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  • Mehr Chancen durch Frauenquote?
    Führungspositionen sind in Europa immer noch eine Domäne der Männer.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 13 in Ausgabe 3 - 23.02.2011

    21. Januar 2011 - Frauen erreichen seit den 90er-Jahren im Durchschnitt höhere Bildungsabschlüsse als Männer, mehr junge Frauen als Männer beginnen ein Studium. Aber an der Tür von Aufsichtsräten endet häufig ihre Karriere. Die Regelungen der Gleichstellungsgesetze des Bundes und der Länder seien "zu weich", meint die CDU-Landtagsfraktion. Sie fordert daher "Geteilte Macht - Geschlechterausgewogenheit in den Aufsichtsratsgremien signifikant stärken" (Drs. 15/472). Der Ausschuss für Frauen, Gleichstellung und Emanzipation (Vorsitz Bärbel Beuermann, Linke) erörterte den Antrag in einer öffentlichen Anhörung mit Sachverständigen. Schwerpunkt der Debatte: Ist eine gesetzliche Frauenquote der richtige Lösungsweg?
    Große, börsenorientierte Unternehmen sollen sich in der EU freiwillig verpflichten, bis 2015 rund 30 Prozent und bis 2020 an die 40 Prozent der Aufsichtsratsposten mit Frauen zu besetzen. Eine entsprechende verbindliche Vereinbarung will jedenfalls EU-Kommissarin Viviane Reding mit diesen Unternehmen noch im Jahr 2011 treffen. Sollte kein Fortschritt erzielt werden, denkt Reding an eine gesetzliche Frauenquote auf europäischer Ebene. Das erklärte Dr. Daniela Bankier, Leiterin der Abteilung für Gleichstellung von Frauen und Männern bei der EU-Kommission. "Vizepräsidentin Reding ist besorgt über den mangelnden Fortschritt auf dem Gebiet von Frauen in Führungspositionen in Europa", so Bankier. Unter zehn Aufsichtsratsmitgliedern sei nur eine Frau, geführt werde ein solches Gremium meist von einem Mann. Als Vorbild bei der Umsetzung der Chancengleichheit in Führungspositionen nannte die Expertin Norwegen. Das Land habe 2006 eine gesetzliche Quote eingeführt, nach der bis 2008 mindestens 40 Prozent Frauen in Aufsichtsräten vertreten sein müssten. Wenn dies nicht gelinge, drohten Geldstrafen oder sogar die Auflösung des betroffenen Unternehmens. Dänemark, Finnland, Irland und Island hätten seit dem Jahr 2000 dank der Frauenquote das Geschlechtergleichgewicht zumindest schon in Aufsichtsräten staatlicher Unternehmen erreicht, berichtete die EU-Vertreterin. Deutschland liege mit einer inoffiziellen Quote von zwölf Prozent im europäischen Durchschnitt.

    "Quotenfrau"

    Über den Nutzen einer Frauenquote und vor allem die Bezeichnung gingen die Meinungen im Ausschuss auseinander. Verena Schäffer, Sprecherin der Grünen, warnte davor, eine "Quotenfrau" zu schaffen, wollte in der Debatte zudem die Frage der Vereinbarkeit von Familie und Beruf für Frauen geklärt wissen. "Die Frage ist doch, wie ich die gesellschaftlichen Normen ändern kann", regte auch Andrea Milz (CDU) an. Noch immer würden Karrierefrauen als "Rabenmütter" angesehen und Männer in Elternzeit "belächelt".
    Nach Ansicht von Monika Schulz-Strelow, Präsidentin des Berliner Vereins "Frauen in die Aufsichtsräte", ist eine gesetzlich geregelte Quote "unverzichtbar". "Durch die Selbstverpflichtung der Unternehmen seit 2001 ist nichts passiert, deshalb muss man den Druck verstärken", so Schulz-Strelow. Nordrhein- Westfalen müsse dabei auf öffentliche und private Einrichtungen blicken. "Deutschland hinkt hier sogar Russland, China und Brasilien hinterher", betonte Carmen Tietjen vom Deutschen Gewerkschaftsbund und plädierte für die Einführung der Frauenquote. "Wenn es um Geld und Macht geht, passiert ohne gesetzliche Regelungen und Sanktionen nichts", ergänzte Ramona Pisal vom Deutschen Juristinnenbund Berlin.
    Stefan Jauernig schlug ebenfalls vor, eine "Geschlechterquote" gesetzlich festzulegen. Er selbst habe sich bei der IHK Köln dafür eingesetzt, dass Frauen 2010 erstmals in der 200-jährigen Geschichte der Kammer auch in das Präsidium gewählt wurden.
    Die SPD-Sprecherin Gerda Kieninger riet davon ab, sich von der Höhe der Quote beeinflussen zu lassen. Zu klären sei aber die Frage der Sanktionen für Unternehmen bei Verstößen. Auch der Leiter des Instituts für Unternehmensführung der Universität Kiel, Prof. Dr. Haben Lindstädt, sprach sich dafür aus, solche Verstöße im Gesetz zu verankern, zumal die freiwillige Vereinbarung mit der deutschen Wirtschaft nicht die erhoffte Wirkung erzielt habe. Aus seiner Sicht ergebe sich die "völlig unbefriedigende Repräsentanz von Frauen in Aufsichtsräten daraus, dass sie schon in den Managementpositionen der Unternehmen nur in geringem Maß vertreten sind". An mangelnder Qualifikation liege das sicher nicht.
    Als unangemessenen Eingriff in die Wirtschaft bezeichneten dagegen die Wirtschaftsjunioren Deutschland eine Frauenquote. Sie forderten vielmehr die Unternehmen auf, "die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass auch Frauen mit Verantwortung für Familien Aufstiegschancen haben".
    Andrea Stockhausen

    Systematik: 5040 Frauen; 2400 Arbeit

    ID: LI110315

  • Lokal verwurzelt.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 2 - 02.02.2011

    Ob Theater, Straßenbahn oder Müllabfuhr - eines ist diesen Leistungen gemeinsam: Sie sind Sache der Kommunen, den bürgernahesten Einheiten öffentlicher Verwaltung. Städte und Gemeinden organisieren das Leben der Menschen vor Ort, bestimmen zumindest in Teilen eigenverantwortlich, ob und wie viel Geld sie wofür ausgeben. Sie pflegen die örtliche Kultur und sind wichtige Arbeitgeber. Kommunen sind nah dran, schlagen die Brücke zwischen Politik und dem Alltag der Menschen.
    Darüber hinaus bilden Städte und Gemeinden die Basis der Demokratie. Bürgerinnen und Bürger entscheiden hier mit ihrer Stimme auf unterster Ebene, wie sich die Stadt- oder Gemeinderäte zusammensetzen, und somit darüber, wie es unmittelbar vor Ort weiterläuft. Da geht es zum Beispiel um ausreichend Kindergartenplätze, veraltete Schwimmbäder oder schrumpfende Schülerzahlen.

    Anwalt der Kommunen

    Auch auf Landesebene sind diese kommunalen Themen präsent: Die Landtagsabgeordneten vertreten im Parlament die Interessen der Menschen aus ihren Wahlkreisen. Viele von ihnen sind zudem kommunalpolitisch aktiv, zum Beispiel als Mitglieder in den Stadträten. Auf diese Weise ist das Landesparlament lokal verwurzelt. Folglich spielen die Sorgen und Nöte der Kommunen in der Arbeit des Landtags eine entscheidende Rolle - nicht zuletzt auch deshalb, weil in Deutschland die jeweiligen Bundesländer per Grundgesetz für Kommunalrecht und -aufsicht zuständig sind.
    Eine Aufgabe, die den Landtag wegen zahlreicher klammer kommunaler Kassen immer stärker herausfordert - vielerorts ist die Belastungsgrenze erreicht. Die Schuldenberge in Städten und Gemeinden sind mittlerweile so hoch, dass es derzeit in ganz Nordrhein-Westfalen nur acht Kommunen gelingt, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen.
    Diesen Themenkomplex greift die neue Ausgabe von Landtag Intern auf: Kann das Land Kommunen noch stärker fürs Sparen begeistern? Geben die Haushalte dies überhaupt noch her? Muss sich das Verhältnis von Bund, Land und Kommunen strukturell verändern? Darüber hinaus diskutieren die Abgeordneten im Parlament derzeit über eine mögliche Reform des Gemeindefinanzierungsgesetzes sowie über Chancen einer stärkeren Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Kommunen. Der von den Befürwortern prophezeite Effekt: durch Synergien Kosten sparen.
    Städte und Gemeinden sind also als unverzichtbare staatliche Leistungsträger ein zentrales Thema des Landtags. Sie sind wichtig, damit das Zusammenleben in einer komplexen Gesellschaft funktionieren kann. Wie sagte Aristoteles einst so schön: Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile. Aber genauso stimmt auch: Ohne die vielen großen und kleinen Kommunen fehlten dem Landtag seine lokalen Wurzeln.
    bra

    ID: LI110206

  • Teamwork unter Städten.
    FDP appelliert an Städte und Gemeinden, stärker zusammenzuarbeiten, um Kosten zu sparen.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 8 in Ausgabe 2 - 02.02.2011

    20. Januar 2011- Angesichts stark strapazierter Stadtkassen und Gemeindebudgets sucht der Landtag nach Möglichkeiten zur Linderung der akuten Finanznot in vielen Kommunen. Die FDP-Fraktion schlägt mehr interkommunale Zusammenarbeit vor, verweist auf erfolgreiche Beispiele und fordert, dies zu forcieren (Drs. 15/858). So solle als zentraler Ansprechpartner für die Kommunen im Innenministerium eine Projektgruppe eingerichtet werden. SPD, Grüne und Linke halten diesen Vorschlag für sinnvoll, aber längst nicht ausreichend.
    Horst Engel (FDP) sah Bund und Land in der Pflicht, ihren Beitrag für eine auskömmliche finanzielle Ausstattung der Kommunen zu leisten. Letztere müssten aber auch selbst Konsolidierungsmaßnahmen anstrengen. Für sinnvoller als "fantasielose Leistungskürzungen" hielt er dabei strukturelle Veränderungen mit nachhaltigen Effizienzsteigerungen. In diesem Zusammenhang benannte er die interkommunale Zusammenarbeit als eine ausgezeichnete Möglichkeit. Gerade bei der Kernversorgung sah er erhebliche Potenziale zur Kostensenkung in den Kommunen. Mit Anreizen und gezielten Impulsen sollten solche Kooperationen unterstützt und gemehrt werden.
    Da der Druck zur Kostensenkung wachse, fand auch Wiljo Wimmer (CDU), dass der Antrag in die richtige Richtung ziele. Kommunen, die mit anderen zusammenarbeiteten, täten dies aber auch als Akt der Notwehr gegen eine unzureichende Finanzausstattung. Staatlichen Zwang oder Druck zu erzeugen, um solche Zusammenarbeit zu verbreiten, hielt er deshalb für falsch. Hindernisse für die Kooperation sah er im Hang zur Besitzstandswahrung. Daneben stehe die Frage im Raum, ob bei einer solchen Zusammenarbeit die kommunale Selbstverwaltung und damit - überspitzt - die Existenzberechtigung einer Kommune gefährdet sei, erklärte der CDU-Sprecher.
    Die interkommunale Zusammenarbeit hielt Michael Hübner (SPD) für einen Tropfen auf den heißen Stein. Hohe wirtschaftliche Einsparpotenziale oder gar die Rettung der Kommunen seien damit nicht zu erreichen. Der SPDSprecher sah auch Grenzen in der praktischen Umsetzung: "Es muss auch immer noch etwas mit Bürgernähe zu tun haben", meinte er. Außerdem seien bei einigen Formen der Zusammenarbeit einheitliche Steuerhebesätze nötig, und diese würden dann eher nach oben korrigiert. Zudem verwies Hübner auf Beispiele, bei denen sich eine Zusammenarbeit zwischen Städten oder Gemeinden sogar teurer gestaltet hätte als die eigenständige Lösung.
    Das Ziel sei richtig, nicht aber der Weg, differenzierte Mehrdad Mostofizadeh (Grüne). Er hielt es für falsch, den Eindruck zu erwecken, das Land könne den Kommunen Nachhilfe erteilen, wie interkommunale Zusammenarbeit funktioniere. Aus seiner Erfahrung in der Kommunalpolitik berichtete er: Ohne Vertrauen sei eine Kooperation wenig hilfreich oder sogar kontraproduktiv. Außerdem hielt er die Erwartungen des FDP-Sprechers für unverhältnismäßig. Man könne nicht mit "ein bisschen Effizienzsteigerung" ein strukturelles Defizit in Höhe von 2 Milliarden Euro ausgleichen. Wichtiger sei eine ordentliche Finanzausstattung der Kommunen.
    Man debattiere eigentlich eine Selbstverständlichkeit, fand Özlem Alev Demirel (Linke). Zweifellos stehe es den Kommunen frei, mit anderen zusammenzuarbeiten, und ob dies sinnvoll sei, könnten die Politikerinnen und Politiker vor Ort selbst beurteilen. Daher hielt die Linke den Antrag für überflüssig und die Einsparpotenziale für "hoffnungslos überbewertet". Grenzen der Zusammenarbeit sah Demirel erreicht, sobald es an Bürgernähe fehle oder Arbeitsplätze auf dem Spiel stünden. Sie frage sich angesichts zahlreicher im Antrag genannter Einsparmöglichkeiten außerdem, ob die FDP demnächst auch die Stadträte wegrationalisieren wolle.
    Innenminister Ralf Jäger (SPD) unterstrich den hohen Druck, der sich aufgrund der leeren Kassen und des demographischen Wandels nicht nur in den Städten, sondern insbesondere auch im ländlichen Raum bemerkbar mache. Er kenne aber eine ganze Reihe guter Beispiele, bei denen die Zusammenarbeit hervorragend funktioniere. Auch die Bereitschaft weiterer Kommunen, sich solchen Modellen anzuschließen, sei außerordentlich groß. Allerdings müsse eine Stelle, die moderiere und Impulse gebe, näher vor Ort sein, nicht in Düsseldorf, wie von der FDP vorgeschlagen. Der Minister kündigte zu dem Thema einen Evaluierungsbericht an.
    sow

    Zusatzinformation:
    Der Antrag (Drs. 15/858) wurde einstimmig zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Kommunalpolitik überwiesen. Dort soll die abschließende Beratung in öffentlicher Sitzung erfolgen.

    Systematik: 1230 Kommunale Angelegenheiten; 8340 Finanzausgleich; 8200 Finanzverwaltung

    ID: LI110203

  • Causa Kommunalfinanzierung.
    Ist der neue Verteilungsschlüssel für die Geldzuweisungen an die Kommunen ungerecht oder realitätsnah?
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 9 in Ausgabe 2 - 02.02.2011

    19. Januar 2011 - Das Gemeindefinanzierungsgesetz (GFG) regelt, welche Städte und Gemeinden wie viel Geld vom Land erhalten. Den Schlüssel zur Berechnung dieser Finanzzuweisungen wolle die Landesregierung nun per Gesetzentwurf ändern, schreibt die FDP-Fraktion in einem Antrag, und befürchtet eine Benachteiligung des ländlichen Raums (Drs. 15/1062). Die Regierungsfraktionen widersprechen ihr in einer Plenardebatte. Alle Redner beziehen sich auf den von der FDP in den Raum gestellten Gesetzentwurf.
    Einen "Spaltpilz" habe die Regierung mit dem Gesetzentwurf in die kommunale Familie getragen, brachte Horst Engel (FDP) seine Kritik auf den Punkt. Er sprach von einem einzigartigen Vertrauensbruch, denn nachdem die Haushaltsplanungen vor Ort bereits größtenteils abgeschlossen gewesen seien, habe die Regierung kurz vor Weihnachten die Kommunen ohne Vorwarnung damit konfrontiert, dass Städte im Durchschnitt teils "exorbitante Zuschläge" erwarten könnten, kreisangehörige Gemeinden hingegen unter dem Strich Mittelkürzungen in Millionenhöhe zu verschmerzen hätten. "Überarbeiten Sie den gesamten Entwurf", empfahl Engel der Koalition.
    Auch Peter Biesenbach (CDU) hielt den Gesetzentwurf der Regierung für einen politischen Schnellschuss, der einer homogenen und aufgabengerechten Gemeindefinanzierung nicht gerecht werde und überarbeitet werden müsse. Vonseiten der Kommunen schlage der Landesregierung in der Folge eines handwerklich schlecht gemachten Gesetzes erheblicher Unmut entgegen. Eine Bevorzugung der kreisfreien Städte bewertete der CDU-Politiker als Klientelpolitik. Handwerkliche Fehler sah er etwa darin, dass die Soziallasten der Städte nun doppelt berücksichtigt, "die normalen Bürger und insbesondere die Schüler" im Gegenzug deutlich abgewertet würden.
    Hans-Willi Körfges (SPD) verwies auf die Gewaltenteilung und kritisierte, die FDP mache die Aufstellung von Haushaltsplänen, originäre Zuständigkeit der Regierung und außerdem noch in Beratung, zur Parlamentsangelegenheit. Die Vorwürfe einer willkürlichen Mittelzuweisung wie auch einer doppelten Berücksichtigung der Soziallasten wies er als falsch zurück. Die neue Berechnungsgrundlage spiegle die tatsächlichen Lebenssituationen vor Ort korrekter wider. "Sie treiben die Kommunen in eine ganz ungesunde Rivalität untereinander", warf er CDU und FDP vor und sah auch den Bund in der Pflicht, stärker für die Soziallasten der Kommunen aufzukommen.
    "Auch dieses GFG wird die finanziellen Probleme der Kommunen nicht lösen können", stellte Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) angesichts der immens gestiegenen Sozialkosten der Städte und Gemeinden fest. Die Hälfte davon müsse eigentlich der Bund übernehmen - mehr als man hoffen könne. Versprechen des Bundes, etwa die Kommunen nicht aufgrund der Hartz-IV-Gesetze zu belasten, seien nicht eingelöst worden. Außerdem kritisierte der Grüne CDU und FDP: "Sie wollen suggerieren, die Landesregierung hätte den Leuten Geld weggenommen", obwohl 300 Millionen Euro mehr hinzugekommen seien. Gemeinsam mit den Kommunen wolle man nun das Mögliche ausloten.
    "Viel zu knappe Mittel werden lediglich anders verteilt", problematisierte Özlem Alev Demirel (Linke) die "katastrophale Finanzlage aller Gemeinden". Sie gönne den Kommunen, die mehr erhielten, dies von ganzem Herzen, fand es jedoch nicht akzeptabel, dass manche Kommunen weniger als bisher bekämen. Positiv bewertete Demirel die stärkere Berücksichtigung der Soziallasten, wunderte sich allerdings in diesem Zusammenhang über niedrigere Zuweisungen für manche Ruhrgebietsstädte. Eine Voraussetzung für eine erfolgreiche Überarbeitung des Entwurfs sah die Linke in einer finanziellen Grundausstattung, die den Aufgaben der Kommunen gerecht werde.
    Kommunalminister Ralf Jäger (SPD) erinnerte zunächst an eine gemeinsame Verabredung, nach der sich noch in Beratung befindliche Gesetzentwürfe nicht zum Gegenstand parlamentarischer Initiativen gemacht werden sollten. In der Sache betonte er, dass den Kommunen mit dem Gesetzentwurf die zweithöchsten Mittel aller Zeiten zugehen würden. Die Städte und Gemeinden sollten nicht länger zur Sanierung des Landeshaushalts herangezogen werden, erklärte Jäger. Eine Aktualisierung der fast zwölf Jahre alten Grunddaten als Basis für die Mittelverteilung sei längst überfällig gewesen. Nun habe man eine gerechte, die Realität spiegelnde Datenbasis.
    sw

    Zusatzinformation:
    Der FDP-Antrag (Drs. 15/1062) wurde im Hammelsprungverfahren mehrheitlich abgelehnt. Auch den Entschließungsantrag der CDU (Drs. 15/1141) lehnte eine knappe Mehrheit aus SPD und Grünen gegen die Stimmen von CDU, FDP und Linken ab.

    Systematik: 8200 Finanzverwaltung; 1220 Landesregierung

    ID: LI110211

  • Löttgen, Bodo (CDU); Herter, Marc (SPD); Mostofizadeh, Mehrdad (Grüne); Engel, Horst (FDP); Demirel, Özlem Alev (Linke)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal geht es um die Lage der Kommunen.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 2 - 02.02.2011

    Insgesamt hat sich die Lage der Städte und Gemeinden ...

    Bodo Löttgen (CDU) ... verschlechtert. Mit dem Entwurf des neuen Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) 2011 erleiden 260 Kommunen in NRW über Nacht teils erhebliche finanzielle Einbußen. Die Spaltung des Landes in Gewinner (Stadt) und Verlierer (Land) muss beendet werden. Wir brauchen eine faire und zukunftssichere Lösung im kommunalen Konsens.
    Marc Herter (SPD) ... in den letzten Jahren verschlechtert. Immer mehr Aufgaben sind von Bund und Land ohne einen entsprechenden finanziellen Ausgleich auf die Kommunen übertragen worden. Mit dem Regierungswechsel hat die neue Landesregierung damit begonnen, die Kommunalfinanzen wieder auf solide Beine zu stellen, z. B. durch die Aufstockung des GFG um 300 Mio. Euro.
    Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) ... in der schwarz-gelben Regierungszeit aufgrund kommunalfeindlicher Einschnitte massiv zugespitzt. Grüne und SPD haben mit der Aufstockung der Finanzmittel die Lage leicht entspannen können. Ohne ein Engagement des Bundes sehen viele Städte aber trotzdem kein Licht am Ende des Tunnels.
    Horst Engel (FDP) ... infolge der Finanzkrise trotz hoher Zuwendungen durch die FDP/CDU-Koalition u. a. beim GFG und Konjunkturpaket II nicht ausreichend stabilisieren können. Die von Rot-Grün geplanten Änderungen im kommunalen Finanzausgleich zu Lasten gerade des ländlichen Raums werden die Lage vieler Kommunen noch verschlimmern.
    Özlem Alev Demirel (Linke) ... dramatisch verschlechtert. Hauptursache sind Beschlüsse im Land und im Bund von CDU, FDP, SPD und Grünen, die zu massiven Steuersenkungen für Unternehmen und Vermögende führten und drastische Einbrüche der Steuereinnahmen zur Folge hatten. Außerdem wurde vielfach das Konnexitätsprinzip - wer bestellt, zahlt - missachtet.

    In Anbetracht des frühen Winters, der unter anderem wegen kaputter Straßen auch seine Spuren in den kommunalen Kassen hinterlässt, ist es geboten, in Zukunft vorbeugend ...

    Bodo Löttgen (CDU) ... zu handeln. Dem Erhalt kommunaler Infrastruktur kommt in Zeiten des Neuen kommunalen Finanzmanagements (NKF) besondere Bedeutung zu. Dazu notwendige Rückstellungen für Investitionen sollten administrativ erleichtert und hinsichtlich ihrer wertigen Einordnung im NKF nochmals überprüft werden.
    Marc Herter (SPD) ... tätig zu werden. Der präventive Ansatz der Landesregierung "Straßenerhalt vor -neubau", ist auch für die Kommunen richtig. So schwierig die Finanzsituation in vielen Städten und Gemeinden auch ist, wer zeitnah repariert, spart mittel- und langfristig Geld. Die Umschichtung der entsprechenden Haushaltsmittel macht auch auf kommunaler Ebene Sinn.
    Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) ... die finanziellen Handlungsspielräume der Kommunen deutlich zu verbessern. Der Bund muss die Kommunen endlich bei den notwendigen Aufwendungen für soziale Transferleistungen entlasten. Dann können auch mehr als nur Schlaglöcher gestopft werden.
    Horst Engel (FDP) ... kommunale "Masterpläne" für den Straßenbau aufzustellen, auf deren Grundlage in den Erhalt und in die Konsolidierung kommunaler Infrastrukturen investiert wird.
    Özlem Alev Demirel (Linke) ... den Winterdienst auszubauen (ohne Gebührenerhöhung!) und Streumittelvorräte anzulegen. Winter sind planbar. Sie treten etwa alle zwölf Monate auf. Allerdings: Wer im Winter geordnete Verhältnisse will, muss auch bereit sein, den Kommunen mehr Geld zur Verfügung zu stellen.

    In Zeiten klammer kommunaler Kassen bewerte ich den Stellenwert von bürgerschaftlichem Engagement als ...

    Bodo Löttgen (CDU) ... unabdingbar notwendig und in seiner Wirkung vielfach unterschätzt. Vor allem mangelt es in Politik und Gesellschaft leider immer noch an Wertschätzung und Anerkennung. Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Herausforderung ist hier Umdenken und Umsteuern angezeigt.
    Marc Herter (SPD) ... notwendig und unverzichtbar. Deswegen wird Rot-Grün in dieser Legislaturperiode die Voraussetzungen für bürgerschaftliches Engagement auch vor dem Hintergrund der Anforderungen an Beruf und Privatleben verbessern und für eine höhere Anerkennung und Wertschätzung sorgen.
    Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) ... ein Element, um die Qualität gemeinschaftlicher Aufgaben zu verbessern. Bürgerinnen und Bürger sind keine Lückenbüßer, sondern tragen durch ihr kompetentes Engagement zum Gemeinwohl und zum Zusammenhalt bei.
    Horst Engel FDP) ... unverzichtbar und wünschenswert. Gerade wenn es um Einsparungen und Konsolidierungsmaßnahmen geht, können und wollen Bürgerinnen und Bürger die Zukunft der eigenen Gemeinde mitgestalten.
    Özlem Alev Demirel (Linke) ... sehr wichtig. Ehrenamtliches Engagement darf jedoch nicht missbraucht werden. Bürger- Innenarbeit darf nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ersetzen. Gute Arbeit braucht guten Lohn! Eine Sanierung der Kommunalfinanzen kann und darf nicht auf dem Rücken der BürgerInnen erfolgen!

    Um die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in ganz Nordrhein-Westfalen zu sichern ...

    Bodo Löttgen (CDU) ... braucht es starke Kommunen. Nur mit einer gerechten und aufgabenangemessenen Finanzausstattung ist kommunale Selbstverwaltung möglich; nur so können unterschiedliche Ansprüche und Bedürfnisse in einer heterogenen kommunalen Landschaft mit Bürgerakzeptanz und -mitwirkung in Einklang gebracht werden.
    Marc Herter (SPD) ... ist es notwendig, den Gemeindefinanzausgleich zukunftsgerecht weiterzuentwickeln. Dabei ist eine Entlastung durch den Bund im Bereich der Sozialtransferkosten dringend geboten, um das Ausgleichssystem nicht zu überfordern.
    Mehrdad Mostofizadeh (Grüne) ... muss der Bund endlich - wie versprochen (!) - die Kosten für notwendige soziale Leistungen an Bedürftige übernehmen. Das Land muss durch nachhaltige Investitionen in Bildung für Chancengerechtigkeit sorgen.
    Özlem Alev Demirel (Linke) ... müssen die Kommunen genug Geld zur Verfügung haben. Die geplante Umverteilung im Rahmen des Gemeindefinanzausgleichs verschlimmert die Probleme nur. Ein neuer Verteilschlüssel ist notwendig, Städte mit vielen ALG-II-EmpfängerInnen brauchen ausreichend Geld vom Land. Für eine Neuverteilung müssen aber mehr Mittel im Topf sein, damit keine Kommune schlechter gestellt wird.

    Die Verteilung der Kompetenzen zwischen Land und Kommunen halte ich für ...

    Bodo Löttgen (CDU)... weitgehend angemessen und gesetzlich klar geregelt. Die Haushaltslage aller staatlichen Ebenen wird aber eher früher als später wenig populäre Entscheidungen bei der Reduzierung von Aufgaben und Standards notwendig machen.
    Marc Herter (SPD) ... gerechter gestaltbar. Ziel muss sein, möglichst viel Gestaltungsspielraum vor Ort zu erreichen. Das Übertragen von Aufgaben auf die Kommunen darf nicht, wie in der Vergangenheit, zu einem Raubzug durch die kommunalen Kassen führen. Die Konnexität muss wieder strikt eingehalten werden.


    Systematik: 1230 Kommunale Angelegenheiten; 8340 Finanzausgleich

    ID: LI110212

  • "Irgendwann ist die Zitrone ausgepresst".
    Sachverständige fordern dringend finanzielle Hilfen für Kommunen.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 13 in Ausgabe 2 - 02.02.2011

    21. Januar 2011 - Die Städte und Gemeinden in NRW stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand. Nur acht von ihnen schaffen es derzeit noch, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Grund genug für den Kommunalausschuss (Vorsitz Carina Gödecke, SPD), zu einem Antrag der FDP (Drs. 15/125) Sachverständige anzuhören. Die FDP schlägt ein System finanzieller Anreize für Sparanstrengungen vor. Zuvor, so Fachleute in der Anhörung, seien aber Änderungen an der Struktur von Einnahmen und Ausgaben erforderlich. Durch eigene Sparanstrengungen könnten die Kommunen den Schuldenberg jedenfalls nicht überwinden - "irgendwann ist die Zitrone ausgepresst", unterstrichen die kommunalen Spitzenverbände.
    Die Schuldenmisere der Städte und Gemeinden sei nicht in deren "Verschuldungswillen" oder in mangelnder Kenntnis der Zusammenhänge begründet, wandten sich die kommunalen Spitzenverbände, vertreten durch Dr. Dörte Diemert und Dr. Christian van Kraack, gegen mögliche Annahmen dieser Art. Das Problem liege vielmehr in der strukturellen Unterfinanzierung der gesamten kommunalen Ebene. Notwendig sei ein Bündel von Maßnahmen, das insbesondere nachhaltige Hilfen beinhalte, die auf längere Sicht einen strukturellen Haushaltsausgleich ermöglichten. Die Wirtschafts- und Finanzkrise habe die Lage noch verschlimmert, sie sei aber nicht die maßgebliche Ursache für die schlechte Lage.

    Vergebliche Sparbemühungen?

    In diesen Tenor stimmten alle folgenden Experten ein. Werner Haßenkamp von der Gemeindeprüfungsanstalt NRW warnte vor einer "Vergeblichkeitsfalle": Sparrunden, die am Ende aber ohne Erfolg blieben, könnten zu Demotivation und Frust führen. Wenn man für die unterschiedlichen Verschuldungssituationen - "normal" und "extrem" - angepasste Hilfen gefunden habe, könne auch das vorgeschlagene System von Belohnungen und Anreizen funktionieren.
    Der Mülheimer Stadtkämmerer Uwe Bonan betonte, der Prozess der Konsolidierung müsse vor Ort und nicht durch die Landesregierung gestaltet werden. Dabei seien die Bürgerinnen und Bürger miteinzubeziehen. Einen solchen Ansatz könne man gegebenenfalls auch parteiübergreifend umsetzen. Wichtig seien Perspektiven sowie eine Änderung der Finanzausstattung. Für die Aufgaben, die den Kommunen übertragen würden, müssten diese nach dem sogenannten Konnexitätsprinzip auch die notwendigen Mittel erhalten.

    Selbstverwaltung bedroht

    Über 90 Prozent der kommunalen Aufgaben seien durch EU, Bund oder Land vorgegeben, erläuterte Rainer Häusler, Kämmerer der Stadt Leverkusen. Diese Aufgaben sind nach seinen Angaben strukturell unterfinanziert. So seien etwa im Sektor "Soziales und Jugend" 76 Prozent der Ausgaben ungedeckt. Dazu kämen die Beiträge für die Lasten der Deutschen Einheit sowie 15 steuerentlastende Gesetze des Bundes in den letzten zwei Jahren, die die kommunalen Finanzierungsgrundlagen massiv belasteten. Aufgrund der gegebenen Handlungsunfähigkeit müsse man feststellen: "Die kommunale Selbstverwaltung steht nicht auf der Kippe, sie ist eine Farce." Daher sei es geboten, erstens eine Lösung für die Altschulden zu finden, zweitens die strukturellen Fehler bei der Finanzierung der kommunalen Aufgaben zu beseitigen sowie dann drittens eigene Anstrengungen der Kommunen in Gang zu bringen. Gelinge dies nicht, drohe Politikverdrossenheit in Staatsverdrossenheit umzuschlagen.
    Bei den Soziallasten laufe vieles falsch, meinte auch Eberhard Kanski, der Vertreter des Bundes der Steuerzahler NRW. Er plädierte insbesondere für eine Finanzreform auf der Einnahmeseite der Kommunen. Die Gewerbesteuer sei zu ersetzen durch Hebesatzrechte der Kommunen an der Körperschafts- und Einkommensteuer. Außerdem forderte Kanski einen höheren kommunalen Anteil an der Umsatzsteuer. Und schließlich bedürfe es einer kritischen Überprüfung aller Aufgaben, die die Kommunen - auch im Auftrag anderer Instanzen - wahrnähmen.
    Schwimmbäder, Friedhöfe, Feuerwehrgerätehäuser, die Größe des Stadtrats, die Zuschüsse für Vereine: Alle städtischen Einrichtungen und Leistungen seien daraufhin zu überprüfen, ob sie der Einwohnerzahl angemessen seien, forderte Thomas Heil, Kämmerer von Erftstadt. Kontrollieren müsse man außerdem, ob die Einnahmen durch Steuern und Abgaben ausreichten, die Unternehmen, Landwirte, aber auch Einzelpersonen - etwa für die Kinderbetreuung - leisteten. Das erste Ziel müsse ein ausgeglichener Haushalt ohne Kassenkredite (quasi Kontoüberziehung) sein, dann erst könne man über Schuldenabbau reden.
    Welcher Konsolidierungspfad am Ende genommen und welche Maßnahmen umgesetzt würden, müsse von der demokratisch legitimierten Selbstverwaltung entschieden werden, ergänzte Michael Faber, Ratsherr aus Bonn. Jedenfalls hätten die Kommunen einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf finanzielle Hilfen des Landes.
    cw

    Systematik: 8310 Öffentliche Schulden; 1230 Kommunale Angelegenheiten

    ID: LI110214

  • Gesund und stärkend?
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 1 - 19.01.2011

    Wir haben die Wahl. Supermarkt, Billig-Discounter, Bioladen oder direkt beim Bauern: Verbraucherinnen und Verbraucher in Deutschland können frei entscheiden, wo sie ihre Lebensmittel erwerben wollen. Das unterscheidet uns von einer überwältigenden Mehrheit der Menschen auf diesem Planeten.
    Auch haben die Hersteller der heute angebotenen Lebensmittel die Möglichkeit, diese mittels ausgeklügelter Konservierungsmethoden, ununterbrochener Kühlketten, der Einhaltung von Hygienevorschriften und strikter Kontrolle deutlich frischer an die Endverbraucherinnen und -verbraucher zu liefern, als dies noch vor einigen Jahrzehnten der Fall war.
    Und schließlich sind da noch die modernen Kommunikationswege. Sofort oder doch zeitnah können wir zumindest die Menschen in den Industrieländern über Erkenntnisse oder Gefahren informieren und sie in die Lage versetzen zu reagieren. Sofern die entsprechenden Informationen vorliegen.
    Dennoch geschehen Fälle wie dieser: Verunreinigte Lebensmittel werden produziert und kommen in den Handel, sogar monatelang. Alle oben geschilderten Möglichkeiten einer modernen, hochtechnisierten Gesellschaft nutzen nichts, zum Teil werden sie wahrscheinlich gezielt ausgehebelt. Behörden, politische Entscheidungsträger, der mündige Verbraucher: Sie alle können nur im Nachhinein handeln.
    Das wirft Fragen auf, denen sich die Politik, auch der Landtag Nordrhein- Westfalen, stellt. Gegen - eventuell kriminelle - Absicht lässt sich in der Tat schwerlich rechtzeitig etwas unternehmen. Auch im Straßenverkehr kann nicht jeder Regelverstoß oder Unfall verhindert werden.

