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  • Porträt der Woche: Dr. Franz-Josef Antwerpes (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 22 - 28.09.1973

    Auf den ersten Blick wirkt er distanziert, ernst, immer auf dem Sprung. Hinter Brillengläsern hellwache Augen. Ein schmales, intelligentes, jungenhaftes Gesicht.
    Man muß mit Dr. Franz-Josef Antwerpes eine Flasche Burgunder seines Geburtsjahrgangs 1934, den er in seinem wohlgefüllten Weinkeller aufbewahrt, trinken, um abseits vom geschäftigen Alltag die rheinische Frohnatur in ihm zu entdecken. Er liebt das Essen, genießt mit wissenschaftlicher Akribie die Weine, unter denen er die Rheingauer bevorzugt. Spitzenlage ist für ihn der "Rüdesheimer Schlossberg".
    Ernst Wilczok, der als Bottroper Oberbürgermeister in Sachen Gebietsreform mit Antwerpes nicht immer einig ist, gab mir diesen Tip: "Wenn Sie über Franz-Josef schreiben, dann vergessen Sie nicht, daß er ein Gourmand ist, daß ihm aber nicht nur Schlemmereien auf der Zunge zergehen, sondern auch feingewürzte Spöttereien." In der SPD-Fraktion und im Landtag ist seine kritisch-witzige Ironie bekannt.
    Antwerpes stammt aus Viersen, ist promovierter Volkswirt und lebt heute in Duisburg. Der SPD gehört er seit 1956 an. Bis 1970 war er fünf Jahre lang Landesvorsitzender der Jungsozialisten. Das verführt zu der Frage: "Wie ist Ihr Verhältnis heute zu den Jusos?" Antwerpes denkt einige Sekunden länger als gewöhnlich nach, bevor er antwortet: "Persönlich gut." Mit Forderungen wie dem Bodenrecht hätten sich die Jusos große Verdienste erworben, aber über Radikale im öffentlichen Dienst denke er ganz anders. Da habe der Schutz der Demokratie für ihn unbedingt Vorrang.
    In den Landtag kam Antwerpes, der in seiner Partei neben einem Platz im Landesvorstand viele Ämter hat, 1970. Seither hat er sich einen hohen Ruf als Fachmann für Verwaltungs- und Gebietsreform erworben. Er ist Vorsitzender des Arbeitskreises Verwaltungsreform und stellvertretender Vorsitzender des Arbeitskreises Landesplanung der SPD-Landtagsfraktion. "Wir müssen Städte und Kreise schaffen, die aufgrund ihrer Größe in der Lage sind, ihren Anspruch auf Selbstverwaltung gegenüber dem Land aufrechtzuerhalten", sagt er. Aber er fürchte, daß im Landtag schon viele "am kleinen Karo weben", fügt er mit Blick auf anstehende Entscheidungen hinzu.
    In Duisburg ist Franz-Josef Antwerpes Chef der "Eierköpfe". So werden im Rathaus die acht Wissenschaftler genannt, die dem Planungsstab der Stadt angehören. Sie stellen Weichen für die kommunale Entwicklung, sind aber auch für die in Duisburg sehr wichtigen Umweltschutzfragen zuständig.
    Der sportliche Ehrgeiz des früher aktiven Handballers hält sich im Rahmen. Ein "Tennisarm" zwingt zur Pause. Ausgleichssport ist das Radfahren. Mit seiner Frau und den zwölf und acht Jahre alten Söhnen radelt er durch neu zu gliedernde Gebiete, um sich "ohne offizielle Hilfe von allerhand nicht vorhandenen Verflechtungen zu überzeugen".
    "Schauten Sie am linken Niederrhein nach Beute für Duisburg aus?"
    "Nein, wir strampelten durchs Lipperland und durch das Wiehengebirge, um die Probleme von Ober- und Unterlübbe kennenzulernen."
    Gerd Goch

    ID: LI732202

  • Porträt der Woche: Richard Grünschläger (SPD).
    Vorsitzender des Ausschusses für Verwaltungsreform.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 20 - 14.09.1973

    Seit die Landtagsabgeordneten die Verwaltungsreform behandeln, wird ihre parlamentarische Arbeit von den Parlamentsjournalisten mit zunehmendem Respekt begleitet. Dies wurde besonders sichtbar, als in der vergangenen Woche der Landtag den Gesetzentwurf über die Ruhrgebietsreform beriet.
    Je mehr sich Journalisten Einblick in die Verwaltungsreform verschaffen müßten, um sachkundig ihren Lesern und Hörern zu berichten, um so besser können sie heute die Schwere der Abgeordneten-Verantwortung ermessen. Das journalistische Mitgefühl gegenüber den Landtagsabgeordneten stellt sich in besonderem Maße bei der schwierigen Ruhrgebietsreform ein. Daß dabei der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für die Verwaltungsretorm hart gefordert wird, erscheint auch skeptischen Journalisten zutreffend zu sein.
    Dabei helfen allerdings Richard Grünschläger drei wesentliche Tatbestände: zum einen ist er ein Kind des Reviers, in Witten geboren, groß geworden, dort ansässig und berufstätig. Die Kenntnis über Land und Leute, besonders im Revier, erweist sich jetzt sowohl für den Ausschuß-Vorsitzenden Grünschläger als auch für das Parlament als ein besonderer Gewinn. Zum anderen haben der immense Fleiß und die charakterliche Ausgewogenheit Grünschlägers Entscheidendes dazu beigetragen, wenn eines Tages alle Verwaltungsreformen in unserem Lande abgeschlossen sein werden.
    Grünschläger ist Sozialdemokrat. Hier ist der besondere Hinweis auf den Vater angebracht, der im Reichsbanner die Weimarer Republik verteidigte und die neue Republik unter dem Bonner Grundgesetz als führender Sozialdemokrat in Witten aufzubauen half. Fragt man nämlich den ehemaligen Leiter des Wittener Jugendamtes und jetzigen städtischen Verwaltungsrat im Bereich der Stadtentwicklung, warum er für die Sozialdemokratie in die Politik ging, erhält man die aufschlußreiche Antwort: "Was mein Vater für die arbeitenden Menschen im Ruhrgebiet getan hat, das will ich im Parlament als Abgeordneter auf der Landesebene fortsetzen!"
    Grünschläger, heute 44 Jahre alt, hat in der sozialdemokratischen Jugendbewegung "Die Falken" mit seiner politischen Tätigkeit begonnen. Von hier brachte er die ersten Erkenntnisse über die Wichtigkeit kommunaler Jugendarbeit mit. Kein Wunder, daß er später als gelernter Verwaltungsfachmann mit allen Prüfungen zehn Jahre lang mit vollem Engagement das Wittener Jugendamt geleitet hat. Die Tätigkeiten im Bereich der Stadtentwicklung haben ihn einen neuen Erfahrungsschatz ansammeln lassen, den er jetzt aus der kommunalen Praxis direkt in die Ausschußtätigkeit und die Gesetzgebung einfließen läßt.
    In Richard Grünschläger, der seit 15 Jahren ohne Unterbrechung stellvertretender Vorsitzender des SPD-Kreisverbandes Witten mit 4500 Mitgliedern ist, findet man den sozialdemokratischen Kommunal- und Landespolitiker in Reininkarnation: ständig bemüht um bessere Lebensbedingungen der arbeitenden Menschen weiß er, daß große Würfe nur selten gelingen, daß einschneidende Reformen nur mit Arbeit und mit großem Einfühlungsvermögen zustande kommen können. Daß sie aber nur Bestand haben, wenn der Bürger gefragt wurde, wenn er mitbestimmt hat.
    Fritz Przytulla

    ID: LI732002

  • Dr. Diether Posser (SPD).
    Justizminister von Nordrhein-Westfalen.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 18 - 31.08.1973

    Der Landtag mußte aus den Ferien zurück. Die Pfui- und Bravo-Argumente in der Öffentlichkeit überschlugen sich. Seit seine Unterschrift die Ernennungsurkunde des DKP-Funktionärs Volker Götz zum Richter auf Probe ziert, ist sein Name bis in den letzten Winkel der Bundesrepublik gedrungen, der Name Dr. Diether Posser (51), einst Landesminister für Bundesangelegenheiten in Bonn, jetzt NRW-Justizminister, verheiratet, Vater von vier Kindern. Selbst der politische Gegner versagt diesem Mann aber nicht den menschlichen Respekt, obwohl seine schließlich gestoppte Götz-Ernennung ihn leicht ins Zwielicht hätte bringen können. Diether Posser ist ein integrer Demokrat. Niemand zweifelt daran.
    Mit der Beharrlichkeit eines Elefanten schob sich dieser Mann in der Politik nach vorn. 1957 war er Junior-Sozius des damaligen Essener Rechtsanwalts und heutigen Bundespräsidenten Heinemann. Als die Gesamtdeutsche Volkspartei Heinemanns aufgelöst wurde, ging er mit seinem Vorbild in die SPD, ein Presbyter und Synodale der Evangelischen Kirche, angehaucht von jenem pazifistischen Protestantismus, der durch die Namen Niemöller und Mochalski umrissen wird.
    Als Anwalt verteidigte Posser nach dem KPD-Verbot mehrfach Kommunisten, vertrat Wehrdienstverweigerer, und im Landtag von Nordrhein-Westfalen gab er seine Visitenkarte als blendender Redner ab. Doch der Sprung auf die Abgeordnetenbank gelang erst im dritten Anlauf. 1958 und 1962 kandidierte er vergeblich. 1966, als er nach neun Jahren endlich in den Vorstand des SPD-Unterbezirks Essen gewählt wurde, kam er auch ins Landesparlament.
    Von nun an ging's bergan. Auf Anhieb wurde der Parlamentsneuling zum stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden gewählt. Zwei Jahre später war er stellvertretender Vorsitzender im SPD-Bezirk Niederrhein, 1970 bekam er Sitz und Stimme im Bundesparteivorstand der SPD.
    Der Genosse von der intellektuellen Sorte hatte unterwegs ein Angebot von Bundeskanzler Brandt, ins Bundeskabinett zu kommen. Doch Posser zog den Platz im Lande vor. Im Föderalismus sieht er trotz aller Unkenrufe noch immer eine Chance. "Die Rede von einer angeblichen Krise des Föderalismus erweist sich ... als unberechtigt", postulierte der Minister. "Sie ist eher unter psychologischen Gesichtspunkten zu erklären, nämlich der menschlichen Neigung, für ein verspürtes allgemeines Unbehagen einen Blitzableiter zu suchen, und hierfür muß eben bei uns oft der Föderalismus herhalten."
    Dieser vielgepriesene, vielgeschmähte Föderalismus hat offenbar auch noch eine Chance für ihn selbst. Unter den Nachfolgekandidaten für Ministerpräsident Kühn gilt der Mann, der sich auch vor Knochenarbeit nicht scheut, immer noch als Nummer eins. Doch im Augenblick hat er andere Sorgen: Götz und die Folgen. Daß er außerdem noch mit den Problemen überfüllter Haftanstalten und einem chronischen Mangel an Aufsichtspersonal fertig werden muß, wird darüber fast vergessen.

    Helmut Locher

    ID: LI731802

  • Porträt der Woche: Fritz Denks (SPD).
    Mitglied des Präsidiums.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 15 - 18.05.1973

    Obwohl sein Haupttätigkeitsfeld seit vielen Jahren der Düsseldorfer Landtag ist, hat er seine politische Arbeit an der parlamentarischen Basis, in der Gemeinde, nicht vergessen: Fritz Denks (61), Abgeordneter der SPD und einer der Altgedienten seiner Partei. Das Vertrauen, das er ausstrahlt, und sein Bedürfnis, sich für die sozialen Belange anderer stark zu machen, haben den Ausschlag gegeben, daß die sozialdemokratische Fraktion ihn für ein ehrenvolles Amt ausersah. Fritz Denks ist Mitglied des Präsidiums des Landtags.
    Der heute 61jährige ist in Mülheim an der Ruhr zu Hause. Dort hat er lange im Rat der Stadt als Stadtverordneter gewirkt und war fünf Jahre Bürgermeister. Die Sorgen um das Geschick der Kommune, das Mitbestimmen des Werdegangs seiner Heimatstadt im Ruhrgebiet, haben Denks' politisches Handeln und Denken so stark beeinflußt, daß er es als eine seiner wichtigsten Autgaben auf Landesebene ansieht, sich für die Gemeinden stark zu machen. Er will, wie er selbst sagt, dabei kein Briefträger sein, sondern aktiv mithelfen, mehr Kontakte zwischen den Parlamentariern in Düsseldorf und den Ratsvertretungen draußen im Land herzustellen. Ratsarbeit ist für Fritz Denks keine Nebenbeschäftigung. Er betont, daß die Tätigkeit im und für den Rat einer Stadt heute einen großen Teil der Zeit eines Kommunalpolitikers einnimmt. In der geänderten Gemeindeordnung, ein entsprechender Gesetzentwurf wird zur Zeit beraten, soll diese parlamentarische Tätigkeit in den Stadtparlamenten entsprechende Würdigung erfahren, was sich nach den Worten Denks auch finanziell niederschlagen soll.
    Der Abgeordnete Fritz Denks kam 1966 in den Landtag. In den ersten vier Jahren gehörte er dem Ausschuß für Jugend, Familie und politische Bildung sowie dem Petitionsausschuß an. Zur Zeit ist er Mitglied im Ausschuß für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge sowie im Sportausschuß. Als Präsidiumsmitglied kümmert er sich, wie er sagt, unter anderem auch um die soziale Situation der Bediensteten des Landtags.
    Fritz Denks wurde am 26. Oktober 1911 in Mülheim geboren. Nach dem Schulbesuch erlernte er den Beruf eines Pflasterers. 1941 zur Wehrmacht eingezogen, ereilte den Artilleristen das Schicksal so vieler Soldaten. Er wurde im Osten schwer verwundet und verlor einen Fuß. Körperlich so gehandicapt, konnte Fritz Denks seinen alten Beruf nicht mehr ausüben. Er trat deshalb in die Dienste der Stadtverwaltung Mülheim ein. 1950 wechselte er jedoch zur Allgemeinen Ortskrankenkasse, um die Möglichkeit zu haben, als Ratsmitglied die Kommunalpolitik mitzubestimmen. Er ist Träger des Ehrenrings der Stadt Mülheim.
    Zur SPD ist Denks im Jahr 1929 gestoßen. Ausschlaggebend für seinen Eintritt in die sozialdemokratische Partei waren Gespräche mit jungen Sozialdemokraten, die er als Mitglied der Jugendbewegung auf Wanderungen führte. Auch heute macht der Vater von vier Kindern, der sich 1975 vom politischen Leben in Düsseldorf zurückziehen will, um jüngeren Platz zu machen, noch gerne einen ausgedehnten Spaziergang durch das reizvolle Ruhrtal. Eckhard Hohlwein

    ID: LI731502

  • Porträt der Woche: Johannes Rau (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 11 - 30.03.1973

    Ein Kasten Bier stand zur Wette: Wissenschaftsminister Johannes Rau (SPD) hat sie gewonnen und doch bezahlt. Im Herbst letzten Jahres hatte ein einflußreicher Oppositionspolitiker dem Minister angedroht, ihn bis Weihnachten (politisch) so umzuhauen, daß er nicht mehr aufstehen könne. Der 42jährige Wuppertaler, verantwortlich für acht Universitäten, fünf Gesamthochschulen, drei Pädagogische und zehn Fachhochschulen, steht nach wie vor. Und da er wahrscheinlich als letzter auf den Gedanken käme, er könnte wanken, kostete er die Fehlankündigung launig aus: Dieweil Rau noch immer auf das CDU-Bier wartet, kredenzte er der anderen Seite ein paar Flaschen Wein. Typisch für den von der Persönlichkeit vielleicht interessantesten Mann des Düsseldorfer Kabinetts.
    Der kinderliebe Junggeselle, vielfach zum "Sonny-Boy" der Regierung abgestempelt, tut so, als trage er schwer daran, daß man ihn oft für "flapsig" hält. Und während er noch so tut, flapst er schon wieder. Bibelzitate und Gesangbuchverse ("ich kenne eben so viele") müssen für den oft geistreichen Witz des in einem frommen Barmer Elternhaus aufgewachsenen und in der evangelischen Kirche stark engagierten Ministers kaum noch herhalten. Seit die christlichen Demokraten bei ihren Parlamentsattacken die Rausche Marotte, fromme Worte überzustrapazieren, ihrerseits überstrapazieren, läßt er's. Schlagend kontern kann er auch so.
    Als Ministerpräsident Heinz Kühn den Wuppertaler Oberbürgermeister 1970 zum Wissenschaftsminister machen wollte, rieten viele Genossen ab, obwohl Rau zwölf Jahre lang im Landesparlament beredt und mit Erfolg der Bildungspolitik Akzente gesetzt und zuletzt die SPD-Fraktion drei Jahre geführt hatte. Zweifel wurden laut, ob der burschikose Enddreißiger zum Krisenmanager an der Hochschulfront tauge. Doch beschenkt mit politischem Geschick, rhetorischer Brillanz, seinem Staatssekretär Schnoor und einer Portion Glück bescherte er Nordrhein-Westfalen bisher weder "Berlin" noch "Heidelberg". Stattdessen fallen in seine kurze Amtszeit ein geradezu gigantischer Studienplatzausbau sowie die Gründung von zehn Fach- und fünf Gesamthochschulen.
    So imponierend sich das ausnimmt, die eigentlichen Probleme kommen erst: Seine schon alte Drohung, den in sich zerstrittenen Universitäten eine neue Satzung aufzuzwingen, wenn sie es aus eigener Kraft nicht schaffen, muß Rau eines Tages wahr machen. Auch weiß er, daß die fünf Gesamthochschulen ein bloßer organisatorischer Kraftakt wäre, klappte es nicht mit der im Herbst anlaufenden Studienreform. Und schließlich muß eine Studentenlawine aufgefangen werden, mit der ein auch noch so forcierter Hochschulbau einfach nicht mehr Schritt halten kann. Mittel- oder kurzfristig greifende Maßnahmen wollen erst noch gefunden und durchgesetzt sein. Denn, so Rau, "mit dem Ansteigen der Quantitätsprobleme wird die Luft an den Hochschulen dicker".
    Eine 14jährige Schülerin antwortete nach einem Landtagsbesuch auf die Frage, was sie am meisten beeindruckt habe: "Der Abgeordnete Rau. Er wußte auf alle Fragen gut zu antworten, und wo er nichts wußte, wich er geschickt aus." Auf die jetzt anstehenden Fragen eindeutig zu antworten, ist Rau gezwungen.
    Christoph Lütgert

    ID: LI731102

  • Porträt der Woche: Werner Figgen (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 9 - 16.03.1973

