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  • Eine runde Sache am Rhein (Fortsetzung).
    S. 4-5 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Die Bagger rollen an

    Im April 1980 begannen die Vorbereitungen für den Bau: Zunächst wurde das Becken im aufgegebenen Berger Hafen mit Kies aufgeschüttet, anschließend rollten die Bagger an, um die Speicher, Lagerschuppen und Kräne abzubrechen. Die Stadt übergab das baureife Gelände im August 1981. Baubeginn war ein Jahr später, 1984 wurde Richtfest gefeiert, und es dauerte weitere vier Jahre, bis am 7. September 1988 das Landesparlament erstmals im neuen Gebäude tagte. Am 2. Oktober 1988 wurde der Landtag am Rhein offiziell eingeweiht - genau 42 Jahre, nachdem die nordrhein-westfälische Volksvertretung am 2. Oktober 1946 erstmals getagt hatte.
    Prof. Heinrich A. Große-Sender, damaliger Direktor des Landtags, würdigte den neuen Landtag kurz nach seiner Eröffnung in einer Broschüre: "Das neue Haus soll der heutigen Auffassung von Demokratie gerecht werden. Kontrollierbarkeit von Entscheidungsvorgängen, Transparenz und Bürgernähe sind daher wichtige Merkmale des Gebäudes." Bewusst sei auf "überkommene Symbolik von Herrschaftsmacht" verzichtet worden. "Das Gebäude thront nicht über der Stadt, sondern, eingebettet in einen Bürgerpark und nach Form, Höhe und Materialien stadtplanerisch in die Stadt integriert, präsentiert sich der Landtag als Haus der Bürger dieses Landes." Und da steht es noch immer, zwischen Rheinkniebrücke und Fernsehturm, eingebettet in den Bürgerpark - ein Bau, der Maßstäbe setzt.
    tob

    Bildunterschriften:
    Das Bild zeigt das Baugelände im März 1981. Im Hintergrund zu sehen: die Rheinkniebrücke.
    Der damalige Landtagspräsident John van Nes Ziegler besucht im Februar 1983 die Baustelle im Berger Hafen.
    Das Bild zeigt die Baustelle im September 1984, zwei Monate vor dem Richtfest.
    Planungsmodell aus dem Jahr 1982 der Sieger des Architektenwettbewerbs zum Landtagsneubau.

    ID: LI23S105

  • 1988 - Festakt zur Eröffnung.
    S. 6-7 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Sonntag, der 2. Oktober 1988. Genau 42 Jahre nach der konstituierenden Sitzung des ersten ernannten Landtags durch die Briten und zehn Jahre nach dem Beschluss zum Bau eines neuen Parlamentsgebäudes ist es soweit: Der Landtag am Düsseldorfer Rheinufer wird offiziell eröffnet. Rund 400 Repräsentantinnen und Repräsentanten des öffentlichen Lebens nehmen am Festakt teil, außerdem 150 von den Fraktionen benannte Bürgerinnen und Bürger. Es sprechen Landtagspräsident Karl Josef Denzer, Sir Henry Plumb als Präsident des Europäischen Parlaments, Bundestagspräsident Dr. Philipp Jenninger, Dr. Dieter Klink, der Präsident der Bremischen Bürgerschaft, und Ministerpräsident Dr. Johannes Rau. Landtag Intern hatte der feierlichen Eröffnung damals eine Sonderausgabe gewidmet. Im Folgenden Auszüge aus den Festreden.
    zab
    Karl Josef Denzer
    "Steingewordene Bestätigung des Föderalismus"
    Der Präsident des nordrhein-westfälischen Landtags, Karl Josef Denzer (1925-2011), bezeichnet den neuen Landtag als "gleichsam steingewordene Bestätigung" des Föderalismus. "Die Verfassungsväter und Verfassungsmütter haben sich nicht zuletzt aufgrund leidvoller historischer Erfahrungen mit dem Zentralstaat für den Föderalismus, den Bundesstaat mithin, entschieden", sagt Denzer. Der Zentralismus berge in sich die "Gefahr abgehobener Apparate", neige zur "Aufblähung der Bürokratie" und schränke die "demokratische Kontrolle" ein. Denzer: "Er behindert die Korrektur von politischen Fehlentscheidungen." Der Föderalismus hingegen "belebt die Konkurrenz der Bundesländer, führt zu einem politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Wettbewerb, schafft also einen Pluralismus, der ein wichtiges Kennzeichen der Demokratie ist".

    Sir Henry Plumb
    "Der Landtag hat seinen Platz gefunden"
    Der Präsident des Europäischen Parlaments, Sir Henry Plumb (1925-2022), sagt: "Dieser neue Landtag ist Beweis für den Rang, den das Land seiner parlamentarischen Vertretung einräumt." Er sei "Forum der Offenheit und Transparenz und zugleich Zeichen gestärkten Selbstbewusstseins der Länder der Bundesrepublik Deutschland". Sein Grußwort sei "diesem jüngsten unserer Parlamente gewidmet, seinem Platz im Gefüge der europäischen Institutionen, seiner Rolle im Zuge der Einigung Europas und seinem Verhältnis zu nationalen Parlamenten". Dass er eingeladen wurde, während der Eröffnung des neuen nordrhein-westfälischen Landtags zu sprechen, sei der "lebendige Beweis für Ihre Bereitschaft zu der erforderlichen Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament", sagt Sir Henry Plumb.

    Dr. Philipp Jenninger
    "Würdige Bühne für die Demokratie"
    Er teile das Prädikat, das ein Journalist für den neuen Landtag am Rhein gefunden habe, sagt Dr. Philipp Jenninger (1932-2018), der Präsident des Deutschen Bundestags: Der Landtag sei eine "würdige Bühne für die Demokratie" geworden. Zugleich sei er ein "beeindruckendes Symbol für die Selbstständigkeit und Besonderheit unserer föderalistischen Struktur in der Bundesrepublik Deutschland". Der stetig vorbeifließende Rhein dokumentiere, "dass auch in der Politik vieles im Flusse ist". Jenninger weiter: "Damit die Politiker des Landes Nordrhein- Westfalen in den vielfältigen Problemen jedoch nicht ertrinken, ist es nötig, dass sie von leicht erhöhter Warte eingreifen." Das neue Gebäude biete alle Voraussetzungen, "damit diese Aufgabe sinnvoll und verantwortungsbewusst wahrgenommen werden kann".

    Dr. Dieter Klink
    "Großartiges Projekt"
    "Die Abgeordneten der deutschen Landtage gratulieren dem Landtag Nordrhein-Westfalen für die Kraft und den Mut, sich dieses würdige Domizil für die Vertretung des Volkssouveräns geschaffen zu haben", sagt Dr. Dieter Klink (1930- 2004), Präsident der Bremischen Bürgerschaft und Vorsitzender der Landtagspräsidentenkonferenz. Es spreche "für das Selbstbewusstsein und die Souveränität der Schöpfer dieses Hauses, dass sie dem Landtag von Nordrhein-Westfalen ein so großartiges Projekt verwirklicht haben".

    Dr. Johannes Rau
    "Richtungweisend für Inhalt, Ziel und Sinn der Politik"
    "Der architektonische Ausdruck dieses Hauses, seine Öffnung zur Stadt und zur Landschaft sollen auch richtungweisend für Inhalt, Ziel und Sinn der Politik sein, nämlich nicht über die Köpfe über die Wünsche und Sorgen der Bürger hinweg zu denken, zu reden und zu entscheiden, sondern mit ihnen auf Tuchfühlung zu bleiben, ihre Probleme aufzunehmen und sie in dieses Haus einzuladen - gewiss zum Mithören, aber auch in dem Willen, den demokratischen Souverän an diesem Ort sichtbar zu machen", sagt Ministerpräsident Dr. Johannes Rau (1931-2006) während des Festakts. Das neue Haus stehe am Rhein, "jenem großen und geschichtsträchtigen Fluss, von dem wir so gern sagen, er solle Menschen nicht trennen, sondern verbinden". Der Rhein könne "vielleicht auch an zwei unserer wichtigsten Zukunftsaufgaben erinnern", so Rau weiter. Gemeint sei das Hineinwachsen des Landes "in die Europäische Gemeinschaft und ihren für 1992 geplanten Binnenmarkt", aber auch die "zentrale politische Aufgabe, unser Land vor Umweltgefahren und Umweltschäden zu bewahren".

    Bildunterschrift:
    Der Festakt im Plenarsaal zur Eröffnung des neuen Landtags. Für den musikalischen Rahmen sorgte das Landesjugendkammerorchester Nordrhein-Westfalen.

    ID: LI23S106

  • Handbuch und Wegweiser - Ein Parlament zieht um.
    S. 8-9 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Seit 35 Jahren ist der Landtag im Parlamentsgebäude am Rhein zu Hause. Davor tagte er rund 40 Jahre im Ständehaus. Verwaltungsmitarbeiter Frank Dulies hat dort 1987 seinen Dienst angetreten - und war mit dem Umzug betraut. Heute blickt er zurück.

    Herr Dulies, wie langwierig ist es, wenn ein Landesparlament umzieht?
    Frank Dulies: Der Umzug hat innerhalb der parlamentarischen Sommerpause 1988 stattgefunden und reibungslos geklappt. Innerhalb einer Woche zogen die Abgeordneten um, in der folgenden die Verwaltung und weitere zwei Wochen später die Fraktionen - eben sobald deren Räume amtlich zur Nutzung freigegeben waren. Das bedarf natürlich einer sorgfältigen Vorbereitung. Wir waren vier oder fünf Leute im Umzugsteam. Jedes Referat und jede Fraktion hatte einen Umzugsbeauftragten benannt, der dafür sorgte, dass die Umsetzung vor Ort funktionierte. Diese Beauftragten hatten einen direkten Draht zu unserer Umzugsleitstelle. Außerdem hat uns eine Firma beraten. Zentral war unser Umzugshandbuch. Darin stand für alle, was zu tun ist, von A wie Aufkleber bis Z wie Zeitpläne.

    Aufkleber für Umzugskartons?
    Ja, eine Kleinigkeit mit großer Wirkung. Damit alle Kartons an der richtigen Stelle wieder ankommen, war genau festgelegt: Was muss wo auf dem Aufkleber draufstehen? Wo auf den Kartons müssen Aufkleber kleben? Welche Farbe müssen sie haben? Mit dem Farbkonzept haben wir bauliche Bereiche unterschieden.

    Wie war denn festgelegt, wohin ein bestimmtes Büro umzieht? Der Landtagsneubau war ja ein komplett anderes Gebäude als das Ständehaus.
    Das stimmt. Deshalb haben wir zunächst Raumpläne erstellt und ein Raumkonzept erdacht. Wir haben den Landtag in verschiedene Bereiche aufgeteilt, etwa den A-Bereich definiert, den B-Bereich usw. - jeweils rund um zentrale Treppenhäuser und Aufzüge. Und wir haben einen Vorschlag erarbeitet, welche Einheiten sinnvollerweise wo sitzen könnten: Wo die Fraktionen? Wo das Referat, das sich mit Plenums- und Ausschussangelegenheiten befasst? Wo die Hausverwaltung und -technik? Das Umzugshandbuch enthielt auch für alle einzelnen Personen die neue Raumnummer.

    Eine Woche bevor es losging wurden rund 2.000 Kartons verteilt - im Umzugshandbuch steht: "Hamstern ist nicht notwendig." Was musste denn alles eingepackt werden?
    Vor allem Unmengen an Papier: Akten, Vorgänge, Parlamentsdokumente, Briefwechsel ... Außerdem Schreib- und Rechenmaschinen, Bilder und Pflanzen und vereinzelt Möbel. Aber grundsätzlich war die Büroausstattung, also die Möbel und die Technik, im Landtagsneubau komplett neu und musste nicht mit umziehen.

    War der Umzug ins neue Gebäude emotional?
    Ja, es war ein Umbruch. Auf der einen Seite haben die räumlichen Gegebenheiten im Ständehaus es begünstigt, dass man viel miteinander ins Gespräch kam, vieles auf kurzem Weg auf dem Flur oder in der Teeküche geklärt werden konnte. Es hatte eine persönliche Atmosphäre, die Dienstwege waren kurz. Der Landtagsneubau bot hingegen mehr Platz und bessere Arbeitsbedingungen, war technisch auf der Höhe der Zeit und natürlich ein tolles Gebäude. Und er bot Platz für alle. Zuvor waren wir auf drei Gebäude verteilt. Neben dem Ständehaus selbst waren noch Kolleginnen und Kollegen - darunter ich - in Gebäuden in der Kronprinzenstraße und in der Elisabethstraße untergebracht, weil das Ständehaus zu klein geworden war. Vom Haupthaus zum Gebäude an der Kronprinzenstraße führte ein Tunnel, man kann sagen, ein sehr langer Flur, aber eben unterirdisch.

    Sind die Abgeordneten und alle, die außerdem im Landtag arbeiteten, gut mit dem neuen Parlamentsgebäude zurechtgekommen?
    Im Vorfeld war von einigen Besuchern des Landtagsneubaus zu hören: "Du liebe Güte, wie finden wir uns bloß zurecht?" Wir haben dann zum Umzug viele Schilder aufgestellt, alles Mögliche ausgeschildert. Man braucht in diesem Gebäude einfach eine Woche, bis man sich zurechtfindet. Alles ist rund - das ist eine Herausforderung für die Orientierung.
    (siehe Fortsetzung)

    ID: LI23S107

  • Handbuch und Wegweiser - Ein Parlament zieht um (Fortsetzung).
    S. 8-9 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Waren schon Computer im Einsatz?
    Briefe wurden nach wie vor auf der elektrischen Schreibmaschine geschrieben. Aber die Datenverarbeitung war schon digital: Wir waren an einen Großrechner des Landesamts für Datenverarbeitung und Statistik angeschlossen und konnten dort über Eingabemasken Daten einspeichern - etwa zu den Räumen des Landtags. Sie wurden alle akribisch erfasst, ausgemessen und beschrieben. Wie viele Fenster, Teppichboden welchen Herstellers, wie viel Quadratmeter Tapete etc. Das Raumbuch, das wir so damals elektronisch angelegt haben, hilft uns bis heute. Es ist der Ursprung des Gebäudemanagementsystems. Wenn heute ein Raum für eine Besprechung gebucht oder doch nicht gebraucht wird, muss niemand mehr Listen mit Tipp-Ex bearbeiten. In unserem System sind nicht nur alle Räume gelistet, sondern auch alle Anlagen samt Wartungsstand, alle Schlüssel usw.

    Wie haben Sie persönlich den Umzug erlebt?
    Ich habe mich darauf gefreut. Ein tolles Gebäude in besonderer Lage, das technisch anspruchsvoll ausgestattet war. Die Hausverwaltung und Bautechnik erforderte auch eine ganz andere Betreuung: Der Landtag bekam damals eigenes Personal, das sich zum Beispiel um die Elektronik oder die Sanitärtechnik kümmert. Im Ständehaus gab es einfach einen Hausmeister. Der hatte Werkzeug, eine Leiter und was ein Hausmeister sonst so braucht. Ansonsten wurden Reparaturfirmen beauftragt. Heute besitzt der Landtag selbst schon 250 Leitern, die auch ständig im Einsatz sind.

    War zum Umzug alles fertig?
    Nicht ganz. Auf dem Vorplatz etwa fehlte noch die Brunnenskulptur "Tzaphon" - bei der feierlichen Eröffnung hat man dann einfach in die runde Vertiefung Blumen gepflanzt - im Muster und in den Farben des Landeswappens.

    Bildunterschriften:
    Von A bis Z: das Umzugshandbuch mit Antworten auf alle Fragen
    Kisten packen: Umzug der Pressestelle
    Am Ziel: Lastwagen der Umzugsfirma vor dem Parlamentsneubau

    Zusatzinformationen:
    Technik früher und heute
    Das Ständehaus, erinnert sich Frank Dulies, verfügte über einen Fernschreiberaum. Außerdem sendete der Landtag seit 1986 über Bildschirmtext - Vorläufer des Internets - aktuelle Informationen in die Welt. Wer ein entsprechendes Endgerät zu Hause hatte, konnte die Nachrichten empfangen. In den neuen Büros warteten Anschlussdosen auf die Abgeordneten, an denen sowohl Sprach-, Daten-, Bild- und Text-Endgeräte angeschlossen werden konnten - für die bald folgende ISDN-Technik war bereits alles vorbereitet. Außerdem gab es im neuen Landtag von Anfang an eine sogenannte elektroakustische Lautsprecheranlage. Damit lassen sich zentrale Durchsagen sowie Plenardebatten in jedes Büro übertragen, Notfall-Anweisungen im ganzen Haus platzieren oder auch nur bestimmte Gebäudeteile ansprechen - etwa alle Büros, die zu einer bestimmten Fraktion gehören.

    Sonderumzüge
    Die Bibliothek des Landtags mit damals rund 30.000 Titeln bedurfte einer eigenen, spezialisierten Umzugsfirma. Marion Konradt, bereits damals Mitarbeiterin der Bibliothek, erinnert sich, dass die Kartons aus dem Untergeschoss eine Treppe hinauf getragen werden mussten - dann aber ging es aufs Rollband, ähnlich wie bei der Kofferabfertigung am Flughafen. Und so rollte der Bibliotheksbestand durch einen Seiteneingang auch wieder in die Bibliothek des neuen Landtags hinein. Weitere Sonderumzüge waren nötig, um etwa vertrauliche Unterlagen, das Archiv, die Druckerei, die Poststelle, den Wirtschaftsbereich - aber auch Bilder und Pflanzen sicher in den Neubau zu transportieren.

    ID: LI23S108

  • Von der Oper an den Rhein - Die Standorte des Landtags seit 1946.
    S. 10-11 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Das Landtagsgebäude am Rhein ist der vierte Sitz des nordrhein-westfälischen Parlaments seit seiner Konstituierung 1946. Nur rund anderthalb Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs legte die britische Militärregierung damals den Grundstein für eine demokratische Entwicklung an Rhein, Ruhr und Lippe. Eine Reise zurück in die Geschichte.
    macro Opernhaus not found Am 2. Oktober 1946 kommt der Landtag zu seiner historischen ersten Sitzung im Düsseldorfer Opernhaus zusammen. Die britische Militärregierung hatte das Land im August gegründet. Dem ersten Landtag gehören je 100 von den Briten ernannte Abgeordnete aus dem Rheinland und Westfalen an, darunter Konrad Adenauer, der spätere erste Bundeskanzler. Das Opernhaus ist in der zerbombten Stadt der einzige Ort, der für eine feierliche Konstituierung infrage kommt. Das 1875 eröffnete Gebäude war durch Luftangriffe im November 1943 zwar stark beschädigt, aber nach dem Krieg provisorisch wieder hergerichtet worden.

    Henkel-Werke
    Ab dem 12. November 1946 werden die Henkelwerke in Düsseldorf-Holthausen zum provisorischen Sitz des Landtags. Die Abgeordneten tagen im Gesolei-Saal - 90 Plenarsitzungen finden hier statt. Die Arbeitsbedingungen sind schwierig: Nur die Landtagsmitglieder in der ersten Reihe haben Tische, die übrigen müssen ihre Sitzungsunterlagen auf den Knien ablegen. Zudem wird der Saal auch für werksinterne Veranstaltungen genutzt sowie von der britischen Besatzungsmacht für Filmvorführungen und von den Städtischen Bühnen für Theater- und Operettenaufführungen. Die Mehrfachnutzung führt dazu, dass Landtagssitzungen auch vorzeitig abgebrochen werden müssen.

    Ständehaus
    Im März 1949 wird das im Krieg stark zerstörte Ständehaus wieder eröffnet und zum ersten ständigen Sitz des Landtags. Das von 1876 bis 1880 erbaute Gebäude hatte von 1880 bis in die 1930er-Jahre den Provinziallandtag der preußischen Rheinlande beherbergt. Bereits nach wenigen Jahren stellt sich in dem Gebäude Raumnot ein, so dass ab den 1950er-Jahren immer neue Entwürfe für An- und/oder Aufbauten diskutiert werden. Schließlich fällt der Entschluss, einen neuen Landtag an anderer Stelle zu errichten. Heute ist im Ständehaus das Museum K21, eine Dependance der Kunstsammlung NRW, untergebracht.

    Landtag am Rhein
    Von 1982 bis 1988 dauert der Bau des Landtags am Rhein auf dem Gelände des früheren Berger Hafens. In einem bundesweiten Wettbewerb hatte sich das Architektenbüro Eller-Moser- Walter & Partner mit seinem Konzept durchgesetzt. Die Idee für den Entwurf stammte von den Abgeordneten: Sie wollten einen kreisrunden Plenarsaal, einen Ort, an dem alle zusammenkommen und vom eigenen Platz aus mit den anderen sprechen können. Am 2. Oktober 1988 wird der Parlamentsneubau eröffnet - auf den Tag genau 42 Jahre nach der ersten Sitzung des Parlaments im Düsseldorfer Opernhaus.

    Bildunterschriften:macro Opernhaus not foundGesolei-Saal im Jahr 1948
    Ständehaus im Februar 1997
    Der Landtag am Rhein

    ID: LI23S109

  • 1988 - Was sonst noch geschah.
    S. 12-13 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Am 2. Oktober 1988 wurde der neue Landtag am Rheinufer feierlich eröffnet - ein weit über die Grenzen Nordrhein-Westfalens hinaus beachtetes Ereignis. Was aber geschah sonst noch in diesem Jahr? Ein Blick zurück.macro zab not found
    1. Februar 1988: Kraftfahrerinnen und -fahrer müssen sich an der Zapfsäule umstellen: In der Bundesrepublik Deutschland wird verbleites Normalbenzin verboten. Grundlage ist das Benzinbleigesetz von 1971. Es soll Mensch und Umwelt schützen. 1996 folgt das "Aus" auch für verbleites Super.

    13. Februar 1988: In Calgary (Kanada) werden die 15. Olympischen Winterspiele eröffnet. Die meisten Medaillen (29) gehen an die Sowjetunion. Deren Sportlerinnen und Sportler liegen später auch bei den 24. Sommerspielen in Seoul (Südkorea) mit 132 Medaillen vorn.

    15. Mai 1988: Die Sowjetunion beginnt ihren Rückzug aus Afghanistan. 1979 hatte sie in den dortigen Bürgerkrieg eingegriffen. Was als kurze Intervention geplant war, dauert am Ende mehr als neun Jahre. Den Sowjets gelingt es nicht, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen.

    18. Mai 1988: Bayer 04 Leverkusen gewinnt den UEFA-Cup gegen Espanyol Barcelona. Das Hinspiel in Spanien hatten die Leverkusener mit 0:3 verloren, beim Rückspiel im Ulrich-Haberland-Stadion liegen die Leverkusener nach 90 Minuten plus Verlängerung mit 3:0 vorn. Die Entscheidung fällt im Elfmeterschießen: Bayer drei Treffer, Barcelona zwei.

    19. Juli 1988: Bruce Springsteen tritt in Ost-Berlin auf. Es ist das größte Konzert in der Geschichte der DDR. 160.000 Eintrittskarten werden verkauft. Schätzungen gehen aber von bis zu 500.000 Fans auf dem Gelände der Radrennbahn Weißensee aus.

    16. August 1988: Zwei Männer überfallen in Gladbeck eine Filiale der Deutschen Bank und nehmen mehrfach Geiseln. Während ihrer Flucht schließt sich den beiden eine Komplizin an. Die Irrfahrt führt durch Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Bremen und die Niederlande. Drei Menschen kommen ums Leben. Das Verbrechen geht als "Gladbecker Geiseldrama" in die Kriminalgeschichte ein.

    28. August 1988: Während einer Flugschau auf dem US-Militärflugplatz in Ramstein (Rheinland- Pfalz) kollidieren drei Flugzeuge und stürzen ab. Eines rutscht brennend ins Publikum. 70 Menschen sterben.

    3. Oktober 1988: Der CSU-Vorsitzende Franz Josef Strauß stirbt im Alter von 73 Jahren. Strauß war von 1978 bis 1988 bayerischer Ministerpräsident und zuvor u. a. Bundesminister für Atomfragen, Verteidigung und Finanzen.

    8. November 1988: George Herbert Walker Bush wird zum 41. Präsidenten der USA gewählt. Zuvor war er Vizepräsident von Ronald Reagan, der nach zwei Amtszeiten nicht mehr antreten konnte. Bushs Sohn George W. wird später der 43. Präsident der Vereinigten Staaten.

    20. Dezember 1988: Papst Johannes Paul II. ernennt Joachim Kardinal Meisner zum Erzbischof von Köln. Sein Vorgänger, Joseph Kardinal Höffner, war im Jahr zuvor gestorben. Meisner war vor seiner Ernennung Bischof von Berlin.

