzt des Innenausschusses.
    Besonders am Herzen lag ihm die mehrfache Novellierung des Landespersonalvertretungsgesetzes, mit dem die Mitbestimmungsrechte der Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst erheblich verbessert worden sind. Daß nicht zuletzt diese Diskussion ihm selbst in der eigenen Partei den Ruf eingetragen hat, oft zu sehr die Position der ÖTV zu vertreten, stört Reinhard überhaupt nicht. Schließlich ist er seit 40 Jahren Mitglied.
    Was ihn aber ganz gewaltig stört, ist das Vorurteil, die notwendige Modernisierung des öffentlichen Dienstes würde durch die Mitbestimmung behindert. Er hält das für absolut falsch und verweist auf zahlreiche Gegenbeispiele in Kommunen. Dort seien die Arbeitgeber froh, daß sie einen kompetenten Personalrat als Gesprächspartner hätten.
    Die Arbeitsweise des Landesparlaments habe sich deutlich verändert, sagt der 66jährige nicht ganz ohne Wehmut. Anders als früher würde heute stundenlang über Details diskutiert, oft ohne daß die große politische Linie noch erkennbar bleibe. Das sei unbefriedigend, weil man politisch nichts bewege. Und deshalb müsse man sich nicht wundern, wenn der Landtag als politisches Forum in der Öffentlichkeit nicht besonders beachtet würde. Das Parlament müsse sich auf seine Aufgabe als Gesetzgeber konzentrieren und dürfe sich nicht an die Stelle der Exekutive setzen. Auch an die Adresse der eigenen Fraktion sagt er, alle hätten das Problem erkannt, nur niemand unternehme ernsthafte Anstrengungen, um es zu ändern.
    Geändert hätte er gern auch längst die Arbeit der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse. Sechs davon hat er in seiner Düsseldorfer Zeit miterlebt, davon einen, den Untersuchungsausschuß zur sog. Parteispendenaffäre, als Vorsitzender. Von der bisherigen Praxis, ein Mitglied des Parlaments zum Vorsitzenden zu machen, hält er gar nichts. Statt dessen sollte besser jemand von außen, z.B. ein Richter, die Verhandlungsführung übernehmen und mit weitreichenden Kompetenzen ausgestattet werden. Für die Parteien würde es zwar schwerer, den Ausschuß als politisches Kampfinstrument zu benutzen und auch zu mißbrauchen. Doch der Wert der Ergebnisse der Untersuchungsausschüsse sei dann allemal gewichtiger. Und schließlich würde die Glaubwürdigkeit ihrer Arbeit auch in der Öffentlichkeit deutlich erhöht.
    Nächstes Jahr ist für Egbert Reinhard Schluß in Düsseldorf. Die Genossen in Gelsenkirchen hätten ihn sicherlich noch einmal nominiert, doch mit Rücksicht auf seine Gesundheit hat er bereits vor zwei Jahren abgewunken. Ein bißchen unsicher ist er allerdings schon, ob Lesen, Skatspielen und Spaziergänge ausreichen, die fehlende tägliche Dosis Politik zu ersetzen.
    Ralph Kapschak

    ID: LI941245

  • Porträt der Woche: Jürgen Thulke (SPD).
    Porträt
    S. 31 in Ausgabe 9 - 10.05.1994

