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  • Porträt der Woche: Rolf Seel (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 13 - 08.09.1998

    Als Zwanzigjähriger "nimmt man den Mund oft voll", und meint, vieles besser machen zu können, resümiert Rolf Seel. Doch reden könne jeder, man müsse auch selbst anpacken, meinte damals der gebürtige Kreuzauer und trat 1975 in die CDU ein. Noch im selben Jahr schickte die Partei das Neu- Mitglied als sogenannten sachkundigen Bürger in den Sozialausschuß des Gemeinderates seines Heimatortes. Vier Jahre später wurde er in das Kommunalparlament gewählt, wo der Christdemokrat seitdem in verschiedenen Funktionen sich für die gemeindlichen Belange engagierte — als stellvertretender Bürgermeister und seit 1992 als Fraktionsvorsitzender.
    Auch der berufliche Werdegang von Rolf Seel wurde vom Kommunalen bestimmt. Nach Besuch der Real- und der Höheren Handelsschule absolvierte er die Inspektoren-Ausbildung bei der Stadt Düren. Als späterer Sportreferent gab er den 115 (!) Sportvereinen mit ihren 31000 Mitgliedern viele Impulse. Aber auch der Kulturbereich lag dem früheren Rhythmus-Gitarristen in einer Bigband am Herzen. Nach seiner Wahl in den Landtag 1995 wurde er entsprechend der gesetzlichen Regelung für die Zeit seiner Abgeordnetentätigkeit als Beamter beurlaubt. D
    er Christdemokrat holte im übrigen den Wahlkreis 8 Düren II nach zehn Jahren wieder für seine Partei zurück. Die Fraktion berief den Kreuzauer in seinen " Wunschausschuß", den Sportausschuß, wo er allerdings schnell mit den finanziellen Realitäten konfrontiert wurde.
    "Es fehlt das Geld, um sinnvolle Aktivitäten als Abgeordneter auf den Weg zu bringen." Sorgen bereiten ihm insbesondere die im Rahmen des "Goldenen Plans" in den sechziger Jahren errichteten Sportanlagen. Sie müßten heute dringend saniert und modernisiert werden. Auch plädiert er für eine finanziell bessere Entschädigung der Übungsleiter. Was ehrenamtlich geleistet werde, entlaste schließlich den Staat. Im übrigen ist der Abgeordnete auch Kreisvorsitzender der Deutschen Olympischen Gesellschaft.
    Im Ausschuß für Haushaltskontrolle, dem Rolf Seel auch angehört, gebe es zwar keine öffentlichen "Highlights", aber eine Menge Arbeit. Als besondere Probleme nennt er die vielen Förderprogramme des Landes und den daraus resultierenden großen Behördenapparat. Sie alle müßten auf ihre Effektivität hin dringend überprüft werden.
    In der vergangenen Woche ist Rolf Seel zum neuen Vorsitzenden des Ausschusses für Haushaltskontrolle gewählt worden.
    Als Mitglied des Ausschusses für Verwaltungsstrukturreform tritt der Christdemokrat ebenfalls für eine radikale Reform der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen ein. Leider habe die frühere Rau-Regierung dem Parlamentsgremium "Manschetten" angelegt. Nach der jüngsten Kabinettsverkleinerung hofft aber Rolf Seel, daß die Reform auch bei den Mittelbehörden fortgesetzt werde. Der Bürger sehe sich von einer Unzahl von Ebenen politisch und administrativ "betreut", die kostspielig und ineffizient seien.
    Der Kreuzauer, der sich selbst als "geselliger Mensch" charakterisiert, betrieb denn auch in seiner Freizeit viele Jahre Mannschaftssport — Fußball. Inzwischen hat der 45jährige wegen der Belastungen als Ratsmitglied und Landtagsabgeordneter schweren Herzens auf das runde Leder verzichtet. Heute joggt der Vater von zwei Söhnen regelmäßig durch die heimatliche Region — fünf Kilometer.
    Jochen Jurettko

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.)

    ID: LI981366

  • Porträt der Woche: Thomas Mahlberg (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 11 - 23.06.1998

    Für einen Vertreter aus der Diaspora macht Thomas Mahlberg einen recht fröhlichen und ausgeglichenen Eindruck. Aus Duisburg kommt er, ist dort geboren und aufgewachsen. Und dort scheint als eine Art Naturgesetz zu gelten, daß die SPD für alle Zeit sämtliche fünf Landtagswahlkreise direkt gewinnt. Selbst im Süden der Stadt mit eher bürgerlichen Stadtteilen, in Thomas Mahlbergs Wahlkreis, blieb die CDU bei der letzten Wahl unter 30 Prozent. Schon lange habe sich seine Partei in Duisburg mit Wahlergebnissen wie in Ostdeutschland abzufinden, sagt er, doch klagend klingt das nicht.
    Das mag an seinem noch recht jugendlichen Alter liegen — er ist gerade 33 Jahre alt — und der damit verbundenen Zuversicht, daß sich dieser Zustand in seinem politischen Leben doch noch einmal ändern könnte. Bei der Landtagswahl 1995 trat er als jüngster der fünf Duisburger Kandidaten seiner Partei an, als einziger war er genügend weit vorn auf der Landesliste plaziert, so daß es zum Sprung ins Parlament reichte. Thomas Mahlberg ist ehrlich genug, dies nicht eigenen Verdiensten zuzuschreiben, sondern dem Bestreben der CDU, sich zu verjüngen und Nachwuchspolitikern eine Chance einzuräumen. Erst ein halbes Jahr vor der Landtagswahl war er in den Duisburger Rat gewählt worden. Von der Landtagskandidatur hatte er sich allenfalls etwas mehr Bekanntheit erhofft, die seiner kommunalen Arbeit nützlich sein könnte. "Ich bin nicht angetreten, um unbedingt Abgeordneter zu werden", sagt er. Überhaupt, so versichert er, habe es ihn nicht der Karriere wegen in die Politik gezogen, sondern "aus Spaß am Gestalten". Und, das räumt er ein: "Ich rede gern mit."
    Mit neunzehn, nach dem Abitur, trat er 1984 der CDU bei. Von 1989 bis 1995 war er Vorsitzender der Jungen Union in Duisburg. Mit seinem Wechsel nach Düsseldorf gab er das Amt ab, obwohl er immer noch im Junge-Union-Alter ist. Er käme sich selbst etwas unglaubwürdig vor, sagt er, wenn er jetzt noch die Interessen von 14- oder 16jährigen vertreten sollte.
    Bald drängte es Mahlberg auch in die Kommunalpolitik. Mit 24 Jahren wurde er sachkundiger Bürger im Umweltausschuß der Stadt Duisburg, mit 26 Mitglied der Bezirksvertretung Duisburg- Süd und drei Jahre später Ratsmitglied. Aufgrund seines noch recht jungen Alters zählte die Jugendpolitik zu seinen Politikschwerpunkten. Weil ihn Jugendpolitik nach wie vor interessiert, gehört er jetzt im Landtag auch dem Ausschuß für Kinder, Jugend und Familie an, ebenso dem Ausschuß für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie. Das Interesse für Wirtschaft rühre von seinem Beruf her, sagt Mahlberg, der auch der CDU-Mittelstandsvereinigung angehört. Nach dem Abitur zog es Mahlberg nicht an eine Universität, sondern gleich ins Berufsleben. Bei Klöckner & Co. in Duisburg absolvierte er eine Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann. 1991 wurde er dort Handlungsbevollmächtigter, zuständig für den Chemiehandel, den er mit aufgebaut hat.
    Innerhalb der CDU fühlt sich Mahlberg eher dem konservativeren Wirtschaftsflügel zugehörig, weniger den Sozialpolitikern. Umweltproblemen, meint er etwa, werde im allgemeinen zu viel Priorität eingeräumt. Allzu restriktive Umweltauflagen behinderten oftmals die wirtschaftliche Entwicklung. Nur eine florierende Wirtschaft jedoch, davon ist er überzeugt, könne neue Arbeitsplätze schaffen und sei so die beste Sozialpolitik.
    Doch klingt es keineswegs streitbar, wenn er solche Ansichten vorträgt. Mahlberg ist ein Mann der leisen Töne, der offensichtlich auch zuhören kann. Daß Politik viel mit Kommunikation, auch mit "Verkaufen" zu tun hat, ist seine Überzeugung. Daher pflegt er viele Kontakte, nimmt Termine wahr und lädt gern Gäste, insbesondere aus seinem Wahlkreis, in den Landtag ein. Dabei geht es ihm auch darum, das Ansehen der Politiker zu fördern. Daß viele Menschen nur noch abfällig über den Berufsstand reden, empfindet er als "ungerecht", schließlich mühten sich die meisten von ihnen redlich ab.
    Als Single kann er für derlei Aktivitäten auch noch mehr Zeit erübrigen, als dies Politikern mit Familie möglich ist. Dennoch, bedauert er, lasse auch ihm der alltägliche Streß zu wenig Zeit für Hobbys. Früher habe er zum Beispiel gerne Fußball gespielt, heute spiele er nur noch in der Landtagsmannschaft, und dann spüre er hinterher ganz gehörig seine Knochen.
    Roland Kirbach

    ID: LI981149

  • Porträt der Woche: Ursula Monheim (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 7 - 12.05.1998

    Als Abgeordnete, die dem NRW-Landtag erst seit 1995 angehört, sitzt Ursula Monheim normalerweise auf den hinteren Rängen im nordrhein-westfälischen Parlament. Doch bei der Debatte über den Beschluß der katholischen Bischöfe zur Schwangerenberatung Anfang Februar 1998 saß die CDU- Politikerin aus Leverkusen in der ersten Reihe. Mutig vertrat sie gemeinsam mit ihren Parteikolleginnen christdemokratische Positionen. Es wurde eine erfreulich sachbezogene und ehrliche Debatte. Die unterschiedlichen Positionen zwischen Regierung und Opposition wurden deutlich herausgearbeitet.
    Während SPD-Gleichstellungsministerin Ilse Ridder-Melchers betonte: "Beratung und Berechtigungsschein zur Abtreibung gehören zusammen", setzte die Christdemokratin Ursula Monheim dagegen: "Klar ist, daß nach einer Alternative zum jetzigen System der Berechtigungsscheine gesucht werden muß, um die Doppeldeutigkeit dieses Dokuments aufzulösen." Und die CDU- Frau wurde noch deutlicher: "Es ist immer diese Doppeldeutigkeit des Scheins gewesen, der auch außerhalb der katholischen Kirche sehr umstritten war und von vielen, vor allem auch von Juristen, nicht mitgetragen wurde."
    Die CDU-Frau weiß, wovon sie spricht. Als die Debatte über den Paragraphen 218 zu Beginn der 90er Jahre besonders hitzig geführt wurde, war Ursula Monheim, selber Mutter von drei Kindern, voll engagiert. Doch während viele Frauen damals nur diskutierten, lautete ihre Devise: "Reden reicht nicht. Die Frauen brauchen ein verläßliches Angebot, und zwar nicht nur bis zur Geburt ihres Kindes, sondern darüber hinaus." So kam es zur Gründung des Vereins "Wort und Tat", dessen Vorsitzende Ursula Monheim ist. 1992 hat sie ein Wohnhaus mit vier Wohneinheiten für alleinerziehende schwangere Frauen eröffnet. Zu dem Haus gehört eine Kindertagesstätte, wo die Kinder vom vierten Lebensmonat an betreut werden. Ziel von "Wort und Tat" ist es, daß die Frauen eine unterbrochene Schul- oder Berufsausbildung nachholen und beenden können.
    Bei ihrer Parlamentsarbeit im Düsseldorfer Landtag kommt der Unionspolitikerin ihr kirchliches Engagement zugute. Die 1939 in Münster geborene Philologin arbeitet in mehreren katholischen Gremien mit, ist unter anderem Vorsitzende des Katholikenrates Leverkusen, Mitglied im Vorstand des Diözesanrates Köln sowie des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken.
    Zur Politik ist Ursula Monheim allerdings über die Schulpolitik gekommen. Konkret über die Koop-Debatte. "Die Programmatik der Union hat mich überzeugt", erinnert sich Ursula Monheim. 1988 trat sie in die CDU ein. Ein Jahr später wurde sie sachkundige Bürgerin im Sozialausschuß des Rates der Stadt Leverkusen. Der Sprung in den nordrheinwestfälischen Landtag klappte beim ersten Anlauf 1990 nicht. Doch fünf Jahre später gelangte sie um so sicherer in das Landesparlament. Tatsächlich kam sie auch gleich in die beiden Ausschüsse, die sie sich gewünscht hatte: den Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie den Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen. Die Mitarbeit im Städtebauausschuß bedeutet für Ursula Monheim so etwas wie die Verwirklichung eines Jugendtraums. "Während meines Anglistik- und Russisch- Studiums in Münster habe ich auch viele Vorlesungen in Architektur belegt. Stadtplanung und Stadtentwicklung haben mich immer fasziniert", sagt sie. Im Landtag geht es im Ausschuß für Städtebau um ganz konkrete Fragen wie etwa die Schaffung von Wohnraum für ältere Menschen oder darum, wie man Wohnraum für Gruppen organisiert, die sich in unserer Gesellschaft schwer in ein normales Umfeld integrieren lassen.
    Im Sozialausschuß liegen die Schwerpunkte ihrer Arbeit in der Krankenhaus-, Drogen- und Behindertenpolitik. Die Christdemokratin kämpft beispielsweise dafür, daß in den Schulen für geistig Behinderte eine ähnliche pflegerisch-therapeutische Versorgung eingerichtet wird, wie sie an Schulen für Körperbehinderte bereits existiert.
    In ihrem Wahlkreis in Leverkusen engagiert sie sich für das sogenannte "Bunkerprojekt". Dabei geht es darum, einen Bunker mit arbeitslosen Jugendlichen zu Wohnraum umzubauen. Nur solche Firmen bekommen den Zuschlag, die sich verpflichten, Jugendlichen innerhalb des Projektes eine Ausbildung zu geben. Zuletzt waren 15 Jugendliche in diese Maßnahme eingebunden.
    Ein ganz wichtiger Schwerpunkt ihrer politischen Arbeit ist für Ursula Monheim die Wahlkreisarbeit. Sie hat dafür gesorgt, daß in ihrem Wahlkreisbüro unter der Woche immer ein Ansprechpartner erreichbar ist, der Anfragen entgegennimmt. Über eine Zeitungsanzeige kündigt die CDU-Politikerin ihre Sprechstunden an, ist aber telefonisch jederzeit erreichbar. "Die Bürger kommen mit ganz privaten Fragen zu mir, etwa wenn sich jemand total verschuldet hat. Aber sie wollen auch Auskunft über die Pflegeversicherung oder Rentenfragen."
    Gern würde Ursula Monheim ihre Arbeit auch in der nächsten Legislaturperiode weiterführen. "Man braucht eine gewisse Zeit, um sich im Parlament einzuarbeiten, und dann sind fünf Jahre für ein vernünftiges Mittun doch eine sehr kurze Zeit", ist Ursula Monheim überzeugt. Für ihre Abgeordnetentätigkeit tritt sie gern mit den Hobbys etwas kürzer. Allerdings liest sie weiterhin leidenschaftlich gern. Auch gemeinsame Wanderungen und Konzertbesuche mit ihrem Mann, der Familie und Freunden gehören bei ihr zum Ausgleich zur Politik. Gerlind Schaidt

    ID: LI980758

  • Porträt der Woche: Marie-Luise Fasse (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 4 - 10.03.1998