    Zeitschiene siehe Originalseite

    ID: LI23S110

  • Meilensteine am Rhein.
    S. 14-17 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Kohle und Kumpel, der Besuch einer Königin, Wäscheleinen vor dem Parlament - "Landtag Intern" hat Geschichten, Glanzpunkte und Kurioses zum parlamentarischen Geschehen gesammelt. Im Rätsel anlässlich des Jubiläums "35 Jahre am Rhein" können Sie Ihr Wissen testen. Die Buchstaben der jeweils richtigen Antwort ergeben die Lösung, die Sie auf Seite 19 finden. Sie besteht aus zwei Wörtern.
    tob

    Bildunterschriften:
    1. Amt und Würde
    Hohes Haus, hoher Besuch
    Als Roman Herzog im Jahr 1994 den Landtag betrat, war es das erste Mal, dass ein Bundespräsident in Amt und Würden das neue Parlamentsgebäude am Rhein besuchte. Im Beisein der damaligen Landtagspräsidentin Ingeborg Friebe trug er sich in das Gästebuch ein. In den Folgejahren besuchten mit Johannes Rau, Horst Köhler, Christian Wulff, Joachim Gauck sowie Frank-Walter Steinmeier weitere ehemalige und amtierende Bundespräsidenten das Parlament. In die lange Liste honoriger Staatsgäste reihten sich auch die Bundeskanzler Helmut Kohl und Gerhard Schröder sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel ein. Und mit Michail Gorbatschow sprach im Jahr 1995 sogar der frühere Staatspräsident der Sowjetunion im Plenarsaal. Von der Beflaggung und Delegationsgrößen über Grußworte und Gespräche bis hin zu Verabschiedungsgesten und Gastgeschenken war jedes Detail geplant. Roman Herzog etwa erhielt einen Wandteller, auf dem der Landtag abgebildet war. Der Teller stammte aus einer berühmten Porzellan-Manufaktur, die nach einer Kleinstadt in Sachsen benannt ist. Wie heißt sie?

    M Meißen
    N Attendorn
    F Nümbrecht

    2. Politische Neulinge
    Blumen für den Plenarsaal
    Bei der Landtagswahl am 13. Mai 1990 schafften es die Grünen erstmals, die 5-Prozent-Hürde in Nordrhein-Westfalen zu überspringen. Somit zog die noch junge Partei, die zehn Jahre zuvor gegründet worden war, in den Landtag ein. Was sich liest wie eine nüchterne Meldung, sorgte seinerzeit für Aufsehen - auch nach der Wahl: Zur ersten Plenarsitzung der neuen Wahlperiode brachten die Grünen Blumen mit, um mehr Farbe in den Saal zu bringen. Und zum 25. Regierungsjubiläum der SPD in Nordrhein-Westfalen gratulierten sie mit Filzpantoffeln. Lange Jahre waren die Grünen die einzigen Neulinge im Kreise der Fraktionen von CDU, SPD und FDP, die seit Jahrzehnten im Parlament vertreten waren. Später schafften als neue Parteien die Linke (2010), die Piraten (2012) und die AfD (2017) den Sprung in den Landtag. Wie viele verschiedene Fraktionen waren seit 1988 im Landtag insgesamt vertreten?

    Z sechs
    I sieben
    C acht

    3. Besuch der Queen
    Gestatten, Ihre Majestät
    "Das ist ein schöner Tag für Nordrhein-Westfalen! Wir sind glücklich, dass Sie unserem Land die Ehre Ihres Besuchs erweisen." Mit diesen Worten begrüßte der damalige Landtagspräsident Ulrich Schmidt ein adliges Staatsoberhaupt im Parlament. Genauer: "Ihre Majestät, Königin des Vereinten Königreichs Großbritannien und Nordirland". Es war der 4. November 2004 und der erste Besuch von Queen Elizabeth II. in Düsseldorf seit Jahren. "Als ich 1965 zum ersten Mal nach Düsseldorf kam", sagte sie in ihrer Ansprache im Plenarsaal, "war ich sofort ergriffen davon, welche Herzlichkeit Großbritannien hier entgegengebracht wurde." Nach der Rede verließ sie den Landtag über einen roten Teppich - begleitet von ihrem Ehemann, der im Jahr 2021 starb. Mit wem war Queen Elisabeth II. (1926-2022) verheiratet?

    T Prinz Philip
    G Richard III.
    A Sir Walter

    4. Corona-Pandemie
    Drei auf einen Streich
    Kaum ein Datum hat das Leben in Deutschland so sehr verändert wie der 22. März 2020, als der erste Corona-Lockdown in Kraft trat. Schulen, Kindergärten und Spielplätze schlossen ebenso wie Geschäfte, Kinos, Theater, Restaurants und Sportstätten. Corona wurde zum Dauerthema und zur Herausforderung auch für die Abgeordneten des Landtags. Am 24. März 2020 kamen sie zu einer Sondersitzung zusammen, um über die Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen zu beraten. Die Sitzung ging in die Geschichte ein: An nur einem Plenartag befassten sich die Abgeordneten in drei Lesungen mit demselben Gesetz und beschlossen schließlich einstimmig einen Nachtragshaushalt in Höhe von 25 Milliarden Euro. "Auch und gerade in Krisenzeiten kann und wird sich das Parlament bewähren", betonte Landtagspräsident André Kuper vor der Sitzung. "Die Abgeordneten bleiben an Bord und gehen ihren Aufgaben weiter nach. Aber wir reduzieren - wie alle - unsere öffentlichen und persönlichen Kontakte." Wie hieß das Gesetz, dass die Abgeordneten am 24. März 2020 verabschiedeten?

    F Corona-Hilfsfonds
    U Krisengesetz
    R NRW-Rettungsschirm

    5. Sitzungen und Rekorde
    Der Letzte macht das Licht aus
    Manchmal kann es dauern, bis alle Argumente ausgetauscht sind: Am 7. Dezember 2022 etwa saßen die Abgeordneten seit 10 Uhr im Plenum beisammen - und tagten und tagten und tagten. Es war nach Mitternacht, da näherten sie sich einem Rekord: Um 1.47 Uhr endete die mit 15 Stunden und 47 Minuten längste Sitzung in der Geschichte des Landtags. Aber es kann auch schneller gehen, deutlich schneller sogar. Wie bei der Plenarsitzung am 23. Oktober 2012, die um 13.34 Uhr begann: Ohne Aussprache stimmten die Abgeordneten über die Befristung eines Gesetzes ab - der einzige Tagesordnungspunkt der Sitzung. Um 13.38 Uhr wandte sich die damalige Präsidentin des Landtags an die Abgeordneten mit den Worten: "Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind wir schon am Ende der heutigen, wahrscheinlich allerkürzesten Sitzung in der Geschichte des Parlamentarismus in Nordrhein-Westfalen." Recht hatte sie. Mit dreieinhalb Minuten war es die bis heute kürzeste Plenarsitzung des Landtags. Wer war damals Landtagspräsidentin?

    H Carina Gödecke
    I Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
    B Malu Dreyer

    (siehe Fortsetzung)

    ID: LI23S111

  • Meilensteine am Rhein (Fortsetzung).
    S. 14-17 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    6. Schicht im Schacht
    Abschied von der Steinkohle
    "Tief im Westen, wo die Sonne verstaubt! Ist es besser, viel besser, als man glaubt!", singt Herbert Grönemeyer in seinem Lied "Bochum", eine Hommage an seine Heimatstadt. "Tief im Westen", das bedeutete im Ruhrgebiet und Teilen des Rheinlands jahrzehntelang: Kohle und Kumpel, wirtschaftlicher Aufschwung und Zusammenhalt. Als Ende 2018 die letzten Zechen in Bottrop und Ibbenbüren schlossen, war allerdings Schicht im Schacht. Kurz zuvor, am 12. September 2018, fand im Landtag ein Festakt statt, um die Verdienste der 150-jährigen Ära des industriellen Steinkohlebergbaus zu würdigen. Mehr als 500 Gäste, darunter 120 Bergleute, nahmen teil. Zum Abschluss erklang - wie konnte es anders sein - das Steigerlied, das so viele Bergleute zuvor unter und über Tage angestimmt hatten: "Glückauf, Glückauf, der Steiger kommt; und er hat sein helles Licht bei der Nacht schon angezünd't, schon angezünd't." Gesungen wurde das Lied auch am letzten Arbeitstag der Kumpel in Bottrop. Wie hieß die Zeche, die Ende Dezember 2018 dort schloss?

    H Kaiser Wilhelm
    M Fürst Leopold
    E Prosper-Haniel

    7. Parlamentsleitung
    Eine Frau an der Spitze
    Als sich der Landtag Nordrhein-Westfalen am 2. Oktober 1946 konstituierte, waren von 200 Abgeordneten rund 10 Prozent weiblich. Die Frauenquote sank zwischen 1970 und 1975 auf 3,5 Prozent, ein historisch niedriger Wert. Erst in der zweiten Hälfte der 1980er-Jahre stieg der Anteil der Frauen wieder. Zu Beginn der elften Wahlperiode im Jahr 1990 lag er bei 21 Prozent. Und die Abgeordneten wählten am 31. Mai 1990 erstmals eine Frau an die Spitze des Landtagspräsidiums. "Als Präsidentin", sagte sie in ihrer Antrittsrede, "kommt mir die Aufgabe zu, stellvertretend für alle Frauen in diesem Parlament und für alle tüchtigen Frauen in unserem Lande beweisen zu müssen - oder sollte ich sagen: beweisen zu dürfen -, dass wir allen Aufgaben, denen wir uns stellen, auch gewachsen sind, nicht anders als Sie, meine Herren Kollegen." Die Sozialdemokratin blieb Landtagspräsidentin bis 1995. Von 1976 bis 1997 war sie zudem Bürgermeisterin der Stadt Monheim, wo sie heute als 92-Jährige lebt. Wie heißt die erste Landtagspräsidentin?

    F Gesine Schwan
    I Ingeborg Friebe
    T Irmgard Schwaetzer

    8. Recht und Reformen
    Eine Verfassung, auf ewig - und veränderbar
    Die Landesverfassung bildet das Fundament für die staatliche Ordnung in Nordrhein-Westfalen. In Stein gemeißelt ist sie aber nicht. Der Landtag kann Änderungen beschließen, solange sie nicht den "Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne der Bundesrepublik Deutschland widersprechen", wie es in der Landesverfassung heißt. Mehr als 20 Mal hat das Parlament seit 1949 von diesem Recht Gebrauch gemacht. Im Jahr 1969 stärkte der Landtag beispielsweise mit dem neuen Artikel 41a die Rechte des Petitionsausschusses. Im Jahr 1989 traf der Landtag eine Verfassungsaussage im Sinne der Gleichstellung von Frauen und Männern. Im Jahr 2002 wurden die Kinderrechte in die Landesverfassung aufgenommen. Und mit der bisher letzten Änderung im Jahr 2020 wurde sie um einen Europabezug ergänzt. Der ursprüngliche Satz "Nordrhein-Westfalen ist ein Gliedstaat der Bundesrepublik Deutschland" wurde um die Formulierung "und damit Teil der Europäischen Union" erweitert. Welche Mehrheit ist nötig, damit der Landtag eine Verfassungsänderung beschließen kann?

    S Absolute Mehrheit
    N Zweidrittelmehrheit
    I Einfache Mehrheit

    9. Hammelsprung
    Turbulenzen um Castor-Transport
    Zwölf Jahre hatte es keinen mehr gegeben, am 2. Dezember 2010 aber war es wieder soweit: Zeit für einen Hammelsprung - ein Abstimmungsverfahren, bei dem die Abgeordneten den Plenarsaal durch Türen mit den Aufschriften "Ja", "Nein" und "Enthaltung" betreten, um ihre Stimme abzugeben. An jenem Tag ging es um den Antrag der Fraktionen von SPD und Grünen mit dem Titel "Atom-Deal der Bundesregierung bringt die Menschen zu Recht auf die Straße" und die Frage, ob Atommüll in Castor-Behältern durch Deutschland transportiert werden sollte. Per Hammelsprung wurde der Antrag angenommen. Die Fraktionen von CDU und FDP beteiligten sich allerdings nicht an der Abstimmung - aus Protest. Denn bereits zuvor hatten die Abgeordneten per Handzeichen abgestimmt. Antrag abgelehnt, urteilte die Sitzungsleitung zunächst. Da das Ergebnis knapp war, ordnete das Präsidium einen Hammelsprung an. An den Castor-Transporten änderte das nichts. Wohin führten sie?

    B Gorleben
    K Wesel
    A Schmallenberg

    (siehe Fortsetzung)

    ID: LI23S112

  • Meilensteine am Rhein (Fortsetzung).
    S. 14-17 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    10. Protest und Bannmeile
    Rinder, eine Wäscheleine und das letzte Hemd
    Meinung? Ist erwünscht in einer Demokratie. Proteste? Sind auch vor dem Landtag erlaubt, solange die Bannmeile beachtet wird, Demonstrierende also den vorgeschriebenen Abstand zum Parlament wahren. Vom Demonstrationsrecht haben zahlreiche Gruppen Gebrauch gemacht: Am 12. März 1997 etwa, als sich die Krankheit BSE verbreitete und Tausende Rinder notgeschlachtet wurden, demonstrierten Tierschützerinnen und Tierschützer auf der Wiese vor dem Landtag mit dem Appell: "Verhindert den Wahnsinn. Stoppt die Tötungsanordnung". Bei einer anderen Protestaktion, am 10. Juli 2013, spannten Beamtinnen und Beamte eine Wäscheleine vom Stadttor bis zum Landtag. Mit der Aktion "Wir überreichen unser letztes Hemd" protestierten sie gegen das sogenannte Besoldungsanpassungsgesetz. Für Aufsehen sorgten viele weitere parlamentarische Vorhaben. Der "befriedete Bannkreis" um den Landtag musste dabei eingehalten wurde. Wo genau er beginnt, steht in einem Gesetz. Wie heißt es?

    F Protestgesetz
    L Versammlungsgesetz
    R Demonstrationsgesetz

    11. Großbritannien
    Wenn die Glocke läutet
    "Nordrhein-Westfalen ist eine britische Erfindung", schreibt der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Ulrich von Alemann über die Anfänge des Bundeslandes. Denn es waren die Briten, die am 21. Juni 1946 beschlossen, ein Territorium mit dem Namen "Nordrhein-Westfalen" zu gründen. Zugeteilt wurden diesem Land die frühere preußische Provinz Westfalen sowie der Nordteil der ebenfalls preußischen Rheinprovinz (Nordrhein). Im Jahr 1947 trat das Land Lippe bei. Als "Operation marriage" bezeichnete die britische Militärregierung die Vereinigung der Landesteile. Die Briten waren es auch, die den ersten Landtag ernannten, der am 2. Oktober 1946 erstmals zusammentrat. Bis heute verbindet die britische Regierung und Nordrhein-Westfalen eine enge bilaterale Beziehung. Als Zeichen der Verbundenheit überreichten die Briten zur Eröffnung des Landtags am Rhein am 2. Oktober 1988 daher ein Geschenk: eine Glocke, die der Präsident oder die Präsidentin des Landtags bei Plenarsitzungen nutzt. Wozu dient sie üblicherweise?

    I Die Sitzung einzuläuten
    H Die Sitzung zu beenden
    O Als Rüge

    12. Debatten
    Nordrhein-Westfalen, deine Gesetze
    Silben türmen sich auf wie Wortungetüme: Beamtenbesoldungsgesetz, Gemeindefinanzierungsgesetz, Sofortzuschlagsumsetzungsgesetz. Das liest sich sperrig, aber klar ist auch: Gesetze müssen rechtssicher sein. Sie regeln im Detail, was wichtig für das Zusammenleben der Menschen in Nordrhein-Westfalen ist. Und die Gesetzgebung gehört zu den zentralen Aufgaben des Parlaments. Seit 1949 hat es in Nordrhein-Westfalen rund 2.200 Gesetze verabschiedet (Stand Mai 2023). Alle Entwürfe werden gründlich beraten: nicht nur im Plenum, sondern auch in Fachausschüssen, in Fraktionen und deren Arbeitskreisen. Auch außerhalb des Landtags beschäftigen sich Parteien, Verbände, Organisationen und Vereine mit Gesetzesvorhaben. Das Parlament ist der Ort, an dem die Meinungen zusammengeführt werden und an dem entschieden wird. In der Regel reichen dazu zwei Lesungen. Für manche Gesetze ist aber auch eine dritte Lesung vorgeschrieben. Für welche?

    CK Haushaltsgesetze
    CH Bildungsgesetze
    OU Polizeigesetze

    DIE LÖSUNG FINDEN SIE AUF S . 19

    ID: LI23S113

  • Der Landtag in Zahlen.
    S. 18-19 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Der Landtag am Rhein beeindruckt seit 35 Jahren mittlerweile mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr durch seine Einzigartigkeit. Dabei steht der kreisrunde Plenarsaal im Mittelpunkt des Gebäudes. Landtag Intern stellt das Gebäude in aktuellen Zahlen vor.

    Grundstücksgröße: 30.064 m²
    Höhe: 21 m
    Breite: 105 m
    Verbauter Sandstein innen und außen, rund: 10.000 m²
    Fensterfläche: 28.536 m²
    Fenster: 2.124
    Türen: 2.377
    Büroräume: 590
    Sitzungsräume: 25
    Toilettenräume: 43
    Aufzüge: 14
    Sitzplätze im Restaurant: 380
    Parkplätze in der Garage: 787

    Der Plenarsaal
    Größe: 725 m²
    Durchmesser: 30 m
    Sitzplätze für Abgeordnete: 195
    Sitzplätze für die Landesregierung: 44
    Größe der Zuschauertribüne: 413 m²
    Plätze der Zuschauertribüne: 336
    Sitzplätze für Präsident, Schriftführer und Landtagsverwaltung für die Sitzungsleitung: 5

    Des Rätsels Lösung
    Die Lösung des Rätsels auf den Seiten 14 bis 17 lautet "Mit Rheinblick".

    ID: LI23S114

  • Stumme Zeugen der Parlamentsgeschichte.
    S. 20-21 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Im Parlamentsgebäude hat es in den vergangenen 35 Jahren immer wieder Modernisierungen gegeben. Manche Dinge aber haben die Zeit überdauert und verleihen dem Gebäude bis heute seinen ganz eigenen Charme. Eine Spurensuche nach unverwechselbaren Relikten und stillen Zeugen der Parlamentsgeschichte.
    tob

    Sächsischer Sandstein
    Nicht immer gelingt es Architekten, ihre Wünsche umzusetzen - in diesem Fall aber schon: Mit Sandstein sollte die Fassade des Landtags verkleidet sein, so wünschten es sich Prof. Fritz Eller und seine Architektenkollegen, als sie das Landesparlament am Rhein planten. Sandstein wurde auch für andere repräsentative Bauten in Düsseldorf verwendet, etwa für das Mannesmann-Hochhaus und den Amtssitz des Ministerpräsidenten am Rheinufer. Um zu prüfen, welcher Stein für den Landtag bei den speziellen Luftverhältnissen wegen der Schifffahrt am Rhein geeignet war, besuchten die Architekten Betriebe in ganz Deutschland. Es folgte eine öffentliche Ausschreibung. Das günstigste Angebot traf aus der DDR von einem Betrieb aus Dresden ein, der Cottaer Sandstein verarbeitete. "Überall in der Presse wurde geunkt, das sei unmöglich; man könne keinen Auftrag an die DDR vergeben; die ließen uns anfangen und lieferten dann nichts", erinnerte sich Prof. Eller Jahre später in einer Rede im Plenarsaal. Eine Kommission aus Düsseldorf reiste nach Berlin, um den Geschäftsführer des Sandsteinbetriebs zu treffen, der letztlich den Zuschlag bekam - und lieferte: "Ganz präzise und wunderbar verpackt" seien die Lieferungen gewesen, erinnerte sich Architekt Eller: "Für die DDR waren das natürlich Devisen. Alles andere musste dafür liegen bleiben."
    Die Fassade außen und einige Wände innen wurden mit Sandsteinplatten verkleidet. Eine Herausforderung bestand darin, die teils abgerundeten und wenige Zentimeter dünnen Platten zu verlegen - was durch Betonteile mit Sonderkonstruktionen gelang, die dem Naturstein bis heute Halt geben und der Fassade einen zurückhaltenden, aber repräsentativen Charme verleihen.

    Glas - ein Symbol für transparente Politik
    Die Türen schließen - hinauf geht?s, aber ganz langsam. Denn die rundum verglaste Aufzugskabine, die Besucherinnen und Besucher von der Eingangshalle hoch zur Tribüne des Plenarsaals führt, schlägt mit einer Geschwindigkeit von 20 Zentimetern pro Sekunde ein gemächliches Tempo an. Zeit, sich umzuschauen: Durch das Glasdach ist die Spitze des Rheinturms zu sehen. Der Panoramablick reicht bis zum Rhein und zum Vorplatz des Landtags samt Bürgerpark. Je höher der Aufzug steigt, desto deutlicher ist der Plenarsaal zu erkennen, wo die Fahrt wie auf einer sanft schwebenden Wolke nach gut anderthalb Minuten endet.
    Ausgelegt ist der Aufzug für 53 Personen - etwa so viele, wie in einen Reisebus passen. Aufgrund des Alters sollen heute aber nur noch kleinere Gruppen mit rund 25 Personen mit dem Aufzug fahren, da er sonst überhitzt. Zeitversetzt gelangen an einem Plenartag dank einer fein austarierten Taktung rund 1.200 Besucherinnen und Besucher mit dem Glasaufzug hoch zur Tribüne, um die Debatten im Plenum zu verfolgen. Runter geht?s wieder durch ein Treppenhaus.
    Da heute mehr Bürgerinnen und Bürger als in den Anfangsjahren den Landtag besuchen, haben kürzlich die Arbeiten für den Bau eines weiteren Aufzugs begonnen, der von der Eingangshalle zur Tribüne im Plenarsaal führt. Der Glasaufzug mit seiner einzigartigen Rundumsicht bleibt aber erhalten, um hoch- und manchmal auch herunterzukommen.
    (siehe Fortsetzung)

    ID: LI23S115

  • Stumme Zeugen der Parlamentsgeschichte (Fortsetzung).
    S. 20-21 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Baubronze - ein Material mit vielen Gesichtern
    Drei doppelflügelige Türen führen durch das Hauptportal in den Plenarsaal. Alle wurden aus sogenannter Baubronze gefertigt, ein Gemisch aus Kupfer und Zink. Umrahmt sind die Türen von Paneelen aus demselben Material. Anfangs schimmerte die Oberfläche noch goldbraun, über die Jahre ist das Material aber nachgedunkelt und hat eine Patina angesetzt. Wo Türen und Griffe wiederum häufig berührt wurden, wirkt die polierte Oberfläche wie neu. Anhand dieser Stellen lässt sich heute deutlich erkennen: In den vergangenen 35 Jahren sind die Abgeordneten meist durch die Türen in der Mitte und rechts gegangen. Die linke Flügeltür dagegen hat beinahe durchgehend eine dunkle Patina - ganz einfach, weil sie an Plenartagen meist geschlossen ist.
    Der "Poliereffekt" von Baubronze lässt sich im Landtag häufig beobachten, wo das Material auf Wunsch der Architekten vielfach verbaut wurde - im Innern vor allem an repräsentativen Stellen wie Eingängen zu Ausschuss- und Fraktionssälen, in der Bürger- und Wandelhalle sowie bei Aufzügen. Verwendet wurde das Material auch für Handläufe, Wandverkleidungen und Türbeschläge. Selbst Knäufe an vielen Bürotüren, in denen elektronische Schließvorrichtungen eingebaut sind, bestehen aus Baubronze. Wo die Gebrauchsspuren besonders deutlich sind, schimmert die Oberfläche heute goldbraun - ein gewollter Effekt.
    Auch bei der Verkleidung der Außenfassade war Baubronze neben Sandstein und Glas das Material der Wahl. Als der Landtag gebaut wurde, schimmerte die Baubronze dort ebenso goldbraun wie innen. Durch Wind und Wetter sind die Außenflächen über die Jahre allerdings stärker nachgedunkelt. Teilweise hat sich das Material auch grünlich verfärbt, bedingt durch die Kupferanteile, was für interessante Farbverläufe sorgt. Es scheint sich zu bewahrheiten, was Prof. Fritz Eller vor Jahren bei einer Rede im Plenarsaal sagte: Baubronze sei ein Material, das "in Anstand alt werden" könne. Es stehe für Tradition, Dauer und Beständigkeit.

    Kunst - zementiert am Bau
    Sie ergänzen die Architektur und stehen in enger Beziehung zum Gebäude: Zahlreiche Werke renommierter Künstler befinden sich im und am Landtagsgebäude. Da ist beispielsweise der "Tzaphon" auf dem Vorplatz, ein Werk des israelischen Künstlers Dani Karavan, fertiggestellt im Jahr 1990. Mit einem Durchmesser von 15 Metern ist die Gussscheibe aus mehreren Tonnen Stahl heute Dreh- und Angelpunkt des Vorplatzes. Der Stahl und eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende Schiene verweisen auf die Geschichte des Industrielands Nordrhein-Westfalen.
    Vor dem Bibliothekssaal an der Rheinpromenade befindet sich der künstlerisch gestaltete Brunnen, den Heinz Mack entworfen hat. Wer das Restaurant betritt, sieht an der Stirnwand das mehr als 22 Meter lange Gemälde aus Keramik und Vulkanplatten des Künstlers Emil Schumacher. Und für das Foyer vor dem Plenarsaal hat Günther Uecker mit Nägeln und Farben, die sich zu Spiralen formen, das Wandbild "Interferenzen" geschaffen - nur wenige Beispiele für die Kunst im und am Bau. "Die Architekten des Landtags sind glücklich und dankbar für diese Kunst und hoffen, dass auch die Bürgerinnen und Bürger diese Begeisterung teilen", schrieb Prof. Fritz Eller in einem Aufsatz.
    Schon im Wettbewerbsentwurf forderten die Architekten, dass Kunstschaffende für die Gestaltung repräsentativer Orte beauftragt werden sollten. Eine im Jahr 1983 einberufene Kunstkommission, bestehend aus Abgeordneten, Architekten und Kunstsachverständigen, einigte sich auf Stellen im und am Gebäude. Heute, 35 Jahre nach Eröffnung des Parlaments, gehören Kunstwerke, die für den Bau geschaffen wurden, zum Grundinventar. Sie korrespondieren mit der Funktionsweise des Hauses und sind nicht mehr wegzudenken.