    Er zählte zu der vielzitierten "68er Generation" — der "unruhigen Linken", die mit Proklamationen und Aktionen gesellschaftliche Gegebenheiten verändern wollte. Es war eine "heiße Zeit", erinnert sich heute Jürgen Thulke, SPD-Landtagsabgeordneter aus Essen. Dem früheren örtlichen Vorsitzenden der Jungsozialisten ist allerdings nicht nur die Erinnerung geblieben, auch sein kämpferischer Elan. Der Lebensweg des gebürtigen Esseners, Jahrgang 1938, begann wie viele andere: Volksschule, Realschule, mittlere Reife, Abitur im zweiten Bildungsweg. Dann entschied er sich für die Postlaufbahn, besuchte die Post-Ingenieur-Schule in Berlin und schloß sie als Ing. (grad) ab. Das berufliche Tätigkeitsfeld war dann das Fernmeldeamt Essen, wo er zuletzt als Oberamtsrat fungierte. Schon früh stieß der Sozialdemokrat zu den Gewerkschaften und vertrat die Interessen seiner Kollegen im Personalrat deren Vorsitzender er 1981 wurde.
    Die damalige Berlin-Krise, die Zeit kurz vor Errichtung der Mauer, die er in der deutschen Hauptstadt miterlebte, hat Jürgen Thulke "politisiert". So trat er der SPD bei und engagierte sich zunächst bei den Jungsozialisten. Als sie mit spektakulären Aktionen gegen das "Betreten verboten" der meist privaten Wald- und Uferwege um den Baldeney-See protestierten, war ihnen die öffentliche Aufmerksamkeit sicher. Später übernahm der Stadtrat die Forderungen der Jusos und setzte sie durch. "Wir hatten das Problem im Rat sturmreif geschossen."
    Seit seinem Eintritt in die SPD gehörte er mehreren Parteigremien an, so u.a. dem Unterbezirks- und Bezirksvorstand. Bereits seit 1972 ist Jürgen Thulke Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Essen-Frintrop. Dem Rat der Stadt Essen gehörte er zwei Legislaturperioden, von 1975 bis 1984, an. Dort galt sein Interesse der Stadtplanung und dem Sport. Wenn heute der Essener Norden von zahlreichen Grünflächen mit Wanderwegen geprägt ist, so ist es sein Mitverdienst. "Ein mühsames politisches Geschäft, ein Kampf von Parzelle zu Parzelle", resümiert er heute. Engagiert setzte er sich als Ratsvertreter für die Wohnumfeldverbesserung ein. Inzwischen eine erklärte Politik der Ruhrgebietsstädte.
    Als er 1985 als Direktkandidat in den Landtag gewählt wurde, berief ihn seine Fraktion in den Ausschuß für Kommunalpolitik. Schwerpunkt der Arbeit des Sozialdemokraten in diesem Parlamentsgremium ist auch heute noch die Gemeindefinanzierung. Nicht immer unter dem Beifall der anderen Kollegen ficht der Essener für die Großstädte, die er benachteiligt sieht. "Sie müssen eine Reihe von Problemen bewältigen, die die kleineren Gemeinden und Landkreise nicht kennen." Als Beispiele nennt er den Mangel an Flächen und demzufolge die hohen Grundstückskosten. Zwar würden die Einwohnerzahl und die Arbeitslosenquote bereits bei der Vergabe der Landesmittel berücksichtigt, doch dies genügt nach seiner Einschätzung nicht. "Wir brauchen ein Gutachten, das die unterschiedlichen finanziellen Belastungen der Städte nach ihrer Größe prüft." Für ungenügend hält Jürgen Thulke auch den finanziellen Ausgleich des Landes für die Aufwendungen der Kommunen für Asylbewerber und die Fördermittel für den Bau von Kindergärten. Angesichts der teuren Grundstücke sei die Fünfzig-Prozent-Förderung tatsächlich nur eine Ein-Drittel-Mitfinanzierung.
    Im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung engagiert sich der Essener verständlicherweise vor allem für die Studienstätten seiner Heimatstadt. So sei der Neubau der Frauen-Klinik im Universitäts-Klinikum dringend erforderlich. Ebenfalls benötige die Gesamthochschule mit ihren inzwischen mehr als 20000 Studenten unbedingt einen größeren Hörsaal. Er hofft, daß nach Fertigstellung der Planungen die erste Baurate im nächsten Jahr bewilligt wird. Schließlich wirbt er für den Neubau für Wirtschaftswissenschaften und Informatik sowie eines sogenannten "Drittmittelhauses", in dem nur geforscht wird.
    Eigentlich hatte Jürgen Thulke Biologie studieren wollen, doch der berufliche Weg verlief anders. So machte er seinen Berufswunsch wenigstens zum Hobby — in zwei Gewächshäusern züchtet der Essener tropische Pflanzen, blühen Orchideen aus fernen Ländern. Und in seinem Arbeitszimmer erinnern Fots an ein weiteres Hobby. Mit Fotoapparat und Videokamera spürt er andere Länder auf und überfliegt dabei oft den Äquator.
    Jochen Jurettko

    ID: LI940989

  • Porträt der Woche: Ellen Werthmann (SPD).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 6 - 22.03.1994