    "Die Partei ist heute abend geschlossen", sagte zur Überraschung des Anrufers eine jugendliche Stimme am Telefon der Rheinberger Politikerin Marie-Luise Fasse. Es war der Sohn, der sich vor Jahren gegen die Basisarbeit seiner Mutter am Abend auf seine Weise zur Wehr setzte. Daß der Junge damals eigentlich im Recht war und der Familie ihr Anspruch zustehen muß, gehört zur Grundüberzeugung der CDU-Vorsitzenden im Kreis Wesel. Marie-Luise Fasse ist neben ihrem Amt an der Spitze der Kreispartei auch Vorsitzende des CDU-Ortsverbandes Budberg, gleichzeitig Mitglied im Rheinberger Stadtrat. Ihr Kreistagsmandat hat sie aber abgegeben, als sie im Juni 1995 in den Landtag gewählt wurde. Mit ihrem Ehemann, einem Banker, hat sie damals den Umfang ihres Engagements abgestimmt, weil der Einzug ins Landesparlament natürlich weniger Zeit für die Familie bedeutet: "Wenn ich nicht einen so verständnisvollen Partner hätte, ginge das alles nicht."
    Möglichst direkt möchte sie mit den Menschen und ihren Anliegen zu tun haben. Basisarbeit ist ihr wichtig, denn die Bürger seien nur für Politik zu gewinnen, wenn sie ihnen auch glaubhaft vermittelt werde. Daß Marie-Luise Fasse bei der letzten Kommunalwahl einen Wahlkreis zurückgewinnen konnte, der zehn Jahre zuvor an die SPD verlorengegangen war, scheint ihre Auffassung von Parteiarbeit zu bestätigen. Mit Bedauern räumt sie ein, daß sie aber so fast keinen Abend zu Hause ist. Im NRW-Landtag hat die neue Abgeordnete mit der Zugehörigkeit zu den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, für Verkehr und für Frauenpolitik die Schwerpunkte ihrer Arbeit setzen können. "Da läßt sich etwas bewegen", sagt sie. "Und es bietet ein breites Spektrum an Information für die eigene Basis im Wahlkreis."
    Gerade auch am Niederrhein drängen sich die Probleme: eine neuer Gebietsentwicklungsplan, weitere großflächige Auskiesungen, FFH-Regelungen (nach der Europarichtlinie Fauna, Flora, Habitat) und dadurch Einschränkungen der Landwirtschaft, Strukturwandel im Bergbau und eine, auch von den niederländischen Nachbarn aggressiv vorangetriebene Struktur- und Verkehrspolitik. Grenzübergreifende Zusammenarbeit hat daher auch zukünftig besondere Bedeutung für die regionale und interkommunale Entwicklung des Niederrheins.
    Mitglied der CDU ist Marie-Luise Fasse erst 1982 geworden. Die Sorge für die Schwestern, die zehnjährige Berufstätigkeit als Energieberaterin bei einem Energieversorgungsunternehmen und eine Zeitlang die Fürsorge für den Sohn und den Ehemann hatten Vorrang. Aber ihr Vater gehörte zu den Gründern der Partei im westfälischen Dülmen, so daß ihr politische Tätigkeit vertraut war.
    "Was einem selbst Freude macht, das kann man auch der Jugend vermitteln", sagt die CDU-Politikerin. Als sie in der Partei aktiv wurde, waren die Vorstände meist reine Männersache: "Jetzt sind im Kreisvorstand der Partei fünfzig Prozent Frauen."
    "Da hat ein Umdenkungsprozeß eingesetzt", unterstreicht sie. Möglichst rasch versucht Marie-Luise Fasse Frauen und Jugendliche zu fördern und in die Arbeit der Partei einzubinden. So ist aus ihrem Wahlkampf eine aktive Gruppe der Jungen Union entstanden.
    "Politik ist Leben — und die Verwirklichung des Menschen geschieht im Dialog, in der doppelten Fähigkeit zu reden und zuzuhören, zu antworten und darin sich auch vom Wort treffen zu lassen", meint Marie-Luise Fasse. "Anders gesagt: Dialog, das meint die Bereitschaft zur Kooperation." Für das Miteinander zum gemeinsamen politischen Ziel auch innerhalb der Vereinigungen der CDU deutlich einzutreten, gehöre ebenso dazu wie das Gespräch mit den Parteifreunden. Als Kreisvorsitzende müsse sie ohnehin die Aufgaben abstimmen, so etwa bei der Wahl von hauptamtlichen Bürgermeistern oder eines Landrats. "Man muß deutlich sagen, was man nicht kann. Die Bürger erwarten das", unterstreicht Marie-Luise Fasse. Schließlich gebe es stets genügend Fachleute, deren Rat man einholen könne. "Die CDU ist zum Beispiel die einzige Partei, die aktive Landwirte als Landtagsabgeordnete im Fachausschuß hat."
    Entspannung findet die CDU-Politikerin beim Lesen und klassischer Musik, auch singt sie gern im Kirchenchor. "Leider habe ich nicht mehr so viel Zeit dazu." Aber Zeit für Ausflüge auf dem Fahrrad beschafft sie sich auch immer mal wieder. "Das war uns bei Pättkestouren in der alten westfälischen Heimat ebenso vertraut wie nun am Niederrhein." Manchmal fährt sie auch mit den Kindern ihrer jüngsten Schwester am Rhein entlang. "Dabei sieht man immer wieder Dinge vor Ort, die für die Arbeit wichtig sind." Und es klingt fast wie das Erfolgsgeheimnis der CDU-Politikerin, wenn sie sagt, daß Politik Ideen, Kraft, vor allem aber Spaß an der angenommenen Aufgabe braucht.
    Peter Weigert

    ID: LI980460

  • Porträt der Woche: Volkmar Klein (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 1 - 20.01.1998

    "Trotz all unseres Wehklagens, uns geht es doch hundertfach besser als jenen Menschen in den Entwicklungsländern", betont Volkmar Klein immer wieder. Der CDU-Landtagsabgeordnete war jüngst privat in Ghana und besuchte CVJM-Freunde, die dort an mehreren Projekten tätig sind. Aus der christlichen Verantwortung heraus besteht für ihn die Verpflichtung, sich nicht nur um die Probleme der heimischen Bevölkerung zu kümmern, sondern auch um die Menschen in jenen Ländern. So freute sich der Abgeordnete auch, daß seine Fraktion ihn in den Ausschuß für Europa- und Eine-Welt-Politik berief.
    Geboren am 13. Januar 1960 in Siegen, absolvierte Volkmar Klein das Gymnasium und studierte Volkswirtschaft an der Universität Bonn. Als Diplom-Volkswirt war der Burbacher längere Zeit bei einer Beratungsfirma im australischen Melbourne tätig, seit 1989 ist er leitender Mitarbeiter eines Klinikunternehmens.
    Mit der Politik kam der Abgeordnete schon früh in Berührung, zunächst als Schülersprecher, dann als Bezirksvorsitzender der Jungen Union im Sauer-/Siegerland. 1984 wurde der Christdemokrat in den Rat der Gemeinde Burbach gewählt, wo sein Interesse insbesondere dem Finanzbereich galt. Von 1992 bis zu diesem Jahr war er Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. Im Rahmen der neuen Gemeindeordnung berief Burbach einen hauptamtlichen Bürgermeister.
    Im CDU-Kreisvorstand Siegen/Wittgenstein aktiv, bewarb sich Volkmar Klein vor der letzten Landtagswahl 1995 erfolgreich um ein Mandat im Düsseldorfer Landesparlament. Der Grund war vor allem seine kommunalpolitische Erfahrung, daß viele Entscheidungen am Rhein getroffen würden, die vor Ort kaum noch geändert werden könnten. "Das fällt in einer kleinen Gemeinde um so stärker auf, weil dort der Eindruck entsteht, daß die Landespolitik sich insbesondere an den Großstädten orientiert." Im Haushalts- und Finanzausschuß versteht sich der Burbacher denn auch als "Interessenvertreter" der Regionen abseits der Ballungsräume. "Die Gelder müssen gerechter über das ganze Land verteilt werden." Angesichts der desolaten Finanzlage des Landes fordert der Christdemokrat mehr Mut der Landespolitiker auch zu unpopulären Entscheidungen. "Wir dürfen unsere Politik nicht danach ausrichten zu gefallen."
    So kritisiert er beispielsweise den erheblichen bürokratischen Aufwand für die Zuweisung von Kleinstbeträgen an die Kommunen. Es sei ärgerlich, daß das Land Büchereistellen mit einem jährlichen Kostenaufwand von 4,5 Millionen Mark unterhalte, die für die Sechs-Millionen-Förderung der kommunalen Bibliotheken zuständig seien. Diese Stellen müßten dringend abgeschafft werden, fordert der Abgeordnete. Schließlich sei der Sachverstand der Gemeinden so groß, daß sie keinen "Vormund" vom Land benötigten. Nach seiner Einschätzung gebe es noch viele Beispiele von unnötigem Geldausgeben. "Wir müssen alle Einrichtungen und Programme des Landes radikal durchforsten."
    In der Freizeit widmet sich der Familienvater vor allem seinen Kindern — zwischen einem und neun Jahren alt. Da sieht man ihn zusammen mit seinen Sprößlingen Kaninchenställe oder Hütten hinter dem Wohnhaus bauen. Auch im großen Repertoire von Spielen kennt sich der Abgeordnete aus. Für sein eigentliches Hobby, den Kanu-Sport, bleibt dann allerdings kaum noch Zeit.
    Jochen Jurettko

    ID: LI980137

  • Porträt der Woche: Bernd Schulte (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 18 - 25.11.1997

    In die Lüdenscheider Kommunalpolitik zog es den damals 25jährigen Christdemokraten Bernd Schulte anno 1975 mit dem Anspruch, "den Oberen mal zu zeigen, wie man richtige Opposition macht". Die Sache scheiterte: Die "Schwarzen" gewannen überraschend die Kommunalwahlen und beendeten die 19jährige Vorherrschaft der Sozialdemokraten. Seit 1994 "kann der Oppositionsanspruch verwirklicht werden", schmunzelt Schulte leicht gequält. Da nämlich ging der Lüdenscheider Union mit dem Koalitionspartner FDP auch die Macht im Rat "verloren".
    Der gelernte Diplom-Verwaltungswirt fand schon 1969 zur CDU. Ausgerechnet in der Zeit, als die unruhigen "68er" Jugend und Studenten in ihren Bann zogen, entdeckte Schulte sein Alternativ-Modell bei den Konservativen. Bereits ein Jahr später war Schulte CDU-Vorstandsmitglied im Stadtverband Lüdenscheid, 1975 Vorstand im Märkischen Kreis. Da hatte er längst schon an der Seite Matthias Wissmannns im Bundesvorstand der Jungen Union gesessen.
    Mit Unterstützung der Jung-Unionisten versuchte Schulte schon 1975 naßforsch den Durchmarsch in den Düsseldorfer Landtag — vergeblich. "Ich war damals zu jung und zu grün", weiß der Lüdenscheider heute rückblickend. Die 20jährige Berufsphase als Verwaltungsbeamter der Stadt Lüdenscheid und beim Evangelischen Kirchenkreis sei mehr als wichtig für die eigene Entwicklung gewesen. "Daß es erst 1995 klappte, bereue ich nicht."
    Im Düsseldorfer Landtag bleibt der 47 jährige den alten Leidenschaften treu. Bauen, Planen, Stadtentwicklung im Städtebauausschuß, dazu der Ausschuß für Verwaltungsstrukturreform. Besonders bedauert Schulte, daß sich bei der Strukturreform "nichts tut". Trotz großer Gemeinsamkeiten mit der CDU opferten die GRÜNEN ihren Reformeifer leider immer wieder auf dem "Altar der Koalitions-Raison".
    Als CDU-Fraktionsvorsitzender im Rat der Stadt Lüdenscheid kennt Schulte die Probleme der "Menschen vor Kohle". Die Wechselwirkung zwischen den Erfahrungen auf Stadt- und Kreisebene und der Landespolitik ist es, die den Abgeordneten am Düsseldorfer Mandat reizt. Wobei die Kommunalpolitiker nach den Erfahrungen des Sauer/anders am Rhein einen schweren Stand haben. "Jeder Kommunalpolitiker, der sich kritisch im Ausschuß meldet, wird als Städte-Lobbyist abgeputzt", weiß Schulte. Allerdings habe sich im Dauerkonflikt zwischen Land und Gemeinden ein parteiubergreifendes Bündnis der Kommunalpolitiker im Landtag zusammengerauft.
    Die geplante Übertragung von Zuständigkeiten auf die Kommunen versteht Schulte denn auch weniger als Entgegenkommen des Landes. "Das Diktat der leeren Kassen zwingt das Land, Aufgaben auf die unteren Ebenen abzuwälzen. Im Gegenzug werden die Kommunen dann von kostspieligen Auflagen befreit."
    Richtig sauer wird der Lüdenscheider, wenn er auf die Benachteiligung des ländlichen Raumes durch das Land zu sprechen kommt. "Wir werden deutlich schlechter gefördert als die SPD-Hochburgen im Ruhrgebiet", klagt Schulte. Derzeit entwickelt der CDU-Bezirk Sauer-/Siegerland eine neue Strategie für die fünf südwestfälischen Kreise, um sich mehr Gehör zu verschaffen. Am Beispiel der Polizeireform zeichnet der CDU- Abgeordnete die Probleme der ländlichen Region auf: NRW wolle weitere Polizeiwachen schließen und werde die Präsenz der Polizei auf dem Land damit verschlechtern. Wenn zudem künftig Polizeibehörden kreisübergreifend arbeiten müßten, werde der direkte Draht des Bürgers zur Polizei verlängert. Schulte: "Die Sicherheit leidet."nd auch mit dem "Großstadt- Sozialdemokrat" Michael Vesper (GRÜNE) hat Schulte seine Schwierigkeiten. Der Bauminister wolle den öffentlich geförderten Miet- und Geschoßwohnungsbau gezielt im Umkreis von Bahn-und Bushaltestellen ansiedeln. "Taktdichten und Bahnlinien wie in den Großstädten können ländliche Gemeinden aber nicht bezahlen", kritisiert Schulte. Und dann gerät der ruhige CDU-Politiker in Rage: NRW solle den Wohnungsbau deshalb besser dort fördern, wo die Gemeinde einen Siedlungsschwerpunkt ausweise. Fleißig wie eine Ameise wechselt der Multifunktionär zwischen seinen Ämtern als CDU-Fraktionschef in Lüdenscheid, Mitglied im CDU-Bezirks- und Kreis- und Stadtvorstand. "Für Hobbys bleibt da nicht viel Zeit", klagt der verheiratete Politiker. Ausgleich findet Schulte in Garten und freier Natur. Vielleicht rührt daher die geistige Nähe zu manch grünem Gedanken. "Es gibt Berührungspunkte mit den GRÜNEN —, aber noch ist das Wasser zu tief." Heute sei die Zeit für eine schwarzgrüne Zusammenarbeit auf Landesebene nicht reif. Que sera, was wird sein?
    Wilfried Goebels

    ID: LI971869

  • Porträt der Woche: Dietrich Thiede (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 17 - 04.11.1997

    Unter den vielen Millionen Deutschen, die 1945 aus den damaligen Ostprovinzen flüchteten oder ausgewiesen wurden, war auch der gebürtige Schneidemühler Dietrich Thiede. Damals acht Jahre alt, verschlug es ihn mit seiner Mutter und den zwei Geschwistern von Pommern nach Westfalen. Unter den damals schwierigen Bedingungen absolvierte er in Herford die mittlere Reife, besuchte die Handelsschule, machte die Ausbildung zum Speditionskaufmann und wurde später Versandleiter einer Möbelfabrik.
    Ende der sechziger Jahre fand der heutige CDU-Landtagsabgeordnete ein neues Tätigkeitsfeld, das auch seinen persönlichen Interessen entsprach: Er wurde Berufsberater und widmete sich bis zu seinem Einzug ins Landesparlament 1995 insbesondere behinderten arbeitssuchenden Jugendlichen. Eine ehrgeizige Aufgabe.
    Erst als 35jähriger trat Dietrich Thiede der CDU bei — als "Protest gegen die damalige Ostpolitik der Brandt-Regierung", wie er sich heute noch erinnert. Bereits knapp drei Jahre später wurde der Herforder in den Kreistag gewählt und engagierte sich dort aufgrund seiner beruflichen Erfahrung im Schulbereich. Seit 1989 ist er stellvertretender Landrat und gleichzeitig Mitglied der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe. Seine dortigen Schwerpunkte: Jugend- und Gesundheitspolitik. Und in der Partei folgte dem Vorsitz der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV) 1979 der des CDU-Kreisverbandes. Dieses Führungsamt hat Dietrich Thiede auch heute noch inne.
    Im zweiten Anlauf schaffte es der Christdemokrat über die Landesreserveliste im Mai 1995 in den Landtag einzuziehen. Als "Neuling" habe man es schwer, sich zunächst zurechtzufinden, meint er. Doch Fraktion und Verwaltung halfen ihm, die ersten Hürden zu nehmen.
    Der Herforder engagiert sich heute im Petitionsausschuß und im Ausschuß für Kommunalpolitik — übrigens, zwei "Wunsch-"Gremien. So könnten die Parlamentarier im Petitionsausschuß vielen Klagen der Bürger nachgehen und ihnen bei berechtigten Anliegen auch helfen. Insbesondere der Sozialbereich sei so kompliziert, daß selbst ein guter Rat für zahlreiche Hilfesuchende von Nutzen sei.
    Nach wie vor beschäftigen den CDU-Abgeordneten aber auch jene Jugendlichen, die bei der rasanten technischen Fortentwicklung auch den steigenden Anforderungen der Schule nicht mehr gewachsen sind und sie ohne einen Abschluß verlassen. Sie finden dann keine Lehrstelle. Der CDU-Politiker fordert daher ein Umdenken in der Ausbildungspolitik. Bei der Schaffung neuer Ausbildungsgänge müsse man auch an jene Jugendlichen denken. "Das muß doch in einer arbeitsteiligen Gesellschaft möglich sein."
    Einst selbst am Schlagbaß in einer Band, ist Dietrich Thiede auch heute noch ein begeisterter Jazz- Hörer. Für den Besuch von Konzerten bleibt allerdings kaum Zeit. Denn neben der parlamentarischen Tätigkeit im Landtag und Kreistag widmet sich der CDU-Kreisvorsitzende auch den neun Ortsverbänden seiner Partei. So bleibt schließlich meist nur die Gartenarbeit als willkommener Ausgleich zu einer terminprallen Woche.
    Jochen Jurettko

    ID: LI971750

  • Porträt der Woche: Michael Breuer (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 15 - 08.10.1997