    95 Zeilen zu 33 Buchstaben darf ich nur schreiben. Was für ein Jammer bei einem so begabten Anekdotenerzähler wie Werner Figgen. Fassen wir uns also kurz. Geboren: 9. November 1921 in der Freiheit Husten, wo der Vater als Schlosser arbeitete. Von ihm hat der Sohn seinen "Pünktlichkeitstick", wie er es selber nennt. Fahrer Egon weiß: Wenn der Chef "halb neun" sagt, dann steht er schon eine Minute vorher vor der Tür.
    Was die Freiheit angeht, die war 1942 dahin. "Damals war kommunale Neuordnung durch Dekret betrieben worden", erzählt Werner Figgen. Die Mutter schrieb ihm an die Front: "Lieber Junge, wir sind nicht mehr Freiheit Husten, wir wohnen jetzt in Neheim-Hüsten 2". Was heute Jahre dauert und gewaltige Emotionen auslöst, war in jenen Tagen so einfach.
    Wie der Vater sollte auch Werner Handwerker werden. Doch auf die Dreherlehre folgten Reichsarbeitsdienst und Kommiß. Der Krieg spülte den Flaksoldaten bis vor Leningrad, wo er durch ein Fernglas die Weiße Kirche sah. Dann ging es nur noch zurück. Das waren die Jahre, die Werner Figgen prägten. Er erlebte das ganze Elend des Krieges. Bis heute kann er die schrecklichen Bilder nicht vergessen, die sich ihm bei der Räumung des Konzentrationslagers Studthoff für immer einbrannten. Er war dabei, als 35 erfrorene Kinder an der Dirschauer Brücke aus Flüchtlingswaggons geholt wurden. Er sah Danzig in Flammen untergehen und marschierte auf der Chaussee nach Langfuhr durch das grauenvolle Spalier gehenkter Landser.
    "So etwas darf nie wieder geschehen" schwor sich damals — wie viele andere — Werner Figgen. Er entkam mit einem der letzten Konvois von der Halbinsel Heia und war noch 1945 wieder daheim. Bis 1947 arbeitete er als Verzinker. Dann zog er die Konsequenz aus der Erkenntnis: "Entweder man macht Politik oder sie wird mit einem gemacht."
    Werner Figgen wollte Politik mitgestalten. Er trat der SPD bei, wurde Jugendsekretär und Geschäftsführer in Warstein. In einem klapprigen "Opel" ging er für die Partei im "schwarzen" Sauerland "auf Tournee" und gründete dort mehr als die Hälfte aller Ortsvereine. Für fünf Liter Benzin und ein Butterbrot organisierte er Versammlungen, für die er selber die Plakate klebte. Sogar seinen alten Vater, der dem "Zentrum" angehört hatte, nahm er in die SPD auf.
    Diese Arbeit "vor Ort" verwurzelte ihn tief in der Partei. Werner Figgen kennt die SPD im westlichen Westfalen, die seine Basis ist, wie kein anderer. 1948 Kreistag in Arnsberg. 1952 SPD-Fraktionschef, 1956 bis 1964 Oberbürgermeister in Hamm, wo er, was damals geradezu sensationell war, mit der F.D.P. in einer sozialliberalen Koalition regierte. CDU und SPD je 16, F.D.P. vier Ratsmitglieder).
    1961 bis 1966 Mitglied des Bundestages. 1964 Mitglied des SPD-Parteivorstandes, seit 1965 Vorsitzender des SPD-Bezirks westliches Westfalen. 1966 Arbeits- und Sozialminister, seit 1970 auch für Gesundheit zuständig.
    Gibt es ein attraktiveres Ressort? Werner Figgen: "Ich wünsche mir kein anderes!" Er darf sich für die Unterprivilegierten, die Kranken, die Jungen und die Alten einsetzen. Er darf helfen.
    Für Werner Figgen zählen in der Politik Menschlichkeit und unbedingte Loyalität. Wo er beim Bier sitzt, da wird laut und fröhlich gelacht. Der Schalk sitzt immer in seinen strahlend blauen, stets aufmerksamen Augen.
    Gerd Goch

    ID: LI730902

  • Porträt der Woche: Professor Fritz Holthoff (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 7 - 23.02.1973

    Der Pädagoge steht ihm gewissermaßen ins Gesicht geschrieben. Salzmann, Pestalozzi, Kerschensteiner, die Montessori oder Wyneken, eine Ahnenreihe für Fritz Holthoff. Wäre er nicht 1915 (in Dortmund) geboren, sondern um 1890 herum — er hätte beim Hohen Meissner nicht gefehlt; man möchte einen Eid darauf ablegen.
    Unvorstellbar, ihn politisch anderswo beheimatet zu sehen als in der sozialdemokratischen Partei, die schon 1906 die Einheitsschule forderte und das "unbeschränkte Recht jedes Kindes auf Bildung und Erziehung nach Maßgabe seiner Fähigkeiten und seines Bildungswillens ohne Rücksicht auf Vermögen, Stand, Glauben der Eltern".
    Wenn Fritz Holthoff das Wort ergreift, sei es im Landtag oder auch nur vor der Presse, dann ist es immer, als sei das millionenfache Echo mithörbar, das diese SPD-Forderung aus Wilhelms Zeiten bei Lehrern und Eltern ausgelöst hat, bis auf den heutigen Tag. Klapperdürre Ausdrücke, etwa "Besoldungsgruppe" oder "Tarife", erhalten bei ihm unversehens die Weihe des Geschichtlichen. Andere wiederum, denen aufgestaute Emotionen innewohnen, wie "Elternrecht" oder "Bekenntnisschule", werden, ebenso unversehens, entmythologisiert und auf den rationalen Nenner gebracht. Beschwörend sieht ihm dabei der Eros pädagocicus über die Schulter. Zynismen sind ihm fremd, wie dem Teufel das Weihwasser.
    Das Abitur hat Fritz Holthoff erst spät ablegen können; 1937, als Externer, vor den gestrengen Auguren des Kultusministeriums in Berlin. Er hat wohl am eigenen Geist und Leben erfahren, welche Schwierigkeiten das Drei-Klassen-Schulsystem jungen Menschen bereiten konnte. Und da sind, so steht zu vermuten, auch die Wurzeln zu suchen, die ihn später mit so unvergleichlichem Elan darangehen ließen, das Volksschulwesen zu erneuern. Es träfe nicht den Kern dessen, was Holthoff als Kultusminister des Landes Nordrhein-Westfalen geleistet hat, wollte man seinen reformatorischen Impetus unter das Rubrum der vielzitierten (technokratischen) Anpassung der Schule an "die Forderungen unserer Zeit" bringen. Holthoff ging es um mehr, um eine Sache der politischen Ethik: Die von der Verfassung garantierte staatsbürgerliche Gleichheit vor dem Gesetz mußte für den Schulpflichtigen (und angehenden Staatsbürger) erst einmal wirksam etabliert werden. Die Weichen auf dieses Ziel hin energisch und gegen viele Widerstände gestellt zu haben, ist seine große Leistung.
    Nur wer sich ins Gedächtnis zurückruft, wie unerschütterlich gewisse weltanschauliche Prävalenzen gerade auf dem Gebiet des Schulwesens in der Bundesrepublik bis in die späteren sechziger Jahre zu sein schienen, wird ermessen können, was es bedeutete, die organisatorischen Verkrustungen unseres Schulsystems aufgebrochen und neue, bessere Organisationsformen an ihre Stelle gesetzt zu haben.
    Sie haben Holthoffs Kräfte voll in Anspruch genommen. Er ging zwar auch die Hochschulfragen mit der ihm eigenen Verve an. Aber beides zusammen war von einem Mann nicht zu leisten, ohne Schaden zu nehmen, zumal nicht in den aufgeregten letzten sechziger Jahren. Im Sommer 1969 kam die Herzattacke. Danach noch kurzfristig die Rückkehr ins Kultusministerium, nun ohne den Hochschulbereich. Dann, ein Jahr später, der Rückfall und der schwere Abschied vom Amt.
    Für Holthoff, den Pädagogen von Geblüt, hat sich inzwischen ein neues Feld aufgetan, auch ein Jugendtraum erfüllt: An der Gesamthochschule Duisburg hat er nun den Lehrstuhl für Bildungspolitik und Schultheorie inne. Im Sommersemester 1973 will er ein Seminar abhalten über den Einheitsschul- Gedanken in deutschen Schulmodellen von der Jahrhundertwende bis heute.
    Hans Schwab-Felisch

    ID: LI730702

  • Porträt der Woche: Julius Drescher (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 4 - 02.02.1973

    "Ohne Mehrheit macht die Demokratie nur halb so viel Spaß." Dieses nur zum Teil scherzhafte Wort könnte gut auf Julius Drescher passen, wenn "Jule" nicht zwei Haupteigenschaften hätte: sauerländische Dickköpfigkeit und eine bemerkenswerte Unverdrossenheit in allen Lebenslagen.
    In die SPD hineingeboren wurde das zweitjüngste von neun Kindern eines Briloner Landmessers gewiß nicht. Der Junge wurde streng katholisch und strikt unpolitisch erzogen, so unpolitisch, daß er sogar der Hitlerjugend entging und stattdessen den Vater auf die Jagd begleitete. Noch vor dem Abitur mußte er das Gymnasium verlassen und in den Krieg ziehen.
    Als er Ende 1945 aus englischer Kriegsgefangenschaft heimkehrte, stand für den 25jährigen fest, "nie wieder Krieg!", und es war ihm klar, daß man sich für dieses Ziel aktiv einsetzen mußte. Die Partei des Vaters, das Zentrum, hatte ihn durch die Zustimmung zu Hitlers Ermächtigungsgesetz enttäuscht. Hingegen beeindruckten ihn Reden von Kurt Schumacher, über die er in der Presse las, nachhaltig. So schloß er sich der SPD an, die damals in Brilon kaum ein Dutzend Mitglieder hatte, unter denen er, der inzwischen im Vermessungsbüro des Vaters arbeitete, der einzige "Bürgerliche" war. "Jule" wurde das schwarze Schaf der Familie. Er ist heute noch davon überzeugt, daß ihn Eltern und Geschwister wenigstens in den ersten Jahren seiner politischen Laufbahn nicht gewählt haben.
    Gemeinsam mit seiner Frau, die den Kaufmannsberuf erlernt hatte, eröffnete Drescher in Brilon ein Feinkostgeschäft. Als er es nach einigen Jahren modernisierte und große Schaufenster einbaute, durch die der ganze Laden einzusehen war, mußte er nach wenigen Tagen bereits Vorhänge anbringen: gute Kunden hatten sich beklagt, es sei ihnen peinlich, beim Einkauf im Laden des "roten" Drescher von aller Welt gesehen zu werden. So stark waren damals im katholischen Sauerland noch die Vorbehalte gegen Sozialdemokraten.
    Wenn heute in der politischen Landschaft eine Situation eingetreten ist, in der der Landesvorsitzende der nordrhein-westfälischen SPD, Ministerpräsident Heinz Kühn, erklären kann, er halte es für denkbar, daß die SPD zwar nicht die Partei der Bischöfe, wohl aber die Partei der Kapläne werden könne, so gehört Julius Drescher zu denen, die am eigenen Leibe erfahren haben, wie lang und steinig der Weg dahin war.
    Allerdings hat sich das Klima zwischen Katholiken und Sozialdemokraten auch in Brilon versachlicht. Als Drescher, der dem Gemeinderat seit 1948 ununterbrochen angehört, 1956 durch eine Koalition von SPD, Zentrum, FDP und BHE Bürgermeister wurde, blieb er es nur zwei Jahre lang, weil sich dann die Zentrumsfraktion spaltete und die Koalition platzte. Als er es 1961 wieder wurde, blieb er zwar auch nur zwei Jahre im Amt, doch diesmal aufgrund einer formellen Vereinbarung zwischen SPD und CDU, die Amtszeit zu teilen.
    So weit ist es allerdings immer noch nicht, daß Drescher, ein sicherlich nicht besonders "linker" Sozialdemokrat, sich Hoffnung machen könnte, in einem der nächsten Wahlgänge in Brilon direkt gewählt zu werden. Er trägt es mit Gelassenheit und erholt sich vom politischen Geschäft mit seinen beiden Söhnen auf der Jagd. Marianne Lohaus

    ID: LI730402

  • Porträt: Friedhelm Simelka (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 1 - 12.01.1973

    Er muß schon ein paarmal Bochum sagen, bevor man mit Sicherheit behaupten darf, daß seine Wiege nicht weit vom Pütt gestanden hat. Im längeren, temperamentvollen Dialog offenbart sich dann jedoch mühelos auch in der Artikulation, woraus Friedhelm Simelka, Landtagsabgeordneter seit 1966, in seiner Haltung nie ein Hehl macht: er ist ein waschechter Sohn des Ruhrgebiets. Mit ausgiebiger Erfahrung in den Industrien, die seine Heimat und ihre Menschen prägten, und mit dem Mitgliedsbuch nicht nur der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, sondern auch der IG Metall. Sein Vater, den er mit 14 Jahren durch ein Grubenunglück verlor, war Steiger. Er selbst arbeitete während des Studiums zum Diplom-Handelslehrer und -Kaufmann als Stahlwerker und brachte es unter Tage bis zum Gedingeschlepper.
    Väterlicherseits aus Masuren — größter Wunsch: "einmal in Masuren wandern!" —, mütterlicherseits westfälisch, zählt er zu jenem etwas schwerblütigen Menschenschlag, der sich Erfolge gründlich, zuweilen mühsam, erarbeitet. Statt spektakulärer Blitzkarriere absolvierte er die harte "Ochsentour" der Partei. Haften blieb ein sensibles Gespür für die Bedürfnisse der Basis, auch jetzt noch, da er wegen Doppelmandatverbots in erster Linie ein Mann des Landtags ist.
    Als Mitglied der SJD "Die Falken" und ehemaliger SDS-Landesvorsitzender hätte der heute Vierzigjährige theoretisch das Zeug zu einem Flügelmann seiner Fraktion. Praktisch gründet sein Erfolg — nicht zuletzt die vom Wissenschafts- und Kulturressort unüberhörbar applaudierte Wahl in das wichtige Amt des Kulturausschußvorsitzenden — neben der fachlichen Qualifikation eher in seinem gesunden Verhältnis zur Mitte, dem Talent zum Ausgleich und einem ausgeprägten Sinn für Solidarität. Kameradschaft, nicht zu verwechseln mit Kumpanei, ist ein Schlüsselwort zu seinem Selbstverständnis.
    Erste Erfahrungen für das, was er halb scherzhaft seinen "Solidaritätskomplex" nennt, der ihm selbst zu Rivalen ein gutes Verhältnis sichert, sammelte Friedhelm Simelka schon als Gymnasiast. Zunächst allerdings mit einer Panne: als er mit zwölf Jahren zum "Jungvolk" wollte, erhielt er statt der erwarteten Zustimmung zum erstenmal in seinem Leben ein väterlich-kategorisches Nein und dazu die Darstellung der Vorgänge um 1933 — aus der Sicht eines überzeugten Sozialdemokraten. Simelka junior überlegte: "Vater kennste, den Hitler haste selbst noch nie gesehen" und entschied "also laß es!" Wenige Jahre später und unter völlig anderem Vorzeichen kam es bei den "Falken" doch noch zum intensiven Gruppenerlebnis. Hier lernte er seine Frau Christel kennen — inzwischen gehören zur Familie noch eine Tochter und ein Sohn —, hier beschloß er nach den starken Eindrücken in der Jugendarbeit, Lehrer zu werden.
    Die Absage an den aus wirtschaftlicher Not aufgegebenen Traum vom Studium der Mathematik und Naturwissenschaften, Landtagskollege Professor Brüggemann war bei dem ausgezeichneten Abitur als Referendar mit von der Partie, reut Simelka heute nicht mehr. Als Bildungspolitiker kommt ihm die profunde Kenntnis der Schulpraxis, zu großen Teilen auch der betrieblichen Aus- und Weiterbildung, sehr zugute. Aus dieser Erfahrung wurde er zum grundsätzlichen Befürworter des dualen Systems in der beruflichen Bildung - "vorausgesetzt, in den Betrieben werden konsequente Mitbestimmung, in den Kammern paritätisch besetzte Bildungsausschüsse realisiert."
    Eigene Erfahrung schwingt auch da mit, wo er gegen das "Gießkannenprinzip heutiger Förderung" zu Felde zieht: "Hier ist die soziale Gerechtigkeit zugunsten der formalen auf der Strecke geblieben!" Der Ausschußvorsitz gibt ihm neue Möglichkeiten, den Hebel da anzusetzen, wo er Änderungen für nötig und möglich hält. Und dazu zählt für den bei aller Kompromißbereitschaft zähen Verfechter seiner Ansichten querbeet durch alle Bildungsbereiche eine ganze Menge. Ute Laura Lähnemann

    ID: LI730102

  • Porträt der Woche: Dr. Dr. Josef Neuberger (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 30 - 08.12.1972

    Ein heißer Idealist mit Sinn für Realitäten. Ein rastloser Kämpfer für Recht und Gerechtigkeit. Ein Mann, der ein bitteres Schicksal erlebt hat, ohne selbst bitter zu werden. Einer, der mit 70 noch längst nicht an Ruhestand denkt: Josef Neuberger.
    Seit zwölf Jahren gehört er der sozialdemokratischen Landtagsfraktion an, von Dezember 1966 bis zum 13. September 1972 war er Justizminister in Nordrhein-Westfalen. In dieser Zeit hat Neuberger zahllose Reformen durchgesetzt und eingeleitet, hat er Spuren gezogen, die nicht mehr zu verwischen sind. Die Justizpolitik hat heute einen höheren Stellenwert als zuvor.
    Als Sohn jüdischer Eltern am 11. Oktober 1902 in Antwerpen geboren, studierte er in Köln und ließ sich dann als Anwalt in Düsseldorf nieder. Seit 1920 Mitglied der SPD fühlt er sich noch heute dem geistigpolitischen Erbe August Bebeis, Ferdinand Lassales und Friedrich Engels verpflichtet. Es ist wohl typisch für die Gesinnungstreue dieses Mannes, daß er — selbst vom nationalsozialistischen Berufsverbot bedroht — Anfang 1933 als junger Anwalt die Belange des preußischen Ministerpräsidenten Braun und seines Innenministers Severing vor Gericht vertrat. In der "Kristallnacht" 1938 wurde er von fanatisierten SA- Männern mißhandelt, ging in die Emigration nach Holland und Palästina und kehrte schließlich nach dem Krieg in seine Heimat zurück. "Wenn ich nach meinem Lebensschicksal mich nicht um eine Vermenschlichung der Justiz bemühe, wer sollte dies sonst tun", sagte Neuberger und krempelte die Ärmel hoch.
    Als Abgeordneter kämpfte er im Landtag erfolgreich für ein freiheitliches Presserecht, setzte er das Zeugnisverweigerungsrecht für Journalisten gegen mannigfache Widerstände durch. Als Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses Klingelpütz legte er schonungslos die Mißstände im Strafvollzug bloß, um daraus später als Justizminister die notwendigen Konsequenzen zu ziehen. Weil die Gefängnisse nicht langer Brutstätten der Kriminalität bleiben sollten, leitete Neuberger Reformen ein, die den Strafvollzug humanisiert haben. Nicht das fidele Gefängnis, nicht eine "weiche Welle" für Rechtbrecher war sein Ziel, sondern die Resozialisierung der Straffällig Gewordenen, ihre Vorbereitung auf ein freies Leben in sozialen Bindungen.
    Neubergers Reformpolitik fand über die Grenzen hinaus Beachtung. Er verschärfte die Bekämpfung der Wirtschafts- und Umweltverschmutzungs-Kriminalität, er führte den Rechtskundeunterricht an den Schulen ein, er reformierte die Juristenausbildung. Ein gewaltiges Arbeitspensum in sechs Ministerjahren. "Die freie Luft der Anwaltschaft hat der Justizpolitik ganz gut getan", sagt Neuberger heute.
    In die freie Luft der Anwaltschaft kehrt der 70jährige jetzt mit frischem Elan zurück. Als Strafverteidiger wird er bald von sich reden machen, ebenso als engagierter Landtagsabgeordneter, der frei ist von den Bürden und Zwängen des Ministeramtes. Zuhause, in seinem Arbeitszimmer, wälzt er Berge von Akten und Protokollen. "Vielleicht wird daraus einmal ein Buch!?"
    Neubergers größte Genugtuung: daß die Justiz heute menschlicher ist als vor sechs Jahren. Seine größte Enttäuschung: daß die schwierigen, in aller Welt beachteten sozialtherapeutischen Modell- Versuche in Düren in den Parteienzwist hineingetragen sind.
    Marcel Gärtner

    Bildunterschrift:
    Dr. Dr. Josef Neuberger (SPD) Justizminister von 19S6 bis 13. September 1972

    ID: LI723002

  • Porträt der Woche: Hermann Runge (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 28 - 24.11.1972