    Mittel zum Leben

    Aber gerade im Lebensmittelbereich gibt jede Verunreinigung, jede Gefährdung Anlass zur Überprüfung, wie man das System der Vorbeugung und Kontrolle noch besser machen kann. Zu Recht, denn es geht um unsere Gesundheit. Aufgrund der grenzüberschreitenden Verflechtung der Lebensmittelindustrie wird darüber nachzudenken sein, inwiefern hier nicht nur nationale, sondern auch europäische Instanzen gefragt sind.
    Des Weiteren geht es um die Rolle des einzelnen Konsumenten. Verlangen wir wirklich nach immer billigeren Lebensmitteln, wie die entsprechende Industrie behauptet? Und die damit Produktionsverfahren rechtfertigt, die zu immer niedrigeren Kosten, aber möglicherweise höheren Risiken führen? Beim Kauf entscheidet der Verbraucher mit über Produktionsverfahren und Produktqualität.
    Die Lebensmittelindustrie jedenfalls hat die gesetzlich geltenden Grenzwerte für gefährliche Stoffe einzuhalten. Damit nach Wilhelm Busch weiterhin gilt: "Das weiß ein jeder, wer’s auch sei, gesund und stärkend ist das Ei."
    cw

    ID: LI110106

  • Guten Appetit.
    Wie schützen wir uns vor Stoffen in unseren Lebensmitteln, die dort nicht hineingehören?
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 9 in Ausgabe 1 - 19.01.2011

    Januar 2011 - Schmackhafte, vielfältige und gesunde Lebensmittel sind die Grundlage für unsere Gesundheit. Für Produzenten und Kundschaft, Handel und Behörden hat daher Lebensmittelsicherheit eine zentrale Bedeutung und hohe öffentliche Aufmerksamkeit. Nur wenige Bereiche sind staatlich schon so lange und so intensiv geregelt wie das Lebensmittelrecht. Für die Durchführung der Kontrollen sind die einzelnen Bundesländer zuständig. Daher ist Lebensmittelsicherheit Thema im Landtag, ebenso wie die Sorge um die rund 400.000 Menschen, die in NRW in der Ernährungswirtschaft arbeiten.
    In nur wenigen Lebensbereichen können Probleme so unmittelbar so gravierende Folgen für viele Menschen haben wie gesundheitlich bedenkliche Lebensmittel. Das gilt für hygienisch nicht einwandfreie Milch ebenso wie für lange überlagertes Fleisch oder schädigende Inhaltsstoffe zum Beispiel in Eiern wie beim aktuellen Dioxinskandal.
    Lebensmittelproben und -kontrollen müssen uns vor Schimmel, Würmern und anderen Verunreinigungen, aber auch vor Pestiziden, Hormonen oder Umweltgiften schützen. Wenn alle Standards eingehalten werden, sind unsere Lebensmittel heute so sicher und geprüft wie nie zuvor.

    Allgegenwärtige Gifte

    Von Dioxinen bzw. Dioxingemischen sind heute über 200 Arten bekannt, die in unterschiedlicher Intensität im Verdacht stehen, Krebs erregen zu können. Vorsicht in der Produktion und eine verlässliche Aufsicht im Handel sind also geboten, um Gefahr für Leib und Leben abzuwenden. Daneben sind sie aber auch nicht selten Existenzfragen für land- und ernährungswirtschaftliche Unternehmen.
    Menschen nehmen Dioxine fast ausschließlich über die Nahrung auf. Aufgrund der hohen Gefährlichkeit gelten seit 2006 EU-weit strenge Grenzwerte für Dioxine wie auch dioxinähnliche Substanzen in Lebensmitteln. Eier, die durchschnittlich 55 bis 70 Gramm wiegen, dürfen höchstens drei Pikogramm (billionstel Gramm) Dioxin pro Gramm Fett enthalten.
    Dioxine werden nicht gezielt hergestellt, sondern können als Nebenprodukte in zahlreichen industriellen Verbrennungsprozessen auftreten - etwa in der Metallgewinnung oder in Müllverbrennungsanlagen. Sie können auch durch Waldbrände oder Vulkanausbrüche natürlichen Ursprungs sein. Daher spricht die Wissenschaft von "allgegenwärtigen" Substanzen.

    Nahrungskette

    So kann ihr Eindringen in Nahrungsketten und -kreisläufe nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, weil sie in geringsten Mengen überall in Atmosphäre, Böden und Gewässern vorkommen können. Auf Weideland können Dioxine über Gras und Tiere einen Weg in unsere Nahrungskette finden. Im aktuellen Fall geschah dies jedoch, indem ein Hersteller von Tierfutterfett über Monate hinweg mit Dioxin belastete "Mischfettsäuren" verwendet hat, die bei der Herstellung von Biodiesel anfielen. Diese Fette waren allerdings nur für technische Industriezwecke freigegeben. Über das Tierfutter gelangten die Dioxine in Schweine und Hühner. In Eiern und Fleisch überstieg die Dioxinbelastung die Grenzwerte zum Teil um ein Mehrfaches. Zwar sehen diese Grenzwerte "Sicherheitspuffer" für die menschliche Gesundheit vor, dennoch liegt ein ernsthafter und weitreichender Verstoß gegen geltende Standards der Lebensmittelsicherheit vor. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
    Auffällig ist, dass die Verunreinigung schon längst durch betriebsinterne Untersuchungen bekannt war, ehe Behörden aufmerksam gemacht wurden. Die betroffene Ware war zu dem Zeitpunkt schon einige Zeit an Landwirte ausgeliefert worden. Und folglich deren Produkte an uns Kundinnen und Kunden - bundesweit, sogar zu europäischen Nachbarn. So ist eine der aktuellen verbraucherpolitischen Fragen, wie im Zusammenspiel von Unternehmen, Behörden, Verbraucherinnen und Verbrauchern durch verpflichtende Information mehr Transparenz und die Möglichkeit zum Handeln geschaffen werden können.

    Konsequenzen

    Die wirtschaftlichen Auswirkungen für Landwirte und Handel sind gravierend. Bis zu 5.000 landwirtschaftliche Betriebe durften zeitweise weder Eier noch Fleisch verkaufen und mussten in großer Zahl Tiere töten. Der Deutsche Bauernverband fordert eine "kettenübergreifende Qualitätssicherung von der Stufe der Futtermittelherstellung bis in die Ladentheke" und die Haftung der Verursacher für den entstandenen Schaden.
    In der aktuellen Debatte spielt weiter eine Rolle, wie im konkreten Fall Futtermittel und Industriefette vermischt werden konnten, was überhaupt im Tierfutter enthalten sein darf, welchen Auflagen, Haftungs- und Genehmigungspflichten Futtermittelhersteller, also die Zulieferer der Landwirte, unterliegen sollen. Auch das System der Kontrollen, die in der Hoheit der einzelnen Bundesländer liegen, steht erneut auf dem Prüfstand. Politisch kontrovers diskutiert wird, ob die Anwendung quasi "industrieller" Produktionsverfahren das Risiko belasteter Lebensmittel erhöht oder nicht.
    cw/Dr. Martin Michalzik

    Systematik: 6800 Ernährung; 6510 Landwirtschaftliche Betriebe; 5210 Gesundheitsschutz

    ID: LI110103

  • Deppe, Rainer (CDU); Stinka, André (SPD); Rüße, Norwich (Grüne); Abruszat, Kai (FDP); Akbayir, Hamide (Linke)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal geht es um die Lebensmittelsicherheit.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 1 - 19.01.2011

    Es gilt, aus dem jüngsten Dioxinskandal zu lernen. Deshalb rate ich dazu, künftig ...

    Rainer Deppe (CDU) ... sicherzustellen, dass kriminelle Panscher, wie im aktuellen Dioxin-Fall, durch harte Strafen oder Berufsverbote abgeschreckt werden. Was hier passiert, ist kein Kavaliersdelikt.
    André Stinka (SPD) ... eine breite Diskussion darüber zu führen, wie wir gesunde und nachhaltige Lebensmittel erzeugen können. Dabei müssen wir den Zwiespalt zwischen dem verständlichen Interesse nach günstigen Produkten und den bestehenden ethischen und ökologischen Fehlern der Lebensmittelproduktion lösen.
    Norwich Rüße (Grüne) ... mehr Lebensmittel aus kontrolliert biologischer Herstellung zu kaufen. Die Strategie des Umweltministers, hierfür bei der EU um weitere Fördermöglichkeiten zu werben, ist richtig. Und viele Bürgerinnen und Bürger sind auch bereit, für Qualität mehr auszugeben.
    Kai Abruszat (FDP) ... eine strikte Trennung zwischen Produktionsstätten zur Nahrungs- und Futtermittelherstellung und Produktionsstätten zur industriellen Nutzung gesetzlich festzulegen.
    Hamide Akbayir (Linke) ... eine flächendeckende Kontrolle der Futtermittelhersteller sowie der Zulieferer zu gewährleisten. Alle Komponenten des Futtermittels müssen geprüft und mit einem Prüfsiegel gekennzeichnet werden, damit eine lückenlose Kontrolle stattfindet.

    Um sichere und gesunde Lebensmittel zu gewährleisten, kommt es sowohl auf die Wirtschaft als auch auf die staatlichen Behörden an. In diesem Zusammenhang sehe ich ...

    Rainer Deppe (CDU) ... zuallererst die Hersteller in der Verantwortung. Wer Futter und Lebensmittel in Verkehr bringt, muss dafür geradestehen. Die staatliche Kontrolle der Selbstkontrolle muss zielgenau an den Risikostellen ansetzen, und die Panscher müssen zügig öffentlich bekannt gemacht werden.
    André Stinka (SPD) ... die Futtermittelunternehmen in der Pflicht, vermehrt Eigenkontrollen durchzuführen und diese transparent zu dokumentieren. Es muss zudem geprüft werden, ob und wie die amtlichen Kontrollen intensiviert und die Risikobewertung von Futtermittelbetrieben verbessert werden können.
    Norwich Rüße (Grüne) ... es als gescheitert an, auf Eigenkontrollen der Unternehmen zu setzen. Es ist ein Widerspruch in sich, von einem unmittelbar Profitierenden Neutralität zu verlangen. Die staatlichen Behörden müssen mehr unangekündigte Kontrollen durchführen und dafür personell entsprechend besser ausgestattet sein.
    Kai Abruszat (FDP) ... dass die Wirtschaft erkennen muss, dass sie aus eigenem Interesse in der Verantwortung steht, gut mit den Behörden zusammenzuarbeiten, um Schwarze Schafe zu identifizieren, bevor sie einen ganzen Berufszweig in Verruf bringen können.
    Hamide Akbayir (Linke) ... gesetzliche Regelungen als notwendig an, die von einer gut ausgestatteten Behörde mit ausreichendem Personal durchgesetzt werden. Es muss eine Pflichtkontrolle für die Wirtschaft geben, damit keine schädlichen Produkte mehr auf den Markt kommen.

    Die Macht der Verbraucherinnen und Verbraucher wird oft unterschätzt. Meiner Ansicht nach ...

    Rainer Deppe (CDU) ... muss sich der Verbraucher darauf verlassen können, dass jedes Nahrungsmittel, das in Deutschland auf den Markt kommt, sicher ist. Deutsche Lebensmittel gehören nach wie vor zu den besten der Welt. Billig kann nie Rechtfertigung für gesundheitsschädlich sein.
    André Stinka (SPD) ... können Verbraucher durch eine bewusste Nachfrage die Art der Lebensmittelproduktion beeinflussen. Dies setzt aber mehr Aufklärung voraus. Deshalb muss das Wissen über Lebensmittel, die Kultur des Essens und des Kochens in der schulischen Bildung und der Weiterbildung verstärkt vermittelt werden.
    Norwich Rüße (Grüne) ... verfolgen sie sehr genau, wer nur redet und wer auch handelt. Der Umweltminister hat sofort vorbildlich gehandelt, konsequent untersuchen lassen und verunreinigte Chargen benannt. Und nicht zuletzt stimmen Verbraucherinnen und Verbraucher auch mit ihrem Kaufverhalten über die Produktqualität ab.
    Kai Abruszat (FDP) ... müssen Verbraucher dazu in die Lage versetzt werden, ein besseres Gefühl für die Wertigkeit von Produkten zu erlangen. Dazu bedarf es zusätzlicher Kompetenzvermittlung für Verbraucher schon in jungen Jahren. Produkte, deren Inhaltsstoffe unklar beschriftet sind, sollte er nicht kaufen.
    Hamide Akbayir (Linke) ... müssen Verbraucherinnen und Verbraucher regelmäßig und verständlich über alle Lebensmittel und deren Zutaten von den Behörden aktiv informiert werden. Zusätzlich müssen alle Lebensmittel verständlich gekennzeichnet sein. Dadurch können die Verbraucherinnen und Verbraucher bewusster einkaufen.

    Zugekaufte, verunreinigte Futtermittel können landwirtschaftlichen Betrieben wirtschaftlichen Schaden zufügen. Dem kann man zukünftig dadurch begegnen, dass ...

    Rainer Deppe (CDU) ... die Lieferanten die Unbedenklichkeit ihrer Ware vor Zugang in die Futtermittelkette nachweisen müssen. Dies gilt übrigens auch für die Bio-Branche, die noch immer unter dem Dioxin- Skandal vom vergangenen Sommer leidet. Die Existenz unserer ehrlich arbeitenden Landwirte steht auf dem Spiel.
    André Stinka (SPD) ... Futtermittelhersteller und -händler verpflichtet werden, eine angemessene Haftpflichtversicherung abzuschließen oder einen Haftungsfonds einzurichten. Damit sollen dann Schäden in der Lebensmittelkette oder in der Landwirtschaft abgedeckt werden, die durch belastete Futtermittel verursacht werden.
    Norwich Rüße (Grüne)... die gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheitsstandards bei Futtermitteln erhöht werden. Von Futtermittelherstellern ist von unabhängiger Seite der zertifizierte Nachweis über die Reinheit zu jedem einzelnen Inhaltsstoff zu erbringen. Kauft der Betrieb Bio-Futtermittel, ist das ohnehin die Norm.
    Kai Abruszat (FDP) ... man sich als Landwirt auf einen Zulieferer seines Vertrauens beschränkt. Auch Landwirte müssen ihre Marktmacht nutzen und den Druck auf die Futtermittelhersteller erhöhen, damit diese hochwertige, gesunde Futtermittel liefern. Die große Mehrzahl der Futtermittellieferanten tut dies ja auch.
    Hamide Akbayir (Linke) ... sowohl für eine artgerechte Tierhaltung als auch für den Verbraucherschutz die Etablierung einer bäuerlichen Landwirtschaft, möglichst biologisch bewirtschaftet, eine Lösung wäre. Und Produktpreise, die den Landwirten die Existenz sichern und für die Verbraucherinnen und Verbraucher bezahlbar sind.

    Diskutiert wird auch eine strikte Trennung der Produktionskreisläufe für Futter- und Nahrungsmittel von denen für die technische Industrie. Dies halte ich für ...

    Rainer Deppe (CDU) ... richtig und wird von der Bundesregierung bereits vorangetrieben. Es kann nicht sein, dass dort, wo mit Abfällen hantiert wird, Lebensmittel hergestellt werden. Der Mensch, aber auch Nutztiere oder Äcker dürfen niemals als Mülldeponie missbraucht werden.
    André Stinka (SPD) ... eine zentrale Forderung, um die Sicherheit in der Futtermittelproduktion zu verbessern. Eine klare Trennung der Produktströme kann dafür sorgen, dass das Risiko von gefährlichen Vermischungen von technischen Fetten mit Futter- und Nahrungsmittel verringert wird.
    Norwich Rüße (Grüne) ... eine wichtige Maßnahme. Insbesondere aber müssen Unternehmen, die Futterfette herstellen oder mit diesen handeln, einer behördlichen Zulassung unterliegen. Mit dieser Zulassung müssen klare Verpflichtungen und eine Eignungsprüfung verbunden sein, die zu mehr Futtermittelsicherheit führen.
    Kai Abruszat (FDP) ... einen wichtigen Baustein auf dem Weg zu mehr Sicherheit für unsere Lebensmittel. Gegen Kriminelle, die vorsätzlich gegen geltendes Recht verstoßen, wird allerdings jedes Gesetz und jeder Kontrolleur machtlos sein. Hier muss die volle Härte der Justiz für Gerechtigkeit sorgen.
    Hamide Akbayir (Linke)... absolut notwendig, geradezu selbstverständlich. Das hätte schon längst passiert sein müssen! Zusätzlich fordern wir für alle Chargen von zugekauften Futtermitteln strenge Kontrollen. Als erste Priorität sollten die Landwirte die Möglichkeit bekommen, den größten Teil ihrer Futtermittel selber anzubauen!

    Systematik: 6800 Ernährung; 6510 Landwirtschaftliche Betriebe; 5210 Gesundheitsschutz

    ID: LI110112

  • 2010 - Spiegelstriche.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 11 - 20.12.2010

    Es ist wie immer. Und doch immer wieder neu. Ein ereignisreiches Jahr liegt hinter uns. Ein neues Kapitel beginnt. Blicken wir zurück, sehen wir große und kleine Themen, die die politische Welt bewegten. Da wäre zum einen die schwere Weltwirtschaftskrise des letzten Jahres. Ihre Auswirkungen reichen auch im Jahr 2010 über die Bundes- und Landespolitik hinaus bis in jede Kommune. Wie am besten verfahren? Grundsätzliche Positionen werden deutlich: Mehr Staatsinitiative? Oder doch eher eine Stärkung privaten Engagements? Wie viele Rücklagen sind notwendig, wie viele vorbeugende Investitionen? In Krisenzeiten wird die Vernetzung zwischen Finanz-, Wirtschafts-, Kommunal- und Bildungspolitik deutlicher als sonst, wie die Programme von Bund und Land zur Bekämpfung der Rezession und zur Vorbereitung auf zukünftige Herausforderungen gezeigt haben.
    Spannende Zeiten für politische Auseinandersetzung. Im Wahlkampf für die Landtagswahl am 9. Mai 2010 werden unterschiedliche Ansätze und Lösungsmodelle noch sichtbarer als sonst. Das Wahlergebnis zeigt ihre Wertung durch die Bürgerinnen und Bürger und bringt doch keine Klarheit. Als Folge erhält NRW eine Minderheitsregierung. Diese muss bei jeder Abstimmung um Mehrheiten ringen. Der Landtag rückt noch stärker in den Fokus der politischen Beobachter.
    Zentrale Themen der politischen Debatte, das, was die Gesellschaft berührt und von den Abgeordneten aufgegriffen wird, bestimmen die Schwerpunkte der Parlamentszeitschrift Landtag Intern auch im 40. Jahr ihres Bestehens.
    Auf die Arbeit des Landtags in den letzten zwölf Monaten blickt diese Ausgabe zurück - sowohl mit einer Jahresschau als auch mit den Stellungnahmen der Fraktionsvorsitzenden in der Rubrik "Schlag auf Schlag". Grundlage des politischen Handelns ist das vom Landtag bewilligte Geld. Nicht umsonst schlagen bei Haushaltsdebatten die Wogen besonders hoch - so auch über den Nachtragshaushalt 2010. Wofür zusätzliches Geld bereitgestellt werden soll und wofür nicht, wie die Vorhaben zu finanzieren sind: Thema der ersten Seiten dieser Ausgabe.

    Ausblick

    Die Verabschiedung des Haushalts ist eine zentrale Aufgabe des Parlaments. Sie wird Landtag Intern ins neue Jahr hinein begleiten. Ebenso zum Beispiel die Fragen nach der optimalen Schulstruktur, nach dem Für und Wider von Studienbeiträgen, nach den Grenzen kommunalwirtschaftlicher Betätigung. Der Landtag, die Volksvertretung der Bürgerinnen und Bürger an Rhein, Ruhr und Lippe bleibt zentraler und spannender Ort der politischen Auseinandersetzung.
    cw

    ID: LI101102

  • Laumann, Karl-Josef (CDU); Römer, Norbert (SPD); Priggen, Reiner (Grüne); Dr. Papke, Gerhard (FDP); Zimmermann, Wolfgang (Linke)
    Schlag auf Schlag: "Landtag intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal sind es die Fraktionsvorsitzenden.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 11 - 20.12.2010

    Nordrhein-Westfalens Themen 2010 waren für mich ...

    Karl-Josef Laumann (CDU) ... die Landtagswahl im Mai, die Bildung einer instabilen rot-grünen Minderheitsregierung von Gnaden der Linkspartei und die sich daraus ergebenden Konsequenzen. Konkret denke ich beispielsweise an den Stillstand in der Industriepolitik, Stichwort Datteln, und die Aufkündigung des Schulfriedens in Nordrhein- Westfalen durch die Errichtung von Gemeinschaftsschulen. Und nicht zuletzt war und ist für mich Frau Krafts Rekordverschuldung ein zentrales Thema. Alles das ist nicht gut für unser Land.
    Norbert Römer (SPD)... die Wahl der ersten Ministerpräsidentin in der 60-jährigen Geschichte des Landes als politisches Highlight, aber auch die schrecklichen Ereignisse bei der Loveparade in Duisburg.
    Reiner Priggen (Grüne) ... natürlich die Landtagswahl und der zugegeben etwas überraschende Regierungswechsel. Die daran anschließenden Gespräche zwischen den Parteien und dann der erstmalige Versuch, eine Minderheitsregierung zu bilden. Damit ist in NRW das Jahr 2010 für mich das Jahr von Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann.
    Gerhard Papke (FDP) ... die Landtagswahlen und ihre fatalen Folgen für Nordrhein-Westfalen, weil Frau Kraft entgegen ihrer Versprechen vor der Wahl gemeinsame Sache mit den Linksextremisten macht. Rot-Rot-Grün verschiebt die Achse unseres Landes Richtung Einheitsbildung und bürokratische Staatswirtschaft. Vor allem aber die Tragödie bei der Loveparade war für mich das bewegende Thema. Leider sind die Fragen nach den Ursachen der Katastrophe immer noch nicht beantwortet.
    Wolfgang Zimmermann (Linke) ... die Abwahl der schwarz-gelben Landesregierung und ihrer "Privat vor Staat"-Politik, die u. a. zum Abbau der Mitbestimmung, zur Einführung der Studiengebühren und zu mehr sozialer Ungerechtigkeit geführt hat. Selbstverständlich auch der Einzug der LINKEN in den Landtag und die damit verbundene weitere Etablierung des Fünf-Parteien-Systems. Leider aber auch der tragische Ausgang der Duisburger Loveparade.

    Wichtige Herausforderungen für das Jahr 2011 sehe ich ...

    Karl-Josef Laumnann (CDU) ... in der Etablierung der CDU im Düsseldorfer Landtag als personelle und inhaltliche Alternative zur instabilen Regierung Kraft. Zu den wichtigsten Herausforderungen gehört aus meiner Sicht, dass wir die Wirtschaftskrise dauerhaft überwinden, dass die Menschen ohne Arbeit in Nordrhein-Westfalen einen guten Arbeitsplatz finden, dass die Schulvielfalt für unsere Kinder erhalten bleibt und die Konsolidierung des Landeshaushalts ernsthaft angepackt wird.
    Norbert Römer (SPD) ... vor allem in der besseren Förderung unserer Kinder vor der Schule, in der Schule und nach der Schule. Sie brauchen die beste Bildung und eine qualifizierte Ausbildung an der Uni oder im Betrieb ohne finanzielle Hürden wie Studiengebühren oder Kita-Beiträge. Für diese Zukunftsinvestitionen wollen wir mehr Geld ausgeben.
    Reiner Priggen (Grüne) ... in einer verbesserten Möglichkeit der Teilnahme von Bürgerinnen und Bürgern bei Volksentscheiden auf Landesebene und Bürgerentscheiden in den Kommunen, einem hoffentlich weitgehenden Konsens bei der Schulpolitik angesichts drastisch rückläufiger Schülerzahlen und einem guten Klimaschutzgesetz, das uns diese große Herausforderung in NRW mit all seinen darin liegenden Zukunftschancen für Arbeitsplätze nutzen lässt.
    Gerhard Papke (FDP) ... darin, dass die Landesregierung dem Mittelstand nicht immer weiter die Luft abwürgt und NRW Industrieland bleibt. Leider soll die Tätigkeit von Staatsbetrieben deutlich ausgeweitet werden. Das weltweit modernste Steinkohlekraftwerk in Datteln droht durch grüne Blockadepolitik zur Bauruine zu werden. Und die Verzögerungstaktik bei der CO-Pipeline gefährdet tausende Arbeitsplätze. Die FDP wird sich weiter für die beste Bildung aller Kinder im begabungsgerechten Schulsystem einsetzen. Rot-Grün muss den Versuch stoppen, das gegliederte Schulwesen am Parlament vorbei zu beseitigen und die Finger von den Gymnasien lassen.
    Wolfgang Zimmermann (Linke) ... in der Verwirklichung einer Schulreform, die diesen Namen auch verdient, in einem Haushalt für Nordrhein-Westfalen, der keinen Sozialabbau, Stellenabbau und keine Privatisierungen öffentlichen Eigentums enthält und die Arbeitsund Lebensbedingungen der Menschen in NRW deutlich verbessert. Es muss eine Politik gemacht werden, die Armut bekämpft und für soziale Gerechtigkeit sorgt.

    Auf meinem Wunschzettel fürs neue Jahr steht ...

    Karl-Josef Laumann ... deutlich stärkste Fraktion im Düsseldorfer Landtag zu werden, die Regierung Kraft so schnell wie möglich abzulösen und dafür zu sorgen, dass Nordrhein-Westfalen wieder stabile politische Verhältnisse erhält. Denn die Menschen in Nordrhein-Westfalen haben ein Recht darauf, gut regiert zu werden. Und für die Linke wie für alle extremistischen Parteien wünsche ich mir, dass sie in Nordrhein-Westfalen wie auch in Deutschland politisch an Boden verlieren - bis hin zur Bedeutungslosigkeit.
    Norbert Römer (SPD) ... selbstverständlich Gesundheit ganz oben, denn ohne Gesundheit ist alles nichts. Aber sie ist auch nicht alles. Deshalb hoffe ich, dass wir alle gemeinsam beim Wettstreit um die besten Lösungen für die Menschen in der politischen Auseinandersetzung etwas mehr auf die Sache schauen und weniger auf Schlagzeilen. Das wäre gut für die politische Kultur und gut für die Akzeptanz unserer Arbeit in der Bevölkerung.
    Reiner Priggen (Grüne)... , dass in der Familie alle gesund bleiben, Borussia Dortmund weiterhin so faszinierend spielt und Deutscher Fußballmeister wird und wir in der Koalition weiterhin eine vernünftige und nach Möglichkeit noch bessere Arbeit leisten.
    Gerhard Papke (FDP) ... , dass Borussia Dortmund auch in der Rückrunde genauso weiterspielt wie in der Hinrunde.
    Wolfgang Zimmermann (Linke) ... , dass es in Nordrhein-Westfalen endlich einen wirklich grundlegenden Politikwechsel gibt. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass die Bürgerinnen und Bürger auch im Jahr 2011 mit vielfältigen Aktionen Widerstand gegen die neoliberale Politik leisten und für eine gerechte und solidarische Gesellschaft auf die Straße gehen. Bei diesen Aktionen stehen wir an ihrer Seite.

    ID: LI101111

  • Operation Bildung.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 10 - 01.12.2010

    In einem sind sich alle einig: Bildung ist der Schlüssel. Kluge Köpfe sind nicht nur Motor für die Wirtschaft, beste Bildung eröffnet auch jedem Menschen individuell die Chance auf Entfaltung seiner Fähigkeiten und Potenziale. Abseits dieser Aussagen gehen die Meinungen allerdings auseinander. Die strittige Kernfrage jeder Diskussion rund um die Bildung lautet: Wie lässt sich das große Ziel erreichen?
    Die Tatsache, dass Debatten um Schul- und Bildungspolitik immer wieder hitzig und leidenschaftlich geführt werden, lässt sich wohl auf die große Bedeutung dieses Politikfeldes zurückführen, derer sich alle Fraktionen im Landtag bewusst sind. Umso engagierter setzen sie sich für den jeweils ihrer Meinung nach richtigen Weg ein. Je länger man mit konkreten Schritten warte, so die allgemeine Auffassung, desto gravierender seien die Folgen. Bildungspolitik betrifft im Alltag alle, nicht nur Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte, sondern auch Eltern und die Wirtschaft, die Nachwuchskräfte sucht. Auch wegen der umfassenden Relevanz der Bildungspolitik ist ihre Bedeutung so groß.
    Streitpunkte gibt es viele: Bietet das gegliederte Schulsystem optimale Möglichkeiten für individuelle Förderung, oder ist längeres gemeinsames Lernen die bessere Alternative, um alle Kinder zu bestmöglichen Abschlüssen zu führen? Auf welchem Weg kann es gelingen, dass Kinder mit und ohne Behinderungen gemeinsam lernen, wie es die UN-Konvention für Menschen mit Behinderungen fordert? Sind Schulnoten zum Sozialverhalten eine hilfreiche Form der Rückmeldung? Wie zuverlässig können Lehrkräfte am Ende der Grundschulzeit den weiteren Bildungsgang der Kinder empfehlen? Welches Mitspracherecht sollen Eltern, Schülerinnen und Schüler haben? Was darf in der Kommune vor Ort entschieden werden? Und wie bekommt man mehr Gerechtigkeit in die Arbeitszeiten der Lehrkräfte untereinander?

    Umbau bei laufendem Betrieb

    Das Feld Schule ist wohl deshalb so schwierig zu beackern, weil auf der einen Seite - je nach Auffassung unterschiedliche - Weichenstellungen schnellstmöglich vorgenommen werden müssen, um Negativfolgen zu vermeiden, auf der anderen Seite aber in ein dynamisches System eingegriffen werden muss. Jeder weiß, wie schwierig Umbau oder Renovierung bei laufendem Betrieb sind. Schulpolitik ist Operation am lebenden Objekt.
    Die Tatsache, dass Schulpolitik immer wieder ein Streitthema ist, zeigt, dass Argumente gründlich abgewogen und mit Verve diskutiert werden und diskutiert werden müssen. Schulpolitik ist kein Streitthema um des Streitens willen. Sie ist Herzensangelegenheit des Landtags NRW.
    sow

    ID: LI101002

  • Stimmen zur Schulreform.
    Sachverständige bewerten Kopfnoten, Grundschulgutachten, Mitbestimmung und Schulbezirke.
    Titelthema / Schwerpunkt;
    Ausschussbericht
    S. 9 in Ausgabe 10 - 01.12.2010

    3. November 2010 - Unter die Lupe genommen haben 24 Sachverständige einen Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Grünen. Diese planen, die derzeitigen Kopfnoten und die verbindlichen Grundschulgutachten abzuschaffen und gleichzeitig die Mitbestimmung in der Schule zu erhöhen. Auch sollen Kommunen wieder die Möglichkeit bekommen, verbindliche Grundschuleinzugsbezirke einzuführen. Die Linksfraktion hat zu denselben Aspekten eigene Gesetzentwürfe eingebracht, die in dieselbe Richtung zielen. Gemeinsam hatten der Schul- und der Kommunalausschuss (Vorsitz Wolfgang Große Brömer bzw. Carina Gödecke, beide SPD) zu der öffentlichen Anhörung eingeladen.

    Kopfnoten

    Aus Ziffernoten lasse sich nicht ableiten, wo Veränderungsbedarf bestehe, meinte Jutta Endrusch vom Verband Bildung und Erziehung. Benedikt Haumer, der für die LandesschülerInnenvertretung NRW sprach, hielt es für sinnvoller, von Lehrkräften direkt angesprochen zu werden. Kopfnoten am Ende des Halbjahres seien oft nicht nachvollziehbar. Kopfnoten hielt Monika Landgraf von der Landeselternkonferenz NRW für Stolpersteine in der Pubertät: "Sie bleiben auf dem Zeugnis stehen, aber die Jugendlichen entwickeln sich weiter." Aus Sicht der Wirtschaft argumentierten Sabine Mayer und Andreas Oehme und betonten hingegen, dass eine Bewertung und Dokumentation der Sozialkompetenzen von Bewerberinnen und Bewerbern für die Betriebe sehr hilfreich seien. Zudem eröffneten gute Kopfnoten die Chance auf einen Ausbildungsplatz trotz schlechterer Fachnoten. Einige Sachverständige kritisierten, dass es den Schulen künftig freigestellt werden soll, Kopfnoten zu vergeben. Ganz oder gar nicht, meinte etwa Elke Vormfenne als Vertreterin der Lehrkräfte an Wirtschaftsschulen. Wie Ilona Dubalski- Westhof, die den Verein katholischer Lehrerinnen vertrat, verlangten weitere Sachverständige außerdem einen verbindlichen Kriterienkatalog, um Kopfnoten landesweit vergleichbar zu machen. Zudem müssten sie durch detaillierte Förderempfehlungen ergänzt werden, forderte Dr. Uwe März von der Landeselternschaft der Gymnasien. Kadir Daglar von der Föderation Türkischer Elternvereine plädierte für Fußstatt Kopfnoten und wollte diese auf zwei beschränken.