    ID: LI23S116

  • Blick in die Zukunft - Das Erweiterungsgebäude des Landtags.
    S. 22-23 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    35 Jahre nach Eröffnung des Parlamentsneubaus am Rhein plant der Landtag einen neuen architektonischen Meilenstein: Mit einem Erweiterungsgebäude reagiert er auf politische Veränderungen und ermöglicht effizienteres Arbeiten. Zugleich soll das Gebäude ein neues Schmuckstück in der Landeshauptstadt Düsseldorf werden - mit einem urbanen Naherholungsgebiet für Bürgerinnen und Bürger, aber auch für Gäste der Stadt.
    "Wie erweitert man ein Gebäude, das man eigentlich nicht erweitern kann?" Diese Frage stellten sich die Brüder Ansgar und Benedikt Schulz, als sie mit ihrem Entwurf für den Architektenwettbewerb zum Erweiterungsbau begannen. Ihre Antwort: vier ringförmige, aufgeständerte Gebäude, die miteinander und mit dem Landtag am Rhein verbunden sind.
    Der Entwurf des Leipziger Architektenbüros "Schulz und Schulz" setzte sich 2020 im Wettbewerb gegen 33 weitere durch. Er stelle "eine wunderbare Symbiose von Gegenwart und Zukunft in Städtebau, Landschaftsplanung und Architektur dar und wird sich aufs Beste mit dem Ort und den Menschen verbinden", so fasste es der Vorsitzende des Preisgerichts, der Architekt Prof. Jörg Aldinger, damals zusammen.
    Der Entwurf nimmt die runde Form des Landtagsgebäudes auf. Zugleich wird die Erweiterung dem Hauptgebäude untergeordnet, wird nicht höher sein als der Landtag und beispielsweise über keinen eigenen Haupteingang verfügen, wie Prof. Benedikt Schulz erläutert. Durch die erhöhte Bauweise bleibt der Blick auf den Rhein erhalten.

    Gründächer

    Der Erweiterungsbau fügt sich in die bestehende Park- und Architekturlandschaft ein. Begrünte Dächer und Holzfassaden verbinden das Gebäude mit dem Bürgerpark Bilk, der im Zuge des Baus ebenfalls weiterentwickelt wird. So wie der Landtagsneubau in den 1980er-Jahren der Startschuss für die Entwicklung des Hafengeländes war, so wird der Ort mit dem Erweiterungsbau sein Gesicht erneut verändern und Verbesserungen für Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste der Stadt bringen - ein Mehr an Natur und Lebensqualität mitten in der pulsierenden Landeshauptstadt.
    Der Erweiterungsbau wird notwendig, weil im Landtagsgebäude der Bedarf an Büro- und Sitzungsräumen nicht mehr abgedeckt werden kann. Seit Eröffnung des Gebäudes vor 35 Jahren hat sich die parlamentarische Arbeit deutlich verändert. Immer komplexere Problemstellungen erfordern mehr externe Expertise. So hat sich die Zahl der Sachverständigenanhörungen seit 1995 nahezu vervierfacht. Auch führen die Fraktionen weitaus mehr Veranstaltungen durch, um Bürgerinnen und Bürger zu informieren - pro Jahr sind dies etwa 200 Foren oder Diskussionsveranstaltungen.
    Die Zahl der Buchungen von Sitzungssälen stieg seit 2005 von 2.000 auf 12.000 pro Jahr. Mittlerweile besuchen mehr als 100.000 Bürgerinnen und Bürger Jahr für Jahr ihr Landesparlament. Und die Zahl soll weiter steigen. "Offenheit und Austausch sind wichtig für die Demokratie", sagt der Präsident des Landtags, André Kuper. Besonderen Wert legt der Landtag auf den Kontakt mit Schülerinnen und Schülern, um bei ihnen für die parlamentarische Demokratie zu werben.
    Nicht zuletzt wurde das Gebäude in den 1980er-Jahren für drei Fraktionen geplant - heute sind fünf Parteien im Landesparlament vertreten. Diese Faktoren führen zu Raumknappheit. Abgeordnete, deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die rund 300 Beschäftigten der Landtagsverwaltung sind mittlerweile auf vier Gebäude verteilt. Die Auslagerung von Referaten und Arbeitsbereichen aus dem Hauptgebäude ist auf Dauer unwirtschaftlich und ineffizient. Das Architektenbüro habe einen Entwurf für ein Gebäude vorgelegt, "mit dem der Landtag auf Dauer arbeitsfähig bleiben kann", sagt Landtagspräsident Kuper.
    Im Erweiterungsbau geplant sind insbesondere größere und kleinere Sitzungssäle, Besprechungsräume und Büros. Er wird über eine eigene Tiefgarage verfügen. Bei Planung und Bau wird besonderer Wert auf Wirtschaftlichkeit sowie auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit gelegt. So wird beispielsweise mit möglichst wenig Baumaterial gearbeitet. Ziel ist zudem eine hohe Energieeffizienz der neuen Gebäude, u. a. durch die Nutzung von Sonnenenergie.
    wib

    Bildunterschriften:
    So soll es einmal aussehen: Die Bildcollage zeigt die vier geplanten Gebäude. Da diese aufgeständert werden, bleibt der Blick auf den Rhein erhalten.
    Die aufgeständerten Gebäude werden am Rheinturm gebaut und mit dem Landtag verbunden.

    ID: LI23S117

  • Informationen rund um den Landtag.
    S. 24 in Ausgabe S1 - 29.09.2023

    Sie möchten mehr über den Landtag erfahren, über seine Geschichte, die Arbeit der Abgeordneten und wichtige aktuelle politische Ereignisse oder selbst einmal an einer Plenarsitzung teilnehmen? Der Landtag richtet sich mit zahlreichen Informationsangeboten an Kinder, Jugendliche und Erwachsene, von denen wir im Folgenden nur einige vorstellen. Wenn Sie einen Gesamtüberblick haben möchten, besuchen Sie unsere Internetseite: www.landtag.nrw.de. Dort finden Sie auch Berichte über aktuelle Themen des Landesparlaments. Oder Sie folgen uns auf X (früher Twitter) und Instagram: @landtag_nrw.

    Besuchsprogramme: Der Besucherdienst bietet unterschiedliche Besuchsformate an. So können Bürgerinnen und Bürger an Plenartagen in den Landtag kommen und eine Stunde lang die Plenarsitzung von der Besuchertribüne aus verfolgen. Im Angebot sind zudem Online-Führungen, spezielle Programme für Auszubildende im Handwerk, Geflüchtete sowie angehende Lehrkräfte. Für 4. Grundschulklassen sowie Schulklassen ab Stufe 7 werden altersgerechte Besuchsprogramme angeboten, die jeweils Simulationsspiele im Plenarsaal beinhalten.

    Weitere Angebote für Kinder und Jugendliche: Der Präsident, seine Stellvertreterin und seine Stellvertreter besuchen regelmäßig Grundschulen und weiterführende Schulen, um mit den Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen. Darüber hinaus wandern Ausstellungen von Schule zu Schule. Und in der Regel einmal im Jahr sind Jugendliche und junge Erwachsene zum dreitägigen Planspiel "Jugendlandtag" eingeladen.

    Publikationen des Landtags: Der Landtag bietet eine Reihe von Publikationen zu unterschiedlichen Themen an, darunter spezielle Broschüren für Kinder und Jugendliche sowie solche in Einfacher und Leichter Sprache. Sie können kostenlos bestellt werden - ebenso wie die Parlamentszeitschrift "Landtag Intern", deren Sonderausgabe Sie in den Händen halten und in der regelmäßig über das aktuelle Geschehen im Parlament berichtet wird.

    Plenarsitzungen im Live-Stream: Der Landtag kommt in der Regel 30 bis 35 Mal im Jahr zu Vollversammlungen, sogenannten Plenarsitzungen, zusammen. Hier debattieren die Abgeordneten über aktuelle politische Themen und beschließen die Gesetze, die das Leben aller Bürgerinnen und Bürger betreffen. Jede Sitzung wird live im Internet übertragen. Zudem gibt es einen separaten barrierefreien Stream mit Gebärdensprachdolmetschung und Untertitelung.

    Videos: Im Videoportal des Landtags finden Interessierte Erklärfilme zur Arbeit des Landtags und seiner Abgeordneten. Zu finden sind hier auch Videos zu herausragenden politischen Ereignissen im Landtag oder zu Veranstaltungen.

    QR-Code siehe Originalseite

    ID: LI23S118

  • Seele in Not.
    Debatte über psychotherapeutische Versorgung.

    S. 1 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Psychotherapie, Sitzung

    ID: LI230601

  • Inhalt.
    S. 2 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Inhaltsverzeichnis siehe Originalseite

    ID: LI230602

  • Pläne für das Rheinische Revier.
    Plenarbericht;

    S. 3 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    22. September 2023 - Nordrhein-Westfalen steigt 2030 aus der Braunkohleförderung aus - und damit acht Jahre früher als zunächst geplant. Zu der im vergangenen Herbst getroffenen Einigung von Bund, Land und Energiekonzern RWE AG legte die Landesregierung nun die sogenannte Leitentscheidung vor, die die Umsetzung regelt. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) unterrichtete dazu den Landtag.
    Mit der Leitentscheidung (Vorlage 18/1645) werden u. a. die Abbaugrenzen zu den Ortschaften im sogenannten Rheinischen Braunkohlerevier festgelegt. Die Bergbauflächen sollen "hochwertig rekultiviert" und dabei soll der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden.
    Die Landesregierung will "neue Räume für nachhaltige Entwicklungen" schaffen, darunter für "klimaresiliente und flächensparende" Siedlungen, attraktive Wirtschaftsflächen oder siedlungsnahe Freizeit- und Erholungsräume. Weiter heißt es: "Die Umsiedlung der Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich und Berverath (Stadt Erkelenz) sowie der Holzweiler Höfe ist bergbaulich nicht mehr erforderlich. In Folge werden die Umsiedlungen vorzeitig und sozialverträglich beendet."
    Die Leitentscheidung markiere einen historischen Punkt, sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). Die Braunkohle habe über lange Zeit bis zu 20.000 Beschäftigten Arbeit gegeben, aber auch mehr als 40.000 Menschen gezwungen, ihre Häuser und Dörfer aufzugeben. "Das beenden wir heute mit dieser Leitentscheidung in einem geordneten Verfahren." Es sei notwendig gewesen, eine "kluge Lösung" zu finden, die eine sichere Energieversorgung, Klimaschutz und Klarheit für die Region gleichermaßen berücksichtige.
    "Die Fehler dieser Landesregierung in Bezug auf das Rheinische Revier sind nicht länger tragbar", kritisierte Lena Teschlade (SPD). So seien etwa die Gewerkschaften in die Erarbeitung der Leitentscheidung nicht einbezogen worden. Kürzlich habe die SPD eine Revierkonferenz einberufen - das sei eigentlich Aufgabe der Landesregierung gewesen. "Sie regieren nicht", warf die Abgeordnete Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor. Es stünden mehr als 14 Milliarden Euro für den Strukturwandel bereit - trotzdem geschehe nichts.

    "Klimaneutralität"

    "Heute ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg des Rheinischen Reviers in Richtung Klimaschutz, Stärkung der Versorgungssicherheit und Klarheit für die Menschen in der Region", entgegnete Dr. Patricia Peill (CDU). In der Debatte gehe es um Menschen und die "Seele von Dörfern", nicht um "lautes Oppositionsgebaren". Mit dem vorgezogenen Braunkohleausstieg auf das Jahr 2030 leiste das Rheinische Revier den größten Beitrag zur Klimaneutralität bis 2045 und trage "maßgeblich" zu den Zielen des Europäischen Grünen Deals bei.
    Die neue Leitentscheidung sei eine "klare Entscheidung für das Klima, für den Erhalt von Heimat, für den Strukturwandel und für die Erholung der Natur im Rheinischen Revier", sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Wibke Brems. Es handle sich um die "letzte Leitentscheidung" zum Thema: "Wir schließen das Kapitel Braunkohle in Nordrhein-Westfalen." Mit der Entscheidung behielten weitere 500 Menschen ihre Heimat und 280 Millionen Tonnen Braunkohle verblieben im Boden. Der Umbau der Region werde allerdings noch Generationen beschäftigen.
    FDP-Fraktionschef Henning Höne kritisierte die Einigung auf ein Vorziehen des Kohleausstiegs als "Hinterzimmerdeal". Damit habe die Landesregierung viel Vertrauen zerstört. Sie habe die "Fachlichkeit und Verlässlichkeit" der Entscheidung der Kohlekommission, 2038 auszusteigen, verlassen. Die Energiepolitik von CDU und Grünen führe zu höheren Energiepreisen und Problemen bei der Energiesicherheit. Eine steigende Nachfrage nach Strom treffe auf eine Verknappung des Angebots. Die Landesregierung hätte darlegen müssen, wie sie diese Lücke schließen wolle.
    Markus Wagner (AfD) sagte, die Leitentscheidung sei kein Meilenstein, sondern "ein Mühlstein" für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes, der Arbeitsplätze kosten werde. CDU und Grüne nähmen für sich in Anspruch, 280 Millionen Tonnen Kohlendioxid einzusparen. Diese Menge emittiere China in neuneinhalb Tagen. Er sprach auch von einer "illusionären Energiewende". In der Leitentscheidung fehle mit Blick auf die Versorgungssicherheit jeder Hinweis auf die notwendigen Stromspeicher für den "Flatterstrom" aus Wind und Sonne.
    sow, tob, wib

    Systematik: 2200 Bergbau/Bodenschätze

    ID: LI230607

  • Plenum: Meldungen.
    Plenarmeldungen;

    S. 4-6 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Polizei

    20.9.2023 - Die SPD-Fraktion spricht sich für die Schaffung der Stelle einer oder eines unabhängigen und weisungsfreien Polizeibeauftragten aus. Diese oder dieser sollte die Interessen der Polizistinnen und Polizisten vertreten und zugleich die der Bürgerinnen und Bürger, heißt es in einem Antrag (Drs. 18/5855). Die oder der Beauftragte soll vom Landtag gewählt und bei ihm angesiedelt sein. Die SPD verweist darauf, dass die Koalition von CDU und Grünen die Schaffung einer solchen Stelle in ihrem Koalitionsvertrag vorgesehen habe. Laut Medienberichten seien die Gespräche zwischen beiden Partnern wegen Differenzen aber "ins Stocken geraten". Es bestehe die Gefahr, "dass eine wesentliche Vereinbarung des Koalitionsvertrags aufgrund der Uneinigkeit und Zerstrittenheit der beiden Koalitionspartner nicht umgesetzt" werde. In einer demokratisch und rechtsstaatlich fest verankerten Polizei sei es wichtig, mit Fehlern und Missständen offen umzugehen. Der Antrag wurde in namentlicher Abstimmung mit 127 Stimmen abgelehnt. 50 Abgeordnete votierten für den Antrag.

    Medikamente

    20.9.2023 - Der Landtag hat sich mit Engpässen bei der Lieferung von Medikamenten befasst. Gerade in den Herbst- und Wintermonaten steige die Zahl der nicht lieferbaren Medikamente stetig an, schreibt die AfD-Fraktion in einem Antrag (Drs. 18/5829), der der Debatte zugrunde lag. Häufig seien Antibiotika, Impfstoffe und Schmerzmittel nicht lieferbar. Die Lage habe sich gerade für Kinder erheblich zugespitzt. Um der Entwicklung entgegenzuwirken, müsse eine zentrale Stelle im nordrhein-westfälischen Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales geschaffen werden, die sich um die "Verfügbarkeit von Humanarzneimitteln kümmert und diese optimiert". Die Landesregierung solle die Ursachen für Liefer- und Versorgungsengpässe erforschen und Gegenmaßnahmen entwickeln. Nötig seien "trägerübergreifende Strukturen", die die Medikamentenversorgung in Nordrhein-Westfalen regulierten, um bei Lieferengpässen schnell handeln zu können. Medikamentenvorräte seien einzurichten. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP abgelehnt.

    Krankenhäuser

    20.9.2023 - Die wirtschaftliche Situation von Krankenhäusern war Thema im Plenum. Die Lage habe sich "trotz erheblicher Bemühungen der Landes- und Bundesregierung massiv verschlechtert", schreiben die Fraktionen von CDU und Grünen in einem Antrag (Drs. 18/5848). Gründe dafür seien u. a. inflationsbedingte Kostensteigerungen, hohe Energiekosten, Tarifsteigerungen und zu geringe Fallpauschalen. Die Landesregierung solle sich beim Bund für eine auskömmliche Finanzierung von Krankenhäusern einsetzen. Die sogenannten Landesbasisfallwerte - Fallpauschalen auf Landesebene zur Vergütung von Krankenhäusern - müssten für die Jahre 2022 und 2023 um 4 Prozent erhöht werden. Der Bund müsse die Finanzierung der Betriebskosten von Krankenhäusern "dauerhaft auf eine nachhaltige und tragfähige Grundlage" stellen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und AfD angenommen. Die FDP stimmte dagegen. Ein Entschließungsantrag der SPD (Drs. 18/5975) wurde abgelehnt.

    Kinderrechte

    20.9.2023 - Kinder haben Rechte: Die UN-Kinderrechtskonvention beinhaltet ihr Recht u. a. auf Gleichbehandlung, auf Wahrung des Kindeswohls, auf Leben und Entwicklung sowie auf Anhörung und Partizipation. 2002 hat der Landtag Kinderrechte in der Landesverfassung festgeschrieben. CDU, SPD, Grüne und FDP sind der Überzeugung, dass diese Kinderrechte mehr ins Bewusstsein gelangen müssen. Darum regen sie in einem gemeinsamen Antrag (Drs. 18/5843/Neudruck) verschiedene Maßnahmen an, die das Bewusstsein für Kinderrechte und Kinderschutz in Kitas, Schulen sowie in den Köpfen der pädagogischen Kräfte und der Eltern schärfen soll. Informationen dazu soll die oder der Kinderschutzbeauftragte analog und digital mehrsprachig und in Leichter Sprache bereitstellen. Auch die Kinder sollen altersgerecht und spielerisch mit diesen Themen vertraut gemacht werden. Zudem gelte es, Kinderrechte in der digitalen Welt sicherzustellen. Ein "Jugend-Check" könnte Gesetze hinsichtlich Auswirkungen auf Jugendliche durchleuchten. Der Landtag hat den Antrag mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP angenommen. Die AfD stimmte dagegen.

    Verfassung

    20.9.2023 - Die FDP-Fraktion schlägt Änderungen der Landesverfassung vor. Sie beziehen sich einerseits auf Artikel 72. Darin heißt es: "Gerichte urteilen im Namen des Deutschen Volkes." Als einziges Bundesland weiche NRW damit von der sogenannten Weimarer Formel "im Namen des Volkes" ab, schreibt die FDP in einem Gesetzentwurf (Drs. 18/5834), über den die Abgeordneten in erster Lesung beraten haben. Die bei der Verfassungsgebung im Jahr 1950 ausschlaggebenden Gründe für die in NRW gültige Formulierung seien "historisch überholt". In Artikel 72 solle die Formulierung "im Namen des Deutschen Volkes" wie in anderen Bundesländern durch "im Namen des Volkes" ersetzt werden. Ein Vorschlag für eine weitere Änderung betrifft eine in Artikel 78 formulierte Sperrklausel, in der es heißt: "Wahlvorschläge, nach deren Ergebnis sich die Sitzanteile in den Räten der Gemeinden, den Bezirksvertretungen, den Kreistagen und der Verbandsversammlung des Regionalverbandes Ruhr bestimmen, werden nur berücksichtigt, wenn sie mindestens 2,5 vom Hundert der insgesamt abgegebenen gültigen Stimmen erhalten haben." Dieser Satz solle gestrichen werden, um einem Urteil des Landesverfassungsgerichts Rechnung zu tragen. Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung an den Hauptausschuss (federführend) überwiesen.

    Lang-Lkw

    20.9.2023 - Die FDP-Fraktion fordert von der Landesregierung ein Bekenntnis zu Lastwagen mit Überlänge. Sogenannte Lang-Lkw könnten mit zwei Fahrten so viele Güter transportieren wie Lastwagen von Normallänge in drei Fahrten. Dasselbe Transportgut erfordere somit weniger Personal und weniger Sprit, zudem verursache es weniger Emissionen. Straßen und Brücken würden eher weniger als mehr belastet, weil Lang-Lkw nicht schwerer beladen werden dürften als andere Lkw, ihr Gewicht aber auf mehr Achsen verteilten. Bisher dürfen Lang-Lkw nur bestimmte Strecken befahren. Die Liste dieser Strecken werde immer wieder erweitert - seit mehr als zwei Jahren jedoch herrsche Stillstand. Zum Ende des Jahres 2023 laufe zudem eine Sonderregelung aus, nach der bestimmte Lang-Lkw grundsätzlich das gesamte Streckennetz befahren dürften. Die Landesregierung solle in beiden Fällen einschreiten und einer "Blockadehaltung" des Bundesumweltministeriums entgegenwirken. Der entsprechende FDP-Antrag (Drs. 18/5835) wurde an den Verkehrsausschuss überwiesen.

    Ganztagsschule

    21.9.2023 - Die SPD-Fraktion fordert ein Rettungsprogramm für die Träger der Offenen Ganztagsschulen. Viele seien finanziell bereits jetzt am Limit, weil sie tarifbedingte Steigerungen der Personalkosten nicht stemmen könnten. Finanzschwache Kommunen könnten kaum einspringen, und das Land verweise auf den Bund, heißt es im Antrag (Drs. 18/5851) der SPD-Fraktion. Das Land müsse seiner finanziellen Verantwortung aber gerecht werden und die Kostensteigerungen ausgleichen. Eine faire Bezahlung des pädagogischen Personals sei wichtig, ebenso wie ein personell gut ausgestatteter Ganztag. Für mehr Chancengleichheit unter den Kindern und für eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf komme schließlich 2026 der Rechtsanspruch auf einen Ganztagsplatz. Daran dürfe nicht gerüttelt werden. Die SPD fordert die Landesregierung auf, "kurzfristig ein Rettungspaket von 100 Millionen Euro für die Träger in NRW aufzulegen, damit der Ganztag gesichert werden kann, Gruppenschließungen abgewendet und Insolvenzen verhindert werden können". Außerdem sollen Land, Kommunen und Träger an einen Tisch kommen. Der Antrag wurde an den Ausschuss für Schule und Bildung (federführend) überwiesen.

    Windenergie

    21.9.2023 - Beim Bau neuer Windenergieanlagen soll es künftig eine Pflicht für Beteiligungsangebote an Bürgerinnen und Bürger sowie Gemeinden geben. Dies sieht ein Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Grünen vor (Drs. 18/5849), über den der Landtag in erster Lesung beraten hat. Die Sicherstellung eines solchen Beteiligungsangebots stelle "einen wesentlichen Schritt zur Stärkung der Akzeptanz für den notwendigen Ausbau der Windenergie an Land dar", heißt es in dem Entwurf. Ziel sei, dass sich Bürgerinnen und Bürger sowie Gemeinden im näheren Umkreis von Windenergievorhaben an der Wertschöpfung beteiligen könnten. Wer neue Anlagen bauen möchte, soll verpflichtet werden, sich mit den jeweiligen Standort-Gemeinden über eine individuelle Beteiligungsvereinbarung zu einigen. Erfolgt kein Nachweis über eine solche Vereinbarung, soll es das Angebot einer Ersatzbeteiligung geben. Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (federführend) überwiesen.

    Gastronomie

    21.9.2023 - Zur Unterstützung der Gastronomiebetriebe während der Corona-Pandemie gilt noch bis Ende Dezember ein reduzierter Umsatzsteuersatz von 7 anstatt 19 Prozent auf den Verzehr von Speisen. Die FDP-Fraktion plädiert dafür, diese Regelung zu verlängern. Die Landesregierung müsse eine entsprechende Bundesratsinitiative einbringen, heißt es in einem Antrag (Drs. 18/5833) der Fraktion. Auch nach der Pandemie sehe sich die Gastronomie "mit enormen Herausforderungen" konfrontiert. Die hohe Inflation schlage sich besonders bei den Lebensmittelpreisen und den Personalkosten nieder. "Die wirtschaftliche Situation der Gastronomie bleibt daher weiter prekär", warnt die FDP. Nach drei Verlustjahren in Folge hätten Restaurants, Cafés und Gaststätten noch nicht die Vorkrisenumsätze erreicht. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU und Grünen abgelehnt. FDP und AfD stimmten zu, die SPD enthielt sich.