    Der Abgeordnete Breuer gehört zu der stattlichen Schar jüngerer Politiker in der CDU, die noch längst keine "40" auf dem Buckel haben, aber dennoch unübersehbar in die Verantwortung drängen. Michael Breuer (den zweiten Vornamen Thomas führt er zwecks Unterscheidung vom Vater, der ebenfalls Michael heißt) ist erst 31 Jahre alt. Er machte Abitur, als Helmut Kohl schon drei Jahre Bundeskanzler war und 22 Jahre an der Spitze der CDU Deutschlands stand. Wiewohl Breuer dem imaginären Kohl-Fanclub nicht angehört, spricht er doch voller Respekt über die politische Statur des Pfälzers. Breuer teilt dazu Kohls Optimismus, was einen erneuten Sieg bei der Bundestagswahl am 27. September kommenden Jahres angeht. Der Kanzler werde es wieder schaffen, wie schon so oft in der Vergangenheit. Breuer hat Kohl auf Deutschland-Tagen der Jungen Union und bei zahlreichen CDU-Bundesparteikongressen erlebt. Das sei schon eine beeindruckende Persönlichkeit, sagt der junge Landtagsabgeordnete aus dem Erftkreis.
    Als Vorbild betrachtet er Kohl nicht. Schon gar nicht möchte er Politik derart wie Kohl zum Lebensinhalt von jungen Jahren an werden lassen. Überhaupt: Das Wort "Vorbild" erscheint dem studierten Volkswirt, der in Bonn beim späteren Nobelpreisträger Reinhard Selten Examen gemacht hat, in Bezug auf jede denkbare andere Person als zu hoch gegriffen.
    Michael Breuer kommt vom Dorf, genauer aus Ahrem bei Lechenich, das wiederum zu Erftstadt gehört. Zuhause wuchs er zusammen mit drei Schwestern, zwei älteren und einer jüngeren auf. Der Vater ist Rheinländer, die Mutter stammt aus Oberschlesien. Politik, besonders Kommunalpolitik war im Haus von Stadtrat Breuer senior Gesprächsstoff. Das junge Leben von Breuer junior verlief in bürgerlich-geordneten Bahnen. Aktiver Fußballer bei Rot-Weiß Ahrem, Meßdiener, regelmäßiger Kirchgang, Gymnasiast in Lechenich, Eintritt in die Junge Union als Abiturient 1985, wenig später Mitgliedschaft in der CDU.
    Mit 20 Jahren gab Breuer das Fußballspielen auf, heute schaut er gelegentlich bei Heimspielen von Borussia Mönchengladbach, seinem rheinischen Lieblingsverein, zu. Die freie Zeit ist knapp geworden. Das Bücherlesen beschränkt sich beinahe auf die Ferien. Jogging als Ausgleichs- Aktivität zu der vielen Schreibtischarbeit kommt auch nur an den Wochenenden vor. "Ja", sinniert der Politiker im Gespräch, "wenn man so darüber redet, stellt man fest, wie wenig Hobbys einem geblieben sind." Breuer wird dabei nicht melancholisch, er ist ein eher lockerer Typ, wie das heute heißt, ein positiv Denkender, kein Grübler.
    Im Landtag, dem Breuer seit 1995 angehört, wurde er gleich zu Beginn mit Arbeit gut versorgt. Er gehört den Ausschüssen für Haushaltskontrolle, für Wissenschaft und Forschung, für die Verwaltungs-Strukturreform sowie als stellvertretendes Mitglied dem Haushalts- und Finanzausschuß an. Besonders die älteren Kollegen seien zu Anfang sehr hilfsbereit gewesen. Der Wirtschaftsfachmann ist klug genug, nicht erkennen zu lassen, wie ihn der oft fehlende ökonomische Sachverstand im Parlament irritiert. Er weicht der entsprechenden Frage aus mit dem Hinweis, es sei schade, wie wenig klar den Leuten generell die Konsequen von Haushalts- und Finanzpolitik seien. Er bemühe sich, die komplexen Sachverhalte so einfach wie möglich darzustellen. Breuer, der eine Ader für wissenschaftliches Arbeiten in seinem Fach hat (er war zweieinhalb Jahre am Institut für Mittelstandsforschung tätig) arbeitet seit 1993 auf Stundenbasis für eine Kölner Wirtschaftsberatungs-Gesellschaft. Er kann sich gut vorstellen, einmal ein Unternehmen zu leiten oder gar ein solches zu gründen. Dann wäre allerdings Schluß mit der Politik. In Kampflaune gerät der CDU-Mann, wenn er über die nötige Verwaltungs-Strukturreform und diejenigen, die dabei auf der Bremse stehen, spricht. "Wir sind in den Behörden noch Kilometer weit weg von der Dienstleistungsgesellschaft; haben Sie schon einmal versucht, nach 17 Uhr in einem Amt auch nur eine Nachricht zu hinterlassen?"
    Breuer ist Optimist genug, seiner Partei in NRW eine bessere Zukunft vorauszusagen. Man müsse nur die riesigen Defizite der Landesregierung glasklar herausstellen. Fleißarbeit und eine konsequente Oppositionspolitik seien nötig. "Schauen Sie sich die niedrige Investitionsquote in NRW an, das ist doch erschreckend. Schauen Sie sich die Vorbehalte gegen Gen- und Biotechnologie bei Rot/Grün an." Ein klares Bekenntnis zum Euro ist für den Politiker und Volkswirt selbstverständlich. Natürlich zeigt er sich schlüssigen ökonomischen Argumenten, etwa des Bundesbankpräsidenten und anderer Fachleute gegenüber aufgeschlossen. Indes: Wichtiger als alle wirtschaftswissenschaftlichen Einwände ist ihm die politische Bedeutung der europäischen Union, "dem entscheidenden Thema meiner Generation", wie Breuer formuliert. Der Euro müsse kommen. Es fehlte nicht viel, und er hätte wohl ein Kohl'sches "Punkt, Aus, Feierabend" hinzugefügt.
    Der Abgeordnete kritisiert Politiker, die es nicht fertigbringen, den Menschen überzeugend die Vorteile der europäischen Währung zu erklären. Es fehle an Aufklärung über den Euro.
    Der 31jährige Erftstädter ist verheiratet und noch kinderlos, wie er erzählt. Der Freundeskreis ist nicht CDU-lastig. Anders als vielen seiner Mitmenschen liegt Breuer nicht sonderlich viel daran, zu verreisen. "Einmal Urlaub im Jahr — das ist mir eigentlich genug, aber ich vermisse auch nichts, wenn ich mal ein oder zwei Jahre lang keine Urlaubsreise gemacht habe."
    Reinhold Michels

    ID: LI971548

  • Porträt der Woche: Bernard Tenhumberg (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 13 - 16.09.1997

    Wer wie Bernhard Tenhumberg (CDU) nur wenige Kilometer von der holländischen Grenze entfernt in Vreden (Kreis Borken) zuhause ist, hat sehr konkrete Erfahrungen mit Europa. Da kann seine Aussage kaum verwundern: "Was wir hier im Landtag darüber sprechen, ist ein bißchen weit weg von der Realität." Aus der Nähe stellten sich die Vorteile und die Nachteile ganz anders dar. Da schwingt Kritik mit am Landtagsausschuß für Europapolitik und Entwicklungszusammenarbeit, dem er nicht angehört.
    Der 41jährige aus dem Westmünsterland ist bereit zur Konkretisierung. So führe die Grenznähe zur Wettbewerbsverzerrung etwa im Landschafts- und Straßenbau, die in dem Grenzkreis mittlerweile nahezu alle Unternehmen dieser Branche vom Markt habe verschwinden lassen. Dafür nennt er einige ursächliche Beispiele: Während ein niederländischer LKW 50 Tonnen laden darf, beträgt die Höchstbelastung eines deutschen Lastwagens gleichen Typs nur 40 Tonnen. Alter Straßenteer muß in Deutschland in geschlossenen Hallen entsorgt werden, während die holländische Firma auch das deutsche Altmaterial in der freien Fläche in den Niederlanden entsorgen darf, was zu einem deutlichen Wettbewerbsvorteil führt.
    Im Euregiorat, in dem Tenhumberg auch mitarbeitet, befasse man sich mit solchen alltäglichen Problemen, Lösungsansätze seien aber dort ebenso wie in der Landespolitik nicht erkennbar. Dies sei kein Problem mangelnder Annäherung in der Gesetzgebung der EU-Staaten, meint Tenhumberg, sondern der Umsetzung gesetzlicher Vorschriften. Auf deutscher Seite würden die europäischen Empfehlungen meistens mit sofortiger Wirksamkeit in nationales Recht umgesetzt. Auf holländischer Seite werde die Umsetzung dagegen erst nach einer mehrjährigen Übergangsfrist wirksam.
    Dazu nennt er ein Beispiel aus der Kälbermast, die in der münsterländischen Agrarregion eine wichtige Rolle spielt. Eine EU-Richtlinie schreibt aus Tierschutzgründen größere Kälberboxen vor, was die Kälbermast verteuert. In Deutschland ist dies bereits seit 1996 in Kraft, in den Niederlanden erst ab 2004. So haben die deutschen Mäster ihre kleinen Boxen nach Holland verkauft und auf diese Weise dazu beigetragen, daß dort noch acht Jahre lang preisgünstiger gemästet werden kann. Tenhumberg: "Es darf nicht sein, daß die Umsetzungen zeitversetzt erfolgen." Hier sieht er eine Aufgabe der Landesregierung, über den Bundesrat auf die Beseitigung solcher Mißstände hinzuwirken.
    Nach seiner erstmaligen Wahl in den Landtag vor zwei Jahren ist Tenhumberg wunschgemäß von seiner Fraktion in den Wirtschaftsausschuß entsandt worden. Sein Schwerpunkt ist dort das Thema Risikokapitalgesellschaft, durchaus naheliegend für den ehemaligen Leiter der Kreditabteilung einer Genossenschaftsbank. Mittlerweile bestehe Konsens zwischen allen Fraktionen im Landtag, eine solche Risikokapitalgesellschaft ins Leben zu rufen. Damit könne auf der einen Seite dem Eigenkapitalmangel vieler Unternehmen in NRW entgegengewirkt und auf der anderen die "Selbständigenlücke" in NRW verkleinert werden.
    Im selben Atemzug beklagt Tenhumberg als typisch für Nordrhein-Westfalen eine Benachteiligung des ländlichen Raums gegenüber den Ballungszentren und der kleinen Unternehmen gegenüber den großen Konzernen: "Für große Unternehmen ist es unproblematisch, innerhalb von wenigen Wochen vom Land in dreistelliger Höhe Millionenbeträge zu erhalten. Aber wenn ein kleines Unternehmen auf dem platten Land ein zinsgünstiges Darlehen von 100000 Mark aus dem Gründungs- und Wachstumsprogramm haben will, dann dauert das ewig lange oder wird gar abgelehnt, wie es erst kürzlich wieder von der Investitionsbank des Landes praktiziert worden ist."
    Neben seinem Schwerpunkt Wirtschaftspolitik ist Tenhumberg seit dem vergangen Jahr auch Mitglied im Landtagsausschuß für Kinder, Jugend und Familie. Hier hält er sich für einen geborenen Fachmann, denn schließlich stammt er aus einer kinderreichen Familie — er hat sechs Brüder, selbst ist er der älteste. Alle Brüder haben wieder Söhne, nur er selbst hat neben einem Sohn auch eine Tochter. In diesem Ausschuß sind die Kindergartenpolitik und Scientology-Fragen seine Arbeitsgebiete. Außer in der Landespolitik ist Tenhumberg auch in der Kommunalpolitik aktiv, seit 13 Jahren gehört er dem Rat der Stadt Vreden an, wo er seit 1994 Vorsitzender der CDU-Fraktion ist. Nach seiner Wahl in den Landtag hat er bei seiner Bank gekündigt, da der Einsatz auf Landes- und Kommunalebene einen Zwölf- Stunden-Tag ausfülle. In seiner Freizeit arbeitet er gern im Garten, nur selten betätigt er sich noch als Münzensammler.
    Ludger Audick

    ID: LI971344

  • Porträt der Woche: Heinz-Helmich van Schewick (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 11 - 01.07.1997

    Seine Wiege stand im thüringischen Sonneberg, und es war das Kriegsjahr 1940. Knapp fünf Jahre später floh Heinz-Helmich van Schewicks Mutter mit den beiden Söhnen vor der anstürmenden sowjetischen Armee zunächst nach Höxter, später fanden sie im niederrheinischen Goch eine Bleibe. Wie viele Flüchtlinge in jenen Jahren lebten sie in Baracken, "und ich lief in geschenkter Kleidung herum", erinnert sich der heutige CDU-Landtagsabgeordnete aus Bonn. Diese Zeit habe ihn nach eigenem Bekunden sehr geprägt.
    Bergauf ging es, als der Vater aus der Kriegsgefangenschaft zurückkehrte und er später als Astronom an die Bonner Universität berufen wurde. Heinz-Helmich van Schewick besuchte das Aloysius-Kolleg der Jesuiten in Bad Godesberg, und unmittelbar nach dem Abitur absolvierte er den Wehrdienst. Während seines Studiums in Psychologie und Kunstgeschichte in Bonn und Köln nahm er an mehreren Wehrübungen teil und brachte es inzwischen zum Oberstleutnant der Reserve.
    Die Psychologie hatte es dem Bonner Studenten angetan, weil "meine Kontaktfreude es mir ermöglicht, mich mit dem Gesprächspartner zu identifizieren". Der gebürtige Thüringer studierte bei damals namhaften Psychologen, und sogleich nach dem Diplom-Examen wurde er in die Bonner Zweigstelle des Nürnberger Instituts für Marktforschung berufen, das der bekannte Sozialpsychologe Professor Bergler leitete. Nach etlichen Jahren erfolgreichen Wirkens gründete der Parlamentarier eine eigene psychologische Praxis in Bonn.
    Vom Elternhaus geprägt, trat Heinz-Helmich van Schewick 1964 in die CDU ein, nachdem er zuvor schon lange ihrer Nachwuchsorganisation, der Jungen Union, angehörte. Heute ist er Vorsitzender des Ortsverbandes Bonn-Nord. Bereits seit 1975 Mitglied des Bonner Stadtrates, liegen die Schwerpunkte seiner kommunalen Tätigkeit in den Bereichen Sport und Kultur.
    Das ist kein Zufall, ist der Abgeordnete doch seit jungen Jahren ein begeisterter Fußballer und spielte mehrere Jahre in der Jugendmannschaft des SC Bonn und war später ihr Betreuer. 13 Jahre lang, bis 1995, leitete er als Vorsitzender diesen bekannten Sportverein. Die "Nähe" zum runden Leder aber sucht der Christdemokrat nach wie vor: Er gehört dem Fußballverein des Landtages an.
    Als Heinz-Helmich van Schewick 1985 zum ersten Mal ins Düsseldorfer Landesparlament zog, berief ihn seine Fraktion in den Sport- sowie den Haushalts- und Finanzausschuß. Heute gehört er neben dem Sport- auch dem Verkehrsausschuß an. Für den Abgeordneten hat der Sport einen hohen sozialen Wert, weil er, ähnlich wie die Kirchen, den Menschen zur Achtung und Verantwortung gegenüber dem Nächsten verpflichte. Sein Engagement gilt daher den Vereinen, die in ihrer gesellschaftspolitischen Aufgabe unterstützt werden sollten.
    Im Verkehrsausschuß tritt der Parlamentarier für eine größere Mobilität auch unter umweltverträglichen Gesichtspunkten ein. Aktuell plädiert er für den Ausbau der ICE-Strecken und günstige Verbindungen zwischen den beiden Flughäfen Düsseldorf und Köln. Entspannung von Beruf und Politik findet der Psychologe in der Musik. Der Radius seines Interesses ist groß: von der klassischen Musik, von Beethoven und Schubert bis zum Rocksänger Joe Cocker. Und wer zufällig einem Radler in dunklem Anzug begegnet, der zu irgendeiner Feierlichkeit strebt, es könnte Heinz-Helmich van Schewick sein...
    Jochen Jurretko

    ID: LI971171

  • Porträt der Woche: Christian Michael Weisbrich (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 10 - 18.06.1997

    Für den Abgeordneten Christian Michael Weisbrich wird es keine zweite Legislaturperiode im Düsseldorfer Landtag geben. 1999 will er direkt gewählter Landrat des Kreises Viersen werden. Das kommunalpolitische Hemd sei ihm näher als der landespolitische Rock, sagt der CDU-Politiker. Wer sich mit ihm länger über Politik und Wirtschaft unterhalten will, kann eigentlich nur bedauern, daß dem Landesparlament ein vielseitiger Fachmann verlorengehen wird. Weisbrich gehört zu der immer selteneren Spezies von Abgeordneten, die praktische Erfahrungen in der privaten Wirtschaft gesammelt haben, die Verwaltungserfahrung besitzen und in Stadt und Land bewiesen haben, daß sie politische Köpfe sind.
    Weisbrich spricht von sich selbst als einem Exoten. Nach dem Studium der Betriebswirtschaftslehre und des Wirtschaftsingenieurwesens in Frankfurt/Main und Darmstadt arbeitete der gebürtige Oberscb/esier (Jahrgang 1942) zunächst in einem Einzelhandelsbetrieb, sodann in der Bauindustrie.
    Der in Mittelhessen Aufgewachsene bewarb sich später mit Erfolg um eine Stelle bei der Stadtentwicklungsgesellschaft im niaderrheinischen Nettetal. Später war Weisbrich, der sich inzwischen am Niederrhein zu Hause fühlt, acht Jahre lang Stadtdirektor von Nettetal. Erneut wechselte er in die Privatwirtschaft: diesmal als Geschäftsführer eines heimischen Familienunternehmens der Stahlbranche.
    Der Mann kann vergleichen: Die Entscheidungswege seien in der öffentlichen Verwaltung tatsächlich ungleich komplizierter und langsamer als bei Privatfirmen. Am schlimmsten sei nach seiner Erfahrung die Bürokratie auf Landesebene. Weisbrich: "Völlig überdimensioniert, die schmoren zum Teil im eigenen Saft." Den ansonsten ruhig argumentierenden Abgeordneten bringt es schier auf die Palme, wenn er als stellvertretender Vorsitzender des Landtags-Ausschusses für Verwaltungs-Strukturreform miterleben muß, daß man auf der Stelle tritt.
    Auf selten der Landesregierung sei niemand ernsthaft daran interessiert, die Verwaltung wirklich zu reformieren. Weisbrichs bittere Bilanz hat auch einen Namen: Johannes Rau. Aus Gründen der politischen Opportunität wolle der Ministerpräsident keine effiziente Organisation der Landesverwaltung, keine Verminderung der Ministerien. Insofern lasse sich über die bisherige Arbeit im Verwaltungsstruktur-Reform-Ausschuß sagen: Außer Syesen nichts gewesen. Säbe es in der Kasse eines Privatunternehmens so aus wie in derjenigen des Landes, würde alles auf den Prüfstand gestellt, damit Kosten und Leistungen wieder in ein ausgewogenes Verhältnis gerieten. Im Land passiere aber überhaupt nichts. Ihm fehle jedes Verständnis dafür, daß beispielsweise nach einem Gutachten ein Drittel der Stellen in der Hochbauverwaltung eingespart werden könnten, daß aber der zuständige Landesminister darauf keine Rücksicht nehme.
    Weisbrich spricht nicht wie der Blinde von der Farbe. Als Firmen-Leiter mußte er seinerzeit betriebsbedingte Kündigungen aussprechen. Das sei seine bitterste berufliche Erfahrung bislang gewesen, als wegen der internationalen "Stahl-Subventionitis" der heimische Stahl-Familienbetrieb einen Standort mit 200 Mitarbeitern aufgeben mußte. Mit großer Sorge blickt Weisbrich in die finanzielle Zukunft des Landes NRW. Heule müsse das Land für 100 000 Pensionäre 5,5 Milliarden Mark bezahlen. In nur achtzehn Jahren würden bereits 225 000 Versorgungsempfänger mit 12,5 Milliarden Mark zu bezahlen sein. Das sei nicht zu schultern, dann fliege der Landeshaushalt in die Luft.
    Weisbrich fordert mutige Sparanstrengungen der politisch Verantwortlichen; "Kluge und Dumme — beide tun sie am Ende das gleiche, nur, der Kluge tut's zur rechten Zeit." Der Politiker vom Niederrhein scheut sich nicht, ziemlich klar zur Steinkohle-Subventionierung Stellung zu beziehen. Er schätze Wirtschaftsminister Clement als Fachmann, aber was sich dieser Mann im März an Aufwiegelung der Bergleute geleistet habe, gehe auf keine Kuhhaut. NRW habe den Strukturwandel systematisch verschlafen. Weisbrich: "Aus Sicht sozialdemokratischer Klientelpolitik fand man es über Jahrzehnte hinweg bequem, den Strukturwandel langsam zu betreiben." Er kenne im übrigen den Verdruß der übrigen Landesteile darüber, wie Milliarden-Beträge an Subventionen ins Ruhrgebiet flössen. Weisbrich: "Selbstverständlich darf es jetzt keinen ganz scharfen Bruch geben, aber, daß dieser Unfug aufhören muß, ist für mich sonnenklar." Japan sei aus Kostengründen aus dem Steinkohle-Bergbau ausgestiegen, habe sich statt dessen an australischen Gruben beteiligt. Weisbrich: "Die ganze Argumentation vom sogenannten Referenzbergbau — alles an den Haaren herbeigezogen." Hier werde kurzsichtige Politik betrieben, statt den Kumpel in die Augen zu schauen und ihnen zu sagen: "Freunde, es geht nicht mehr so weiter, wie wir Euch das gesagt haben." Nun müsse man es hinkriegen, pro Jahr eine Zeche stillzulegen, der Winkel des Sinkfluges sollte abgeflacht werden. Aber: "Die Stunde der Wahrheit kommt." Weisbrich erzählt, wie er den gnadenlosen Anpassungsprozeß in der Stahlindustrie miterlebt habe. Da habe es zwar einige öffentliche Sozialplanmittel gegeben, aber nichts im Vergleich zu den Kohlesubventionen." Subventionen seien am Ende Teufelszeug, weil die Menschen sich in falscher Sicherheit wögen, meint Weisbrich.
    Der Abgeordnete aus dem Kreis Viersen ist verheiratet und hat einen Sohn, der in Aachen Maschinenbau studiert. Vater Weisbrich war früher ein begeisterter Fußballspieler, danach zog es ihn zum Wettkampf-Tennis. Mit den Jahren kam das Interesse am Golfspielen. "Handicap 27 — nichts besonderes", sagt er. Schmunzelnd fügt der Hobbygolfer hinzu: "Wer heute beruflich stark in Anspruch genommen wird und ein Handicap unter 20 hat, mit dessen Arbeitseinsatz kann etwas nicht stimmen."
    Weisbrich respektiert das von bösen Tricks freie Verhältnis zwischen CDU-Oppositionsführer Helmut Linssen und dem CDU-Landesvorsitzenden Norbert Blüm. Er habe es sehr geschätzt, daß der eine nichts Böses über den anderen gesagt habe, als es um Blüms erneute Kandidatur für den Parteivorsitz gegangen sei. Weisbrich läßt keinen Zweifel daran aufkommen, daß er es politisch für besser gehalten hätte, wenn Linssen gewählt worden wäre. Dieser habe aber nun einmal Blüm versprochen, aus Loyalität nicht gegen ihn zu kandidieren. Weisbrich zollt Respekt: "In der Politik gibt es zuwenig Menschen, die fair miteinander umgehen."
    Reinhard Michels