    Mitbestimmung

    Zu welchen Anteilen Lehrkräfte, Eltern, Schülerinnen und Schüler in der Schulkonferenz vertreten sein sollen, wurde ebenfalls kontrovers diskutiert. Bisher haben Lehrkräfte die Hälfte aller Stimmen, künftig soll die Schulkonferenz aus drei gleich großen Gruppen bestehen. Peter Silbernagel vom Philologenverband NRW kritisierte die Pläne: Die Verantwortung der drei Gruppen sei zwar gleichwertig, aber nicht gleichartig. Aus Sicht der Berufskollegs berichtete Heinz Gottmann, die Identifikation der Jugendlichen mit der Schule halte sich in Grenzen, da diese nur ein bis zwei Jahre dort seien. Zudem werde die geplante Struktur der Fachkompetenz der Lehrkräfte nicht gerecht, argumentierte Konrad Großmann von der Rheinischen Direktorenvereinigung. Rainer Dahlhaus von der Schulleitervereinigung der Gesamtschulen sah kein Problem darin, auch Laien Entscheidungskompetenz einzuräumen. "Die Schulkonferenzen sind die Parlamente der Schulen", sagte er im Landtag. Er hielt es für vorteilhaft, dass Mehrheiten nicht von vornherein feststünden und um die besten Argumente gerungen werden müsse. Mit fachkompetenten Argumenten ließen sich Eltern durchaus überzeugen, bekräftigte Martin Depenbrock von der Landeselternschaft der Grundschulen.

    Schulempfehlungen

    Dass Grundschulgutachten mit einer Empfehlung zu einer bestimmten weiterführenden Schulform nicht mehr verbindlich sein sollen, begrüßte unter anderem Werner Kerski, der die Gemeinnützige Gesellschaft Gesamtschule NRW vertrat. Dorothea Schäfer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft hielt es für noch konsequenter, die Gutachten gänzlich abzuschaffen. Dies unterstützte Joachim Miekisch vom Landeselternrat der Gesamtschulen. An die Stelle sollte ein verpflichtendes Beratungsgespräch der Eltern treten, schlug er vor und forderte hierfür landeseinheitliche Vorgaben. Anderer Meinung war Brigitte Balbach von der Organisation "Lehrer NRW", die in einer frühen Selektion einen Bestandteil der individuellen Förderung sah und Aufnahmeprüfungen an weiterführenden Schulen vorschlug. Auch Dubalski-Westhoff problematisierte, den Eltern fehlten oft Objektivität und Distanz bei der Entscheidung zur weiterführenden Schule für ihr Kind. Eine Abschaffung der verbindlichen Grundschulgutachten gefährde daher das Wohl der Kinder und entziehe den Lehrkräften das Vertrauen.

    Grundschulbezirke

    Die Möglichkeit für Kommunen, wieder Grundschulbezirke einzuführen, begrüßten viele Fachleute, darunter Dr. Matthias Menzel als Vertreter der Städte und Gemeinden. Für Gemeinden, die eine Zwergschule am Standort halten wollten, sei dies eine Chance. Allerdings sei auch die Freiwilligkeit einer so aufwändigen Strukturänderung wichtig, erklärte er. Margret Rössler von der Schulleitervereinigung NRW lobte die geplante Änderung ebenfalls. Schulbezirke hielt sie für ein Instrument der Integration und auch der Inklusion, was ein gemeinsames Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen bedeutet. Kurze Wege für kurze Beine erachtete auch Depenbrock für sinnvoll, wehrte sich aber gegen eine Beschneidung des Elternwillens. Solange es gravierende Qualitätsunterschiede zwischen Schulen gebe, dürften Kinder nicht in eine qualitativ schlechtere Schule gezwungen werden. Besorgt zeigte sich auch Martin Schulte, der die Interessen von Eltern hochbegabter Kinder vertrat. Eine wohnortnahe und zugleich den kindlichen Bedürfnissen angemessene Schule sei kaum in allen Fällen vorhanden. Er wünschte sich daher eine Ausnahmeregelung für hochbegabte Kinder, damit ihre Eltern nicht an etwaige verbindliche Grundschuleinzugsbezirke in ihrer Kommune gebunden seien.
    sow

    Systematik: 4200 Schulen

    ID: LI101010

  • Prof. Dr. Dr. Sternberg, Thomas (CDU); Link, Sören (SPD); Beer, Sigrid (Grüne); Pieper-von Heiden, Ingrid (FDP); Böth, Gunhild (Linke)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal geht es um Schule und Bildung.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 10 - 01.12.2010

    Das A und O bei der Bildung ist die individuelle Förderung. Diese kann am besten erreicht werden durch...

    Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU)... ein vielfältiges Schulangebot, sodass Eltern für ihre Kinder mit den unterschiedlichsten Begabungen und Interessen die richtige Schule auswählen können.
    Sören Link (SPD)... bessere Rahmenbedingungen an allen Schulen in NRW. Deshalb setzen wir auch auf die Gemeinschaftsschule. Hier können alle Kinder in kleineren Lerngruppen länger gemeinsam lernen. Im Ganztagsbetrieb gefördert haben alle Schülerinnen und Schüler die Chance auf den jeweils bestmöglichen Schulabschluss.
    Sigrid Beer (Grüne) ... einen grundlegenden Perspektivwechsel. Das Kind muss nicht zur Schulform passen, sondern die Schule muss alles tun, um die Potenziale des Kindes zu entwickeln. Guter Unterricht, der zum eigenständigen Lernen befähigt, und eine unterstützende Schulstruktur, die Chancen öffnet, bilden das Fundament.
    Ingrid Pieper-von Heiden (FDP)... kleinere Klassen, konsequente Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer und differenzierten Unterricht, in dem die Kinder auf unterschiedlichen Leistungsebenen entsprechend unterrichtet werden.
    Gunhild Böth (Linke) ... ein ausreichend finanziertes Bildungssystem, das bereits im Kindergarten beginnt und auch nach der Berufsausbildung nicht endet, weil alle Menschen Weiterbildung brauchen. Die Einstellung von zusätzlichem, qualifiziertem Personal ist hierbei unabdingbar.

    Engagierte Eltern bereichern die Schule. Sinnvolle Grenzen des Elternwillens sehe ich ...

    Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU) ... wenn deutlich wird, dass Eltern ihre Kinder durch zu ehrgeizige Entscheidungen überfordern
    Sören Link (SPD) ... da, wo staatliche Verantwortung greift oder die professionelle Arbeit der Lehrkräfte gefordert ist. Ansonsten wollen wir den Elternwillen stärken. Deshalb werden wir die verbindlichen Grundschulgutachten abschaffen und die Drittelparität in den Schulkonferenzen wieder herstellen.
    Sigrid Beer (Grüne)- Die Aufgabe ist eine andere! Eltern können ihre Kompetenzen einbringen und Eltern können Unterstützungsbedarfe haben. Grundsätzlich müssen Eltern in Schulen wirklich willkommen sein, mitmachen und mitbestimmen dürfen. Das Vertrauen zwischen Elternhaus und Schule muss hergestellt werden! Daran fehlt es vielerorts.
    Ingrid Pieper-von Heiden (FDP) ..., wenn im Einzelfall ein Kind nach pädagogischer Einschätzung an der von den Eltern geforderten Schulform völlig überfordert wäre und dort scheitern würde. In Regierungsverantwortung der FDP wurde deshalb das Grundschulgutachten mit der Möglichkeit des Prognoseunterrichts eingeführt.
    Gunhild Böth (Linke) ... wenn ein Mangel an Schulangeboten zu Konkurrenz unter den Eltern führt, d. h. die Auswahl der Schule nach dem Geldbeutel bestimmt wird. Diesem Problem könnte durch die Einrichtung eines flächendeckenden Gesamtschulangebots leicht Abhilfe geschaffen werden.

    Schulen sind auch Orte zum Erlernen von Sozialkompetenz. Eine Rückmeldung über Lernerfolge in diesem Bereich sollte geschehen durch ...

    Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU) ... aussagekräftige Hinweise zum Sozial- und Arbeitsverhalten auf den Jahreszeugnissen.
    Sören Link (SPD) ... unmittelbare Rückmeldungen durch Lehrerinnen und Lehrer im Schulalltag. Auf den Zeugnissen soll dies - da wo vor Ort gewünscht - durch schriftliche Rückmeldungen zum Arbeits- und Sozialverhalten geschehen. Die bisherigen Kopfnoten haben sich als untauglich erwiesen, da man das individuelle Sozialverhalten eines einzelnen Schülers nicht in starre Noten pressen kann.
    Sigrid Beer (Grüne)... Lernentwicklungsberichte, die die Kompetenzen beschreiben und Rückmeldung geben zur Weiterentwicklung. Die zu erreichenden sozialen und personalen Kompetenzen müssen transparent und klar beschrieben sein. Wo und wie diese Kompetenzen in der Schule gelernt werden, macht das Schulcurriculum deutlich.
    Ingrid Pieper-von Heiden (FDP) ... einen ständigen Gesprächsfaden zwischen Lehrern, Eltern und Schülern sowie die Beibehaltung der von Schwarz-Gelb eingeführten und von einer großen Mehrheit geschätzten Noten für das Arbeits- und Sozialverhalten.
    Gunhild Böth (Linke) ... Gespräche zwischen Schüler/-innen und Lehrkräften. Die Kopfnoten hingegen zwingen Schüler/-innen zur Anpassung, denn meist werden Kinder nicht nach den Sozialkompetenzen bewertet, sondern ob sie "pflegeleicht" sind.

    Kritiker beklagen einen Zusammenhang von sozialer Herkunft und Schulerfolg. Das beste Rezept dagegen ist aus meiner Sicht ...

    Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU) ... individuelle Förderung in differenzierten Bildungsgängen an begabungs-, leistungs- und interessegerechten Schulen.
    Sören Link (SPD) ... die Kombination aus früher und individueller Förderung. Wir wollen dies vor allem durch den schrittweise kostenlosen Kindergartenbesuch erreichen und durch mehr Qualität bei frühkindlicher Förderung. Längeres gemeinsames Lernen wird dafür sorgen, dass die bisherige Aufteilung von Kindern auf verschiedene Schulformen bereits nach Klasse 4 aufhört.
    Sigrid Beer (Grüne) ... - Es geht nicht um Rezepte. Eine konsequente und systematische Förderung muss in der Elementarbildung beginnen und in der Schule weitergeführt werden. Besonders das Sortieren der Kinder im gegliederten Schulsystem bewirkt, dass sich soziale und ethnische Herkunft auf die Bildungschancen auswirken.
    Ingrid Pier-von Heiden (FDP)... individuelle Förderung und frühkindliche Bildung. FDP und CDU haben die Sprachförderung gestärkt und Sprachtests für 4-Jährige eingeführt. Im Schulgesetz ist individuelle Förderung verankert. Schulen in sozial schwierigem Umfeld sind von uns durch den Sozialindex mit zusätzlichen Stellen unterstützt worden.
    Gunhild Böth (Linke) ... "Eine Schule für alle", in der alle Kinder mit ihren Stärken und Schwächen angenommen und gefördert werden. Bildungsgerechtigkeit kann nur stattfinden, wenn Kinder nicht nach ihren familiären Defiziten sortiert werden.

    Bildung kostet Geld. Die Beteiligung der Studierenden an der Finanzierung der Hochschulen über Studiengebühren ist ...

    Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg (CDU)... gesamtgesellschaftlich sinnvoll, wenn das Studiengebührensystem - wie in NRW - sozialverträglich gestaltet ist.
    Sören Link (SPD) ... sozial ungerecht. Studiengebühren halten insbesondere Schülerinnen und Schüler aus sozial schwächeren Haushalten vom Studium ab. Deshalb schaffen wir die Studiengebühren in NRW bereits 2011 wieder ab. Wir treten für gebührenfreie Bildungsangebote ein - vom Kindergarten bis zur Hochschule. Bildung ist keine Ware - sondern ein öffentliches Gut!
    Sigrid Beer (Grüne) ... aber nicht der richtige Weg, um Bildungsinvestitionen zu erhöhen. Die internationalen Erfahrungen zeigen, dass sich der Staat dann eher weiter zurückzieht. Zudem erhöhen Gebühren die Zugangsschranken. Die Angst vor Schulden schreckt Studienberechtigte ab. Einen Job nebenbei lassen Bachelor/Master kaum zu.
    Ingrid Pieper-von Heiden (FDP) ... richtig und für die Qualität des Studiums unverzichtbar. Schwarz-Gelb hat die Studienbeiträge sozialverträglich ausgestaltet und dafür gesorgt, dass die Mittel direkt in Lehre, Ausstattung und Forschung fließen. Diese Errungenschaften werden von Rot-Grün massiv gefährdet.
    Gunhild Böth (Linke) ... unsozial! Sicherlich sollten gut verdienende Akademiker/-innen der Gesellschaft etwas zurückgeben; das regelt eine gerechte Steuerpolitik. Mit einer angemessenen Vermögensteuer wäre die Finanzierung der Hochschulen kein Problem.

    Systematik: 4200 Schulen

    ID: LI101011

  • Schulstruktur: Eine für alle?
    Zwischen früher Differenzierung und längerem gemeinsamen Lernen.
    Titelthema / Schwerpunkt;
    Ausschussbericht
    S. 12 in Ausgabe 10 - 01.12.2010

    24. November 2010 - Länger gemeinsam die Schulbank drücken: Dies ist das erklärte Ziel der rot-grünen Landesregierung. Erst kürzlich hat Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) in einem Modellversuch die erste Gemeinschaftsschule in Ascheberg genehmigt. Große Teile der Opposition hingegen wehren sich gegen eine solche Lernstruktur. "Schulvielfalt erhalten - Keine Einheitsschule für NRW", fordert etwa die FDP-Fraktion in einem Antrag (Drs. 15/21). Auf dieser Grundlage haben am Mittwoch Fachleute im Ausschuss für Schule und Weiterbildung (Vorsitz Wolfgang Große Brömer, SPD) über das Für und Wider von Gemeinschaftsschulen diskutiert.
    Weniger Schüler, sinkende Akzeptanz der Hauptschulen, verändertes Wahlverhalten der Eltern: Diese Herausforderungen müssten Schulen in den kommenden Jahren meistern, so die Prognose zahlreicher Sachverständiger. "Wir können nicht den Kopf in den Sand stecken und so tun, als gebe es keinen Handlungsbedarf", betonte Udo Beckmann vom Verband Bildung und Erziehung NRW. Schulen sollten die Möglichkeit erhalten, sich weiterzuentwickeln. Den Modellversuch von Rot-Grün begrüße er deshalb ausdrücklich, genauso wie Eberhard Kwiatkowski von der Landeselternkonferenz NRW: "Viele Eltern sind mit dem Schulsystem, wie es ist, nicht zufrieden." Darüber hinaus forderte Dr. Matthias Menzel vom Städte- und Gemeindebund NRW, Paragraf 83 des Schulgesetzes zu überarbeiten: Gymnasien dürften nicht von organisatorischen Zusammenschlüssen unterschiedlicher Schulformen ausgeschlossen sein.
    "Wir müssen uns anders aufstellen", forderte auch Dorothea Schäfer von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft NRW, warnte jedoch genauso wie Klaus Hebborn vom Städtetag NRW vor ideologischen Kämpfen. Wer in der Debatte mit Begriffen wie "Einheitsschule" um sich werfe, diene niemandem. Entscheidend sei vielmehr, dass die soziale Herkunft nicht länger über den Bildungserfolg bestimmen dürfe, so Schäfer. Insgesamt erreiche das derzeitige Schulsystem nicht das eigentliche Ziel, nämlich ähnliche Leistungen ohne große Ausreißer, kritisierte Prof. Dr. Gabriele Bellenberg von der Ruhr-Universität Bochum. Zudem sei es ein Trugschluss, dass die leistungsstärkeren Schülerinnen und Schüler separiert in Gymnasien auch besser lernen würden. "Je heterogener eine Lerngruppe, desto förderlicher für alle", bestätigte Prof. Susanne Thurn, Leiterin der Laborschule des Landes NRW. Dabei komme es darauf an, dass "pädagogische Schulen" entstünden, in denen die individuellen Probleme der Kinder nicht außen vor blieben.

    Bestmögliche Förderung

    Es gebe keinen "seriösen Beleg" dafür, dass längeres gemeinsames Lernen mehr Bildungserfolg bringe, entgegnete hingegen Prof. em. Dr. Kurt Heller vom Zentrum für Begabungsforschung der Ludwig-Maximilians-Universität München. "Die Prognosefähigkeit ist nach der vierten Klasse nicht schlechter als nach der sechsten." Stattdessen hielt er daran fest, dass ein effektives Bildungssystem nur durch strukturelle Differenzierung von außen möglich sei. Genauso wie Brigitte Balbach vom Verband Lehrer NRW: "Das ist für uns ein erster Schritt individueller Förderung." Längeres gemeinsames Lernen wirke sich nachteilig sowohl auf Leistungsstarke als auch Leistungsschwache aus. Hinzu komme: Die Gesellschaft werde selektieren müssen. Wenn nicht in der Schulzeit, dann später an den Universitäten. Eine Gemeinschaftsschule schiebe die "Auslese" lediglich zeitlich nach hinten. Auch Peter Silbernagel vom Philologen- Verband NRW wies darauf hin, dass sich aus der frühen Differenzierung nicht alles Defizitäre ableiten lasse. Gleichzeitig verteidigte er die Schulform der Gymnasien. Ein gymnasialer Zweig innerhalb einer Gemeinschaftsschule sei kein adäquater Ersatz.
    Weniger die bestehende äußere Schulstruktur als vielmehr mangelnde Didaktik innerhalb von Schulen sei das Problem, konstatierte Prof. Dr. Matthias Rath von der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg. Aus wissenschaftlicher Sicht könne er keinen Zwang für eine bestimmte Schulgliedrigkeit ableiten. Gute Didaktik komme allerdings nicht ohne innere Differenzierungen aus: "Wer fördern will, muss differenzieren, und das schon in den Klassen." Äußere Strukturen könnten da lediglich unterstützend wirken. Ähnlich warnte Prof. Dr. i. R. Klaus Klemm von der Universität Duisburg- Essen davor, leichtfertigt monokausale Zusammenhänge zwischen Struktur und Bildungserfolg herzustellen. Wer die Gemeinschaftsschule einführe und glaube, damit sei alles gelöst, liege falsch: "Das ist eine Variable neben vielen anderen."
    bra

    Systematik: 4200 Schulen

    ID: LI101012

  • Das Parlament - offen für Öffentlichkeit.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 9 - 14.10.2010

    "Die Sitzungen des Landtags sind öffentlich." So steht es in Artikel 42 der nordrhein-westfälischen Landesverfassung. Das Bekenntnis zur Öffentlichkeit der Parlamentsarbeit kann nicht hoch genug bewertet werden. Erst dadurch, dass die Willensbildung in der Volksvertretung öffentlich einsehbar ist, wird sie transparent, nachvollziehbar und kontrollierbar. Ohne Öffentlichkeit ist also kein demokratischer Staat zu machen. Sie ist Grundlage für das legitime Handeln des Parlaments und Voraussetzung für politische Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger.
    Wie vielfältig Öffentlichkeit ist, zeigt ein Blick auf die Zuschauertribüne im Landtag Nordrhein-Westfalen. Dort können über 330 Gäste eine Plenarsitzung mitverfolgen. Unter ihnen befinden sich Besucherinnen und Besucher, die sich als Privatpersonen für das Parlament interessieren. Sie bilden einen wichtigen Teil der Öffentlichkeit vor Ort, ebenso wie Repräsentantinnen und Repräsentanten aus Kirche, Staat und Gesellschaft. Diese Ehrengäste machen deutlich, dass parlamentarisches Handeln im Kontext unterschiedlicher Meinungen und öffentlich artikulierter Positionen geschieht.
    Allerdings kann erst eine weitere Gruppe von Beobachterinnen und Beobachtern garantieren, dass möglichst viele Menschen im Land von den parlamentarischen Debatten erfahren. Die Vertreterinnen und Vertreter von Presse, Funk und Fernsehen sorgen für die über Massenmedien vermittelte Öffentlichkeit. Ohne sie wäre öffentliche Meinungsbildung über das Parlament kaum denkbar. Daher ist es Aufgabe der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landtags, den Journalistinnen und Journalisten die Berichterstattung aus dem Parlament zu erleichtern.

    40 Jahre "Landtag Intern"

    Die Öffentlichkeitsarbeit des Landtags hat außerdem den Anspruch, eine breite Öffentlichkeit umfassend und parteipolitisch neutral über parlamentarische Abläufe zu informieren. Hierzu leistet "Landtag Intern" seit 40 Jahren einen Beitrag. Regelmäßig bietet die Parlamentszeitschrift einen Überblick über die aktuellen Themen im Landtag und erreicht damit zehntausende Leserinnen und Leser.
    So wie sich die Erscheinungsformen der Öffentlichkeit, der Medien und gesellschaftlicher Interessen wandeln, so hat sich auch diese Zeitschrift weiterentwickelt. Das Jubiläum soll Anlass sein, auf vier Jahrzehnte "Landtag Intern" zurückzublicken und im Schwerpunkt das Verhältnis von Parlament und Öffentlichkeit zu thematisieren. Die Berichterstattung über Plenarsitzungen und Ausschüsse steht selbstverständlich im Zentrum auch dieser besonderen Ausgabe. Denn das bleibt der Anspruch von "Landtag Intern": Leserinnen und Lesern Informationen anzubieten, damit diese sich selbst ein Bild über das Parlament machen können.
    sw

    ID: LI100906

  • Uhlenberg, Eckhard (Landtagspräsident); Kraft, Hannelore (Ministerpräsidentin)
    Gut Schritt gehalten.
    Landtagspräsident und Ministerpräsidentin zum Jubiläum von Landtag Intern.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 3 in Ausgabe 9 - 14.10.2010

    Landtag Intern wird 40 Jahre alt. Grund genug für Rückblick und Ausblick auf Themen, Arbeitsmethoden und Zielsetzungen der Landtagszeitung. Als langjährige Abgeordnete kennen Eckhard Uhlenberg und Hannelore Kraft das Parlamentsmagazin sehr gut. Als Präsident und Herausgeber bzw. als Ministerpräsidentin schreiben sie Grußworte zum runden Geburtstag.

    Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg CDU)
    Wann die besten Jahre beginnen, darüber kann man trefflich streiten, aber dass die 40er-Lebensjahre dazugehören, darf als durchaus akzeptiert gelten. Insofern können sich unsere Zeitschrift Landtag Intern und alle, die redaktionell und technisch dahinter stehen, gleich dreifach beglückwünschen: zum 40-jährigen Bestehen, zu einem ansehnlichen Werdegang und zu positiven Perspektiven. Aus einem mit bescheidenen Mitteln hektografierten Informationsblättchen ist eine ansprechende Zeitschrift geworden. Gleich blieben Idee und Umsetzung: verständlich und beispielhaft, vor allem aber ausgewogen aus der Arbeit unseres Landtags zu berichten. Die journalistische Mischung schließt dabei Anekdotisches ebenso ein wie Beiträge aus "fremden Federn" und die "O-Töne" der im Parlament konkurrierenden oder koalierenden Parteien und Fraktionen.
    Das schließt, Geburtstag hin oder her, eine regelmäßige Blattkritik mit ein. Meine Meinung ist, dass die "Blattmacher" von Landtag Intern gut Schritt gehalten haben mit unseren veränderten Lesewünschen und -gewohnheiten. Mir liegt daran, dass das so bleibt. Hat aber angesichts der heutigen Fülle an Informationen, auch über elektronische Medien, eine eigene Zeitschrift des Landtags noch eine Berechtigung?
    Ich bin fest überzeugt: ja. Gerade bei meinen eigenen Besuchergruppen erlebe ich, dass diese Chance, sich "auf einen Blick" ein ergänzendes Bild vom Parlamentsbetrieb, seinen Themen, Verfahren und Menschen zu verschaffen, geschätzt und genutzt wird. Ich sehe es auch als eine Einladung an, sich beim interessierten Blättern oder gezielten Suchen Rechenschaft über die Tätigkeit von uns Volksvertretern geben zu lassen.
    Hier kommen wichtige Themen zur Geltung, die die landespolitische Berichterstattung von Tageszeitungen und Rundfunk nicht abdeckt. Hier ist Raum, die Arbeit der Ausschüsse vorzustellen und aus den Fraktionen Argumente und Positionen fair nebeneinander zu stellen - so knapp und so ausführlich, wie es eine fundierte sachpolitische Informationen einfach braucht. Daher freue ich mich auf "Landtag Intern" in der 15. Wahlperiode, die als Fünf-Parteien-Parlament besonders spannend zu werden verspricht. Ich hoffe, Sie freuen sich mit mir auf die kommenden Ausgaben.

    Herzlichst
    Ihr Eckhard Uhlenberg

    Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD)
    Mit "Landtag Intern" als neuem Informationsdienst komme "zum Ausdruck, dass das Parlament der Geheimniskrämerei tot ist", schrieb der damalige Landtagspräsident Dr. Wilhelm Lenz auf die Titelseite der ersten Ausgabe. Das war am 8. Oktober 1970. Heute könnte die Jubiläumsausgabe unserer Parlamentszeitschrift zugespitzt mit der Schlagzeile titeln: "Das Parlament der klaren Mehrheiten ist tot."
    Wir erleben jetzt bei uns in Nordrhein-Westfalen, was in skandinavischen Ländern oder in Kanada geübte Praxis ist. In seiner 15. Wahlperiode ist der Landtag ein Fünf-Parteien-Parlament. Das stellt die Abgeordneten und Fraktionen vor neue Herausforderungen. Ich sehe darin eine Chance für die Demokratie. Und eine Stärkung des Parlaments. Voraussetzung ist, dass sich alle - Regierung und Opposition - ihrer Verantwortung stellen. Die Minderheitsregierung muss für ihre politischen Inhalte werben, für das, was sie voranbringen will. Sie muss Partner gewinnen, um mit ihnen gemeinsam das Beste für unser Land zu erreichen. Ob das gelingt, hängt nicht nur von der Minderheitsregierung ab, sondern auch davon, wie sich die anderen Fraktionen auf diese Situation einstellen.
    Vor 40 Jahren hatte Ministerpräsident Heinz Kühn bei der Landtagswahl eine eigene Mehrheit gewonnen. Heute gibt es diese "klaren Verhältnisse" nicht mehr. Das Wahlverhalten der Menschen hat sich verändert. Und dadurch rückt die Debatte im Parlament wieder in den Mittelpunkt. Konstruktive Vorschläge, überzeugende Argumente haben jetzt Konjunktur. Gute Zeiten für die Demokratie. Wenn wir gemeinsam die Chance einer Stärkung der Demokratie nutzen, leisten wir auch einen Beitrag gegen Politikverdrossenheit.
    Mit Worten, die heute so aktuell sind wie damals, definierte Landtagspräsident Wilhelm Lenz das Ziel dieser Zeitschrift: "Den Abgeordneten und die Öffentlichkeit zu informieren, damit die im landespolitischen Verantwortungsbereich zu verfolgenden Aufgaben nicht nur erkennbar sind, sondern auch kontinuierlich sichtbar zu machen, wie sie in einem modernen parlamentarischen Stil bewältigt werden."
    Ich freue mich auf einen modernen parlamentarischen Stil und auf viele neue spannende Ausgaben unserer Parlamentszeitschrift - im World Wide Web und auf Papier gedruckt.

    Herzlichen Glückwunsch, "Landtag Intern".
    Hannelore Kraft

    Systematik: 7710 Printmedien

    ID: LI100907

  • Weder Hinterzimmer noch Talkshow-Bühne.
    Parlamentarische Demokratie braucht Öffentlichkeit und lebt vom Dialog.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 10 in Ausgabe 9 - 14.10.2010

    Wenn das nordrhein-westfälische Parlament tagt, ist die Öffentlichkeit Zeuge. Dass die Sitzungen laut Landesverfassung öffentlich stattfinden, liegt nicht daran, dass man interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen Gefallen tun will. Sondern daran, dass die parlamentarische Demokratie nicht ohne Öffentlichkeit funktioniert.
    Wenn die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen und alle fünf Jahre eine Volksvertretung wählen, dann schenken sie den Personen und Parteien, denen sie ihre Stimme geben, ihr volles Vertrauen. Sind die Abgeordneten einmal gewählt, sind sie laut Verfassung nur ihrem eigenen Gewissen verpflichtet und müssen sich in ihrem Tun am Volkswohl orientieren. Während der Legislaturperiode haben die Wählerinnen und Wähler kein Rückgabe- oder Umtauschrecht. Sie haben die Abgeordneten für die gesamte Wahlperiode ins Parlament gewählt, welches das Volk repräsentieren soll.
    Zwar können die Bürgerinnen und Bürger von ihrem Petitionsrecht Gebrauch machen und sich bei Ärger mit Behörden an den Landtag wenden. Außerdem haben sie über Volksbegehren und Volksentscheid die Möglichkeit mitzureden. Den Abgeordneten aber das Vertrauen entziehen können sie nur, indem sie bei der nächsten Wahl einer anderen Person, einer anderen Partei die Stimme geben. Damit sie in der Zwischenzeit die politischen Entscheidungen des Parlaments nachvollziehen können, müssen sie die Möglichkeit zum Einblick haben, und zwar unverfälscht, ungefiltert und wann immer sie wollen. Oder andersherum: Wenn Abgeordnete wiedergewählt werden wollen, müssen sie das ihnen entgegengebrachte Vertrauen öffentlich rechtfertigen.
    Dieses Prinzip der Öffentlichkeit parlamentarischer Entscheidungen ist Verpflichtung und Chance zugleich. Denn sie ist auch dazu geeignet, Politikverdrossenheit zu verringern - dadurch, dass Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben zu verstehen, warum das Parlament bestimmte Entscheidungen trifft. In Plenardebatten wird um das Für und Wider, um Vor- und Nachteile und Alternativen gerungen. In ebenfalls öffentlichen Sitzungen der Fachausschüsse werden Detailfragen erörtert, Fachleute und Betroffene angehört.
    Parlamentarische Öffentlichkeit setzt keine Öffentlichkeitsarbeit voraus. Wichtig ist nur, dass jede Bürgerin und jeder Bürger, wenn er oder sie will, Parlamentsentscheidungen nachvollziehen kann und dass diese nicht geheim in Hinterzimmern getroffen werden können. Zugegeben: Um wirklich etwas mitzubekommen, müssten die Bürgerinnen und Bürger den ganzen Weg zur Politik selbst gehen. Parlamentarische Öffentlichkeitsarbeit will den Bürgerinnen und Bürgern einen Teil der Strecke entgegenkommen, um den Abstand zwischen ihnen und der Politik zu verringern. Nur wer versteht, kann sich bei der nächsten Wahl gut entscheiden.

    Informationsangebot

    Dabei gibt es verschiedene Wege, sich über die Parlamentsarbeit zu informieren. Auf der Zuschauertribüne des Landtags können Bürgerinnen und Bürger persönlich Platz nehmen und Debatten verfolgen. Die Vertreterinnen und Vertreter der Medien übernehmen diese Aufgabe ebenfalls und berichten in Presse, Funk, Fernsehen und Internet aus den Sitzungen des Plenums und der Ausschüsse.
    Daneben bietet der Landtag Interessierten die Möglichkeit, überparteilich und neutral etwas über die aktuelle Parlamentsarbeit zu erfahren - Landtag Intern ist eine davon. Hier findet man auch Sachdebatten und vertiefende Anhörungen, die von der Tagespresse oft nicht in diesem Umfang aufgegriffen werden können.
    Neben Landtag Intern informieren Broschüren über die Arbeit des Landtags im Allgemeinen und erklären die parlamentarischen Abläufe. Im Internet bietet der Landtag Informationen über aktuelle Debatten und Ereignisse und ermöglicht es über das Video-Angebot "Landtag Live", Parlamentsdebatten mitzuverfolgen oder im Nachhinein anzuschauen. Auch wer wissen will, worüber genau geredet wird, wird fündig: Alle Dokumente, die seit 1946 Gegenstand parlamentarischer Beratung waren oder sind, sind verfügbar und können wortwörtlich nachgelesen werden. Die Infothek des Landtags bietet dabei umfassende Unterstützung.
    Von der Möglichkeit, selbst in den Landtag zu kommen, machen zudem jährlich etwa 70.000 Besucherinnen und Besucher Gebrauch. Der Besucherdienst des Landtags vermittelt verständliche und anschauliche Informationen - auch speziell für Kinder oder Jugendliche. Umgekehrt tritt der Landtag selbst in Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern, etwa zu den Tagen der Offenen Tür oder bei den NRW-Tagen, die jedes Jahr an einem anderen Ort stattfinden.
    Die beste Voraussetzung für eine starke Demokratie und eine rege Beteiligung an Wahlen ist ein geringer Abstand zwischen Volk und Volksvertretung. Wenn Bürgerinnen und Bürger parlamentarische Entscheidungen nachvollziehen und ihre Meinung an die Politik zurückspiegeln, entsteht ein Dialog, der Politik lebendig macht.
    sow

    Systematik: 1100 Parlament

    ID: LI100903

  • 40 Jahre gedruckte Demokratie.
    8. Oktober 1970: Die erste Ausgabe von Landtag Intern erscheint.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 11 in Ausgabe 9 - 14.10.2010

    40 Jahre Parlamentszeitschrift. Schauen wir zurück, nein, nicht auf "Landtag Intern", sondern auf das Parlament. Damals, im Oktober 1970, gehörten 200 Abgeordnete den drei im Landtag vertretenen Fraktionen an, CDU, SPD und FDP. Die Ausschüsse tagten grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung. Frauen unter den Abgeordneten waren in der Minderheit, ihre Quote lag in der 7. Wahlperiode (1970 bis 1975) bei heute unvorstellbaren 3,5 Prozent. Abgeordnete mit Migrationshintergrund kannte das Parlament überhaupt noch nicht.
    Blick auf heute: Das Parlament ist lebhafter, bunter, vielfältiger, offener und nebenbei auch kleiner geworden. Die Frauenquote hat sich seither verzehnfacht. Wenn auch voller Gleichstand nicht überall erreicht wurde, so liegen zwei kleinere Fraktionen bereits über der Parität. Der Landtag zählt nicht mehr drei, sondern fünf Fraktionen. Abgeordnete mit nichtdeutschen Wurzeln sind längst keine "Exoten" mehr, sondern bereichern Umgang und Arbeit. Die Tätigkeit der Landtagsabgeordneten ist effizienter, die Möglichkeit zur Regierungskontrolle intensiver, der Kontakt zu den Wählerinnen und Wählern enger geworden.
    Die Zeitschrift des Landtags Nordrhein-Westfalen ist wie das Parlament bunter und vielfältiger geworden. Ursprünglich in schwarz-weiß gedruckt, kam 2001 Farbe hinzu. Das Erscheinungsbild lockerte sich, Bilder erhielten ihr eigenes Gewicht. Zwänge lösten sich: Statt der fast 100-prozentigen Berichterstattung aus den Plenarsitzungen wurde mehr und mehr ausgewählt. Wort und Widerwort, die Rubrik der ersten Stunde, gelangte kürzer und präziser an die Leserinnen und Leser. Die Redaktion räumte den Fraktionen Raum zur eigenen Darstellung ein. Schwerpunktthemen wurden gesetzt, um unterschiedliche politische Standpunkte herauszuarbeiten. Wenn neue Themen aufgenommen wurden und anderswo gekürzt wurde, dann empfand die Leserschaft dies nicht als Substanzverlust, sondern als Bereicherung und Belebung des Spektrums. So gesehen erfand sich Landtag Intern in den zurückliegenden vier Jahrzehnten des Öfteren neu.
    Ein verlässlicher und Rat gebender Gefährte auf diesem Weg war immer der Redaktionsbeirat, in den Landtagsspitze und Fraktionen ihre Wünsche, Anregungen und Korrekturen einbringen. Wenn in den vergangenen Jahren im Blatt auch ein bisschen mehr erklärender Hintergrund hinzugekommen ist, dann unter strikter Wahrung der redaktionellen Selbstverpflichtung auf Neutralität und Überparteilichkeit. Diese beiden Grundsätze sind der Rahmen, der der journalistischen Arbeit in der Redaktion der Parlamentszeitschrift gezogen ist.
    Von all dem war vor 40 Jahren bei der ersten Ausgabe von Landtag Intern, die aus zehn Blättern bestand, die in der Hausdruckerei vervielfältigt und zusammengeheftet worden waren, nicht viel zu erkennen. Dass die Druckauflage auf über 30.000 Exemplare klettern würde, dass daneben Tausende Leserinnen und Leser auf die elektronische Ausgabe zugreifen würden, ganz abgesehen von den zufälligen oder regelmäßigen Klicks auf die Homepage - all dies hat sich erst über die Jahrzehnte entwickelt.
    In der Vergangenheit hat es hin und wieder Leserumfragen gegeben. Sie spiegelten die hohe Akzeptanz, das ungebrochene Vertrauen der Leserschaft in Landtag Intern wider. Diese Zeitschrift wird nicht nur gern und intensiv gelesen, sondern auch gebraucht. Denn im Konzert der gedruckten und gesendeten Medien ist sie eine wichtige Stimme. Sie kommt mitten aus dem Landtag. Sie liefert ein umfassendes, objektives und zeitnahes Bild der parlamentarischen Themen und Verhandlungen. Sie ist nicht auf die knappe Sendezeit im Funk oder den geringen Platz in der Zeitung angewiesen. Sie ist die Stimme des Parlaments: direkt, klug auswählend, verlässlich und objektiv.
    Jürgen Knepper

    Zusatzinformation:
    Jürgen Knepper war von 1980 bis 2008 Mitglied der Redaktion der Parlamentszeitschrift Landtag Intern, die er auch als Chefredakteur prägte.