    Honorare

    21.9.2023 - Die AfD-Fraktion hat einen Gesetzentwurf in den Landtag eingebracht, der eine Offenlegung von Honorarzahlungen staatlicher Stellen an Journalistinnen und Journalisten vorsieht. Der Entwurf (Drs. 18/5830) wurde in Erster Lesung von den Abgeordneten diskutiert und zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Kultur und Medien (federführend) überwiesen. Honorarzahlungen staatlicher Stellen sollen demnach regelmäßig offengelegt werden. Die Zahlung von Honoraren an Journalistinnen und Journalisten durch staatliche Stellen berge das Risiko, dass journalistische Arbeit beeinflusst werden könne, heißt es in dem Entwurf weiter.

    Schwimmbäder

    21.9.2023 - Die AfD-Fraktion ist besorgt um die Sicherheit in nordrhein-westfälischen Frei- und Schwimmbädern. Mehrfach sei es während des Sommers zu sexuellen Belästigungen sowie Gewalttaten gekommen, schreibt die Fraktion in einem Antrag (Drs. 18/5827), über den die Abgeordneten im Plenum beraten haben. Die Landesregierung müsse die "datenschutzrechtlichen, technischen und personellen Voraussetzungen" schaffen, "um die Daten der zuständigen Behörden über verübte Gewalttaten in Frei- und Schwimmbädern zusammenzuführen und zentral zu erfassen". Der Antrag wurde mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

    Wasserstoff

    21.9.2023 - Die SPD-Fraktion fordert die Landesregierung auf, die Wasserstoff-Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen zügig auszubauen. Eine wettbewerbsfähige Industrie und Wirtschaft sei darauf angewiesen, dass Wasserstoff verfügbar und bezahlbar sei, schreibt die Fraktion in einem Antrag (Drs. 18/5854). Die Landesregierung solle sich politisch stärker als bisher einbringen, auch in Brüssel und Berlin, um vom Land kofinanzierte Projekte zu beschleunigen. Es mangle auf Landesseite an einer Koordinierung über einzelne Leuchtturmprojekte hinaus. Die Landesregierung solle diese "Leerstelle" füllen und eine "Stabstelle Wasserstoffhochlauf " im Wirtschaftsministerium einrichten, die Fachexpertise bündelt und bei Genehmigungsverfahren unterstützt. In den kommenden Jahren seien viele Leitungskilometer an neuen Wasserstoffnetzen zu genehmigen. "Diese Pionierarbeit darf nicht durch traditionell langwierige Verfahren ausgebremst werden", schreibt die SPD. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie überwiesen.

    Umsatzsteuerbetrug

    21.9.2023 - Die Fraktionen von CDU und Grünen wollen die Steuerfahndung im Kampf gegen Umsatzsteuerbetrug weiter stärken. Die Landesregierung habe sich zum Ziel gesetzt, "die Position Nordrhein-Westfalens als bundesweiter Vorreiter im Kampf gegen Steuerkriminalität weiter auszubauen", schreiben die Fraktionen in einem gemeinsamen Antrag (Drs. 18/5846). Ein wichtiger Schritt dazu sei die bereits erfolgte Gründung einer Landesbehörde zur Bekämpfung schwerwiegender Fälle von Steuerkriminalität. Ein wichtiges Instrument sei die sogenannte Umsatzsteuer-Nachschau, bei der Betriebe ohne Ankündigung aufgesucht und geprüft werden. Die Landesregierung solle dieses "effektive Mittel" sowie weitere Verfahren zur Bekämpfung von Umsatzsteuerbetrug weiterentwickeln - auch mit Blick auf Unternehmen, die ihre Geschäfte im Internet tätigen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen angenommen. FDP und AfD enthielten sich.

    Abstandsregelung

    22.9.2023 - Im August hat der Landtag die Abschaffung des Mindestabstands von 1.000 Metern zwischen Windrädern und Wohnbebauung beschlossen. In einer Aktuellen Stunde auf Antrag der SPD (Drs. 18/5962) beschäftigten sich die Abgeordneten erneut mit dem Thema. Anlass war ein Medienbericht, wonach im Regionalplanentwurf des Regierungsbezirks Arnsberg der Mindestabstand weiter vorgesehen ist. Die Landesregierung habe mit einem "schlecht gemachten Gesetz" zur Abschaffung der 1.000-Meter- Abstandsregel die Diskussionen vom Landtag in die Regionen verschoben, kritisierte Alexander Vogt (SPD). Das verhindere den Ausbau von Windenergieanlagen. Die Planung sei bewusst in die Verantwortung von sechs Regionen gegeben worden, sagte Dr. Christian Untrieser (CDU), damit diese selbst entschieden, wo neue Anlagen gebaut würden. Mit Erfolg: In keinem anderen Bundesland seien im aktuellen Jahr mehr Anlagen genehmigt worden als in NRW. Die Planungsregionen machten ihr "eigenes Ding", sagte Dietmar Brockes (FDP). Dadurch sei die 1.000-Meter-Abstandsregel de facto wieder eingeführt worden - mit den Stimmen von CDU und Grünen vor Ort. Die "Kleinstaaterei" gehe zulasten des Ausbautempos der Windenergie. Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems sagte, die erneuerbaren Energien hätten die geringsten Auswirkungen auf die Umwelt. Die Menschen müssten nicht mit unsinnigen pauschalen, überdimensionierten Mindestabständen vor ihnen geschützt werden. Sie betonte: "Wir machen NRW erneuerbar." Carlo Clemens (AfD) kritisierte, die SPD wolle offenbar Windräder direkt neben die Häuser der Anwohnerinnen und Anwohner setzen. Sie wolle noch die letzten Regeln zum Schutz abschaffen. Die Forderung nach Anwohnerschutz sei nachvollziehbar und richtig. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sagte, die Landesregierung treibe den Ausbau der Windkraft voran. Sie wolle sieben Jahre vor der Bundesfrist rechtssicher Flächen zum Ausbau ausweisen. Die sechs Planungsregionen entschieden selbst, wie sie diese Flächen zur Verfügung stellten.

    ID: LI230603

  • Trauer um Edgar Moron.
    S. 4 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    20.9.2023 - Der Landtag trauert um seinen früheren Vizepräsidenten Edgar Moron (Foto). Die Abgeordneten gedachten des SPD-Politikers vor Beginn der Plenarsitzung mit einer Schweigeminute. Er war am 7. September 2023 im Alter von 82 Jahren gestorben. Der Präsident des Landtags, André Kuper, würdigte Moron als einen "überzeugten und überzeugenden Parlamentarier" und einen "waschechten Demokraten". Niemals habe er das politisch Trennende über das Verbindende und das Einende gestellt habe. Kompromisslos sei er gegenüber den Extremen gewesen. Der Landtag werde sein Andenken bewahren. Edgar Moron war von Juni 2005 bis Juni 2010 Erster Vizepräsident des Landtags. Er gehörte dem Landesparlament insgesamt 20 Jahre an (1990-2010). In dieser Zeit wirkte er auch als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion und als deren Vorsitzender. Moron wurde in Beuthen (Oberschlesien) geboren und studierte an der Freien Universität Berlin Politische Wissenschaften. Das Studium schloss er als Diplom-Politologe ab. 1970 trat er in die SPD ein. Er engagierte sich u. a. im SPD-Unterbezirksvorstand des Rhein-Erft-Kreises, im Rat der Stadt Erftstadt und im Kreistag des Rhein-Erft-Kreises.

    ID: LI230606

  • Kleine Kinder, große Klassen.
    Plenarbericht;

    S. 7 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    21. September 2023 - Die Grundschulen in Nordrhein-Westfalen stehen vor Herausforderungen. Seit Längerem werden händeringend Lehrkräfte gesucht. Aktuelle Angaben des Statistischen Landesamts lassen zusätzlich aufhorchen: Im Jahr 2021 gab es in Nordrhein-Westfalen bundesweit die größten Klassen in Grundschulen. In einer Aktuellen Stunde hat der Landtag über Gründe und Auswege diskutiert. FDP und AfD hatten unabhängig voneinander die Debatte beantragt.
    Die FDP-Fraktion verweist in ihrem Antrag (Drs. 18/5960) darauf, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2022/23 deutlich stärker als die der Lehrerinnen und Lehrer angestiegen sei. "Für eine tragfähige Schüler- Lehrer-Relation brauchen wir dringend mehr besetzte Lehrerstellen: bis zum Ende dieser Legislaturperiode nicht 10.000, sondern bis zu 16.674 Lehrkräfte zusätzlich." Die Integration zugewanderter Kinder bedeute eine "zusätzliche besondere Anforderung hinsichtlich der Förderung und zeitlicher Ressourcen".
    Im Schuljahr 2021/22 habe die Zahl der Schülerinnen und Schüler pro Klasse an nordrhein-westfälischen Grundschulen durchschnittlich bei 23,5 gelegen, schreibt die AfD-Fraktion in ihrem Antrag (Drs. 18/5961). Im Bundesdurchschnitt seien es 20,9 Schülerinnen und Schüler gewesen. Für die hohe Zahl in Nordrhein-Westfalen gebe es zahlreiche Gründe: "ein gravierender Lehrermangel, das Fehlen von Alltagshelfern und Assistenzen, unerwartete Schülerzuwächse durch Rekordmigration, Klassenwiederholungen, Umzüge etc.".
    Nordrhein-Westfalen habe die größten Grundschulklassen, sagte Franziska Müller-Rech (FDP). Besserung sei nicht in Sicht - wenn nicht umgesteuert werde. Die Schulministerin habe aber lediglich "vier kleine Vorschläge gegen den Lehrermangel" gemacht. Darüber hinaus habe sie geplant, die Inklusionspauschale zu streichen. Offenbar hätten die Koalitionsfraktionen sie aber "zurückgepfiffen", vermutete Müller-Rech. Sie bat darum, auch die Stellen für Schulverwaltungsassistenzen nicht zu streichen. Diese Unterstützungskräfte brächten Lehrkräfte "raus aus Büros, rein in die Klassenzimmer".
    "Die schlechten Nachrichten über die Schul- und Bildungsmisere reißen nicht ab", konstatierte Carlo Clemens (AfD). Laut einer Erhebung des ifo-Instituts bewerteten 29 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger ihre Schule mit der Note 4 oder schlechter. Clemens benannte Beispiele, in denen "Unterricht kaum noch möglich" sei und ebenso wenig, individuell auf die Kinder einzugehen. Es gelte, eine Politik zu korrigieren, "die in krassester Weise die Wirklichkeit und die Möglichkeiten unseres Gemeinwesens ignoriert". "Es muss ein Ruck durch das Schulministerium gehen", forderte er. "Wir wollen dauerhafte Lösungen."

    "Sachlichkeit und Fachlichkeit"

    Die größte Herausforderung bestehe darin, "Sachlichkeit und Fachlichkeit" zu wahren, sagte Dr. Jan Heinisch (CDU). Rund 100.000 Kinder mit Flüchtlingsstatus besuchten derzeit Schulen in NRW. Sie seien dort "hervorragend" betreut und versorgt. Dafür gelte der Dank dem Schulministerium und allen, die dazu einen Beitrag leisteten. Jeder fünfte Euro im Landeshaushalt fließe in die Bildung. Die Landesregierung investiere u. a. 900 Millionen Euro in die Erhöhung der Besoldung von Lehrkräften sowie in Lehramtsstudienplätze. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) habe ein Handlungskonzept zur Verbesserung der "Unterrichtsversorgung" vorgelegt.
    Ihr Vorredner versuche, überfüllte Klassenräume zu rechtfertigen, statt nach Lösungen zu suchen, kritisierte Dilek Engin (SPD). Gerade Grundschulkinder säßen stundenlang in engen und maroden Räumen. Je größer eine Klasse, desto schlechter sei der Lernerfolg. Das sei gerade für Kinder aus benachteiligten Familien eine Hypothek. Laut der ifo-Studie sei kaum jemand zufrieden mit dem Schulsystem in Nordrhein-Westfalen. Das Land sei "Schlusslicht in der deutschen Bildungslandschaft". Für eine Absenkung der Klassengröße wiederum fehlten Lehrkräfte, Schulgebäude und Klassenzimmer. Das Bildungssystem sei "kaputtgespart" worden.
    Lena Zingsheim-Zobel (Grüne) sagte, es sei ein Problem, dass viele Klassen "proppevoll" seien. Dies sei aber nicht rasch zu ändern. Anders als prognostiziert, seien die Zahlen der Schülerinnen und Schüler in den vergangenen Jahren nicht gesunken, sondern gestiegen. Hinzu komme der "gravierende" Mangel an Lehrkräften besonders an den Grundschulen. Wichtig sei, spürbare Verbesserungen umzusetzen. So würden durch mehr multiprofessionelles Personal auch die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbessert. Angesichts des Lehrkräftemangels hätten CDU und Grüne zudem Schritte für eine höhere Besoldung auf den Weg gebracht.
    Auch Schulministerin Dorothee Feller (CDU) verwies auf stark gestiegene Zahlen von Schülerinnen und Schülern. Die Prognose von sinkenden Zahlen habe sich nicht bestätigt. Und doch seien auf dieser Grundlage Entscheidungen getroffen worden, die bis heute Spuren zeigten. Es würden dringend mehr Lehrkräfte benötigt. An diesem Ziel arbeite das Ministerium mit Hochdruck. Weitere Maßnahmen seien ergriffen worden. Die Unterrichtsversorgung bleibe eine Daueraufgabe. Das Ergebnis einer jahrzehntelangen Entwicklung lasse sich nicht auf Knopfdruck umkehren. Die Landesregierung setze alles daran, die Lehr- und Lernbedingungen zu verbessern.
    sow, tob, wib

    Systematik: 4200 Schulen; 4210 Lehrer

    ID: LI230604

  • Laufende Gesetzgebung.
    Gesetzgebung
    S. 8 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Reihenfolge: Name des Gesetzes | Drucksache | Antragsteller | ggf. federführender Ausschuss | Beratungsstand

    Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2024 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2024 - GFG 2024) | Drs. 18/5800 | Landesregierung | 1. Lesung am 20. September 2023 | Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss (federführend)

    Gesetz zur Änderung der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/5834 | FDP-Fraktion | 1. Lesung am 20. September 2023 | Überweisung an den Hauptausschuss (federführend)

    Gesetz zur Änderung des Krankenhausgestaltungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen, des Hochschulgesetzes, der Universitätsklinikum-Verordnung und des Gesetzes zur Umsetzung des Transplantationsgesetzes | Drs. 18/5804 | Landesregierung | 1. Lesung am 20. September 2023 | Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales (federführend)

    Neuntes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den öffentlichen Personennahverkehr in Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/5803 | Landesregierung | 1. Lesung am 20. September 2023 | Überweisung an den Verkehrsausschuss

    Viertes Gesetz zur Änderung des Heilberufsgesetzes | Drs. 18/5940 | Landesregierung | 1. Lesung am 20. September 2023 | Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales

    Gesetz zur Übermittlung von Schülerinnen- und Schülerdaten am Übergang von der Schule in den Beruf (Schülerinnen- und Schülerdatenübermittlungsgesetz NRW) | Drs. 18/4532 | Landesregierung | 2. Lesung am 20. September 2023 | verabschiedet

    Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an der Windenergienutzung in Nordrhein-Westfalen (Bürgerenergiegesetz NRW - BürgEnG) | Drs. 18/5849 | Fraktionen von CDU und Grünen | 1. Lesung am 21. September 2023 | Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie (federführend)

    Gesetz über die Offenlegung staatlicher Zahlungen an Journalisten (Zahlungsoffenlegungsgesetz NRW) | Drs. 18/5830 | AfD-Fraktion | 1. Lesung am 21. September 2023 | Überweisung an den Ausschuss für Kultur und Medien (federführend)

    Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2024 (Haushaltsgesetz 2024) | Drs. 18/5000 | Landesregierung | Haushalts- und Finanzausschuss | in Beratung

    Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung des Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen (Pensionsfondsgesetz Nordrhein-Westfalen - PFoG) sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften | Drs. 18/5467 | Landesregierung | Haushalts- und Finanzausschuss | in Beratung

    Gesetz zur Modernisierung des Gesetzes über die NRW. BANK und der Gesetze berufsständischer Versorgungswerke | Drs. 18/5349 | Landesregierung | Haushalts- und Finanzausschuss | in Beratung

    Elftes Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes | Drs. 18/5350 | Landesregierung | Integrationsausschuss | in Beratung

    Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure in Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/4760 (Neudruck) | Landesregierung | Innenausschuss | in Beratung

    Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die klinische und epidemiologische Krebsregistrierung im Land Nordrhein-Westfalen (LKRG NRW) | Drs. 18/5351 | Landesregierung | Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales | in Beratung

    Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz - HinSchG) und zur ergänzenden Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, sowie zur Änderung des Landesbeamtengesetzes | Drs. 18/5468 | Landesregierung | Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales | in Beratung

    Siebtes Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/4531 | Landesregierung | Innenausschuss | in Beratung

    Gesetz zur Änderung der nordrhein-westfälischen Landesverfassung betreffend Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Bildung | Drs. 18/4278 | FDP | Hauptausschuss | in Beratung

    Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018 | Drs. 18/4593 | Landesregierung | Ausschuss für Bauen, Wohnen und Digitalisierung | in Beratung

    Gesetz zur Änderung des Spielbankgesetzes NRW | Drs. 18/4341 | Landesregierung | Hauptausschuss | in Beratung

    ID: LI230608

  • Wenn die Seele Hilfe braucht.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 9-10 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    13. September 2023 - Die SPD-Fraktion beklagt "Defizite in der psychotherapeutischen Versorgung" im Land. Viele Menschen litten nach Corona noch immer unter den Folgen von Einsamkeit und seelischen Erkrankungen, heißt es in einem Antrag (Drs. 18/3666). In einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales äußerten sich Sachverständige dazu.
    Unterversorgt seien ländliche Regionen, aber auch Stadtteile mit vielen Arbeitslosen, einem hohen Anteil an Migrantinnen und Migranten, Geflüchteten sowie Menschen in prekären Verhältnissen. Die Lebensbedingungen dort führten zu einem erhöhten Risiko seelischer Erkrankungen. Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine könne die Situation weiter verschärfen. Expertenschätzungen zufolge werde ein Drittel der geflüchteten Menschen aus der Ukraine eine seelische Erkrankung entwickeln. "Diesen Menschen muss ein Anspruch auf Sprachmittlung in der Psychotherapie gewährleistet werden", so die Fraktion.
    Eine der SPD-Forderungen: Die Landesregierung solle sich gemeinsam mit dem Bund für eine Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung einsetzen.
    Die Psychotherapeutenkammer Nordrhein-Westfalen sieht das in ihrer schriftlichen Stellungnahme für den Ausschuss ähnlich. Psychische Erkrankungen erzeugten "sehr viel individuelles Leid und belasten das soziale Umfeld aller Betroffenen". Die Kammer führt zudem den volkswirtschaftlichen Schaden durch psychische Erkrankungen an: "Sie machen mittlerweile fast die Hälfte aller Zugänge in die Erwerbsminderung aus und waren 2022 die dritthäufigste Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland."
    Die Versorgung der Bevölkerung sei vor allem in strukturschwachen Regionen nicht gewährleistet, so die Kammer. Sie führt dies u. a. auf "Webfehler" der Bedarfsplanungs-Richtlinie zurück, die Anfang der 1990er-Jahre eingeführt wurde. Von Anfang an seien zu wenig niedergelassene Psychotherapeutinnen und -therapeuten eingeplant worden. Der Bedarf werde "bis heute gravierend unterschätzt". Betroffen seien in Nordrhein-Westfalen besonders stark Menschen auf dem Land. "Es ist nicht hinzunehmen, dass ihnen weite Wege zur Psychotherapie mit langen Wartezeiten auf Behandlungsplätze zugemutet werden, insbesondere wenn es um die Behandlungen von Kindern geht."
    Benachteiligt würden aber auch Betroffene im Ruhrgebiet. Seit der Reform der Bedarfsplanung von 2017 seien dort etwa 85 neue Zulassungsmöglichkeiten genehmigt worden. Erforderlich wären aber rund 300 gewesen, schreibt die Kammer.
    Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) Nordrhein sowie Westfalen-Lippe beurteilen die Lage anders. "Die aktuelle psychotherapeutische Versorgungssituation in Nordrhein ist nach den Kriterien der Bedarfsplanungs-Richtlinie grundsätzlich als gut zu bewerten", schreibt die KV Nordrhein. In ihrem Zuständigkeitsbereich lägen die Versorgungsgrade aktuell zwischen 108 und 247 Prozent. Um das Angebot "trotz der bestehenden rechnerischen Überversorgung" weiter auszubauen, setze man auf das Instrument "Sonderbedarf". Aktuell arbeiteten in der Region Nordrhein mehr als 270 Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten im Rahmen des Sonderbedarfs. Sie seien "zusätzlich im System und ebenfalls an der Sicherstellung der Versorgung beteiligt".

    "Bedarf nicht quantifizierbar"

    Es sei fraglich, ob der im SPD-Antrag geschilderte erhöhte Versorgungsbedarf durch die Corona-Pandemie, Armut oder die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine "tatsächlich langfristig und nachhaltig ist", schreibt die KV Westfalen-Lippe. Der Bedarf sei "nicht quantifizierbar". Dies sei für eine regionale Anpassung der Bedarfsplanung aber erforderlich. Der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Beschlussgremium der Selbstverwaltung im deutschen Gesundheitswesen, habe "nach mehrmaliger Prüfung ausdrücklich davon Abstand genommen, soziostrukturelle Aspekte ('Armut') in die Bedarfsplanung einfließen zu lassen". Begründung: Die kleinräumige Datenlage sei schlecht, ein Zusammenhang von Armut und Krankheit bisher nicht belegt.
    Auch veränderte gesellschaftliche Strukturen trügen dazu bei, dass mehr Menschen ambulante Psychotherapien in Anspruch nähmen, heißt es in der Stellungnahme der Techniker Krankenkasse (TK): "Medial getriggerte Schönheitsideale führen zu Essstörungen und Mobbing in Netzwerken sogar zu Suizidgedanken." Auch die Definition, welche seelische Abweichung als eine "krankheitswertige psychische Störung" gelte, habe sich verändert: "Wir müssen uns beispielsweise heutzutage auch mit Themen wie Medien- und Onlinesucht auseinandersetzen."
    Die steigende Nachfrage nach Psychotherapie und die ungleich verteilten Therapeutenkapazitäten seien durch bisherige Anpassungen der Bedarfsplanungen und Reformen der Psychotherapie-Richtlinie noch nicht zufriedenstellend kompensiert worden, so die TK. Gleichwohl sei in den vergangenen Jahren im Land viel unternommen worden, um das psychotherapeutische Versorgungsangebot zu verbessern. Dies führe planerisch dazu, dass es keine unterversorgten Regionen gebe. Ansätze zur effizienteren Nutzung der Kapazitäten sieht die Krankenkasse u. a. in Videosprechstunden und Gruppentherapien. Die Techniker Krankenkasse weist - wie auch die KV Westfalen-Lippe - darauf hin, dass kein Anspruch auf Dolmetscherinnen oder Dolmetscher bestehe.

    "22 Wochen Warten"

    Betroffene warteten durchschnittlich 22 Wochen auf einen Psychotherapieplatz, heißt es in einer Stellungnahme der Patientenvertretung "Deutsche DepressionsLiga". Für sie und ihre Angehörigen bedeute die Wartezeit Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Resignation. Das Warten sei "kräftezehrend und manchmal sogar lebensgefährlich". Um auf das Thema aufmerksam zu machen, habe man die Aktion "#22WochenWarten" gestartet und sich mit einer Petition an die Bundesregierung gewandt.
    Der Verein hat seiner Stellungnahme Berichte von Betroffenen beigefügt. Ein Beispiel: "Ich war viel zu krank, um mich selber um einen Platz zu kümmern. Wir wohnen in einer kleinen Stadt, und da gibt es wenig Möglichkeiten. Mein Mann hat dann telefoniert. Eine Therapeutin in der Nähe war telefonisch erreichbar. Ich kam auf die Liste, 9 Monate Wartezeit! (...) Die Klinik war dann meine einzige Möglichkeit. Dort habe ich eine Ärztin kennengelernt, die eine Praxis aufmachen wollte. Wartezeit 7 Monate!"
    zab

    Zusatzinformation:
    Alle schriftlich eingegangenen Stellungnahmen finden Sie unter www.landtag.nrw.de.

    ID: LI230609

  • Schmitz Marco (CDU); Bakum Rodion (SPD); Klocke Arndt (Grüne); Schneider Susanne (FDP); Dr. Vincentz Martin (AfD)
    Standpunkte: Psychotherapeutische Versorgung.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Die psychotherapeutische Versorgung ...