    Wenn es nach ihm ginge, zeigte diese Seite in "Landtag intern" ein wahrlich unbotmäßiges Bild, nämlich zwei Spalten ganz in Weiß, keine Druckerschwärze, keine Zeile, nicht ein einziges Wort. Aber wenn jemand, der in politischen Bereichen auf hervorragenden Plätzen stand, 70 Jahre alt geworden ist, so wird man das zur Kenntnis nehmen müssen. Auch Hermann Runge, um den es hier geht, selbst wenn er vor dem Rummel solcher Fete vorsorglich gleich runde 800 Kilometer weit geflohen ist.
    Am 28. Oktober 1902 in Conradstal (Kreis Waidenburg/Niederschlesien) geboren, kam Hermann Runge, der schon früh der Politik verfiel, an den Niederrhein. Es begann mit der Sozialistischen Arbeiterjugend, mündete, als er 18 Jahre alt war, in die SPD und verzweigte sich zunächst in kommunalpolitische Aktivitäten: Von 1929 bis 1933 Gemeindevertreter in Rheinkamp und Mitglied des Kreistages Moers.
    Was dann, für Hermann Runge zwangsläufig, eintrat, gehört zu jener Seite seines Lebens, die er fast überempfindlich als seine Intimsphäre betrachtet. Er organisierte den politischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus am Niederrhein und — mußte für seine Überzeugung zehn Jahre, bis April 1945, im Zuchthaus leiden.
    Leicht wird heutzutage vergessen, daß an jenem Ereignis, welches wir das Wirtschaftswunder nennen, auch oder gerade die "Politiker vor Ort" entscheidend mitgezimmert haben. Man nennt sie schlicht die Männer der ersten Stunde. Nach der Rückkehr aus dem Zuchthaus gönnte sich Hermann Runge keine Pause. Nüchtern klingt das in seinem Lebenslauf: Von 1945 bis 1946 für die SPD im Unterbezirk Moers und anschließend bis 1968 als Sekretär des Bezirks Niederrhein tätig.
    Hermann Runge ist das — vielleicht etwas unmodern gewordene — Beispiel des idealistischen, ebenso leidenschaftlichen wie selbstlosen Streiters für soziale Gerechtigkeit. Damals war (woran man sich bisweilen erinnern sollte, um das Wirken solcher Männer richtig begreifen zu können) parlamentarischer Aktivismus weiß Gott kein materiell lohnendes Geschäft.
    Wo immer es galt, politische Fundamente zu legen, war Hermann Runge dabei: 1945/46 im beratenden Provinzialrat Nordrhein, im ernannten Landtag Nordrhein-Westfalen, im ersten gewählten Landesparlament, 1948 dann delegiert in den Parlamentarischen Rat, der in Bonn das Grundgesetz geschaffen hat. Es folgten acht Jahre im Bundestag, die Rückkehr in den Landtag bis 1966.
    Daß es ein wenig still geworden ist um Hermann Runge, ist seiner fast skurrilen Bescheidenheit zuzuschreiben, für die sich eine Kostprobe anbietet: Als er, damals Mitglied des Bundestages, auf dem Düsseldorfer Hauptbahnhof eine Frau im letzten Augenblick vor einem einfahrenden Zug von den Schienen riß, wurde ihm dafür die Lebensrettungs-Medaille verliehen. Hermann Runge schüttelte den Kopf und fragte: "Muß das denn sein?" Noch heute grollt er dem, der das auf dem Bahnhot an die große Glocke hängte.
    Heinz Meyer-Wrekk

    Bildunterschrift:
    Hermann Runge (SPD) Mitglied des Landtags von 1946-1947, 1958-1962, 1965-1966

    ID: LI722802

  • Porträt der Woche: Else Warnke (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 26 - 10.11.1972

    Ich lernte Else Warnke 1946 im Sauerland kennen. Es war die Zeit des Maisbrotes und der Kohlennot. Mit anderen Worten: Wir hungerten und froren. Es war aber auch die Zeit, in der die britische Besatzungsmacht in ihrer Zone politische Parteien wieder zugelassen hatten. In dieser Zeit fragte ich Else Warnke, warum sie in einer parteipolitisch und konfessionell ziemlich einseitig strukturierten Umwelt das schwere Los einer Gewerkschaftssekretärin und Sympatisantin für die SPD auf sich genommen habe. Else Warnke gab mir eine Antwort, die mir auch Lehre bis auf den heutigen Tag geblieben ist: "Der Mensch wird nicht geboren als Heide oder Christ, als Amerikaner, Franzose oder Deutscher. Daher sind für mich konfessionelle Einschränkungen Schranken, die ich nicht haben will!"
    Diese Auffassung von verpflichtender Menschlichkeit war es, die Else Warnke in jenen wilden und stürmischen Jahren veranlaßte, praktischen Arbeitsschutz für junge Menschen dadurch zu leisten, indem sie ihnen Arbeitsschuhe besorgte. Oder auch Schwedenpakete, die zahlreichen Männern und Frauen das Durchhalten erst ermöglichten. Das alles bedeutete für die damals weithin unbekannte Sekretärin im Westfälischen Gewerkschaftsbund Jugendarbeit, Schutz der erwerbstätigen Frau und praktische Hilfe für den berufstätigen Mann.
    Aus ihrer Einstellung zur Vorrangigkeit praktischer Lebenshilfe für den arbeitenden Nächsten wird auch erklärlich, warum Else Warnke zuerst in den wiedergegründeten deutschen Gewerkschaften arbeitete und danach im Jahre 1947 ihrer heutigen politischen Heimat, der SPD, beitrat.
    Nur wenig Frauen können sich als Gründerinnen von Gewerkschaftseinrichtungen bezeichnen. Else Warnke kann es. Sie hat den DGB-Kreis in Meschede gegründet. Die von ihr in diesem Organisationsbbereich des DGB betriebene praktische Nächstenhilfe ließ 1951 eine Landesdelegiertenkonferenz von gewerkschaftlich organisierten Frauen Else Warnke zur Vorsitzenden wählen. Damit war und ist bis zum heutigen Tage verbunden die überaus erfolgreiche Tätigkeit als Landesfrauensekretärin des DGB-Landesbezirks Nordrhein-Westfalen.
    Seit Frau Warnke am 21. März 1968 Mitglied der SPD-Landtagsfraktion wurde, sieht sie ihre Arbeit für die berufstätige Frau und Jugend zweigleisig. Im gewerkschaftlichen Raum in ständiger Verbindung mit der Basis von 60 DGB-Frauenausschüssen sieht sie dort, was für ihre Kolleginnen getan und durchgesetzt werden muß. Der Landtag dagegen ist für sie das Instrument, das die gesetzliche Handhabe zur Verbesserung der Lage der berufstätigen Mädchen, Frauen und Mütter schafft.
    "Mir geht es heute im Grundsatz um eine wertvolle Bildung und eine hervorragende Berufsausbildung für Mädchen. Aber freuen tue ich mich darüber, daß es mir gelungen ist, Arbeitsminister Figgen zu bewegen, eine Verordnung über Ruheräume für Frauen in den Betrieben zu erlassen." Nun gibt es auch schon für Männer Ruheräume. Viele haben Else Warnke vieles zu verdanken.
    Fritz Przytulla

    ID: LI722602

  • Porträt der Woche: Hans Joachim Bargmann (SPD) Vorsitzender des Kulturausschusses, geb. 31.8.1928 gest. 21.10.1972.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 24 - 27.10.1972

    Es war ein normales Wochenende. Auf den Landstraßen und Autobahnen in Nordrhein-Westfalen ereigneten sich 503 Unfälle, bei denen 22 Menschen den Tod fanden und 707 verletzt wurden. So meldete es die Verkehrsabteilung des Innenministeriums routinemäßig am Montag. Zahlen, an die man sich seit langem gewöhnt hat, Fernsehbilder von trümmerübersäten Unfallstellen, die der Betrachter der Nachrichtensendungen gleich wieder vergißt.
    An diesem Wochenende war es anders. Denn einer jener 22 Verkehrstoten des vergangenen Wochenendes war Jochen Bargmann, Landtagsabgeordneter der SPD und Vorsitzender des Kulturausschusses des nordrheinwestfälischen Landtags, Beigeordneter für Hochschule, Schulen und Sport der Stadt Essen.
    Er starb, erst 44 Jahre alt, als Beifahrer in seinem eigenen Wagen, der nach einem Überholmanöver auf der Autobahn ins Schleudern kam, über die Leitplanken raste und auf der Gegenfahrbahn frontal mit einem anderen Fahrzeug zusammenprallte. Mit ihm starben drei seiner Mitarbeiter aus dem Hochschulamt Essen und die drei Insassen des entgegenkommenden Wagens. Dieser Unfall entriß nicht nur einer Mutter den Sohn, einer Frau den Ehemann und zwei schulpflichtigen Jungen den Vater, er riß eine Lücke in die gesamte kulturpolitische Szene dieses Landes.
    Jochen Bargmann, der Stüdienrat, der neben klassischer Philologie auch evangelische Theologie, Soziologie, Politologie und öffentliches. Recht studiert und entscheidende Impulse von Wolfgang Abendroth in Marburg erhalten hatte, war stets bestrebt, seine theoretischen Erkenntnisse selbst auf ihre praktische politische Durchsetzbarkeit zu überprüfen.
    Chancengleichheit im Bildungswesen, war für ihn nicht nur eines jener verbalen "Anliegen", er verwirklichte sie dort, wo es jn seiner Mächt stand: In dem Gymnasium in Wattenscheid, das er von 1964 bis 1970 als Oberstudiendirektor leitete, erreichte er einen Anteil von 35 Prozent Arbeitersöhnen an den Abiturienten, was fast dem Anteil der Arbeiter an der Gesamtbevölkerung gleichkam. Im Landesdurchschnitt sind es ganze zwölf Prozent.
    Während er sich im Landtag maßgeblich an der Erarbeitung des Gesamthohchschulerrichtungsgesetzes beteiligte, leitete er die Gründung einer Gesamthochschule in Essen ein, wobei er in praktischer Anwendung seiner Ideale von der Demokratisierung des Bildungswesens die Bevölkerung durch umfangreiche Anhörungen aktiv an der Standortbestimmung beteiligte.
    Schon 1965 schuf er einen Schulentwicklungsplan für Wattenscheid; sein Schulentwicklungsplan für Essen ging erst vor wenigen Wochen als Musterbeispiel für zukunftweisende und dabei konkret finanzierbare Planung durch die gesamte deutsche Presse.
    Bargmanns leidenschaftliches Eintreten für sozialdemokratische Bildungspolitik brachte ihm viele Gegner ein, seine persönliche Liebenswürdigkeit und Kompromißbereitschaft sorgten aber dafür, daß daraus niemals Feinde wurden. Die tiefe Betroffenheit auch derer, die seine Ansichten nicht teilten, über seinen plötzlichen Tod ist noch nachträglich ein Beweis dafür.
    Marianne Lohaus

    ID: LI722402

  • Porträt der Woche: Dr. Dieter Haak (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 22 - 29.09.1972

    Wenn er Urlaub macht mit seiner Frau und den drei Söhnen, fährt er — zum Campen — ganz bewußt nicht an die Adria, sondern an Ost- oder Nordsee. "Weil es gesünder ist." Hieraus zu schließen, daß Dieter Haak ein Gesundheitsapostel sei, wäre verkehrt. Hinter seiner Begründung steckt bloß nüchternes, emotionsloses Abwägen. Als Mitglied des Planungsstabes der Staatskanzlei des Ministerpräsidenten hat er sich in dieser eher puritanischen Tugend von 1968 bis 1970 ausgiebig üben können, galt es doch, das "Nordrhein-Westfalen- Programm 75" als konkrete, durchgerechnete, also machbare Planung der Landesentwicklung für fünf Jahre zu entwerfen. Da brauchte es weniger großgebärdige Visionen als arbeitsintensive Detailüberlegungen.
    Dazu paßt, daß Haak auch im Plenum des Landtages, dem er seit 1970 angehört, nicht durch barocke Sprachgewalt oder durch Kuriositäten Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen versucht hat. Pragmatisch, nüchtern und redlich wären angemessene Charakterisierungen für seine Redeauftritte.
    Der Vorwurf "Technokrat" läßt sich daraus indessen nicht ableiten. Denn Haak, der sich als (evangelischer) "Christ und Sozialist" versteht und sich selbst "etwas links von der Mitte" innerhalb seiner Partei einordnet, hat zwar das Realisierbare in der Rede, dabei aber ein Programm im Kopf, nämlich das Godesberger der SPD: "Es ist noch heute eine gute Basis, es müßte nur öfter gelesen werden."
    Mit so prominenten Jungsozialisten wie Karsten D. Voigt und Wolfgang Roth ist der Bergmannssohn und Noch-Juso Haak in wichtigen Teilbereichen auf einer Linie. Beispielsweise was die Einsicht angeht, daß ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit in unserer Gesellschaft nicht durchsetzbar ist, ohne an dieser Gesellschaft einiges grundlegend anders zu organisieren. Um daran mitwirken zu können, hat der promovierte Jurist Angebote, in eine Rechtsanwaltspraxis einzusteigen, fürs erste ausgeschlagen und ist in die praktische Politik gegangen. Den Praxisbezug, der ihm wichtig ist, stellt das Mandat im Hagener Stadtrat her, das er seit 1969 innehat. Daß Haak sich innerhalb seiner Landtagsfraktion rasch von der Hinterbank weg profilieren konnte, zeigt die Tatsache an, daß ihm als Neuling bereits nach zwei Jahren Landtagsmitgliedschaft der Sprung in den Fraktionsvorstand gelang. Dabei hatte er, der jetzt mit Abstand der jüngste in diesem Gremium, "nur mal Fahne zeigen wollen, um 1975 gewählt zu werden".
    Schwerpunkte seiner Tätigkeit in seiner Fraktion sind die Landesplanung und die Bildungspolitik. Daß ihm dabei über notwendig zu schaffende Quantitäten nicht der Blick für die darauf fußenden, eigentlich wichtigen Qualitäten verloren geht, macht eine Bemerkung deutlich: "Kapazitäten schaffen im Hochschulbereich" sei eine Sache; entscheidend sei jedoch die inhaltliche Hochschulreform, die aber nicht bloß unter dem Gesichtspunkt der Effizienz betrieben werden dürfe: "Bildungspolitik ist Gesellschaftspolitik", also ein Mittel zur Schaffung einer größeren sozialen Gerechtigkeit, meint Haak.
    Natürlich ist Bildungspolitik auch Strukturpolitik relevant. Ex-Landesentwicklungshelfer Haak kämpft deshalb für die langfristige Errichtung einer Gesamthochschule im märkischen Raum, um die bestehenden Hochschuleinrichtungen in der von Strukturkrisen geschüttelten Region Hagen zu erhalten.
    Hartwig Suhrbier

    ID: LI722202

  • Porträt der Woche: Ernst Wilczok (SPD).
    Stellvertretender Vorsitzender des Kommunalpolitischen Ausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 18 - 15.06.1972

    Seine Karriere weist Superlative aus. Mit 27 Jahren war Ernst Wilczok jüngster Oberbürgermeister der Bundesrepublik, mit 29 Jahren jüngster Arbeitsdirektor und, lachend deutete er darauf hin, mit 48 Jahren jüngster Pensionär. Nach Zusammenschlug der Zechengesellschaften zur Ruhrkohle AG trat er von seinem Posten zurück. Damit zählt sich Wilczok jedoch keinesfalls zum alten Eisen. Denn das Bottroper Stadtoberhaupt hat heute einen politischen Full-Time-Job.
    Neben der Wahrnehmung seines Mandats stellt sich ihm seit einigen Monaten die Aufgabe, den Arbeitskreis für Kommunalpolitik in der SPD zu führen. Im Landtag ist er stellvertretender Vorsitzender des Kommunalpolitischen Ausschusses und Mitglied des Verwaltungsausschusses. Die Tätigkeit in diesen parlamentarischen Gremien weist darauf hin, wo die Schwerpunkte der politischen Arbeit von Ernst Wilczok liegen.
    Allerdings, er räumt unumwunden ein, daß mehr die Sachzwänge als eigene Wünsche ihn sich so stark auf dem kommunalpolitischen Sektor engagieren ließen. Mit Sicht auf Bottrop gibt er ein Beispiel: "Die anstehenden Reformen lassen für unsere Stadt noch einiges erwarten." Für ihn, der gar nicht damit einverstanden ist, was bisher an Reformplänen Chancen hatte, gilt es jetzt, die Positionen der Kommunen zu festigen. Dafür macht sich Ernst Wilczok auch im Gremium des nordrhein-westfälischen Städtetages stark, dessen Landesvorstand er von 1950 bis 1961 sowie seit 1968 angehörte und dessen Vorsitz er im Februar dieses Jahres übernahm.
    Der SPD-Politiker, dessen Neigung eher die ist, "sich um Wirtschaft und Finanzen zu kümmern , wie er sagt, wird schon durch die Lage im Revier gezwungen, Hauptarbeitsakzente auf das Kommunale zu setzen. Wilczok war einer der stärksten Befürworter des Vorhabens, die Bergbaustädte des Emscher-Lippe-Gebietes in einer Arbeitsgemeinschaft zusammenzufassen. "Aus der Notwendigkeit einer Verwaltungsreform heraus", wie er betont. Ziel dieser Arbeitsgemeinschaft, deren Vorsitz Wilczok inzwischen innehat, ist es, der schwachen Finanzausstattung der Gemeinden im nördlichen Ruhrgebiet wegen ihrer wirtschaftlichen Einseitigkeit durch den Bergbau entgegenzuwirken und die Infrastruktur zu verbessern.
    Ernst Wilczoks Auffassung ist die, daß die 16 kreisfreien Städte im Revier selbständig bleiben und sich nur maßvoll räumlich ausdehnen sollten. Er wünscht sich einen Dachverband auf der Basis des Ruhrsiedlungsverbandes, dem wichtige Aufgaben wie der Nahverkehr oder die Ver- und Entsorgung übertragen werden könnten. Vor allem auch die Landesplanungsgemeinschaft für das Ruhrgebiet möchte er erhalten wissen.
    Der heutige hauptberufliche Politiker Wilczok wurde 1922 in Bottrop geboren. Sein Großvater und sein Vater waren Bergleute. Er absolvierte eine kaufmännische Lehre und war mit 29 Jahren Vorstandsmitglied bei Rheinpreußen in Homberg. Schon früh, 1948, trat er der SPD bei. Wilczok ist verheiratet und hat vier Kinder. Privat schlägt sein Herz für Schalke 04. Seit 1968 hat er erst drei Heimspiele des königsblauen Kohlenpott-Vereins versäumt.
    Eckhard Hohlwein

    ID: LI721802

  • Porträt der Woche: Dr. Michael Hereth (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 16 - 01.06.1972

    Mit Elan und Schnurrbart zog Michael Hereth im Juli 1970 in den Düsseldorfer Landtag ein. Nach ein paar Wochen war der Bart ab. Jetzt sprießt er wieder, geduldet von seiner Frau, die ihren Mann wenigstens einmal glattrasiert sehen wollte, sich dann aber doch nicht für die Dauer durchsetzen konnte.
    Die Karriere des Michael Hereth hat in diesem Jahr zwei neue Daten bekommen. Seit knapp drei Wochen ist der junge Politiker Vorsitzender des SPD-Unterbezirks Ruhr-Mitte, mit 19 000 Mitgliedern der zweitstärkste Unterbezirk der SPD. Kurz vorher wurde der studierte Politologe an der Ruhr-Universität vom wissenschaftlichen Assistenten zum Akademischen Rat befördert. Doch Hereth registriert trocken: "Ohne einen Pfennig mehr."
    Sein Lebenslauf liest sich, wie sich Lebensläufe eben immer lesen: Trocken. Geboren am 1. Dezember 1938 in Bayreuth, verheiratet, ein Kind. Dieses Kind, ein Sohn, hat die Namen Abel Richard Benjamin: Abel, weil's der Vater so wollte, Benjamin, weil die Mutter darauf bestand und Richard, "damit er später die Wahl hat."
    Nach dem Abitur studierte Hereth Volkswirtschaft, Soziologie und Politische Wissenschaften, wurde Diplom-Volkswirt und Dr. phil., schrieb drei Bücher, schrieb an einem vierten mit und erregte bundesweites Aufsehen, als er mehr Rechte und mehr Geld für die Opposition forderte, und das als Mitglied einer Regierungspartei.
    Zur Politik stieß er als Student durch Waldemar von Knöringen, damals stellvertetender SPD-Vorsitzender. Beide lernten sich in Bonn kennen. Die erste lockere Verbindung wurde fest und fester, bis Hereth den Liberalen Studentenbund, in dem er Mitglied war, verließ und zur SPD ging. Die politische Leidenschaft des Hochschulangehörigen gehört fast zwangsläufig der Hochschulpolitik, doch ist diese Betrachtung sehr vordergründig. Was Michael Hereth wirklich bewegt, sagen seine Bücher und seine Buchtitel, angefangen von "Reform des Bundestages", über "Junge Republik" bis zu "Mobilisierung der Demokratie". Seine Studenten zwingen ihn heute häufig zur politischen Diskussion über seine Landtagsarbeit, und Hereth diskutiert gern, wohl wissend, daß die Grenze zur Parteipolitik schnell überschritten ist.
    Als er 1968, nach jahrelanger Arbeit als Dozent an der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bergneustadt und Studienleiter der Georg-von-Vollmar-Akademie in Kochel, die Politik gegen die wissenschaftliche Arbeit ganz und gar eintauschen wollte, ging es ihm damals wie später seiner Frau mit dem Schnauzbart: Der Kahlschlag hielt nicht lange. Freunde drängten ihn zurück in die Parteiarbeit und ins politische Geschäft. Der Landtag kann ihnen dafür dankbar sein. Seine Fraktion hat einen unruhigen Geist und das ganze Haus einen intelligenten Kopf dazu bekommen.
    Helmut Locher