    "Schuld" an ihrem Einstieg in die Politik war ihr Vater, der als Bundesbahnbeamter stark in der Gewerkschaft engagiert war. Nachdem er Ellen Werthmann, seine jüngste Tochter, mit zu einer Wahl genommen hat, war für sie klar: "Ich will mich politisch engagieren." Mitglied der SPD wurde die 56jährige jedoch erst mit 30 Jahren. Zu gut hatte sie noch die Schwierigkeiten in Erinnerung, die ihr Vater wegen seiner Parteizugehörigkeit hatte. Daß sie sich den Sozialdemokraten anschloß, lag in der Natur der Dinge. Denn schließlich ist ihre Geburtsstadt Gelsenkirchen. Elf Jahre lang war Ellen Werthmann zunächst kommunalpolitisch tätig, setzte sich vor allem in den Bereichen Jugend und Schule ein. Als die gelernte Großhandelskauffrau, die über den zweiten Bildungsweg den Realschulabschluß machte, 1979 in den Rat der Stadt Gelsenkirchen kam, war sie fünf Jahre lang Vorsitzende des Obdachlosenbeirates. "Gelsenkirchen war eine der ersten Städte, die einen Obdachlosen- und Behindertenbeirat hatte." Darüber hinaus ist die Mutter von zwei erwachsenen Kindern stellvertretende Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen und Ortsvereinsvorsitzende der SPD in Gelsenkirchen, im übrigen eine von zwei Frauen in insgesamt 28 Ortsverbänden. Allein in ihrem Wahlkreis gibt es zwölf Verbände. .Um bürgernahe Politik zu betreiben", richtete sie dort ein Bürgerbüro ein. "Es kommen ebenso viele junge Menschen mit familiären Problemen zu uns wie ältere Personen mit Wohnungssorgen", erzählt die sozial engagierte Politikerin. "Wir freuen uns, daß sie die Schwellenangst überwinden und zu uns kommen." Dabei glaubt sie zu erkennen, daß die so oft beschriebene Politikverdrossenheit bei jungen Leuten nicht so groß ist. Von den drei Ausschüssen, in denen Ellen Werthmann im Landtag ist, liegt ihr der "Bauen und Wohnen "besonders am Herzen. "Wir sind in NRW an den Grenzen unserer Möglichkeit angekommen und fühlen uns von Bonn im Stich gelassen. Wenn man den Menschen die Wohnung nimmt, ist der soziale Abstieg programmiert." Deshalb sei es jetzt wichtig zu überlegen, ob man andere und einfachere Bauformen wähle und vor allem Baugenehmigungen vorantreibe. »Es ist doch zum Beispiel fraglich, ob man immer Keller braucht", meint sie im Hinblick auf die teilweise hochgeschraubten Standards, die ihrer Meinung nach eindeutig nach unten geschraubt werden müssen. Dabei müsse man jedoch weiter Wert auf ökologisches Bauen legen, zum Beispiel Wege finden, um die Heizkosten zu senken. So manches Schicksal, das die Politikerin mit Herz erfährt, geht ihr schon sehr nahe. Doch: "Es ist auch gut, daß man nicht wie eine Roboter funktioniert", meint sie dazu. Mit einigem Stolz erinnert sie sich daran, daß sie oft Menschen persönlich helfen konnte. In ihrer Heimatstadt wissen die Bürger, daß sie auch am Wochenende Ellen Werthmann zu Hause anrufen können. "Das Gefühl, helfen zu können, befriedigt auch als Politiker." Zum Thema Politikverdrossenheit spart sie nicht mit Kritik an den Medien. "Wenn sie nur negativ berichten, bleibt das nicht aus." Ihre größte Angst im Mammutwahljahr: "Daß die Wahlbeteiligung in anderen Ländern nur bei 40 Prozent liegt." Und "Gerade Frauen sollten ihr Recht nun in Anspruch nehmen", appelliert sie. Im Grunde glaubt Ellen Werthmann, "daß Frauen politischer sind, als man meint". Lange Zeit hat sie sich in Gelsenkirchen gegen die Quotenregelung gestellt. "Doch jetzt bläst uns der Wind ins Gesicht." Denn immerhin ist jeweils 40 Prozent des anderen Geschlechts in der Politik vertreten. Aber: "Wir Frauen stehen noch am Anfang." Ellen Werthmann hatte das Glück, in einen "gemischten Ortsverein" der SPD hineinzukommen und erkannte recht schnell, "daß Frauen gerade in der Kommunalpolitik sehr gut arbeiten und sich stark engagieren". Gleiches gilt ihrer Meinung nach für die Kolleginnen in der Fraktion. Gar nichts hält sie davon, die deutsche Sprache zu feminisieren. "Das ist nicht der Knackpunkt." Ebenso ist sie davon überzeugt, daß niemand direkt in die Politik gehen sollte, sondern erstmal einen Beruf erlernen müßte. "Dann hat derjenige ein ganz anderes Verständnis für die wirklichen Probleme." Sehr bedauert Ellen Werthmann, daß heute der Nachwuchs in der ehrenamtlichen Mitarbeit fehlt. " Viele sind in einer satten Zeit groß geworden, haben das Miteinander in einer Ellbogengesellschaft nicht mehr gelernt." Ihre Devise in der Politik — "Nicht nur meckern, sondern machen. Denn man lernt immer dazu und bleibt dadurch jung." Wichtig ist für sie, daß die Familie angesichts des großen politischen Engagements mitzieht. Bei einem 14- bis 15-Stundentag müssen alle an einem Strang ziehen und viel Verständnis aufbringen. Im Urlaub allerdings ist für sie die Hauptsache, "daß man nicht am Telefon verlangt wird". Denn zumindest die 14 Tage im Jahr, die sie mit ihrem Mann in Holland an der See verbringt, möchte sie abschalten. Dann findet sie auch Zeit, um dem Hobby Literatur nachzukommen, wobei sie auch hier in erster Linie Menschenschicksale bewegen.
    Andrea C. Stockhausen
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI940678

Lädt

Die Fraktionen im Landtag NRW