    ID: LI971070

  • Porträt der Woche: Rudolf Henke (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 6 - 21.04.1997

    Mit dem Einzug von Rudolf Henke in den Düsseldorfer Landtag wurde 1995 die zwanzig Jahre währende "arztfreie Zone" beendet. Zweifellos ein lang andauernder Mangel, denn das Land ist für viele Fragen der Gesundheitspolitik zuständig. Der Aachener CDU-Abgeordnete und Internist am St. Antonius-Hospital in Eschweiler bringt denn auch seine tägliche Erfahrung und sein Fachwissen in die parlamentarischen Entscheidungsgremien ein. Der gebürtige Dürener, Jahrgang 1954, sammelte bereits als Medizinstudent an der RWTH Aachen die ersten politischen Erfahrungen. So vertrat er die TH-Studierenden zahlreiche Jahre im Studentenparlament und war eine Zeitlang dessen Präsident. Als stellvertretender Vorsitzender der Europäischen Demokratischen Studenten (EDS) war Rudolf Henke auch für die Belange der Studierenden auf europäischer Ebene tätig.
    Zunächst als Assistenz- und seit 1988 als Oberarzt der Klinik für Hämatologie/Onkologie am Eschweiler Hospital tätig, engagierte sich der Aachener in der betrieblichen Mitarbeitervertretung. Die Anerkennung seiner Berufskollegen fand in der Wahl zum zweiten Bundesvorsitzenden der im Marburger Bund organisierten Krankenhausärzte sowie zum NRW-Landesvorsitzenden ihren Niederschlag. Jüngst wurde er auch in den Vorstand der Bundesärztekammer berufen.
    Waren seine vielfältigen Aktivitäten zunächst auf die berufspolitische Ebene konzentriert, so entschloß sich Rudolf Henke dann 1992, einer Partei beizutreten, der CDU. "Ich wollte der allgemeinen Politikverdrossenheit entgegentreten und auch nicht tatenlos dem Treiben rechter und linker Extremisten zusehen." Schließlich habe unsere Demokratie nur mit engagierten Bürgern und Parteien eine Zukunft. Bereits knapp drei Jahre später kandidierte der Christdemokrat für den Landtag und eroberte den Wahlkreis Aachen II nach zehn Jahren wieder für seine Partei zurück. Die Fraktion berief den Mediziner in den Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie in den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung. Parlamentsgremien also, wo er Erfahrungen und Fachwissen am besten einbringen kann. Und Probleme, die nach Lösungen drängen, gibt es genügend: Da sind die Auswirkungen der Gesundheitsstrukturreform, die Bedarfsplanung der Krankenhäuser, die Umsetzung der Pflegeversicherung, die Neustrukturierung der Universitätskliniken und nicht zuletzt die Drogenpolitik.
    Aber auch sogenannte Randgruppen der Gesellschaft beschäftigen den Aachener: "Ein großer Teil der Obdachlosen ist medizinisch unversorgt." Da diese Menschen aber den Weg zum Arzt scheuten, "müssen wir zu den Leuten auf die Platte oder in deren Unterkünfte gehen". In zahlreichen Diskussionen und Vorträgen fordert der Christdemokrat eine neue Grundsatzdebatte zur Frage der Eigenverantwortung des einzelnen Bürgers und wann er die Solidarität der Gesellschaft brauche.
    Als direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises 2 fühlte sich Rudolf Henke verpflichtet, neben seinen Fachbereichen auch allgemeine Themen aufzugreifen, die die Aachener Bürger beschäftigen: beispielsweise Schulen und Verkehr. Angesichts des großen Betätigungsradius hat der Vater von vier Töchtern zwischen drei und elf Jahren für seine beiden Hobbys kaum noch Zeit, die da sind gute Spielfilme sehen und Kochen.
    Jochen Jurettko

    ID: LI970636

  • Porträt der Woche: Dr. Heinz-Jörg Eckhold (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 2 - 04.02.1997

    Heinz-Jörg Eckhold ist vor 55 Jahren in Oberhausen geboren worden. In Oberhausen fühlt er sich auch heute noch zu Hause. Seit langem ist er dort politisch aktiv. Der CDU-Fraktionschef im Rat von Oberhausen hat vor zwanzig Jahren einmal für den Bundestag kandidiert. Dem schließlich siegreichen SPD-Gegenkandidaten hatte er immerhin rund 6 000 Stimmen abnehmen können. Aber mehr als 34,5 Prozent waren für den Christdemokraten Eckhold nicht drin in der sozialdemokratischen Hochburg.
    Vielleicht erinnert sich der Mittfünfziger auch deshalb mit Bewunderung an Martin Heix, den Parteifreund, der bis 1962 stets den Oberhausener Wahlkreis gegen die SPD zu behaupten vermocht hatte.
    Unions-Politiker wie den früheren NRW-Ministerpräsidenten Karl Arnold oder Norbert Blüm nennt Eckhold, wenn man ihn nach politischen Leitbildern fragt. Blüm habe den Landesverband zusammengeführt. Eckhold will den Landesvorsitzenden der CDU deshalb so lange stützen, wie Blüm kandidiert.
    Eckhold war nach eigenem Bekunden immer ein Mann der CDU-Sozialausschüsse CDA; den Anliegen der Arbeitnehmer fühlt er sich verbunden. Gegen einzelne Sparbeschlüsse der Bundesregierung Kohl hat Eckhold gemeinsam mit anderen beim Kanzler schriftlich Bedenken angemeldet. "Aber", räumt er ein, "es gibt auch Solidarität in einer Partei, die man mit der Faust in der Tasche einbringen muß."
    Eckhold, Sohn aus einer einfachen Familie mit fünf Kindern, deren Vater in Oberhausen als Heimat- und Arbeiterdichter bekannt war, trat 1958 als damals noch nicht Volljähriger in die CDU ein. Das Elternhaus war sehr religiös, der Vater ein aktiver Kolpingmann. Mit siebzehn Jahren ging Sohn Heinz-Jörg zusammen mit dem Vater zur Kolping-Familie. Der junge Eckhold faßte einen Doppelbeschluß: Kolping-Mitgliedschaft plus CDU-Beitritt. Heinz-Jörg Eckhold war der erste in der Familie mit Parteibuch. Die Entscheidung, aktiv Politik zu machen, war folgerichtig. Eckhold erzählt, er habe sich für politische Nachrichten und Fragen schon im frühen Schüleralter interessiert. Er erinnert sich: "Mit neun habe ich die Meldungen über den Korea-Krieg verfolgt."
    Beruflich ist der Oberhausener nicht den geraden Weg gegangen. Nach der Volksschule folgte zunächst eine Lehre als Maschinenschlosser. Schon bald merkte der geistig Interessierte, daß dies nicht sein Beruf werden würde. Er wollte studieren, lernte weiter bis zum Abitur und belegte an der Universität schließlich die Fächer Germanistik, Geschichte und katholische Religion mit dem Ziel, Lehrer zu werden. Kurz habe er einmal daran gedacht, Priester zu werden, aber — er schmunzelt vielsagend — "dann habe ich ein junges Mädchen kennengelernt — meine heutige Frau."
    Die Bindung an Kirche und Religion blieb stark. Sie half Heinz-Jörg Eckhold sehr, nachdem die ehemals vierköpfige Familie ein furchtbarer Schicksalsschlag getroffen hatte. Acht Jahre lang unterrichtet Eckhold an einer Gesamtschule. Er sei einer der ersten Parteifreunde gewesen, die Heinrich Köppler über Gesamtschule aufgeklärt hätte, berichtet der Abgeordnete. Als Regelschule favorisiere er die Gesamtschule nicht, immerhin habe sie jedoch bewirkt, daß die Blasiertheit und Borniertheit mancher Gymnasien gebrochen werden konnte.
    Im Bundestagswahlkampf 1976 wurde dem Gesamtschullehrer immer wieder, vor allem beim Stichwort Berufsverbote seine CDU-Mitgliedschaft vorgeworfen, allerdings nicht von den Schülern, mit denen sei er gut ausgekommen. 150 von ihnen hätten gar der Schüler- Union angehört. "Kommunisten-Hasser" sei er beschimpft worden, dabei könne er gar nicht hassen.
    Nach den Jahren als Schullehrer wechselte Eckhold zum Bistum Essen, in die Erwachsenenbildung. Mit Ftuhrbischof Hengsbach arbeitete er eng zusammen. 1987 oblag es Eckhold, den Besuch des Papstes im Bistum vorzubereiten. Später leitete er das Bildungswerk des Bistums, die Akademie Wolfsburg. Für den Fall des Rückzugs aus dem Landtag steht für ihn ein Schreibtisch im Institut für soziale Bildung des Bistums Essen.
    Eckhold bedauert, daß er als erfahrener Kommunalpolitiker nicht im kommunalpolitischen Ausschuß des Parlaments wirken kann. Dafür ist er einer von zwei Männern im frauenpolitischen Ausschuß. "Ich bin ein Alibi-Mann in diesem netten Ausschuß", lacht er verschmitzt. Die Landtagsdebatten kommen ihm oft zu taktisch und vordergründig vor. Kritisch sieht er, daß man als Opposition kaum mitgestalten kann.
    Als mögliche Koalitionspartner der CDU will Eckhold die GRÜNEN nicht ganz ausschließen: "Bei denen gibt es Leute, mit denen sich zusammenarbeiten ließe." Als Politiker müsse man warten lernen. "Wir von der CDU müssen aber schon sehr lange warten." Man meint bei diesem Satz einen Seufzer zu hören. Was die Freizeitbeschäftigung betrifft, fällt Heinz-Jörg Eckhold nicht aus dem üblichen Rahmen: Lesen, meist Sachbücher, im Urlaub auch Romane, und möglichst einmal pro Woche eine Verabredung zum Tennis.
    Reinhold Michels

    ID: LI970260

  • Porträt der Woche: Wilhelm Droste (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 20 - 19.11.1996

    "Ich möchte dafür sorgen, daß unsere Region auf Landesebene wieder die Bedeutung erhält, die sie für uns selbst hat. Als unser Lebensraum. Als unsere Heimat." Mit diesen Worten warb Wilhelm Droste im Mai 1995 um das Vertrauen der Bürger in seinem Wahlkreis Ratingen und Heiligenhaus. Über die Landesreserveliste zog der 35jährige Christdemokrat dann in den Landtag ein und kann dort sein Versprechen als "Anwalt der Region" realisieren.
    Rund um die Uhr ist der Notarassessor im Einsatz, um den "Menschen da zu helfen, wo der Schuh drückt". Obwohl er ein Vollblutpolitiker mit vielen Ämtern ist, hat er seinen Beruf nicht an den Nagel gehängt. "Ich halte ihn auch für unverzichtbar. Denn Politik darf nie eine Existenzfrage sein", sagt der gebürtige Ratinger. "Es ist bedenklich, wenn jemand direkt vom Hörsaal in den Plenarsaal fällt. Man muß die berufliche Praxis kennenlernen, um die Probleme der Bürger erkennen und lösen zu können. Vor allen Dingen sollte ein Politiker finanziell unabhängig sein." Zum Glück ließ sich das politische Engagement Drostes mit den Interessen seines Arbeitgebers verbinden.
    Auf der anderen Seite warnt Wilhelm Droste davor, sich zu verzetteln. Kann ihm das aufgrund seiner Fülle von Posten nicht auch passieren? "Zunächst einmal steht für mich die Aufgabe im Vordergrund, nicht mein Amt", betont der Abgeordnete, der seit 1978 Mitglied der CDU ist. Als einziger Unionsabgeordneter aus dem Kreis Mettmann hat er im Landtag eine nicht leichte Aufgabe zu lösen. Denn natürlich wird ihm aus seinem Kreis einiges mit auf den Weg gegeben: Schließlich sitzt Droste seit 1989 auch im Mettmanner Kreistag. Getreu seiner heimatverbundenen Devise vertritt er auch in erster Linie die Anliegen seines Wahlkreises.
    Dazu zählt unter anderem der Einsatz für "sinnvolle Straßenbaumaßnahmen, die schon seit Jahren blockiert werden". So bezeichnet Wilhelm Droste den Lückenschluß der A 44 als längst überfällig. Er würde Ortsteile von Ratingen und auch Heiligenhaus entlasten und sei zudem lebenswichtig für die örtliche Wirtschaft. Für alle Konflikte im Zusammenhang mit Straßen oder Flughäfen gilt für den Eishockeyfan: Ein vernünftiger Ausgleich muß her, der die Bedürfnisse der Menschen und deren Gesundheit ebenso berücksichtigt wie die Belange der Wirtschaft.
    Eine Absage erteilt der Rechtsanwalt, dessen Vater schon Landtagsabgeordneter war, all denen, die sich aus Politikverdrossenheit immer mehr zurückziehen. "Politik lebt von Menschen und Ideen. Was kann ich als einzelner für den Staat tun, muß das Prinzip sein und nicht umgekehrt. Privatinitiativen und der Austausch von Einfällen — das gilt auch für die Kommunen — sind heute mehr denn je gefragt."
    Eine große Chance sieht Wilhelm Droste deshalb auch in der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung, auf die auch das Ifo-Gutachten abzielt. "Ein Stadtteil weiß besser, wo Gelder eingesetzt werden müssen", meint der Politiker und rät gleichzeitig, Gesetze zu überprüfen, um ein gutes Stück Bürokratie abzubauen. Im Landtag selbst beklagt Droste, daß in den Ausschüssen meist hitzige Debatten Mangelware seien und Ideen oftmals abgeblockt würden. "Ich wünsche mir mehr überparteiliche Diskussionen, wie sie auch mein Vater erlebt hat. Heute beherrschen zu sehr Distanz und Kühle die Debatten. Es geht zuwenig um die Sache." Droste, der sich bei allem politischen Ehrgeiz als oberstes Gebot für sein Handeln Menschlichkeit gesetzt hat, ist selbst Mitglied im Innen- und Rechtsausschuß sowie im Petitionsausschuß.
    Er, der seinerzeit gegen Lärm- und Abgasbelastung durch den Düsseldorfer Flughafen protestiert hat, folgte der Aufforderung: "Na, dann mach mal (Politik)." Und entschied sich für einen 14-Stunden-Tag und mehr, um etwas zu bewegen. Droste, der unter anderem auch in Los Angeles studiert hat, ist bewußt, daß er als junger Politiker nicht die Welt aus den Angeln heben wird. Aber mit einer Portion Ehrgeiz und viel Beharrlichkeit setzt er sich für die Interessen der Städte ein.
    Andrea C. Grüten
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI962051

  • Porträt der Woche: Josef Wilp (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 19 - 12.11.1996