    Systematik: 1100 Parlament; 7710 Printmedien

    ID: LI100913

  • Laschet, Armin (CDU); Altenkamp, Britta (SPD); Beer, Sigrid (Grüne); Witzel, Ralf (FDP); Michalowsky, Ralf (Linke)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal mit den Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 12-13 in Ausgabe 9 - 14.10.2010

    Der beste Weg, parlamentarische Prozesse einer breiten Öffentlichkeit zu vermitteln, ist aus meiner Sicht ...

    Armin Laschet (CDU) ... eine gute Kombination aus modernen und klassischen Medien. Das Internet und damit verbunden Newsletter und Mailings sind mittlerweile wichtige Kommunikationsmittel. Aber das gedruckte Wort in Parlamentszeitschrift oder Broschüren wird auch künftig unverzichtbar sein.
    Britta Altenkamp (SPD) ... das konkrete Beispiel. D. h. in Vereinen, Verbänden, Parteigliederungen, Schulen etc. ein konkretes Thema und seine Behandlung durch das Parlament durchzuspielen.
    Sigrid Beer (Grüne) ... sie stärker im Vorfeld zu beteiligen. Wir wollen keine Entscheidung über die Köpfe der Bürgerinnen und Bürger hinweg, sondern sie frühzeitig in den politischen Diskurs einbeziehen und mehr Elemente direkter Demokratie ermöglichen.
    Ralf Witzel (FDP) ... größtmögliche Transparenz der Verfahren. Die FDP hat sich in der Vergangenheit erfolgreich dafür eingesetzt, nicht nur Plenardebatten, sondern auch Ausschusssitzungen den Bürgerinnen und Bürgern zugänglich zu machen.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... mit den Menschen in einer unkomplizierten Art zu reden und diese Prozesse zu erklären. Natürlich muss man auch seine Hausaufgaben machen: die öffentlichen Medien nutzen und daneben auch mit eigenen Medien informieren.

    Um die Transparenz parlamentarischer Verfahren zu garantieren und weiter zu stärken, muss Politik ...

    Achim Laschet (CDU) ... immer wieder den direkten Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern suchen. Die repräsentative Demokratie hat Zukunft. Die Abgeordneten haben ihr Ohr bei den Menschen und bringen deren Ideen in den Landtag.
    Britta Altenkamp (SPD) ... sagen, was man tut, und tun, was man sagt. D. h. wir müssen Glaubwürdigkeit erhalten und zurückgewinnen, indem Ankündigungen und Handeln nahe beieinander liegen.
    Sigrid Beer (Grüne) ... noch transparenter und für eine breite Öffentlichkeit nachvollziehbar sein. Die neuen Medien bieten die Chance, Beratungen und Diskussionen im Landtag schneller und unkomplizierter zu transportieren. Diese medialen Möglichkeiten müssen wir offensiver nutzen.
    Ralf Witzel (FDP) ... das Parlament ernst nehmen. Wenn zahlreiche Entscheidungen wie derzeit von Rot-Grün am Parlament vorbei getroffen werden, leidet die Demokratie. Pflicht der Regierung ist es, Gesetze sorgfältig umzusetzen - und nicht nach Belieben auszulegen, wie bei der Einheitsschule.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... es Bürgerinnen und Bürgern aller Bildungsschichten ermöglichen, sich verständliche Informationen zu beschaffen und einen Blick in unseren "Elfenbeinturm Landtag" zu werfen. Besonders bei Schülerinnen und Schülern muss früh Interesse geweckt werden.

    Die oft beklagte Kluft zwischen den tatsächlichen parlamentarischen Entscheidungsverfahren und der Vorstellung von Politik in der Öffentlichkeit können wir verkleinern, indem ...

    Achim Laschet (CDU) ... wir das Parlamentsgebäude noch stärker als bislang schon für die Bürgerinnen und Bürger öffnen. Denn ein persönlicher Besuch im Landtag - beispielsweise an einem Plenartag - sagt mehr als tausend Worte über den Landtag.
    Britta Altenkamp (SPD) ... s.o. Daneben müssen wir unseren Wählern offen und ehrlich sagen, dass "die" Politik und "die" Politiker eben keine Antwort auf alle Fragen haben. Das wird sich auf Dauer auszahlen, anders als die immer noch oft zur Schau gestellte angebliche Omnipotenz von Politikern.
    Sigrid Beer (Grüne) ... wir schon im Vorfeld politischer Entscheidungen den Diskurs mit den Menschen vor Ort führen und insgesamt dafür Sorge tragen, dass die Beteiligungsmöglichkeiten auch auf Landesebene erweitert werden. Wir wollen in NRW dazu ermutigen, sich mehr einzumischen.
    Ralf Witzel (FDP) ... wir mit den Bürgerinnen und Bürgern in den Dialog treten. Der Landtag ist ein offenes Haus. Die Bürger sind eingeladen, jederzeit mit Anregungen und Fragen an die Abgeordneten heranzutreten. Politik lebt von kreativen, guten Ideen für die Zukunft unseres Landes.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... wir die Möglichkeiten der direkten Demokratie ausweiten, zum Beispiel durch Bürgerentscheide und Volksabstimmungen. Diese Instrumente sind bereits in der Landesverfassung gegeben, jedoch sind die Hürden für ihre Anwendung viel zu hoch.

    "Die Öffentlichkeit" als Ganzes ist nicht einfach zu erreichen. Deshalb kommt es darauf an, ...

    Achim Laschet (CDU) ... das Informationsangebot weiter auszubauen und die Informationen direkt zu den Menschen zu bringen.
    Britta Altenkamp (SPD) ... Multiplikatoren anzusprechen, die uns Abgeordneten eine Rückkopplung geben über die Einschätzung und die Auswirkungen unserer Pläne und Entscheidungen. Das direkte Gespräch mit dem Bürger im Wahlkreis ist allerdings durch nichts zu ersetzen.
    Sigrid Beer (Grüne) ... sich nicht nur in Wahlkämpfen den Bürgerinnen und Bürgern zu stellen, sondern jederzeit ansprechbar zu sein. Dabei geht es nicht um Grußworte anlässlich von Vereinsjubiläen, sondern den Menschen in ihrem Alltag zu begegnen und dort Rede und Antwort zu stehen.
    Ralf Witzel (FDP) ... betroffene Gruppen am parlamentarischen Prozess zu beteiligen. Ergebnisoffene Anhörungen sind erstrebenswert. Eine Alibiveranstaltung wie die "Bildungskonferenz", die nur Regierungshandeln legitimieren soll, konterkariert glaubwürdige und lebendige Politik.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... wie man dieser unbekannten "Öffentlichkeit" gegenüber auftritt. Nimmt man sich der Sorgen der Menschen an, vermittelt ihnen das Gefühl, dass man für sie im Landtag sitzt oder lässt man sich alle fünf Jahre mal blicken, wenn man wiedergewählt werden will?

    Für den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern ist die Politik darauf angewiesen, dass ...

    Achim Laschet (CDU) ... die Menschen Vertrauen in die Politik haben. Vertrauen aufzubauen ist Tag für Tag Aufgabe eines Abgeordneten.
    Britta Altenkamp (SPD) ... die Medien ein halbwegs realistisches Bild von "der" Politik zeichnen. Demokratie lebt von Argument und Gegenargument. Deshalb ist es wichtig, dass nicht jede kontroverse Diskussion gleich als Streit diskreditiert wird, gleich ob in Parteien oder im Parlament.
    Sigrid Beer (Grüne) ... sie sich kompetent und verlässlich erweist. Sie muss zeigen, dass ihr an wirklicher Problemlösung gelegen ist, und nicht nur immer wieder ein ideologisches Mantra wiederholen. Und vor allem darf sie nicht die Bodenhaftung verlieren.
    Ralf Witzel (FDP) ... Informationen leicht zugänglich sind. Zudem muss Politik erklärt und verstanden werden. Politische Bildung hat dabei eine Schlüsselfunktion. So hat sich etwa in den vergangenen Jahren der von CDU und FDP initiierte Jugend- Landtag als gute Dialogplattform etabliert.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... Interesse von Seiten der Bürgerinnen und Bürger besteht. Aber: Wir als Abgeordnete sind in einer Bringschuld, dieses Interesse zu wecken. Dazu muss unser Haus nicht nur offen, es muss auch einladend sein.

    Der Ausschluss der Öffentlichkeit von parlamentarischen Beratungen ist in Einzelfällen dann sinnvoll, wenn ...

    Achim Laschet (CDU) ... insbesondere Fragen der öffentlichen Sicherheit oder wenn schutzwürdige Interessen Einzelner dies erfordern. So ist es in der Geschäftsordnung des Landtags festgeschrieben.
    Britta Altenkamp (SPD) ... und nur dann sinnvoll, wenn es um schutzwürdige Interessen von Privatpersonen oder Unternehmen geht. Das kann allerdings nur die absolute Ausnahme sein.
    Sigrid Beer (Grüne) ... in den Schutzbereich von Menschen oder auch Unternehmen eingegriffen wird. Es geht um personenbezogene Daten, um Zeugen- und Opferschutz sowie auch Betriebsgeheimnisse. So werden z. B. Petitionen auch aus diesen Gründen grundsätzlich nicht öffentlich beraten.
    Ralf Witzel (FDP) ... es um den Schutz von Persönlichkeitsrechten oder sensiblen Daten geht, deren Veröffentlichung zu unverhältnismäßigen Nachteilen für die Betroffenen führen könnte. Auch der Erfolg staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen darf nicht gefährdet werden.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... Persönlichkeitsrechte oder schutzwürdige Interessen von Unternehmen verletzt werden könnten. Letzteres ist aber dann nicht der Fall, wenn Privatunternehmen öffentliche Aufgaben wahrnehmen: Geheimverträge zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger sind undemokatisch.

    Gefahren für die parlamentarische Öffentlichkeit sind ...

    Achim Laschet (CDU) ... sämtliche Formen von Zensur. Dazu gehört auch, dass wir politische Extremisten - egal ob von links oder rechts - aus den Parlamenten heraushalten. Denn Extremisten sind die Feinde von Transparenz, Demokratie und Meinungsfreiheit.
    Britta Altenkamp (SPD) ... persönliche Herabsetzungen in der politischen Auseinandersetzung und Schaukämpfe, bei denen es nicht um die Sache geht. Ich habe die Hoffnung, dass gerade die komplizierten Mehrheitsverhältnisse im neuen Landtag dazu führen, hier endlich neue, konstruktive Wege zu gehen.
    Sigrid Beer (Grüne) ... ablesbar in der Wahlbeteiligung, dem Vertrauensverlust gegenüber Parteien und den schlechten Imagewerten der Politik. Die Minderheitsregierung will offensiv für mehr Beteiligung werben und sie praktizieren. Das ist eine Chance für mehr Demokratie in NRW.
    Ralf Witzel (FDP) ... Bestrebungen der rot-grünen Landesregierung, das Parlament bei politischen Entscheidungen zu umgehen. Es ist beispielsweise inakzeptabel, dass der ideologische Umbau der Schulstruktur als Schulversuch am Parlament vorbei erfolgen soll.
    Ralf Michalowsky (Linke) ... gegeben, wenn es den Bürgerinnen und Bürgern schwergemacht wird, das Geschehen im Parlament zu verfolgen, sei es durch Sitzungen bis in die Nachtstunden oder durch unnötiges Vertagen, sei es aber auch durch unverständliche Fachsprache oder langatmiges Herumschwafeln.

    Systematik: 1100 Parlament

    ID: LI100914

  • Weichenstellungen.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 8 - 29.09.2010

    "Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe bereit zum Abschied sein und Neubeginne", schrieb einst Hermann Hesse. In der parlamentarischen Demokratie sind Abschied und Neubeginn zum Ende und Anfang einer Legislaturperiode vorprogrammiert. Und doch: Was sich in der Politik, ihrer Art, ihren Abläufen, vor allem aber ihren Inhalten wirklich verändern soll, wird bei der ersten Regierungserklärung einer neuen Regierung deutlich. Sie gibt die Ziele vor, die man sich steckt, definiert die Mittel, mit denen diese erreicht werden sollen, setzt Prioritäten und beschreibt den Weg, den die neue Mehrheit nehmen will.
    Genau hier weicht die aktuelle Lage in NRW vom bisher gewohnten Zustand ab. Die neue Landesregierung hat keine Mehrheit, ist also zur Durchsetzung ihrer Vorhaben auf Stimmen anderer Fraktionen angewiesen. Vor diesem Hintergrund betonte Hannelore Kraft als neue Regierungschefin, man verstehe sich als "Koalition der Einladung", die um Anerkennung und Zustimmung werben wolle (Seite 3).

    Im Zentrum des Geschehens

    Somit zeigte die Debatte über das Programm der neuen Landesregierung (Seite 4/5) vor allem eins: Das Landesparlament rückt noch stärker ins Zentrum des Geschehens. Es ist der Ort der politischen Auseinandersetzung, aber auch der Entscheidungsfindung. Die geänderte Rolle des Parlaments sei auch eine Chance, Politikverdrossenheit zu überwinden, betonten denn auch Sprecher verschiedener Couleur. Dies bedeutet für sie die Herausforderung zu größerer Flexibilität, Kompromissbereitschaft und noch detaillierterer inhaltlicher Arbeit. Ihre Aufgabe liegt verstärkt in der Suche nach Gemeinsamkeiten und Konsens, ohne freilich die Darstellung unterschiedlicher Positionen zu vernachlässigen.
    Es ergeben sich neue, ungewohnte Konstellationen: Dies zeigt sich schon, als direkt nach Krafts Rede die rot-grünen Regierungsfraktionen gemeinsam mit der CDU einen Antrag zur Sicherung des Kohlekompromisses verabschieden. FDP und Linke votieren - aus unterschiedlichen Gründen - dagegen. Auch in der Integrationspolitik scheint es mehr Gemeinsames als Trennendes zu geben, dies machen die Antworten der Fraktionsvorsitzenden in der Rubrik "Schlag auf Schlag" (Seite 16/17) deutlich. Spannende Fragen bleiben, insbesondere im Bereich Schule und Bildung. Die zuständige Ministerin hat zu einer "großen Bildungskonferenz" eingeladen, und alle Fraktionen haben zugesagt.
    Bei diesem wie allen anderen Themen dieser Legislaturperiode wird sich der Landtag als Ort lebendiger Demokratie erweisen, in dem über die Zukunft Nordrhein-Westfalens gerungen - und entschieden wird.
    cw

    ID: LI100802

  • "Politik als Einladung".
    Erste Regierungserklärung: Ministerpräsidentin erläutert ihre Pläne.
    Titelthema / Schwerpunkt;
    Plenarbericht;

    S. 3 in Ausgabe 8 - 29.09.2010

    15. September 2010 - Einen "neuen Stil des Regierens" kündigte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in ihrer Regierungserklärung an. Zum ersten Mal habe NRW eine Minderheitsregierung; dies sei Herausforderung für Regierung und Opposition gleichermaßen: "Beide haben die Chance, bei den Bürgerinnen und Bürgern Respekt, Anerkennung und Zustimmung zu erwerben, wenn sie mit dieser Situation verantwortungsvoll umgehen."
    Das Prinzip der Vorbeugung zog sich durch die Rede von Hannelore Kraft. Wenn man heute investiere, spare man spätere Mehrausgaben oder könne sogar mit zusätzlichen Einnahmen rechnen. Dieses Prinzip übertrug die Ministerpräsidentin auf die Bildungs- und Familienpolitik, auf die Finanz-, die Wirtschafts- und Umweltpolitik und auch auf die Arbeits-, Gesundheits- und Integrationspolitik.
    Konkret erklärte Kraft, man wolle erstens "kein Kind zurücklassen" und in den nächsten zehn Jahren die Zahl der Jugendlichen ohne Schulabschluss halbieren. Zweitens solle NRW zum "Vorreiter der ökologisch industriellen Revolution" werden. Eine Politik der "guten Arbeit", ausgedrückt durch das Prinzip "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" und einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent in Leitungsgremien von Landesgesellschaften, stellte Kraft als dritte Handlungsmaxime vor. Viertens wolle man bei einer Mobilitätskonferenz Lösungen für die Zukunft erarbeiten. Fünftes Ziel solle die Wertschätzung des Ehrenamts sein, denn Ehrenamtliche seien "die wahren Vorbilder unserer Zeit".
    Kraft kündigte an, das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei zu stellen und die Studiengebühren abzuschaffen, denn für die Zukunft des Wirtschaftsstandorts NRW sei es entscheidend, mehr junge Menschen zu besseren Abschlüssen zu führen. Die Regierungschefin warb außerdem dafür, den "Schulfrieden" zu wahren und einen "Bildungskonsens" zu finden. Die Landesregierung strebe an, überall im Land Gemeinschaftsschulen möglich zu machen sowie die Ganztagsbetreuung auszubauen.
    Zur Stärkung der sozialen Ausgestaltung der Arbeitswelt sowie des Zusammenhalts der Gesellschaft wolle die Regierung das Landespersonalvertretungsgesetz überarbeiten, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn anstreben und ein Tariftreuegesetz vorlegen. Für Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender wolle man die vollständige Gleichstellung von eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe erreichen. Ein "Landespflegegesetz" solle die Situation pflegebedürftiger Menschen verbessern. Für Bürgerinnen und Bürger, die nicht aus einem Land der EU stammen, wolle man sich für ein kommunales Wahlrecht einsetzen.
    Die Kommunen beschrieb Kraft nicht als "Bittsteller", sondern als Partner auf gleicher Augenhöhe. Mit dem Ziel, sie finanziell zu entlasten, müsse es fairere Regeln auf Bundeswie auf Landesebene geben, kündigte Kraft Sofortmaßnahmen bezüglich der Grunderwerbssteuer, der Einheitslasten oder der Kita- Finanzierung an. Ein "Stärkungspakt Städtefinanzen" solle insbesondere den Kommunen mit strukturellen Problemen helfen.
    "Auch diese Landesregierung verpflichtet sich ausdrücklich den finanziellen Zielen der Haushaltskonsolidierung und des Schuldenabbaus", erklärte die Regierungschefin. Die Politik des Rotstifts bringe allerdings bestenfalls kurzfristige Entlastungen, andererseits aber einen Anstieg der langfristigen sozialen Kosten. Deshalb müsse jetzt - zur Not mit höherer Verschuldung - vor allem in Bildung investiert werden, um später ein höheres Wirtschaftswachstum und Steueraufkommen zu erreichen.
    Eine Umweltwirtschaftsstrategie kündigte die Ministerpräsidentin an, um NRW zu einem modernen Industrie- und Dienstleistungsstandort zu machen. Kraft versprach, eine regionale Energie- und Strukturpolitik zu entwickeln und den Aufbau dezentraler Versorgungsstrukturen durch die Stadtwerke zu stärken. Bei Klimaschutz, Energieeinspartechnologien und erneuerbaren Energien solle NRW Vorreiter werden und sich für eine internationale Weltausstellung "Expo Fortschrittsmotor Klimaschutz" bewerben. Gleichzeitig betonte die Regierungschefin, sie wolle am Kohlekompromiss ohne Abstriche festhalten.
    Der geplanten Laufzeitverlängerung für Atomkraftwerke werde die neue Landesregierung nicht zustimmen, positionierte sich Kraft gegen die Bundesregierung. Sollte der Bundesrat zum Atomgesetz nicht gefragt werden, wolle man gegen dieses Vorgehen der Nichtbeteiligung klagen.
    Mit Blick auf die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen kündigte die Ministerpräsidentin eine Novellierung des Landschaftsgesetzes und zur Umsetzung des Staatsziels Tierschutz die Einführung eines Verbandsklagerechts für anerkannte Tierschutzverbände an.
    cw, sow, sw, bra

    Bildunterschrift:
    Ministerpräsidentin Kraft bei ihrer ersten Regierungserklärung
    Foto: Schälte

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI100803

  • Knackpunkte: Finanzen, Bildung, Industrie.
    Aussprache über Regierungserklärung zeigt Gegensätze, aber auch Gemeinsamkeiten.
    Titelthema / Schwerpunkt;
    Plenarbericht
    S. 4-5 in Ausgabe 8 - 29.09.2010

    16. September 2010 - Auf die Regierungserklärung (siehe Seite 3) von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) antworteten am Folgetag die politischen Spitzen der fünf Landtagsfraktionen. In der Aussprache bezogen die Fraktionsvorsitzenden Stellung zu den politischen Plänen der rot-grünen Minderheitsregierung.

    "Ihrer Regierungserklärung fehlt die Substanz", antwortete der CDU-Fraktionsvorsitzende Karl-Josef Laumann auf Ministerpräsidentin Kraft. NRW stehe vor großen Herausforderungen, habe aber keine starke Landesregierung. Es gelte, die Schulden aus der Weltwirtschaftskrise zurückzufahren, den demographischen Wandel zu meistern, den Übergang von der Industrie- zur Wissensgesellschaft weiter zu gestalten, NRW zum ökologischen Industrieland zu wandeln und den Kommunen wieder finanziellen Gestaltungsspielraum zu geben. Er kritisierte unter anderem, dass die Regierung bisher keine konkreten Einsparvorschläge zur Konsolidierung der Landesfinanzen vorgelegt habe. Die Pläne für eine "Einheitsschule" könne die CDU nicht unterstützen und sei nicht bereit, "das vielfältige Schulsystem zum Abschuss freizugeben". Der Ministerpräsidentin hielt Laumann vor, zur Zukunft des Kraftwerksbaus in Datteln zu schweigen. Die Sorge in der CDUFraktion sei groß, "dass Datteln zum Symbol einer verhängnisvollen Industrie- und Wirtschaftspolitik" werde. Erschreckend sei für ihn die Finanzpolitik von Rot-Grün: Die Regierung wolle "die Nettoneuverschuldung auf 8,9 Milliarden Euro um über 36 Prozent erhöhen". Es sei dringend notwendig, auch die Probleme der Kommunalfinanzen vor allem strukturell zu lösen. Zudem fürchtete Laumann, dass unter Rot-Grün "Wirtschaft und Soziales wieder gegeneinander ausgespielt werden" und der Zusammenhalt in NRW gefährdet werde. Dennoch lud Laumann zu gemeinsamem Handeln ein. Er sah es als notwendig an, vor allem in der Behindertenpolitik, im Maßregelvollzug und in der Integrationspolitik auf gemeinsame Positionen zu setzen. Der Landesregierung wünschte er abschließend "eine glückliche Hand für schwere Aufgaben" - und eine nicht allzu lange Regierungszeit.
    Norbert Römer, Vorsitzender der SPD-Fraktion, war mit der Rede seines Vorgängers nicht zufrieden. Ohne Alternativen zu nennen, sei Laumann in alte Rituale zurückgefallen. Dabei biete die Minderheitsregierung durchaus Chancen für eine neue politische Kultur. Einer kritischen Rückschau auf die vergangene Legislaturperiode unter CDU und FDP stellte Römer seine Zuversicht hinsichtlich einer kompromissbereiten und handlungsfähigen Landesregierung unter Hannelore Kraft gegenüber. Diese werde den Menschen in den Mittelpunkt stellen und die anderen Fraktionen wie auch gesellschaftliche Gruppen immer wieder einladen, gemeinsam Lösungen zu finden. Kompromissmöglichkeiten sah der SPD-Sprecher etwa in der Steinkohlepolitik, aber auch in der Arbeits- und Bildungspolitik. "Wir sind weit weg von einem sozial gerechten Schulsystem, das alle Talente nutzt, das die Verschiedenheit schätzt, Leistung fördert und kein Kind zurücklässt", erklärte er. Wichtig sei, Reformen mit den Beteiligten gemeinsam vorzubereiten. Römer kündigte zudem an, SPD und Grüne wollten die Wirtschaft stärken und zugleich wirksamen Klima- und Umweltschutz sicherstellen. Als weiteren politischen Schwerpunkt kündigte der SPD-Fraktionschef an, die Handlungsfähigkeit der Kommunen zu stärken. Dazu gehöre eine Finanzausstattung, die den kommunalen Aufgaben folgen müsse. Auch die Integrationspolitik sprach Römer an und plädierte wie sein Vorredner dafür, dieses Politikfeld im Konsens zu gestalten. Allerdings müssten Arbeit, Soziales und Integration zusammen gedacht werden, empfahl er. Die angekündigten neuen Schulden der rot-grünen Landesregierung verteidigte Römer mit dem Hinweis auf den vorsorgenden Sozialstaat, der seine Bürgerinnen Bürger durch Bildung unabhängig von staatlichen Almosen werden lasse.
    Diese Regierung werde nicht mit Arroganz, aber mit Selbstbewusstsein an die Arbeit gehen und bei anderen Fraktionen um Unterstützung werben, kündigte Grünen-Fraktionschef Reiner Priggen an. Vor diesem Hintergrund begrüßte er das Angebot des CDU-Fraktionsvorsitzenden, die Themen Maßregelvollzug, Behindertenpolitik und Integration über Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam zu behandeln. In der Bildungspolitik dagegen hielt Priggen der CDU vor, an den Interessen der Menschen vorbei gehandelt zu haben. Man müsse angesichts des demographischen Wandels bereit sein, Gemeinschaftsschulen einzurichten und generell im Schulwesen den Kommunen gewisse Freiheiten einzuräumen. Wichtig sei angesichts eines beginnenden Fachkräftemangels, die richtigen Wege für mehr und besser qualifizierte Jugendliche zu finden. Die Grünen wollten keine Schulform zerstören, aber sie respektierten den Elternwillen, erklärte Priggen und forderte eine Debatte "ohne Scheuklappen". Mit Blick auf den Industriestandort NRW unterstrich er die Notwendigkeit einer ökologischen industriellen Revolution und eines deutlich niedrigeren CO2-Ausstoßes. Konkret forderte der Grünen-Politiker, die Stromerzeugung dezentraler zu gestalten, die Nutzung erneuerbarer Energien sowie der Kraft- Wärme-Kopplung auszubauen und verstärkt im Bereich der Gebäudesanierung zu investieren. Es sei auch wirtschaftspolitisch falsch, wenn die Bundesregierung hier kürzen wolle - zu einem Zeitpunkt, zu dem das Konjunkturpaket auslaufe. Notwendig sei des Weiteren, sich den Umwälzungen im Bereich der Automobiltechnik zu stellen, die sich beispielsweise aus der Elektromobilität ergäben. In der Verkehrspolitik trat Priggen für Verbesserungen an den Bahn-Knotenpunkten Köln, Dortmund und Hamm sowie generell im öffentlichen Nahverkehr ein.
    "Man muss den Eindruck gewinnen, dass Sie gar keinen Zukunftsplan für Nordrhein-Westfalen haben", erklärte der FDP-Fraktionsvorsitzende Dr. Gerhard Papke zur Regierungserklärung der Ministerpräsidentin. Die rot-grüne Regierungspolitik werde dem Land großen Schaden zufügen. Kraft sei mit einem "schlimmen Wählerbetrug", mithilfe einer Tolerierung durch die Linksfraktion, ins Amt gekommen. Die "Koalition der Einladung" von SPD und Grünen sei nicht ernst gemeint, was ein Blick auf die mangelnde politische Unterstützung für den Mittelstand zeige. Das "erfolgreiche" ordnungspolitische Prinzip der FDP "Privat vor Staat" solle nun in "Staat vor Privat" umgedreht werden. Dabei mache die FDP nicht mit, ebenso wenig bei der Abschaffung der Studiengebühren. Diese seien sozialverträglich ausgestaltet und hätten die Qualität der Lehre erheblich verbessert. Papke kritisierte, erfolgreiche Projekte der früheren Landesregierung sollten aus rein ideologischen Gründen zurückgedreht werden. Mit einer "Bankrotterklärung" starte die Regierung in die Haushalts- und Finanzpolitik. Die geplante Erhöhung der Neuverschuldung um 2,3 Milliarden Euro sei ein "Offenbarungseid". Kraft werde beweisen müssen, dass sie in der Lage sei, der Verantwortung für das wichtigste Industrieland gerecht zu werden. Der Ruf NRWs sei dauerhaft beschädigt, wenn der Bau des "modernsten Steinkohlekraftwerks der Welt" in Datteln zur Investitionsruine werde. Kraft habe in ihrer Erklärung zudem keine Antwort auf die Frage gegeben, ob sie die Schulvielfalt erhalten wolle. Die FDP wolle keinen "Schulkrieg", aber funktionierende Realschulen und Gymnasien dürften nicht infrage gestellt werden. Papke forderte die Ministerpräsidentin auf: "Sie müssen in Zukunft im Regierungshandeln konkreter werden."
    "Der 9. Mai hat den Menschen in NRW den von uns geforderten Regierungswechsel gebracht", begann Linken-Fraktionschefin Bärbel Beuermann ihre Rede. Allerdings habe Hannelore Kraft vergessen, auf eine wichtige Neuigkeit hinzuweisen: dass es nun wieder eine linke Kraft links von der SPD im Landtag gebe. Ohne die Enthaltung ihrer Fraktion wäre die Wahl Krafts zur ersten NRW-Ministerpräsidentin nicht möglich gewesen, erinnerte Beuermann. Sie hoffe zwar auf einen neuen Regierungsstil als "echte Chance" für die Menschen in NRW, könne aber bisher weder etwas von einer "tatsächlichen politischen Wende" noch von einer Ankunft im Fünf-Parteien-System spüren. Beuermann warnte Kraft deshalb davor, "unstete Kompromisse in dringenden Fragen" einzugehen. Während die Linken-Fraktionsvorsitzende das Regierungsziel, Steuergerechtigkeit zu erreichen, unterstützte, kritisierte sie Rot-Grün für eine zögerliche Haltung, die eine möglichst schnelle Abschaffung der Studiengebühren verhindere. Das dreigliedrige Schulsystem sei antiquiert und ungerecht und gehöre abgeschafft. Allerdings sei die geplante Gemeinschaftsschule kein Ersatz für die Forderung nach einem Ausbau der stark nachgefragten Gesamtschulen. Beuermann forderte außerdem, die Grundschulbezirke wieder einzuführen und die Kopfnoten abzuschaffen. Darüber hinaus kritisierte sie das "Turbo-Abitur" und forderte eine staatliche Ausbildungsgarantie. Bildung brauche gezielte Investitionen über Ankündigungspolitik hinaus. So müsse die Regierung auch zeitnah beim Kibiz nachbessern, anstatt sich Soforthilfen zu verweigern. Neben dem Thema Bildung setzte Beuermann weitere Schwerpunkte bei der Gleichberechtigung und Integrationspolitik. Sie plädierte für stärkere Integrationsräte und forderte, die "unmenschliche Abschiebepraxis" zu stoppen.
    sw, sow, cw, bra

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI100804

  • Laumann, Karl-Josef (CDU); Römer, Norbert (SPD); Priggen, Reiner (Grüne); Dr. Papke, Gerhard (FDP); Beuermann, Bärbel (Linke)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal sind es die Vorsitzenden der fünf Landtagsfraktionen.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 16-17 in Ausgabe 8 - 29.09.2010

    Besonders wichtig für die unmittelbare Zukunft Nordrhein-Westfalens sind mir die Themen ...