    ID: LI721602

  • Porträt der Woche: Werner Hüffmeier (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 14 - 11.05.1972

    Die sechs Jahrzehnte seines Lebens, auf die Werner Hüftmeier, Landtagsabgeordneter der SPD aus der Zigarrenstadt Bünde am 11. Mai zurückblicken kann, sind ausgefüllt mit Politik, die den gelernten Werkzeugschlosser schon früh beschäftigte und ihn nicht mehr losließ. Seit 40 Jahren hat die Sozialdemokratische Partei in ihm einen ebenso treuen wie aktiven Mitarbeiter, dessen Gesinnung auch die Herrscher im Dritten Reich nicht zu wandeln vermochten, als sie ihn von Oktober 1935 bis April 1937 ins Gefängnis steckten.
    Bei allem Wirken in der Partei sah er in ihr doch niemals den Nabel der Welt, sondern betrachtete sie stets als Mittel zum Zweck, dem Menschen ein lebenswertes Dasein zu ermöglichen. So führte ihn denn auch schon in der Jugend sein Weg in die Gewerkschaft, der er 40 Jahre angehört und der er sich schließlich als Gewerkschaftssekretär zur Verfügung stellte. In seinem jetzt 25jährigen Wirken als Sekretär der Holzarbeitergewerkschaft hat er die Interessen derer, die ihm ihr Vertrauen schenkten, stets so wahrgenommen, wie sie es von ihm erwarteten. Die Zielstrebigkeit, mit der Werner Hüffmeier sich den ihm angetragenen Aufgaben zuwandte, die Aufrichtigkeit, die sein Tun und Handeln bestimmte und die Toteranz, die den niemals auf marktschreierischen Ruhm bedachten Politiker auszeichneten, haben ihm viele Sympathien eingebracht, auch derjenigen, die politisch im anderen Lager stehen.
    Das große Vertrauen, das Werner Hüffmeier genießt, fand immer wieder bei den Wahlen sichtbaren Ausdruck. So entsandten ihn seine Wähler zehn Jahre lang in den Rat seiner Heimatstadt Bünde; 15 Jahre lang wirkt er im Kreistag Herford, wo er bis Anfang 1972 den Vorsitz seiner Fraktion innehatte, und zehn Jahre lang gehört er dem Landtag von Nordrhein-Westfalen an, wo der Hobby-Sportler unter anderem im Sportausschuß und im Ausschuß für Ernährung, Land-, Forst- und Wasserwirtschaft tätig ist.
    Die Tätigkeit als Politiker, das berufliche Engagement in der Gewerkschaft und die Arbeit in anderen Ämtern, so seit 20 Jahren als Vorstandsmitglied der AOK in Bünde und dessen zeitweiliger Vorsitzender, haben Werner Hüffmeier nicht aus dem Gleichgewicht geworfen. Seine Ruhe und Gelassenheit, mit der er sich allen auf ihn zukommenden Problemen stellt, sein überlegtes Handeln in allen Dingen, seine Vorurteilslosigkeit, die seinem Bemühen um Gerechtigkeit entspringt, können manchem als Beispiel dienen. Ihm, der sich in seinen nur kurz bemessenen Mußestunden seiner Familie widmen kann und seiner umfangreichen Bibliothek in seinem Bünder Heim, sagen alle Anerkennungen nichts. Der Erfolg seiner Arbeit im Dienst an seinem Mitmenschen, und sei er noch so klein, ist ihm wichtiger als die lauteste Lobeshymne.
    Joachim Schulz

    ID: LI721402

  • Porträt der Woche: Anke Brunn (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 12 - 27.04.1972

    Vorbei ist die Zeit, da sich der Türhüter erst ihres Abgeordneten-Status' versichern mußte, ehe er die zarte, miniberockte Person mit dem langen blonden Haar in das Hohe Haus am Schwanenspiegel einließ. Vorbei sind auch die Zeiten, da sie von den Massenmedien in verständlicher Begeisterung über "das junge Blut" zur "Miß Landtag" erkoren wurde.
    Inzwischen ist in die parlamentarische Arbeit der Anke Brunn, Diplom-Volkswirtin, wohnhaft in Köln-Lindenthal und mit 29 Lebensjahren die zweit-jüngste Abgeordnete, der Alltag eingezogen, sieht sie aus dieser Perspektive doch manches an ihrer Repräsentativfunktion nüchtern als fehlerhaft und reparaturbedürftig an.
    Nicht, daß sich die leichte Kühle aus dem Norden (Hamburg), die zu ihrer SPD-Kandidatur kam "wie die Jungfrau zum Kind" und die den Kölner Wahlkreis IV der weiland Katharina Focke (jetzt Staatssekretärin in Bonn) dann doch überzeugend gewann, Illusionen gemacht hätte. Ihr Soziologen-Wissen und ihr kluger Kopf, der hauptberuflich im Rechenzentrum der Kölner Universität die Computer programmiert, wird sie schon daran gehindert haben. Mit dem ihr eigenen schwesterlichen Lächeln kann die Ehefrau (des 31jährigen Historikers Dr. Gerhard Brunn) und Mutter (des sechsjährigen Knaben Carl) sogar behaupten: "Obwohl jung und Frau — in einem gewissen Sinne hat man mich akzeptiert." Und das gilt nicht nur für die SPD-Fraktion, sondern auch für das Plenum, vor dem sie 1970 über das Kindergartengesetz ihre (erfreulich kurze) Jungfernrede hielt — vom Jugendausschuß, in dem sie Vollmitglied ist, ganz zu schweigen.
    Aber, und dieses "aber" schreibt sie groß, inzwischen hat sie selbst erlebt, wie schwer es ist, im Landtag "politische Zielvorstellungen" zu artikulieren und durchzusetzen. Ihre Zwischenbilanz nach fast zweijähriger Abgeordneten-Tätigkeit fällt denn auch gezügelt aus: "Es hat sich gelohnt, aber Nerven gekostet." Die "Schuld dafür lastet sie niemand persönlich, wohl aber dem parlamentarischen Regierungssystem an, das dem einzelnen Mandatsträger — von der Bürokratie der Regierung, aber auch der Gegen-Bürokratie der Fraktionen einengt — nur wenig Spielraum läßt und ihn zum "Laufbahnabgeordneten" mediatisiert.
    Nicht zufällig gehörte Anke Brunn daher auch zu jenen rund 30 jungen SPD-Parlamentariern, die im September 1970 den "Aufstand von Wanne-Eickel" gegen das eigene Fraktions-Establishment probten. Bei der Probe ist es geblieben: Aus dem Impuls von damals, die Fraktion solle sich eine Geschäftsordnung geben, mehr und öfter über Grundsatzfragen diskutieren, wurde nichts — die jungen müssen mit den alten, manchmal allzu beharrenden Kräften weiterleben.
    Wie es scheint, hat sich Anke Brunn damit abgefunden. Wie es scheint, hat sie demzufolge die Linien ihrer politischen Aktivitäten sowohl verkürzt als auch verlängert. Im Parlament — Beschränkung auf das Notwendige, nach dem Motto: "Der Jugendausschuß ist kein Volkstanzkreis, er bietet echte Möglichkeiten, etwas zu tun." In der Partei — Besinnung auf das Grundsätzliche, nach der Devise: "Die SPD sollte sich noch stärker als Klassenpartei profilieren."
    Sie, die ihre ersten politischen Erfahrungen an der Hochschule im SHB, in der Humanistischen Studentenunion und später im Republikanischen Club sammelte, sie, die ihre Zivilcourage in Bürgerinitiativen für Schüler- und Kinderläden unter Beweis stellte, trat 1967 der SPD bei, "um den Sachen mehr Effizienz zu verleihen". Die nüchterne Abwägung von Aufwand und Ertrag ist Anke Brunns Sache, mögen sich auch die Relationen mitunter zuungunsten ihres Privatlebens und der wissenschaftlichen Arbeit verschieben. Ob sie 1975 wieder für den Landtag kandidieren will, wird sie sich daher wohl noch so manches Mal überlegen.
    Dr. Dirk Bavendamm

    ID: LI721202

  • Porträt der Woche: Hans-Günther Toetemeyer (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 11 - 20.04.1972

    So unwahrscheinlich es für viele CDU-Politiker im Landtag klingen mag, befragt nach einer politischen Alternative zu seiner Mitgliedschaft in der SPD antwortet Hans-Günther Toetemeyer: "Früher vielleicht einmal der linke Flügel der CDU." Denn im Gegensatz zu heute war für den 1930 in KeetmanshooplSüdafrika geborenen Toetemeyer die SPD durchaus nicht immer selbstverständliche politische Heimat. Die SPD vor dem Godesberger Programm kam für ihn nicht in Frage, weil sie seiner Meinung nach zu religionsfeindlich war.
    Nach Godesberg, nach der definitivprogrammatischen Absage an den dogmatischen Marxismus, wurde er sozialdemokratisches Mitglied. Aber noch 1963 hatte er es bei Wahlen zum Ortsvereinvorstand als Religionslehrer, der er nach dem Studium der evangelischen Theologie und Geschichte geworden war, schwer. Heute freilich fühlt sich der Christ Toetemeyer nicht mehr als Fremdkörper in der SPD, die Spannungen sind geschichtlich überwunden, Spannungen, deren Ursachen Toetemeyer wohlgemerkt nie bei der SPD, sondern bei der in früheren Jahrzehnten national-konservativen Kirche sah.
    Sohn einer bürgerlich-konservativen Beamten- und Kaufmannsfamilie, besucht er ein Gymnasium in der Arbeiter- und Industriestadt Gelsenkirchen. Nach dem Examen entscheidet er sich trotz der Qualifikation als Gymnasiallehrer für die Berufsschule. Die Jahre als Berufsschullehrer 1956—1964 sind der eigentliche Anlaß für Toetemeyer, aktive Politik zu betreiben. Denn die etwa 80 Prozent der jungen Menschen, die die Berufsschule durchlaufen, sind unterprivilegiert. Ihnen (und ebenso ihren Eltern) zu größerer sozialer und bildungsmäßiger Gerechtigkeit zu verhelfen, sieht Toetemeyer als seine zentrale politische Aufgabe an.
    Als Toetemeyer 1966 Landtagsabgeordneter wird, gilt sein Hauptinteresse deshalb dem Kulturausschuß, der Arbeit für Lernmittelfreiheit, Transportkostenerstattung und einer größeren Durchlässigkeit der Schulsysteme. Bildungspolitik ist für ihn Sozialpolitik, oder besser: ohne eine gerechte Bildungspolitik für alle bleibt Sozialpolitik nur ein Herumkurieren an Symptomen.
    Konkrete Arbeit im Bereich des Möglichen: Zum Beispiel die Initiierung eines "Instituts für politische Bildung" an der Universität Köln mit der Möglichkeit, die Fakultas in Politik zu erwerben. Im Haushaltsplan steht es, realisiert ist es noch nicht. Konkrete Arbeit im Bereich des Möglichen sieht Toetemeyer auch im Petitions- und Rechnungsprüfungsausschuß. Auch hier wieder mit dem Ziel, dem großen Be-, völkerungsteil, dem es schwer fällt sich durchzusetzen, zu seinem Recht zu verhelfen. Selbst wenn dies zu einer so unliebsamen Auseinandersetzung wie der mit dem Architekten Schneider-Essleben führt, die schließlich vor Gericht mit einem Vergleich endete.
    Es gibt einen von Orientierungslinien abgesteckten Bereich, in dem Toetemeyer sich bewegt: im Positiven ist dies die Bildungspolitik als Hebel zu größerer sozialer Gerechtigkeit und der christliche Glaube, im Negativen die Absage an national-konservatives und marxistischdogmatisches Denken. Wenn Toetemeyer allerdings innerhalb dieses so abgesteckten Bereiches einmal eine Position bezogen hat, verfolgt er sie mit Konsequenz. So zum Beispiel sein Kampf für die Gemeinschaftsschule, für die die augenblicklichen Kämpfe Nordirlands ihm ein "blutiges Plädoyer" bieten.
    Seit April dieses Jahres ist der Kölner SPD-MdL auch Beigeordneter der Stadt Hagen. Das hat natürlich Konsequenzen. Die Arbeit im Petitions- und Rechnungsprüfungsausschuß wird er niederlegen und für die Gründung einer Universität Hagen, die er "schon seit langem im Blick auf die 80er Jahre" befürwortet, wird er weder im Plenum noch im Kulturausschuß das Wort ergreifen. Die wichtigste Konsequenz: periode wird er sich zwischen Düs- 1975 nach Ablauf dieser Legislaturseidorf und Hagen entscheiden müssen. Mag für ihn selber die Alternative heute noch offen sein, die Voraussage sei gewagt, daß die Entscheidung gegen den Abgeordnetensitz und für die öffentliche Verwaltung ausfallen wird. Cornelius Bormann

    ID: LI721102

  • Porträt der Woche: Dr. Till Kalsbach (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 7 - 02.03.1972

    Abseits stehen und immer nur mekkern genüge eben nicht, fand er, sondern man müsse mitmachen. Inzwischen macht der SPD-Abgeordnete und Rechtsexperte seiner Fraktion, Dr. Till Kalsbach (36) nicht nur im Düsseldorfer Landtag so engagiert mit, daß Privatleben und Frau zu kurz kommen und seine Tätigkeit als Anwalt zumindest vorläufig "im Eimer" ist. Dabei gehörte aktives politisches Engagement — und dazu noch für die Sozaldemokraten — bestimmt nicht zur Familientradition seines gutbürgerlichen Elternhauses, eher schon die Karriere zu einem erfolgreichen Anwalt. Kalsbachs Vater war als Strafverteidiger weit über die Grenzen seiner Heimatstadt Wuppertal hinaus bekannt.
    Mit seinem Eintritt in die SPD wartete Till Kalsbach so lange, bis ihm 1964 seine fast abgeschlossene Referendarausbildung etwas mehr Zeit ließ. Denn der Parteineuling wollte mehr als nur Karteileiche sein. Fünf Jahre später wurde er in Wuppertal Stadtverordneter. Kalsbach hatte als erster den Wahlkreis Barmen Mitte für die SPD gewonnen. So fand er es dann doch "auch etwas schade", als er 1970 für den Einzug in das Nordrhein-Westfälische Landesparlament seinen Sitz im Wuppertaler Stadtrat aufgeben mußte.
    Von scharfen und hitzigen Kontroversen im Landtagsplenum hält er eigentlich wenig. Vielmehr ist er froh, daß die gelegentliche Polarlsierung zwischen Regierungskoalition und Opposition sich nicht in den Ausschüssen fortsetze, sondern daß insgesamt doch nüchterne Zweckmäßigkeit die politische Arbeit bestimme. Er sei zwar Advokat, unterstreicht Kalsbach, aber er streite nicht gerne.
    Sehr schnell profilierte er sich zum Rechtsexperten seiner Fraktion. Gleich zu Beginn der Legislaturperiode wurde er zum Vorsitzenden des SPD-Arbeitskreises für Rechts- und Verfassungsfragen gewählt. Er ist auch Mitglied des Justizausschusses und stellvertretender Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses im Landtag. Maßgeblich beteiligt war Kalsbach im letzten Jahr am SPD-Entwurf für ein Richterwahlgesetz. Jetzt gilt sein Engagement vor allem der Reform der Juristenausbildung. Dem promovierten Anwalt — sein Doktorvater war der jetzige Staatssekretär im Justizministerium Prof. Ulrich Klug — liegt diese Aufgabe "innerlich am Herzen".
    Rechtstheorie und -praxis dürften während der Ausbildung nicht länger in säuberlich voneinander getrennten Portionen verabreicht werden, wolle man jene Juristen, die die gesellschaftlichen Zusammenhänge kritisch erkennen und würdigen können. Vorrangig ist für Kalsbach auch die Humanisierung des Strafvollzugs. Experimente wie in Düren müßten gewagt werden. Und mögliche Fehlschläge dürften nicht Entmutigung bei den Verantwortlichen nach sich ziehen.
    Neben seinem politischen full-timejob hat Kalsbach auch den Beruf eines wissenschaftlichen Assistenten am Kriminalwissenschaftlichen Institut der Kölner Universität. Und schließlich gehört er noch dem Strafrechtsausschuß der Bundesrechtsanwaltskammer an.
    So gehört er dann nur wenig sich selbst, seiner Frau und seinen Hobbys. Kalsbach ist Musikliebhaber, spielt zwar kein Instrument ("leider"), legt aber, wenn er Zeit hat, "schöne Platten vom Barock bis zur Moderne" auf. Und dann liest er noch am liebsten "schöne dicke Romane". Im letzten Urlaub ging's nicht unter ein paar tausend Seiten Gottfried Keller ab. Basteln würde Kalsbach auch gern mehr. Meint Politiker, Literatur- und Musikliebhaber, Wissenschaftler und Bastler Kalsbach von sich selbst: "Ich hätte gut auch Architekt werden können." Christoph Lütgert

    ID: LI720702

  • Porträt der Woche: Heinz Kühn (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 5 - 10.02.1972

    Man müsse als Politiker, so sagte er während des Neujahrsempfanges 1972 in kleinem Kreis, immer etwas vom ,,Genuß des Ärgers" verspüren können; man müsse angreifen können in dem Wissen, daß Angriff Ärger, vielleicht sogar verletzenden Ärger, bringt. Er jedenfalls trachte danach, dem Kampf nicht aus dem Wege zu gehen, auch wenn er Ärger schafft.
    Das Wort vom Genuß des Ärgers stammt von Heinz Kühn. Am 18. Februar feiert er seinen 60. Geburtstag. Keinem seiner Vorgänger war es vergönnt, an einem solchen Tage in solchem Umfang Macht zu demonstrieren: Er ist Ministerpräsident des größten Bundeslandes, Landesvorsitzender einer großen Partei, "Königsmacher" in Bonn mit direktem Draht zu Heinemann und Brandt und nun auch im richtigen Zeitpunkt Präsident des Bundesrates.
    Hier ist von dem Parlamentarier Kühn zu sprechen, der am 27. März 1948 in den nordrheinwestfälischen Landtag einzog und heute mit Abstand der dienstälteste Abgeordnete in diesem Haus ist. 1954 schied er, inzwischen in den Bundestag gewählt, aus, um 1962 zurückzukehren. Als Oppositionsführer und Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion wurde er bei dem Regierungswechsel 1966 Regierungschef. Heute ist er unangefochten die Nummer eins seiner Partei in Nordrhein-Westfalen.
    Journalisten haben ihrem Kollegen Kühn zu danken, daß er ihnen zu jeder Zeit in großer Offenheit den Anspruch auf ausreichende Information einräumt. Information ist für ihn ein unverzichtbares Führungsmittel. Mit Hilfe seiner Kontakte (oft unter Umgehung des amtlichen Presse- und Informationsapparates) sucht er Verständnis für seinen Aufgabenkreis und die damit verbundenen Lasten und Pflichten.
    Kühn ist ein Mann des Wortes und des Wörterbuches zugleich. Der Rheinländer Kühn - Meister der freien Rede wie neben ihm nur der inzwischen in den Bundestag abgewanderte CDU-Abgeordnete Prof. Mikat — ist nie pingelig, wenn es gilt, den politischen Gegner mit beißendem Spott bloßzustellen. Aber es ist immer "Stil" in seiner Rede, trotz aller Schwänzchen, Einrollungen und künstlicher Verzierungen. Noch immer ist er, obwohl er sich in der letzten Zeit vor dem Plenum zunehmend zurückhält, in seiner Formulierungskunst und dem oft verblüffenden Bilderreichtum seiner Sprache unter den 200 Abgeordneten unübertroffen. Kühn hat den Sarkasmus in Erbpacht genommen: "Ich respektiere eines Mannes Wort, auch wenn es ein törichtes Wort ist!" — "Der Text ist formal einwandfrei, aber die Heuchelei sitzt zwischen jeder Interpunktion!" Unvergeßlich sind seine Vergleiche. Er wollte nicht "das Schicksal der Bergleute als Wahlspeck in die Mausefalle des Wahlkampfes hängen".
    Im politischen Kampf ist er frei von jeder Zimperlichkeit. Daß nach geschlagener Feldschlacht dem Beobachter in den Gängen des Landtages oft ein ganz anderer Kühn entgegentritt - ein Mensch nämlich, dem stets das Rauhe und Disharmonische zuwider ist, gehört auch mit zum Bild dieses Ruhelosen und Einsamen zugleich, der im Zweier-Gespräch nie für sich in Anspruch nimmt, etwas Besonderes zu sein. Kühn ist ein Pflichtmensch mit viel Phantasie. Er weiß das und pflegt das Image des Politikers, in dem Herz und Verstand zusammenspielen. Dr. GERHARD MALBECK