    Marco Schmitz (CDU) ... spielt für uns eine entscheidende Rolle in der modernen Gesundheitsversorgung. Sie ermöglicht Menschen, ihre psychische Gesundheit zu erhalten, zu verbessern und psychische Erkrankungen zu behandeln. Sie ist ein wesentlicher Bestandteil einer umfassenden Gesundheitsversorgung und trägt zur Schaffung einer gesünderen Gesellschaft bei.
    Rodion Bakum (SPD) ... kann mit mehr Kassensitzen für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten verbessert werden. Hierfür muss die sogenannte Bedarfsplanungs-Richtlinie der realen Nachfrage angepasst werden. Insbesondere das Ruhrgebiet und ländliche Regionen sind unterversorgt.
    Arndt Klocke (Grüne) ... ist ein wichtiger Aspekt ganzheitlicher Gesundheitsversorgung und muss verbessert werden. Die Landesregierung arbeitet zum Beispiel daran, eine Regelung umzusetzen, die es künftig möglich macht, in Regionen mit erhöhtem Bedarf, in denen aber nominell ausreichend Arztsitze vorhanden sind, zusätzliche Sitze einzurichten. Diese sollten besonders für Psychotherapeutinnen und -therapeuten genutzt werden.
    Susanne Schneider (FPD) ... ist ein wichtiger Baustein in unserem Gesundheitswesen. Psychische Gesundheit ist eine wesentliche Voraussetzung für Lebensqualität und soziale Teilhabe. Das Angebot an Therapieplätzen ist angesichts zunehmender Bedarfe aber nicht ausreichend. Deshalb brauchen wir klare Vorgaben für die Bedarfsplanung, um die Versorgung vor allem in ländlichen Regionen und im Ruhrgebiet zu verbessern.
    Dr. Martin Vincentz (AfD) ... bedarf einer patientenorientierten Umstrukturierung zur Sicherstellung einer bedarfsorientieren flächendeckenden Versorgung.

    Betroffene ...

    Marco Schmitz (CDU) ... brauchen einen sicheren Raum, in dem sie ihre Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen reflektieren können. Dies fördert das Verständnis der eigenen Psyche und unterstützt bei der Bewältigung von Depressionen, Angststörungen, Traumata und Suchterkrankungen. Durch psychotherapeutische Interventionen können sie effektive Bewältigungsstrategien erlernen und ihre Lebensqualität verbessern.
    Rodion Bakum (SPD) ... benötigen schnell Hilfe, damit seelische Erkrankungen nicht stärker werden und auf Dauer bleiben. Fast jede bzw. jeder Zweite in unserem Land leidet im Laufe des Lebens an einer seelischen Erkrankung. Alle anderen sind als Angehörige betroffen. Seelische Gesundheit geht uns alle an!
    Arndt Klocke (Grüne) ... haben sehr individuelle Bedürfnisse, für die wir unterschiedliche Angebote brauchen. So muss darüber diskutiert werden, ob bei den Terminservicestellen Kontingente für bestimmte Gruppen wie beispielsweise schwer Erkrankte vorgehalten werden und mit welchen Maßnahmen chronisch Erkrankte besser unterstützt werden können.
    Susanne Schneider (FPD) ... sind laut einer repräsentativen Studie des Robert Koch-Instituts rund 30 Prozent der Menschen in Deutschland. Immer mehr Menschen leiden an Depressionen, Burn-out oder anderen psychischen Erkrankungen. Es wird daher Zeit, dass niemand mehr stigmatisiert wird, wenn er sich psychotherapeutische Hilfe sucht. Und die Therapieplatzsuche darf nicht dem Herumirren in einem Labyrinth ähneln.
    Dr. Martin Vincentz (AfD) ... fühlen sich im Stich gelassen und dürfen über die aktuell sehr langen Wartezeiten auf einen Therapieplatz nicht mit ihren Sorgen und Nöten alleine gelassen werden.

    Die Wartezeiten ...

    Marco Schmitz (CDU) ... auf einen Therapieplatz sind viel zu lang und müssen auf verschiedenen Ebenen angegangen werden. Die Sicherstellung eines angemessenen Zugangs zur psychischen Gesundheitsversorgung ist von entscheidender Bedeutung, um Menschen in Not angemessen zu unterstützen und psychische Gesundheitsprobleme effektiv behandeln zu können.
    Rodion Bakum (SPD) ... von durchschnittlich 142 Tagen zwischen Erstgespräch und Psychotherapie sind quälend. Die Lösungen sind bekannt: mehr Studienplätze, mehr Kassensitze, mehr Terminvermittlungen, mehr Gruppenpsychotherapie, mehr digitale Angebote.
    Arndt Klocke (Grüne) ... sind zu lang. Das birgt die Gefahr, dass sich der Gesundheitszustand der Betroffenen verschlechtert und chronisch werden könnte. Deshalb brauchen wir auf Bundesebene die Reform der psychotherapeutischen Bedarfsplanung und möglicherweise eine Überarbeitung der Vorgaben für die Terminservicestellen.
    Susanne Schneider (FPD) ... sind so nicht hinnehmbar und müssen dringend reduziert werden. Bereits 2019 warteten rund 40 Prozent der Patientinnen und Patienten mindestens drei bis neun Monate auf einen Therapieplatz. Das bedeutet für Betroffene und Angehörige häufig Hoffnungslosigkeit, Verzweiflung und Resignation. Ziel sollte es daher sein, dass niemand länger als zwei Wochen auf einen Therapieplatz warten sollte.
    Dr. Martin Vincentz (AfD) ... sind unzumutbar lang und tragen so oft zu einer nachhaltigen Verschlechterung des Gesundheitszustandes und damit auch einer schlechteren Prognose bei.
    (siehe Fortsetzung)

    ID: LI230610

  • Schmitz Marco (CDU); Bakum Rodion (SPD); Klocke Arndt (Grüne); Schneider Susanne (FDP); Dr. Vincentz Martin (AfD)
    Standpunkte: Psychotherapeutische Versorgung (Fortsetzung).
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Die Auswirkungen von Corona ...

    Marco Schmitz (CDU) ... waren erheblich, auf die Psychotherapie und die psychische Gesundheit weltweit. Sie führten zu einer Zunahme von Angststörungen, Depressionen, Isolation und anderen psychischen Gesundheitsproblemen. Die Menschen haben versucht, mit den Herausforderungen der Pandemie umzugehen, entsprechend ist die Nachfrage nach psychotherapeutischer Versorgung gestiegen.
    Rodion Bakum (SPD) ... werden uns über Jahre beschäftigen. Die Angst vor Erkrankung und Tod sowie die Reduktion von sozialen Kontakten haben seelische Belastungen und Erkrankungen bei vielen von uns verstärkt. Wir benötigen mehr Hilfsangebote und Aufklärung für die seelische Gesundheit, damit aus der Virus- Pandemie keine soziale Pandemie wird.
    Arndt Klocke (Grüne) ... haben sich vor allem bei Kindern und Jugendlichen als erhöhte Belastungen gezeigt. Gerade für sie sind Präventionsangebote wichtig, um psychische Erkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen. Deshalb fördert die Landesregierung niedrigschwellige gruppentherapeutische Angebote für Kinder und Jugendliche, die präventiven Charakter haben.
    Susanne Schneider (FPD) ... sind immer noch spürbar. Die Pandemie hat mit den psychischen Belastungen in Folge der Schutzmaßnahmen die seelische Gesundheit vieler Menschen verschlechtert und damit die Versorgungslage verschärft. Ängste, Sorgen und depressive Symptome haben vor allem bei jungen Menschen zugenommen. Die während der Pandemie eingeführten Videosprechstunden sollen als ergänzendes Angebot fortgesetzt werden.
    Dr. Martin Vincentz (AfD) ...zeigen sich nachhaltig in der psychischen Gesundheit der Bevölkerung. "Social distancing", Ausgangssperren und Panikmache haben zu einer drastischen Verschlechterung der allgemeinen psychischen Gesundheit und zu explodierenden Fallzahlen geführt.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230623

  • CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Werkstattgespräch zu Mobilität: Günstiges Ticket reicht nicht.
    Aus den Fraktionen
    S. 12 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Wie sich die Mobilität in den Stadtzentren im Einklang mit wirtschaftlichen und klimaschutzpolitischen Zielen verändern kann, war das Thema eines Werkstattgespräches der CDU-Fraktion vor Ort im Landtag.
    "Die Mobilität ist ein zentrales Anliegen der Zukunftskoalition", betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Thorsten Schick: "Wir müssen die Infrastruktur und die Möglichkeiten für die letzte Meile verbessern. Zu einer vitalen Innenstadt gehört, dass Menschen von außerhalb kommen. Eine gute Erreichbarkeit ist elementar." Zuverlässig und flexibel von einem Ort zum anderen zu kommen, macht einen Teil der Lebensqualität aus und ist wichtig für wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand. Um den ÖPNV zu stärken, hat die Zukunftskoalition unter anderem den e-Tarif "eezy.NRW" und die Förderung von Mobilstationen ausgebaut. Eine Fachkräfteoffensive des Landes soll dem Personalmangel entgegenwirken.
    "Es fehlen Busfahrer, Triebfahrzeugführer, Serviceleute", mahnte Dr. Norbert Reinkober, Geschäftsführer der go.Rheinland GmbH und des Verkehrsverbundes Rhein-Sieg: "Der Fachkräftemangel liegt nicht am Geld ? es gibt nicht genug Kräfte auf dem Markt." Er hoffe, dass sich das Deutschlandticket durchsetzt: "Für das nächste Jahr gibt es noch keine Zusage des Bundesfinanzministers. Wenn der Bund seinen Teil nicht übernimmt, müssten wir das Ticket abschaffen."
    Oliver Krauß (Foto), verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, betonte: "Jetzt geht es darum, das Deutschlandticket auszubauen. Ein günstiges Ticket reicht aber nicht; wir haben dringenden Ausbaubedarf bei der Infrastruktur."
    Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Dr. Gerd Landsberg aus Bonn, sagte: "In Bonn ist Verkehrspolitik der Streitpunkt überhaupt. Handwerker nehmen teilweise keine Aufträge in Bonn mehr an, weil sie dort nicht mehr hinkommen. Wir müssen den ÖPNV ausbauen. Menschen setzen aber nach wie vor auch auf das Auto, vor allem im ländlichen Raum."

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230611

  • SPD-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Rückblick auf die Revierkonferenz: So entsteht das Revier der Zukunft.
    Aus den Fraktionen
    S. 12 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Welche Ziele, Projekte und Maßnahmen braucht es, um die Zukunft des Rheinischen Reviers gestalten zu können? Das haben wir Mitte September mit rund 150 Gästen aus der Region auf unserer Revierkonferenz in Bergheim diskutiert. In fünf Fokusgruppen haben die Anwesenden die Themen Flächenentwicklung, Förderstrukturen, Energiesicherheit, neue Arbeitsplätze und innovative Zukunftsvisionen betrachtet.
    Unser Fraktionsvorsitzender Jochen Ott begrüßte die Gäste und warf dabei einen Blick auf die finanziellen Möglichkeiten: "Nie gab es für einen Strukturwandel so viel Geld, aber noch nie war davon so wenig zu sehen wie jetzt." Insgesamt stehen für das Rheinische Revier Fördergelder in Höhe von 14,8 Milliarden Euro zur Verfügung, von denen bisher lediglich zwei Milliarden verausgabt sind. "Was wir jetzt brauchen, ist ein neuer Aufbruch, den wir nur gemeinsam schaffen können. Schmieden wir also einen RevierPakt für NRW, bei dem die Ansiedlung grüner Zukunftsindustrien höchste Priorität bekommt", stellte Ott zum Abschluss der Veranstaltung fest. So könnte die Region zum Vorbild für gelungene Transformation werden.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230612

  • Fraktion DIE GRÜNEN im Landtag Nordrhein-Westfalen
    Praktische Erfahrungen sammeln, Landespolitik von innen erleben.
    Aus den Fraktionen
    S. 13 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Ein Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben - so etwas gibt es? Lilyan Allababidi und Thomas Götzelmann haben diese Frage schon oft gehört. Ein Jahr lang haben die 21-Jährige und der 19-Jährige unsere Fraktion unterstützt - als FSJ-Pler*innen. Die beiden haben je vier Stationen absolviert: Fraktionsgeschäftsführung, Fraktionsvorstandsbüro, Pressestelle und ein Abgeordnetenbüro. "Mir hat die Zeit mit der Abgeordneten Ilayda Bostancieri besonders gut gefallen. Ich habe für sie zu Fachthemen recherchiert und Ilayda zu Terminen begleitet. Das waren spannende, unmittelbare Einblicke in die Landespolitik", blickt Lilyan Allababidi auf ihr FSJ-P zurück. Neben der Arbeit im Landtag bilden sich die jungen Menschen während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres in fünf Seminarwochen weiter. Thomas Götzelmann hat sich so mit anderen Engagierten den Themen Feminismus, Klimakrise und Korruption gewidmet: "Die Seminare standen unter dem Motto ,Selbstorganisation' - Inhalte, Programmablauf, aber auch die Verpflegung haben wir als Teilnehmende selbst vorbereitet. Durch das Programm ,Weltwärts' waren in meiner Seminargruppe Menschen aus der ganzen Welt, das war ein besonderes, interkulturelles Erlebnis." Für ihn steht genau wie für Lilyan Allababidi nun der nächste Lebensabschnitt bevor: das Studium.
    Ihre Plätze im Landtag haben Anfang September Frida Otten und Torben Keiser übernommen. Auf die beiden wartet ein Jahr mit neuen Erfahrungen und direkten Einblicken in die Arbeit der Grünen Landtagsfraktion. "Wir freuen uns sehr auf das kommende Jahr. Es ist aufregend, dass wir die Chance haben, den Politikalltag kennenzulernen und an spannenden Projekten mitwirken zu dürfen!"

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230613

  • FDP-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    Sommerfest der FDP-Fraktion zur Europapolitik.
    Aus den Fraktionen
    S. 13 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Unter dem Motto "Zukunft Europa: Freiheit. Vielfalt. NRW." tauschten sich mehr als 600 Gäste beim FDP-Fraktions-Sommerfest 2023 zu europapolitischen Themen im Landtag Nordrhein-Westfalen aus.
    Nach der Begrüßung durch unseren Fraktionsvorsitzenden Henning Höne partizipierten die Gäste an einer hochkarätigen Talkrunde zur Europapolitik mit Moritz Körner, Svenja Hahn und Andreas Glück. Engagierte Plädoyers für Frieden und Freiheit in Europa kamen von Moritz Körner und Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
    Herzlichen Dank an alle unsere Gäste und die Rednerinnen und Redner! Es war uns eine große Freude, mit so vielen Menschen über liberale Europapolitik aus NRW diskutieren zu können. Eines wurde an diesem Abend besonders deutlich: Europa braucht weniger Bürokratie und neue liberale Impulse.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230614

  • AfD-Landtagsfraktion NRW
    Bedarfsplanung patientenorientiert gestalten.
    Aus den Fraktionen
    S. 13 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Die Psychotherapeutische Versorgung in Nordrhein-Westfalen stellt sich als kritisch dar, die Wartezeiten für einen Therapieplatz erstrecken sich flächendeckend auf mehrere Monate. Ausnahmsweise begegnet uns hier jedoch kein Fachkräftemangel, zumindest nicht im Bereich der Gesundheitsberufe, sondern ein Mangel an Patientenorientierter Ausgestaltung der Bedarfsplanung.
    Bereits bis 2020 ist die Zahl psychisch erkrankter Menschen in Deutschland stetig gestiegen. Durch die Auswirkungen der Coronapolitik hat sich das Ganze noch einmal deutlich verschärft. Es sind deutlich mehr psychische Erkrankungen zu verzeichnen, insbesondere auch bei kleinen Kindern und Heranwachsenden.
    Der Bedarf an psychotherapeutischer Versorgung steigt stetig, eine Anpassung der Bedarfsplanung hat jedoch nicht stattgefunden und genau hier liegt das Problem. Wir haben ausreichend qualifiziertes Personal, versagen ihnen jedoch den Dienst. Die Bedarfsplanung muss von Grund auf neu gestaltet und patientenorientiert aufgestellt werden. Die Psychotherapeutische Versorgung ist ein elementarer Grundpfeiler eines funktionierenden Gesundheitssystems und des Gesundheitszustandes unserer Gesellschaft, hier muss die Politik endlich handeln!

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230615

  • Sein, Streit und die politische Kultur.
    S. 14 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    12. September 2023 - Streit gehört zur demokratischen Auseinandersetzung. Doch wie viel Streit verträgt die Demokratie? Welche Rolle spielt die digitale Kommunikation in diesem Zusammenhang? Um diese und andere Fragen ging es beim "Parlamentsgespräch" im Landtag.
    "Wir leben in bewegten Zeiten, in denen das Vertrauen in die Demokratie nachlässt oder zunehmend infrage gestellt wird", sagte der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen, André Kuper, zur Begrüßung vor mehr als hundert Gästen. "Es hilft, dass die Menschen mitbekommen, dass ihre Sorgen und Nöte in den Parlamenten wahrgenommen und in den Debatten abgebildet werden." Klartext gehöre in den Plenarsaal. Streit der Überzeugungen sei ein Wesensmerkmal der Demokratie. Kuper: "Allerdings werden in der öffentlichen politischen Debatte immer häufiger Grenzen überschritten." Das mache sich auch an zunehmenden Ordnungsmaßnahmen in Parlamenten bemerkbar. "Wir dürfen nicht zulassen, dass die Leitplanken des Anstands und des zivilen Miteinanders dauerhaft durchbrochen werden."
    Der politische Diskurs werde schärfer denn je geführt, bemerkte auch der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) bei der Podiumsdiskussion. "Wir sind in einer Umbruchsituation, die ich so noch nicht erlebt habe." Sie sei geprägt von Krisen, einer "ernsthaften Attacke auf unsere Demokratie" und einer "gespaltenen Öffentlichkeit". Es gebe eine wachsende Zahl von "Demokratieverächtern". Die Frage sei, wie mit Menschen umzugehen sei, die sich nicht als Teil einer "Verständigungsgemeinschaft" verstünden und den Konsens gemeinsamer Werte verließen. Ein Mittel, um Zugänge zu finden, habe er trotz vieler Versuche nicht gefunden. Gespräche etwa mit Pegida-Teilnehmenden seien erfolglos geblieben.

    "Diskurstapferkeit"

    Die Journalistin Dr. Helene Bubrowski von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" empfahl, den "Debattenraum" weit zu halten. Medien sowie Politikerinnen und Politiker machten es sich teilweise zu einfach, indem sie den Austausch mit Andersdenkenden etwa aus dem Spektrum des Rechtspopulismus grundsätzlich verweigerten - nach dem Motto: "Einem solchen Menschen gebe ich nicht die Hand." Eine Empörungshaltung gegenüber Rechtspopulistinnen und -populisten stärke aber genau diese.
    Prof. Dr. Marie-Luisa Frick vom Institut für Philosophie der Universität Innsbruck verwies darauf, dass politische Debatten häufig von Kränkungen geprägt seien. Aus dem Gefühl, nicht als legitimer und gleichberechtigter Gesprächspartner respektiert zu werden, resultierten Ressentiments und Verbitterung der vermeintlich Schlechter-Gestellten und Gekränkten gegenüber machthabenden Eliten. Die Folgen seien verhärtete Fronten sowie eine tiefgreifende Verachtung und Enthemmung - ein Prozess, der sich aufschaukle. Ressentiments dürften nicht reflexartig als "Charakterfehler" eines Menschen abgetan werden.
    Statt Empörung empfahl die Philosophin die Tugend der "Diskurstapferkeit". Das bedeute, sich aktiv und notfalls konfrontativ an einem Diskurs zu beteiligen, aber auch passiv und tapfer Kritik zu ertragen. "Dass wir nicht gleich angerührt sind, wenn jemand sagt: Ich sehe das völlig anders, du hast dich verrannt." Es gehöre zum Dienst an der Demokratie, Feindbilder abzubauen und noch besser: erst gar nicht entstehen zu lassen.
    Prof. Dr. Christiane Woopen, frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrates und Medizinethikerin an der Universität Bonn, wies darauf hin, dass Debattenbeiträge gut begründet sein sollten. Wichtig sei, dass das Gegenüber in Diskussionen nicht degradiert werde und Diskutierende sich an Sachargumenten orientierten. Auch bei sehr unterschiedlichen Meinungen könne das gegenseitige Verständnis durch eine gelungene Debatte steigen. Ein Kompromiss stehe meist am Ende, nicht aber am Anfang einer Diskussion.
    Prof. Dr. Frank Decker vom Institut für Politische Wissenschaft und Soziologie der Universität Bonn zitierte eine Studie, nach der aktuell weniger als 20 Prozent der Bevölkerung optimistisch in die Zukunft blicken. In den 1970er-Jahren seien es noch 90 Prozent gewesen. Populisten seien "Angstunternehmer" und nutzten Verunsicherungen in der Gesellschaft aus - etwa bei Themen wie Migration und der sozial-ökologischen Transformation.
    Demokratische Parteien müssten sich aber auch selbstkritisch hinterfragen. Sie produzierten Enttäuschung, indem sie öffentliche Versprechen machten - im Wissen, dass diese nicht einzuhalten seien. Politikerinnen und Politiker spekulierten zu sehr auf die nächste Wahl. "Die Zukunft sitzt nicht mit am Tisch", sagte Decker. Das Ergebnis: Weniger Menschen begriffen sich als Teil eines Prozesses, der in Parlamenten ausgehandelt werde.
    tob

    Zusatzinformation:
    Die Diskussion des 15. Parlamentsgesprächs ist in voller Länge auf der Internetseite des Landtags abrufbar. www.landtag.nrw.de/mediathek

    ID: LI230605

  • Porträt: Henning Höne (FDP).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Wie kamen sie in die Politik? Wo liegen ihre politischen Schwerpunkte? Landtag Intern stellt in jeder Ausgabe Abgeordnete vor. Diesmal im Porträt: Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Fraktion im Landtag. Der 36-jährige Industriekaufmann aus Coesfeld ist auch Chef der nordrhein-westfälischen FDP.
    "Das Beste liegt noch vor uns": Davon ist Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion und Landesvorsitzender der FDP, überzeugt. Er sagt aber auch: "Ich finde, dieses Land ist zu satt - diese Zufriedenheit liegt wie Mehltau über uns."
    Höne ist seit 2012 Mitglied des Landtags, er kam aus dem ländlichen Coesfeld in die Landeshauptstadt. Schon als Jugendlicher engagierte er sich in der Politik. "Selbstbestimmung, Eigenverantwortung und Individualität" waren die Schlagworte, die ihn zu den Jungen Liberalen brachten. Noch gut erinnert er sich an die Landtagswahl 2005, vor der er in der Coesfelder Innenstadt Flyer verteilte und ein Bürger ihn wegen Steinkohlesubventionen "sportlich angegangen" sei, wie Höne es ausdrückt: "Das Thema hatte ich in Coesfeld nun wirklich nicht auf dem Schirm."
    Für ihn zählten damals die Themen Bildung und Ausbildung. 2010, als er zum Landesvorsitzenden der Jungen Liberalen gewählt wurde und zum ersten Mal zu Gast in dem Büro war, das inzwischen sein eigenes ist, weitete sich sein Blick. "Besonders spannend war für uns die Zeit der Minderheitsregierung", erinnert sich Höne, "damals wurden wir als Jugendorganisation plötzlich deutlich stärker wahrgenommen, unsere Meinung zählte."
    2012 zog Höne dann selbst in den Landtag ein: "Plötzlich konnte ich hauptberuflich das machen, was bislang Ehrenamt war." Als die FDP 2017 nach vielen Jahren wieder mit in die Regierung kam, wurde Höne Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion, hatte plötzlich viel mit dem in Coesfeld so fernen Steinkohleausstieg, aber auch mit anderen Themen zu tun. "Von außen wirkt es oft, als bestehe Nordrhein-Westfalen nur aus Rheinland und Ruhrgebiet", sagt Höne. "Dabei lebt knapp die Hälfte der Menschen im ländlichen Raum, das darf man nicht aus dem Blick verlieren."
    Dass die FDP seit 2022 wieder in der Opposition ist, findet Höne natürlich schade. "Aber jeder, der in die Politik geht, muss sich bewusst sein, dass er keine klassische Karriere macht, in der es immer nur aufwärts geht. Stattdessen musst du in der Lage sein, unterschiedliche Rollen zu übernehmen. Demokratie braucht eben jemanden, der den Finger in die Wunde legt. Jemanden, der die Offenheit zu beidem hat, zu gestalten, aber auch zu beaufsichtigen."