    Karl-Josef Laumann (CDU):... Schule als originäre Länderkompetenz, aber auch die Wirtschaftspolitik, konkret der Kraftwerksbau in Datteln. Die Grünen wollen dieses industrielle Großprojekt verhindern. Und Frau Kraft? Die hüllt sich in Schweigen. Ein Scheitern Dattelns wäre ein verheerendes Symbol für den Wirtschaftsstandort NRW.
    Norbert Römer (SPD):... gesellschaftlicher Zusammenhalt, Bildung und eine innovative Wirtschafts- und Energiepolitik. Dabei werden wir die Betroffenen von politischen Entscheidungen viel stärker einbeziehen, als dies in der jüngeren Vergangenheit der Fall war. Wir machen Betroffene zu echten Beteiligten
    Reiner Priggen (Grüne):... Bildungspolitik, für mehr Leistung und Chancengerechtigkeit. In der Wirtschafts- und Klimapolitik für den ökologischen Umbau der Industriegesellschaft, hin zu mehr Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit. Und in der Kommunalpolitik für eine bessere Finanzausstattung der Städte, der Sicherung von kommunalen Strukturen und der Demokratie.
    Dr. Gerhard Papke (FDP):... Bildung und soziale Marktwirtschaft. Die Regierung aus FDP und CDU hat mehr als 8.000 Lehrerstellen geschaffen, den Unterrichtsausfall nahezu halbiert und die individuelle Förderung ausgebaut. Mehr als 250.000 Arbeitsplätze wurden geschaffen, weil Schwarz-Gelb dem Mittelstand mehr Freiräume zur wirtschaftlichen Betätigung ermöglicht hat.
    Bärbel Beuermann (Linke):... Bildung, Aus- und Weiterbildung sowie die Hochschulbildung. Für die Entwicklung unserer Kinder ist ein sozial gerechtes Bildungssystem nötig. Längeres gemeinsames Lernen in der "Einen Schule für Alle" ist für mich die konsequente Fortführung einer individuellen frühkindlichen Förderung und Bildung.

    Mittelfristig kümmern müssen wir uns schwerpunktmäßig um ...

    Karl-Josef Laumann (CDU):... die Haushaltskonsolidierung. Und zwar nicht nur mittelfristig, sondern ab sofort. Denn die Schuldenbremse verpflichtet uns dazu, bis 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Helmut Linssen hat gezeigt, wie es geht. Wer jetzt das Konto unserer Kinder weiter überzieht, handelt unmoralisch!
    Norbert Römer (SPD):... unser Bildungssystem. Es muss gerechter und leistungsfähiger werden. Damit schaffen wir die Voraussetzungen zugleich für wirtschaftliche Stärke und Zukunftsfähigkeit, für Chancengleichheit und soziale Gerechtigkeiteiner Priggen (Grüne):... ebenfalls die Themen, die ich oben genannt habe. In diesen Bereichen müssen wir Weichen neu stellen und unmittelbar umsteuern, um kurz-, mittel- und langfristig Erfolge zu erzielen.
    Dr. Gerhard Pake (FDP):... die Konsolidierung des Landeshaushalts. In Regierungsverantwortung von FDP und CDU wurde die jährliche Neuverschuldung massiv zurückgeführt. Rot-Grün plant nun eine unverantwortliche Neuverschuldung um 8,9 Mrd. Euro allein in diesem Jahr. Eine solche Verschuldungsorgie zulasten kommender Generationen wird die FDP nicht hinnehmen.
    Bärbel Beuermann (Linke):... die Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung. Allen Menschen in NRW muss eine würdevolle Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht werden. Die Auswirkungen der sogenannten Hartz-IV-Gesetze haben zu einer "Vertafelung" der Gesellschaft geführt. Dies ist für mich beschämend.

    Wenn es Themen gibt, die man über Fraktionsgrenzen hinweg angehen kann, dann wären dies insbesondere ...

    Karl-Josef Laumann (CDU):... die Kommunalfinanzen, die Integrationspolitik, aber auch Fragen in der Justiz- und Innenpolitik. Fundamentalopposition wird es mit uns nicht geben. Zu konstruktiven Gesprächen sind wir stets bereit. Das würde aber auch bedeuten, dass sich die SPD auch gegen ihren Koalitionspartner durchsetzen kann.
    Norbert Römer (SPD):... das Thema Integration. Bereits vor neun Jahren gab es ja eine gemeinsame Integrationsoffensive des Landtags. Angesichts der aktuellen Diskussion ist es umso wichtiger, dieses Thema nicht den Stammtischen zu überlassen.
    Reiner Priggen (Grüne):... die Integrationspolitik. Es ist eine gute Tradition im Düsseldorfer Landtag, dass dieses Thema über Fraktionsgrenzen hinweg behandelt wird. Auftakt hierfür war die "Integrationsoffensive" von 2001.
    Dr. Gerhard Papke (FDP):... Die FDP-Fraktion versteht sich als konstruktive Opposition, die eigene Vorschläge für die Zukunft Nordrhein-Westfalens zur Debatte stellt. Selbstverständlich sind wir auf allen Themenfeldern gesprächsbereit, wie man den besten Weg für unser Land und seine Menschen finden kann
    Bärbel Beuermann (Linke):... die Stärkung der Kommunen. Die Finanzlage vieler Städte, Landkreise und Kommunen ist alarmierend. Ein wesentlicher Grund hierfür liegt in einem sich verschärfenden Rückgang der steuerlichen Einnahmen und der gestiegenen Mehrbelastung im Sozialbereich durch die Politik der Bundesregierung.

    Eine falsche politische Weichenstellung wäre zum jetzigen Zeitpunkt aus meiner Sicht ...

    Karl-Josef Laumann (CDU):... die von Rot-Grün bereits eingeleitete Rückabwicklung vieler schwarz-gelber Errungenschaften. Die Landesregierung benimmt sich wie ein Kind, das am Strand die Sandburgen der anderen Kinder kaputtmacht und fragt: Willst du mit mir spielen? Das nennt sie "Koalition der Einladung". Ich nenne das schlechten Stil.
    Norbert Römer (SPD):... wenn die fünf Fraktionen im Landtag nicht jede Chance zur konstruktiven Zusammenarbeit nutzen würden. Das Wahlergebnis hat alle vor eine große Herausforderung gestellt. Aber im Interesse des Landes sollten alle ideologische Scheuklappen ablegen und Möglichkeiten der Kooperation suchen.
    Reiner Priggen (Grüne):... die Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. Sie ist unnötig, gefährlich und teuer. Sie verhindert Investitionen im Bereich der Erneuerbaren, schädigt so auch die Stadtwerke, und die Endlagerfrage ist immer noch nicht gelöst. Kosten und Risiken für Betrieb und Lagerung trägt allein die Bevölkerung.
    Dr. Gerhard Papke (FDP):... das umzusetzen, was SPD und Grüne in ihrem Koalitionsvertrag beschlossen haben. Eine ausufernde Neuverschuldung, die Abschaffung sozialverträglicher Studienbeiträge, der geplante Einstieg in die Einheitsschule und die Blockade unverzichtbarer Industrieprojekte würden Nordrhein-Westfalen schaden.
    Bärbel Beuermann (Linke):... die Negation dessen, dass es seit dem 9. Mai 2010 im Landtag NRW fünf Fraktionen gibt. Über Parteigrenzen und ideologische Verhaftungen hinweg sollte und muss es allen Fraktionen im Landtag ein Anliegen sein, im Diskurs für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen in NRW einzutreten.

    Ich sehe Chancen, das eine oder andere politische Kapitel, an dem schon lange gearbeitet wird, demnächst abzuschließen, und zwar ...

    Karl-Josef Laumann (CDU):... das Kapitel "Subventionierter Steinkohlenbergbau". Das Steinkohlefinanzierungsgesetz war eine der bedeutendsten wirtschaftspolitischen Entscheidungen seit Jahrzehnten. Ziel muss es sein, dem hier geregelten sozialverträglichen Ausstieg zum Jahr 2018 nun auch auf EU-Ebene Geltung zu verschaffen.
    Norbert Römer (SPD):... die Abschaffung der Studiengebühren. Unser Ziel ist der Abbau von Hürden, die den Zugang zu guter Bildung erschweren. Für unser Land ist es unverzichtbar, aus Gründen der Chancengerechtigkeit, aber auch um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen, möglichst alle Bildungspotenziale zu erschließen. Dieses Versprechen lösen wir jetzt ein.
    Reiner Priggen (Grüne):... die Subventionierung der Steinkohle wie geplant im Jahr 2018 endlich zu beenden.
    Dr. Gerhard Papke (FDP):... den sozialverträglichen Ausstieg aus dem Subventionsbergbau. Die Landesregierung darf den Beschluss der EU-Kommission, den Steinkohlebergbau schon 2014 auslaufen zu lassen, nicht nur blindwütig bekämpfen, sie muss sich darauf einstellen, das Ende des Bergbaus vorzuziehen. Wichtig bleibt: Niemand darf ins Bergfreie fallen.
    Bärbel Beuermann (Linke):... die Beendigung der Überwachung unserer Partei durch den Verfassungsschutz. Ein Eintreten für eine solidarische, chancengerechte und antifaschistische Gesellschaft, in der aktive Demokratie, Selbstbestimmung und Emanzipation zu den Grundprinzipien gehört, bewegt sich auf dem Boden des Grundgesetzes.

    Systematik: 1220 Landesregierung

    ID: LI100811

  • Der Wechsel und der Wandel.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 7 - 22.07.2010

    Der Landtag hat ein neues Präsidium und das Land Nordrhein-Westfalen eine neue Landesregierung. Mit der Wahl des Landtagspräsidenten und der Ministerpräsidentin haben die Abgeordneten rund zwei Monate nach der Landtagswahl über die Besetzung der beiden höchsten Ämter im Land entschieden.
    Vom Wahlabend des 9. Mai bis zu den Personal-Abstimmungen im Plenum ist mehr Zeit ins Land gegangen als nach früheren Wahlen. Das Wahlergebnis hat die politischen Akteure schließlich vor keine leichte Aufgabe gestellt. Erstmals setzt sich der Landtag aus fünf Fraktionen zusammen und für Entscheidungen gibt es keine klaren Mehrheiten. Die neue, rot-grüne Minderheitsregierung wird darauf angewiesen sein, um Unterstützung bei den Oppositionsfraktionen im Parlament zu werben. Diese Konstellation ist Neuland für die politischen Akteure und die Zukunft wird zeigen, wie die Abgeordneten die parlamentarische Arbeit unter den veränderten Voraussetzungen gestalten.

    Das Parlament im Fokus

    In ihren Antrittsreden haben Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft deutlich gemacht: Die neue Situation soll zum Anlass genommen werden, Parlamentarismus und Demokratie zu stärken. In der 15. Wahlperiode werden die Mechanismen parlamentarischer Willensbildung größere öffentliche Beachtung finden. Für die politischen Beobachterinnen und Beobachter wird es spannend sein zu sehen, wie unterschiedliche Positionen zukünftig in der Arbeit des Landtags zum Ausdruck gelangen und ob beziehungsweise wie wechselnde Mehrheiten organisiert werden können.
    Für das Parlament bedeutet dies zugleich, das Wissen über die Aufgaben der Volksvertretung weiterhin mit höchstem Einsatz zu fördern. Landtagspräsident Uhlenberg hat bereits angekündigt, mehr Menschen für politisches Engagement gewinnen zu wollen. Fest steht: Mit dem Wahlergebnis vom 9. Mai haben die Wählerinnen und Wähler den Abgeordneten einen schwierigen Auftrag erteilt. Die gewählten Abgeordneten haben den Auftrag angenommen und wollen diesen, so ihre Botschaft, verantwortungsvoll erfüllen.
    Wie es der Zufall der Geschichte will, kann das Land gerade jetzt auf das 60-jährige Bestehen der Landesverfassung zurückblicken (ein weiterer Schwerpunkt dieser Ausgabe). In den Wochen nach der Landtagswahl stand das bedeutendste Regelwerk des Miteinanders in NRW besonders häufig im Fokus des öffentlichen Interesses. Denn die Verfassung ist unter anderem die Grundlage für die politische Gestaltung des Zusammenlebens in Nordrhein-Westfalen. Und sie garantiert Beständigkeit auch in Zeiten des Wechsels und des Wandels.
    sw

    ID: LI100706

  • "Demokratie und Freiheit sind ein Geschenk".
    Neuer Landtagspräsident plädiert für politisches Engagement.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 3 in Ausgabe 7 - 22.07.2010

    14. Juli 2010 - Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat ein neues Präsidium für die 15. Wahlperiode gewählt. Zum neuen Landtagspräsidenten wählten die Abgeordneten Eckhard Uhlenberg (CDU). Als Vizepräsidenten wählten sie Carina Gödecke (SPD), Oliver Keymis (Grüne), Angela Freimuth (FDP) und Gunhild Böth (LINKE). Edgar Moron, als erster Vizepräsident noch geschäftsführend im Amt, konnte nach fast vierstündiger Wahl die Sitzungsleitung an den neuen Präsidenten übergeben.
    "Wir sind den Menschen in Nordrhein-Westfalen verpflichtet." Der frisch gewählte Präsident des Landtags NRW, Eckhard Uhlenberg (CDU), rief die 181 Abgeordneten dazu auf, trotz vieler sachlicher Gegensätze auch gemeinsame Auffassungen zu sehen und zum Wohle des Landes zu wirken. Dies sei - auch vor dem Hintergrund ihrer Zugehörigkeit zu unterschiedlichen politischen Parteien - die gemeinsame Aufgabe.
    Zuvor hatte der 62-jährige Landwirt in der von Edgar Moron geleiteten Plenarsitzung in geheimer Wahl 158 Stimmen von allen 181 anwesenden Abgeordneten erhalten. 9 Abgeordnete stimmten mit Nein; 14 Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Uhlenberg, Minister für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Kabinett der schwarz-gelben Landesregierung von 2005 bis 2010, gehörte dem Landtag NRW von 1980 bis 1985 und von 1990 durchgehend bis heute als Abgeordneter an. Er ist damit der dienstälteste Abgeordnete des NRW-Parlaments. Bei der Landtagswahl am 9. Mai hatte Uhlenberg im Wahlkreis Soest I mit einem Stimmenanteil von 48,8 Prozent sein Mandat direkt erworben.

    Kern des Mandats

    In seiner Antrittsrede hielt der neu gewählte Präsident ein Plädoyer für Demokratie. Zwar sei das Ergebnis der letzten Landtagswahl, so Uhlenberg, "schwierig". Notwendig sei jetzt "politische Kreativität", um die bevorstehenden Aufgaben zu meistern. In diesem Zusammenhang betonte der neue Präsident die Aufgabe, Chancen zu geben für ein selbstbestimmtes, erfülltes und sozial integriertes Leben. Außerdem gelte es, Umwelt und Schöpfung zu bewahren, im Sinne einer nachhaltigen Politik die Schulden zu begrenzen sowie ein angemessenes Wachstum zu fördern. Uhlenberg forderte dazu auf, für den Landtag und seine Kompetenzen zu werben und die Arbeit im Wahlkreis als Kern des Abgeordnetenmandats zu sehen. Dabei sei es wichtig, auch die leisen Stimmen derer wahrzunehmen, die sich nicht lautstark artikulieren könnten. Der neue Präsident rief dazu auf, sich nicht mit der hohen Zahl an Nichtwählerinnen und Nichtwählern abzufinden, sondern diese zu gewinnen, zukünftig von ihren demokratischen Rechten wieder Gebrauch zu machen.
    In seiner Rede dankte Uhlenberg auch dem Präsidium der abgelaufenen 14. Wahlperiode. Ein besonderer Gruß galt Edgar Moron (SPD), der als geschäftsführender Präsident "Überstunden" geleistet habe. Moron habe sein Amt mit "Schlagfertigkeit, Tempo und Humor" ausgeübt. Ebenso hob Uhlenberg auch die ehemalige Landtagspräsidentin Regina van Dinther hervor, die mit vielen anregenden Veranstaltungen und Initiativen die Arbeit des Landtags transparenter gemacht habe. Insbesondere an das jugendpolitische Engagement wolle er anschließen und sich außerdem dafür einsetzen, die Europafähigkeit des Parlaments zu stärken. Der Landtag NRW solle sich als offenes Haus der Bürgerinnen und Bürger angemessen präsentieren.

    Wahlgänge

    Nach der Wahl des Landtagspräsidenten mussten die Abgeordneten noch fünf weitere Male zur Wahlurne schreiten: In ebenfalls geheimer Abstimmung wählten sie Carina Gödecke (SPD) mit 161 Stimmen (bei 12 Nein-Stimmen und 8 Enthaltungen) zur ersten Vizepräsidentin. Oliver Keymis (Grüne) als zweiter Vizepräsident erhielt 145 Stimmen bei 18 Gegenstimmen und 16 Enthaltungen. Angela Freimuth (FDP) als dritte Vizepräsidentin wurde mit 128 Stimmen bei 36 Nein-Stimmen und 16 Enthaltungen gewählt. Erst im zweiten Wahlgang erreichte die Kandidatin der LINKEN, Gunhild Böth, die mehrheitliche Zustimmung der Abgeordneten. Sie erhielt dabei 100 Stimmen bei 77 Gegenstimmen und einer Enthaltung.
    cw

    Bildunterschrift:
    Glückwünsche an den neuen Präsidenten Eckhard Uhlenberg

    Zusatzinformation:
    Aus der Antrittsrede des neuen Landtagspräsidenten Eckhard Uhlenberg:
    "Als 181 Frauen und Männer in diesem Landtag vertreten wir 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein- Westfalen. [...] Wir sind frei gewählte Abgeordnete. Unsere Parteien sind unsere jeweilige politische Heimat, aber das Landeswohl ist unsere gemeinsame Aufgabe. Unser Gewissen ist der im Zweifelsfall persönlich entscheidende Maßstab."

    Systematik: 1100 Parlament

    ID: LI100701

  • Rote Rosen für Regierungschefin.
    Parlament wählte Hannelore Kraft zur ersten Ministerpräsidentin in NRW.
    Titelthema / Schwerpunkt;
    Plenarbericht;

    S. 5 in Ausgabe 7 - 22.07.2010

    14. Juli 2010 - Die Mehrheit der abgegebenen Stimmen brachte im zweiten Wahlgang den Erfolg für Hannelore Kraft. Insgesamt 90 Abgeordnete stimmten in geheimer Wahl für die Sozialdemokratin aus Mülheim an der Ruhr - bei 80 Gegenstimmen und 11 Enthaltungen. Damit hatte Kraft die laut Landesverfassung notwendige Mehrheit erreicht. Zuvor hatte sie bei 81 Gegenstimmen und 10 Enthaltungen die im ersten Wahlgang erforderliche absolute Mehrheit von 91 Stimmen um eine Stimme verfehlt.
    Abgeordnete von SPD, Grünen und auch aus der Fraktion "DIE LINKE" applaudierten, als Hannelore Kraft nach dem zweiten Wahlgang und nach ihrer Vereidigung als Ministerpräsidentin auf der Regierungsbank Platz nehmen durfte. Wenige Minuten zuvor hatte sie im Plenarsaal den Amtseid geleistet und von Landtagspräsident Eckhard Uhlenberg (CDU) ihre Ernennungsurkunde zur Ministerpräsidentin des Landes Nordrhein-Westfalen entgegengenommen. Nach erfolgreicher Wahl ist die bisherige Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landtag nun die erste Frau an der Spitze einer nordrhein-westfälischen Landesregierung.
    Der Weg dorthin war seit der Landtagswahl am 9. Mai 2010 von zahlreichen Sondierungsgesprächen der im Landtag vertretenen Parteien und schließlich von Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und Grünen begleitet worden. Da das Ergebnis der Landtagswahl keine eindeutigen Mehrheitsverhältnisse erbracht hatte, einigten sich SPD und Grüne schließlich auf das Modell einer Minderheitsregierung.

    "Starke Rolle für das Parlament"

    Die Wählerinnen und Wähler hätten die Politik vor eine neue Herausforderung und eine schwierige Aufgabe gestellt, sagte Hannelore Kraft in ihrer ersten Ansprache als Ministerpräsidentin vor dem Landtag Nordrhein-Westfalen. Sie betonte, ein Parlament mit fünf Fraktionen und unübersichtlichen Mehrheitsverhältnissen sei eine Chance für die Demokratie. Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier aus allen Fraktionen müssten einander nun genauer zuhören, Kompromisse finden und zugleich Verständnis für unterschiedliche Positionen in Sachfragen entwickeln. Somit sei eine spannende Wahlperiode mit einer "starken Rolle für das Parlament" zu erwarten, erklärte die Ministerpräsidentin, die seit der Wahl im Jahr 2000 Mitglied des Landtags ist und als Ministerin - zeitweilig für Bundesund Europaangelegenheiten sowie anschließend für Wissenschaft und Forschung - der letzten rot-grünen Landesregierung bis 2005 angehörte. Ihrem Vorgänger im Amt des Ministerpräsidenten, Jürgen Rüttgers (CDU), sowie den übrigen Mitgliedern der abgelösten Landesregierung von CDU und FDP dankte Kraft für ihre "engagierte Arbeit in den vergangenen fünf Jahren". Jürgen Rüttgers hatte das Amt des Ministerpräsidenten zuletzt geschäftsführend ausgeübt.
    Bei allen politischen Unterschieden sei man sich in dem Ziel einig, ein "lebenswertes und starkes Nordrhein-Westfalen" zu schaffen, meinte Kraft. Die neue Regierungschefin betonte, dass die Landesregierung mit allen Fraktionen des Hauses den besten Weg für das Land gehen wolle, um ein zukunftsfähiges und solidarisches NRW zu schaffen. Alle gewählten Abgeordneten seien dem Wohl des Landes verpflichtet - "und dem wollen wir dienen", so Kraft. Die von ihr geführte Landesregierung werde ihren Teil dazu beitragen.
    Zahlreiche Ehrengäste verfolgten die Wahl der Ministerpräsidentin von der Zuschauertribüne im Plenarsaal aus. Unter den Gästen befanden sich Repräsentantinnen und Repräsentanten des öffentlichen Lebens in Nordrhein-Westfalen sowie politische Weggefährten und Familienangehörige von Hannelore Kraft. Bevor die neue Ministerpräsidentin den wartenden Journalistinnen und Journalisten vor den Türen des Plenarsaals erste Interviews gab, erhielt sie Glückwünsche von Abgeordneten aus allen fünf Landtagsfraktionen. Die Mitglieder ihrer eigenen Fraktion überreichten Kraft noch auf der Regierungsbank rote Rosen zum Start in die Regierungsgeschäfte. Schon zu diesem Zeitpunkt stand fest, dass die übrigen Plätze auf der Regierungsbank nicht lange leer bleiben würden. Bereits für die nächste Plenarsitzung am folgenden Tag war die Vereidigung der weiteren Mitglieder der rot-grünen Landesregierung vorgesehen.
    sw

    Zusatzinformation:
    Als einziges Mitglied der Landesregierung wird die Ministerpräsidentin direkt vom nordrhein-westfälischen Landesparlament gewählt. Artikel 52 der Landesverfassung schreibt vor, dass die Ministerpräsidentin oder der Ministerpräsident ein gewähltes Mitglied des Landtags sein muss, also aus der "Mitte des Parlaments" gewählt wird.

    Systematik: 1200 Landesregierung

    ID: LI100703

  • Handlungsfähig im Schwebezustand.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 6 - 17.06.2010

    Der Wählerwille hat den politischen Parteien kein eindeutiges Ergebnis beschert. Nach dem Patt bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen loten die einzelnen politischen Kräfte aus, wo sie untereinander genügend Schnittmengen entdecken und wie eine stabile Mehrheit für eine neue nordrhein-westfälische Landesregierung zustande kommen könnte. Politisch mag man die Situation als Schwebezustand empfinden, trotzdem muss der Landtag seinen verfassungsmäßigen Aufgaben nachkommen.

    Landesverfassung

    Ein Beispiel: Die Fachausschüsse des Parlaments bilden in der Regel den jeweiligen Zuschnitt des Ministeriums ab - einem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales steht der Landtagsausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales gegenüber. Der Zuschnitt der Ministerien, auch ihre Anzahl, wird jedoch erst mit Bildung der neuen Landesregierung bestimmt, und somit die Landtagsausschüsse entsprechend. Manche Ausschüsse müssen laut Landesverfassung allerdings direkt bestellt werden, etwa ein ständiger Ausschuss, der den Landtag auch außerhalb der Vollversammlung aller Abgeordneten gegenüber der Landesregierung vertritt - solange keine neue ernannt ist, bleibt schließlich die bisherige geschäftsführend im Amt. Ebenso müssen sich Bürgerinnen und Bürger an die Beschwerdestelle des Landtags wenden können. Aus diesem Grund muss mit Eintritt in die neue Wahlperiode der Petitionsausschuss gebildet werden. Auch ein Haushaltsund Finanzausschuss muss bestehen und im Notfall beschlussfähig sein. Gleiches gilt für einen Wahlprüfungsausschuss und für ein Gremium, das die Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde kontrolliert.

    Vorläufig

    Der Landtag hat sich nicht nur konstituiert und damit offiziell die Arbeit der 15. Legislaturperiode aufgenommen, sondern auch für die Einrichtung dieser Gremien gesorgt. Dabei ist die Besetzung der drei Ausschüsse vorläufig. Wenn Regierung, Ministerien und Ausschüsse feststehen, wollen die Abgeordneten ein Gesamtpaket schnüren, dass auch personelle Entscheidungen beinhaltet.
    Auch die fünf Fraktionen im Landtag haben Vorstände gewählt, deren Mitglieder teilweise nur vorläufig das Amt bekleiden. Wichtig aber ist: Der Landtag, die Abgeordneten, die Fraktionen, die verfassungsmäßigen Gremien sind arbeits- und handlungsfähig. Wie kompliziert die politischen Verhältnisse auch sein mögen, der Landtag als Verfassungsorgan vertritt verlässlich die Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen und stellt sich seinen Aufgaben.
    sow

    ID: LI100602

  • "Nach bestem Wissen und Können".
    Der Landtag der 15. Wahlperiode konstituiert sich.
    Plenarbericht;
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 3 in Ausgabe 6 - 17.06.2010

    9. Juni 2010 - "Die Mitglieder des Landtags bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden."
    Diese Verpflichtungserklärung, verlesen von der Landtagspräsidentin, bestätigten die 181 Abgeordneten zu Beginn der konstituierenden Sitzung und der 15. Wahlperiode des Landtags Nordrhein-Westfalen durch Erheben von den Sitzen. 30 Tage nach der Landtagswahl kamen die gewählten Parlamentarierinnen und Parlamentarier erstmals im Plenarsaal zusammen. Die parlamentarische Arbeit der kommenden fünf Jahre hat begonnen.
    Regina van Dinther, Landtagspräsidentin der 14. Wahlperiode, beschrieb den neuen Landtag als "Mehrgenerationen-Parlament". Schließlich lägen zwischen der jüngsten und dem ältesten Abgeordneten 47 Lebensjahre.

    Rücktritt der Landtagspräsidentin

    Außerdem wies van Dinther auf die Besonderheit hin, dass in dieser konstituierenden Sitzung erstmals kein neues Landtagspräsidium gewählt werde. Bis zur Wahl eines neuen bleibt das Präsidium der 14. Wahlperiode laut Landesverfassung geschäftsführend im Amt. Van Dinther, in der neuen Legislaturperiode nicht mehr in den Landtag gewählt, erklärte aber, sie wolle den Wählerwillen respektieren und werde ihre Amtszeit als Landtagspräsidentin mit diesem Tag beenden.
    Sie habe das Amt sehr gerne ausgefüllt und bedanke sich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit im Präsidium und bei allen, die sie in ihrer Amtszeit in vielfältiger Weise unterstützt hätten. Das nun noch dreiköpfige geschäftsführende Landtagspräsidium besteht aus den Vizepräsidenten Edgar Moron (SPD), Oliver Keymis (Grüne) und Angela Freimuth (FDP).

    Geschäftsordnung

    Laut Landesverfassung muss das Parlament sich auch eine Geschäftsordnung als parlamentarisches Regelwerk geben. Die bisherige Fassung bekam erste kleine Änderungen, die mit neuen Bestimmungen für die Parlamentsarbeit bereits Weichen für einen papierarmen Landtag stellt. Gültig ist die beschlossene Geschäftsordnung nur bis zum Ende des Jahres. Bis dahin soll der Ältestenrat das Regelwerk überarbeiten. Einen Vorschlag unterbreiteten schon jetzt die Grünen, die die Verpflichtungserklärung umformulieren und verdeutlichen möchten, dass die Abgeordneten die gesamte Bevölkerung NRWs mit oder ohne deutsche Staatsbürgerschaft vertreten.

    Gremien

    Eingesetzt hat der Landtag in seiner ersten Sitzung auch - teilweise vorläufig - Gremien und Ausschüsse, die laut Landesverfassung von Beginn an arbeitsfähig sein müssen. Im Einzelnen:
    - Die Schriftführerinnen und Schriftführer unterstützen die Präsidentin oder den Präsidenten in Plenarsitzungen; sie beurkunden den Verlauf, führen Rednerlisten, sammeln und zählen Stimmen bei Abstimmungen.
    - Der Ältestenrat unterstützt das Präsidium des Landtags in seiner Arbeit. Ihm gehören das Landtagspräsidium und die Fraktionsspitzen sowie weitere -vertreterinnen und -vertreter an. Er erfüllt laut Beschluss auch die Funktion des in der Verfassung festgeschriebenen ständigen Ausschusses, der das Parlament außerhalb der Vollversammlung aller Abgeordneten gegenüber der Landesregierung vertritt.
    - Der Wahlprüfungsausschuss befasst sich etwa mit Einsprüchen gegen die Landtagswahl. Ihm obliegt auch die Feststellung, ob ein Abgeordneter des Landtags die Mitgliedschaft verloren hat.
    - Der Petitionsausschuss ist potenzieller Ansprechpartner für jede Bürgerin und jeden Bürger. Denn sie alle haben das Recht, sich mit Bitten und Beschwerden an die Volksvertretung zu wenden.
    - Der Haushalts- und Finanzausschuss muss aufgrund eigener gesetzlicher Mitwirkungsmöglichkeiten eingerichtet werden.
    - Ein parlamentarisches Kontrollgremium überprüft die Tätigkeiten der Verfassungsschutzbehörde.
    Bis auf den letzten Punkt beschloss die Vollversammlung der Abgeordneten alle Gremien einstimmig. Da die Fraktion der Linken dem Verfassungsschutz-Kontrollgremium nicht angehört, stimmte sie gegen seine von den anderen vier Fraktionen vorgeschlagene Besetzung.

    Bundesversammlung

    Einstimmig beschlossen haben die Abgeordneten nach dem Rücktritt von Horst Köhler, welche 133 Mitglieder Nordrhein-Westfalen in die Bundesversammlung entsendet (siehe Seite 15). Die Fraktionen haben entsprechend ihrer Größe je einen Anteil der Mitglieder aus Nordrhein- Westfalen bestimmt. Die meisten Wahlfrauen und -männer sind Abgeordnete des 15. Landtags, daneben Vertreterinnen und Vertreter der Parteien und einige aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Verbänden und Kultur.
    sow

    Bildunterschrift:
    Die Präsidentin verlässt ihren Platz: Regina van Dinther bei ihrer Abschiedsrede

    Systematik: 1100 Parlament

    ID: LI100603

  • Die Abgeordneten des 15. Landtags Nordrhein-Westfalen.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 6-11 in Ausgabe 6 - 17.06.2010

    Übersicht über die gewählten Abgeordneten: hier nicht erfasst!

    Systematik: 1110 Abgeordnete

    ID: LI100606

  • Wichtige Entscheidungen.
    Fraktionen stellen erste personelle Weichen für ihre Arbeit in der 15. Wahlperiode.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 14 in Ausgabe 6 - 17.06.2010

    Mai 2010 - Bereits wenige Tage nach der Landtagswahl am 9. Mai kamen die neu gewählten Abgeordneten zu den ersten Sitzungen ihrer Fraktionen im Parlamentsgebäude zusammen, um die organisatorischen Grundlagen für ihre zukünftige Parlamentsarbeit zu schaffen. Aufgrund der noch offenen Koalitionsfrage haben jedoch bislang nicht alle der fünf Fraktionen endgültig entschieden, wer als Vorsitzende oder Vorsitzender künftig an ihrer Spitze stehen soll.
    Bis eine neue Regierungsmehrheit für Nordrhein- Westfalen gefunden ist, haben die Fraktionen von CDU und SPD die Entscheidung über den jeweiligen Vorsitz ihrer Fraktionen vertagt.
    Zum kommissarischen Vorsitzenden ernannten die 67 Mitglieder der CDU-Fraktion den Abgeordneten Christian Weisbrich. Der 68-jährige Christdemokrat aus Nettetal und bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende soll die Landtagsfraktion vorübergehend führen, solange die Parteien in Düsseldorf über eine Regierungsbildung verhandeln und weitere wichtige Personalentscheidungen noch nicht getroffen wurden. Weisbrich zur Seite stehen die wieder in den Landtag gewählten stellvertretenden Mitglieder des bisherigen Fraktionsvorstands und der Parlamentarische Geschäftsführer Peter Biesenbach aus Hückeswagen.
    Ebenfalls vorläufig bis zu einer Entscheidung über die kommende Regierungskoalition für Nordrhein-Westfalen wird Hannelore Kraft die SPD-Fraktion führen. Dafür sprachen sich die nun 67 Abgeordneten der SPD im Landtag NRW aus. Die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Kraft aus Mülheim an der Ruhr war bereits in der 14. Wahlperiode Vorsitzende der Düsseldorfer Landtagsfraktion. Auch der bisherige Fraktionsvorstand mit seinen insgesamt sieben stellvertretenden Vorsitzenden und der Parlamentarischen Geschäftsführerin Carina Gödecke aus Bochum wird die Arbeit vorerst fortsetzen.
    Mit einer Klausurtagung startete die Fraktion der Grünen in die neue Wahlperiode. Die nun 23 Abgeordneten im Landtag bestätigten den bisherigen Fraktionsvorstand vorerst im Amt. Dieser soll nach dem Willen der Fraktion seine Arbeit "bis zur Wahl der Ministerpräsidentin oder des Ministerpräsidenten" fortführen. Damit ist die grüne Spitzenkandidatin Sylvia Löhrmann weiterhin Fraktionsvorsitzende. Ihre Stellvertreter bleiben die Abgeordneten Reiner Priggen und Barbara Steffens. Der Abgeordnete Johannes Remmel aus Siegen wird als Parlamentarischer Geschäftsführer weiterhin die Fraktionsarbeit organisieren.