    ID: LI720502

  • Poträt der Woche: Alfred Dobbert (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 4 - 03.02.1972

    Mit seinen 75 Jahren möchte Alfred Dobbert in dem aufregenden Karussell unserer Tage nicht mehr auf den Pferdchen sitzen, aber die Politik interessiert ihn immer noch brennend. 18 Jahre lang Vizepräsident des nordrhein-westfälischen Landtags und Mitglied des Fraktionsvorstandes der SPD, einer der wenigen noch lebenden Reichstagsabgeordneten und früherer Abgeordneter im sächsischen Landtag, verfügt Dobbert darüber hinaus noch über Erfahrungen in drei Kommunalparlamenten: Grossenhain, Meißen und Wuppertal. Der Abstand vom politischen Alltagsgeschäft und die Weisheit des Alters lassen ihn die Vergangenheit auch seine eigene — heute in manchem etwas anderes sehen als in der Zeit, in der er selbst mit Engagement Politik betrieb. Die Konturen sind weicher geworden.
    Der "Liberale" unter den Sozialdemokraten, dem man schon in seinen Kampfjahren von allen Seiten Toleranz und Fairneß attestierte, vergleicht und wägt ab. Urteile kommen ihm nicht leicht über die Lippen, und wenn er sie abgibt, spürt man ihre Abgewogenheit, die Schweigen gemahnt, wenn Verletzen auch nur denkbar erscheint.
    Dobberts bedeutendste Zeit liegt in dem ersten Nachkriegsjahrzehnt, so mutig und gewichtig seine Haltung auch im Reichstag, beispielsweise bei der Ablehnung des Ermächtigungsgesetzes, gewesen sein mag. Er war einer der Männer der ersten Stunde, die sich in einem Anfall von Selbstironie " Trümmer-Metropoliten" nannten, und ist fest davon überzeugt, daß dieser Landtag von Nordrhein- Westfalen seiner Aufgabenstellung gerecht geworden ist.
    Sein persönliches Verdienst — es ist vom Bundespräsidenten mit der Verleihung des Bundesverdienstordens mit Stern und Schulterband gewürdigt worden — lag in der Fähigkeit, Brücken geschlagen und sich immer wieder dem schwierigen Amt eines ehrlichen Maklers unterzogen zu haben und das alles, ohne je auch nur in den Verdacht gekommen zu sein, seine Hand für faule Kompromisse zu reichen.
    Wenn einmal die nordrhein-westfälische Landesgeschichte in allen Details geschrieben wird, wird sie auch Dobberts Bemühungen um eine Große Koalition in diesem Lande zu würdigen haben. Das war Anfang der fünfziger Jahre unter Karl Arnold und Mitte der sechziger Jahre unter Franz Meyers. Beide Versuche sind nicht am mangelnden Verhandlungsgeschick Dobberts gescheitert. Der Vor^ kampier für die Kulturhoheit der Länder wünscht sich heute ein Stückchen mehr Zentralismus im Bildungsbereich und zugleich ein wenig mehr Ruhe an der Reformfront.
    Memoiren schreibt er zunächst nur für seine Enkel, vielleicht auch noch ein wenig mehr für den Landtag. Vor einer umfassenden Autobiographie aber schreckt er zurück, nicht, weil er nichts zu sagen hätte, sondern weil er es heute im nachhinein bedauert, nur als Geschäftsmann, nie aber als Politiker Aktennotizen gemacht zu haben. Ohne ausreichende Notizen aber, ohne einen umlassenden Zettelkasten, möchte er "sein Buch" nicht schreiben. Dazu ist er viel zu gründlich und intellektuell zu ehrlich. Das Stück deutscher Parlamentsgeschichte, das er mit 69 Jahren, bei seinem Ausscheiden aus dem Landtag mit nach Hause nahm, um es zu durchforschen, wird nicht geschrieben werden. Leider... Karl Fischer

    ID: LI720402

  • Porträt der Woche: Günter Kalinowski (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 2 - 20.01.1972

    Günter Kalinowski, Abgeordneter des Landtags Nordrhein-Westfalen in der SPD-Fraktion, ist tot. Die Beisetzung in seiner Heimatstadt Gladbeck war ein Ereignis. Trübe Monate waren dem vorausgegangen. Rund 2000 Bürger erwiesen ihm die letzte Ehre. Er hatte sie mühsam erkämpft durch Taten, die aus der Geschichte der Stadt nicht zu tilgen sind.
    Wer Günter Kalinowski kannte, wird ihn so in der Erinnerung behalten: Unscheinbar von Statur, ein hartes, angespanntes Gesicht mit kühlen Augen, wenn es um politische Dinge ging. Doch dieses Gesicht, das schon lange die Spuren von Krankheit trug, konnte auch lachen. Sein Humor war trocken und schlagfertig sein Witz.
    Der Politiker Kalinowski hatte ein großes Programm, aus den Erkenntnissen der Vergangenheit und der nüchternen Sicht des für eine lebenswerte Zukunft Unerläßlichen im Eigenbau zurechtgezimmert. Nichts ging ihm schnell genug. Als er im Sommer 1962 seinen Platz im Sitzungssaal der SPD-Fraktion einnahm, war er vom Start weg ein unbequemer, ein ungeduldiger Himmelsstürmer gegen eingefahrene parlamentarische Arbeitsweisen.
    Damals, knapp 41 Jahre alt (Kalinowski wurde am 11. Dezember 1921 in Gladbeck geboren), war er bereits aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr fähig, einen handwerklichen Beruf auszuüben. Der Krieg und die Arbeit als Bergmann hatten ihn zum Invaliden gemacht. Sein "Hobby" war neben seiner Familie, Frau und zwei Kinder, die verbissen verfolgte Idee, aus Gladbeck zu machen, "was nur eben daraus zu machen ist".
    Hier wurde er 1956 Stadtverordneter, 1961 Bürgermeister und 1965 Oberbürgermeister. Die Situation war miserabel. Das Zechensterben hatte dem kommunalen Gefüge tiefe Risse versetzt. Es fehlten nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die dynamischen Schwungkräfte, die eine Stadt braucht, wenn sie das nächste Jahrhundert überleben will.
    Günter Kalinowski setzte überall den Hebel an. Als Landtagsabgeordneter karrte er Hilfen des Landes herbei. Im städtischen Bereich, wo er sich als der große Initiator zum "Kaiser von Gladbeck" entwickelte, war er hinter jedem Quadratmeter Land, auf dem man Industrien ansiedeln oder ganze Stadtteile bauen konnte, her wie der Teufel hinter armen Seelen.
    Schon in den letzten fünfziger wie in den ersten sechziger Jahren sprühte er vor Eifer und Stolz, wenn er auswärtigen Besuchern aus dem Auto heraus weite Ackerflächen am Rande der Stadt präsentierte: "Das haben wir bereits gekauft." und: "Da verhandeln wir noch mit dem Bauern."
    Es liegt eine gewisse Tragik darin, daß Günter Kalinowski ausgerechnet dort gestolpert ist, wo seine Verdienste am größten sind: Eine Grundstücksaffäre, deren Hintergründe bis heute unklar sind, führten im Frühjahr 1971 zu seinem Rücktritt als OB. - Im Landtag ehrten die Fraktionskollegen den Verstorbenen: "Hier hat er mehr als nur seine Pflicht getan."
    Heinz Meyer-Wrekk

    ID: LI720202

  • Porträt der Woche: Karl Trabalski (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 1 - 13.01.1972

    Einer seiner Großväter war Ministerpräsident von Sachsen, der andere Völkerbundbeauftragter für die polnische Minderheit. Alle Männer seiner Familie haben unter Hitler gesessen, sein Vater wurde dann auch noch von Ulbricht eingesperrt. Karl Trabalski möchte heute dazu beitragen, daß die Politik humaner wird, denn noch entdeckt er "Elemente des Honoratiorensystems" in ihr. Und er fordert von sich für andere: "Wer sich als Abgeordneter zur Verfügung stellt, muß wissen, daß er dafür bezahlen muß. Mit seinen Aufstiegserwartungen im Beruf beispielsweise." Doch Karl Trabalski hat schon einen höheren Preis gezahlt: Erst warf ihn ein Herzinfarkt aufs Krankenlager, dann ein Kreislaufkollaps. Auf die Frage, wann er sich Zeit für sich selbst nimmt, antwortet er nur: "Das ist das große Thema meiner Familie!" Von sich selbst spricht er nicht.
    Das Gespräch kann an jedem beliebigen Punkt beginnen, es endet fast zwangsläufig beim Wohnungsbau. Mehr noch als seine Hobbys, als klassische Musik, als lange Wanderungen, sein Gärtchen und farbige Fotos, fesselt den leidenschaftlich engagierten Politiker Karl Trabalski der Bau von menschenwürdigen, familiengerechten und preiswerten Wohnungen. Für ihn schaffen sie den ersten Freiheitsraum des Menschen; alles andere kommt später.
    Der 48jährige Sozialdemokrat ist wie eine Dampfmaschine: äußerlich kühl und still, aber drinnen läuft die Maschine auf Hochtouren, stets unter Dampf, stets unter Druck. Sein Ehrgeiz greift nicht nach Ämtern, er hat genug davon. Sein Ehrgeiz liegt viel näher. Karl Trabalski möchte seine Arbeit stets und ständig möglichst besser tun als gut. Sein "intellektueller Filter" gestattet ihm nur dann den Weg nach außen, wenn er sich und seiner Sache völlig sicher ist. In dieser Eigenschaft liegen Schwäche und Stärke zugleich. Wenn andere in der Cafeteria des Landtags politische Grundsatzgespräche führen, kaut der äußerlich fast unscheinbare Mann ein Butterbrot und diktiert seine Post. Er hat ohnehin schon viel zu wenig Zeit. Am Samstag und am Sonntagvormittag ist er für jeden zu sprechen, der ihn anruft oder besuchen möchte. Die restliche Zeit des Wochenendes geht für gewerkschaftliche Schulungstätigkeit drauf. Die Woche über ist Karl Trabalski im Parlament, auf den verschiedensten Ebenen seiner Partei und als ehrenamtliches Vorstandsmitglied einer Wohnungsbaugenossenschaft für sein politisches Lieblingskind in Aktion. Nebenbei arbeitet er im DRK und im Arbeitersamariterbund. Für ihn ist die Tätigkeit in zwei verschiedenen Hilfsorganisationen fast selbstverständlich, denn nach Trabalskis Meinung sollen sich die caritativen Verbände keine Konkurrenz machen. "Sie sollen sich die Arbeit teilen und Schwerpunkte setzen." In der Altenbetreuung beispielsweise und auch sonst.
    Die politische Triebfeder für den DDR-Flüchtling aus Leipzig, im Kriege schwer verwundet, liegt im Elternhaus.
    Helmut Locher
    Bildunterschrift:
    Karl Trabalski (SPD), Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Wohnung- und Städtebau

    ID: LI720102

  • Porträt: Heinz Netta (SPD) Stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Landesplanung.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 33 - 09.12.1971

    Sein Wunsch, den Männern zu helfen, die noch weit über 1945 hinaus vom Zweiten Weltkrieg und seinen Folgen besonders in Mitleidenschaft gezogen worden waren, sein Verlangen, den Spätheimkehrern zu einem neuen Start im Frieden zu verhelfen, führten den jungen Heinz Netta zur Politik. Denn Netta hatte am eigenen Leib erfahren, was es heißt, noch Jahre nach Kriegsende von zu Hause fort zu sein und dann unter Schwierigkeiten Fuß fassen zu müssen.
    Er war selbst erst 1949 aus russischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden. Netta hatte das Pech gehabt, noch 1945 durch Einzug in den Reichsarbeitsdienst in den Strudel der Geschehnisse hineingezerrt worden zu sein.
    Seinen politischen Weg begann der SPD-Landtagsabgeordnete im nördlichen Ruhrgebiet, dort, wo sich schon das weite Münsterland abzeichnet, in seiner Geburtsstadt Oer-Erkenschwick. 1956 wurde Heinz Netta Mitglied des Rates der Stadt. 1960 wählte ihn die SPD von Oer-Erkenschwick zu ihrem Vorsitzenden, 1963 übernahm er das Amt des Bürgermeisters in seiner Gemeinde. Nettas politische Ambitionen endeten jedoch nicht an der Stadtgrenze. 1966 erfolgte erstmalig die Wahl in den Landtag.
    Engagement zeichnen den Mann des Ausgleichs aber auch aus bei Dingen, die sich noch weiter draußen taten und tun. Er war 1958 bei der ersten offiziellen deutschen Gruppe dabei, die Kontakte in Israel aufnahm. Der Mann aus dem Revier erinnert sich, daß es harte Diskussionen vor allem mit jüdischen Gewerkschaftlern und Studenten gegeben habe. Das hatte einen besonderen Grund. Der Fall Eichmann wurde damals gerade aufgerollt. Zur Zeit bemüht er sich um die Bildung eines Ausschusses zur Gründung des Rates der Gemeinden Europas, der im französischen Lille seinen Sitz erhalten soll.
    Im Landtag ist Heinz Netta im Ausschuß für Wohnungs- und Städtebau sowie im Ausschuß für Landesplanung tätig, dessen stellvertretender Vorsitzender er seit 1968 ist. Den Schwerpunkt seiner Arbeit sieht er selbst in der Landesplanung. Heinz Netta möchte Nordrhein-Westfalen sinnvoll aufgeteilt wissen: Industriestandorte, Wohnsowie Erholungs- und Freizeitbereiche, das ist sein Konzept.
    Trotz aller Aufgaben außerhalb von Oer-Erkenschwick hat er die Belange seiner Revier-Kommune nicht vergessen. Die Umstrukturierung, die auf Unabhängigkeit vom Bergbau abzielte, wurde schon früh unternommen und die ansehnliche Zahl von 2000 neuen Arbeitsplätzen geschaffen. Mit einigem Stolz verweist der Bürgermeister Netta auch auf den Freizeitpark Stimberg, der eingerichtet wurde und nun Bewohner aus dem ganzen nördlichen Revier anzieht. Der Staat honorierte des SPD-Politikers besondere kommunalpolitische Leistungen mit der Verleihung des Bundesverdienstkreuzes am Bande.
    Der 43jährige, der nach dem Krieg als Waldarbeiter sein Brot verdiente, sich zum Chemieingenieur hocharbeitete und heute den Beruf eines Maschinensteigers auf der heimischen Schachtanlage Ewald-Fortsetzung ausübt, ist verheiratet und hat zwei Söhne. Lassen ihm seine vielen politischen Aufgaben einmal Muße, so geht er zum Schwimmen oder angelt im Halterner Stausee.
    Eckhard Hohlwein

    ID: LI713302

  • Porträt: Karl van Berk (SPD) Vorsitzender des Parlamentarischen Ausschusses für Grubensicherheit.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 31 - 25.11.1971

    Er spricht nicht gern von sich, — und als er dieses sagte, lächelte er ein ganz klein wenig: "Ich mache jetzt das, von dem es heißt, daß jemand sein Haus bestellt." Karl van Berk, im Landtag Abgeordneter der SPD-Fraktion und Vorsitzender des Parlamentarischen Ausschusses für Grubensicherheit, ist seit dem 1. Oktober 1971 hauptberuflich ein "freier Mann". Sein Amt im Dienste der Industriegewerkschaft Bergbau und Energie hat er zu diesem Zeitpunkt an den berühmten Nagel gehängt, mit gut 60 Jahren, wie es einem gestandenen Bergmann ziemt.
    Am 12. Dezember 1926 begann der Votksschulabsolvent Karl van Berk auf einer Kohlenzeche in Duisburg- Hamborn seine berufliche Laufbahn. Was im Handbuch des Landtags nüchtern als "Schlepper" vermerkt ist, erhält ein freundlicheres Gesicht, wenn er im persönlichen Gespräch von "Pferdejunge" spricht. Die Entwicklung deckt sich mit seiner Persönlichkeit, an der er ununterbrochen durch Engagement und Selbststudium formte: Hauer, Lehrhauer und Ortsältester, Betriebsratsvorsitzender (1945), ein Jahr später bei der Gewerkschaft, die er mit aufgebaut hat, Sekretär, Bezirksleiter und schließlich 2. Vorsitzender im Hauptvorstand.
    Für ihn und seine Auffassung vom Leben zeugt, was ihm rein zufällig entfährt: "Wenn ich mit meinem VW-Käfer über die Ardennen nach Luxemburg schaukele, macht es mir geradezu Spaß, auf mich allein angewiesen zu sein." Nun, rund 25 Jahre fang stand ihm als Gewerkschaftsmann ein Dienstwagen mit Fahrer zur Verfügung. Jetzt fühlt er sich als "eigener Herr" in einer bescheidenen "Schuhnummer" wohl. Und das, obwohl er noch immer Amter von bedeutenden Würden wahrnimmt. Zum Beispiel: Präsident des Beratenden Ausschusses der EG für Kohle und Stahl in Luxemburg, Vorsitzender der gewerkschaftlichen Stiftung Mitbestimmung.
    Dem Bergbau mit seinen Sorgen und Schmerzen wird er noch lange verhaftet bleiben. Wie der Vater waren auch alle fünf Brüder Karl van Berks vor dem Kohlenstoß. Unfälle und Berufskrankheiten in diesem Metier gehören sozusagen zum Familiengut. Der sachliche, sich meist betont unterkühlt gebende Karl van Berk sieht im Landtagsausschuß für Grubensicherheit nicht nur ein gutes, sondern auch ein unbedingt harmonisch wirkendes Instrument in der Hand von parlamentarischen Fachleuten: "Der ständige erhebliche technische Wandel unter Tage schafft immer neue Probleme." Durch den Austausch von Erfahrungen will der Ausschuß sein Blickfeld erweitern. Mit den Kollegen in Niedersachsen ist er bereits erfolgt. Bald ist das Saarland an der Reihe. Bestimmte "Spezialitäten" möchte van Berk mit Fachleuten des polnischen Bergbaus an Ort und Stelle diskutieren.
    In seinem kleinen Haus am Rande einer Bergarbeitersiedlung in Alsdorf hat der "Pensionär" in diesem Sommer (statt Urlaub) mit einem handfesten Zeitvertreib begonnen: "Ich habe entdeckt, daß das Gärtnern auf eigenem Grund eine feine Sache ist. Nebenbei warten viele Bücher darauf, endlich gelesen zu werden." Heinz Meyer-Wrekk

    ID: LI713102

  • Porträt: Friedel Neuber (SPD) Stellvertretender Vorsitzender des Haushalls- und Finanzausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 27 - 21.10.1971

    Das Auffallendste an ihm sind Statur und Haarfarbe: ein blonder Hüne. Sonst hält er sich im Landtag eher im Hintergrund, mit kühlem Blick kalkulierend. Friedel Neuber tut dies bewußt und mit Methode: "Das Parlament braucht die Bereitschaft einiger Abgeordneten, sich mit Detaitfragen zu befassen."
    Detailfragen — das sind für den gelernten Sparkassenmann die alljährlich neuen Zahtenkumnen des Landeshaushaltes. Als Vorsitzender des Arbeitskreises 5 "Steuern und Finanzen" seiner Fraktion, als stellvertretender Vorsitzender des Haushalts- und Finanzausschusses und als Mitglied des Wirtschaftsausschusses betreibt er, sozusagen, legal die Verquickung von Politik und Beruf, wobei das Finanz-Fachwissen dem Politiker und die anfallenden politischen Informationen dem Finanz-Fachmann zugute kommen.
    Lorbeeren hat der 36jährige sich in seinem Beruf, der ihn eigenen Angaben zufolge ausfüllt, bereits geholt: der derzeitige Präsident des Rheinischen Sparkassen- und Giro-Verbandes, der zugleich auch dem Vorstand des Deutschen Sparkassen- und Giro-Verbandes angehört, beschreibt seine Karriere im Landtagshandbuch stichwortartig selbst so: "Volksschule, kaufmännische Lehre, Buchhalter, Revisor, Geschäftsführer, Verbandsvorsteher." Da er seine Arbeitszeit im Verhältnis eins zu zwei auf Politik und Beruf verteilt, dürften weitere Stichworte erforderlich werden.
    Wenn Politik und Beruf ihn nicht auslasten, dann geht er sowohl handfestgeselligen (Treibjagden) als auch weniger geselligen Beschäftigungen (Briefmarkensammeln, Musik) nach.
    Daß Neuber beschloß, Politiker zu werden, ist wesentlich von der politischen Nestwärme in seinem Elternhaus mit veranlaßt worden: sein Vater, ein Eisenbahner, war überzeugter Sozialdemokrat und ist sein politisches Vorbild. Diese Beziehung dürfte auch Neubers Verhältnis zur Partei entscheidend bestimmt haben. Er gehört noch zu jener "Vor-Münchener" Generation der Jungsozialisten, die ihre Juso- Phase mehr als Gesellenzeit zur Vorbereitung auf eine Parteikarriere ansahen, statt sich wie heute als der notwendig kritische Sauerteig der Partei zu begreifen.
    Als Parteimann war Neuber nicht ohne Erfolg. Schon im Jahr seines Parteieintrittes (1957) wurde er Juso- Kreis-Vorsitzender und blieb es bis 1968. Von 1959 bis 1962 führte er den Juso-Bezirk Niederrhein. Dem SPD-Kreisvorstand Moers gehört Neuber seit 1958 an. Von 1961 bis 1969 hatte er den stellvertretenden Fraktionsvorsitz für seine Partei im Stadtrat von Rheinhausen inne. "MdL" darf er sich seit 1962 nennen. Nicht wenig für einen Mann, der beruflich in zahlreichen Gremien tätig zu sein hat. Und auf dessen Zeit auch noch seine Frau und zwei Kinder Anspruch erheben. Hartwig Suhrbier