    Bodenständig und ebenso allen neuen Ideen aufgeschlossen — so sieht sich Josef Wilp, CDU-Landtagsabgeordneter aus dem münsterländischen Rheine. Herkunft und Lebensweg bestimmen diese beiden Wesensmerkmale des gebürtigen Mesumers. Im Elternhaus sei sehr viel politisch diskutiert worden, erinnert sich der heute 58jährige. "Und da gab es oft ganz konträre Meinungen." Dabei lernte er auch schon früh, daß man für seine Überzeugung mitunter hart kämpfen müsse, aber auf persönliche Angriffe verzichten sollte. Der Christdemokrat: "Niemand wird sagen können, mit dem Wilp kann ich kein Glas Bier mehr trinken."
    Aus einem katholischen Elternhaus stammend, war Josef Wilp schon in Jugendjahren in kirchlichen Verbänden aktiv. So war es auch kein Zufall, daß er nach dem Abitur neben Pädagogik auch Theologie und Sozialwissenschaften studierte. Als seine großen Vorbilder nennt er die Theologen Karl Rahner, Josef Pieper und auch Joseph Höffner. Das Studium für das Lehramt an Volks- und Realschulen schloß der Pädagoge ferner mit dem Diplom für christliche Sozialwissenschaften ab. Zunächst als Fachleiter für katholische Religionslehre am Bezirksseminar Rheine tätig, wurde er 1983 Rektor einer Hauptschule. Sie leitete er bis zur Übernahme des Landtagsmandates.
    Bereits als 26jähriger trat Josef Wilp der CDU bei, und er ist seit vielen Jahren Mitglied des Kreisvorstandes Steinfurt seiner Partei. Schon 26 Jahre engagiert sich der Abgeordnete in der Kommunalpolitik, davon gut zwanzig Jahre als Fraktionsvorsitzender im Rheiner Stadtrat. Seine sehr unterschiedlichen sachpolitischen Schwerpunkte sind die Finanzen, die Schulpolitik und die Wirtschaftsförderung. Im Stadtwerke-Ausschuß bemüht sich der Christdemokrat um einen schonenden Umgang mit den Ressourcen. Der Anbieter Stadtwerke sollte nicht bestrebt sein, möglichst viel Wasser, Strom und Gas zu "verkaufen", sondern er müsse seine Kunden zu einem sparsamen Verbrauch anregen.
    Beim zweiten Versuch, bei den letzten Landtagswahlen 1995, gelang es Josef Wilp, den Wahlkreis 96 (Steinfurt II) wieder für die CDU von den Sozialdemokraten zurückzuerobern. Zuvor war er Ende 1993 über die Reserveliste in das Landesparlament nachgerückt. Die Fraktion berief ihn in den Ausschuß für Kommunalpolitik, den Ausschuß für Kinder, Jugend und Familie sowie in den Petitionsausschuß. Der Kommunalexperte engagierte sich für die Interessen der Gemeinden und Städte, die er beispielsweise durch das Gemeindefinanzierungsgesetz des Landes verletzt sieht. Immer neue finanzielle Lasten würden ihnen aufgebürdet.
    Nicht minder vehement fordert der Münsterländer, daß die Familienpolitik endlich den ihr gebührenden Platz in der Landespolitik erhält. Eine stärkere Förderung der Familie sei um so dringender, weil viele instabil geworden seien. "Die Drei- Generationen-Familie gibt es kaum noch." In diesem Zusammenhang kritisiert er den "Rückzug in Raten" des Landes auch aus der Weiterbildung, einer Säule der Familienförderung. So sei seit 1977 der Landeszuschuß zu den Gesamtausgaben der Weiterbildung von rund 55 auf 20 Prozent im Jahr 1993 gesunken.
    "Weil Ideen es sind, die die Welt verändern", liest Josef Wilp gern historische Bücher. "Ich möchte etwas über die Motive der Handelnden erfahren." Entspannung bietet ihm auch die klassische Musik — nicht allein als Zuhörer, sondern auch als aktiver Geiger. Im Haus der Familie Wilp wird noch musiziert, eine Seltenheit nicht nur unter den 221 Landesparlamentariern.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961950

  • Porträt der Woche: Irmgard Klingbeil (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 17 - 15.10.1996

    Gewachsen ist das politische Engagement der Zahnärztin Dr. Irmgard Klingbeil, als sie bei der Arbeit in den Schulpflegschaften ihrer vier Kinder merkte, daß viele der dort anstehenden Fragen ihre Lösung erst auf anderen Ebenen finden konnten. So ist sie 1977 in die CDU eingetreten. Die Annahme ihres ersten politischen Mandats im Kreistag von Gütersloh im Jahre 1980 hat sie sich aber nicht leichtgemacht. Ihr war bewußt, daß sie danach ihrer Familie nicht mehr so viel Zeit und Kraft widmen könnte, wie zuvor und vor allem ihren Kindern einen höheren Grad an Selbständigkeit abfordern mußte.
    Rasch kamen neue politische Aufgaben in der Familien- und Schulpolitik sowie der Arbeit für Behinderte hinzu. Das führte schließlich zur Wahl von Irmgard Klingbeil zur Aufsichtsratvorsitzenden der "Gemeinnützigen GmbH Werkstatt für Behinderte im Kreis Gütersloh", in der heute 600 Behinderte an mehreren Orten betreut und beschäftigt werden. Neben den Werkstätten bestehen zwei Wohnheime, ein weiteres Wohnheim und eine zusätzliche Werkstatt sind geplant. Zwar erfordern ihre Aufgaben in diesem Amt viel Zeit und Kraft, aber nirgendwo sonst wird die Tätigkeit so aufmerksam registriert und mit dankbarer Zuwendung belohnt. So will sie die Arbeit für Behinderte auch nach ihrer Wahl in den Landtag weiterführen. Mitarbeit unter anderem im "Kinderschutzbund", der "Deutschen Liga für das Kind" und im "Reichsbund der Kriegs- und Zivilbeschädigten" beweisen ihr besonderes Engagement.
    Stellvertretende Landrätin des Kreises Gütersloh war Dr. Irmgard Klingbeil 1988 bis 1994, seit 1988 ist sie Mitglied im Bezirksvorstand der CDU Ostwestfalen- Lippe, 1993 bis 1995 außerdem noch im CDU-Landesvorstand NRW. Zur Wahl in den Landtag meint sie, dahinter habe nicht nachdrückliches eigenes Karrierestreben gestanden, sondern der Wunsch des bisherigen CDU-Abgeordneten Karl-Ernst Strothmann aus Gütersloh nach Ablösung. Immerhin hat sie sich noch gegen zwei Gegenkandidaten durchgesetzt, bis sie von der NRW-CDU als Landtagskandidatin aufgestellt wurde. Die Gütersloher Politikerin hat in den Nachkriegsjahren ein hartes Flüchtlingsschicksal gehabt. Ihre Eltern und zwei Geschwister hatten in Halle/Saale gelebt und kamen nach der Flucht über die damalige innerdeutsche Grenze zusammen in einem einzigen zehn Quadratmeter großen Zimmer unter. Unter schwierigen Bedingungen mußte sie dort die Wissenslücken auffüllen, um den Anschluß an das westdeutsche Gymnasium zu finden. Nach dem Abitur 1955 studierte sie als Werkstudentin Zahnmedizin in Marburg/Lahn, München und Göttingen. Nach zweijähriger Arbeit in einer zahnärztlichen Praxis heiratete sie und legte ihre Doktorprüfung ab. Danach wurde sie Hausfrau: "Ich wollte meine Kinder selbst großziehen."
    Geringschätzung für jene Mütter, die sich vorrangig um Familie und Kinder kümmern, hat Irmgard Klingbeil in der praktischen Umsetzung der Familienpolitik immer wieder gestört. Demgegenüber vermißt sie ein Gegengewicht in der öffentlichen Meinung, das eine Entscheidung für die nach ihrer Meinung für Kinder außerordentlich wichtige Phase des Aufwachsens in der Familie stärker wertet. Dazu würde nach ihrer Ansicht auch eine Erleichterung des Wiedereinstiegs von Frauen in den Beruf gehören, der gegenwärtig oft nicht mehr gelingt. "Da wird sich in den Köpfen noch viel ändern müssen", meint Dr. Irmgard Klingbeil. Viele der jungen Männer freilich hätten jetzt schon eine andere Einstellung und erleichterten ihren Frauen die Beibehaltung der beruflichen Tätigkeit, indem sie sich selbst stärker an Haus- und Familienarbeit beteiligten.
    Bei der Zuweisung der Ausschußmitgliedschaften im NRW-Landtag wurde Dr. Irmgard Klingbeil Mitglied im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung — "eine Fortführung der bisherigen Beschäftigung mit Schulen" — sowie im Ausschuß für Kultur, der nach ihrer Meinung inzwischen sehr notwendige Funktionen zu übernehmen hat. Im Ausschuß für Schule und Weiterbildung sowie im Ausschuß für Frauenpolitik wurde sie Stellvertretendes Mitglied.
    Der Zugang zu vielen auf der kommunalen Ebene nicht verfügbaren Informationen macht für die CDU-Abgeordnete die Arbeit im Landtag besonders interessant. Solches Wissen zwischen den verschiedenen Ebenen weiterzugeben und deren Arbeit miteinander zu verzahnen, gilt ihr als ein Teil ihrer Aufgaben. Frau Dr. Klingbeil sieht sich selbst als einen optimistischen Menschen. Mit der zunehmenden politischen Arbeit aber mußte sie ein Hobby aufgeben, das ihr und ihrem Mann über viele Jahre hin Freude gemacht hat: Den Tanzsport.
    Peter Weigert
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961761

  • Porträt der Woche: Leonhard Kuckart (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 16 - 01.10.1996

    Eigentlich wollte er Lehrer werden, und weil er "nur" die Mittlere Reife besaß, absolvierte Leonhard Kuckart erfolgreich eine Sonderbegabtenprüfung. "Doch dann kam der Hammer", erinnert sich der CDU-Landtagsabgeordnete noch heute. Die damaligen Lehrer-Aspiranten mußten ein Instrument spielen, und das konnte er nicht. So erlernte der gebürtige Schwelmer, Jahrgang 1932, den kaufmännischen Beruf, wurde Verkaufsleiter und Prokurist in einem mittelständischen Unternehmen seiner Geburtsstadt.
    Wie so viele der damals Gleichaltrigen fand auch der Siegerländer schon als 19jähriger den Weg zur CDU. Später wurde er Vorsitzender des Kreisverbandes Ennepe-Ruhr und gehört heute dem Bezirksvorstand Westfälisches Industriegebiet an. Fast zwanzig Jahre war der Christdemokrat Mitglied des Rates der Stadt Schwelm und engagierte sich dabei insbesondere in den Bereichen Stadtentwicklung und Wirtschaft. Zehn Jahre lang stand er auch der CDU-Ratsfraktion vor. Seine kommunalpolitische Tätigkeit setzt der Landtagsabgeordnete heute im Kreistag Ennepe-Ruhr fort.
    Als ihn die Partei vor den Landtagswahlen 1980 auf den 31. Platz der Landesreserveliste setzte, galt er schlechthin als "Zählkandidat". Die Überraschung war für Leonhard Kuckart groß, als er wider Erwarten in den Landtag rückte. Mit einem guten politischen Gespür suchte sich der "Neuling" eine "Marktlücke" im parlamentarischen Geschäft aus - den Sportausschuß. Fünf Jahre später wurde er der Sprecher seiner Fraktion für den in der Vergangenheit oft vernachlässigten Bereich. Inzwischen ist der Sport in die Landesverfassung aufgenommen worden — und zu diesem nach seiner Einschätzung "herausragenden" Ergebnis trug der Schwelmer nicht unwesentlich bei.
    Seit 1980 gehört der Christdemokrat auch dem Kulturausschuß an, und er wurde im letzten Jahr zu seinem Vorsitzenden gewählt. In Anbetracht des bevorstehenden Umzugs der Bundesregierung nach Berlin und des europäischen Einigungsprozesses mit dem "Europa der Regionen" sei NRW nach seiner Auffassung zu neuen Überlegungen in der Kulturpolitik gezwungen. "Wir brauchen Highlights in der Kulturlandschaft an Rhein und Ruhr." Der Ausschußvorsitzende macht sich in diesem Zusammenhang für Tanztheater stark. Und zwar deshalb, "weil wir beispielsweise mit Pina Bausch in Wuppertal und der Folkwangschule in Essen, mit bereits existierenden guten Balletts dafür beste Voraussetzungen haben".
    Und der Christdemokrat tritt dafür ein, daß die Kultur genauso finanziell gefördert werde wie der Sport. So kämen beispielsweise Gelder aus dem "Spiel 77" und der Glücksspirale" dem Sport zugute. "Warum nicht auch für die Kultur?", fragt der Siegerländer. Und schließlich müßten die Sponsoren für die Kultur steuerlich gleich behandelt werden wie die für den Sport.
    Für eine drängende politische Frage hält Leonhard Kuckart auch die Aktivierung der älteren Mitbürger für die Gesellschaft. Aufgrund Ihrer Erfahrungen, die nicht zu erlernen seien, könnten sie wertvolle Hinweise für die Zukunft geben. Quantitativ hätten sie ohnehin schon einen große Einfluß, der oft unterschätzt werde.
    Sport und Kultur, die politischen Handlungsfelder, sind für Leonhard Kuckart auch die beiden Hobbies. Mit Gymnastik und Schwimmen hält er sich fit. Und er schreibt gern. So hat man ihm jüngst eine Kladde mit weißen Blättern geschenkt. Kurzgeschichten, die auf eigenen Erlebnissen und denen anderer beruhen, will er zu Papier bringen — ein ebenso außergewöhnliches wie interessantes Hobby eines Abgeordneten.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961676

  • Porträt der Woche: Monika Brunert-Jetter (CDU).
    Porträt
    S. 31 in Ausgabe 13 - 03.09.1996

    Frauen machen in der Politik unaufhaltsam ihren Weg. Das haben vor Jahresfrist auch die Herren der Schöpfung im tiefen Sauerland erfahren müssen: Bevor für die Christdemokraten in den Landtag einzog, mußte sich die Hausfrau zunächst "im fairen Wettstreit" gegen drei männliche Parteifreunde durchsetzen. Am Ende hatte die Vorsitzende im Mescheder Gleichstellungsausschuß Partei und Wähler überzeugt. Auch wenn die dynamische 40jährige von leisen Zweiflern gehört hat: "Um Gottes Willen, jetzt schicken wir eine Emanze nach Düsseldorf."
    Dabei hat die dreifache Mutter mit überzogenem Emanzengehabe nach eigener Einschätzung nichts am Hut. 15 Jahre lang stellte die gelernte Bibliothekarin ihre beruflichen Wünsche für die Familie zurück. Doch auch vier Jahre vor dem Sprung ins dritte Jahrtausend fällt die unvermeidbare Standardfrage auf jeder Veranstaltung: "Wie regeln Sie das mit den Kindern?" Monika Brunert-Jetter hat ihr Haus bestellt: mit 16, 14 und 11 Jahren ist der Nachwuchs flügge. Außerdem hilft eine "eigentlich unbezahlbare" gute Fee im Haus, und auch der Gatte geht bei der Hausarbeit kräftig zur Hand.
    Das frauenpolitische Credo der Christdemokratin ist denn auch ganz einfach: "Jede Frau soll ihr Leben so führen, wie sie es will." Monika Brunert- Jetter sieht die berufliche Familienpause nicht als bleierne Zeit: "Mein Hobby ist die Familie." Da kommt es schon mal vor, daß die agile Powerfrau mit ihren Kids zum Open-air-Konzert der ewig-jungen Rock-Opas "Rolling Stones" pilgert. Die Politikerin will anderen Frauen und Müttern mit ihrer Doppelrolle ein wenig Mut machen: "Ich glaube, wir haben viele starke Frauen. Überall."
    Das schließt die Anerkennung männlicher Leistungen nicht aus. In die "Großen Schuhe" ihres landesweit hochangesehenen Vorgängers im Wahlkreis, Karl Knipschild, passe sie natürlich noch nicht hinein, gibt die Sauerländerin ehrlich zu. "Aber ich versuche Schritt zu halten, auch wenn die Füße anders aussehen." Nach sechsjähriger Mitarbeit im Rat der Stadt Meschede hat sich die Abgeordnete in Düsseldorf für die Ausschüsse Umwelt und Kommunales entschieden. Selbst auf einem Bauernhof aufgewachsen, will sich die junge Frau ganz bewußt für die ländliche Region einsetzen. Zwar sind die eigenen Ländereien verpachtet, aber einige Pferde stehen schon noch auf dem heimischen Hof in Wennemen.
    Schon die 18jährige beteiligte sich an der Gründung des Ortsverbandes der Jungen Union in Meschede. Später zog es die in einem CDU-Elternhaus groß gewordene Politikerin in den Stadtverband, dann auch zur Frauen-Union. Die Mißstände des alltäglichen Lebens sind es, ein Stück persönliches Erleben, das die junge Frau zum politischen Engagement reizt. Da klingelt auch mal nachts das Telefon, und die Politikerin muß der Frau eines gewalttätigen Alkoholikers auf der Stelle einen Platz im Frauenhaus verschaffen.
    Monika Brunert-Jetter braucht den persönlichen Kontakt zu den Bürgern, auch wenn das im topographisch schwierigsten Wahlkreis des Landes fast unmöglich wird. Der Rothaarkamm trennt den Wahlkreis 144 Hochsauerland III/Siegen-Wittgenstein I — bis 90 Minuten Fahrt von einem Termin zum nächsten sind keine Ausnahme. "Die Politik in Düsseldorf orientiert sich zu stark an den Ballungszentren und übersieht das Sauerland", hat die Abgeordnete erkannt. Jüngstes Beispiel, das von Rot-Grün geplante Biosphären-Reservat im Hochsauerland. "Wir werden das verhindern."
    Dabei hat natürlich auch die CDU-Politikerin, die bei der Landtagswahl 1995 den CDU-Sockel als Newcomerin sensationell um zwei auf 50,1 Prozent hochsetzte, die Probleme in der Opposition erkannt. "Das ist schon recht frustrierend, wenn man sich mit dem richtigen und besseren Konzept nicht durchsetzen kann." In der eigenen CDU-Landtagsfraktion aber fühlt sich die Sauerländerin wohl. "Das Klima ist gut, und ich bin freundlich aufgenommen worden." Trotzdem verbringt die Landtagsabgeordnete sehr viel mehr Zeit im Wahlkreis als in der fernen Landeshauptstadt. Vor Ort ist die Politik eben doch oft handfester.
    Wilfried Goebels
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961384