    Bereits gewählt: Die Fraktionsvorstände von FDP und Linken

    Als erste Fraktion im neuen Landtag wählten die 13 Abgeordneten der FDP einen neuen Fraktionsvorstand. In der konstituierenden Sitzung der Fraktion zwei Tage nach der Landtagswahl bestätigten sie Dr. Gerhard Papke für anderthalb Jahre in seinem Amt als Vorsitzender. Papke erhielt eine Mehrheit von elf Stimmen bei einer Enthaltung und einer Gegenstimme. Der 48-jährige Abgeordnete aus Königswinter wird unterstützt durch die stellvertretenden Vorsitzenden Christof Rasche und Dietmar Brockes. Sie wurden ebenso in ihren Ämtern wiedergewählt wie der Parlamentarische Geschäftsführer im Fraktionsvorstand, Ralf Witzel aus Essen.
    Neu im Landtag Nordrhein-Westfalen ist in der 15. Wahlperiode eine fünfte Fraktion. Elf Abgeordnete der Partei DIE LINKE wählten aus ihren Reihen mehrheitlich mit zehn Stimmen und einer Enthaltung die Abgeordnete Bärbel Beuermann aus Herne und einstimmig den Landessprecher Wolfgang Zimmermann aus Leichlingen zu ihren gleichberechtigten Fraktionsvorsitzenden. Diese Doppelspitze der Fraktion wird vertreten durch die Abgeordneten Dr. Carolin Butterwegge aus Köln und Rüdiger Sagel aus Münster. Das Amt des Parlamentarischen Geschäftsführers der Linken hat der Gladbecker Ralf Michalowsky inne.
    sw

    Zusatzinformation:
    Fraktionsvorsitzende haben unter anderem die Aufgabe, die Arbeit ihrer Fraktion nach außen, also gegenüber der Öffentlichkeit zu vertreten und zu begründen. Dagegen sind Parlamentarische Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer verantwortlich für den reibungslosen Ablauft der Fraktionsarbeit im Parlamentsbetrieb. Sie wirken damit überwiegend nach innen.

    Systematik: 1100 Parlament

    ID: LI100612

  • NRW hat gewählt - es bleibt spannend.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 5 - 12.05.2010

    Der Wähler hat gesprochen, aber eindeutig - was die Regierungsbildung anbelangt - sind seine Aussagen nicht. Ob Dreier-Koalition oder doch ein Bündnis der beiden Großen? Jetzt sind die Parteien am Zug, das Ergebnis so umzusetzen, dass der Landtag am Ende eine neue Regierung ins Amt setzen kann. Zu gratulieren ist den Wahlsiegerinnen und Wahlsiegern, zu gratulieren aber auch allen, die sich im Kampf um Sitz und Stimme engagiert haben. Ihre Kärrnerarbeit ist eines der Fundamente unserer Demokratie.
    7,8 Millionen Bürgerinnen und Bürger haben von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht. Das sind 59,3 Prozent der Wahlberechtigten, 3,7 Prozentpunkte weniger als bei der letzten Landtagswahl. Durchschnittlich mag jede Wählerin, jeder Wähler rund eine Minute in der Wahlkabine zugebracht haben. Ein vergleichweise geringer Einsatz für den Gewinn an Demokratie. Diese Minute hat Auswirkungen für die kommenden fünf Jahre in Düsseldorf, aber auch in Berlin und - siehe die Entscheidungen über die Griechenlandhilfe - in Brüssel. Egal, wie man zum Wahlergebnis steht, die Demokratie gehört nicht zu den Gewinnern. Viel zu groß ist die Gruppe der Nichtwählerinnen und Nichtwähler. Über 40 Prozent der Wahlberechtigten wählten das Programm Gleichgültigkeit: heraushalten, keine Verantwortung übernehmen. Das kann keiner Fraktion im Landtag egal sein. Damit steht eine wichtige Aufgabe für die nächsten fünf Jahre fest.
    Ein weiteres Ergebnis dieser Wahl: Der Landtag wird kleiner. Die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalens haben sich mit 128 direkt gewählten und mit 53 über Landeslisten der einzelnen Parteien bestimmten Abgeordneten eine Volksvertretung von 181 Abgeordneten gegeben (bislang: 187). Zum ersten Mal seit den Wahlen von 1947 und 1950 sind im Landtag Düsseldorf fünf Parteien vertreten. Möge es beim Streit im Parlament stets um die Sache gehen, um deretwillen vielleicht auch das eine oder andere Mal pragmatisches gemeinsames Vorgehen möglich sein wird.
    Mit dem Abschalten der Scheinwerfer und Kameras am Wahlabend war der Wahlmarathon zu Ende. Jetzt beginnt die Zeit der Gespräche über Gemeinsamkeiten und Unterschiede, über Möglichkeiten, Personen und Funktionen. Wer übernimmt Regierungsverantwortung, wie werden die Ministerien aufgeteilt und zugeschnitten? Wer steht jeweils an der Spitze einer Fraktion? Wer sitzt im neuen Landtagspräsidium? Die Legislative ist gewählt, nunmehr steht die Gestaltung der Exekutive im Mittelpunkt. Der neue Landtag der 15. Wahlperiode soll sich am 9. Juni 2010 konstituieren, die Wahl des Ministerpräsidenten oder der Ministerpräsidentin ist zwei Wochen später (23. Juni) vorgesehen. Vorher jedoch müssen sich die Parteien einigen. Es bleibt eine spannende Zeit.
    cw

    ID: LI100506

  • Das vorläufige Ergebnis der Landtagswahl in NRW.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 3 in Ausgabe 5 - 12.05.2010

    Tabelle: hier nicht erfasst!

    Systematik: 1080 Wahlen

    ID: LI100501

  • Auf Messers Schneide.
    Über 3.000 Gäste fieberten im Parlament dem Ergebnis der Landtagswahl entgegen.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 4-5 in Ausgabe 5 - 12.05.2010

    9. Mai 2010 - 13,3 Millionen Bürgerinnen und Bürger hatten die Wahl darüber, wie zukünftig die Mehrheitsverhältnisse im Landesparlament aussehen sollen. Rund 7,9 Millionen Menschen gaben ihre Stimmen ab. Die Entscheidung stand "auf Messers Schneide", wie es politische Kommentatoren am Wahlabend bewerteten. Insbesondere das Kopf-an-Kopf-Rennen von CDU und SPD hielt die Gäste im Landtag in Atem. Schließlich fehlten für eine sich zunächst abzeichnende rot-grüne Regierungsmehrheit am Ende nur wenige tausend Wählerstimmen.
    Erst spät in der Wahlnacht, gegen 2.30 Uhr, konnte die Landeswahlleiterin das vorläufige amtliche Endergebnis im Düsseldorfer Landtag verkünden. Viele Spekulationen, Gewinner und Verlierermomente hatte es in den Stunden zuvor auf den vollen Fluren des Parlaments gegeben. Je später es wurde, desto spannender geriet der Wahlabend. Mit immer neuen Hochrechnungen schrumpften zunächst angenommene Mehrheiten und damit die Spielräume für mögliche Koalitionen.
    Als um 18 Uhr die erste Prognose auf den Bildschirmen erschien, fielen die Reaktionen im Landtag höchst unterschiedlich aus. Enttäuscht und nachdenklich verfolgten Christdemokraten und Liberale in ihren Fraktionsflügeln die Zahlen. Denn schnell war klar: Für eine Neuauflage der schwarz-gelben Regierungskoalition würde die Sitzverteilung im Parlament nicht mehr reichen. Umso mehr jubelten Sozialdemokraten und Grüne in ihren Etagen, denn die Zahlen schienen zunächst eine rot-grüne Koalition möglich zu machen. Glücklich zeigten sich im Eingangsbereich des Landtags auch Anhängerinnen und Anhänger der Partei "Die Linke", da ihnen die Prognosen den Einzug ins Parlament voraussagten.
    Auf die ersten Antworten in Zahlen folgten bei allen Gästen rasch neue Fragen: Wie würden sich die Vertreterinnen und Vertreter der Parteien zum Wahlausgang äußern? Und welche politischen Folgen würden sie aus dem Ergebnis ziehen? Gespannt warteten im Landtag über 1.300 Vertreterinnen und Vertreter von Medien aus der ganzen Welt auf erste Reaktionen. Bereits Wochen vor der Wahl zeichnete sich ein außergewöhnlich hohes Medieninteresse an der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ab. Sogar aus China, Südafrika und vielen europäischen Ländern hatten sich Journalistinnen und Journalisten angemeldet. Hunderte Techniker waren vor dem 9. Mai im Dauereinsatz, um das Parlamentsgebäude in ein riesiges Studio umzubauen und 45 Übertragungswagen auf der Wiese vor dem Parlament mit Strom zu versorgen. Über 300 Kilometer Kabel verlegten die 35 Fernseh- und Radiosender, um live vom Wahlabend berichten zu können. Die Fraktionssäle von CDU und SPD dienten über 200 schreibenden Journalistinnen und Journalisten als Arbeitsplatz.
    Das ZDF hatte sein Fernsehstudio im Plenarsaal eingerichtet. Hier sollte sich um 19 Uhr der Höhepunkt des Wahlabends ereignen.
    Nach Bekanntwerden der ersten Hochrechnungen traf das landespolitische Spitzenpersonal aufeinander. Fotografinnen und Fotografen rangelten an den Absperrungen um das erste gemeinsame Bild von Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) mit seiner Herausforderin Hannelore Kraft (SPD). Der Christdemokrat sprach von einem "bitteren Abend" für seine Partei und nannte ein "Bündel von Ursachen" für die Stimmenverluste der CDU, darunter die Griechenland-Krise und die Kritik an der schwarz-gelben Bundesregierung. Der FDP-Landesvorsitzende Prof. Dr. Andreas Pinkwart empfand das Wahlergebnis ebenfalls als "bitter" und sagte: "Wir haben die landespolitischen Erfolge aus fünf Jahren im Landtagswahlkampf offenbar nicht sichtbar machen können."
    Die sozialdemokratische Spitzenkandidatin Kraft verstand das Wahlergebnis als Botschaft, die nun ins ganze Land hinausgehe: "Die SPD ist wieder da", erklärte Kraft. Mit Unterstützung der Grünen wolle sie zur Ministerpräsidentin gewählt werden. Zu diesem Zeitpunkt sagten die Hochrechnungen noch einen knappen Vorsprung für Rot-Grün voraus. Die Spitzenkandidatin der Grünen, Sylvia Löhrmann, kritisierte die Aussagen von Ministerpräsident Rüttgers. Das Wahlergebnis sei eben nicht allein durch bundespolitische Themen beeinflusst worden. Es habe mit der Energie-, Kommunal- und Bildungspolitik in diesem Wahlkampf sehr wohl landespolitische Themen gegeben, sagte sie. Eine Erklärung für die Verluste von CDU und FDP hatte auch Wolfgang Zimmermann, Landessprecher der Linken: "Die Menschen in diesem Land wollen eine andere Politik."
    Bis spät in die Wahlnacht fieberten Abgeordnete, Medienleute und Gäste neuen Hochrechnungen entgegen. Immer weiter näherten sich die Stimmenanteile für CDU und SPD an, so dass sich letztlich doch ein hauchdünner Vorsprung für die CDU ergab. Bereits vor Mitternacht zeigte der Trend, was schließlich auch das vorläufige amtliche Endergebnis bestätigte: Weder für Rot-Grün noch für eine ebenfalls gehandelte schwarz-grüne Koalition gibt es eine Mehrheit im Parlament. Die Wählerinnen und Wähler haben entschieden. Nun liegt es an den Abgeordneten, eine Entscheidung zu treffen. Zur ersten Sitzung des neuen Landtags kommen die 181 Parlamentarierinnen und Parlamentarier am 9. Juni in Düsseldorf zusammen.
    sw

    Bildunterschriften:
    Rund um den Landtag zeugten Dutzende von Übertragungswagen vom großen Medieninteresse.
    Die Landeswahlleiterin gab das vorläufige amtliche Endergebnis bekannt.
    Auch bundespolitische Reaktionen wurden im Landtag aufmerksam verfolgt.
    Rede und Antwort: Die schwankenden Hochrechnungen ließen viel Raum für Interpretation.
    Massenandrang der Medienleute
    Auf diesen Augenblick hatten Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern gewartet: Um 19 Uhr äußerte sich das Spitzenpersonal der Parteien zum Wahlausgang. Im Gespräch mit den Moderatorinnen (von links): Wolfgang Zimmermann (Die Linke), Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP), Hannelore Kraft (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU) und Sylvia Löhrmann (Grüne).

    Systematik: 1080 Wahlen; 1100 Parlament

    ID: LI100502

  • Herrschaft des Volkes.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 4 - 31.03.2010

    In rund sechs Wochen ist Landtagswahl. Grund genug, sich in dieser Ausgabe mit der Demokratie an sich, aber auch damit zu beschäftigen, welche Aufgaben der Landtag hat, wie er funktioniert und wie der Wahlakt geregelt ist. Dass die Abgeordneten der 14. Legislaturperiode mit ihrem Arbeitspensum guten Gewissens vor die Wählerinnen und Wähler treten können, zeigt ein Rückblick auf die Zahl der Sitzungen, Gesetze und Anträge.
    Das Volk ist in unserem Staatswesen der Souverän, von ihm geht alle Macht aus. Demokratie, das ist die "Regierung des Volkes, durch das Volk und für das Volk", definierte einst Abraham Lincoln. Seit über 300 Jahren hat sich die parlamentarische Demokratie, die Macht- und Mandatsvergabe auf Zeit, als humanste Regierungsform bewährt. Die Bürgerinnen und Bürger geben für einen festgelegten Zeitraum einzelnen Kandidatinnen und Kandidaten ihre Stimme, lassen diese also in der Volksvertretung in ihrem Namen sprechen.

    Verantwortung des Einzelnen

    Dass der oder die Abgeordnete dabei keiner Weisung, sondern nur dem eigenen Gewissen unterworfen ist, wie es auch im deutschen Grundgesetz steht, ist in der parlamentarischen Demokratie logische Konsequenz, häufig genug aber auch Stein des Anstoßes. Eine Legislaturperiode, seien es vier, seien es fünf Jahre, ist eine lange Zeit. Mit der Wahl schenkt man den Gewählten auch das Vertrauen, dass sie sich allen Herausforderungen, die in dieser Zeit auf Land und Leute zukommen, nach bestem Wissen und Gewissen stellen. Dass die entsprechenden politischen Beschlüsse und die (veröffentlichte) Volksmeinung dann nicht immer übereinstimmen, gehört zur Realität.
    Kritik in der Sache, auch an den handelnden Personen ist dabei in Ordnung, denn eigene Standpunkte sind erwünscht. Demokratie ist untrennbar mit Meinungsfreiheit verbunden. Bei aller Kritik muss aber auch die Gegenfrage erlaubt sein, ob man denn selbst bereit wäre, sich politisch zu engagieren, gegebenenfalls zu kandidieren und am Ende ein Mandat anzunehmen. Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern braucht die Einmischung und das Engagement jedes Einzelnen. Eine hohe Wahlbeteiligung ist ihr bester Schutz. Eines ist gewiss: Eine Schwächung der Demokratie bedeutet immer auch eine Schwächung der eigenen Freiheitsrechte.
    Demokratie basiert auf Vertrauen. Vertrauen auf die Fähigkeit eines gewählten Parlaments, dem Spiegelbild des Volkes, dessen Geschicke zu leiten. Wer könnte es besser? Gehen Sie wählen.
    cw

    ID: LI100406

  • Aufruf zur Landtagswahl.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 3 in Ausgabe 4 - 31.03.2010

    Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
    am 9. Mai 2010 ist es wieder soweit: Sie haben die Wahl! Der Landtag Nordrhein-Westfalen wird neu gewählt. Mit Ihrem Kreuz bestimmen Sie, welche Abgeordnete in das Landesparlament einziehen. Sie entscheiden, von wem Sie in den kommenden fünf Jahren vertreten werden möchten, wer also nach Ihrem Willen Gesetze erlässt, die Regierung kontrolliert und den Landeshaushalt gestaltet. Von dieser Mitbestimmung lebt eine Demokratie, um die uns viele Menschen auf der Welt beneiden. Lassen Sie sich Ihr Recht darauf nicht nehmen!
    In Nordrhein-Westfalen gibt es über 13 Millionen wahlberechtigte Menschen. Das entspricht fast einem Viertel der Wahlberechtigten in ganz Deutschland. Deshalb stehen Wahlen bei uns in NRW auch bundespolitisch ganz besonders stark im Rampenlicht. Das zeigt: Jede einzelne Stimme hat Gewicht, auch über die Landesgrenze hinaus.
    Trotzdem ist der Gang ins Wahllokal für viele Menschen leider keine Selbstverständlichkeit mehr. Die Gründe hierfür mögen vielfältig sein. Wir werben dafür, sie zu überwinden.
    Verzichten Sie nicht auf Ihr Wahlrecht und damit auf die Möglichkeit der politischen Mitgestaltung. Denn selbst wenn Sie nicht wählen gehen, sind Sie zwangsläufig von den politischen Entscheidungen in unserem Land betroffen. Lassen Sie also nicht einfach andere für sich entscheiden, sondern entscheiden Sie selbst!
    Bei der vergangenen Landtagswahl lag die Wahlbeteiligung bei 63 Prozent. Es wäre schön, wenn wir das Ergebnis in diesem Jahr gemeinsam überbieten könnten und damit zeigen, dass uns die Zukunft von Nordrhein-Westfalen und die Demokratie in unserem Land am Herzen liegen. Außerdem gibt es in diesem Jahr eine Premiere: Erstmals haben Sie bei der Landtagswahl zwei Stimmen, eine direkt für einen Kandidaten oder eine Kandidatin und eine für eine Partei.
    Deshalb bitten wir Sie: Egal, was Sie für den 9. Mai 2010 sonst schon geplant haben, machen Sie einen Zwischenstopp in Ihrem Wahllokal oder nutzen Sie die Möglichkeit zur Briefwahl. Stimmen Sie ab, damit stabile, regierungsfähige Mehrheiten im Landtag Nordrhein-Westfalen entstehen. Und damit die Aufgaben und Probleme, denen sich unser Land stellen muss, bewältigt werden können. Sie haben die Wahl!

    Das Präsidium des Landtags Nordrhein-Westfalen

    Systematik: 1080 Wahlen; 1100 Parlament

    ID: LI100401

  • Unser Land, unsere Wahl.
    Was man zum Wählen wissen muss.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 4 in Ausgabe 4 - 31.03.2010

    In der Demokratie haben die Bürgerinnen und Bürger das Sagen. Damit der Wählerwille sich tatsächlich in der Volksvertretung, dem Parlament, widerspiegelt, gibt es allerhand Regeln. Diese betreffen insbesondere die Landtagswahlen und legen fest, wie der Weg von der Stimmabgabe zur Mandatsverteilung verläuft. Mit Blick auf den kommenden Wahltermin am 9. Mai 2010 erklärt Landtag Intern die wichtigsten.
    Alle fünf Jahre bestimmen die Wählerinnen und Wähler mit ihren Stimmen, die sie bei der Landtagswahl abgeben, über die Zusammensetzung des nordrhein-westfälischen Parlaments. Die gewählten Abgeordneten repräsentieren für die nächsten fünf Jahre, so lang dauert eine Wahlperiode, die Bevölkerung. Sie sind dabei allerdings keinerlei Weisung unterworfen, sondern nur ihrem Gewissen verpflichtet.
    Wahlberechtigt sind alle Erwachsenen, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben und seit mindestens 16 Tagen vor der Wahl in Nordrhein- Westfalen leben.

    Neu: Zwei Stimmen

    Mit der Landtagswahl am 9. Mai 2010 haben die Wählerinnen und Wähler erstmals zwei Stimmen, wie bei der Bundestagswahl. Mit der Erststimme können sie die Kandidatin oder den Kandidaten ihres Wahlkreises unterstützen, von der oder dem sie im Parlament vertreten werden möchten. Mit der Zweitstimme entscheiden sie sich für eine Partei. Erst- und Zweitstimme sind unabhängig voneinander.
    Wer nur seine Erst- oder nur seine Zweitstimme vergibt, macht seinen Stimmzettel nicht ungültig. Ungültig sind Stimmzettel, wenn aus ihnen nicht der klare Wählerwille hervorgeht oder wenn Bemerkungen auf dem Stimmzettel gemacht wurden.
    Wer selbst zur Landtagswahl antreten und sich um einen Sitz im Parlament bewerben möchte, muss wahlberechtigt sein und darüber hinaus seit mindestens drei Monaten in NRW wohnen. Allerdings ist die Zeitspanne, in der bei der Landeswahlleiterin Kandidatinnen und Kandidaten benannt werden konnten, mit dem 22. März 2010 bereits abgelaufen.
    Am Wahltag sind die Wahllokale von 8 bis 18 Uhr geöffnet. Danach zählen die Wahlhelferinnen und -helfer die Stimmen öffentlich aus und übermitteln das Ergebnis an die zuständigen Wahlorgane.

    Briefwahl

    Wer am Wahltag persönlich verhindert ist, sein zuständiges Wahllokal aufzusuchen - die Adresse befindet sich auf der Wahlbenachrichtigung -, kann auch per Briefwahl seine Stimme abgeben. Menschen, die bei der persönlichen Stimmabgabe im Wahllokal Hilfe brauchen, können eine Person ihres Vertrauens mit in die Wahlkabine nehmen. Grundsätzlich aber geben die Bürgerinnen und Bürger ihre Stimme persönlich und geheim ab.

    Ergebnis und Sitzverteilung

    Ab 18 Uhr werden die ersten Hochrechnungen des Wahlergebnisses bekanntgegeben. Dieses kann sich freilich noch verändern. Alle Parteien, die im Endergebnis mindestens 5 Prozent der Stimmen erhalten haben, sind im Landtag vertreten. Steht fest, welche Parteien wie viel Prozent der Stimmen bekommen haben, wird errechnet, wie viele Sitze ihnen jeweils im Parlament zustehen.
    Alle Kandidatinnen und Kandidaten, die in ihrem Wahlkreis die Mehrheit der Stimmen erhalten haben, ziehen in den Landtag ein. Entsprechend der 128 Wahlkreise in Nordrhein- Westfalen stehen damit schon 128 Abgeordnete der neuen Legislaturperiode fest. Die restlichen Abgeordneten ziehen über die sogenannten Landesreservelisten der Parteien in den Landtag ein. Wer an welcher Stelle auf ihrer Liste steht, entscheidet jede Partei im Vorfeld der Wahl selbst.
    Es kommt auch vor, dass mehr Direktkandidatinnen oder -kandidaten einer Partei ihren Wahlkreis gewinnen und damit einen Sitz im Parlament sicher haben, als der Partei entsprechend des Ergebnisses zustehen (Überhangmandate). Weil diese Partei nun mit unverhältnismäßig vielen Abgeordneten im Parlament vertreten wäre, dürfen auch die anderen in den Landtag gewählten Parteien entsprechend mehr Abgeordnete in den Landtag entsenden, damit das Verhältnis wieder stimmt (Ausgleichsmandate).
    Die Gesamtzahl der Sitze im Landtag ist somit nicht von vornherein vorhersehbar. Jedoch mindestens 181 Abgeordnete werden dem neuen Parlament angehören, das die Wählerinnen und Wähler am 9. Mai 2010 wählen.
    sow

    Zusatzinformation:
    Ausführliche Informationen rund um Wahlrecht und Mandatsverteilung in Nordrhein-Westfalen bietet die Informationsbroschüre "Landtagswahl 2010 - Von der Wählerstimme zum neuen Parlament". Sie ist kostenlos zu bestellen unter 0211 884 2850 oder per Mail: presse@landtag.nrw.de.

    Systematik: 1080 Wahlen; 1100 Parlament

    ID: LI100407

  • Die Regeln der parlamentarischen Kunst ... feiern 40. Geburtstag.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 5 in Ausgabe 4 - 31.03.2010

    Am 9. Mai 2010 wählen die Bürgerinnen und Bürger die Abgeordneten und Parteien ihrer Wahl für die 15. Legislaturperiode und bestimmen somit, wer die Geschicke des Landes lenkt. Für eine gute Parlamentsarbeit brauchen die Abgeordneten freilich gute Instrumente. Dass der Landtag NRW ein Ort der lebendigen Debatten zwischen den einzelnen politischen Gruppierungen wie auch zwischen Regierung und Parlament ist, verdankt er nicht zuletzt einer Reform, die vor 40 Jahren beschlossen wurde und bis heute Bestand hat.
    Lebendig und transparent soll die parlamentarische Arbeit sein, sie soll die Exekutive wirksam kontrollieren, politische Beschlüsse und Gesetze gegebenenfalls unter Hinzuziehung von Sachverständigen effizient beraten - und damit dem von den Bürgerinnen und Bürgern entgegengebrachten Vertrauen gerecht werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde - nicht ohne Druck der westlichen Siegermächte - die zweite Demokratie in Deutschland errichtet. Diese ist laut Grundgesetz nicht nur demokratischen, rechtsstaatlichen und sozialen, sondern auch föderalen Grundsätzen verpflichtet.
    Die Länder sollen - da näher an den Menschen - subsidiär diejenigen Aufgaben übernehmen, die sie besser leisten können als der Bund. Dazu zählt insbesondere die Pflege regionaler und kultureller Besonderheiten - der Grund für die Länderhoheit im Bereich Kultur, Bildung und Schule.
    Das Zusammenspiel der demokratischen Institutionen musste nach 1945 natürlich erst einmal etabliert werden. So nimmt es nicht wunder, dass auch die parlamentarische Arbeit immer wieder überprüft und gemäß den gegebenen Anforderungen angepasst wurde. Eine bedeutende Parlamentsreform wurde am 15. Juli 1970, zum Ende der 6. Legislaturperiode, beschlossen. Vorbereitet hatte die Reform ein im April 1969 eingerichter Sonderausschuss "zur Verbesserung der Arbeitsmethode des Landtags Nordrhein-Westfalen".

    Mehr Dynamik

    Für die Beratung von "normalen" Gesetzentwürfen gilt damit seit nun 40 Jahren das "Zwei- Lesungs-Verfahren" anstelle des bis dato gültigen "Drei-Lesungs-Verfahren". Das Plenum kann nun nach Einbringung in der 1. Lesung (und ggf. anschließender Ausschussberatung) ein Gesetz direkt in der 2. Lesung annehmen. Von dieser Verkürzung des Gesetzgebungsprozesses ausgenommen bleiben verfassungsändernde Gesetzentwürfe wie auch Haushaltsvorlagen. Zur Stärkung der Opposition beziehungsweise parlamentarischer Minderheiten muss es auch dann bei "normalen" Gesetzesvorlagen eine 3. Lesung geben, wenn diese von einer Fraktion oder von 20 Abgeordneten beantragt wird.
    Nachdem man 1965 eine Fragestunde eingerichtet hatte, in der die Landesregierung dem Parlament Rede und Antwort stehen muss, überlegte man 1969/1970, diese dynamischer zu gestalten und Kurzdialoge zwischen Abgeordneten und Landesregierung zuzulassen. Daher weitete man die Zahl der möglichen Fragen pro Abgeordneten aus.
    Eine weitere Belebung der Plenardebatten sollten auch die neu eingeführten "Aktuellen Stunden" bringen. Pate stand hier eine vergleichbare Regelung im Deutschen Bundestag; dort kannte man sie schon seit 1965. Eine Fraktion oder 20 Abgeordnete können solche Aktuellen Stunden beantragen. Dass diese häufig, wenn nicht sogar in der Regel, länger dauern als 60 Minuten, ergibt sich aus der Möglichkeit, über dieses Instrument schnell und mit dem scharfen Schwert der Rhetorik politische Positionen zu aktuellen Ereignissen von allgemeinem Interesse deutlich zu machen.

    Überparteiliche Informationen

    Um eine zügige Arbeitsweise in parlamentarischen Prozessen zu erreichen, führte man mit der Reform auch die Möglichkeit ein, Landtagsausschüssen Beratungsfristen vorzugeben. Ebenfalls können seitdem langwierige mündliche Berichterstattungen im Plenum durch schriftliche Informationen ersetzt werden. Mit der Reform beschloss man auch, die Arbeit der Ausschüsse durch Mitarbeiter zu unterstützen. Gleiches gilt für die politische Arbeit der Fraktionen, denen Referentenstellen für die wissenschaftliche Mitarbeit bewilligt wurden.
    Um die nordrhein-westfälische Öffentlichkeit besser über die Parlamentsarbeit zu informieren, erschien im Oktober 1970 erstmals die Parlamentszeitschrift "Landtag Intern". Damit folgte der Landtag NRW dem Beispiel Bayerns und Schleswig-Holsteins in dem Bestreben, den Bürgerinnen und Bürgern seines Bundeslandes kostenlose und überparteiliche Informationen aus erster Hand zu vermitteln.
    cw

    Zusatzinformation:
    Quelle: Düding, Dieter (2008): Parlamentarismus in Nordrhein-Westfalen. Berlin.

    Systematik: 1100 Parlament

    ID: LI100408

  • Stahl, Helmut (CDU); Kraft, Hannelore (SPD); Dr. Papke, Gerhard (FDP); Löhrmann, Sylvia (Grüne)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal mit Fragen zu Demokratie und Parlament.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 6-7 in Ausgabe 4 - 31.03.2010

    Um die Demokratie zu stärken, gilt es aus meiner Sicht besonders, ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... Aufklärungsarbeit zu leisten zum Verständnis von Demokratie, von demokratischen Abläufen und Verfahrensweisen. Demokratie ist manchmal komplexer als erwartet, jedoch alternativlos für alle, die Freiheit lieben.
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... die Menschen noch mehr in die Entscheidungsprozesse einzubinden. Das gilt sowohl für die Beteilungsverfahren in den Stadtteilen unseres Landes als auch für die Bürgerentscheide in den Städten und Gemeinden. Die Politik muss den Mut haben, Hand in Hand mit den Bürgerinnen und Bürgern zu guten Lösungen zu kommen. Das gilt natürlich auch für die Parteien: Mehr Transparenz und Beteiligung!
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... die Bürgerrechte zu schützen und die individuelle Freiheit zu stärken. Demokratie lebt davon, dass sich die Bürger am Geschehen in Gesellschaft und Staat beteiligen. Und sie muss wehrhaft gegenüber Gefahren von links und rechts sein.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: .. die Bürgerinnen und Bürger stärker in Entscheidungen einzubinden und damit der "politischen Passivität" zu begegnen. Deshalb wollen wir Hürden für Bürger- und Volksentscheide verringern, das Wahlalter bei Landtagswahlen auf 16 senken und - wie in vielen Bundesländern - bei Landtags- und Kommunalwahlen Kumulieren und Panaschieren einführen.

    Eine große Gefahr für die Demokratie sehe ich in ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... einem leider sinkenden Interesse an Belangen unseres Gemeinwesens und nachlassender Bereitschaft, für unsere Demokratie zu streiten. Ich setze auf junge Menschen und die wieder wachsende Erkenntnis, wie sehr wir alle existenziell auf Gemeinschaft und unser demokratisches Staatswesen angewiesen sind.
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... Politikverdrossenheit der Menschen. Eine Folge davon ist eine sinkende Wahlbeteiligung, die tendenziell Klientelparteien und extreme politische Gruppierungen stärkt.
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... jeder Art von politischem Extremismus. Demokratie braucht den Wettbewerb der politischen Parteien um den besten Weg für unser Land. Aber demokratische Parteien sollten sich einig sein, niemals mit Verfassungsfeinden zusammenzuarbeiten, um an die Macht zu kommen.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: ... der zunehmenden sozialen Spaltung. Zu viele Menschen sind oder fühlen sich abgehängt und ausgegrenzt. Diese Perspektivlosigkeit ist schlecht für den Einzelnen und die Gesellschaft. Wir müssen die Menschen zurückgewinnen - durch gezielte Armutsbekämpfung und gute Bildung für alle.

    Die Bürgerinnen und Bürger können sich auch außerhalb von Landtagswahlen in die Landespolitik einbringen, indem sie ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... sich interessieren, etwa für die Bildungspolitik oder die innere Sicherheit, uns Politiker darauf ansprechen, teilnehmen am Leben in Vereinen, Verbänden und demokratischen Parteien, die ja oftmals Brücken sind auch in die Landespolitik. Also: Herzlich willkommen!
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... sich weiterhin so hervorragend in Vereinen und Verbänden organisieren und sich für "ihre Sache" einsetzen. Im Sport, in der Kirche oder im Jugendclub - um nur einige Beispiele zu nennen - helfen die Menschen nicht nur durch ihr ehrenamtliches Engagement, sondern formulieren auch ihre berechtigten Interessen und Forderungen an die (Landes-) Politik. Das ist gut so.
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... sich am besten selbst politisch engagieren und sich persönlich einbringen. Der Landtag ist ein offenes Haus für alle Bürger. Jeder ist herzlich eingeladen, mit den Landtagsabgeordneten ins Gespräch zu kommen.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: ... sich in der Zivilgesellschaft engagieren. Bürgerengagement stärkt Demokratie, Zusammenhalt und Innovationsfähigkeit der Gesellschaft. Dieses Engagement können wir fördern: durch Wertschätzung, gute Rahmenbedingungen und Infrastrukturen, Abbau von Barrieren und durch die Öffnung von Institutionen für Bürgerengagement.

    Die Reformen der Parlamentsarbeit von 1970 (Zwei-Lesungs- Verfahren, Aktuelle Stunde, Flexibilisierung der Fragestunde) haben sich aus meiner Sicht ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... bewährt. Aber es bleibt Raum für Verbesserungen, um Parlamentsarbeit wirkungsvoller und nachvollziehbarer zu gestalten. Es lohnt darüber nachzudenken, wie zum Beispiel die Präsenz der Abgeordneten bei Plenarsitzungen erhöht oder die Ausschussarbeit auch für Zuhörer attraktiver gemacht werden kann.
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... bei allen Akteuren als sinnvolle Instrumente in der Politik durchgesetzt. Allerdings dürfen wir nicht die gewissenhafte inhaltliche Debatte und das Ringen um die richtigen Konzepte aus Zeitgründen vernachlässigen. Die Verantwortung, die wir Abgeordneten haben, ist groß; Sorgfalt muss grundsätzlich vor Schnelligkeit kommen.
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... bewährt. Durch die Reformen wurden die Rechte der Opposition gestärkt. Zudem trägt die Aktuelle Stunde zu lebhafteren Debatten bei. Die parlamentarische Aussprache über tagesaktuelle Themen macht die Arbeit des Parlaments für die Bürger verständlicher und interessanter.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: ... bewährt. Das Gesetzgebungsverfahren ist transparenter, die Debatten sind interessanter und aktueller geworden. Angesichts der schnelllebigen Mediengesellschaft sind weitere Neuerungen, wie die britische Form von Rede und Gegenrede oder die Kurzintervention, denkbar. Das könnte die Parlamentsdebatten auch für Jugendliche spannender machen.