    ID: LI712702

  • Porträt: Jubilar Richard Ey (SPD) 60 Jahre, 20 Jahre MdL.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 25 - 07.10.1971

    "Nur keine Lobhudelei", meinte Richard Ey, Landtagsabgeordneter der SPD seit dem 12. August 1951. Nun sagt das jeder, der von dieser Stelle aus der Öffentlichkeit vorgestellt wird. Nur, Richard Ey gehört zu den ganz Wenigen, denen man diese Abwehrreaktion abnimmt. Der gelernte Bergmann übt eine persönliche Zurückhaltung, die beispielhaft für viele Politiker sein sollte. Sie äußert sich schon in den spärlichen Angaben zur Person im Handbuch des Landtags. Außer den obligatorischen Angaben über Wohnort, Geburt, Familienstand und "Abgeordneter seit ...", nimmt der autobiographische Teil seiner Angaben noch nicht einmal zwei Zeilen ein.
    Richard Ey wurde am 23. September 1911 geboren. Er lebt und wirkt in Dortmund. Mit 18 Jahren trat der Bergmann Ey der SPD und Gewerkschaft bei. Von diesem Zeitpunkt an darf von ihm gesagt werden, daß er für die Idee und nicht von der Idee lebt. Dieser bildungsbeflissene Arbeiter war bewußt Mitglied jener beiden Organisationen geworden, weil er den arbeitenden Menschen frei haben wollte von materieller Not, politischer Unterdrückung und geistiger Unzulänglichkeit.
    Zwei größere menschliche Gegensätze als der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Heinz Kühn und der kleine Funktionär Richard Ey lassen sich schwerlich aufzeigen. Und doch sind beide derselben Idee verpflichtet. Jeder arbeitet für sie, seinen Möglichkeiten entsprechend. Richard Ey ist hierbei vom Schicksal und aus eigenem Wollen der Part des Mannes zugefallen, der nicht schillert und nicht glitzert, sondern zuverlässig, stetig und unbeirrbar von Zeiterscheinungen oder Zeitgrößen an den Idealen seiner Jugend und seiner Partei festhält. Für ihn ist immer noch Links da, wo das Herz sitzt, er ist nach wie vor für das Du der Genossen untereinander, und er sieht in der roten Fahne der Sozialdemokratie nicht die Farbe der Anarchie, sondern das Symbol der verpflichtenden Tradition!
    Richard Ey gehört seit 1958 dem Landtagspräsidium an. Im Ausschuß für Arbeit und Soziales, im Grubensicherheitsausschuß und im Hauptausschuß ist er herangereift zu einem Kenner und Könner von hohen Graden. Nicht nur als Mitglied des Fraktionsvorstandes, sondern auch als der "gute Mensch" wird in seiner Fraktion auf ihn gehört und sein Rat gern befolgt.
    Das Leben hat Richard Ey nicht geschont. Im letzten Kriegsjahr verlor er einen Arm. Wer etwas von der Schwere des Untertageberufs des Bergmanns weiß, würdigt den Behauptungswillen dieses Mannes, der mit einem Arm nach Kriegsende jahrelang bei der Harpener Bergbau AG unter Tage arbeitete. Und dann nicht als brillierender Redner, als mitreißender Demagoge, sondern als stiller, jedoch fleißiger Arbeiter in der Gewerkschaft von den Kollegen zum Gesamtbetriebsratsvorsitzenden (über zehn Jahre hindurch) gewählt zu werden, das ist der echte Richard Ey!
    Er ist nie an "das große Geld" gekommen. Es unterscheidet ihn von Kollegen in der eigenen Fraktion oder in den politischen Parteien, daß er solches auch nie angestrebt hat. Ja, die jungen alerten Politiker und Genossen mögen über Traditionalisten wie Richard Ey, die mehr an das Gemeinwohl als an sich denken, lächeln und ironisch fragen: "Gibt es sowas überhaupt noch?" Die Wähler aber können gar nicht genug Menschen wie Richard Ey in die Parlamente, in die politische Verantwortung schicken. Fritz Przytulla

    ID: LI712502

  • Porträt: Prof. Dr. Hans Lauber (SPD), stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 22 - 16.09.1971

    Die Formel vom Professor, den der Zufall in die Politik verschlug, ist nicht ganz richtig und nicht ganz falsch: Richtig, weil Professor Hans Lauber (50) "gar nicht so begeistert" und wohl auch etwas überrascht war, als ihm die Parteifreunde im Sommer 1969 eine Direktkandidatur für den Rhein-Wupper-Wahlkreis I antrugen, in dem sich auch der jetzige FDP-Fraktionschef Hans Koch um Stimmen bewarb. Falsch, weil der Professor für Psychiatrie und Neurologie, SPD-Mitglied seit 1955, nie nur medizinisch, sondern immer auch politisch gedacht und wohl auch gehandelt hat.
    Das fing nach dem Kriege an, als der viermal verwundete Fliegersoldat, zuletzt "Feldunterarzt", sein medizinisches Staatsexamen ablegte, promovierte und dann als Assistenzarzt am Krankenhaus zu Süchteln von einem Pfleger für die ÖTV geworben wurde. Zum erstenmal war der Zufall im Spiel, denn eigentlich wollte Lauber den hartnäckigen Gewerkschafter auf diese Weise nur beschwichtigen.
    Als der damals 29jährige Mediziner dann 1950 an die Düsseldorfer Universitätsklinik überwechselte, um sich dort über den Oberarzt (1955) zum außerplanmäßigen Professor hochzuarbeiten, gesellte sich die politische Einsicht bald hinzu. Anlaß war "die trostlose Situation der Psychiatrie", die er damals überall im Lande beobachtete. Lauber kam die Erkenntnis, "daß Wissenschaft allein nicht reicht", wenn man das Los der Menschen verbessern will.
    Sein Debüt im Düsseldorfer Landtag, 1951 bei einem Hearing über die Errichtung von Ärztekammern, war vermutlich eher standespolitischer Natur. Die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft soizaldemokratischer Ärzte, die 1957 für den Bezirk Niederrhein unter Laubers Mithilfe zustandekam, erfolgte aber dann im Zeichen seines parteipolitischen Engagements, das sich freilich noch zügeln mußte.
    Denn Lauber zimmerte damals an seiner wissenschaftlichen Laufbahn, veröffentlichte mehr als 40 Arbeiten vor allem auf dem Gebiet der Intelligenzforschung, die er um ein eigenes Untersuchungsverfahren bereicherte, bis er sich 1961 habilitierte. Ein Jahr später übernahm er die Leitung des Landeskrankenhauses Langenfeld — heute eine psychiatrisch-neurologische Mammut-Klinik mit 1700 Betten, 45 Ärzten und 600 anderen Kräften.
    Daß sich die psychiatrische Versorgung der Bevölkerung von dieser Stelle aus allein nicht verbessern ließ, wurde Lauber immer klarer. Daß die enge Wechselbeziehung zwischen Wissenschaft und Politik von ihm am Ende ein persönliches Opfer verlangte, war nur die Konsequenz. Die Grenze zwischen Zufall und Notwendigkeit begann zu verschwimmen. Was Lauber zusammen mit Gleichgesinnten über die Reorganisation des gesamten Krankenhaus- und Gesundheitswesens in Nordrhein- Westfalen erdacht hatte, drängte nun unmittelbar in die politische Realität.
    Aber noch einmal schlich sich der Zufall ein: Kaum hatte der frischgebakkene Landtagsabgeordnete den stellvertretenden Vorsitz im Arbeitskreis für Arbeit, Soziales und Gesundheit der SPD-Landtagsfraktion übernommen, starb dessen Vorsitzender Karl Schröder, und Lauber rückte nach. Sein erstes politisches Meisterstück legte er nur wenig später ab: Die Landesregierung akzeptierte den Antrag, einen Plan für die psychiatrische Versorgung der nordrhein-westfälischen Bevölkerung zu erarbeiten. Weitere solch' konzeptioneller Pfeile hat der Professor noch im Köcher.
    "Ich bin in erster Linie Arzt" — aber politische Leidenschaft vermag Lauber nun auch nicht mehr zu leugnen. Für die beiden halberwachsenen Söhne und die Frau, einst eine nicht unbedeutende Konzertpianistin, bleibt da nur noch wenig Zeit. Dirk Bavendamm

    ID: LI712202

  • Porträt: Rolf Meyer (SPD).
    Vorsitzender des Sportausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 20 - 02.09.1971

    Sie nannten ihn vor zehn Jahren noch "den jungen Mann von Fritz Steinhoff". Für den Fraktionschef und Ministerpräsidenten der fünfziger Jahre hatte Rolf Meyer immer gearbeitet, wenn auch stets im Hintergrund.
    Dies überhaupt ist eine seiner auffallenden Eigenschaften, nie zog es den typischen Westfalen vom Jahrgang 1924 ins Rampenlicht, stets stand er im unbeleuchteten Teil der Bühne.
    Aus Schwelm stammt Rolf Meyer, der schon 1950 die Geschäftsführung örtlicher und regionaler SPD-Apparate übernahm. Seine Eltern wollten ihn zum Handwerker machen, und tatsächlich hat er sich auch das Patent des Maschinenschlossers erarbeitet, doch als er 1949 die Chance erhielt, an einer schwedischen Heimvolkshochschule zu studieren, griff er sofort zu.
    Gewiß darf man in diesem Zusammenhang von einer "skandinavischen Lehre" sprechen, die dem Sozialdemokraten Meyer die Augen öffnete und ihn mitunter zum skeptischen Freund der eigenen Partei werden ließ. Aber gerade dieser persönliche Läuterungsprozeß erwies sich für die SPD als Gewinn.
    Rolf Meyer hat später als Bezirksgeschäftsführer der mächtigen Parteiorganisation "Westliches Westfalen" das Image der SPD verändert. Sein größter Erfolg läßt sich in Prozenten ausdrücken, denn der Wahlkampfmanager Rolf Meyer verbuchte 1961 und 1965 in seiner Region nicht nur überdurchschnittliche SPD-Gewinne, sondern geradezu Aufsehen erregende Resultate. An Willy Brandts Seite stand dieser Antityp eines Parteisekretärs, und ob im Sauer- oder Münsterland, der Spitzenkandidat und Regierende Bürgermeister von Berlin, traf auf eine generalstabsmäßig vorbereitete Organisation, die nichts dem Zufall überließ.
    So wurde aus Rolf Meyer ein Manager, der heute zum Vorstand der Nordwest-Lottogesellschaft gehört.
    Die Liebe zur Politik ist deswegen jedoch nicht verkümmert, im Gegenteil: Der Landtagsabgeordnete seit 1958 wird von seinen Freunden auch als Landrat des Ennepe-Ruhr-Kreises immer wieder gewählt.
    Der Sport lobt ihn als aktiven Ballspieler und passionierten Förderer auf allen Ebenen, ob im Landtag oder Verband. "Er ist kein Mann des Bla-Bla", sagt über ihn sein Förderer, Minister Werner Figgen. Darin auch liegt der Erfolg. Die Einerseits-Andererseits-Politik, das Schaukeln und Lavieren, dies gibt es bei Rolf Meyer nicht. Als er vor über zwei Jahrzehnten durch das Unterholz seiner Partei schritt und der Gipfel im Dunst der Zweifel lag, wollte der aus der Kriegsgefangenschaft Heimgekehrte "nichts anderes als ein Demokrat sein". Auf diesem Weg hat er es weit gebracht, wobei sicher scheint, daß dies nicht die letzte Prüfung war, der sich Rolf Meyer mit Erfolg unterzog.
    Horst-Werner Hartelt

    ID: LI712002

  • Porträt: Karlheinz Böhm (SPD).
    Mitglied des Fraktionsvorstandes, des Hauptausschusses, des Kommunalpolitischen Ausschusses, des Arbeitskreises"Verwaltungsreform-Kommunalpolitik" und des Redaktionsbeirates für "Landtag Intern".
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 18 - 24.06.1971

    War er der landläufige Typ des Politikers? Sein Jugendwunsch, Architekt zu werden, beantwortet schon die Frage! Doch die heimatlosen Heimkehrer von 1945 wurden nicht nach ihren Plänen gefragt, und so war denn auch in seinem Stammkreis die Überraschung von der unerwarteten Wende im Leben des jungen Karlheinz Böhm, Journalist zu werden, gar nicht so groß. Erst als ihm der Mantel des Kommunalpolitikers angetragen wurde — darum gerissen hat es sich nicht —, rieben alte Freunde ihre Augen, denn sie wähnten den vor allem der Natur zugewandten Gefährten noch immer auf den Wegen der Romantik.
    Böhm war seinem Landsmann Eichendorff nahe, bei dem er die schchlesischen Wälder wiederfand, die er so vermißte, deren Rauschen er noch zu hören glaubte, als er schon seine neue Heimat am Teutoburger Wald aufzubauen begann, Stein um Stein.
    Das Mauern hatte er gelernt, hoch oben auf dem Bau legte er die Gesellenprüfung ab, bevor der Abiturient mit dem Studium begann. Der Krieg jedoch machte den angehenden Architekten zum Soldaten, der auf schrecklichen Schauplätzen des Wahnsinns das nackte Leben rettete, mit vielen Wunden und Narben.
    Nie hat er davon gesprochen, mehr Ekel als Schmerz hinderte ihn daran. Überhaupt war dieser stämmige, auf ersten Blick scheinbar derbe wirkende Mann meist stiller Dulder. Nur einmal brach es aus ihn heraus, begann er zu erzählen, nächtelang gebeugt über seine Schreibmaschine, Seite um Seite füllend, und die Leser der FREIEN PRESSE wurden seine Zeugen.
    Karlheinz Böhm war einer der ersten Journalisten, der in den fünfziger Jahren seine Heimat Wiedersehen durfte, und dieses Wiedersehen mit Breslau gehörte ganz ohne jeden Zweifel zu den großen bewegenden Erlebnissen dieses eingefleischten Schlesiers.
    Kreuz und quer durch die Bundesrepublik fuhr Böhm, seine Landsleute aufspürend, eigentlich aufweckend. Verantwortungsbewußt wie er war, sprach der Heimatvertriebene schon damals die Wahrheit aus — "wer die Polen wieder vertreiben will, ist ein Abenteurer!" Darum auch rang Böhm so zähe um die Integration der Flüchtlinge in der Bundesrepublik, dafür machte er im Rat der Stadt wie im Landtag Politik.
    Den Streit mochte er nicht, als Chefredakteur der kommunalpolitischen Fachzeitschrift "Demokratische Gemeinde" trug er Kontroversen im Kollegstil aus, und selbst der Wahlkampfleiter Böhm verleugnete nicht sein Gemüt: Das Werbeplakat für die SPD zeigte einen blumenumkränzten Spazierstock, dem Betrachter die Richtung in gesunde Ferien weisend.
    Der alte Reichstagspräsident Paul Lobe hatte in Versammlungen der fünfzigerJahre über das Schicksal der Deutschen zwischen 1918 und 1953 gesagt: "Es sucht der Bruder seinen Bruder". Lange lag dieses Zitat des Schlesiers "Löbe-Paul" auf Böhms Schreibtisch, verziert mit Strichen und Punkten einer weichen Handschrift, harmonisch, musikalisch und kristallklar.
    Die Politik hat einen Mann der Gerechtigkeit verloren. Horst-Werner Hartelt

    ID: LI711802

  • Porträt: Werner Pohle (SPD).
    Vorsitzender des Ausschusses für Jugend, Familie und politische Bildung.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 17 - 18.06.1971

    Seine Bewegungen sind ruhig, ohne Hektik, seine Redeweise gleichmäßig, ohne starke Schwankungen. Werner Pohle erweckt den Eindruck eines in sich ruhenden Mannes, er ist, soweit das andere beurteiten können, mit sich und der Welt zufrieden. Und weil er zufrieden ist, deshalb sitzt ihm zuweilen der Schalk in den Augen. Und wie der Mann, so ist auch seine Biographie. Eine Etappe ergibt sich aus der anderen, Sprünge oder Brüche sind nicht zu verzeichnen. Es ist die Biographie eines Mannes, für den die Politik kein Abenteuer ist, sondern eher ein Beruf, der Spaß macht.
    Einige Voraussetzungen für die Biographie Werner Pohles: Seine Geburtsstadt Kiel, wo er aufwuchs und das Humanistische Gymnasium besuchte, gilt spätestens seit 1918 als rote Hochburg. Als Angehöriger des Jahrgangs 1925 haben sich ihm die Not und das Elend der letzten Kriegsjahre und der ersten Nachkriegsjahre unvergeßlich eingeprägt.
    Leider zwei Tage zu spät machte er sein Abitur, denn der 3. Oktober 1943 lag knapp hinter dem nach 1945 anerkannten Stichtag. Und so erwarb Werner Pohle am 28. September 1945 erneut die Hochschulreife. Er hat sie allerdings nie genutzt (es heißt, er habe damals an die evangelische Theologie als Studienfach gedacht), sondern er begann sein Berufsleben in der Diakonie der Holsteinischen Landeskirche. Da nämlich wurde teilweise mit Naturalien gezahlt, und seine schwerkranke Mutter hatte die Butter sehr nötig. Und so ging es weiter. 1951 sozialpädagogisches Examen; 1953 Übernahme von Aufgaben innerhalb der Arbeiterwohlfahrt. Schwerpunkt der sozialpädagogischen Arbeit Werner Pohles war schon damals das Gesellschaftspolitische: Eingliederung der "SBZ-Jugendlichen", kommunale Sozial- und Jugendarbeit.
    Und als Ergänzung dieser beruflichen Arbeit erfolgte schon früh im Jahre 1950 der Eintritt in die SPD. Warum? Aus idealistischen Gründen? Nein, das würde auch zu dem Praktiker Pohle nicht passen. Zwar war der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Professor Preller, ein führender Sozialist, ein Vorbild für ihn. Aber die eigentlichen Motive für seinen sozialdemokratischen Parteieintritt waren doch die gleichen wie für seine Berufswahl: sozial-humanitär. Wenn es nicht so abgegriffen wäre, könnte man sagen: Mitleid mit den Schwachen, d. h. mit den Jugendlichen, mit den Alten und mit den Armen. Mehr oder weniger Zufall war es dann, daß Werner Pohle Anfang der 50iger Jahre in Minden ansässig wurde. Und nun synchronisiert sich Berufliches und Politisches: 1956 wird Pohle Stadtverordneter und 1961 Bürgermeister, der erste Sozialdemokrat auf diesem Stuhl der früheren Beamten- und Garnisonsstadt Minden. 1962 erfolgte die Wahl in den Landtag.
    Und bei dieser Kombination ist es bis heute geblieben: Bürgermeister, MdL und Sozialpolitiker. Pohles Antwort, ob er damit nicht zufrieden sei und ob er noch andere Ziele habe: Nein. Eine andere Antwort hätte auch verwundert. Denn auf diese Weise ist die Synchronisation perfekt: Der Sozialpolitiker Pohle versucht, die Anregungen aus der Kommune im Landtag umzusetzen und umgekehrt. Der Sozialpolitiker Pohle versteht die Jugendarbeit primär als Bildungsarbeit und erst sekundär als Freizeitbeschäftigung.
    Der Sozialpolitiker Pohle möchte die Lebensphase der alten Menschen in der ihnen gewohnten Umgebung soweit wie möglich ausdehnen, den Heimaufenthalt so weit wie möglich hinausschieben. Der Sozialpolitiker Pohle sieht den Unterschied zwischen SPD und CDU darin, daß die Sozialdemokraten über die öffentliche zur privaten Verantwortung kommen wollen, die Christdemokraten über die private zur öffentlichen. Das CDU-Konzept sei ein Irrtum, weil der Übergang nicht klappe.
    Werner Pohle brilliert nicht, aber er ist glaubwürdig, denn: Jugend und Soziales ist kein politisches Schaugeschäft, aber es macht Spaß, weil es genug Aufgaben gibt.
    Cornelius Bormann