  • Porträt der Woche: Oliver Wittke (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 11 - 18.06.1996

    Er gehört zu den Jungen in der CDU, die dem eigenen "Laden" zu mehr Lebendigkeit und damit zu mehr Attraktivität verhelfen wollen. Und er gehört zu denen, die trotz des Aufmuckens gegen gewohnte Rituale auch noch Karriere machen.
    Oliver Wittke ist mal gerade 29 Jahre alt. Als Spitzenkandidat der Jungen Union kandidierte er im Mai 1995 und zog als einer von sechs CDU-Abgeordneten unter 35 über die Reserveliste in die neue Landtagsfraktion ein.
    Seine Entscheidung für ein Engagement bei den Christdemokraten fiel eigentlich schon in der Schulzeit: Sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung in Düsseldorf und erst recht die Kommunalpolitik seiner Heimatstadt Gelsenkirchen waren "rot" dominiert. Das sollte sich ändern. Hinzu kam, daß er in der heißen öffentlichen Diskussion über den NATO-Doppelbeschluß die Argumente der CDU für plausibel hielt. Was lag da näher, als sich der Jungen Union anzuschließen.
    Drei Jahre nach dem Abitur zog er in das Gelsenkirchener Kommunalparlament ein. Um die politische Arbeit in seiner Heimatstadt wegen des Studiums nicht aufgeben zu müssen, entschied er sich ganz bewußt für die Ruhr-Universität in Bochum. Dort studierte er zunächst Wirtschaftswissenschaften, wechselte dann aber zur Geographie und schloß vor zwei Jahren mit dem Diplom ab.
    In der Zwischenzeit wurde Oliver Wittke Chef der Jungen Union im Ruhrgebiet. Dieser Bezirk, in einer für die CDU immer noch schwierigen Region, sei mit 10000 Mitgliedern größer als der Bezirksverband Oberbayern des Nachwuchses der CSU, meint Wittke nicht ohne Stolz.
    Die CDU rang sich nach verlorener Landtagswahl 1985 dazu durch, die Aufsplitterung in verschiedene Bezirksverbände im Ruhrgebiet abzuschaffen und eine einheitliche politische Organisationsebene zu bilden, den Bezirk Ruhrgebiet. Etwas Ähnliches möchte Wittke auch für die staatlichen Strukturen im Revier erreichen. Das Ruhrgebiet solle sich als politische Einheit artikulieren können und nicht länger durch drei Regierungsbezirke und zwei Landschaftsverbände vertreten werden. Die nach seiner Ansicht künstlichen Grenzen im Ruhrgebiet müßten endlich wegfallen.
    Für einen christdemokratischen Politiker sei das Ruhrgebiet eine große Herausforderung. Und zur Resignation gebe es überhaupt keinen Anlaß. Im Gegenteil, in Mülheim, Gladbeck, Mari und anderen Städten habe die CDU zuletzt stark zugelegt und die traditionelle Mehrheit der SPD gebrochen. Konsequente Oppositionsarbeit bringe eben mittelfristig Erfolge. Ein Rezept, das auch für die Landtagsarbeit gelte.
    Auch beruflich hat Oliver Wittke ganz praktisch mit den Problemen des Ruhrgebiets zu tun. Nach dem Studium stand er als Geograph nicht auf der Straße, wie die Eltern befürchtet hatten, sondern er stieg bei einer Entwicklungsagentur im östlichen Ruhrgebiet ein. Diese Agentur, ein Ansatz von public/private partnership, wie es im Neudeutsch heißt, bereitet alte Bergbau flächen für neue Aktivitäten vor.
    Nach dem Einzug in den Landtag ist Oliver Wittke nur noch halbtags bei der Entwicklungsagentur beschäftigt. Doch ganz aufgeben wollte er diesen Job nicht.
    Denn bei der Vorstellung, mit 29 schon Berufspolitiker zu sein, wurde ihm etwas mulmig. Außerdem meint er, ein solides berufliches Standbein sei auch nützlich für die Unabhängigkeit, auch gegenüber der eigenen Partei.
    Und die eigene Partei scheint einiges von dem jungen Mann aus Gelsenkirchen zu halten. Sonst wäre er von der eigenen Fraktion wohl kaum auf Anhieb in einen so populären und begehrten Ausschuß wie den für Verkehr geschickt worden. Außerdem ist Wittke Mitglied im neuen Migrationsausschuß. Gerade in diesem Themenfeld habe die Politik, nicht nur, aber auch die CDU erheblichen Nachholbedarf, sagt der überzeugte Anhänger eines Einwanderungsgesetzes.
    Oliver Wittke möchte über die Legislaturperiode hinaus Dinge anstoßen, in Bewegung bringen. Aber zwanzig Jahre Arbeit in der Opposition, wie das einige seiner Fraktionskollegen bereits hinter sich haben, das kann er sich nicht vorstellen. Wenn dann die Rede auf das Thema "Schwarz-Grün", also eine Koalition der CDU mit den GRÜNEN kommt, dann winkt Oliver Wittke gemäß der offiziellen Parteilinie ab. Noch, denn langfristig sei das schon denkbar, meint er.
    Der Farbe Grün ist Wittke ohnehin sehr verbunden. Als passionierter Jäger kann er das tun, was ihm in der Politik hoffentlich erspart bleibt: Einen Bock schießen.
    R. K.
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI961179

  • Porträt der Woche: Eckhard Uhlenberg (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 9 - 14.05.1996

    Daß er einmal die politische Laufbahn einschlagen wird, war für Eckhard Uhlenberg von der ersten Minute an klar. Die Passion wurde ihm sozusagen in die Wiege gelegt. "Ich komme aus einem politischen Elternhaus. Schon mein Großvater war Bürgermeister. Und mit meinen vier Geschwistern gab es von jeher teils kontroverse politische Diskussionen", erzählt der CDU-Politiker. "Politik spielte bei uns zu Hause immer schon eine große Rolle." So absolvierte der 48jährige denn auch eine klassische Karriere. Und seit Mai 1990 ist der gebürtige Werter zum zweiten Mal Mitglied des Landtages. Das Düsseldorfer Parlament ist für ihn kein Neuland mehr. Bereits von 1980 bis 1985 war er dort vertreten, hatte seinerzeit aber dann seinen Wahlkreis Soest verloren. "Ich habe 1986 zusammen mit Kurt Bieden köpf und Christa Thoben an der Fusion der CDU Rheinland und Westfalen-Lippe mitgewirkt." Eine Zeit, an die sich der Landwirt gerne erinnert. Damals wurde Norbert Blüm Landesvorsitzender, und Uhlenberg war sein Stellvertreter. Das Amt des stellvertretenden Landesvorsitzenden in Nordrhein-Westfalen bekleidet der Vater von drei Kindern auch heute noch.
    Eckhard Uhlenberg ist seit 1968 Mitglied der CDU. Und er absolvierte bei der Union eine klassische Laufbahn — vom Vorsitzenden des Kreisverbandes der Jungen Union Soest in den Jahren 1970 bis 1974 und dem CDU-Kreisvorsitz Soest 1977 bis 1995 bis hin zum Vorsitzenden des CDU-Landesagrar-Ausschusses, der er seit 1992 ist. An diesem Posten liegt Uhlenberg, der in seiner Heimat im Kreis Soest einen eigenen 50 Hektar großen Betrieb bewirtschaftet, besonders viel. Denn er hat sein Handwerk von der Pieke auf gelernt, weiß, wie arbeitsintensiv der Beruf des Landwirtes ist und kennt von daher all die Sorgen und Nöte seiner Berufskollegen. Als Vorsitzender der Agrarsprecher der CDU/CSU-Landtagsfraktionen will er auf Bundesebene einiges für diese Zunft bewegen.
    "Ich mag den pessimistischen Begriff Höfesterben nicht", sagt er. Vielmehr ist er davon überzeugt, daß man es mit einem Strukturwandel zu tun hat, dem man eben mit den entsprechenden Mitteln begegnen muß. "Wir müssen auch den jungen Leuten Mut machen, den elterlichen Hof zu übernehmen", meint der stellvertretende Vorsitzende der CDU- Fraktion. In diesem Zusammenhang beklagt er, daß NRW nicht ausreichend eigene finanzielle Anstrengungen unternimmt, um hier Unterstützung zu gewährleisten. "Nach wie vor kommen immerhin 60 Prozent der Fördermittel für einen wichtigen Zweig vom Bund, und nur 40 Prozent steuert das Land bei."
    In seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Arbeitskreises Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz der CDU-Fraktion brachte er deshalb im Landtag einen Antrag ein: Danach soll geprüft werden, ob in Nordrhein-Westfalen eine Agrar- Marketing-Gesellschaft gegründet werden kann. "Sie soll gezielt Werbung für Produkte aus NRW machen. Denn wir haben erhebliche Markt-Anteile verloren und müssen das Vertrauen der Verbraucher wiedergewinnen", weiß Uhlenberg aus Erfahrung.
    Die Direktvermarktung durch den einzelnen Landwirt sei sicherlich auch ein wichtiger Bestandteil dieser Branche. Doch angesichts der Konkurrenz durch die Niederlande und Dänemark, aber auch schon allein durch Niedersachsen dürfe man sich auch den großen Kuchen nicht entgehen lassen. "Schließlich machen zum Beispiel die Bio-Bauern in NRW nur ein Prozent aller Landwirte aus. Man muß ebenso an die Allgemeinheit denken", mahnt Uhlenberg. "Wir brauchen im Kampf gegen die bevorstehenden Wettbewerbs-verzerrungen auf internationaler Ebene darüber hinaus eine einheitliche Währung und vor allen Dingen endlich einheitliche Umweltstandards." Gerade aufgrund des letzteren Faktors hätte Deutschland angesichts einer enormen Konkurrenz aus dem Ausland schon seine liebe Mühe.
    "Wir haben allein in Nordrhein-Westfalen insgesamt 60 000 landwirtschaftliche Betriebe. Ihnen muß man Perspektiven für die Zukunft bieten und den Beruf des Landwirtes wieder attraktiv machen. Dabei ist es die Aufgabe der Politik, hier die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen", mahnt Uhlenberg.
    Ob es im Land selbst zur Gründung einer Agrar-Marketing-Gesellschaft kommt, muß noch ein Gutachten klären. Uhlenberg, der nach der Meisterprüfung 1974 den Schritt in die Selbständigkeit als Landwirt wagte, wird jedenfalls alles daran setzen, um die Interessen der Agrarpolitik im bevölkerungsreichsten Land zu fördern und sie zu einer zukunftsorientierten Branche auszubauen.
    Andrea C. Stockhausen
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI960965

  • Porträt der Woche: Marie-Theres Ley (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 6 - 26.03.1996

    "Da möchte ich schon meine Ideen einbringen, und es würde mich sehr freuen, wenn wir möglichst rasch einen guten Wurf hinbekämen", beteuert Marie- Theres Ley und meint damit die geplante Zusammenführung von Kolleg- und berufsbildenden Schulen zu einem neuen System: dem Berufskolleg. Wichtig ist der CDU-Landtagsabgeordneten dabei die Abstimmung mit den Kammern. Angesichts der massiven Probleme auf dem Arbeitsmarkt hält die CDU-Politikerin es für besonders wichtig, die Schulzukunft gemeinsam mit der Industrie und dem Handwerk und nicht an ihnen vorbei zu planen. Als Kölnerin ist Frau Ley an der Kooperation auch deshalb besonders interessiert, weil die Domstadt als Medienzentrum neue Berufsbilder braucht.
    Vor neun Monaten ist die heute 56jährige in den Düsseldorfer Landtag eingezogen. Sie bereut den Entschluß nicht. "Zwar ist alles neu und ungewohnt, aber es gefällt mir sehr gut", erklärt sie. Nachdem es 1990 im ersten Anlauf nicht klappte, ist die Realschullehrerin im Mai letzten Jahres über die Reserveliste in das Landesparlament eingezogen. Antriebsfeder für ihre Kandidatur war übrigens das Schulthema. "Im Landtag bist Du an der Quelle und kannst direkt auf die Schulpolitik Einfluß nehmen", sagte sich die Mutter von fünf heute bereits erwachsenen Kindern. Tatsächlich sitzt Marie-Theres Ley, ganz wie sie es sich gewünscht hat, seit Juni 1995 im Ausschuß für Schule und Weiterbildung. Sie ist zuständig für die berufsbildenden Schulen. Und weil es so schön zusammenpaßt, und überdies wiederum der Bezug zu Köln gegeben ist, arbeitet die Unionspolitikerin auch im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung mit.
    Ein Schulthema hat übrigens vor mehr als 20 Jahren den Anstoß dafür gegeben, daß es Marie-Theres Ley, selber Realschullehrerin, überhaupt in die Politik zog. "Mir reicht es", hatte sie 1974 gesagt, als die Sozialdemokraten die Kooperative Gesamtschule in Nordrhein-Westfalen durchdrückten. Konsequent trat sie als entschiedene Gegnerin dieser Schulform in die CDU ein, um sich gegen die Schulpolitik der Regierung zur Wehr zu setzen.
    Erste Station in ihrer politischen Laufbahn war die Frauen-Union. Hier fühlte sie sich besonders gut aufgehoben und verstanden. 1984 übernahm sie in Köln und auch im Bezirk Mittelrhein den Vorsitz der Vereinigung. Mitglied im Rat der Stadt Köln wurde sie 1989. Noch heute bedauert sie ein wenig, daß sie mit dem Einzug in den NRW- Landtag auf ihre Ratsmitgliedschaft verzichten mußte. " 1994 hatte ich meinen Wahlkreis direkt gezogen, da nimmt man nicht leichten Herzens Abschied", betont die Unionsdame. Während sie aus Inkompatibilitätsgründen auf das Ratsmandat verzichten mußte, mischt Marie-Theres Ley in der Frauen-Union weiter munter mit. Aktuelles Thema: Bundeswehr und Frauen. Die Kölnerin ist strikt gegen ein Pflichtjahr für Frauen, dafür steht sie aber einer grundsätzlichen Öffnung der Bundeswehr auch für Frauen aufgeschlossen gegenüber.
    Dabei ist die CDU-Politikerin weder militant noch feministisch angehaucht, sondern schlicht realitätsbezogen. Ihrer Auffassung nach haben die letzten 15 Jahre viel für die Frauen gebracht, wie etwa die Anrechnung von Renten- und Erziehungszeiten. Im Bereich der Teilzeitarbeit, so Marie-Theres Ley, muß die Gesellschaft noch weiter für die Belange der Frauen sensibilisiert werden. Bedingt ist sie auch für die Quote. Bei gleicher Qualifikation sollten Frauen bevorzugt eingestellt werden, sofern nicht besondere Gründe, etwa der Unterhalt von Kindern, für den Mann sprächen. Ley: "Insgesamt muß die Benachteiligung von Frauen im Beruf weiter abgebaut werden."
    Bei soviel Engagement im politischen Bereich bleibt nur wenig Zeit für Hobbys. "Meine liebste Freizeitbeschäftigung ist die Familie", gesteht die im Vringsveedel geborene Kölnerin, die in der fünften Saison neben dem Karneval auch das Skifahren mag. Wenn etwas Zeit bleibt, liest die CDU-Abgeordnete leidenschaftlich gern, und zwar querbeet alles, was ihr in die Finger kommt — mit Ausnahme von Krimis, das unterscheidet die Christdemokratin von Konrad Adenauer, der ein Krimi-Schmökerer war.
    Gerlind Schaidt

    ID: LI960638

  • Porträt der Woche: Tanja Brakensiek (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 5 - 19.03.1996