    "Wettbewerbsfähigkeit"

    Demokratie bedeute aber auch Streit: "Wenn wir in unserer Geschichte zurückblicken, dann waren die großen Entscheidungen oft auch besonders strittig", sagt Höne und verweist auf den Nato-Doppelbeschluss und die Agenda-Politik von Gerhard Schröder. "Nicht jede Entscheidung muss 90:10 ausgehen, so kommen wir im Land nicht weiter." Dass sich etwas tue, sei wichtig: "Wir nehmen das, was wir erreicht haben, heute viel zu selbstverständlich. Wenn wir sehen, dass sich die BRICS-Staaten erweitern und kein Problem haben, auch mit Russland Geschäfte zu machen, dann zeigt das doch, dass wir nicht leichtfertig damit umgehen dürfen, was wir hier geschaffen haben."
    Das bedeute auch, die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands nicht aus den Augen zu verlieren. "Es entsteht gerade bei manchen der Eindruck, wir könnten künftig alle vier Tage im Homeoffice sitzen und trotzdem unseren Lebensstandard halten, das kann rechnerisch nicht aufgehen." Dabei spricht sich Höne für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus: Er selbst ist Vater von zwei kleinen Kindern, pendelt für seinen Job zwischen Coesfeld und Düsseldorf. "Kinder erden dich", sagt der Familienvater. "Wenn du morgens mit deinem Sohn noch darüber diskutierst, wie viel Zahnpasta auf die Zahnbürste gehört, verfolgst du eine Haushaltsdebatte danach auf andere Art."
    Seine Freizeit verbringt Höne am liebsten mit seiner Familie. Beim Kinderturnen auf dem Trampolin oder auf dem Fahrrad mit Anhänger quer durchs Münsterland. So sehr er in Düsseldorf die vielfältige Gastronomie schätzt und "dass man bei dem engen Takt nicht erst schauen muss, wann die nächste Straßenbahn kommt", fährt er auch immer wieder gern zurück ins Münsterland. "Dort gibt es zwar weniger Auswahl, aber trotzdem schöne Restaurants und viel Natur. Ich bin dort groß geworden, Zuhause bleibt eben Zuhause."
    Maike von Galen

    Zur Person
    Henning Höne wurde in Coesfeld geboren, wo er bis heute lebt. Nach dem Abitur absolvierte er ein duales Studium der Betriebswirtschaft an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie Münster und der Fachhochschule Münster. Er schloss das Studium als Industriekaufmann, Betriebswirt und Bachelor of Arts Betriebswirtschaft ab. Berufsbegleitend studierte er zudem von 2011 bis 2017 Betriebswirtschaft mit dem Schwerpunkt Management und Marketing an der Mercator School of Management der Universität Duisburg-Essen. Höne ist seit 2005 Mitglied der FDP. Von 2008 bis 2020 war er Vorsitzender des FDP-Kreisverbands Coesfeld, von 2014 bis 2023 Vorsitzender der FDP-Kreistagsfraktion. Von 2010 bis 2013 war er Landesvorsitzender der Jungen Liberalen. Seit 2012 ist er Mitglied des Landtags.

    Nachgefragt
    Was ist Ihr Lieblingsbuch und warum?
    Die Buddenbrooks lassen mich nicht los -ein zeitloses Epos. Im Alltag gerne ein Krimi oder ein Sachbuch zu Geschichte und Zeitgeschehen.

    Welche Musik hören Sie gerne?
    Counting Crows, Matchbox Twenty, Goo Goo Dolls, Jason Mraz, John Mayer u. ä., aus der Zeit in den USA ist auch Country geblieben.

    Was haben Sie immer in Ihrem Kühlschrank vorrätig?
    Joghurt und Orangensaft.

    Ihr liebstes Reiseziel?
    Die USA.

    ID: LI230616

  • Tag der Demokratie.
    S. 16 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Am 15. September, dem "Internationalen Tag der Demokratie", hat im Landtag erstmals der neue Aktionstag "Landtag macht Grundschule" stattgefunden. Mehr als 130 Kinder aus vierten Klassen aus Nordrhein-Westfalen waren in das Parlament gekommen, um Demokratie live vor Ort zu erleben. Der Präsident des Landtags, André Kuper, baut mit dem Aktionstag die Demokratiebildung des Parlaments aus, um auch den jüngsten Bürgerinnen und Bürgern Kontakte zur Demokratie und zum Landesparlament zu ermöglichen. Unter seiner Federführung hatten die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschen und österreichischen Landesparlamente im Juni in der "Westfälischen Erklärung" vereinbart, den "Internationalen Tag der Demokratie" zu begehen und noch mehr Menschen mit den Parlamenten in Kontakt zu bringen.

    ID: LI230617

  • Gast aus Albanien.
    S. 16 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Der Präsident des Landtags, André Kuper, hat am 19. September 2023 die Vorsitzende des albanischen Parlaments, Lindita Nikolla, empfangen. Er tauschte sich mit seinem Gast u. a. über die politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Albanien aus. Kuper sagte: "Der Westbalkan und Albanien haben sich in den vergangenen Jahrzehnten entwickelt und wichtige Reformen angestoßen. Albanien ist ein wichtiger Partner Nordrhein-Westfalens. Der enge interkulturelle und wirtschaftliche Austausch unserer Länder kann zu einem stabilen Frieden und weiteren demokratischen Prozessen in Südosteuropa beitragen."

    ID: LI230618

  • Neue Ausgabe.
    S. 16 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Die nächste Ausgabe von Landtag Intern erscheint am 31. Oktober 2023. Sie ist bereits ab Freitagnachmittag, 27. Oktober 2023, online abrufbar unter www.landtag.nrw.de.

    ID: LI230619

  • Spiele des Respekts.
    S. 16 in Ausgabe 6 - 26.09.2023

    Bildunterschriften:
    Die Invictus Games sind ein internationales Sportfest für Soldatinnen und Soldaten, aber auch Rettungskräfte, die bei Einsätzen seelisch oder körperlich verletzt wurden. 2014 von Prinz Harry ins Leben gerufen, fanden die Spiele im September erstmals in Deutschland statt, und zwar in Düsseldorf. Am 8. September 2023 empfing der Präsident des Landtags, André Kuper, die deutsche Mannschaft und wünschte den Athletinnen und Athleten viel Erfolg. Und am 15. September 2023 folgte der Besuch des ukrainischen Teams. Viele der Sportlerinnen und Sportler hatten noch vor Kurzem gegen die russische Invasion ihrer Heimat gekämpft. Der Präsident sagte: "Der Krieg ist trauriger Alltag in der Ukraine. Alle Menschen sind davon betroffen. In jeder Familie gibt es Opfer des Kriegs oder Soldatinnen und Soldaten, die an der Front kämpfen. Die Ukraine kämpft für Freiheit und Demokratie in Europa. Deswegen würdigen wir das Team Ukraine der Invictus Games im Landtag von Nordrhein-Westfalen stellvertretend für alle, die sich Putin und seiner Armee entgegenstellen. Viele der Sportlerinnen und Sportler haben an der Front gekämpft, wurden verwundet oder gefangen genommen."
    Der Präsident des Landtags, André Kuper, überreichte dem deutschen Team die offiziellen Hoodies für das Sportfest

    ID: LI230620

  • Eine Nacht am Rhein.
    Landtag öffnet seine Türen.

    S. 1 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Landtag außen, Illumination, Nacht, Parlamentsnacht

    ID: LI230501

  • Inhalt.
    S. 2 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Inhaltsverzeichnis siehe Originalseite

    ID: LI230506

  • Unterkünfte für Geflüchtete.
    Plenarbericht;

    S. 3 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    24. August 2023 - Die Oppositionsfraktionen kritisieren die Flüchtlingspolitik der Landesregierung. In einer Aktuellen Stunde debattierte der Landtag auf Antrag von SPD, AfD und FDP über die Zuweisung von Geflüchteten an die Kommunen. Die Fraktionen beklagten deren Überforderung.
    Zuvor hatten Medien berichtet, dass das Land den Kommunen vorzeitig rund 1.500 Geflüchtete zuweise, weil die Unterkünfte des Landes ausgelastet oder schon überbelegt seien.
    Die Lage in den Kommunen und die unzureichenden Aufnahmekapazitäten in den Landesunterkünften seien seit längerem bekannt, heißt es im SPD-Antrag (Drs. 18/5505). Daher sei es "umso unverständlicher, dass hier sowohl Kommunen als auch Geflüchtete Situationen ausgesetzt werden, die einer humanitären Aufnahme nicht mehr gerecht werden".
    Die AfD verweist in ihrem Antrag (Drs. 18/5506) u. a. darauf, dass im vergangenen Jahr 169 von 394 Kommunen eine Überlastungsanzeige gestellt hätten. "Das zeigt deutlich, wie angespannt die Situation in vielen Kommunen ist. Verständlicherweise kommen immer lautere Hilferufe aus den Kommunen."
    Die FDP fordert in ihrem Antrag (Drs. 18/5507), dass die Landesregierung dringend handeln "und mit einem Notfallplan mehr Kapazitäten auf Landesebene schaffen" müsse, um den Druck auf die Kommunen zu reduzieren. Die aktuelle Entscheidung zu den vorzeitigen Zuweisungen führe zu erheblichen Belastungen der Kommunen.
    "Wenn Menschen vor Krieg, Vertreibung oder Gewalt fliehen, müssen sie ein Recht auf einen Ort haben, der Sicherheit bietet", forderte Christian Dahm (SPD). Die SPD stehe "uneingeschränkt zu dem Grundrecht auf Asyl". Bund, Länder und Kommunen müssten besser zusammenarbeiten. In NRW gebe es zu wenig Plätze in Landeseinrichtungen - obwohl das Gegenteil versprochen worden sei. Kommunen brauchten mehr Unterstützung. Stattdessen herrsche "Organisationschaos". Das sei im Ergebnis eine "inhumane Politik".
    Enxhi Seli-Zacharias (AfD) dankte Menschen, die gegen eine geplante Unterbringungseinrichtung des Landes im Sauerland protestiert hatten. Die "selbst ernannte Zukunftskoalition" aus CDU und Grünen agiere ignorant und empathielos gegenüber Bürgerinnen und Bürgern. Statt neuer Unterbringungseinrichtungen für Geflüchtete brauche es mehr Schutz an den Außengrenzen. Die "bedingungslose Willkommenskultur" habe längst ein Ende. Die Flüchtlingspolitik erleide derzeit "Schiffbruch" und kollabiere.

    "Grundrecht auf Asyl"

    Marc Lürbke (FDP) warf der Landesregierung ein "völliges Versagen in der Migrationspolitik" vor. Sie lasse die Kommunen mit den "wahnsinnig großen Herausforderungen der Integration einfach im Regen stehen". Städten und Gemeinden drohe nun vielfach der Kollaps. Zudem verspiele die Landesregierung das Vertrauen der Menschen in die Einwanderung und Akzeptanz von Migration. "Das geht nicht", sagte Lürbke. Er sprach von einem "Offenbarungseid": "Deutlicher könnten Sie Ihr Scheitern und das Organisationschaos gar nicht eingestehen", sagte er in Richtung Landesregierung.
    Es sei an der Zeit, einiges geradezurücken, entgegnete Dietmar Panske (CDU). Die Unterbringung Geflüchteter in den Kommunen sei in der Tat ein Kraftakt. Das Land verfüge derzeit über 45 Unterkünfte mit 30.780 Plätzen. Die Kapazitäten seien "langsam erschöpft". Deshalb müssten in einem ersten Schritt geflüchtete Menschen früher als vorgesehen auf die Kommunen verteilt werden. Dies sei auch in der Vergangenheit schon so gewesen, sagte Panske. Das Land arbeite "mit Hochdruck" am Ausbau der Unterbringungskapazitäten.
    "Die Herausforderung in den Kommunen ist riesengroß", sagte Verena Schäffer, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Das gelte aber auch für das Land. Die gemeinsame Verantwortung für Geflüchtete betreffe jedoch ebenso den Bund. Sie vermisse "Ehrlichkeit und Redlichkeit" in der Debatte. Ein Versagen des Staates herbeizureden, sei verantwortungslos. Solche Diskurse würden von Rechtsextremen als Legitimation für flüchtlingsfeindliche Straftaten genutzt. "Das dürfen wir unter keinen Umständen zulassen", mahnte Schäffer.
    Als 2015/2016 sehr viele Geflüchtete Schutz gesucht hätten, hätten die Kommunen sie zum großen Teil in Turnhallen untergebracht. "Das kann in der Frage der Akzeptanz nicht der Weg sein", erklärte Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne). Sie verwies auf einen Sechs-Punkte-Plan. Künftig wolle die Landesregierung u. a. Kommunen und die Menschen vor Ort frühzeitiger einbeziehen. Sie wolle außerdem die Plätze in Landeseinrichtungen auf die Zahl der aufzunehmenden Geflüchteten in der jeweiligen Kommune anrechnen.
    tob, zab, sow

    Bildunterschrift:
    Das Bild zeigt die Zentrale Flüchtlingsunterkunft in Hamm.

    Systematik: 5070 Ausländer/Vertriebene/Aus- und Übersiedler

    ID: LI230502

  • Plenum: Meldungen.
    Plenarmeldungen
    S. 4-5 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Digitalisierung

    23.8.2023 - Das Plenum hat über eine digitalisierte Verwaltung debattiert. Behördliche Dokumente bequem von zu Hause aus beantragen zu können, sei bürgerfreundlich, heißt es in einem Antrag von CDU und Grünen (Drs. 18/5407). Neben der Bürgerfreundlichkeit spielten auch die Entlastung der Verwaltungen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands eine Rolle. Als einen ersten Schritt schlagen CDU und Grüne eine Bestandsanalyse vor, die alle Kommunen und alle Verfahren berücksichtigen soll. Daraus solle ein Referenzkatalog entstehen, "der es allen Kommunen erlaubt nachzuschlagen, welche Produkte zu welchem Zweck bereits eingesetzt und empfohlen werden". Kostspielige Mehrfachentwicklungen sollen vermieden, Synergien genutzt werden. Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Bauen, Wohnen und Digitalisierung (federführend) überwiesen.

    Wohneigentum

    23.8.2023 - Die FDP-Fraktion kritisiert zu hohe Belastungen der Bürgerinnen und Bürger bei Erwerb oder Erhalt von Wohneigentum. Engpässe bei Baumaterialien und im Handwerk sowie eine hohe Inflation hätten zu anziehenden Baukosten und -zinsen sowie hohen Verbraucherpreisen geführt, heißt es in einem Antrag (Drs. 18/5388). Der Landesregierung wirft die FDP vor, weitere Hürden zu schaffen. Dazu gehörten das Festhalten an einem "maximal bürokratischen" Modell bei der neuen Grundsteuer, die Streichung des Förderprogramms "NRW.Zuschuss Wohneigentum" und zu hohe Abwassergebühren. Die Fraktion fordert u. a., auf ein einfacheres "flächenbasiertes" Grundsteuermodell umzusteuern und die Straßenausbaubeiträge rückwirkend zum 1. Januar 2018 abzuschaffen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU und Grünen bei Enthaltung von SPD und AfD abgelehnt.

    Stromzähler

    23.8.2023 - Die AfD-Fraktion wendet sich gegen die von der Bundesregierung beschlossene Verpflichtung, ab 2025 "intelligente Stromzähler", sogenannte Smart Meter, einzubauen. Betroffen davon sind Haushalte mit einem Jahresstromverbrauch ab 6.000 Kilowattstunden sowie Betreiberinnen und Betreiber von Solaranlagen von mehr als 7 Kilowattstunden Leistung. In ihrem Antrag (Drs. 18/5419) bemängelt die Fraktion, dass laut einer Studie keine Stromspareffekte erwartbar seien. Im Vergleich zu den herkömmlichen analogen Zählern bedeuteten die neuen Geräte "erhebliche Mehrkosten" für die Endverbraucherinnen und -verbraucher. Die Landesregierung müsse sich sowohl auf EU-Ebene als auch beim Bund dafür einsetzen, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Messgeräte frei wählen dürften. Der Antrag wurde mit den Stimmen aller anderen Fraktionen abgelehnt.

    Bioökonomie

    24.8.2023 - Die Fraktionen von CDU und Grünen wollen "Nordrhein-Westfalen zum führenden Standort einer nachhaltigen Bioökonomie machen". Grundlage sei die "Umstellung auf eine biobasierte, nachhaltige und umweltverträgliche Wirtschaft, die auf dem effizienten Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen aus naturverträglichem Anbau basiert und gleichzeitig soziale und wirtschaftliche Ziele verfolgt", schreiben die Fraktionen (Drs. 18/5408). Beispiele dafür seien pflanzenbasierte Biokunststoffe, Bioraffinerien, Biopharmazeutika und Algenkulturen zur Produktion von Biokraftstoffen. Die Landesregierung solle einen "Bioökonomie- Rat" gründen, um eine Strategie zu erarbeiten. Zudem solle Nordrhein-Westfalen einen festen Platz im Bioökonomie-Rat der Bundesregierung einnehmen. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen angenommen. Dagegen stimmten FDP und AfD.

    Wärmewende

    24.8.2023 - Die angekündigte Regelung des Bundes zur kommunalen Wärmeplanung solle "konsequent" in Landesrecht überführt werden, fordern die Fraktionen von CDU und Grünen. Dies sei ein "zentrales Steuerungsinstrument für ein Gelingen der Wärmewende", heißt es in einem Antrag (Drs. 18/5411). Dabei sollten insbesondere kommunale Stadtwerke, vor Ort tätige Energieversorgungsunternehmen, Netzbetreiber und mögliche Bereitsteller und Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Expertise einbringen. Die Landesregierung solle Kommunen zu einer Wärmeplanung verpflichten. Der Antrag wurde mit den Stimmen von CDU, SPD, Grünen und FDP angenommen. Dagegen stimmte die AfD.

    Lebensmittelverschwendung

    24.8.2023 - SPD und FDP wollen etwas gegen Lebensmittelverschwendung unternehmen. Die größte Vergeudung finde sich bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern wieder. Hauptgrund sei das vielfach als Verfallsdatum missverstandene Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD), heißt es im gemeinsamen Antrag (Drs. 18/3287). Zudem behinderten rechtliche Hürden die Lebensmittelrettung: Wer Nahrungsmittel in den Verkehr bringe, müsse für ihren einwandfreien Zustand sorgen - ein Grund, warum Produkte kurz vor Ablauf des MHD aus den Regalen genommen würden. Die Fraktionen fordern die Landesregierung u. a. zu einer gezielten Verbraucheraufklärung auf, denn viele Lebensmittel seien bei richtiger Lagerung auch nach Ablaufdatum noch genießbar. Der Antrag wurde von CDU, Grünen und AfD abgelehnt.

    Grundsteuer

    24.8.2023 - Der Landtag hat über eine Große Anfrage der FDP-Fraktion zur Grundsteuerreform und die Antwort der Landesregierung beraten (Drs. 18/3443 und Drs. 18/4513). Die Fraktion kritisiert darin u. a. das vom Land übernommene Bundesmodell für die Berechnung. "Insgesamt ist die große Überforderung und Belastung der Bevölkerung durch das unnötig bürokratische Modell und dessen Administration ein zentrales Dauerärgernis bei den Steuerzahlern", heißt es. Bei der Rückläuferquote liege das bevölkerungsreichste Bundesland laut einem Medienbericht mit derzeit rund 66 Prozent auf dem bundesweit letzten Platz. Die Fraktion hatte insgesamt 200 Fragen gestellt. Die Antwort der Landesregierung umfasst mehr als 100 Seiten.

    Industriestrompreis

    24.8.2023 - Angesichts anhaltend hoher Energiepreise wird über die Einführung eines subventionierten Industriestrompreises für deutsche Unternehmen diskutiert. Auf Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen befasste sich auch der Landtag in einer Aktuellen Stunde mit dem Vorschlag. "Die alternativlose Ablehnung der Schaffung eines wettbewerbsfähigen Strompreises für energieintensive Unternehmen durch den Bundeskanzler stellt eine massive Gefährdung für Arbeitsplätze in Nordrhein- Westfalen dar", heißt es u. a. in dem Antrag (Drs. 18/5508). Wer den Industriestrompreis verspreche, müsse ihn auch liefern, sagte Dr. Jan Heinisch (CDU). Unternehmen, die Investitionen planten, erwarteten Verlässlichkeit. Es brauche dafür Konzepte, darunter den Industriestrompreis. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Wibke Brems argumentierte: NRW brauche die Industrie. Die Industrie brauche Planungssicherheit. Planungssicherheit entstehe mit dem Industriestrompreis. Also brauche NRW den Industriestrompreis. SPD-Fraktionschef Jochen Ott sagte: Dank Erneuerbarer Energien würden die Strompreise zum Ende des Jahrzehnts sinken. Nötig sei aber jetzt eine Lösung. Er kritisierte, Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) habe den eigenen CDU-Landesverband nicht vom Industriestrompreis überzeugen können. FDP-Fraktionschef Henning Höne sagte, Wettbewerbsfähigkeit könne man nicht "herbeisubventionieren". Von einem Industriestrompreis würde die Großindustrie, nicht aber der Mittelstand profitieren. Das Land brauche vielmehr "mutige Strukturreformen". Christian Loose (AfD) kritisierte eine dauerhafte Subventionierung des Strompreises als "sozialistisch". Staatliche Eingriffe wie der Kohle- und Atomausstieg hätten den Strompreis erst in die Höhe getrieben. Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) betonte, andere Länder subventionierten Strom viel stärker, als das in Deutschland der Fall sei. Eine NRW-Industrie, die im internationalen Wettbewerb stehe, sei vorübergehend auf vergünstigten Strom angewiesen.

    ID: LI230507

  • Laufende Gesetzgebung.
    Gesetzgebung
    S. 5 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Reihenfolge: Name des Gesetzes | Drucksache | Antragsteller | ggf. federführender Ausschuss | Beratungsstand

    Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2024 (Haushaltsgesetz 2024) | Drs. 18/5000 | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss

    Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung des Pensionsfonds des Landes Nordrhein-Westfalen (Pensionsfondsgesetz Nordrhein-Westfalen - PFoG) sowie zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften | Drs. 18/5467 | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss

    Gesetz zur Modernisierung des Gesetzes über die NRW.BANK und der Gesetze berufsständischer Versorgungswerke | Drs. 18/5349 | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss

    Elftes Gesetz zur Änderung des Flüchtlingsaufnahmegesetzes | Drs. 18/5350 | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Integrationsausschuss

    Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die Öffentlich bestellten Vermessungsingenieurinnen und -ingenieure in Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/4760 (Neudruck) | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Innenausschuss

    Zweites Gesetz zur Änderung des Gesetzes über die klinische und epidemiologische Krebsregistrierung im Land Nordrhein-Westfalen (LKRG NRW) | Drs. 18/5351 | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales

    Gesetz zur Ausführung des Gesetzes für einen besseren Schutz hinweisgebender Personen (Hinweisgeberschutzgesetz - HinSchG) und zur ergänzenden Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden, sowie zur Änderung des Landesbeamtengesetzes | Drs. 18/5468 | Landesregierung | 1. Lesung am 23. August 2023 | Überweisung an den Rechtsausschuss

    Gesetz betreffend den weiteren Aufbau der Medizinischen Fakultät in Ostwestfalen-Lippe und zur Änderung weiterer hochschulgesetzlicher Vorschriften | Drs. 18/4184 | Landesregierung | 2. Lesung am 24. August 2023 | verabschiedet

    Gesetz über den "Westdeutschen Rundfunk Köln" (WDR-Gesetz) | Drs. 18/3644 | AfD | 2. Lesung am 24. August 2023 | abgelehnt

    Fünftes Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuches in Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/4567 | CDU und Grüne | 3. Lesung am 25. August 2023 | verabschiedet

    Siebtes Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen | Drs. 18/4531 | Landesregierung | Innenausschuss | in Beratung

    Gesetz zur Übermittlung von Schülerinnen- und Schülerdaten am Übergang von der Schule in den Beruf (Schülerinnen- und Schülerdatenübermittlungsgesetz NRW) | Drs. 18/4532 | Landesregierung | Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales | in Beratung

    Gesetz zur Änderung der nordrhein-westfälischen Landesverfassung betreffend Gleichwertigkeit der beruflichen und der akademischen Bildung | Drs. 18/4278 | FDP | Hauptausschuss | in Beratung

    Zweites Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung 2018 | Drs. 18/4593 | Landesregierung | Ausschuss für Bauen, Wohnen und Digitalisierung | in Beratung Gesetz zur Änderung des Spielbankgesetzes NRW | 18/4341 | Landesregierung | Hauptausschuss | in Beratung

    ID: LI230508

  • Streit um Finanzen - Landtag beginnt Haushaltsberatungen.
    Plenarbericht;

    S. 6-7 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    23. August 2023 - Die Abgeordneten haben erstmals über die Finanzplanung der Landesregierung für das kommende Jahr beraten. Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (CDU) brachte den Entwurf für den Haushalt 2024 ein. Er sieht Ausgaben in Höhe von 101,9 Milliarden Euro vor und damit 7,2 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Eine Aufnahme neuer Schulden ist erneut nicht vorgesehen.
    Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (CDU) betonte, das Land stehe vor "gewaltigen Herausforderungen". Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges stünden die europäische Ordnung, aber auch die Gesellschaft vor grundsätzlichen Fragestellungen. Zugleich seien die finanziellen Handlungsspielräume eng. Das Selbstverständnis der Landesregierung sei, Probleme gemeinsam zu lösen und aus den Möglichkeiten das Beste für das Land und seine Menschen zu machen. Der Minister kritisierte zugleich die Arbeit der Bundesregierung. Die "endlosen Streitereien" der Ampelkoalition, "das Nicht-Lösen" von Problemen hätten zu großer Verunsicherung geführt. Den Haushaltsentwurf für 2024 nannte der Minister "solide, nachhaltig und generationengerecht". Trotz der "extrem engen Handlungsspielräume" investiere die Landesregierung in die Zukunft des Landes. Dabei hätten Kinder und Bildung Priorität. Allein dafür würden mehr als 38 Milliarden Euro im kommenden Jahr ausgegeben. Als weitere Schwerpunkte nannte Optendrenk u. a. die Unterstützung der Kommunen bei der Versorgung von Geflüchteten, die Bewältigung der Folgen des Ukraine-Krieges, die Digitalisierung, die Innere Sicherheit und den Klimaschutz.
    Die Politik der Landesregierung sei "rücksichtslos, chaotisch und familienfeindlich", entgegnete SPD-Fraktionschef Jochen Ott. Sie werde den Menschen in Nordrhein-Westfalen bei ihren Problemen nicht helfen. Dies zeige der geplante Haushalt. Aus Selbstbewusstsein sei Selbstgerechtigkeit geworden, aus Angst vor Verantwortung werde "Leugnung der Realität". Das Land habe "zu wenig Polizei, zu wenig Lehrerinnen und Lehrer, zu wenig Erzieherinnen und Erzieher". Für Eltern gebe es keine verlässliche Kinderbetreuung mehr, in den Schulen ereigne sich eine "Bildungskatastrophe", Kitas und Pflegeeinrichtungen drohe die Insolvenz. Die Kommunen müssten Steuern erhöhen, Schwimmbäder und Bibliotheken schließen, Spielplätze zurückbauen. Überall im Land brenne es, sagte Ott, "aber diese Koalition weigert sich zu löschen". Höchste Zeit werde es zudem für eine "anpackende Wohnungsbaupolitik". Das Land brauche wieder eine "politische Kultur der Verantwortung". Die Probleme seien groß, aber lösbar.