    ID: LI711702

  • Porträt Ernst Ermert (SPD) Vorsitzender des Ausschusses für Innere Verwaltung.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 15 - 27.05.1971

    Auch im Düsseldorfer Landtag gibt es Tiefstapler. Damit sind jene Abgeordneten angesprochen, die kaum von sich reden machen und dennoch häufig mehr Einfluß haben als mancher Minister. Zu ihnen zählt der SPD-Politiker Ernst Ermert (52) aus Duisburg. Als Vorsitzender des Ausschusses für Innere Verwaltung sitzt er an einem wichtigen Schalthebel des Parlaments.
    Der Name dieses Ausschusses mag dem Laien kaum etwas sagen, dem Eingeweihten umso mehr. In diesem Gremium geht es zum Beispiel um Fragen der inneren Sicherheit unseres Landes, hier werden Probleme der Verbrechensbekämpfung, der Ausrüstung der Polizei, des Verfassungs- und Katastrophenschutzes und der Beamtenbesoldung beraten. In diesem Themenkreis ist Ernst Ermert zu Hause. Er tritt für eine Reform des öffentlichen Dienstrechts von Grund auf ein, empfiehlt die Bundeskompetenz für Besoldungsfragen und streitet für eine Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, der künftig außer mehr Geld auch klare Kompetenzen zugewiesen werden müßten.
    Dem Landtag gehört er mit einer Unterbrechung von 1958 bis 1962 seit 1954 an. Für die vierjährige Pause ist der CDU-Abgeordnete Friedrich Heinen verantwortlich, der Ihm 1958 das Direktmandat wegschnappte.
    Damals hatte Ernst Ermert noch keinen sicheren Platz auf der Landesliste. Mit Heinen verbindet ihn übrigens eine enge Freundschaft; parteipolitische Gegensätze tun dem keinen Abbruch. (Außerdem hat sich der CDU-Konkurrent von damals inzwischen einen anderen Wahlkreis gesucht.) Der Weg zum Politiker war Ernst Ermert nicht vorgeschrieben. Den Entschluß, sich politisch zu engagieren, faßte er in der dunkelsten Stunde seines Lebens am 8. April 1945, als seine erste Frau und sein Kind unter Trümmern den Tod fanden.
    Damals schwor er sich, er werde mithelfen, um ein zweites Drittes Reich zu verhindern. Den Weg zur Sozialdemokratie fand er über einen Bekannten, der ihn Ende 1945 in Duisburg in einem Bunkerloch entdeckte, wo er hauste, weil seine frühere Wohnung nicht mehr stand.
    Der Bekannte nahm ihn in seine Familie auf, bot ihm die Couch als Schlafstatt an und brachte ihn mit Freunden aus der SPD zusammen, denen sich Ermert bald anschloß. "Das andere ergab sich", meint er 25 Jahre später.
    In seiner Partei hat Ernst Ermert heute einen starken Rückhalt. Er gehört dem Vorstand der SPD- Landtagsfraktion an und führt, abgesehen von einer Reihe anderer Ehrenämter, außerdem die SPD- Fraktion im Duisburger Stadtrat.
    Damit sind sogar die Jungsozialisten einverstanden, die sonst parteiintern gegen alle Doppelmandate Sturm laufen, aber in Duisburg ausdrücklich erklärten, bei Ernst Ermert akzeptierten sie die Ausnahme.
    Da er außerdem noch einen Beruf hat — er ist Statistiker bei der Duisburger Arbeitsverwaltung —, fragt sich jeder, wie dieser Politiker das alles schafft, was er sich oder andere ihm auf die Schultern geladen haben. Die Antwort heißt 16-Stunden-Tag.
    Frau, Tochter Susanne (15) und Sohn Kurt (14) sind mit seinem politischen Engagement einverstanden: "Die Kraft für das politische Geschäft gibt mir meine Familie", sagt der Vater.
    Zu Steckenpferden bleibt ihm keine Zeit. Schachspielen (früher sogar als Turnierspieler), die regelmäßige Skatrunde, Schwimmen, auch das Lesen, was nicht Pflichtlektüre ist — zu all dem kommt er nicht mehr. Nur im Urlaub, den die Familie meist am Meer verbringt, kann er ausspannen. Und das tut er dann mit Krimis.
    Zu einem Porträt über den Vorsitzenden des Innenausschusses gehört ein Hinweis auf seine Tabakspfeifen. Ernst Ermert besitzt etwa 30 Stück. Die teuersten schenkten ihm seine Parteifreunde zum 50. Geburtstag. Er raucht seit Jahren nur einen ganz besonderen, aus Kentucky stammenden Virginia- Tabak. Dabei sieht er sich nicht nur politisch in der Geesellschaft von Herbert Wehner. Der hat zwar 150 Pfeifen, aber er raucht — das stellten beide kürzlich nach einer harten Wahlkampfveranstaltung bei einem privaten Tabakkollegium fest — seit Jahren die gleiche seltene Tabaksorte. Ernst-Andreas Ziegler

    ID: LI711503

  • Porträt: Heinz Dunkel (SPD).
    Vorsitzender des Ausschusses für Verwaltungsreform.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 13 - 13.05.1971

    Solingen hat seine besondere politische Wertmarke. Heinz Dunkel (SPD) heißt sie, Jahrgang 1931. Im Jahre 1964 wählten den Zweiunddreißigjährigen seine Parteifreunde, unterstützt von drei DFU-Stimmen, gegen die CDU und FDP zum Stadtoberhaupt — jüngster OB in der Bundesrepublik. Sechs Jahre später — 1970 — bestätigte ihm der SPD-, CDU- und FDP-Rat durch eine einstimmige Wiederwahl, daß er seine Sache gut gemacht hatte.
    Sein erlernter Beruf ist regional bestimmt. Er ist Schneidwarenschleifer in der Solinger Industrie gewesen, und in dieser Tätigkeit betrat er die politische Bühne. Die Gruppe Heimarbeiter in der Schneidwarenindustrie (IG Metall) wählte ihn zu ihrem zweiten Vorsitzenden.
    Mit 29 Jahren saß er bereits im Rat der Stadt. Die kommunalen Probleme entwickelten sich zu seinen Alltagssorgen und drängten ihn über die Grenzen seiner Stadtregion hinaus. Zweimal blieb er in der Landtagswahl Sieger gegen den attraktiven CDU-Gegenkandidaten, den ehemaligen Finanzminister Pütz.
    Heute führt er im Landtag, folgerichtig in der Kommunalpolitik avanciert, den Vorsitz im Ausschuß für Verwaltungsreform. "Ich bin sicher", sagte er voraus, "daß bis 1975 die Reform abgeschlossen ist." Voraussetzung sei allerdings, daß die Entwicklung sachlich vorangetrieben werde und die Bildung der großen Gemeinden und Kreise nicht in den Parteienstreit gerate. Die wichtigsten Schwerpunkte erkennt Dunkel in den Ballungsräumen, in denen größere Einheiten zu schaffen sind.
    Daß er als Oberbürgermeister und engagierter Kommunalpolitiker nunmehr als Vorsitzender des Reformausschusses stärker Eingemeindungen betreiben werde, nennt er einen völlig unbegründeten Verdacht. "Ich setze mich ausschließlich für sachgerechte Entscheidungen ein", betonte er mit Nachdruck. Seine Ziele strebt er, wie ihm seine Freunde nachsagen, mit hartnäckigem Fleiß an, und den hat er seinen Bienen abgesehen. Sie sind zu Hause sein Hobby von Jugend an.
    Mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen (14, 15) radelt er — sein anderes Privatvergnügen — durch die bergische Heimat, wenn er einmal an einem Wochenende Freizeit machen kann. Dann ärgert ihn gelegentlich, daß so viele Gemeinde- und Kreisgrenzen immer noch auf Fußgängerzuschnitt ausgerichtet sind.
    Josef Fischer



    ID: LI711302

  • Porträt: Ernst Bessel (SPD).
    Vorsitzender des Verkehrsausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 11 - 29.04.1971

    "Jeder Parlamentarier sollte sich nur auf ein Gebiet konzentrieren, um erfolgreich arbeiten zu können." Im Landtag trifft diese Maxime genau auf den Abgeordneten zu, von dem sie auch stammt: Ernst Bessel (64), seit fast 17 Jahren Mitglied des Hohen Hauses, in das er zuerst 1954 nach Erringung des SPD-Direktmandats in Essen-West einzog, das er seitdem bei jeder Landtagswahl mit steigendem Erfolg — 1970 mit rund 60 Prozent der Stimmen — erneut gewonnen hat. Damals wurde er auch Mitglied im Verkehrsausschuß, dessen Vorsitzender er seit 1962 ist.
    Die Frage an Ernst Bessel, warum er sich "auf Verkehr spezialisiert" habe, löst eine Geschichte aus: Der "geborene Sozialdemokrat" — 1920 trat der 14 jährige Lehrling in die spätere "Sozialistische Arbeiterjugend" und in den Vorläufer der heutigen IG Metall, den Deutschen Metallarbeiterverband, sowie 1924 in die SPD ein — erzählt sie selbst.
    Unter dem Druck der "Nazis" entließ Krupp 1933 den Dreher, der dann den Führerschein als Bus-Fahrer machte und jahrelang für ein Essener Reiseunternehmen Urlauber in den Schwarzwald fuhr, eine Tätigkeit, die dann zur Dienstverpflichtung samt Bus und zu Einsatzfahrten am Westwall führte. Damals sei bei ihm bereits das Interesse an Verkehrsfragen geweckt worden, erinnert sich Bessel heute.
    Man nimmt das einem Mann ab, dessen persönliche Bescheidenheit jede beabsichtigte Effekthascherei ausschließt. Auch Ehrgeiz ist für den heutigen Werkmeister und Betriebsratsvorsitzenden der AEG—Kanis GmbH in Essen ein Fremdwort: Als Bessel, zwölf Jahre lang auch SPD-Ratsherr der Stadt Essen und von 1966 bis 1970 stellv. Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion, vor einigen Monaten an Stelle des neuen Kultusministers Jürgen Girgensohn diese Position noch einmal übernehmen sollte, verzichtete er. "Man soll mit 64 Jahren jüngeren Leuten das Feld überlassen", meint das heute drittälteste Parlamentsmitglied in Düsseldorf.
    Wahrscheinlich möchte Bessel, der auch dem Hauptausschuß angehört, auf eine Aufgabe im Landtag noch nicht verzichten: den Vorsitz im Verkehrsausschuß. Wer hier nach den Gründen suchen, hier seine Tätigkeit testen will, hat wenig Mühe, stößt laufend auf Bessel-Initiativen.
    Solche Verknüpfungen mit seinem Namen mag er nicht. Er läßt nur gelten: "Eine ganze Reihe von Ideen im Verkehrsausschuß des Landtags haben in den vergangenen Jahren dank der Bereitwilligkeit aller Fraktionen eine breite Basis gefunden und konnten daher durchgesetzt werden — wenn auch mit Verzögerung." Man muß sich hier mit einigen Aufzählungen begnügen: Der Verkehrsausschuß gab 1955 den Anstoß dazu, daß die Gemeinden von Bund und Land laufend zusätzliche Mittel erhielten, um Ortsdurchfahrten auszubauen und damit Engpässe im Gesamtverkehr zu beseitigen.
    Hier wurde 1958 der entscheidende Antrag formuliert, der die Schaffung eines kreuzungsfreien Schnell-Nahverkehrssystems im Revier, bestehend aus S- und U-Bahnen, einleitete. Auch der Ausbau von Lohausen und Wahn zu Flughäfen von internationaler Bedeutung gehörte zu den besonderen Anliegen des Verkehrsausschusses.
    Bessel hofft, eines Tages auch das Kapitel "Regionaler Luftverkehr" in der Erfolgsliste des Ausschusses abhaken zu können. Obwohl er bei dem Auftrag des Parlaments, die Verkehrsprobleme bewältigen zu helfen, die Sicht auf das Ganze — ob Schiene, Straße oder Luft — für erforderlich hält, würde ihn doch die endgültige Lösung einer Teilaufgabe besonders glücklich machen.
    "Ich denke dabei an die vielschichtigen Verkehrsprobleme im Ballungsraum des Ruhrgebiets.
    Wenn wir sie meistern, werden wir gleichzeitig die Voraussetzungen schaffen für die Lösung anderer gesellschaftlicher Probleme." Seine persönliche Meinung ist es, daß dies durch ein einheitlich verwaltetes Revier schneller geschehen könnte.

    Max Karl Feiden

    Bildunterschrift:
    Ernst Bessel (SPD), Vorsitzender des Verkehrsausschusses

    ID: LI711102

  • Porträt: Hans-Joachim Bargmahn (SPD), Vorsitzender des Kulturausschusses.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 9 - 25.03.1971

    Die Familientradition dachte ihm einen Beruf im Baufach zu. Doch der Anlauf zum Bau-Ingenieur endete bereits nach einem Aufbausemester an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Dann brach der gebürtige, im westfälischen Altena aufgewachsene Rheinländer Hans Joachim Bargmann mit der Familientradition. Er zog es vor, die ihm zugedachte Ausbildung zu beenden und sich trotz drohender Streichung des Studiengeldes "auf eine Tätigkeit mit Menschen" vorzubereiten.
    Wenn heute der Pädagoge und Politiker Bargmann für "aktive Bildungswerbung anstelle eines passiven Bildungsangebotes" plädiert, so auch in Erinnerung an die wenig erfreuliche, selbst erlebte Situation, die eine im nachhinein und gegen den Willen des Elternhauses vollzogene Korrektur der Ausbildung für eine zu spät erkannte berufliche Neigung mit sich bringt.
    Der Pädagoge Bargmann blieb für Reformen gesprächsbereit, als er sich nach den Studienjahren in Karlsruhe, Münster und Marburg dem aktiven Schuldienst verschrieb. Er war beteiligt am Aufbau des Westfalen-Kollegs in Dortmund, dessen Modellcharakter für den zweiten Bildungsweg ein besonderes Engagement auf schulpolitischem Neuland verlangte.
    Mit 35 Jahren machte sich der ehemalige SDS-Anhänger als jüngster Oberstudiendirektor, den es je an Rhein und Ruhr gab, in Wattenscheid an den Aufbau eines solchen Kollegs. Im eigenen Gymnasium und als SPD-Fraktionsführer im Rat der Bergarbeiterstadt setzte sich Bargmann für neue Entwicklungen ein, die u. a. 1965 in einem Schulentwicklungsplan Wattenscheid mit dem Schwerpunkt multifunktionaler Schulzentren ihren Niederschlag fanden. Seine Bemühungen, die Unterprivilegierung der Kinder aus Arbeiterfamilien an weiterführenden Schulen zu beseitigen, schlug 1969 in Wattenscheid mit 35 Prozent bei einem Landesdurchschnitt von 12 Prozent überzeugend zu Buch.
    Als gewerkschaftlich organisierter Pädagoge, Bundesvorsitzender der Arbeitgemeinschaft sozialdemokratischer Lehrer und seiner Neigung, "Statusverunsicherungen" nicht zu scheuen, zählt der Mitverfasser der bildungspolitischen Leitsätze des SPD-Landesvorstandes "reaktionäre Philologen zu den zuverlässigsten Gegnern".
    Gleichwohl hält der Politiker Bargmann, den "die Begegnung mit Woltgang Abendroth in den Marburger Nachtseminaren entscheidend prägte" und den heute noch eine feste Freundschaft zu dem Wissenschaftler verbindet, im demokratischen Krättespiel das "Freund-Feind-Verhältnis" für überholt, wenngleich er weder harte, sachliche Auseinandersetzungen meidet, noch sich notwendigen Kompromissen mit seinen politischen Gegnern verschließt.
    So wußte er sich mit der CDU- Opposition zu arrangieren, als in Wattenscheid 9000 Arbeitsplätze für arbeitslos gewordene Bergleute durch neue Industrieansiedlungen geschaffen werden müßten.
    Als Kulturausschußvorsitzender im Landtag wirkte er bei der äußeren Schulreform mit, versachlichte die Hochschuldebatte durch öffentliche Hearings und sieht als vordringlichste Aufgabe jetzt die innere Schulreform. Als Beigeordneter der Stadt Essen praktizierte er "mit dem Versuch einer offenen Planung unter Mitwirkung der Bürger bei der Standorttindung für die Gesamthochschule Essen" ein bisher in Europa beispielllos gebliebenes Verfahren fortschrittlicher Hochschulpolitik.
    In seiner Freizeit bereichert Bargmann, dem Werkstattinszenierungen mehr als das etablierte Theater liegen, seine umfangreiche Schallplatten- und Tonbandsammlung aus den Repertoires politischer Kabaretts durch selbst mitgeschnittene Neuaufnahmen. Und davon kann ihn nur ein Fußballspiel abhalten.
    Gerhard Eisner

    ID: LI710902

  • Porträt: Karl Schröder (SPD) gest., stellvertretender Vorsitzender des Ausschusse für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge und Vorsitzender des Arbeitskreises "Arbeit, Soziales, Gesundheit und Vertriebene" seiner Fraktion.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 8 - 18.03.1971

    Zwei Tage nach seinem 58. Geburtstag ist der Solinger Abgeordnete Karl Schröder am 16. März einer schweren Krankheit, die er lange ertragen mußte, erlegen. Es fällt schwer, sich an das imperfektgeschwängerte Stildickicht der Nachrufe zu gewöhnen, wenn von ihm die Rede ist. Denn Karl Schröder lebte der Gegenwart. Langes Palavern um vergangene Begebenheiten war ebensowenig seine Sache wie das spitzfindige Erkunden kommender Zeitläufte. Er wußte um die oftmals bedrückende Unausweichlichkeit des "Hier und Jetzt" und setzte es sich zur Lebensaufgabe, denen beizustehen, die die Kraft zur Selbsthilfe nicht aufbrachten.
    Sozialpolitik war Karl Schröders Beruf und seine Passion. Als Geschäftsführer der Solinger Arbeiterwohlfahrt sah er sich täglich den Sorgen und Nöten seiner Mitmenschen konfrontiert. Wie nur wenige andere konnte er so die Erfahrungen der Praxis in die politisch-gesetzgeberische Arbeit einbringen. Der vielgeschmähte "grüne Tisch" des Parlaments bekam Alltagsfarbe, wenn Karl Schröder in der Runde saß. Seine Diskussionsbeiträge begann er häufig mit der Frage: "Darf ich sagen, daß... ?". Fürwahr, eine rhetorische Frage! Er wartete die Antwort nie ab. Wenn ihm ein Problem unter den Nägeln brannte, sprach er es ungeschminkt aus. Taktische Erwägungen spielten dabei allenfalls eine drittrangige Rolle.
    Karl Schröder argumentierte oft verbissen, manchmal heftig, immer leidenschaftlich. Eine Parteiversammlung des Ortsvereins war ihm genauso wichtig wie die Erörterung im Fachausschuß des Stadtrates oder die Plenardebatte am Schwanenspiegel. Nie konnten seine Gesprächspartner den Eindruck gewinnen, er unterspiele. Seine Energie, sein Temperament waren ganz einfach nicht dosierbar.
    Entsprach Karl Schröder dem Politikertypus unserer Tage? Solche Fragen verführen zum leichtfertigen Pauschalurteil, und doch sollte man kritisch genug sein zuzugestehen, daß der vom Miterleben geprägte engagierte Volksvertreter immer seltener, aber deshalb augenfälliger auftritt. Karl Schröder taktierte kaum, er war nichts weniger als ein Techniker des Kalküls. Wenn ein Sachverhalt seinen Nerv kitzelte, preschte er vor und konnte den bergischen Dickschädel schlecht verleugnen. Seine Offenheit, mit der er nicht verletzte, trug ihm Freundschaften und Anerkennung ein. Der Sohn einer Arbeiterfamilie, dessen Lebensweg viele Härten aufwies und der jede Etappe seines Werdeganges zähem Fleiß verdankte, blieb bescheiden und uneigennützig.
    Karl Schröder ist früh gestorben, doch sein Leben war erfüllt. Meistens mit Sorgen um andere. Hans-Richard Ebel

    ID: LI710802

  • Porträt: Dr. Heinz Nehrling.
    Dr. Heinz Nehrling, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 4 - 11.02.1971

    An jedem Samstagnachmittag gibt ihm seine junge Frau "frei", damit er in den Fußballstadien von Oberhausen bis Dortmund dem schreienden Fußvolk aufs Maul schaue. Wenn es darum geht, sich im Düsseldorfer Landtagsgebäude angemessenem Faschingstreiben hinzugeben, ist das Mitglied des "Essener Karnevalsvereins" in allen Fraktionsräumen einer der Aufgeräumtesten.