    Sie ist jung, hübsch und ehrgeizig, konservativ und zielstrebig, in der Boulevardpresse wurde sie schon zur Miß Landtag gekürt. Mit 27 ist Tanja Brakensiek das jüngste Mitglied des nordrhein-westfälischen Parlaments. Zu ihrer eigenen Überraschung setzte sie die CDU im jüngsten Wahlkampf auf einen aussichtsreichen Listenplatz. Den Parteistrategen imponierte offenbar das unbekümmerte und forsche Auftreten der Dortmunder Juristin in verschiedenen kommunalen Gremien. Da ist es nur ein Schönheitsfehler, daß sie in der CDU-Diaspora Dortmund nur magere 22 Prozent Direktstimmen verbuchen konnte, selbst das allerdings, so betont die Angeordnete, sei immerhin noch eine Steigerung von 1,5 Prozent gewesen.
    Der Kampf um den Erhalt ihres Gymnasiums, das nach dem Willen der SPD-geführten Stadtspitze in eine Gesamtschule umgewandelt werden sollte, bedeutete für Tanja Brakensiek im Rückblick den aktiven Einstieg in die Politik. Die "Zwangsverordnung von oben" habe sie besonders empört, und so schloß sie sich einem Bürgerbegehren an, das im wesentlichen von der CDU organisiert wurde.
    Das Elternhaus war konservativ geprägt, der Vater viele Jahre Mitglied der CDU, und so wurde auch Tochter Tanja 1990 Parteimitglied. Parallel zum Jurastudium in Bochum engagierte sie sich in diversen Bezirksgremien der CDU und der Jungen Union, wurde zur stellvertretenden Vorsitzenden der CDU in Dortmund-Eving sowie zur stellvertretenden Fraktionssprecherin in der Bezirksvertretung gewählt.
    Nach dem Studium begann Tanja Brakensiek als wissenschaftliche Assistentin an der Uni Dresden. Doch als sie dann für den Landtag kandidieren durfte, stürzte sie sich zielstrebig in den Wahlkampf, warb für mehr Umweltschutz und konservative Bildungspolitik: Erhalt der Hauptschulen, Zurückdrängen der Gesamtschulen, kürzere Ausbildungs- und Studienzeiten. Dabei erlebte sie die strukturellen Grenzen ihrer eigenen Partei in ihrer Heimatstadt. Gerade bei älteren Dortmundern sei sie zwar gut angekommen, doch die hätten dann häufig erklärt: Wir wählen seit 50 Jahren SPD, das können wir doch wegen Ihnen nicht ändern.
    Die CDU-Abgeordnete verkörpert einen Generationswechsel, in ihrer Partei wie auch im Landtag insgesamt. Die langatmigen Reden und Polemiken im Plenum stießen ihr von Anfang an unangenehm auf, solche Rituale tragen ihrer Meinung nach mit zur Parteiverdrossenheit bei, gerade bei jungen Leuten. Im Umweltausschuß will sie das Umweltprofil der Union schärfen helfen, plädiert für "ökologische Müllverbrennung" und einen landesweiten Abfallwirtschaftsplan. Den Umweltausschuß hält sie für das wichtigste parlamentarische Beratungsgremium, weil dort die Grundlagen für die Zukunft gelegt würden.
    Den Innenausschuß, in den sie als stellvertretendes Mitglied gewählt wurde, hält sie für ausgesprochen attraktiv. Mit den Themen rund um die Innere Sicherheit könne man die Menschen in besonderer Weise für Landespolitik interessieren. Ihr umfangreichstes Betätigungsfeld wird allerdings zunächst der Rechtsausschuß sein. Nicht zuletzt bedingt durch ihr Jurastudium kann sie sich hier auch fachlich einbringen. In der Ernennung zur Beauftragten der Vollzugskommission der CDU sieht sie einen Vertrauensbeweis ihrer Fraktion. Bei ihren Besuchen in den Haftanstalten des Landes will sie demnächst verstärkt auch Kontakte zu Gefangenen suchen. In der Rechtspolitik wird die konservative Grundauffassung der CDU- Politikerin deutlich: Zu starke Liberalisierungstendenzen betrachtet sie mit Argwohn; der Gefangene müsse so sicher wie möglich untergebracht werden, die Haftstrafe solle Unrechtsbewußtsein entwickeln. Dann allerdings müsse der Gefangene auch wieder in die Gesellschaft integriert werden. Konkrete politische Ziele für die erste Legislaturperiode fallen ihr zu vielen Themenbereichen ein: Im Umweltbereich eine Intensivierung der Kreislaufwirtschaft, mehr Computer in den Haftanstalten, um die Justizvollzugsbeamten zu entlasten, in der Bildungspolitik eine Schärfung der einzelnen Schulprofile. Ob der Einzug in den Landtag mit so jungen Jahren der Anfang einer politischen Karriere ist, darüber will Tanja Brakensiek gar nicht spekulieren. Ihre kommunalen Ämter hat sie weitgehend aufgegeben, sie will sich ganz auf ihre Landtagsarbeit konzentrieren. Neben ihrer politischen Arbeit hält sie weiterhin Kontakt zu Juristen, um "den Stoff nicht aus den Augen zu verlieren"; schließlich wolle sie sich nicht schon jetzt von der Politik abhängig machen, und die Arbeit als Anwältin kann sie sich auch gut vorstellen.
    Tanja Brakensiek wirkt sympathisch und bodenständig. Sie lebt mit ihrer Mutter in Dortmund, geht oft mit ihren beiden Hunden joggen, liest gerne Max Frisch und Patrick Süskind, schwärmt für klassische Musik und David Bowie. Christliche Nächstenliebe ist für sie ein Lebensprinzip. Toleranz auch gegenüber dem politisch Andersdenkenden hat für sie einen hohen Stellenwert. Die fehlende Politikerfahrung wird der Parlamentsneuling durch jugendlichen Wissensdurst und den engagierten Willen nach Veränderung wettmachen.
    Richard Hofer
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI960544

  • Porträt der Woche: Bernhard Recker (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 3 - 13.02.1996

    Mit der Steinkohlenzeche Westfalen wird die Stadt Ahlen Ende 1999 ihr wichtigstes Unternehmen und rund 4000 Arbeitsplätze verlieren. Für den Landtagswahlkreis, in dem Bernhard Recker zu Hause ist, überschattet das Auslaufen dieses Bergwerks die Zukunft. Der am 11. Mai 1995 in das Landesparlament gewählte CDU-Abgeordnete sieht im Strukturwandel und der Schaffung neuer beruflicher Perspektiven für die Menschen seiner Heimatstadt eine alles überragende Aufgabe. "Wir haben eine Chance, den Wandel zu schaffen, weil wir seit fast zehn Jahren den Termin der Zechenstillegung kennen", sagt Recker. Auch im Umland müssen nach seiner Ansicht neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Sein Wunsch: "Statt daß Prestigeobjekte gefördert werden, sollte es lieber der Stadt überlassen werden, wo sie die Prioritäten für ihre wirtschaftliche Zukunft setzen will."
    Bernhard Recker wohnt in Ahlen im Haus seiner Eltern. Sein Vater ist für den jetzt 56jährigen viel zu früh gestorben. Da war es nicht anders möglich, als daß er während seines Studiums täglich nach Münster fuhr. Auch nach dem Examen und bei der Anstellung als Lehrer blieb er daheim. "Ich war meiner Mutter verpflichtet", sagt er.
    Eingebracht hat ihm diese Entscheidung menschliche Verbindungen ungewöhnlicher Intensität. Bernhard Recker war schon in jungen Jahren sportlich aktiv, betrieb Handball und Leichtathletik. Nachdem er seinen Sportverein in zwei Fusionen führte, ist er heute Vorsitzender von ASG Ahlen, der nicht nur in der Handball- Oberliga spielt, sondern insgesamt 30 Mannschaften betreut. Inzwischen hat der Verein auch das Modell einer Talentförderung für junge Menschen eingerichtet, die nicht nur im Sport, sondern auch in der Schule vorangebracht werden.
    Seit 1964 war Recker Lehrer in Ahlen, seit 1983 Rektor einer Grundschule. Das heute landesweit angebotene Modell einer "verläßlichen Grundschule" mit Schülerbetreuung zu allen Vormittagsstunden gab es an seiner Schule schon seit zehn Jahren. Und das ohne finanzielle Leistungen der Eltern, die häufig beide berufstätig sein mußten. Alle Lehrer haben sich ehrenamtlich im Wechsel dafür eingebracht." Auch ein Angebot der Betreuung von Schulaufgaben am Nachmittag gab es. Daran haben immer rund zehn Prozent der Schüler teilgenommen.
    Für Bernhard Recker war es selbstverständlich, die Eltern seiner Schüler einmal im Jahr zu besuchen. Ebenso wie im Sport galt für ihn auch in der Schule der Grundsatz: "Man muß versuchen, den anderen aus seiner Situation und Generation heraus zu verstehen." Seit 1966 ist er verheiratet, hat zwei inzwischen erwachsene Kinder. Doch er gesteht offen, das Geld sei in seinen Anfangszeiten als Lehrer nicht gerade reichlich gewesen und Urlaubsreisen nicht selbstverständlich. So sei es gekommen, daß er 15 Jahre Jugendferienlager geleitet habe: "Für mich wurde das ein Hobby."
    In die Politik ging Recker mit 35 Jahren, als er sich im Beruf durchgesetzt hatte. Ratsmitglied in Ahlen wurde er 1974, Geschäftsführer der CDU-Stadtratsfraktion 1979, Stellvertretender Vorsitzender der Fraktion 1984. Seit 1993 ist er ihr Vorsitzender. Nach einer Mitgliederbefragung der CDU wurde er 1989 als Kandidat für das Bürgermeisteramt nominiert. Erst im Losentscheid bei Stimmengleichheit unterlag er dem SPD-Kandidaten.
    Nach der Wahl in den Landtag stört Bernhard Recker die harte Tonart des Umgangs zwischen den Parteien. Selten komme es zu einem wirklichen Austausch von Meinungen und Argumenten. Aus dem Stadtrat in Ahlen ist er das anders gewöhnt: "Vor Ort ist uns vieles gemeinsam gelungen". So sei zum Beispiel auch erreicht worden, die Unterbringung der Asylbewerber gemeinsam zu regeln. Seine Tätigkeit als CDU-Landtagsabgeordneter sieht Recker als großen Gewinn auch für die Kommunalpolitik" "Das ermöglicht einen positiven Austausch, wenn man die Probleme auch aus der Landessicht kennenlernt,", sagt er. andererseits kann ich in den Landtagsausschüssen Erfahrungen aus der kommunalen Tätigkeit vor Ort einbringen." Entsprechend den Schwerpunkten seiner Arbeit dort wurde Recker im Landtag als Mitglied in den Sportausschuß sowie in den Ausschuß für Schule und Weiterbildung gewählt. Die dritte Mitgliedschaft im Ausschuß für Grubensicherheit verdankt er seiner Herkunft aus dem vom Bergbau geprägten Ahlen.
    Für Bernhard Recker gibt es keine Zweifel, daß er seine Basiskontakte behalten will: "Sonst kann man keine realistische Politik machen." Und dafür tut er viel. In seinem Wahlkreisbüro in Ahlen ist er oft bis 20 Uhr Ansprechpartner für Bürger, in anderen Orten des Wahlkreises hält er Sprechtage ab — von 10 bis 22 Uhr. "Und die Fragen, die mir da gestellt werden, die will ich nach Düsseldorf in den Landtag bringen."
    Peter Weigert

    ID: LI960372

  • Porträt der Woche: Renate Düttmann-Braun (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 2 - 30.01.1996

    Zwar besitzt sie eine gute Portion Optimismus, aber Zweifel hatte die Christdemokratin Renate Düttmann- Braun doch, ob sie den Wahlkreis 99, Münster II, nach zwei Legislaturperioden wieder für die CDU zurückerobern könnte. Nachdem sich die Akademische Rätin bereits bei der Kandidatenaufstellung in der eigenen Partei gegenüber drei Mitbewerbern durchgesetzt hatte, war sie schließlich auch Gewinnerin am Wahlsonntag — dank eines sehr engagierten Wahlkampfes auf Straßen und in Sälen sowie der großen Unterstützung der Parteifreunde, wie sie nachdrücklich betont.
    Die "Lebensplanung" der gebürtigen Münsteranerin, Jahrgang 1944, war aber kaum darauf ausgerichtet, einmal dem nordrhein-westfälischen Landesparlament anzugehören. Nach dem Besuch des Bischöflichen Gymnasiums studierte sie an den Universitäten Münster und München Volkswirtschaftslehre, machte das Diplom und promovierte 1975 zur Dr. rer. pol. Ihren Berufseinstieg fand Renate Düttmann-Braun beim Rheinisch- Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen, eines der fünf großen deutschen Forschungsinstitute, wo sie als wissenschaftliche Referentin in der Konjunkturforschungs- Abteilung tätig war. Gut drei Jahre später folgte die Münsteranerin einem Ruf in ihre Heimatstadt, zum Institut für Finanzwirtschaft der Westfälischen-Wilhelms-Universität. Dort schrieb sie auch ihre Doktorarbeit über die Finanzierung der gesetzlichen Krankenkassen.
    Der CDU trat die Parlamentarierin erst 1979 bei, "als ich festen Boden unter den Füßen hatte". Ihren damaligen Parteieintritt verband sie mit dem Anliegen, kommunalpolitisch mitzugestalten, und nicht nur "ein Zählkandidat" zu sein. Die Gelegenheit bot Renate Düttmann-Braun der Ortsverein Roxel, wo sie sofort in dessen Vorstand gewählt und bei der folgenden Kommunalwahl 1984 in die Bezirksvertretung berufen wurde. Fünf Jahre später zog die Christdemokratin in den Rat der Stadt Münster ein, dem sie heute noch angehört. Umweltschutz, Energiebereich und öffentlicher Nahverkehr sind für die stellvertretende Vorsitzende des Stadtwerke-Ausschusses die Schwerpunkte ihres kommunalpolitischen Wirkens.
    Weil es auch nach ihrer Einschätzung "sehr hilfreich" ist, als Kommunalpolitikerin dem Landtag anzugehören, kandidierte sie erfolgreich für das Landesparlament. Die CDU-Fraktion berief ihr neues Mitglied in den Haushalts- und Finanzausschuß, den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung sowie in den Kulturausschuß — Bereiche, in denen sich die Akademische Rätin zweifellos auskennt.
    Große Sorge bereitet der Volkswirtschaftlerin die dramatische Verschuldung des Landes. Trotz des erwarteten Schuldenberges von über 131 Milliarden Mark Ende nächsten Jahres habe die Regierung nach ihrer Einschätzung nicht die Kraft, einen strikten Konsolidierungskurs zu fahren. Als Beispiel nennt die Abgeordnete den viel zu langsamen Stellenabbau in den Landesbehörden. "Wir können heute keine Politik mehr machen, für die man von allen gelobt wird."
    Für verfehlt hält das Mitglied des Kulturausschusses die. geplanten Personalstellen für die regionale Kulturpolitik. Statt dessen sollte man mit diesen Mitteln kulturelle Veranstaltungen fördern, von denen alle interessierten Bürger direkt profitieren würden. Mit Nachdruck plädiert die Münsteranerin, die Hochschulen aus der "finanziellen Zwangsjacke" des Landes zu nehmen. Die Bestrebungen, den Hochschulen mehr Autonomie zu geben, müßten auch die Forderung einschließen, daß sie "ihre" Studenten wählen könnten. Angesichts der gespannten Finanzlage sollten andererseits die Hochschulen, "darüber nachdenken", ob sie jedes Studienfach anbieten müßten.
    Gefragt nach ihren Hobbys nennt Renate Düttmann-Braun Belletristik und Tennis. Auch einen guten Film sieht sie gern. Doch viel Freizeit bleibt nicht, denn den mit dem Mandat verbundenen Auftrag der Wähler will die Münsteranerin sehr ernst nehmen.
    Jochen Jurettko

    ID: LI960254

  • Porträt der Woche: Theodor Kruse (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 1 - 16.01.1996

    Im Dreß des Fußballclubs RW Lennestadt-Grevenbrück hat sich der CDU-Politiker Theo Kruse bis in die vierthöchste Spielklasse gekickt. In der Politik gelang dem überzeugten Berufsschullehrer in diesem Jahr sogar der "Aufstieg" in die zweite Liga und die Wahl zum Vorsitzenden des 3200 Mitglieder starken Olper CDU- Kreisverbandes. Doch Fußballnarr Kruse ist nicht Mario Basler und bleibt auch im Karrierehoch auf dem Teppich: "Wahlen werden vor Ort entschieden. Nicht in Brüssel, Bonn und Düsseldorf."
    Der 47jährige Christdemokrat hat das politische Geschäft von der Pike auf gelernt. Gegen den allgemeinen Links-Trend der 68er zog es den Studenten Kruse im Jahr 1971 in die CDU — natürlich erst, nachdem der kritische Kopf die Partei- und Wahlprogramme auf Herz und Nieren geprüft hatte. Vor allem die CDU-Position zur Familienpolitik, zur Wiedervereinigung und zur Rolle des Individuums in der Gesellschaft faszinierten den Sauerländer. Schon 1973 avancierte Theo Kruse zum Kreischef der Jungen Union in Olpe, 1984 gelang der Sprung in die Stadtverordnetenversammlung.
    Nach dem Examen in Köln heuerte der Kommunalpolitiker 1978 als Lehrer für Politik und Wirtschaft an den beruflichen Schulen in Olpe an. Den Wechsel zum Berufspolitiker auf Zeit erlebt der jugendliche Pädagoge heute mit einem lachenden und einem weinenden Auge: "Ich bin gerne zur Schule gegangen, weil es ungeheuer spannend sein kann, mit 17- bis 22jährigen politische Fragen zu diskutieren." Den Anschluß an die Jugend will Theo Kruse auch als Abgeordneter nicht verlieren. "Ich stelle mich, um das Vertrauen der jungen Generation in die Politik ein Stück zurückzugewinnen." Fernab von allen Wahlterminen hat der Olper deshalb die sechs Gymnasien vor Ort angeschrieben und ein Gespräch angeboten.
    Auch im traditionell "schwarzen" Olpe — bei der Landtagswahl holten die Christdemokraten mit 57,6 Prozent ihr bestes Ergebnis in Nordrhein-Westfalen — ist Bewegung in die Parteienlandschaft gekommen. Nur noch 20 der 39 Mandatsträger im Stadtrat sind Christdemokraten. Schon "fahren" die Grünen bei Wahlen in Olpe runde sieben Prozent der Stimmen ein. Zumindest für Theo Kruse liegen die Gründe für den Öko-Boom auf der Hand: "Die Jugend kennt die grünen Programme gar nicht." Schon aus Eigennutz will der Unionist den jungen Grün-Anhängern "Orientierungshilfe geben". Weil Kommunal- und Landespolitik enge Berührungen aufweisen, will das Sauerländer Eigengewächs das Mandat als Stadtverordneter auch als Mitglied des Landtages beibehalten. Eines aber hat den Neu-Parlamentarier schon in den ersten Monaten geschockt: "In der auf 300 Mitarbeiter aufgeblähten Landtagsverwaltung läßt sich manches zusammenstreichen." Dies werde eines seiner zentralen Themen, hat sich das Mitglied im Verwaltungsausschuß mutig vorgenommen. Daß die Bäume der Opposition nicht in den Himmel wachsen, erschwert das Geschäft in Düsseldorf natürlich. Der Abgeordnete muß umdenken: In Olpe wird regiert, in Düsseldorf opponiert.
    Theo Kruse setzt auf Eigenverantwortung und Engagement der Bürger. "Die Vereine halten die Gesellschaft zusammen." Deshalb lehnt es der Olper "Vereinsmeier" grundsätzlich ab, ehrenamtliche Tätigkeiten künftig aus der Staatskasse zu bezahlen. Notwendig sei eine offene Diskussion über die gesellschaftlichen Werte. Der Staat werde auf Dauer nicht jeden sozialen Wohlstand retten können. Kruse: "Heute ist es aber vielfach schon so, daß viele eher zum Sozialamt gehen als zu Nachbarn."
    Und Bedarf zum Umdenken sieht der studierte Betriebswirt auch im Bereich der Wirtschaftspolitik. Zur Mobilisierung neuer Ausbildungsplätze ruft der Olper die heimischen Unternehmen, Industrie- und Handelskammern, Schulen und Gewerkschaften an den vielbeschworenen "runden Tisch". Um die eigenen Sinne für die Probleme der Unternehmen zu schärfen, besucht Kruse regelmäßig die örtlichen Firmen. Das Sauerland ist eben nicht mehr nur das touristische Land der tausend Berge. "Der Industrieanteil in Olpe ist höher als im Ruhrgebiet."
    Wilfried Goebels

    ID: LI960178

  • Porträt der Woche: Herbert Reul (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 18 - 14.11.1995