    Die Abgeordneten des Landtags haben in 1.594 Plenar- und Ausschusssitzungen 1.347 Gesetzentwürfe und Anträge beraten (Stand März 2010). Dabei war für mich wichtig, ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... dass in der Vielzahl der parlamentarischen Aktivitäten sehr bedeutsame Vorhaben bewegt werden konnten, die das Leben vieler Menschen positiv berühren, etwa das Kinderbildungsgesetz, das Schulgesetz oder Hochschulfreiheitsgesetz oder nun mögliche kundenfreundliche Ladenöffnungszeiten.
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... dass wir als SPD-Fraktion eine sehr konstruktive Parlamentsarbeit geleistet haben. Die 74 SPD-Landtagsabgeordneten haben in den vergangenen fünf Jahren auf allen Politikfeldern viele Initiativen zum Nutzen unseres Landes eingebracht. Dafür danke ich meinen Kolleginnen und Kollegen sehr.
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... das Wohl unseres Landes bei allen Vorhaben im Blick zu behalten. Wir haben mutige Reformen umgesetzt und möchten diesen Weg fortsetzen. Stolz sind wir auf den historischen Ausstiegsbeschluss aus dem Subventionsbergbau. Wir investieren jetzt in helle Köpfe, nicht in dunkle Schächte.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: ... dass wir Grünen immer kritisch und konstruktiv waren. Für uns stand immer die Sache im Vordergrund, deshalb haben wir zum einen eigenständige Anträge gestellt, zum anderen gemeinsame Initiativen aller Fraktionen angestoßen und geprägt. So konnten wir darstellen, was wir anders und besser gemacht hätten, aber auch konstruktiv mitgestalten.

    Als größte Herausforderung für die Zukunft sehe ich ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... die Erwartungen der Menschen an die Politik in Einklang zu bringen mit den Möglichkeiten von Politik - das insbesondere vor dem Hintergrund hoch verschuldeter öffentlicher Haushalte, die wir nicht einfach weiterreichen dürfen an die nachfolgende Generation.
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... den Mut zu haben, Strukturen zu verändern. Wenn Nordrhein- Westfalen eine gute Zukunft haben soll, dürfen wir kein Kind mehr zurücklassen. Deshalb müssen wir gerade in der Familien- und Bildungspolitik mit Siebenmeilenstiefeln vorangehen. Nur durch nachhaltige Veränderungen wird unser Land die Herausforderungen der Zukunft bewältigen. Nur so werden wir soziale Gerechtigkeit schaffen und allen ein Leben in Würde sichern.
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... die Bildung unserer Kinder, weil sie die Grundlage für ein selbstbestimmtes und glückliches Leben jedes Einzelnen ist. Bildung ermöglicht Orientierung in einer komplexer werdenden Welt und ist Voraussetzung für eine stabile Demokratie. Mit ihr steht und fällt unsere freiheitliche Gesellschaft.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: ... die Demokratie immer wieder zu verteidigen. Denn Demokratie ist ein Prozess und kein Zustand. Die demokratischen Spielregeln müssen auf die Herausforderungen der digitalen Welt übertragen werden. Stichworte sind Datenschutz, Selbstbestimmung, Urheberrecht, Kampf gegen Zensur. Letztlich kann die digitale Welt unsere Demokratie bereichern.

    Die Arbeit im Landtag ist mir deshalb ein persönliches Anliegen, weil ...

    Helmut Stahl (CDU) Fraktionsvorsitzender: ... sie nahe an den Menschen ist, Demokratie anschaulich macht und weil es Freude macht, unser Gemeinwesen mitzugestalten.
    Hannelore Kraft (SPD) Fraktionsvorsitzende: ... für mich die Arbeit als Abgeordnete ein faszinierender Beruf ist. Wir Abgeordneten haben die Chance, jeden Tag mit völlig unterschiedlichen Menschen zusammenzukommen: vom Streetworker in einem Jugendprojekt bis zum Vorstandsvorsitzenden eines DAX-Unternehmens. In dieser Arbeit kann man viel bewegen - zum Wohle unseres Landes Nordrhein-Westfalen.
    Dr. Gerhard Papke (FDP) Fraktionsvorsitzender: ... Nordrhein-Westfalen meine Heimat ist, für die ich mich mit ganzem Herzen engagiere. Ich arbeite dafür, dass Nordrhein-Westfalen den Aufstieg in die Champions League der europäischen Standorte auf Dauer sichern kann.
    Sylvia Löhrmann (Grüne) Fraktionsvorsitzende: ... ich hier ganz konkret Gegenwart und Zukunft gestalten kann. Ich will hier im Landtag gemeinsam mit vielen anderen Menschen an vielen anderen Orten im Land für eine grüne industrielle Revolution, für gute Bildung für alle, für soziale Gerechtigkeit und die demokratische Kultur werben und streiten. Und natürlich für eine starke Demokratie.

    Idee und Umsetzung: Christoph Weißkirchen

    Systematik: 1070 Politische Kräfte; 1100 Parlament

    ID: LI100409

  • Gemeinsam gewinnen.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 3 - 10.03.2010

    "Dabei sein ist alles" - was vielen als olympisches Motto gilt, zeigt, welchen Stellenwert der Sport in weiten Teilen der Gesellschaft hat. Weniger die Spitzenerfolge und Siegertreppchen stehen im Vordergrund, als vielmehr Teil eines Ganzen zu sein, den Sportsgeist zu teilen, die Lust an der Bewegung und daran, die eigenen Grenzen zu suchen.
    Gerade deshalb, weil sportliche Betätigung keine elitäre Nebenbeschäftigung ist, die nur wenigen offensteht, sondern im Grunde allen, die wollen, ist der Sport eine Art gesellschaftlicher Kitt. Egal, ob Kicken im Hinterhof, ob Hochleistungssport, ob Florett, Fußball oder Flamenco - für alle ist etwas dabei. Auch ohne großen Geldbeutel können etwa Studierende über den Hochschulsport an zahlreichen Aktivitäten teilnehmen. Viele soziale Projekte eröffnen Kindern den Zugang zu einem kostenlosen Sportangebot.
    Die Freude am Sport verbindet über Grenzen hinweg. Teamgeist, gemeinsam erzielte Erfolge und Leistungsbereitschaft bringen auch Menschen zusammen, die sonst weniger miteinander zu tun haben. Die soziale Funktion von Sport, die integrative und nicht zuletzt die Bedeutung für die Gesundheit machen deutlich, wie wichtig es ist, dass der Sport nicht aus dem Blickfeld gerät. Zwar sind es im Wesentlichen ehrenamtlich Engagierte, die das rege Vereinsleben in Nordrhein-Westfalen stützen und vorantreiben. Sie brauchen aber auch politische Unterstützung.

    Breite und Spitze

    Körperliche Bewegung ist zudem angesichts der bei vielen Menschen hohen Arbeitsbelastung ein wichtiger Ausgleich zu Stress und Alltag. Auch lernende Kinder und Jugendliche brauchen Zeiten des Austobens und der körperlichen Anstrengung, um die kognitiven Herausforderungen gut zu meistern.
    Im Sport soll aber nicht nur die Breite erreicht, sondern auch die Spitze gefördert werden. Nordrhein-Westfalen kann immer wieder auf eine hohe Anzahl von Olympionikinnen und Olympioniken stolz sein. Spitzen- und Leistungssport bringt dabei nicht nur Erfolge für wenige, sondern kann zudem Begeisterung bei anderen für den Sport auslösen und ist darüber hinaus Werbung für das Sportland NRW. All das ist nicht zu unterschätzen. Es ist daher gut, dass der Landtag auch in Zeiten von Wirtschafts- und Finanzkrise, globaler Erwärmung und Bildungsdiskussionen ein waches Auge auf ein oft unterschätztes Thema hat: den Sport in Nordrhein-Westfalen.
    sow

    ID: LI100306

  • Ring frei für Sportsfreunde.
    Fraktionen würdigen den Hochschulsport und streiten über Erfolgsursachen.
    Plenarbericht;
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 9 in Ausgabe 3 - 10.03.2010

    3. Februar 2010 - Auf Antrag der Fraktionen von CDU und FDP (Drs. 14/10590) hat sich der Landtag mit dem Thema Hochschulsport befasst. Alle Fraktionen benannten wichtige Funktionen des Sportangebots an Hochschulen und begrüßten in der Sache die Zielsetzungen des Antrags: Die Landesregierung solle die Hochschulen dabei helfen, ihr jeweiliges Sportangebot als Merkmal in ihr Leistungsprofil mit aufzunehmen, sie solle finanzielle Unterstützung leisten, auch beim Ausbau der Sportstätten. Unterschiedliche Ansichten gab es allerdings darüber, wer für den Erfolg des NRW-Hochschulsports verantwortlich sei: die Landesregierung, die Vorgängerregierung oder die Akteurinnen und Akteure an den Hochschulen selbst?
    Der Hochschulsport sichere die Vielfalt der Sportlandschaft und bereichere den Spitzensport, lobte Marie-Theres Ley (CDU). Weil er außerdem fachübergreifende Zusammenarbeit ermögliche, die Bindung der Studierenden an die Hochschule stärke und ihnen als Ausgleich zum Prüfungsstress diene, verstand die Abgeordnete den Hochschulsport auch als wichtigen Standortfaktor. Insgesamt seien die Studierenden in NRW so zufrieden mit dem Hochschulsport wie sonst nirgends in Deutschland. Bei den Sportstätten müsse allerdings nachgebessert werden, meinte Ley und schlug Kooperationen mit örtlichen Sportvereinen vor. So könnten Kosten auf mehreren Schultern verteilt werden.
    "Unser Ziel ist es", erklärte Christof Rasche (FDP), "die Nachfrage nach Sportangeboten an den Hochschulen mittelfristig zu verdoppeln". Schon heute erreiche der Hochschulsport pro Woche durchschnittlich gut ein Viertel der Studierenden. Um "die erfolgreiche Verbindung zwischen Studium und Spitzensport" weiter zu stärken, habe die Koalition die Rahmenbedingungen für die sogenannte duale Karriere deutlich verbessert. CDU und FDP wollten das Profil des Hochschulsports konsequent ausbauen, erklärte Rasche und erinnerte an erhöhte Landesmittel für die Sportförderung. Gemeinsam mit Partnern wolle man dafür sorgen, dass NRW das Sportland Nummer eins bleibe.
    "Schwarz-Gelb legt heute eine gute Forderung vor", erkannte Uwe Leuchtenberg (SPD) an, "allerdings mit einer schlechten Begründung". Die SPD-Fraktion bearbeite das Thema schon lange, werde aber von CDU und FDP blockiert. Drei Jahre "Nichtstun" warf er ihnen vor und bezeichnete den Hochschulsport, wie auch sein Vorredner, als unerlässlich. Er werte das universitäre Leben und Lernen maßgeblich auf, rege zu sozialen Kontakten an. Als gute Rahmenbedingungen für den Spitzensport forderte Leuchtenberg zum einen die optimale Anbindung an entsprechende Trainingsstätten und zum anderen Studienbedingungen, unter denen Studium und Spitzensport miteinander vereinbar seien.
    Die gute Situation des Hochschulsports sei keine Leistung der schwarz-gelben Landesregierung, meinte Ewald Groth (Grüne), sondern der "hoch motivierten und qualifizierten Akteure des Hochschulsports selbst" zu verdanken. Die Verankerung des Leistungssports an den Hochschulen durch Beauftragte habe im Übrigen die rot-grüne Vorgängerregierung geschaffen. Den Fraktionen von CDU und FDP warf der Grüne vor, Leistungsbilanzen vorzutäuschen, die es nicht gebe. Zudem fragte er sie, warum sie die - richtigen - Forderungen nicht schon früher erhoben hätten. Sanierung und Neubau von Hochschulsporteinrichtungen seien in dieser Legislaturperiode völlig vernachlässigt worden.
    Die Landesregierung habe die Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Studium und Spitzensport deutlich verbessert, entgegnete Hochschulminister Prof. Andreas Pinkwart (FDP). Der Antrag füge sich nahtlos in die bisherigen Aktivitäten der Landesregierung ein. Der Minister verwies auf ausreichende Finanzmittel und sagte den Hochschulen Unterstützung zu, um auch auf private Geldgeber zuzugehen. Er betonte, der Hochschulsport erfülle wichtige Funktionen als Standortfaktor, aber auch für die Studierenden als Ausgleich zum Studium, als Vermittler von Gesundheitsbewusstsein, Identifikation und kultur- wie fächerübergreifendem Teamgeist und als Kommunikationsplattform.
    sow.

    Bildunterschrift:
    Eine Mannschaft des Hochschulsports bei der Deutschen Meisterschaft.

    Zusatzinformation:
    Den Beschlüssen des Antrags (Drs. 14/10590, II.) stimmte das Parlament einstimmig zu. Den übrigen Teil des Antrags beschlossen die Abgeordneten mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Grünen. Ein Entschließungsantrag der SPD-Fraktion (Drs. 14/10634) wurde mit den Stimmen von CDU und FDP gegen die Stimmen von SPD und Grünen abgelehnt

    Systematik: 4300 Hochschulen; 7600 Sport

    ID: LI100303

  • Müller, Holger (CDU); Peschkes, Hans Theo (SPD); Rasche, Christof (FDP); Groth, Ewald (Grüne)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal geht es um den Sport.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 3 - 10.03.2010

    Unter dem "Sportland NRW" verstehe ich ...

    Holger Müller (CDU): ... die Nr. 1 im Sport in Deutschland!
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... ein Land, wie es sein sollte: in der Breite gut aufgestellt und in der Spitze immer mit dabei. Leider wird von der schwarz-gelben Landesregierung in jedem Jahr die Finanzierung des Breitensports in den Vereinen in Frage gestellt. Das werden wir nach den Wahlen im Mai ändern!
    Christof Rasche (FDP): ... den herausragenden Standort des Breiten- und Leistungssports in Deutschland, in dem über 5 Millionen Mitglieder in über 20.000 Vereinen mit der Vielfalt ihrer Angebote und dem tausendfachen ehrenamtlichen Engagement ein unverzichtbares Rückgrat der Gesellschaft bilden.
    Ewald Groth (Grüne): ... dass sich die Politik auf kommunaler und auf Landesebene gemeinsam mit den Sportverbänden, den Sportbünden und dem Landessportbund um die Interessen des organisierten und des unorganisierten Sports aufmerksam kümmern. Dazu gehört Verlässlichkeit in der Förderung und der konzeptionellen Fortentwicklung.

    Sport macht nicht nur Spaß, sondern erfüllt auch wichtige Funktionen. Für besonders wichtig halte ich ...

    Holger Müller (CDU): ... Gesundheit, Gemeinschaft und Integration.
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... die Überwindung von Grenzen. Die Grenzen sozialer und ethnischer Herkunft, Grenzen zwischen Jung und Alt, zwischen arm und reich. Der Sport tut viel dafür, dass unser Land zusammenhält. Sport schafft Symbole und Vorbilder, fördert Fairness. Und Sportler vertreten auch unser Land.
    Christof Rasche (FDP): ... dass der Sport für alle Menschen einen wichtigen Beitrag zur Förderung der Gesundheit leisten kann. Und wie kaum ein anderer Bereich kann der Sport die unterschiedlichsten Menschen miteinander verbinden, unabhängig von der Herkunft oder sonstigen persönlichen Einstellungen.
    Ewald Groth (Grüne): ... die gesunderhaltende Wirkung für die Sporttreibenden und die integrative Wirkung für die Gesellschaft allgemein. Dabei geht es nicht nur um Integration von Menschen mit Behinderungen, sondern auch um junge und alte Menschen sowie Menschen aus allen sozialen Schichten und unterschiedlichster ethnischer Herkunft.

    Die vielen Sportvereine in Nordrhein-Westfalen haben die Aufgabe ...

    Holger Müller (CDU): ... durch ihre vielfachen Angebote die Menschen in unserem Lande zur eigenen Bewegung zu veranlassen!
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... für ihre Mitglieder und die Sportarten einzutreten. Die Politik muss sie dabei unterstützen, für ordentliche Rahmenbedingungen sorgen und die Vereine für Ideen begeistern. Denn Sportvereine prägen das Zusammenleben in der Gemeinschaft vor Ort.
    Christof Rasche (FDP): ... die Menschen jedes Alters und jeder Herkunft zusammenzubringen und für den Sport zu begeistern. Dabei können sie gerade auch jungen Menschen Teamfähigkeit, Leistungswillen, Gemeinschaftsgefühl, Engagement und natürlich auch den Spaß am Sport vermitteln.
    Ewald Groth (Grüne): ... das Sporttreiben der fast 5 Millionen Vereinsmitglieder vielfältig, attraktiv und spannend zu organisieren. Da es sich um eine Selbstorganisation von Ehrenamtlichen handelt, verdienen und brauchen die Vereine jede Unterstützung.

    Ohne das ehrenamtliche Engagement wäre der Breitensport in Nordrhein-Westfalen ...

    Holger Müller (CDU): ... am Ende!
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... seinem Standbein beraubt. Ehrenamtliche sind notwendiger Teil einer sozialen Gesellschaft. Vor Ort und in den Gremien setzen sich diese Menschen mit ihrem Engagement für ein soziales Miteinander ein. Leider erfahren die Ehrenamtlichen nicht immer die Anerkennung, die sie verdienen.
    Christof Rasche (FDP): ... nicht zukunftsfähig. Mein Engagement u. a. als Vorsitzender des Stadtsportverbands Erwitte zeigt mir immer wieder, wie wichtig und unverzichtbar der ehrenamtliche Einsatz der Menschen für den Sport vor Ort ist. Gerade Jugendlichen müssen wir ehrenamtliche Arbeit als Selbstverständnis vermitteln.
    Ewald Groth (Grüne): ... nicht denkbar!

    NRW tut gut daran, gezielt den Leistungssport zu fördern, weil ...

    Holger Müller (CDU): ... hervorragende Sportler durch ihre Erfolge vor allem jungen Menschen als Vorbilder dienen.
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... der Leistungssport ein Aushängeschild für die Sportarten und das ganze Land ist. Die tollen Leistungen unserer Sportlerinnen und Sportler motivieren natürlich auch Jung und Alt, selbst aktiv zu sein. Der Leistungssport hat eine große Ausstrahlung auf den Breitensport.
    Christof Rasche (FDP): ... der Leistungssport Vorbildcharakter hat. Der Leistungssport bringt die Fans auf Großveranstaltungen zusammen und dient für die Veranstaltungsorte als Werbeund Wirtschaftsfaktor. Daher engagiere ich mich auch aus Überzeugung für die Förderung des Leistungssports in der Sportstiftung NRW.
    Ewald Groth (Grüne): ... gerade junge SportlerInnen, die sich noch in der schulischen und beruflichen Ausbildung befinden, unter der Mehrfachbelastung leiden. Leistungssportförderung muss sicherstellen, dass es in den Wettkämpfen fair und dopingfrei zugeht.

    Beim Schulsport wird in Zukunft darauf zu achten sein, ...

    Holger Müller (CDU): ... motorische Tests in den Klassen 2 und 4 der Grundschule möglichst flächendeckend einzuführen.
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... dass er mindestens in dem Umfang stattfindet, wie er vorgesehen ist. Die Wichtigkeit des Sports für die Lernbereitschaft und Leistungsfähigkeit der Kinder ist längst wissenschaftlich nachgewiesen. Deswegen brauchen wir mehr Schulsport anstatt des ständigen Unterrichtsausfalls.
    Christof Rasche (FDP): ... dass die zusätzlich geschaffenen 8.124 Lehrerstellen auch dem Schulsport zugute kommen. Für Kinder ist es wichtig, dass sie in jungen Jahren ein positives Verhältnis zur Bewegung und zum Sport entwickeln. Und ich möchte, dass die Schulen und die Sportvereine intensiv miteinander kooperieren.
    Ewald Groth (Grüne): ... dass neben modernen Schulsportstätten auch tatsächlich genügend Sportlehrkräfte bereitgestellt werden, damit nicht nur die vorgeschriebene Stundenzahl auch tatsächlich erreicht wird, sondern auch immer mehr Schulen eine tägliche Sportstunde anbieten können.

    Die Situation beim Hochschulsport bewerte ich als ...

    Holger Müller (CDU): ... grundsätzlich gut, aber ausbaufähig!
    Hans Theo Peschkes (SPD): ... unbefriedigend. Obwohl sowohl die Studierenden als auch die Beschäftigten an den Hochschulen Sport treiben wollen, fehlen an vielen Standorten aber die Möglichkeiten dazu. Hier müssen wir dringend investieren.
    Christof Rasche (FDP): ... positiv, da die Zufriedenheit der Studierenden mit dem Sportangebot an den Hochschulen in Nordrhein-Westfalen als führend in Deutschland ermittelt wurde. Hierauf müssen wir weiter aufbauen und auch den Sport an den Hochschulen als wichtigen Standortfaktor kontinuierlich stärken und ausbauen.
    Ewald Groth (Grüne): ... verbesserungsbedürftig. Insbesondere an Fachhochschulstandorten, an denen keine Universitäten angesiedelt sind, muss das Hochschulsportangebot ausgebaut werden. Auf den Ergebnissen der vielfältigen Woche des Hochschulsports dürfen wir uns nicht ausruhen. Auch in diesem Bereich müssen die Sportstätten ausgebaut und saniert werden.

    Idee und Umsetzung: Sonja Wand

    Systematik: 7600 Sport

    ID: LI100313

  • Offen für Freunde.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 2 - 03.02.2010

    Der Rhein - seit jeher "Völkermühle und Kelter Europas", wie der Dichter Carl Zuckmayer schrieb. Das Internationale, Grenzüberschreitende ist Teil der Kultur und Lebensart dieses Landstrichs. Ein Erbe, dem sich auch das 1946 gegründete Land Nordrhein-Westfalen verpflichtet fühlt. Kontakte, Gesprächspartner, Freunde im Ausland sind zudem gerade in Zeiten der Globalisierung unerlässlich. Sie nützen in wirtschaftlicher Hinsicht, bieten aber auch die Möglichkeit, eigene Probleme einmal aus einem anderen Blickwinkel zu sehen.
    Daher stellt sich auch der Landtag der Herausforderung, über die Grenzen hinweg zu schauen. Regelmäßig hat er ausländische Besucherinnen und Besucher zu Gast, darunter auch Staatsoberhäupter aus Großbritannien (Queen Elisabeth II.), Bulgarien und Kroatien. Er verfolgt die Beschlussfassungen auf europäischer Ebene, deren Umsetzung oft genug auch über Landesgesetze geschieht. Zu sechs Ländern und Regionen hat der Landtag besondere, institutionalisierte Beziehungen aufgebaut. Die Parlamentariergruppen und ihre Arbeit in dieser Legislaturperiode werden in dieser Ausgabe besonders beleuchtet. Da ist zum Beispiel Polen, östliches Nachbarland Deutschlands und mehr als einmal in der wechselvollen Geschichte Opfer von Aggression und Krieg. Hier sind Freundschaften zu pflegen, bei denen das Erinnern und Verzeihen einen besonderen Stellenwert erhalten. Gleiches gilt umso mehr - angesichts der historischen Verflechtung mit der jüdischen Bevölkerung und den Verbrechen von Nazi-Deutschland - für die Beziehungen zu Israel. "Gegen das Vergessen" schreibt deshalb der Vorsitzende dieser Parlamentariergruppe in seinem Bericht.

    Tradition und Notwendigkeit

    Demokratie und "Wirtschaftswunder" nach dem zweiten Weltkrieg verdankt Deutschland nicht zuletzt den Beziehungen zu den USA. Die Verankerung im westlichen, transatlantischen Bündnis hält bis heute an. Daher die besondere Bedeutung dieser internationalen Kontakte auch für das Land Nordrhein-Westfalen. Dies mindert keineswegs die Bedeutung der Beziehungen zu China, einer der alten und wieder neuen wirtschaftlichen Großmächte auf unserem Globus. Die Türkei ist ebenfalls ein wichtiger Faktor in der europäischen Geschichte wie auch in der heutigen Lage rund ums Mittelmeer - und hierzulande. Die institutionalisierten Beziehungen zu ihr sind auch als Anerkennung der Integrationsleistung der türkischen Bevölkerungsgruppen in unserem Land gedacht. Mit dem Baltikum schließlich verbindet NRW schon seit Hansetagen wirtschaftliche wie auch kulturelle Beziehungen, die dann nach Fall des Eisernen Vorhangs neu belebt wurden.
    Man sieht, im Landtag sind ausländische Telefonnummern stets griffbereit: sowohl aus politischer Vernunft, aus wirtschaftlicher Notwendigkeit wie auch aus einem langen Erbe heraus. Gut so.
    cw

    ID: LI100206

  • Freundschaften in alle Welt.
    Internationale Beziehungen werden im Landtag groß geschrieben.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 9 in Ausgabe 2 - 03.02.2010

    Januar 2010 - Mit vielen Ländern in Europa und in der Welt ist der Landtag Nordrhein-Westfalen vernetzt. Seit vielen Jahren pflegt das Landesparlament Freundschaften zu Akteuren in benachbarten und fernen Staaten, um so den internationalen Austausch und grenzüberschreitende Begegnungen zu fördern.
    Für Vielfalt und Toleranz, gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit machen sich alle vier Fraktionen im Landtag Nordrhein-Westfalen stark. Dies bekräftigten sie beispielsweise mit einer gemeinsamen Resolution im September 2008 (Drs. 14/7464). Darin heißt es, die Landtagsfraktionen engagieren sich dafür, "den interkulturellen und interreligiösen Dialog zu intensivieren mit dem Ziel eines friedlichen und respektvollen Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Religionszugehörigkeit". Umso mehr setzen sich Abgeordnete aller Fraktionen häufig über die parlamentarische "Alltagsarbeit" hinaus für die internationalen Beziehungen des Landtags Nordrhein-Westfalen und den politisch-kulturellen Austausch über Ländergrenzen hinweg ein.

    Staaten und Kulturen

    Insgesamt sechs Parlamentariergruppen arbeiten in der laufenden Wahlperiode daran mit, das Verständnis unterschiedlicher Kulturkreise und Nationen füreinander zu fördern und Begegnungen von Menschen aus verschiedenen Ländern zu ermöglichen. Zu den Staaten Polen, Israel, der Türkei, den USA, China und den Staaten des Baltikums pflegen die Parlamentariergruppen ein intensives Verhältnis. Sie stehen in engem Kontakt zu den Botschaften, Konsulaten und Interessenvertretungen ihrer Partnerländer in Deutschland, und sie halten zugleich den direkten Draht zu Ansprechpartnern und gesellschaftlichen Gruppen im jeweiligen Land aufrecht. Die inhaltlichen Schwerpunkte ihres Wirkens und die Motivation ihrer Mitglieder stellt "Landtag Intern" auf den folgenden beiden Seiten vor.
    Die Vorsitzenden der Gruppen berichten in dieser Ausgabe, welche konkreten Ziele im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen und welche Begegnungen sie in den zurückliegenden fünf Jahren seit Beginn der Wahlperiode besonders beeindruckt haben. Ihre persönlichen Schilderungen zeigen: Die Parlamentariergruppen des Landtags leisten einen Beitrag dazu, dass gerade im Zeitalter der Globalisierung die Beziehungen Nordrhein-Westfalens zu anderen Staaten in Europa und der Welt gesellschaftlich, kulturell und wirtschaftlich gestärkt und weiterentwickelt werden können. Sie helfen mit, die Grundlage für internationale Freundschaften und grenzüberschreitende Kooperationen - beispielsweise im Jugendaustausch oder auch in der Zusammenarbeit von Vereinen und Verbänden - zu schaffen.
    Dass der Landtag Nordrhein-Westfalen seine Beziehungen zu anderen Staaten intensiv pflegt, verdeutlichen regelmäßig auch Besuche hochrangiger Repräsentantinnen und Repräsentanten befreundeter Länder und Institutionen im Düsseldorfer Parlament. So konnte der Landtag in den zurückliegenden Monaten unter anderem Gäste wie den Staatspräsidenten der Republik Bulgarien, Georgi Parwanow, die niederländische Parlamentspräsidentin Gerdi A. Verbeet oder den litauischen Wirtschaftsminister Danius Kreivys in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt empfangen. Über viele Seiten ließe sich die Liste der Begegnungen im Landtag fortsetzen, ergänzt durch Parlamentarische Abende, die eine Plattform für einen weiteren Ausbau der internationalen Kontakte boten und bieten. So hat der Landtag seine Beziehungen beispielsweise zu den USA, zur Türkei, zu Polen und zu weiteren Staaten Mittel- und Osteuropas zum Anlass abendlicher Diskussionsrunden, Ausstellungen und Vorträge genommen. Außerdem ist es dem Parlament gelungen, eine Gesprächsreihe über aktuelle europäische Themen und Begegnungen zu etablieren. Regelmäßig empfängt der Landtag Vertreterinnen und Vertreter der europäischen Ratspräsidentschaften, die den Landtagsabgeordneten Auskunft über die geplanten Schwerpunkte des jeweiligen Präsidentschaftsprogramms geben und gemeinsam mit den europapolitischen Sprecherinnen und Sprechern der Fraktionen Perspektiven für die weitere Zusammenarbeit in Europa aufzeigen (siehe auch Bericht auf Seite 18).
    Diese und viele weitere Initiativen zeigen: Der Landtag wirkt oft weit über die Landesgrenzen hinaus daran mit, dass Nordrhein-Westfalen auch in der europäischen und internationalen Gemeinschaft verankert ist. Schließlich leben an Rhein, Ruhr und Lippe Menschen aus 170 verschiedenen Nationen. Diese kulturelle Vielfalt und die sich daraus ergebende Verantwortung gilt es auch gegenüber internationalen Freunden und Partnern zu kommunizieren.
    sw

    Systematik: 1510 Internationale Beziehungen

    ID: LI100203

  • Dinther, Regina van (CDU); Moron, Edgar (SPD); Freimuth, Angela (FDP); Keymis, Oliver (Grüne); Dr. Behrens, Fritz (SPD); Jostmeier, Werner (CDU)
    Verständigung fördern.
    Im Fokus: Die Parlamentariergruppen des Landtags NRW.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 2 - 03.02.2010

    Auf dieser Doppelseite erklären die Vorsitzenden der sechs Parlamentariergruppen, was die Beziehungen des Landtags Nordrhein-Westfalen zum jeweiligen Partnerland ausmacht, und welche besonderen inhaltlichen Schwerpunkte die Arbeit der Parlamentariergruppen bestimmen. Die Beiträge der Abgeordneten zeigen, wie vielfältig die internationalen Kontakte des nordrhein-westfälischen Landesparlaments sind.

    Regina van Dinther, Deutsch-Polnische Parlamentariergruppe

    Die Beziehungen zwischen Deutschland und Polen als "gewöhnlich" zu bezeichnen, würde der historischen Bedeutung dieses Miteinanders in keiner Weise gerecht. Um dessen Zukunft zu gestalten, ist ein verantwortungsvoller Umgang mit der Geschichte beider Länder erforderlich. Das 20. Jahrhundert mit dem Überfall des Deutschen Reiches auf Polen, mit den unfassbaren Verbrechen der Nazi-Diktatur an der Menschlichkeit und mit den Schicksalen von Flucht und Vertreibung von Millionen von Menschen aus ihrer Heimat hat tiefe Spuren hinterlassen. Diese gilt es als Mahnung zu verstehen, die Nachbarschaft Deutschlands und Polens in einem friedlichen, freien und vereinten Europa fortzuentwickeln. Ein Anspruch, dem sich die Deutsch-Polnische Parlamentariergruppe im Landtag NRW verpflichtet fühlt.
    So unterstützt unsere Gruppe den Aufbau neuer Kontakte zwischen Nordrhein-Westfalen und Polen - insbesondere zur Partnerregion Schlesien. Gerade die jungen Generationen wollen wir über Bildungskooperationen und Austauschprogramme für die Bedeutung der deutsch-polnischen Freundschaft sensibilisieren, denn sie tragen in Zukunft Verantwortung für deren Fortentwicklung.
    Über 100.000 polnische Staatsbürger leben heute in Nordrhein-Westfalen. Hinzu kommen hunderttausende Menschen mit polnischen Wurzeln. Ihnen und ihren Vorfahren hat unser Land vieles zu verdanken, wenn wir an den Aufbau der Industrieregion in den Nachkriegsjahren denken. Die im Ruhrgebiet entstandenen Freundschaften zwischen den Kulturen sind beste Voraussetzung, die Zusammenarbeit in Europa voranzubringen. Daher engagiert sich unsere Gruppe auch für die Beziehungen zu den weiteren Staaten der Visegrád- Gruppe, zu Tschechien, der Slowakei und Ungarn. So machen wir deutlich: Miteinander, nicht gegeneinander müssen wir den Frieden in Europa erhalten und stärken.

    Edgar Moron, Deutsch-Israelische Parlamentariergruppe

    Die Deutsch-Israelische ist nicht nur für mich die Wichtigste unter den Parlamentariergruppen des 14. Landtags. Alle Akteure wissen, das Verhältnis zu Israel ist ein besonderes. Die Gruppe versteht sich als Freundschaftsgruppe, die die Vertiefung der Kontakte zu Politik, Gesellschaft und Institutionen, aber vorrangig zu den Menschen, in Israel und der Palästinensischen Autonomie, zum Ziel hat. Das heutige Verhältnis war vor dem Hintergrund der Shoah bis weit nach den Gründungsjahren beider Staaten keinesfalls zu erwarten.
    Rund zwei Jahrzehnte lang war nicht einmal an diplomatische Beziehungen zu denken; in israelischen Pässen stand deutlich: "Für alle Länder - außer Deutschland". Das Verhältnis ist heute, mit Blick auf das internationale Konfliktpotenzial des Nahen Ostens, auch kein einfaches. Man versteht Israel erst, wenn man dort war. Daher hebe ich besonders hervor, dass wir Anfang 2008 mit 17 von 26 Mitgliedern nach Israel und in die Autonomiegebiete gefahren sind. Im Landtag konnten wir in dieser Wahlperiode den 40. Jahrestag der Aufnahme der diplomatischen Beziehungen und den 60. der Gründung Israels feiern. Auch hier halfen die sehr guten Kontakte zur Botschaft und ehemaligen Botschaftern. Um auch in Zukunft die Kontakte, die ein gegenseitiges Verstehen und Verständnis ermöglichen, zu garantieren, müssen diese auf junge Schultern gelegt werden!
    Wir haben daher zahlreiche Gespräche mit israelischen und palästinensischen Jugend- und Schülergruppen geführt. Der Dialog mit den Jüdinnen und Juden in NRW ist ebenfalls bestimmend für unsere Arbeit. Wir nehmen ihre Wahrnehmungen bezüglich rassistischer und antisemitischer Gewalt wahr und ernst. Und wir initiierten von allen Fraktionen getragene Entschließungen des Landtags gegen Gewalt und Menschenfeindlichkeit. So wollen wir es halten: Gegen das Vergessen!