    "Priorität: Kinder und Jugendliche"

    "Wenn ich Ihre Rede zusammenfasse, habe ich das Gefühl, Nordrhein-Westfalen geht in zehn Minuten unter", erwiderte Thorsten Schick, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Vielmehr seien dem Haushalt dieselben Attribute wie dem Finanzminister zuzuschreiben: "seriös, kompetent und ehrlich". Die Herausforderungen bestünden im Fokussieren, Priorisieren und Transformieren. Die Landesregierung nehme sich der Themen an, bei denen die Bürgerinnen und Bürger Lösungen erwarteten: Infrastruktur, Klimaschutz und Ausbau der Erneuerbaren Energien sowie Sicherheit und Schaffung gleicher Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Als Beispiele nannte Schick die Krankenhausplanung und die Personalpolitik bei der Polizei mit jährlich 3.000 neuen Polizeianwärterinnen und -anwärtern. "Die Wahrheit ist auch: Wir können uns nicht alle Vorhaben erlauben", sagte der Abgeordnete - vor allem, wenn es an der Unterstützung des Bundes fehle wie bei den kommunalen Altschulden. Priorität im Haushalt hätten Kinder und Jugendliche.
    Henning Höne, FDP-Fraktionsvorsitzender, bezeichnete den Haushaltsentwurf als einen "Haushalt der verpassten Chancen". Ohne Mut und Risiko könne nichts Neues entstehen. "Ich glaube, der Staat muss bei seinen Kernaufgaben wieder schlagkräftiger werden", sagte er. Das erfordere, an anderer Stelle zu verschlanken und mehr auf Eigenverantwortung zu setzen. Was verteilt werde, müsse zuvor erwirtschaftet werden. Höne forderte einen Industrie-Konsens: einen politischen Konsens, dass Industrie in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft gewollt sei. Für kleine Unternehmen werde zu wenig getan. Schwarz-Grün mache eine "Politik für die Kämmerer, nicht für die Bürger": Bei der Grunderwerbsteuer habe die Landesregierung ihr Wort gebrochen. Höne kritisierte Kürzungen im Haushalt u. a. bei der Polizei und bei der Gewinnung von Kita-Personal. Den Altschuldenfonds bezeichnete er als einen "Vertrag zulasten Dritter" und attestierte der Landesregierung: "Sie laufen sehenden Auges in eine Überschuldungswelle der Kommunen."
    Das Haushaltsvolumen steige zwar um 7,2 Milliarden Euro an, dennoch sei der Etat "in vielen Bereichen geprägt von Einsparungen und notwendigen Priorisierungen", sagte Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems. Sie wies auf tiefgreifende Veränderungen und Krisen sowie die damit verbundenen Herausforderungen hin. Beispiele seien die Folgen der Klimakrise sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel. Digitalisierung und Automatisierung veränderten zudem "rasant Abläufe und Regeln unserer Wirtschaft und unseres sozialen Miteinanders". Hinzugekommen seien Pandemie, Ukraine- Krieg, Energiepreisanstieg und Inflation. Das alles zusammen präge den Landeshaushalt. Seine großen Themen seien Sicherheit, Schule, Kinder und Klimaschutz. Die Koalition übernehme Verantwortung und mache Nordrhein- Westfalen zukunftsfest, sagte Brems. Der Bund aber versuche, seine Haushaltslöcher zu stopfen, "indem er den Ländern und Kommunen das Fundament entzieht". Allein das "Entlastungspaket III" sorge in NRW für jährliche Mindereinnahmen von 4 Milliarden Euro.

    "Aussichten sind düster"

    Während die Wirtschaft in anderen G7-Staaten wachse, sei Deutschland in eine Rezession gerutscht, kritisierte AfD-Fraktionschef Dr. Martin Vincentz: "Die Aussichten für die Zukunft sind düster." Schwarz-Grün trage in Nordrhein- Westfalen zur Misere bei, statt sie zu lösen. Es fehlten Kita-Plätze, Brücken seien "hochgradig marode", Staus kilometerlang, Plätze in Pflegeheimen teuer. Die Bürokratie sei "überbordend". Zudem fehlten Fachkräfte und Investitionen in die Zukunft. "Wir waren mal ein reiches Land, mit Ihnen sind wir jetzt nachhaltig ruiniert", sagte der Abgeordnete an die Landesregierung gerichtet. Die Grenzen des Landes müssten besser geschützt werden. "Deutschland braucht eine Willkommenskultur - und zwar für Investitionen, technologischen Fortschritt und Leistung." Es müsse mehr für die Innere Sicherheit und gegen Kriminalität getan werden. Nordrhein-Westfalen müsse wieder zum "Motor Deutschlands" werden. Dafür stehe die AfD. "Wir sind gekommen, um Deutschland wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen."
    wib, zab, sow, tob

    Zusatzinformationen:
    Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2024 (Haushaltsgesetz 2024)" (Drs. 18/5000), "Finanzplanung 2023 bis 2027" (Drs. 18/1417); die Entwürfe wurden zur weiteren Beratung an den Haushalts- und Finanzausschuss (federführend) überwiesen.

    Eckdaten des Haushalts
    Der Entwurf der Landesregierung für den Haushalt 2024 hat ein Volumen von 101,9 Milliarden Euro und damit 7,2 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Nach Angaben von Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (CDU) ist erneut keine Aufnahme neuer Schulden vorgesehen. Die Landesregierung rechnet mit Steuereinnahmen in Höhe von 77,7 Milliarden Euro im Vergleich zu 74,4 Milliarden Euro in diesem Jahr. Die Personalausgaben betragen 34,5 Milliarden Euro (32,1). Die Summe der Investitionen steigt von 9,9 auf 10,8 Milliarden Euro. Schwerpunkte bei den Investitionen seien Bildung, Klimaschutz und Energiewende, erläuterte der Minister. Bei der Bildung belaufen sie sich demnach auf mehr als 38 Milliarden Euro. Geplant sei u. a. die Weiterentwicklung und Förderung der frühkindlichen Bildung.

    Systematik: 8200 Finanzverwaltung; 8300 Öffentlicher Haushalt

    ID: LI230503

  • Bunte Ideen zur "Heimat".
    S. 8 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    7. August 2023 - Der Präsident des Landtags, André Kuper, hat Anfang August den Startschuss für den Mal- und Bastelwettbewerb 2023/2024 an den nordrhein-westfälischen Grundschulen gestartet. Thema des Wettbewerbs ist dieses Jahr die "Heimat Nordrhein-Westfalen".
    "Mein Land Nordrhein-Westfalen: Malt oder bastelt, was für Euch Heimat bedeutet" - so lautet das Motto des Wettbewerbs. Beteiligen können sich wieder alle vierten Klassen der Grundschulen im ganzen Land.
    Präsident Kuper sagte zum Start des Wettbewerbs: "Mir liegt die Demokratiebildung von Kindern sehr am Herzen. Aus diesem Grund hat der Landtag ein umfangreiches Angebot auch für Grundschülerinnen und Grundschüler. Der jährliche Mal- und Bastelwettbewerb ist ein wichtiger Bestandteil. Ich möchte die Kinder und Lehrkräfte ermutigen, sich mit dem Landtag und der parlamentarischen Demokratie zu beschäftigen. Und ich freue mich auf die kreativen Ideen und Gedanken der jungen Bürgerinnen und Bürger zum Thema Heimat."
    Pro Klasse kann ein Bild oder eine Bastelarbeit beim Landtag eingereicht werden. Einsendeschluss ist der 31. Oktober 2023. Die Entscheidung fällt wie schon im Vorjahr das Präsidium des Landtags bestehend aus dem Präsidenten, Vizepräsident Rainer Schmeltzer, Vizepräsidentin Berivan Aymaz und Vizepräsident Christof Rasche.
    Es werden insgesamt 2.150 Euro an Preisgeldern für die Klassenkassen vergeben (Plätze eins bis vier). Die Siegerehrung findet voraussichtlich Anfang 2024 im Landtag statt.
    Im vergangenen Jahr hatten sich 91 Schulen mit 125 Bildern am damals noch reinen Malwettbewerb beteiligt. Das Thema lautete "Was wünscht Ihr Euch für das Jahr 2023?".
    Angesichts des russischen Angriffskriegs in der Ukraine spielte die Hoffnung auf Frieden eine sehr große Rolle in den Bildern der Kindern. Weitere Topthemen waren die Hoffnung auf ein Ende der damals noch akuten Corona- Pandemie sowie der Klima-, Natur- und Tierschutz. Aber auch sehr persönliche Bitten malten die Kinder, so der Wunsch nach einem eigenen Hund oder "besserer Schlaf für Mama". Den ersten Platz belegte die Klasse 4b der Pestalozzischule in Krefeld.
    red

    Zusatzinformation:
    Mehr Informationen:
    https://lt.nrw/malwettbewerb

    ID: LI230509

  • Landtag macht die Nacht zum Tag.
    S. 9 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    29. September 2023 - Es ist wieder soweit: Nach Corona-bedingter Pause findet am Freitag, 29. September 2023, im Landtag die "Parlamentsnacht" statt, zu der Präsident André Kuper alle Bürgerinnen und Bürger einlädt. Anlass ist das Jubiläum "35 Jahre Landtag am Rhein".
    Die Gäste erwartet ein buntes Programm aus Unterhaltung und Information, an dem sich auch die fünf im Landtag vertretenen Fraktionen mit eigenen Angeboten beteiligen.
    Geplant sind u. a. Talkrunden mit dem Präsidenten des Landtags, André Kuper, seiner Stellvertreterin und seinen Stellvertretern sowie Abgeordneten aller Fraktionen. Das "Haus der Geschichte Nordrhein-Westfalen" präsentiert sich mit einem "MuseumMobil". Der Petitionsausschuss, der "Kummerkasten" für Bürgerinnen und Bürger, stellt seine Arbeit vor. Und es gibt Informationen über den geplanten Erweiterungsbau des Landtags.
    Interessierte können sich die Wanderausstellung des Landtags für Schulen anschauen, eine Ausstellung zu den Kunstwerken des Landtags und die Fotos des Landtags-Wettbewerbs "NRW-Pressefoto". Sie erhalten Informationen über die Arbeit des Parlaments und der Abgeordneten sowie das Engagement der Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Europa. Im Plenarsaal finden Vorträge des Besucherdienstes statt. Eine Quiztour und Smartphone-Touren führen die Besucherinnen und Besucher durch das Landtagsgebäude.
    Der Düsseldorfer Künstler Jacques Tilly, bekannt für seine Karnevalswagen, gewährt in Talkrunden Einblicke in seine Arbeit. In Kooperation mit dem Literaturbüro NRW gibt es Poetry Slam zum Thema "Poetry for Future" und bei einer Benefizauktion kommen Gastgeschenke des Landtags für den guten Zweck unter den Hammer. Mit dabei sind auch der Zauberkünstler Yuta Maruyama und weitere Zauberkünstler des Apollo-Variétes. Für die Musik sorgen u. a. Ensembles des WDR-Sinfonieorchesters.
    Präsident Kuper sagt: "Das Landtagsgebäude am Rhein steht bis heute wie kaum ein zweites Parlamentsgebäude für die demokratischen Prinzipien von Transparenz und Bürgernähe. Mit seinen großen Glasfassaden und dem sich zur Stadt öffnenden Vorplatz erlaubt es den Blick hinein in das Herz der Demokratie. Und es verbindet die Abgeordneten zugleich mit den Bürgerinnen und Bürgern, in deren Auftrag sie alltäglich Entscheidungen für unser Zusammenleben treffen. Das Präsidium des Landtags, die Abgeordneten aller Fraktionen und ich ganz persönlich freuen uns, mit Ihnen das Jubiläum '35 Jahre Landtag am Rhein' und unsere Demokratie zu feiern."
    Der Neubau war am 2. Oktober 1988 feierlich eröffnet worden. Zuvor hatte der Landtag im Ständehaus in Düsseldorf getagt, das heute Sitz des Kunstmuseums "K21" ist. Das historische Gebäude hatte bereits von 1880 bis in die 1930er-Jahre als Parlamentsgebäude des Provinziallandtags der preußischen Rheinlande gedient und war nach dem Krieg ab 1949 der erste ständige Sitz des Landtags.
    Das Ständehaus war aber zu klein geworden und so wurde Ende der 1970er-Jahre beschlossen, ein neues Landtagsgebäude direkt am Rhein zu errichten - auf dem Gelände des früheren Berger Hafens.
    Auf den Seiten 10 bis 15 lesen Sie mehr über die Entstehungsgeschichte des Landtags am Rhein und seine Geschichte.
    red

    Zusatzinformation:
    Zur Parlamentsnacht erscheint eine Sonderausgabe von Landtag Intern, die ab dem 29. August 2023 online zur Verfügung steht:
    www.landtag.nrw.de Mehr Informationen zur Parlamentsnacht:
    https://lt.nrw/Parlamentsnacht2023

    ID: LI230510

  • Eine runde Sache am Rhein.
    S. 10-11 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Das Landtagsgebäude am Rhein gehört zu den beeindruckendsten Parlamentsneubauten der deutschen Nachkriegsgeschichte. Mit seiner kreisrunden Architektur fasziniert es jedes Jahr Tausende Besucherinnen und Besucher. Dem Neubau ging allerdings eine intensive Debatte voraus - bis am Ende ein Entwurf für einen repräsentativen Bau stand, der die Jury durch ein "Spiel mit Kreisen" überzeugte. Aber warum brauchte es überhaupt ein neues Parlamentsgebäude? Eine Spurensuche.
    Nein, so konnte es nicht weitergehen, da waren sich die Landtagsfraktionen von CDU, SPD und FDP einig. Die Räume im Düsseldorfer Ständehaus, wo der Landtag seit 1949 tagte, waren zu eng. Es mangelte an Büros für Abgeordnete, an Räumen für die Fraktionen, die Verwaltung, die Bibliothek, und vor allem mangelte es an Platz im Plenarsaal: Im 19. Jahrhundert, als das Rheinland noch unter preußischer Herrschaft stand, war der Saal des damaligen rheinischen Provinziallandtags für rund 80 Personen hergerichtet worden, die selten tagten. Jetzt aber, nach 1949, tummelten sich im fensterlosen Plenarsaal bei schlechter Akustik und trübem Licht mehrere hundert Menschen, darunter neben Abgeordneten auch Besucherinnen und Besucher sowie Pressevertreterinnen und -vertreter.

    Erweiterungsbau

    Die Frage nach Alternativen entwickelte sich zum Dauerthema im Landtag: Zwischen 1955 und 1972 gab es rund 80 Initiativen, die auf neue Baumaßnahmen zielten; mal sollte es ein Umbau sein, mal ein Anbau, dann wieder ein Neubau an einem anderen Standort. Auch weit gediehene Entwürfe wurden jedes Mal zu den Akten gelegt: Als 1977 beispielsweise ein Erweiterungsbau am Ständehaus entstehen sollte, machte sich eine Bürgerinitiative für den Erhalt der Grünanlagen am Schwanenspiegel stark. Das Projekt geriet ins Stocken. In den Jahren zuvor waren bereits neue Standorte etwa auf dem Düsseldorfer Messegelände oder an der Haroldstraße verworfen worden. Aus Platznot kam es zu Behelfslösungen; der Landtag war zeitweise in sieben Gebäuden untergebracht - für viele Abgeordnete, aber auch Mitarbeitende in der Verwaltung ein unhaltbarer Zustand. "Zuständehaus" wurde das Ständehaus laut einem Bericht des "Spiegel" deshalb auch genannt.
    Unruhe machte sich breit: Hans Koch, damals Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, forderte im Januar 1978 laut einem Zeitungsartikel, dass der Landtag nach Neuss umziehen solle, wenn in Düsseldorf keine Lösung gefunden werde. Der SPD-Abgeordnete Hans- Georg Vitt schlug vor, der Landtag solle nach Essen in die Villa Hügel verlegt werden. Die Stadt Köln unterbreitete sogar ein Angebot für ein Baugrundstück - bis die Stadt Düsseldorf schließlich ein Gelände ausfindig machte, das sich im Nachhinein als Glücksgriff herausstellen sollte: Der Berger Hafen, direkt am Rhein, sollte trockengelegt werden, um ein Areal für ein repräsentatives Landtagsgebäude herzurichten.
    Im Dezember 1978 beschloss der Hauptausschuss des Landtags, das rund 32.000 Quadratmeter große Grundstück zu kaufen. Wenig später legte der damalige Landtagspräsident Dr. Wilhelm Lenz ein Raumkonzept vor und erläuterte seine Vorstellungen zum Plenarsaal, dem Herzstück des parlamentarischen Geschehens: "Alle Abgeordneten, auch die Mitglieder der Landesregierung, sitzen in kreisförmiger Anordnung." Das Kreisrund des Raumes sollte mit der traditionellen Sitzordnung - dem Gegenüber von Parlament und Regierung - brechen und bei aller Verschiedenheit der Standpunkte einen parlamentarischen Debattenstil des Miteinanders prägen.
    Gut ein halbes Jahr später verpflichtete sich die Stadt, die Rheinuferstraße, die damals noch direkt vor dem Baugrundstück verlief, in einen Tunnel zu verlegen. Damit war der Weg frei für einen bundesweiten Architektenwettbewerb, der 1979 ausgeschrieben wurde. 58 Entwürfe wurden eingereicht, im Februar 1980 prämierte eine Jury die Sieger: Der erste Preis ging an das Architektenbüro Eller-Moser-Walter & Partner aus Düsseldorf.
    Ausgehend von der Forderung nach einem kreisrunden Plenarsaal machten die Architekten runde Formen zum wesentlichen Gestaltungsmerkmal des Parlamentsneubaus. "Wie eine geöffnete Blüte" habe das Bauwerk im Preisträgerentwurf ausgesehen, schrieb ein Journalist in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am 5. März 1980. Der Entwurf bestand aus 27 Ringen, Zylindern und Spangen - alle angeordnet um den runden Plenarsaal. Runde Fraktions- und Ausschusssäle umgaben den Plenarbereich wie Satelliten. Weitere Trakte mit Büroräumen waren schalenförmig um den Plenarsaal angeordnet.
    "Der Plenarsaal als ‚Kern‘ ist wie ein Fixstern von den Fraktionssälen und den Spiralformen der Abgeordnetenbereiche umrundet", schrieb Architekt Prof. Fritz Eller (1927-2018), der damals an der RWTH Aachen lehrte, rückblickend über die gestalterischen Ideen. Ein "Spiel mit Kreisen" habe ihm und seinen Architektenkollegen vorgeschwebt. "Wir versuchten, ein architektonisches Bild zu entwerfen, in dem der Sinn des Parlaments und das Wesen unserer Demokratie zum Ausdruck kommen." Das neue Gebäude sollte für Bürgernähe, Offenheit und Transparenz stehen - ein Grund dafür, warum so viel Glas verbaut wurde.

    Die Bagger rollen an

    Im April 1980 begannen die Vorbereitungen für den Bau: Zunächst wurde das Becken im aufgegebenen Berger Hafen mit Kies aufgeschüttet, anschließend rollten die Bagger an, um die Speicher, Lagerschuppen und Kräne abzubrechen. Die Stadt übergab das baureife Gelände im August 1981. Baubeginn war ein Jahr später, 1984 wurde Richtfest gefeiert, und es dauerte weitere vier Jahre, bis am 7. September 1988 das Landesparlament erstmals im neuen Gebäude tagte. Am 2. Oktober 1988 wurde der Landtag am Rhein offiziell eingeweiht - genau 42 Jahre, nachdem die nordrhein-westfälische Volksvertretung am 2. Oktober 1946 erstmals getagt hatte.
    Prof. Heinrich A. Große-Sender, damaliger Direktor des Landtags, würdigte den neuen Landtag kurz nach seiner Eröffnung in einer Broschüre: "Das neue Haus soll der heutigen Auffassung von Demokratie gerecht werden. Kontrollierbarkeit von Entscheidungsvorgängen, Transparenz und Bürgernähe sind daher wichtige Merkmale des Gebäudes." Bewusst sei auf "überkommene Symbolik von Herrschaftsmacht" verzichtet worden. "Das Gebäude thront nicht über der Stadt, sondern, eingebettet in einen Bürgerpark und nach Form, Höhe und Materialien stadtplanerisch in die Stadt integriert, präsentiert sich der Landtag als Haus der Bürger dieses Landes." Und da steht es noch immer, zwischen Rheinkniebrücke und Fernsehturm, eingebettet in den Bürgerpark - ein Bau, der Maßstäbe setzt.
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    Bildunterschriften:
    Das Bild zeigt das Baugelände im März 1981. Im Hintergrund zu sehen: die Rheinkniebrücke.
    Der damalige Landtagspräsident John van Nes Ziegler besucht im Februar 1983 die Baustelle im Berger Hafen.
    Das Bild zeigt die Baustelle im September 1984, zwei Monate vor dem Richtfest für den Neubau.
    Planungsmodell aus dem Jahr 1982 der Sieger des Architektenwettbewerbs zum Landtagsneubau.

    ID: LI230511

  • Von der Oper an den Rhein - Die Standorte des Landtags seit 1946.
    S. 12-13 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Das Landtagsgebäude am Rhein ist der vierte Sitz des nordrhein-westfälischen Parlaments seit seiner Konstituierung 1946. Nur rund anderthalb Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs legte die britische Militärregierung damals den Grundstein für eine demokratische Entwicklung an Rhein, Ruhr und Lippe. Eine Reise zurück in die Geschichte.
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    Opernhaus
    Am 2. Oktober 1946 kommt der Landtag zu seiner historischen ersten Sitzung im Düsseldorfer Opernhaus zusammen. Die britische Militärregierung hatte das Land im August gegründet. Dem ersten Landtag gehören je 100 von den Briten ernannte Abgeordnete aus dem Rheinland und Westfalen an, darunter Konrad Adenauer, der spätere erste Bundeskanzler. Das Opernhaus ist in der zerbombten Stadt der einzige Ort, der für eine feierliche Konstituierung infrage kommt. Das 1875 eröffnete Gebäude war durch Luftangriffe im November 1943 zwar stark beschädigt, aber nach dem Krieg provisorisch wieder hergerichtet worden.

    Henkel-Werke
    Ab dem 12. November 1946 werden die Henkelwerke in Düsseldorf-Holthausen zum provisorischen Sitz des Landtags. Die Abgeordneten tagen im Gesolei-Saal - 90 Plenarsitzungen finden hier statt. Die Arbeitsbedingungen sind schwierig: Nur die Landtagsmitglieder in der ersten Reihe haben Tische, die übrigen müssen ihre Sitzungsunterlagen auf den Knien ablegen. Zudem wird der Saal auch für werksinterne Veranstaltungen genutzt sowie von der britischen Besatzungsmacht für Filmvorführungen und von den Städtischen Bühnen für Theater- und Operettenaufführungen. Die Mehrfachnutzung führt dazu, dass Landtagssitzungen auch vorzeitig abgebrochen werden müssen.

    Ständehaus
    Im März 1949 wird das im Krieg stark zerstörte Ständehaus wieder eröffnet und zum ersten ständigen Sitz des Landtags. Das von 1876 bis 1880 erbaute Gebäude hatte von 1880 bis in die 1930er-Jahre den Provinziallandtag der preußischen Rheinlande beherbergt. Bereits nach wenigen Jahren stellt sich in dem Gebäude Raumnot ein, so dass ab 1959 immer neue Entwürfe für An- und/oder Aufbauten diskutiert werden. Schließlich fällt der Entschluss, einen neuen Landtag an anderer Stelle zu errichten. Heute ist im Ständehaus das Museum K21, eine Dependance der Kunstsammlung NRW, untergebracht.

    Landtag am Rhein
    Von 1982 bis 1988 dauert der Bau des Landtags am Rhein auf dem Gelände des früheren Berger Hafens. In einem bundesweiten Wettbewerb hatte sich das Architektenbüro Eller-Moser- Walter & Partner mit seinem Konzept durchgesetzt. Die Idee für den Entwurf stammte von den Abgeordneten: Sie wollten einen kreisrunden Plenarsaal, einen Ort, an dem alle zusammenkommen und vom eigenen Platz aus mit den anderen sprechen können. Am 2. Oktober 1988 wird der Parlamentsneubau eröffnet - auf den Tag genau 42 Jahre nach der ersten Sitzung des Parlaments im Düsseldorfer Opernhaus.