    Die Rede ist von Heinz Nehrling (42), einem Weimaraner aus Oberhausen. Im Landtagshandbuch wartet er mit dem kürzesten aller Lebensläufe auf. Arroganz? — Bescheidenheit? — Er meint, sein Lebenslauf interessiere vermutlich so wenig wie der vieler anderer. Immerhin: Er ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Dem nach BAT bezahlten Posten sieht man es kaum an, daß ihn auch Heinz Kühn einmal innegehabt hat. Nehrling sitzt damit im Parallelogramm der Kräfte, muß koordinieren, stabilisieren und dabei auch noch die Fraktionsarbeit transparent machen. Das alles riecht etwas nach "Apparatschick" oder "Politruk". Aber auch der seiner Couleur nicht zuzuzählende Journalist sieht ihn anders: Nehrling spielt im kleinen Kreis immer mit offenen Karten. Er ist weder getragen-scheinheilig, noch linkischmißvergnügt. Im Plenum mag er hart und unnachgiebig scheinen, im Gespräch ist er kein Miesmacher, betont treuherzig, niemals rüde. Er kann noch lachen ...

    Sein Urgroßvater war Sozialdemokrat. An seinen im KZ hingerichteten Vater erinnert in Weimar ein Straßenname. Als Parteiloser war er 1948 bei den ASTA-Wahlen in Jena Gegenspieler eines SED-Mitgliedes. Der Arbeitersohn machte "mit 20" seinen Diplomkaufmann, "mit 21" hatte er den Dr. rer. pol. in der Tasche, "mit 22" wurde er — noch immer parteilos — Direktor bei der HO in Ostberlin. Eine Karriere kündigte sich an, doch "mit 25" mußte er flüchten. Seit 1953 lebt er im Ruhrgebiet. 1954 trat er der SPD bei, 1962 kam er in den Landtag. Er will weder als Antikommunist noch als Anhänger einer "Volksfrontbewegung" gelten. Sich selbst stuft er als "weit links von der Mitte" ein. Ginge es nach ihm, würde zwar nicht die Grundstoffindustrie, wohl aber das gesamte Großbankensystem verstaatlicht. In seiner Fraktion gilt er als Fachmann für Wirtschaftsfragen. Jetzt sitzt er im Koalitionsausschuß, im Ältestenrat des Landtags, im Fraktionsvorstand der SPD und — nach einem unvergeßlichen Start auf dem letzten Dortmunder SPD- Parteitag — nun auch im SPD- Landesvorstand.

    Im Plenum hat er seinen Platz neben dem des Fraktionsvorsitzenden. Er "macht" zusammen mit wenigen die Fraktionspolitik, ist Berater und Einpeitscher zugleich. Von "Freunden" im Sinne persönlich Vertrauter spricht er nie. Freunde sind "Kumpel", sind "Genossen", also Gleichgestellte. "Parlamentarischer Geschäftsführer" ist bislang für niemanden Endstation gewesen. Das dürfte auch für Nehrling gelten.

    Gerhard Malbeck



    ID: LI710402

  • Porträt: Werner Kuhlmann (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 1 - 14.01.1971

    Krimis mag Werner Kuhlmann, 49, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion, nicht. Mit der Schußwaffe hat sich der Kriminaloberkommissar und Chef der Gewerkschaft der Polizei nie anfreunden können und auch nie von ihr "Gebrauch machen" müssen. Wenn Kuhlmann mal Pause von Politik und Gewerkschaftsarbeit macht, angelt er an einem stillen Uferplätzchen des Bodensees Barsche und Trüschen.
    Diesen zivilen "touch" pflegt er ganz bewußt. Als Bundes- und Landesvorsitzender der GdP streitet Kuhlmann gegen "den militärischen Geist, der den Polizeibeamten auch heute noch in der Ausbildung eingeprägt wird — vom Strammstehen bis zum Umgang mit Explosivwaffen". Sein gewerkschaftspolitisches Konzept, mit dem er im Namen von 120 000 Mitgliedern einen Innenminister nach dem anderen bedrängt, ist die Polizei als Schutzorgan für die Mitbürger und nicht als Machtinstrument des Staates.
    In dieser Mentor-Rolle, die ihm heute so nötig wie eh und je erscheint ("überholte Gedanken muß man aus den Köpfen mancher Politiker herauszwingen"), kann Kuhlmann von kompromißloser Härte und schneidender Schärfe sein, die allenfalls von seinem Gelsenkirchener Ruhrgebiets-Tonfall, jenem Hauch von Jürgen von Manger, gemildert wird. Im Landesparlament, dem er seit 1962 angehört, wie in der gewerkschaftlichen Auseinandersetzung hat Kuhlmann mehr als einmal bewiesen, daß er kein bequemer Mann ist, der er nach seinen eigenen Worten auch nicht sein will. "In gewisser Weise bin ich immer ein Opponent", sagt Kuhlmann über sich selbst. Auch in der Fraktion will sich der Gewerkschaftsführer nicht auf eine bestimmte Linie festlegen lassen. Er fühlt sich unabhängig genug, einen Kuhlmann-Kurs zu steuern und "nach Ruhrgebietsart" auch mal auf den Tisch hauen zu können.
    Daß Werner Kuhlmann dies als Sozialdemokrat tun würde, lag in der Tradition der Gelsenkirchener Bergmannsfamilie. Sein Weg zur SPD war vom Vater und vom Großvater vorgezeichnet. Als Zehnjähriger wurde er Mitglied der Sozialistischen Jugend "Rote Falken" — an der Hitler-Jugend lavierte er sich später vorbei. Beruflich verschlug es ihn in eine Lehre als Landschaftsgärtner. Kuhlmann — heute kaum vorstellbar — war auf dem Weg zum Gartenarchitekten. 1945, nach Arbeitsdienst, Wehrmacht und einem Fußmarsch von Schleswig- Holstein ins heimatliche Revier, fing er dann neu an. Kuhlmann wurde Polizist. Zuerst bei der Schutzpolizei, dann bei der Kripo. 17 Jahre lang tat er in Gelsenkirchen Dienst als Polizeibeamter, schlug sich mit Schwarzhändlern, Einbrechern, Mördern und Sittenstrolchen herum, schließlich als Leiter des "14. K" mit Links- und Rechtsradikalen. SPD-Mitglied seit 1945, stieg er auch in die Politik und 1948 in die Gewerkschaftsarbeit ein.
    von seinen zahlreichen gewerkschaftlichen Ehrenämtern — GdP- Landesvorsitzender seit 1956, Bundesvorsitzender seit 1958 und Präsident der Internationalen Union der Polizeigewerkschaften seit 1964 — will Kuhlmann demnächst den Landesvorsitz abgeben. Grund: Der stellvertretende Fraktionsvorsitz im Landtag erfordert mehr Zeit — und erfordert einen Allround-Politiker. Kuhlmann weiß genau, daß er von seinem Image als Nur-Interessenvertreter der Polizei herunter muß. Dabei gehört er dem Fraktionsvorstand bereits seit 1966 an und ist jetzt zum zweitenmal Wahlkreis- Abgeordneter. Für Kuhlmann gilt es jetzt, sich mit der ganzen Bandbreite der Landespolitik zu befassen.
    Und er ist ehrgeizig genug, dies energisch anzusteuern, und freimütig genug zu bekennen: "Daß ich da noch hineinwachsen muß, ist selbstverständlich." Helmut Müller-Reinig

    Bildunterschrift:
    Werner Kuhlmann, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion

    ID: LI710102

  • Jürgen Girgensohn, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 8 - 03.12.1970

    Er paßt in die Welt, und wo sie ihm — in seinem eigenen Lebensbereich - nicht zu passen scheint, da bemüht er sich, sie passend zu machen: Jürgen Girgensohn, Jahrgang 1924, der nach vierjähriger Arbeit im Landtag Nordrhein-Westfalen den Rang eines stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Fraktion erklimmen konnte. Dieser Abschnitt in der Karriere des konsequent handelnden Mannes, den man getrost einen Vollblutpolitiker nennen kann, ist nur kurz, denn — in wenigen Tagen wird er das Amt des Kultusministers übernehmen.
    Die Parole, nach der Jürgen Girgensohn gehandelt hat, ist das schlichte Gesetz der Natur: Der Mensch steht auf den Füßen, und der Kopf ist meistens oben. Die ersten Stufen seines Lebenslaufes sind beispielhaft für junge Leute in einer Zeit, die ihnen keine Chance für die eigene Wegbestimmung gibt. Nach Volksschule und Gymnasium folgten Reichsarbeitsdienst, Krieg und die Gefangenschaft. In Kamen, der Wahlheimat des gebürtigen Hessen aus Kassel, begann 1947 der neue Start: Aus dem Notabitur des zweiten Weltkriegs wurde das normale Abitur gemacht.
    Bevor Jürgen Girgensohn 1950 (in diesem Jahr trat er auch in die SPD ein) das Studium an der Pädagogischen Hochschule Dortmund aufnahm, erfuhr er als Hilfsarbeiter im Baugewerbe, zu welchen Gedanken hartes Werken und schwielige Hände beflügeln. Was damals eine große Erleichterung war, hört sich heute im Familienkreise — da sind die 17jährige Tochter Imme und der 13jährige Sohn Arne — recht vergnüglich an: Während der junge Ehemann sein Pensum büffelte, sorgte seine Frau als Kindergärtnerin für das notwendige Kleingeld. Was daraus wurde, ist in den Personalakten mit "stellvertretender Realschuldirektor" verzeichnet.
    Ab 1952 als Bürgerschaftsvertreter, ab 1956 als Kreistagsmitglied, drei Jahre später als stellvertretender und seit 1964 als "ordentlicher" Landrat praktizierte Jürgen Girgensohn im Kreis Unna sein Leitmotiv von den Füßen, auf denen man steht: Alles, was solide sein soll, muß eine feste Basis haben. Bevor die revolutionierende industrielle Umstrukturierung einsetzte, die den Landkreis Unna über die deutschen Grenzen hinweg als bestauntes Vorbild bekannt gemacht hat, wurden resolut die Grundlagen für ein modernes und leistungsfähiges Schulwesen gelegt. Was jedermann heute weiß, nämlich daß neue Zukunfts-Industrien besonders qualifizierte Mitarbeiter gebrauchen, war damals noch so sehr eine "Geheimwissenschaft", daß seine Parteioberen in Bonn Jürgen Girgensohn in jenes Team beriefen, das die bildungspolitischen Leitsätze der SPD vorbereitet hat.
    Daß man ihm Mandat und Arbeit im Düsseldorfer Landtag ermöglichte, war eigentlich nur die zwangsläufige Folge seines Wirkens im kommunalen Bereich. Der Landkreis Unna erlangte unter seinem "Chef" Girgensohn nicht nur auf dem Schulsektor, sondern auch — was ebenfalls eine frühzeitig erkannte Voraussetzung für die Ansiedlung attraktiver Industrien war — im Bereich der Gebietsreform pionierhafte Spitzenstellung. Ob es ein Zufall war oder nicht, daß dieses heute noch "heiße Eisen" vom Sommer 1966 an (als Girgensohn in den Landtag einzog) unter den Amboß parlamentarischer Hochkonjunktur kam, fest steht jedenfalls, wie sich die SPD-Fraktion verhielt: "Jürgen, das ist Deine Sache, das mußt Du schmeißen!"
    Und Jürgen Girgensohn "schmiß die Sache". Er verlor dabei weder seine konstant gute Laune noch ein Fitzelchen von seiner allgemein bewunderten "dicken Haut". Verschmitzt antwortet er auf die Frage nach seiner liebsten Freizeitbeschäftigung: "Ich könnte, um die Tiefenforscher zu beschäftigen, sagen: Handstand auf spitzen Dolchen. Aber ich bescheide mich mit handfesten Kriminalromanen."
    Heinz Meyer-Wrekk

    ID: LI700805

  • Porträt: SPD-Fraktionsvorsitzender Dr. Fritz Kassmann.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 5 - 05.11.1970

    Einen bequemen Mann hat sich die SPD-Fraktion mit Dr. Fritz Kassmann nicht an ihre Spitze gesetzt. Der Mann, der mit Stolz vermerkt, daß er sich in seinem nunmehr 62-jährigen Leben in einem guten Dutzend Berufe bewährt hat, macht es weder sich selbst noch anderen leicht. Was er am meisten verabscheut, ist Mittelmäßigkeit.
    Als er am 13. Juli 1970 zum Fraktionsvorsitzenden gewählt wurde, gab er offen zu, daß es ihm nicht leichtgefallen sei, von seinem früheren Amt Abschied zu nehmen. Nachdem er sich aber entschlossen hatte, der Fraktion zur Verfügung zu stehen und von ihr ein überwältigendes Vertrauensvotum erhalten hatte, stand es für ihn fest, daß er sich mit der Note "ausreichend" ebensowenig begnügen wollte wie in seinen bisherigen Tätigkeiten als Rechtsanwalt, Direktor einer Industriebau-Gesellschaft,Präsident des Landesarbeitsgerichts, Ministerialrat im Arbeitsministerium, Amts- und Stadtdirektor in Marl, erster Landesrat des Landschaftsverbands Rheinland, Wiederaufbauminister, Vorstandsmitglied der Vereinigten Elektrizitätswerke Westfalen, Bundesratsminister und Wirtschaftsminister.
    Kassmann besitzt das gesunde Selbstvertrauen des Mannes, der mit seinen Erfolgen zufrieden sein kann. Sein Ehrgeiz richtet sich nicht danach, Beifall zu gewinnen, sondern dem gesteckten Ziel gerecht zu werden. Um das zu erreichen, arbeitet er hart. Nüchternheit und Sachlichkeit sind ihm dabei oberstes Gebot. Seine kühle Sachlichkeit, die ihm übrigens nicht angeboren ist, zu der er sich in der Hitze politischer Emotionen vielmehr oft genug zwingen muß, geht so weit, daß er selbst im täglichen Büroumgang seinen Wortschatz kontrolliert und nach Möglichkeit alle Floskeln vermeidet, die bei Überprüfung ihres Sinngehalts keinen Platz im Arbeitsleben haben sollten. Mit der landläufigen Vorstellung vom urwüchsigen, starrköpfigen Westfalen ist Kassmann nur schwer in Einklang zu bringen. Dennoch fühlt er sich als Westfale aus Überzeugung, wenngleich landsmannschaftliche Erwägung in der Politik ihm zweitrangig erscheinen.
    Seine Erholung von der Arbeit findet Kassmann in ausgedehnten Wanderungen durch den Arnsberger Wald, den er wie seine Westentasche kennt und den er für eine der landschaftlich reizvollsten Gegenden Deutschlands hält. Den Hinweis, daß auch Oppositionschef Köppler Wandern zu seinen Hobbys zählt, quittiert er mit der Bemerkung: "wir beide würden wahrscheinlich ein paar ganz passable Wanderburschen abgeben." Das schließt nicht aus, daß er es vermutlich auch weiterhin vorzieht, sich auf seinen Spaziergängen von seinen Hunden begleiten zu lassen. Tierfreund Kassmann umgibt sich gern mit eigenwilligen Tieren. Während er früher Bernhardiner und Doggen züchtete, hält er zur Zeit einen Wolfsspitz, einen altdeutschen Schäferhund und einen Rottweiler. Bei Pferden schätzt er vor allem die zierlichen, aber zähen, blondmähnigen Haflinger. Kassmann, für den die Rechtswissenschaft nicht nur Brotstudium, sondern geistige Disziplin bedeutete, liest viel. Neben der beruflichen Pflichtlektüre Interessieren ihn alle Bereiche der Gesellschaftswissenschaften, zu denen er als Student den Eingang durch die Religionssoziologie von Max Weber gefunden hat.
    Marianne Lohaus

    ID: LI700505

  • Porträt: 1. Vizepräsident John van Nes Ziegler (SPD).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 2 - 15.10.1970

    Der Macht geht er nicht aus dem Weg, vielmehr sucht er sie, ob im Kölner Rathaus oder im Düsseldorfer Landtag. John van Nes Ziegler, Jurist von zuhaus, war deswegen ein Parlamentspräsident wider Willen, obgleich er auf diesem Stuhl nicht eine einzige schwache Stunde hatte. Aber ein Regierungsamt wäre ihm noch lieber gewesen, hätte auch noch mehr seiner Natur entsprochen.
    Damals, im Juli 1966, war sein plötzlicher Aufstieg aus der Abgeordnetenbank zum Landtagspräsidenten für die Öffentlichkeit eine große Überraschung. Wer kannte ihn eigentlich? — die Stadt Köln und die Düsseldorfer Fraktion ausgenommen. Über Nacht wurde er für die Sozialdemokraten in Nordrhein-Westfalen lebender Beweis des großen Wahlerfolges, denn Heinz Kühn blieb zunächst Oppositionsführer, weil die CDU damals nicht zur Großen Koalition bereit war.
    Auch Parlamentspräsident John van Nes Ziegler konnte seinen Groll darüber kaum verbergen, zumal er Tag und Nacht für ein Bündnis mit der Union focht. "Kölner Klüngel" war ein oft gebrauchtes Wort in der SPD-Fraktion, gemeint war meist der zeitweise wohl nicht abreißende Dialog zwischen Dr. Wilhelm Lenz und John van Nes Ziegler. Doch man mag darüber denken, wie man will, dem Klima im Landtag sind diese Kontakte bekömmlich gewesen.
    "Nes", die Abkürzung seines Namens von der Waterkant, hat es leicht gehabt, die Würde des Hauses zu hüten, und seine Unabhängigkeit gegenüber der ihm parteipolitisch befreundeten Landesregierung demonstrierte der gewiefte Kölner mit Lust an der Scharmützelei. Selbst die Journalisten haben sich mitunter gewundert, mit welcher Kühle im Kalkül der Präsident unpopuläre Maßnahmen auf sich nahm und sie unbeirrt realisierte.
    Mehr Geld für die Parteien, mehr Geld für Fraktionsvorsitzende, Aufbau eines Büro- und Parkhauses, van Nes Ziegler schreckte vor nichts zurück.
    Harte Kritiken steckt er ein, ja, er fängt sie ab — wie ein Torwart auf scharfe Schüsse reagiert. Den Schiedsrichter braucht er nicht, das macht er gegebenenfalls alles selbst. Im Ringen um den Fraktionsvorsitz bei der SPD wollten in diesem Sommer Parlamentäre von allen Seiten vermitteln, van Nes Ziegler traf jedoch seine Entscheidung, auf eine Kampfabstimmung zu verzichten, ganz allein, und zwar in dem Augenblick, da ihm sein Rechenstift die Notwendigkeit vorschrieb.
    Heute ist der 49jährige Jurist Landtagsvizepräsident und stellvertretender Vorsitzender seiner Fraktion. Der ehemalige Präsident der Sozialistischen Studenten-Internationale (1950) hat vermutlich erst die Hälfte seines politischen Weges zurückgelegt, aber er wird sich nicht grämen, wenn ihm das geheime Wunschziel — vielleicht Ministerpräsident? — unerreichbar bleiben sollte. Van Nes Ziegler verfügt nicht nur über eine glänzend florierende Anwaltspraxis, sondern auch über jenen Kölner Humor, der zwischen Witz und Weisheit den Ausweg nach jedem Aschermittwoch findet.
    Horst-Werner Hartelt

    ID: LI700205

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Die Fraktionen im Landtag NRW