    Angela Freimuth, Deutsch-Amerikanische Parlamentariergruppe

    Deutschland und Nordrhein-Westfalens haben traditionelle Bindungen zu den USA. Die erste deutsche Siedlung auf dem Gebiet der USA wurde von Siedlern aus Krefeld gegründet, und die Unterstützung der USA beim Aufbau eines freiheitlich, demokratischen Rechtsstaats nach dem 2. Weltkrieg im westlichen Wertebündnis ist unvergessen. Heute gibt es zwischen Nordrhein-Westfalen und den USA 24 gelebte Städte- und 78 Schulpartnerschaften, mehr als 150 Hochschulkooperationen. Etwa 580 US-Unternehmen beschäftigen in Nordrhein-Westfalen mehr als 170.000 Menschen. NRW-Exporte in die USA beliefen sich 2008 auf rund 8,4 Mrd. Euro (Importe aus den USA 5,7 Mrd. Euro).
    Rechtliche, soziale und kulturelle Rahmenbedingungen sind für diese Partnerschaften und Kooperationen entscheidend. Die deutsch-amerikanische Parlamentariergruppe will politische, soziale und kulturelle Prozesse begleiten, nachvollziehen und erläutern. Wir wollen Brücken bauen und mitgestalten, um die besten Lösungen für die Herausforderungen unserer Zeit zu finden.
    Wir suchen deshalb gezielt die Gespräche z. B. zu amerikanischen Abgeordneten, Wissenschaftlern, Publizisten und Unternehmern. Themen waren dabei besonders der Kampf gegen Terror und die Sicherheitspolitik unserer Länder, Schutz und Sicherung der Bürgerrechte, Anforderungen an Bildung und Ausbildung, Gesundheitsversorgung und soziale Sicherung, aber auch ein Blick nach Kanada. Wir konnten mit interessanten Referenten die Themen der amerikanischen Präsidentschaftswahl 2008 begleiten.
    Höhepunkte waren der Besuch amerikanischer Abgeordneter im Herbst 2007, ein deutsch-amerikanischer Parlamentarischer Abend im Landtag mit über 800 Gästen 2009, bessere Werte bei den Transatlantic Trends und natürlich die Informationsreise im Oktober 2009 nach Washington, Philadelphia und New York.

    Oliver Keymis, Deutsch-Türkische Parlamentariergruppe

    Als Folge des Abwerbeabkommens zwischen Deutschland und der Türkei, das sich im kommenden Jahr zum 50. Mal jährt, leben in Nordrhein-Westfalen rund 800.000 türkeistämmige Mitmenschen. Eine kontinuierliche und enge Zusammenarbeit zwischen Nordrhein-Westfalen und der Türkei ist daher so unerlässlich wie sinnvoll. Neben intensiven Kontakten zu den vier türkischen Generalkonsulaten in Nordrhein-Westfalen pflegt die Deutsch-Türkische Parlamentariergruppe im Landtag daher auch die Beziehungen zur Großen Türkischen Nationalversammlung, also dem türkischen Parlament und der sich dort konstituierten Türkisch-Deutschen Freundschaftsgruppe.
    Thematische Schwerpunkte in der Arbeit der Deutsch-Türkischen Parlamentariergruppe waren in den vergangenen fünf Jahren die Planungen zur ersten deutschsprachigen Stiftungsuniversität in der Türkei, Möglichkeiten einer regionalen Partnerschaft, Perspektiven für die Kulturhauptstädte Europas 2010 (Essen/Istanbul), ein möglicher Beitritt der Türkei zur Europäischen Union und im Besonderen die Integration der in Nordrhein-Westfalen lebenden türkeistämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürger. Zu einer guten Tradition im Landtag NRW hat sich beispielsweise das gemeinsame Fastenbrechen aus Anlass des islamischen Fastenmonats Ramadan entwickelt. Hierzu kommen seit einigen Jahren aus dem ganzen Land Mitbürgerinnen und Mitbürger sowohl muslimischen als auch christlichen Glaubens im Düsseldorfer Landesparlament zusammen.
    Besonders in Erinnerung geblieben ist mir der Parlamentarische Abend "Türkei" im April 2008. Mehr als 900 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus allen Bereichen der Gesellschaft trafen sich bei Kunst, Kultur und Kulinarischem zum Meinungsaustausch im Landtag. Ehrengast war der damalige Präsident der Großen Türkischen Nationalversammlung und stellvertretende Staatspräsident Köksal Toptan.

    Dr. Fritz Behrens, Deutsch-Chinesische Parlamentariergruppe

    Die Volksrepublik China hat sich in rasantem Tempo zu einem Global Player entwickelt - allein schon Grund genug, Nordrhein-Westfalens Beziehung zu China zu intensivieren. Einen wichtigen Beitrag hierzu kann die 2005 gegründete Deutsch- Chinesische Parlamentariergruppe leisten. Konzipiert als Plattform des interkulturellen Austausches kann sie vielfältige wissenschaftliche und wirtschaftliche Prozesse anstoßen und auch als Spiegelbild für die Sinnhaftigkeit von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit fungieren. Wir pflegen als einziges deutsches Bundesland im Rahmen der Außenwirtschaftspolitik partnerschaftliche Beziehungen zu drei chinesischen Provinzen: Jiangsu, Sichuan und Shanxi. Alle anderen Bundesländer haben nur eine Partnerprovinz.
    Von besonderer Bedeutung für die Entwicklung der wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und kulturellen Beziehungen zur Volksrepublik China ist dabei das seit vielen Jahren praktizierte Stipendiatenprogramm. Über dieses Programm konnte ein Netzwerk mit über 700 chinesischen Nachwuchsführungskräften aufgebaut und so ein Fundament für zahlreiche erfolgreiche Kooperationen von chinesischen und nordrheinwestfälischen Unternehmen geschaffen werden. Diese Stipendiaten sind diejenigen, die nachher in China sowohl in Unternehmen als auch in Verwaltungen tätig sind. Eine bessere Grundlage für partnerschaftliche Beziehungen kann es kaum geben.
    Besonders in Erinnerung ist der Parlamentariergruppe der 12. Mai 2008 geblieben, an dem unsere Partnerprovinz Sichuan vom schwersten Erdbeben in der Geschichte Chinas erschüttert wurde. In neun weiteren angrenzenden Provinzen wirkten sich Nachbeben katastrophal aus. 70.000 Tote waren zu beklagen, über 370.000 Menschen wurden verletzt. Zwei Wochen zuvor hatte die Deutsch-Chinesische Parlamentariergruppe die Provinz Sichuan besucht.

    Werner Jostmeier, Deutsch-Baltische Parlamentariergruppe

    Die parlamentarischen Beziehungen Nordrhein-Westfalens zu den baltischen Staaten sind eng und entwickeln sich auf guter Grundlage weiter. Sie basieren auf der solidarischen Partnerschaft in der EU sowie auf einem dichten Netz von Kontakten in Wirtschaft, Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft. Zahlreiche gegenseitige Besuche sind ein Zeugnis des vielfältigen Dialogs. Sie tragen dazu bei, die freundschaftlichen Kontakte des Landtags zu anderen Parlamenten in Europa und der Welt zu pflegen und zu fördern.
    Wir bemühen uns um einen ausgewogenen Themen-Mix aus Geschichte, Kultur, Wirtschaft und der aktuellen politischen Lage in den drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Die Beziehungen zu NRW, aber auch zu den Nachbarstaaten des Baltikums Belarus, Ukraine und Russland sind für unsere Arbeit von besonderem Interesse.
    Sehr gerne erinnere ich mich an die Reise der Deutsch-Baltischen-Parlamentariergruppe im Frühjahr 2008 nach Vilnius (Litauen) und Riga (Lettland) mit den Besuchen der jeweiligen Parlamente. Die Delegation traf in Vilnius zu interessanten Gesprächen mit der Programmdirektorin für die Kulturhauptstadt Europas 2009 Vilnius zusammen, in Riga haben wir der Eröffnung des Deutschen Kulturmonats in Lettland beigewohnt. Ein weiteres Highlight war die Sitzung zum Thema "Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise im Baltikum" mit dem anschließenden Parlamentarischen Abend "Mittel- und Südosteuropa". Nach einer interessanten Diskussion über mögliche Lösungsansätze für einen Ausweg aus der Krise stand auf dem Parlamentarischen Abend in der Bürgerhalle die Kultur im Vordergrund. "Der Kultur auf der Spur - Was verbindet die baltischen Staaten mit Deutschland?" war das Thema des Podiums, welches mit Gästen der Deutsch-Baltischen Parlamentariergruppe besetzt war.

    Systematik: 1510 Internationale Beziehungen

    ID: LI100213

  • "Europa mit neuem Ehrgeiz erfüllen".
    Botschafter Spaniens informierte über Ziele der europäischen Ratspräsidentschaft.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 18 in Ausgabe 2 - 03.02.2010

    21. Januar 2010 - "Wir wollen die Europäische Union von ihren Selbstzweifeln befreien und fühlen uns dem Projekt der europäischen Einigung verpflichtet." Das betonte der Botschafter des Königreichs Spanien, Seine Exzellenz Rafael Dezcallar, bei seinem Besuch im Landtag Nordrhein- Westfalen. Gemeinsam mit Abgeordneten und Gästen diskutierte der Diplomat anlässlich der spanischen EU-Ratspräsidentschaft über die weitere Zusammenarbeit der Staaten in Europa.
    Die spanische Ratspräsidentschaft habe sich zum Ziel gesetzt, die Strukturen der Europäischen Union mit neuem politischen Ehrgeiz zu erfüllen, sagte der Botschafter in Düsseldorf. Auf Einladung des Landtags und des nordrhein-westfälischen Europaministeriums schilderte der höchste Vertreter Spaniens in Deutschland, welchen Herausforderungen sich die Europäische Union in den kommenden Monaten stellen müsse und welche politische Linie die spanische Ratspräsidentschaft dabei verfolge. So wolle Spanien unter anderem nach neuen Wegen aus der Wirtschaftskrise suchen, die Interessen und Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürgerinnen und Bürger in Europa stärken und die Europäische Union in der politischen Wahrnehmung deutlicher als globalen Akteur positionieren.
    "Unser Auftrag ist es, Europa in seiner Vielfalt zu gestalten", erklärte Dezcallar nach seinem Empfang durch Landtagspräsidentin Regina van Dinther, NRW-Europaminister Andreas Krautscheid sowie den europapolitischen Sprecherinnen und Sprechern der vier Landtagsfraktionen. Zum einen wolle Spanien konkrete Lösungen für konkrete Probleme in der Europäischen Union entwickeln, zum anderen sei es auch Aufgabe der Ratspräsidentschaft, das Selbstbewusstsein der Europäischen Union generell zu stärken. Der jüngst in Kraft getretene Vertrag von Lissabon biete Europa die einmalige Chance, neue Mechanismen der politischen Zusammenarbeit zu festigen. So sprach sich der Botschafter unter anderem dafür aus, die neu geschaffenen Ämter des Ratspräsidenten und der Hohen Vertreterin sichtbar zu unterstützen, um das öffentliche Profil Europas in der Welt zu schärfen. Aus diesem Grunde müsse auch der Auswärtige Dienst der Europäischen Union schnellstmöglich seine Arbeit aufnehmen, forderte der Diplomat.
    Angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise sei es zudem Aufgabe der spanischen Präsidentschaft, eine neue Strategie für Wachstum und Beschäftigung in Europa auf den Weg zu bringen ("Europa 2020") sowie zukunftsweisende Konzepte für die europäische Finanzaufsicht anzustoßen. Besonderes Augenmerk wolle die spanische Präsidentschaft in den nächsten sechs Monaten auf soziale Fragen in Europa richten und außerdem die direkte Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an europäischen Fragen fördern. Diesen Aspekt hob auch Landtagspräsidentin Regina van Dinther im Gespräch hervor. "Wir müssen Europa erlebbar, nachvollziehbar und erfahrbar für möglichst viele Bürgerinnen und Bürger gestalten", erklärte sie anlässlich des spanischen Besuchs. Gerade den Kommunen und den Regionen in Europa müsse es gelingen, den Menschen die Bedeutung europäischer Entscheidungen für das alltägliche Zusammenleben näherzubringen. "Die Zusammenarbeit in Europa ist mehr als eine simple Formsache", bestätige der spanische Gast in Düsseldorf.
    Als "sehr konkret" lobten Gesprächsteilnehmer wie der Vorsitzende des Hauptausschusses, Werner Jostmeier, den Vortrag des Botschafters. Dieser habe detailliert über die Schwerpunkte der spanischen Ratspräsidentschaft Auskunft gegeben. Offen und ehrlich hatte Dezcallar erklärt, dass sich wahrscheinlich nicht alle der gesetzten Ziele in einem halben Jahr würden erreichen lassen. Das "ehrgeizige Programm" Spaniens solle jedoch dazu dienen, den europäischen Einigungsprozess weiter voranzubringen. Der Empfang im Landesparlament setzte die Reihe europapolitischer Gesprächsrunden im Landtag fort. Regelmäßig sind dort hochrangige Persönlichkeiten der jeweils aktuellen EU-Ratspräsidentschaft zu Gast, um über das Engagement ihrer Länder für Europa zu informieren. So konnte der Landtag bereits mit diplomatischen Vertretern Großbritanniens, Sloweniens, Frankreichs, Tschechiens und Schwedens über die Zusammenarbeit in Europa debattieren und zugleich deutlich machen: Europa betrifft alle Menschen.

    Bildunterschrift:
    Europäische Diskussionsrunde: Vertreterinnen und Vertreter des Landtags, der Europaminister und die spanischen Gäste

    Zusatzinformation:
    Spanien hat in der ersten Jahreshälfte 2010 (bis 30. Juni) den Vorsitz im Rat der Europäischen Union inne. Gemeinsam mit Belgien (2. Halbjahr 2010) und Ungarn (1. Halbjahr 2011) bildet das Königreich eine Trio-Präsidentschaft, um die mittelfristigen Ziele besser koordinieren zu können.

    Systematik: 1600 Europäische Gemeinschaften/Europäische Union

    ID: LI100221

  • Klischee, ade!
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 1 - 20.01.2010

    Rauchende Schlote und ratternde Fördertürme - das Ruhrgebiet, wie es einmal war. Doch längst hat sich dort ein Wandel vollzogen, der seinesgleichen in Europa sucht. Die Relikte des Bergbaus sind vielerorts zu Bühnen für Kunst und Kultur geworden. Einstige Industriebrachen bieten Raum für innovative Wirtschaftsbranchen. Und kreative Köpfe haben den unverwechselbaren Charakter des Ruhrgebiets als Inspiration für ihre kulturellen Projekte entdeckt.
    Das Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt 2010 markiert den vorläufigen Höhepunkt dieser Entwicklung vom industriellen zum kulturellen Schmelztiegel. Gemeinsam mit der ungarischen Stadt Pécs und Istanbul steht das Ruhrgebiet zwölf Monate lang im Rampenlicht der europäischen Kulturszene. Was die über 5,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner im Ruhrgebiet schon lange wissen, das sollen nun auch möglichst viele Menschen aus allen Regionen Europas hautnah erfahren und erleben können: Das Ruhrgebiet ist bunt, nicht grau.

    Das Ruhrgebiet 2010: "Eine Metropole im Werden"

    Manch ein Beobachter mag sich verwundert die Augen gerieben haben, als das Ruhrgebiet das Rennen um den Titel der Kulturhauptstadt für sich entscheiden konnte. Kultur an der Ruhr? Passt das zusammen? - Es passt, und wie! Denn die gesellschaftliche Vielfalt im Revier und die Bereitschaft der dort lebenden Menschen, ihre Region stets neu zu erfinden, bilden die beste Grundlage, auf der eine einzigartige Kunst- und Kulturlandschaft gedeihen konnte.
    Umso mehr ist das Jahr der Europäischen Kulturlandschaft eine Chance für das Ruhrgebiet, mit alten Vorstellungen in den Köpfen aufzuräumen und Europa zu zeigen: Bei uns bleibt alles anders! Klischee, ade!
    Mit dem Titel der Kulturhauptstadt kann sich das Ruhrgebiet nun offiziell in eine Reihe mit Metropolen wie Athen, Paris und Prag stellen. Eine Metropole im "klassischen" Sinne ist es dennoch nicht, vielmehr eine "Metropole im Werden", wie es die Organisatoren der Kulturhauptstadt betonen. Der Ballungsraum im Herzen Europas hat in den vergangenen Jahrzehnten ganz eigene und einzigartige Formen des städtischen Zusammenlebens über Stadtgrenzen hinweg hervorgebracht, die es in den kommenden Jahren fortzuentwickeln gilt.
    Kunst und Kultur waren, sind und bleiben ein bedeutender Antrieb des Strukturwandels im Ruhrgebiet. Dieser Konsens bestimmt auch die Kulturpolitik im Landtag Nordrhein-Westfalen. Die Akteure im Landesparlament haben die Vorbereitungen auf die Kulturhauptstadt aktiv und engagiert begleitet (Bericht auf Seite 9). Nun endlich ist es soweit: Das Ruhrgebiet präsentiert sich auf europäischer Bühne. In diesem Sinne: Vorhang auf!
    sw

    ID: LI100106

  • Unterstützung für Kultur an der Ruhr.
    Landtag hat Planungen zur Kulturhauptstadt 2010 von Beginn an begleitet.
    Titelthema / Schwerpunkt;

    S. 9 in Ausgabe 1 - 20.01.2010

    Januar 2010 - "Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel." So hatte die Stadt Essen ihre Bewerbung um den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2010 überschrieben. Nun ist es soweit: Die Ruhrmetropole und mit ihr das gesamte Ruhrgebiet zeigen gemeinsam, wie Kunst und Kultur zum Strukturwandel der einstigen Bergbau-Region beitragen und wie dieser Wandel zugleich neue kreative Kräfte erzeugt. Hunderttausende Gäste aus ganz Europa werden in den kommenden zwölf Monaten die kulturelle Vielfalt des Ruhrgebiets erleben können. Für einen nachhaltigen Erfolg der Kulturhauptstadt haben sich in den zurückliegenden Jahren auch die politischen Akteurinnen und Akteure im Landtag Nordrhein-Westfalen stark gemacht.
    Der Jubel war groß, als sich die Expertenjury der Europäischen Union im April 2006 für das Ruhrgebiet als Europäische Kulturhauptstadt 2010 entschied. Noch größer ist seitdem die Vorfreude auf die kommenden Projekte und Programme, die dem Ruhrgebiet als Kulturmetropole auf der europäischen und internationalen Bühne zum Durchbruch verhelfen sollen. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat die Vorbereitungen auf die Kulturhauptstadt von Beginn an begleitet und durch eigene Initiativen unterstützt. So erklärten Abgeordnete aller vier Fraktionen bereits kurz nach der Bekanntgabe des Votums, wie wichtig der Titel der Europäischen Kulturhauptstadt für die weitere strukturelle Entwicklung des Ruhrgebiets und für die Rolle ganz Nordrhein-Westfalens in Europa sei.
    Einen Vorgeschmack auf die kulturellen Höhepunkte des Jahres 2010 bot bereits im Mai 2008 ein Parlamentarischer Abend im Düsseldorfer Landesparlament. Dort gewährte das Ruhrgebiet Gästen aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft einen ersten Blick auf das geplante Programm. Und die Teilnehmenden machten im Landtag gemeinsam deutlich: Kultur an der Ruhr sei nichts Elitäres, sondern ihre Angebote sollten sich an ein möglichst breites Publikum richten. Die Kulturhauptstadt, so sagte beispielsweise Landtagspräsidentin Regina van Dinther, biete dem Ruhrgebiet mit seinen über 5,3 Millionen Menschen aus 170 Nationen die Chance, sich von alten Klischeebildern zu lösen.
    Wie dies am besten gelingen könne, berichteten Dr. Fritz Pleitgen, der Vorsitzende der Trägergesellschaft Ruhr2010.GmbH, und Geschäftsführer Prof. Dr. Oliver Scheytt unter anderem im Kulturausschuss des Landtags. Ihr dort geäußertes Credo: "Das Ruhrgebiet atmet nicht mehr Staub, sondern Zukunft." Im Ausschuss gaben die Organisatoren den Abgeordneten regelmäßig Auskunft über den aktuellen Stand der Planungen zum Großereignis. Und zeigten sich erfreut, dass der Landtag Nordrhein- Westfalen auch die finanzielle Förderung der Kulturhauptstadt stets im Blick behalten habe. So hatte der Landtag beispielsweise in den parlamentarischen Beratungen zum zweiten Nachtragshaushalt 2008 mit den Stimmen aller Fraktionen beschlossen, den Gemeinden und Gemeindeverbänden für Projekte der Kulturhauptstadt über 10 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen. Über diese Zuweisungen sollte insbesondere den finanzschwachen Kommunen im Ruhrgebiet eine aktive Teilnahme an der Kulturhauptstadt ermöglicht werden.
    Der Kulturausschuss des Landtags engagierte sich darüber hinaus insbesondere für die freie Künstlerszene im Ruhrgebiet. Die kulturpolitischen Sprecher aller vier Landtagsfraktionen unterzeichneten im Dezember 2008 einen gemeinsamen Appell an die 53 beteiligten Kommunen des Ruhrgebiets, freischaffende Künstlerinnen und Künstler stärker als zunächst vorgesehen an den geplanten Veranstaltungen zur Kulturhauptstadt zu beteiligen. Je mehr Kunstschaffende an der Kulturhauptstadt mitwirken könnten, so lautete die Botschaft des Appells, desto stärker werde das Jahr 2010 prägend für den kulturellen Reichtum der Region sein.
    Die kommenden Monate also sollen zeigen, welche Akzente die Kulturhauptstadt setzt und welche langfristigen Perspektiven sie für die Region eröffnet. Fest steht schon jetzt: Die Kultur an der Ruhr bleibt weiterhin ein Thema auch für den Landtag Nordrhein-Westfalen.
    sw

    Bildunterschriften:
    Feuer und Flamme: Die Eröffnungsfeier auf Zeche Zollverein.
    Von Beginn an: Die Kulturhauptstadt in Landtag Intern.

    Zusatzinformation:
    Seit 1985 wird der Titel der Europäischen Kulturhauptstadt verliehen. Die Idee dazu hatte die griechische Kulturministerin Melina Mercouri, um das europäische Miteinander zu fördern und die kulturelle Vielfalt in Europa zu stärken. Gemeinsam mit Essen und dem Ruhrgebiet tragen in diesem Jahr auch die ungarische Stadt Pécs und die türkische Metropole Istanbul den Titel der Europäischen Kulturhauptstadt 2010. Alle Informationen zum Programm im Ruhrgebiet sind im Internet abrufbar (www.ruhr2010.de).

    Systematik: 7100 Kunst/Kultur; 2200 Bergbau/Bodenschätze

    ID: LI100103

  • Kuhmichel, Manfred (CDU); Scheler, Claudia (SPD); Freimuth, Angela (FDP); Keymis, Oliver (Grüne)
    Schlag auf Schlag: "Landtag Intern" macht den Aufschlag, die Abgeordneten retournieren.
    Diesmal geht es um die Kulturpolitik.
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 10-11 in Ausgabe 1 - 20.01.2010

    Für Essen, das Ruhrgebiet und Nordrhein-Westfalen ist das Jahr der Europäischen Kulturhauptstadt 2010 ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... eine einmalige Chance, den interessierten Menschen in ganz Europa und auch darüber hinaus zu zeigen, wie weit der Strukturwandel bereits vollzogen ist und welch großen Anteil die Kulturschaffenden dieser Region daran haben.
    Claudia Scheler (SPD) ... eine große Chance, die Menschen zusammenzubringen, sie stolz und zuversichtlich sein zu lassen. Das Ruhrgebiet festigt damit auch national und international seinen Ruf als kulturelle Trendregion.
    Angela Freimuth (FDP) ... die Chance, die kulturelle Vielfalt und Qualität der Region und unseres Landes erlebbar zu machen und die Integrationsleistung, aber auch den Strukturwandel zu präsentieren.
    Oliver Keymis (Grüne) ... schon deshalb von größter Bedeutung, weil Adolf Muschg Recht hatte: "Das ehemalige Revier atmet nicht mehr Staub, sondern Zukunft."

    London, Paris, Essen - das Ruhrgebiet ist eine Kulturmetropole, weil ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... hier so viele Künstlerinnen und Künstler in einer Region mit mehr als 5 Millionen Einwohnern aus über 170 Nationen in 53 Städten qualitativ hochwertige und innovative künstlerisch-kulturelle Leistungen erbringen wie sonst nirgendwo.
    Claudia Scheler (SPD) ... der größte Ballungsraum Deutschlands viele Kreative hervorbringt und anzieht - nicht zuletzt durch den enormen Einsatz der Kommunen. Die Kulturlandschaft kann jedem Vergleich standhalten; die Mischung macht die Region so lebendig und spannend: Tradition und Moderne, Bodenständigkeit und Avantgarde.
    Angela Freimuth (FDP) ... es in besonderer Häufung kreativen Köpfen, Künstlern, Kulturschaffenden und Kreativunternehmern eine Heimat bietet und in einer kreativen Symbiose Industrie und Innovation, die Geschichten seiner Bewohner und der Region zusammenführt.
    Oliver Keymis (Grüne) ... es nirgends auf der Welt eine solche Dichte von KünstlerInnen und Kreativen gibt wie hier und weil es nirgends so viele verschiedene Kultureinrichtungen gibt wie hier, die von so vielen Menschen jeden Abend aufgesucht werden.

    Erst Kohle und Koks, jetzt Kunst und Kultur. Für mich zeigt dieser Wandel, dass ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... Kultur nicht bloßes Beiwerk zu Arbeit und Freizeit darstellt, auf das man auch verzichten könnte, sondern ein wichtiger, das Leben gestaltender Beitrag ist, der den Zusammenhalt der Gesellschaft über alle Schichten und Generationen hinweg stärkt und fördert.
    Claudia Scheler (SPD) ... Menschen fast alles bewegen können.
    Angela Freimuth (FDP) ... die Menschen im Ruhrgebiet die Potenziale der Kreativität und Innovation erkannt haben und ihre Chancen zu nutzen wissen. Veränderungen beginnen mit dem ersten Schritt. Die Menschen im Ruhrgebiet haben diesen Wandel durch ihr Engagement und ihren Mut möglich gemacht. Hierfür ein großes Kompliment.
    Oliver Keymis (Grüne) ... das Ruhrgebiet auch als Friedensmetropole beispielhaft ist: einst war es die Region, in der die Rüstungsschmieden der verführten Nationen die Weltkriege munitionierten, heute ist es die Region, in der Menschen aus über 150 verschiedenen Ländern vorbildlich friedfertig miteinander leben und arbeiten.

    Das Geld im Land und in den Kommunen ist knapp. Das bedeutet für Kunst und Kultur ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... dass sie in manchen Städten durch die Krise in eine prekäre Lage geraten. In Zeiten finanzieller Knappheit ist es nicht einfach, die Notwendigkeit von Kulturförderung zu verteidigen. Durch die Verdopplung des Kulturförderetats seit 2005 hat das Land den Verfassungsauftrag zur Förderung der Kultur erfüllt.
    Claudia Scheler (SPD) ... eine große Gefahr. Die Schere zwischen dem Anspruch der Landesregierung zur Kulturpolitik auf der einen Seite und der katastrophalen finanziellen Situation der Kommunen auf der anderen Seite bedroht den Bestand der Kulturlandschaft in NRW.
    Angela Freimuth (FDP) ... dass wir das bürgerschaftliche Engagement stärken und Synergien und Effizienzen heben müssen, z.B. durch Änderungen im Stiftungsrecht und Bürokratieabbau. Wir haben seit 2005 den Kulturförderetat des Landes verdoppelt. Damit leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Erhalt unserer kulturellen Infrastruktur.
    Oliver Keymis (Grüne) ... dass sie nur dann eine beständige Zukunft haben, wenn wir die Ausgaben für Kunst und Kultur als Pflichtaufgabe festlegen und wenn Bund und Land die Kommunen in die Lage versetzen, die ihnen übertragenen Aufgaben auch finanziell umsetzen zu können.

    Damit sich Kultur an Rhein und Ruhr weiter entfalten kann, bedarf es aus landespolitischer Sicht ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... der Anstrengung aller Kräfte, denen eine lebendige kulturelle Szene wichtig ist. Was wir vonseiten der CDU neu angestoßen haben, werden wir auch weiterhin realisieren, beispielsweise die landesweite Ausdehnung eines der wichtigsten Projekte der Kulturhauptstadt 2010: Jedem Kind ein Instrument.
    Claudia Scheler (SPD) ... einer Stärkung und Unterstützung des hervorragenden kommunalen Engagements, damit die Kommunen die Kulturaufgabe, die sie in der Vergangenheit in dieser Vielfalt und Produktivität erbracht haben, auch weiterhin wahrnehmen können.
    Angela Freimuth (FDP) ... vieler kreativer, innovativer und kluger Köpfe. Deshalb liegt uns die landesweite kulturelle Bildung unserer Kinder und Jugendlichen besonders am Herzen. Sie sind auch kulturell die Zukunft unseres Landes!
    Oliver Keymis (Grüne) ... einer kontinuierlichen Fortschreibung der Kulturförderung, die zur Pflichtaufgabe werden sollte. Dabei müssen wir insbesondere die freie Szene, die KünstlerInnen und Kreativen selbst im Blick haben, denn kulturelle Vielfalt ist das Markenzeichen unseres Landes.

    Das Jahr der Kulturhauptstadt wird dann zu einem Erfolg, wenn ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... Essen und das Ruhrgebiet nachhaltig zum Symbol dafür werden, dass Kultur eine entscheidende, wenn nicht sogar die entscheidende Rolle bei der Umgestaltung eines industriellen Ballungsraumes spielt.
    Claudia Scheler (SPD) ... die kreative Energie, die von der verschneiten Eröffnungsfeier auf Zollverein ausging, durch das ganze Jahr erhalten bleibt.
    Angela Freimuth (FDP) ... es den Organisatoren und allen Beteiligten gemeinsam gelingt, mit den Aktivitäten eine nachhaltige kulturelle Begeisterung und Schaffenslust bei Besuchern und Kulturschaffenden zu initiieren.
    Oliver Keymis (Grüne) ... Essen und das Ruhrgebiet auch nach 2010 die Kultur und die Kunst wie eine Kulturhauptstadt fördern und weiterentwickeln, weil sie die großen Chancen des Wandels durch Kultur erkannt und verinnerlicht haben.

    Die Liste der Veranstaltungen zur Kulturhauptstadt ist lang. Ich persönlich freue mich besonders auf ...

    Manfred Kuhmichel (CDU) ... die Eröffnung des neuen Museums Folkwang. Das Museum wird durch diesen Neubau seinen weltweit herausragenden Ruf weiter unterstreichen und festigen.
    Claudia Scheler (SPD) ... die Ausstellung "Das schönste Museum der Welt" im Museum Folkwang.
    Angela Freimuth (FDP) ... die Nacht der Jugendkultur im Juli, und als Hobbyköchin bin ich natürlich neugierig und gespannt auf die Angebote im Rahmen des Gourmetfestivals Ruhr, aber in dem vielseitigen Programm werde ich sicherlich noch einige Veranstaltungen entdecken, die mich "anlächeln" werden.
    Oliver Keymis (Grüne) ... die Sperrung der A 40 und den kilometerlangen Tisch, an dem alle Kulturen des Ruhrgebiets einen Sommertag lang Platz finden, und dann noch auf all die Veranstaltungen, für die ich im Laufe des Jahres 2010 hoffentlich noch Zeit finde.

    Idee und Umsetzung: Sebastian Wuwer

    Systematik: 7100 Kunst/Kultur

    ID: LI100112

  • Keine Zeit für Geschenke.
    Editorial / Kommentar / Blickpunkt;
    Titelthema / Schwerpunkt
    S. 2 in Ausgabe 12 - 17.12.2009

    Keine besinnliche Zeit. Und auch nicht nur Rückschau. In den Wochen kurz vor Weihnachten, vor dem Jahreswechsel wird traditionell der Haushalt fürs kommende Jahr beraten. Alles steht auf dem Prüfstand: die Finanzlage im Allgemeinen, die Ausgaben in den einzelnen Politikbereichen im Besonderen, letztendlich die gesamt Landespolitik. Wo werden Akzente gesetzt, welche Weichenstellungen für die Zukunft vorgenommen?
    Die Weltwirtschaftskrise mag statistisch betrachtet dem Ende zugehen, die Rahmenbedingungen für den Landesetat jedoch bleiben kritisch. Der immer noch schwächelnden Wirtschaft muss mit Konjunkturspritzen auf die Beine geholfen werden. Das betrifft den Standort Bochum für Opel, aber auch und vor allem die vielen mittelständischen Unternehmen, bei denen das Gros der Menschen Beschäftigung findet. Ebenso geht es um die Zukunft der Westdeutschen Landesbank, der eine erneute staatliche Bürgschaft gerade das Überleben sicherte. Auch die Zukunftsfelder Bildung und Ausbildung bedürfen einer detaillierten Betrachtung. Die Frage nach Lehrerstellen und deren Besetzung beschäftigte 2009 oft genug den Landtag. Aktuell - nach entsprechenden Protesten der Studierenden - steht die Lage an den Hochschulen und Fachhochschulen auf der Tagesordnung.
    Ein Schlüsselthema: der Klimaschutz. Wie Energie produzieren, wie Energie sparen? Entscheidende Fragen für das Energieland Nordrhein- Westfalen. Neben Bund und Land vom Wirtschafts- und Steuerrückgang betroffen: die Städte und Kreise. Daher kommt sowohl dem Gemeindefinanzierungsgesetz eine besondere Bedeutung zu als auch der Diskussion über die Verteilung der Folgelasten der deutschen Einheit.

    Finanzielle Spielräume und Prioritäten

    Der derzeitige Schuldenstand macht das Geldverteilen nicht einfacher. Deshalb soll zukünftig die Haushaltskonsolidierung wieder stärker in den Mittelpunkt gerückt werden, erst recht vor dem Hintergrund der zwischen Bund und Ländern abgesprochenen Schuldenbremse. Danach soll für die Länder ab 2020 ein komplettes Verbot der Neuverschuldung gelten; erste Schritte sind ab 2011 vorgesehen. Finanzielle Spielräume eröffnen Gestaltungsmöglichkeiten in den verschiedensten Politikbereichen. Werden sie eng, muss um Prioritätensetzung gerungen werden.
    Nicht zuletzt deshalb ist die Verabschiedung des Haushalts die "Königsdisziplin" des Parlaments. Der Souverän - die Volksvertretung - nimmt die Regierungsvorlage genau unter die Lupe. Nach gründlicher Beratung in allen Fachausschüssen des Landtags fokussiert sich der politische Schlagabtausch in aller Öffentlichkeit im Plenum. Die letzten Wochen des Jahres: eine wichtige Zeit.
    cw

    ID: LI091202

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Die Fraktionen im Landtag NRW