    Bildunterschriften:
    Der Landtag am Rhein
    Opernhaus
    Gesolei-Saal im Jahr 1948
    Ständehaus im Februar 1997

    ID: LI230512

  • Der Landtag in Zahlen.
    S. 14-15 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Der Landtag am Rhein beeindruckt seit 35 Jahren mehr als 100.000 Besucherinnen und Besucher pro Jahr durch seine Einzigartigkeit. Dabei steht der kreisrunde Plenarsaal im Mittelpunkt des Gebäudes. Landtag Intern stellt das Gebäude in aktuellen Zahlen vor.

    Grundstücksgröße:
    30.064 m2

    Höhe:
    21 m

    Breite:
    105 m

    Verbauter Sandstein innen und außen, rund:
    10.000 m2

    Fensterfläche:
    28.536 m2

    Fenster:
    2.124

    Türen:
    2.377

    Büroräume:
    590

    Sitzungsräume:
    25

    Toilettenräume:
    43

    Aufzüge:
    14

    Sitzplätze im Restaurant:
    380

    Parkplätze in der Garage:
    787

    Der Plenarsaal
    Größe:
    725 m2

    Durchmesser:
    30 m

    Sitzplätze für Abgeordnete:
    195

    Sitzplätze für Präsident, Schriftführer und Landtagsverwaltung für die Sitzungsleitung:
    5

    Sitzplätze für die Landesregierung:
    44

    Größe der Zuschauertribüne:
    413 m2

    Plätze der Zuschauertribüne:
    336

    ID: LI230513

  • Gemeinsam für eine starke Demokratie.

    S. 16 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    18. - 20. Juni 2023 - Der Kampf gegen zunehmende antidemokratische Tendenzen und die Stärkung der parlamentarischen Demokratie standen im Mittelpunkt der Landtagspräsidentenkonferenz im Juni 2023, zu der der Präsident des Landtags Nordrhein-Westfalen, André Kuper, eingeladen hatte.
    Unter Vorsitz von Präsident Kuper kamen die Spitzen der 30 Parlamente aus Deutschland, Österreich, Südtirol und der deutschsprachigen Gemeinschaft in Belgien in Ostwestfalen- Lippe zusammen. Nach intensiven Debatten beschlossen die Parlamentsspitzen die "Westfälische Erklärung".
    Die Westfälische Erklärung richte den Blick auf die parlamentarische Demokratie als Ganzes, "die gegenwärtig zunehmend unter Druck gerät", heißt es darin. "Symptome dieser Entwicklung sind sinkende Wahlbeteiligung, zunehmende politische Polarisierung, Ablehnung demokratisch erzielter Kompromisse und offen zur Schau gestellte Abneigung gegen demokratische Institutionen."
    Die Erklärung bündelt zahlreiche konkrete Maßnahmen der politischen Bildung, um die Demokratie zu stärken. So soll jährlich der 15. September, der Internationale Tag der Demokratie, in allen Ländern begangen und auf die Stärke der Demokratie hingewiesen werden.
    Präsident Kuper betonte: "Unser Zusammenleben in Frieden und Freiheit, in staatlicher Einheit und gesellschaftlicher Vielfalt ist alles andere als selbstverständlich. Die Präsidentinnen und Präsidenten sind und bleiben entschlossen: Es gibt nur einen zukunftsweisenden Weg, den historischen Lehren und den gegenwärtigen Gefahren für unsere Lebensweise zu begegnen: Das ist der Einsatz für die parlamentarische Demokratie und die Werte, die sie stärken. Wir engagieren uns im Politischen wie im Persönlichen für den Zustand unserer Demokratie: um ihrer guten Zukunft willen, um der Menschen willen, um der Zukunft unserer Kinder und Kindeskinder willen."
    Als Gastredner der Konferenz war der frühere Bundespräsident Dr. Joachim Gauck nach Ostwestfalen gekommen. Er wies auf den Zusammenhang von Freiheit und Verantwortung hin und sagte, die Demokratien würden von außen und innen bedroht - von Diktatoren, die westliche Freiheit ablehnten, und von innen von Extremisten.
    Die Politik müsse den Menschen Antworten geben, die sich durch die Moderne, durch die Transformationsprozesse von Klimawandel und Digitalisierung, überfordert fühlten. Gauck betonte: "Deutschland ist heute eine funktionierende Demokratie mit rechtstreuen Menschen und rechtstreuen Institutionen. Viele halten das für selbstverständlich, das ist es aber nicht."
    Auf der Konferenz stellten Wissenschaftler Studien vor, die Grundlage der "Westfälischen Erklärung" sind. Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte hatte erforscht, warum Bürgerinnen und Bürger nicht an Wahlen teilnehmen. Als Gründe nannte er u. a. fehlende Kenntnisse über die Demokratie und die Landespolitik, Frustration, keine Änderungen herbeiführen zu können, und eine geringe Politik-Passion. Eine Studie der Bertelsmann- Stiftung zu Verschwörungsnarrativen kam zu dem Ergebnis, dass etwa 12 Prozent der Befragten Verschwörungstheorien anhängen und fast ein Drittel der Befragten glaubt, dass geheime Organisationen Einfluss auf die Politik hätten.

    Besuch in Gedenkstätte

    Ein weiteres Thema der Konferenz war die Erinnerungs- und Gedenkkultur der Landesparlamente bei der Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus, der Bekämpfung von Antisemitismus oder der Förderung jüdischen Lebens. Die Präsidentinnen und Präsidenten besuchten dazu auch die Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne in Schloß Holte-Stukenbrock, ein ehemaliges Kriegsgefangenenlager der Wehrmacht.
    Die regelmäßigen Spitzentreffen der Parlamente dienen der Koordination und dem Erfahrungsaustausch. Die Präsidentinnen und Präsidenten erörtern unter jährlich wechselnder Federführung neben aktuellen Themen Fragen des Föderalismus sowie die Position der Landesparlamente zu europäischen Themen. Im Wechsel nehmen auch die deutschsprachigen Landtage aus Österreich, Südtirol und der deutschsprachigen Minderheit in Belgien teil.
    Unter Vorsitz von André Kuper fanden zwei Tagungen der Präsidentinnen und Präsidenten statt: vom 22. bis 23. Januar 2023 in Brüssel und vom 18. bis 20. Juni 2023 im Kreis Gütersloh. Auch die Direktorinnen und Direktoren der Parlamente tagten zweimal in Nordrhein-Westfalen, in Bonn und in Dortmund.
    red

    Bildunterschriften:
    Präsident André Kuper (re.) mit dem früheren Bundespräsidenten Dr. Joachim Gauck
    Die Präsidentinnen und Präsidenten der deutschsprachigen Parlamente konferierten drei Tage lang in Ostwestfalen.

    Zusatzinformation:
    Mehr zur "Westfälischen Erklärung" unter https://lt.nrw/LPK

    Systematik: 1010 Staatsaufbau

    ID: LI230504

  • Sexualisierte Gewalt und Kirche.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 17-18 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    10. August 2023 - Wie können Kinder und Jugendliche vor sexualisierter Gewalt im kirchlichen Umfeld geschützt werden? Was haben die Kirchen bereits unternommen? Wie kann die Aufarbeitung beschleunigt und optimiert werden? Um diese und weitere Fragen ging es in einer Sachverständigenanhörung der Kinderschutzkommission.
    Sexualisierte Gewalt komme "in allen Milieus, in allen Entwicklungsstufen und in allen Lebensabschnitten vor", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Katholischen Büros Nordrhein-Westfalen für die Kommission. "Asymmetrische Machtbeziehungen" seien einer der wichtigsten begünstigenden Faktoren. Die Bistümer in Nordrhein-Westfalen hätten 2011 eine "einheitliche Präventionsordnung zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und schutz- oder hilfebedürftigen Erwachsenen vor sexueller Gewalt" erlassen. Sie gelte für alle Kirchengemeinden, kirchlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Alten-, Kranken- und Behindertenhilfe. Seit 2022 benenne sie zusätzliche Aufgaben für die Leitungsverantwortlichen, die diözesanen Fachstellen, alle Einrichtungen sowie alle Ehren- und Hauptamtlichen. Vorgeschrieben seien u. a. Schulungen und Schutzkonzepte.
    Alle fünf Bistümer hätten eigene, weisungsungebundene Interventionsstellen eingerichtet. Sie seien zuständig für die Bearbeitung von (Verdachts-)Fällen einschließlich des kirchlichen Voruntersuchungsverfahrens, die Aufarbeitung von Altfällen und die "Umsetzung des Verfahrens zur Anerkennung des Leids". Übergeordnetes Ziel sei es, "die Interessen und den Schutz der Betroffenen vor die Interessen der kirchlichen Organisation zu stellen".
    Die "Katholische Landesarbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Nordrhein-Westfalen" spricht in ihrer Stellungnahme ebenfalls die "vorliegenden Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse" an. Reformvorschläge würden allerdings "immer wieder durch einige Bistümer und/oder durch Stellungnahmen aus Rom blockiert". Der "kirchlichen Sexualmoral als begünstigendem Faktor" könne neben Reformen u. a. durch einen größeren Fokus auf die Sexuelle Bildung entgegengewirkt werden. Es sei wichtig, "eine Sprachfähigkeit über Sexualität herzustellen". Erst wenn Angst und Scham einem offenen sprachlichen Umgang mit dem Thema wichen, könnten auch "übergriffige Situationen" angesprochen werden.

    "Wahrnehmbare Anstrengungen"

    Die katholische Kirche habe in den vergangenen zehn Jahren "wahrnehmbar Anstrengungen unternommen", um Maßnahmen zur Prävention von Gewalt und Missbrauch zu entwickeln, so Simon Friede, Interventionsbeauftragter im Bistum Essen, in seiner Stellungnahme. Ein wichtiger Aspekt sei dabei die Etablierung von Ansprechpersonen: "Sie agieren weisungsunabhängig von den kirchlichen Hierarchien und sind damit in der Lage, neutral und objektiv zu handeln." Dieser Prozess sei aber noch nicht abgeschlossen: "Die Kirche wird stets sicherstellen müssen, dass diese unabhängigen Instanzen über ausreichende Ressourcen, Vollmachten und Expertise verfügen, um ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen." Es sei wichtig, staatliche und kirchliche unabhängige Kontroll- und Aufsichtsmechanismen einzurichten, um die Umsetzung der Präventions- und Interventionsmaßnahmen zu überwachen. Prävention, Intervention und Aufarbeitung dürften "niemals allein in der Verantwortung betreffender Institutionen liegen". Der Interventionsbeauftragte wies - wie andere Sachverständige ebenfalls - auf die Einbindung Betroffener hin. Erst deren Einbeziehung könne "ein Verständnis dafür ermöglichen, wie sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen möglich ist, wann Prävention wie hätte wirken können und wie eine wirksame Aufarbeitung zu gestalten ist". Erst ihre Einbeziehung in den Aufarbeitungsprozess schaffe "Raum für Heilung und Versöhnung". Zwar stünden derzeit die Kirchen im Mittelpunkt der Debatte, "aber gerade, wenn es um Kinder und Jugendliche geht, gibt es eine staatliche Mitverantwortung", schreibt die "Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs" (Berlin) in ihrer Stellungnahme. Die Kommission wurde 2016 aufgrund eines Bundestagsbeschlusses einberufen. Die Sicherung der Kinderrechte sei eine staatliche Pflichtaufgabe und könne nicht delegiert werden. Diese Aufgabe gelte es auch gegenüber kirchlichen Institutionen konsequent wahrzunehmen. Der Staat müsse klare und einklagbare Regeln schaffen, die die notwendige Unabhängigkeit von Aufarbeitung sichere. Nordrhein-Westfalen brauche ein Landesgesetz zur Aufarbeitung sexualisierter Gewalt und zur konsequenten Entwicklung von Schutzkonzepten und Präventionsmaßnahmen. Einzurichten seien u. a. das "Amt eines unabhängigen Missbrauchsbeauftragten", ein Betroffenenbeirat und eine unabhängige Aufarbeitungskommission mit Fachleuten aus Rechtswissenschaften, Pädagogik, Psychologie/Psychotherapie, Soziologie und Medizin.

    Fortbildungspflicht

    In den drei evangelischen Landeskirchen auf dem Gebiet Nordrhein-Westfalens sowie für das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe seien 2020/2021 Kirchengesetze zum Schutz vor sexualisierter Gewalt verabschiedet worden, heißt es in der schriftlichen Stellungnahme des Evangelischen Büros NRW. Es handle sich um "flächendeckende und verbindliche Vorgaben". Dazu gehörten u. a. die Vorlage erweiterter Führungszeugnisse für alle beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitenden, konsequenter Tätigkeitsausschluss bei strafrechtlicher Verurteilung sowie Schutz- und Schulungskonzepte. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seien "kirchengesetzlich zur Teilnahme an Fortbildungen zum Thema ‚Schutz vor sexualisierter Gewalt‘ verpflichtet". Kirchenleitungen, Kreissynodal- und Verbandsvorstände, Presbyterien und Einrichtungsleitungen seien verpflichtet, für Fortbildungsangebote zu sorgen - und auch dafür, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter teilnähmen.
    Obwohl bereits wichtige Maßnahmen ergriffen worden seien, blieben weitere Anstrengungen erforderlich, schreibt die Fachstelle "Aktiv gegen sexualisierte Gewalt" der Diakonie Deutschland in ihrer Stellungnahme. Das Signal, dass es bei Fragen der Prävention und Intervention im Zusammenhang mit sexualisierter Gewalt "dauerhafter und kontinuierlicher Anstrengungen" bedürfe, sei noch nicht bei allen Leitenden der kirchlichen und diakonischen Einrichtungen angekommen.
    zab

    Zusatzinformation:
    Alle eingegangenen schriftlichen Stellungnahmen finden Sie unter www.landtag.nrw.de.

    Systematik: 5030 Kinder/Jugendliche; 5020 Sexualität; 7300 Religionsgemeinschaften

    ID: LI230505

  • Quik, Charlotte (CDU); Dr. Maelzer, Dennis (SPD); Creuzmann, Norika (Grüne); Hafke, Marcel (FDP); Prof. Dr. Zerbin, Daniel (AfD)
    Standpunkte: Gewalt im kirchlichen Raum.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 18-19 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Sexualisierte Gewalt im kirchlichen Umfeld ...

    Charlotte Quik (CDU) ... muss weiter schonungslos und transparent aufgearbeitet werden. Kinder und Jugendliche vor Missbrauch zu schützen, ist darüber hinaus eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Seitens der Kirchen wurden in den vergangenen Jahren deutliche Anstrengungen unternommen, um Maßnahmen zur Prävention von Gewalt und Missbrauch zu entwickeln.
    Dr. Dennis Maelzer (SPD) ... ist Teil eines gesamtgesellschaftlichen Problems. Überall dort, wo mit Kindern gearbeitet wird oder Kinder Zeit verbringen, kann es zu sexualisierter Gewalt kommen. Im kirchlichen Raum gibt es aber Faktoren, die begünstigend wirken können: moralische Grundsätze, die das Gespräch über Sexualität zum Tabu machen, oder asymmetrische Machtverhältnisse. Diese gilt es offenzulegen und dafür zu sensibilisieren.
    Norika Creuzmann (Grüne) ... wurde in der Vergangenheit immer wieder öffentlich und macht uns betroffen. Gerade dort, wo christliche Werte und seelsorgerische Arbeit im Vordergrund stehen sollten, gerade dort, wo Kinder und Jugendliche Schutz genießen sollten, wurden Verbrechen verübt - ob in Gemeinde, Heim, Internat oder Schule. Und obwohl Taten zum Teil anerkannt werden, funktioniert die Aufarbeitung nicht immer gut.
    Marcel Hafke (FDP) ... zeigt, dass Kinder und Jugendliche überall der Gefahr der sexualisierten Gewalt ausgesetzt sind. Die Kirchen dürfen die Augen davor nicht verschließen. Sie müssen sich dem Problem stellen. Seit dem Bekanntwerden der Missbrauchsfälle ist viel passiert, jedoch nicht genug. Nach wie vor gibt es keine flächendeckenden Schutzkonzepte. Das muss sich ändern.
    Prof. Dr. Daniel Zerbin (AfD) ... ist ein abscheulicher Missbrauch von bestehenden Macht-und Abhängigkeitsbeziehungen und widerspricht zutiefst dem, was Kirche sein sollte: ein geschützter Raum und Zufluchtsort für alle Personen. Leider sind insbesondere in der Vergangenheit Missbrauchsfälle viel zu oft vertuscht und Opfer stigmatisiert worden. Deshalb muss neben der Aufarbeitung vor allem die Prävention oberste Priorität sein.

    Betroffene ...

    Charlotte Quik (CDU) ... lässt das Erlebte oft ein Leben lang nicht mehr los. Umso entscheidender ist es, dass ihnen geglaubt wird und sie in den institutionellen Aufarbeitungsprozess einbezogen werden. Nur so können Schlüsse daraus gezogen werden, wie sexueller Missbrauch von Kindern und Jugendlichen möglich wird und im Anschluss angemessene Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, Missbrauch zu verhindern.
    Dr. Dennis Maelzer (SPD) ... müssen die Chance haben, ihre Erfahrungen und ihr Wissen zur Verfügung zu stellen und vor allem nutzbar zu machen. Nur so können wir lernen. Aufarbeitung von Missbrauch und die Erarbeitung von Präventionskonzepten sind ohne den Blickwinkel Betroffener undenkbar. Um die Betroffenenperspektive starkzumachen, wollen wir einen Betroffenenrat für Nordrhein-Westfalen.
    Norika Creuzmann, (Grüne) ... und ihre Perspektiven müssen bei der Aufarbeitung und Prävention berücksichtigt werden. Menschen, die Missbrauch im kirchlichen Umfeld erleben mussten, haben ein Recht darauf, dass die Gewalt, die ihnen zugefügt wurde, aufgearbeitet wird, sie in den Aufarbeitungsprozess einbezogen werden und die Täterinnen und Täter nicht weiterhin gedeckt, sondern bestraft werden.
    Marcel Hafke (FDP) ... müssen in der Politik und in der Gesellschaft Gehör finden. Die Erfahrungen von Betroffenen können helfen, Kinder und Jugendliche besser vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Gleichzeitig muss ihr Leid anerkannt und es muss sichergestellt werden, dass sie die Hilfe und Unterstützung erhalten, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen.
    Prof. Dr. Daniel Zerbin (AfD) ... müssen in sämtliche Prozesse der Prävention, Intervention und Aufarbeitung stets eingebunden werden und die Möglichkeit bekommen, ihre Erfahrungen und Sichtweisen aktiv einbringen zu können. Hierbei ist die Einrichtung eines Betroffenenrates für Opfer sexuellen Missbrauchs, den wir als AfD-Fraktion bereits in der Vergangenheit gefordert haben, unerlässlich.

    Präventionskonzepte ...

    Charlotte Quik (CDU) ... und Interventionsstrategien müssen kontinuierlich überprüft und verbessert werden, damit Kinder und Jugendliche in ihrer Lebenswirklichkeit geschützt sind. Gleichzeitig müssen sie bei der Präventionsarbeit beteiligt werden. Jedes Präventionskonzept muss darauf abzielen, ein Umfeld zu schaffen, in dem Kinder und Jugendliche sich sicher und unterstützt fühlen.
    Dr. Dennis Maelzer (SPD) ... können nur wirken, wenn sie gelebt werden und nicht als Aktenordner im Schrank verstauben. Das ist insgesamt eine Haltungsfrage und eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der alle gemeinsam arbeiten müssen. Es gibt hier einige gute Beispiele, auch im kirchlichen Raum, die wir immer wieder hervorheben müssen, damit Prävention im Gespräch bleibt.
    Norika Creuzmann, (Grüne) ... braucht es überall, wo Kinder und Jugendliche ein- und ausgehen. Ein wichtiger Schritt für Institutionen und Einrichtungen sind Schutzkonzepte, die auf einer Potenzial- und Risikoanalyse beruhen. So kann sexuelle Gewalt idealerweise verhindert werden. Bei Missbrauchsverdacht oder -fällen können Ehrenamtliche sowie Beschäftigte Handlungssicherheit erlangen und Betroffene besser unterstützt werden.
    Marcel Hafke (FDP) ... sind eine Grundvoraussetzung, um Kinder und Jugendliche zu schützen. Diese müssen fachlichen Standards entsprechen und auch in der Praxis gelebt werden. Wirksame Präventionskonzepte müssen langfristig in allen Institutionen etabliert werden, in denen sich Kinder und Jugendliche aufhalten. Institutionen dürfen mit dieser Aufgabe aber nicht alleine gelassen werden.
    Prof. Dr. Daniel Zerbin (AfD) ... sind zentrale Bausteine, wenn es um den Schutz von Kindern und Jugendlichen geht. Dafür ist es notwendig, dass diese auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt und fortwährend auf ihre Qualität hin überprüft werden. Allerdings wird selbst das beste Schutzkonzept keinem Kind helfen, wenn es nicht zur Anwendung kommt. Deshalb gilt es, unabhängige Kontroll- und Sanktionsmechanismen zu etablieren.

    Die Aufarbeitung ...

    Charlotte Quik (CDU) ... muss weiter konsequent und lückenlos fortgesetzt werden, damit verlorengegangenes Vertrauen in die Kirche neu aufgebaut werden kann. Eine wirksame Aufarbeitung muss sich vor allem an den Bedürfnissen der Betroffenen orientieren. Ebenso wichtig ist es, dass die Institution und ihre Verantwortlichen ihr eigenes Versagen und das Leid der Betroffenen anerkennen.
    Dr. Dennis Maelzer (SPD) ... muss nachhaltig und vor allem unabhängig erfolgen. Opfer und Öffentlichkeit sind mit dem bisherigen Aufarbeitungsprozess der Kirchen häufig nicht zufrieden. Der Staat muss deshalb jetzt die Verantwortung übernehmen und dafür Sorge tragen, dass Aufarbeitung nach einheitlichen Standards erfolgt. Eine unabhängige Kommission auf gesetzlicher Grundlage wäre hier der Weg.
    Norika Creuzmann, (Grüne) ... ist überfällig und die Institutionen übernehmen so Verantwortung gegenüber den Betroffenen. Gleichzeitig ist sie wichtig, damit nicht nur Täterinnen und Täter identifiziert werden, sondern auch Fehler von Verantwortlichen und blinde Flecken. Das ermöglicht, Maßnahmen und Mechanismen einzurichten, um Kinder und Jugendliche besser zu schützen und zu verhindern, dass sich Unrecht wiederholt.
    Marcel Hafke (FDP) ... ist enorm wichtig: Denn der Blick in die Vergangenheit bringt uns Wissen für die Zukunft. Sie muss daher konsequent durchgeführt werden. Sie muss unabhängig und transparent sein und darf nicht dem Schutz von Institutionen untergeordnet werden. Wir müssen eine Fehlerkultur entwickeln und aus gemachten Fehlern die Lehren ziehen.
    Prof. Dr. Daniel Zerbin (AfD) ... ist zu allererst ein individueller Prozess. In welcher Art und Weise diese gestaltet werden soll, muss jede betroffene Person für sich selbst entscheiden können. Wir als Land NRW haben allerdings die Pflicht, einen rechtlichen Rahmen mit notwendigen Standards festzulegen, auf dessen Grundlage Aufarbeitung stattzufinden hat. Der Einbezug der Betroffenenperspektive ist hier unentbehrlich.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230514

  • CDU-Landtagsfraktion Nordrhein-Westfalen
    CDU-Fraktion lädt zu Vernissage ein.
    Aus den Fraktionen
    S. 20 in Ausgabe 5 - 29.08.2023

    Kunst und Sport als lebendige Symbiose: Dafür stehen die Werke des Kölner Künstlers Dr. Jens Enneper. Mit Sportschuhen als Zeitzeugen und der Dynamik von Farbe weckt der Mediziner, Sportler und Künstler Erinnerungen an große sporthistorische Ereignisse und Persönlichkeiten, die einen Bezug zu Nordrhein-Westfalen haben. Bereits mit vorangegangenen Ausstellungen lud Jens Enneper seine Gäste ein, sich auf den Kontrast zwischen stiller Kunst und dynamischer Bewegung einzulassen - sowie die sportliche Geschichte hinter seinen Bildern zu entdecken. Am Mittwoch, 30. August, eröffnet er um 18 Uhr seine Ausstellung "ARTletics.NRW" im Foyer der CDU-Landtagsfraktion.
    "Es wird eine tolle Ausstellung im hohen Haus, die Kunst und Sport miteinander verbindet. Wir tragen täglich Schuhe und legen viele Wege damit zurück. Dass Schuhe auch mit einem besonderen Moment in Verbindung gebracht werden können, zeigt die Ausstellung in den kommenden Wochen in Düsseldorf ", sagt Jens-Peter Nettekoven, sportpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion.
    Bis zum 15. Oktober kann die Ausstellung nach Terminvereinbarung während der Öffnungszeiten des Landtags besucht werden. Sie findet statt mit Unterstützung der Dr. Jens Enneper Stiftung "mal bewegen" und des Deutschen Sport & Olympia Museums.

    Beiträge in alleiniger Verantwortung der Fraktionen

    ID: LI230515

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Die Fraktionen im Landtag NRW