    Seine Stimme in Landtagsfraktion und Landespartei ist gewichtig: Herbert Reul, stellvertretender Vorsitzender der Parlamentsopposition und Generalsekretär der nordrhein-westfälischen CDU. Diese Autorität des 43jährigen Rheinländers unter den Christdemokraten ist nicht allein in seinen beiden Ämtern begründet; großes persönliches Engagement, politische Glaubwürdigkeit und Sachkenntnis haben nicht nur bei seinen Parteifreunden Anerkennung abverlangt. Der 1952 in Langen feld geborene Studienrat wurde schon in jungen Jahren politisch aktiv und übernahm rasch Führungspositionen zunächst auf Orts-, dann auf Kreis- und schließlich auf Landesebene. Seit 1987 gehört Herbert Reul dem CDU-Landesvorstand an, wurde 1991 Generalsekretär des mitgliederstärksten Landesverbandes und ein Jahr später in den Bundesvorstand gewählt. Die Landtagsfraktion wählte ihn jüngst erneut zu einem ihrer stellvertretenden Vorsitzenden.
    Insbesondere in seiner Eigenschaft als Generalsekretär machte er auch bundesweit auf sich aufmerksam: So fand das von ihm mitformulierte bildungspolitische Programm der NRW-CDU mit der Gleichrangigkeit von akademischer und beruflicher Bildung auch im Programm der Bundespartei seinen Niederschlag. Eine Vorreiterrolle übernimmt die nordrhein-westfälische Union auch bei der Parteireform. Erstmals wurde der Spitzenkandidat für die letzten Landtagswahlen durch eine Mitgliederbefragung designiert. Auch in den Kreisverbänden setzt sich die Urwahl der Kandidaten für Parlamente und Parteiämter durch. Zuvor hatte die "rechte Hand" des Landesvorsitzenden Blüm die Organisationsstruktur des Landesverbandes gestrafft und seine Finanzen saniert, "die bislang unangenehmste Aufgabe", wie er heute feststellt.
    Vor der Übernahme des Generalsekretär-Postens setzte er als schulpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion sechs Jahre lang Akzente in der Bildungspolitik und kämpfte vehement im Parlament wie "vor Ort" für die Erhaltung des gegliederten Schulwesens in Nordrhein-Westfalen. Verständlich, daß sich der Pädagoge und Sozialwissenschaftler auch heute noch in diesem Bereich engagiert.
    Der Christdemokrat tritt für die "Leistungsschule" ein, weil die Kinder und Jugendlichen für ihren späteren Lebensabschnitt lernen müßten, Leistung zu erbringen und Verantwortung zu übernehmen. "Das unsinnige Gerede von der Schule, die nur schön und gemütlich sein soll, muß endlich aufhören." Wer in der Jugend nicht lerne, daß man selbst verantwortlich sei für sein Leben, werde später auch nicht Verantwortung für andere übernehmen. Diese Erfahrung hat Herbert Reul zweifellos im Elternhaus gewonnen, wo er mit vier Geschwistern aufwuchs. Der Generalsekretär zählt weder zu den Heißspornen noch zu den Kopfnickern in Partei und Landtagsfraktion. Zu Beginn des Superwahljahres 1994 kritisierte er scharf seine eigene Partei wegen ihres damaligen negativen öffentlichen Erscheinungsbildes und warf den CDU-Führungskräften vor, ihre "Qualität" daran zu messen, mit wieviel verschiedenen Themen sie in der Zeitung stünden oder im Fernsehen zu sehen seien. Der ansonsten eher "ruhig-sachliche Typ" mit musischen Interessen gilt als Politiker, der sich nicht vor Problemen versteckt oder sie "unter den Teppich kehrt".
    Heute sieht es der Christdemokrat als eine Hauptaufgabe seiner Partei an, die Menschen in Nordrhein-Westfalen darüber aufzuklären, "was mit Rot- Grün für unser Land auf dem Spiel steht". Die NRW-CDU müsse sich als eine politische Alternative profilieren, die für Fortschritt und Zukunft stehe. Daher sollte auch innerparteilich wieder stärker politisiert werden, empfiehlt der Generalsekretär den örtlichen Parteigremien. "Sie konzentrieren sich zu sehr auf die Kommunalpolitik."
    Während seines bisherigen politischen Wirkens setzte Herbert Reul nach seinen eigenen Worten nicht auf kurze "Zauberstablösungen", sondern immer auf eine Politik des langen Atems. Vielleicht ist diese Handlungsweise mühsamer, aber sicherlich erfolgreicher, bilanziert man seine Tätigkeit in Partei, Fraktion und Parlament.
    Jochen Jurettko

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951856

  • Porträt der Woche: Hans Peter Lindlar (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 16 - 17.10.1995

    "Wir müssen sehr intensiv daran arbeiten, daß die Verwaltung für den Bürger durchschaubarer wird. In den Verwaltungen sind dringend Vereinfachungen nötig, damit der einzelne weiß, an wen er sich wenden muß." Hier sieht Hans Peter Lindlar einen Schwerpunkt seiner Arbeit. Als stellvertretendes Mitglied des Ausschusses für die Verwaltungsstrukturreform setzt er sich unter anderem für eine Art " Wegweiser durch die Behörden" ein. "Es muß für den Bürger ersichtlich sein, wer für gewisse Bereiche verantwortlich ist", sagt er. Der Vorsatz, dem Mann auf der Straße helfen zu können, war für den 48jährigen ein Grund mehr, in die Politik zu gehen. "Es macht viel Freude, sich vor Ort zu engagieren", meint der Gymnasiallehrer, der seit 1968 Mitglied der CDU ist und seit Mai 1990 ein Landtagsmandat hat. Seine große Liebe zur Kommunalpolitik wurde ihm allerdings auch in die Wiege gelegt. Sein Großvater kandidierte 1933 für die Zentrumspartei, sein Vater war später Landrat.
    "Kommunalpolitik war bei uns zu Hause immer ein Thema", erzählt Hans Peter Lindlar. Schmunzelnd erinnert er sich jedoch daran, daß sein Vater wenig begeistert war, als der Sohn schließlich Mitglied der CDU wurde. Hans Peter Lindlar hätte auch einen ruhigeren Weg einschlagen können. Denn nach dem Studium der Philologie, Germanistik und Geographie an der Universität Bonn und der Referendarzeit wurde er 1975 Beamter auf Lebenszeit. Getrost hätte der Oberstudienrat (Seit 1979) seinem Lehrauftrag nachgehen können und Politik Politik sein lassen können. Doch der Wunsch, zu helfen und im Miteinander etwas zu bewirken, war größer. So wirkte der Major der Reserve zunächst in seiner Geburtsstadt Hennef/Sieg im Rat als sachkundiger Bürger mit. "Ich bin sehr bodenständig", bekennt der Vater von zwei Kindern. "Ich bin nie aus meiner Heimatstadt weggegangen. Und das ist heute ein Vorteil. Denn die Leute kennen mich und kommen mit ihren Problemen zu mir."
    So bezeichnet er seinen Werdegang denn auch als "klassische Karriere". Seit 1979 ist er Ratsmitglied in Hennef, seit 1983 CDU-Fraktionsvorsitzender. In letzterer Funktion wurde er wiedergewählt. Von 1975 bis 1980 war Hans Peter Lindlar zudem Stadtverbandsvorsitzender in Hennef. Wegen der Kandidatur von Franz Josef Strauß als Kanzlerkandidat der CDU/CSU bei den Bundestagswahlen 1980 trat Hans Peter Lindlar aus Protest von diesem Amt zurück. "Ich kann nicht etwas vertreten, hinter dem ich nicht stehe. Und hinter diesem Kandidaten stand ich nun einmal nicht", erklärt er dazu.
    Als den ruhenden Pol in seinem hektischen Alltag bezeichnet Hans-Peter Lindlar, der von 1979 bis Herbst 1990 außerdem Mitglied des Kreistages Rhein-Sieg- Kreis war, seine Familie. Hier schöpft der Landtagsabgeordnete wieder Energie. Und die setzt er dann wiederum auf dem Tennisplatz ein, wenn seine beiden Söhne ihn herausfordern. Eine Herausforderung sieht Hans Peter Lindlar auch in seinem weiteren politischen Schwerpunktthema, dem Umweltschutzbereich. So war es ihm ein besonderes Anliegen, als Mitglied im Umweltausschuß des Landtages mitzuwirken. Auch hier hat er die Möglichkeit, Probleme auf kommunaler Ebene umzusetzen und sich als Politiker zum Anfassen zu verwirklichen. "Es kommt immer darauf an, in Einzelfällen etwas bewegen zu können." Ähnlich sieht er seine Aufgabe auch als stellvertretender Bundesvorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung (KPV). "Da ist zum Beispiel der große Komplex der Abwassergebühren. Die müssen im Sinne der Kommunen begrenzt werden."
    Bei aller Ernsthaftigkeit und den vielen Schwierigkeiten, die sich auf dem politische Feld ergeben, hat Hans Peter Lindlar nie seinen Humor verloren. Er selbst bezeichnet sich als rheinische Frohnatur. "Man muß sich selbst auch mit einiger Distanz sehen können," betont er. "Es gehört einfach dazu, daß man auch schon einmal Kollegen auf die Schippe nimmt." In der knapp bemessenen Freizeit findet das Mitglied der CDA immer noch Zeit, um seinem Hobby nachzugehen: dem Karneval, der ihn zum Glück lediglich saisonal bedingt in Anspruch nimmt. So ist Hans Peter Lindlar Mitglied der Karnevalsgesellschaft " 1. Hennefer Stadtsoldaten". Die Truppe tritt auch bei Veranstaltungen auf der Bühne auf und hat sich ebenfalls eine soziale Verantwortung auf die Fahne geschrieben: In französischen Uniformen sind die "Stadtsoldaten" bei gemeinnützigen Veranstaltungen unentgeltlich mit von der Partie. "Es macht eben Freude, sich in möglichst vielen Bereichen für etwas einsetzen zu können", betont ein Mann, der mit Offenheit und Elan Schwierigkeiten in allen Lebenslagen meistert und dabei nie eine gesunde Portion Optimismus verloren hat.
    Andrea C. Stockhausen

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951651

  • Porträt der Woche: Lothar Hegemann (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 15 - 10.10.1995

    "Dem Volk aufs Maul schauen, aber nicht nach dem Munde reden", zitiert Lothar Hegemann gern das Luther- Wort. Für den stämmigen Christdemokraten ist es eine ständige persönliche Herausforderung, Politik für die Menschen zu machen. Man müsse sich vor politischen Entscheidungen stets fragen, "wem nutzen und wem schaden sie". Diese Einstellung mag in der starken Bodenhaftung des gebürtigen Recklinghäusers mitbegründet sein, mit der Mentalität vieler "Ruhrgebietler" — und als ein solcher fühlt sich der heute 48jährige CDU-Landtagsabgeordnete.
    Einer katholischen Familie entstammend, fand der damalige Chemielaborant über die katholische Jugend den Weg in die Junge Union und 1967 in die CDU. Seitdem stieg der auch der Union gegenüber oft kritische Christdemokrat stetig auf den Parteisprossen: Vorsitzender des Stadt- und dann des Kreisverbandes Recklinghausen, Mitglied des Bezirksvorstandes Ruhrgebiet und des Landesvorstandes. Kommunalpolitisch engagiert sich Lothar Hegemann seit 1975 als Abgeordneter des Recklinghäuser Stadtrates.
    Die CDU im Ruhrgebiet — die "ewig Zweite" auf der politischen Bühne an Ruhr und Lippe. Lothar Hegemann ist einer ihrer intimsten Kenner. Aber auch einer der wenigen wortmächtigen und zuweilen polternden Kontrahenten der Sozialdemokraten im Revier. Mit einer Portion Ironie beschreibt er das Verhältnis zwischen beiden Parteien: "Die SPD umarmt uns im Revier kräftig. Wenn wir dann nach Luft schnappen, steckt sie uns Zucker in den Mund in der Absicht, daß wir Karies bekommen."
    Dem Landtag gehört der heute selbständige Versicherungskaufmann seit 1980 an. Und erst vor wenigen Monaten wurde er als stellvertretender Vorsitzender der CDU-Fraktion wiedergewählt. Als Mitglied des Hauptausschusses gilt sein Interesse insbesondere der Medienpolitik. Der Christdemokrat hält nach wie vor die Medienvielfalt im Fernsehbereich durch die Lizenzen der privaten Anbieter für richtig, sieht aber gleichzeitig auch die wachsenden Gefahren für die jugendlichen Zuschauer. Bei der Abwägung zwischen "Kunstfreiheit" und Jugendschutz müsse letzterer immer Vorrang haben.
    Scharf kritisiert Lothar Hegemann die Benachteiligung des westfälischen Landesteils und vor allem des Ruhrgebietes bei der Ansiedlung der sogenannten Neuen Medien. Er hätte auch von der Landesregierung ein Konzept erwartet, daß nicht nur auf das Rheinland setzt mit WDR, VOX, RTL, VIVA, Deutsche Welle u.a.m. Auch Dortmund oder Bielefeld beispielsweise hätte das Land als Standorte anbieten müssen.
    Als CDU-Obmann im Landtagsausschuß "Mensch und Technik", der sich den Auswirkungen der Technik auf die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten widmet, warnte er vor der Versuchung der Politiker, möglichst viele Vorschriften zu erlassen und auch davor, nur die Risiken zu sehen, die neue Technologie eröffne auch viele Chancen.
    Der Christdemokrat zählte zu den Wortführern des Dioxin-Untersuchungsausschusses in der letzten Legislaturperiode. Innerhalb eines guten Jahres habe dieses Parlamentsgremium achtzig Sitzungen abgehalten, und dessen Mitglieder hätten Tausende von Aktenseiten studiert. Heute fragt sich Lothar Hegemann, ob sich dieser Aufwand gelohnt habe. "Ich zweifle daran." Entweder müsse das entsprechende Gesetz gravierend zugunsten des Parlamentes geändert werden, oder man sollte die Untersuchungsausschüsse ganz abschaffen, bilanziert der CDU-Abgeordnete die "Knochenarbeit" der Ausschußmitglieder. Er liebt deutliche Worte.
    Vor drei Jahrzehnten hat der Recklinghäuser für sich die "Droge" Politik entdeckt, und sie läßt ihn nicht mehr los. Doch anders als andere Suchtmittel bewirkt sie engagiertes Handeln für die Gemeinschaft, bei Lothar Hegemann vor allem für das Ruhrgebiet.
    Jochen Jurettko

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951557

  • Porträt der Woche: Heinrich Kruse (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 14 - 26.09.1995

    Bevor Heinrich Kruse (49) mit seiner Kritik loslegt, betont er, daß er nicht gegen die Braunkohle sei. Doch mit der Mehrheitsmeinung in seiner Fraktion zu Garzweiler II stimmt der CDU-Abgeordnete aus Bocholt keineswegs überein: "Wir können nicht Rheinbraun einen Blankoscheck geben, 120 Millionen Jahrestonnen bis 2040 abzubaggern."
    Landwirtschaftsmeister Kruse, der seit zehn Jahren den Landtagsausschüssen für Umweltschutz und Raumordnung sowie für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz angehört, räumt ein, daß man dem Braunkohleunternehmen Planungssicherheit bieten müsse. Dafür hätte es aber aus seiner Sicht ausgereicht, zunächst nur ein Teilgebiet von Garzweiler II für den Abbau in den Jahren 2006 bis 2017 zuzulassen. Dann wäre Zeit gewonnen worden, "an moderner Umwelttechnik zu nutzen, was möglich ist". Als Beispiel nennt er die Kobra-Kraftwerkstechnik, mit der in einigen Jahren ein höherer Wirkungsgrad und damit ein geringerer CO2-Ausstoß erreicht werden könnte.
    Mit der Genehmigung von Teilabschnitten, die sich nach Kruses Auffassung auch betriebswirtschaftlich rechnen würden, hätte sich auch die Möglichkeit eröffnet, künftige Entwicklungen auf dem Energiesektor zu berücksichtigen, etwa im Bereich der erneuerbaren Energien. Möglicher Kritik beugte er so vor: "Dabei ist mir natürlich klar, daß wir die großen Walzstraßen im Industrieland Nordrhein-Westfalen nicht mit Windkrafträdern betreiben können." Hier sei er völlig realistisch, beteuert er und wiederholt seine Forderung: " Was im Umweltschutz möglich ist, müssen wir einfach nutzen."
    Im Rückblick auf die beiden vergangenen Wahlperioden des Landtags benennt Kruse dies als sein Hauptthema: Eine engere Verflechtung, eine dichtere Vernetzung zwischen Umweltschutz, Rohstoffen und Landwirtschaft: "Wenn wir keine Landwirtschaft mehr hätten, dann wäre der ländliche Raum tot." Dies könne man In anderen Regionen Europas und auch in den neuen Bundesländern sehen. Mit dem Rückgang der Landwirtschaft und der landwirtschaftlichen Hofe sei dort "das Leben in den Dörfern förmlich kaputt gegangen". Entschieden weist er gelegentlich geäußerte Vorwürfe zurück, sich mit solchen Äußerungen als Lobbyist der Landwirtschaft ausgewiesen zu haben. Stets habe er sich vor allem für den Umweltschutz engagiert, auch in seiner parlamentarischen Arbeit.
    Gleichzeitig versichert Kruse, daß der Landwirtschaftsausschuß, dessen Vorsitzender er in der elften Legislaturperiode war, durchaus nicht unter Arbeitsmangel leide, nachdem zahlreiche Kompetenzen nach Bonn und besonders nach Brüssel abgegeben werden mußten. Naturschutz, Gewässerschutz und Verbraucherschutz seien sehr intensiv mit der Landwirtschaft verknüpft. So sei in Nordrhein-Westfalen, der mit 18 Millionen Einwohnern dichtest besiedelten Region Europas, die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ einwandfreien Nahrungsmitteln ein wichtiger Punkt.
    Mit Nachdruck setzt sich Kruse für ein Gütesiegel für Nahrungsmittel ein. Für die Vermarktung der in Nordrhein-Westfalen produzierten Nahrungsmittel müsse mehr getan werden. So sollte auf den Nahrungsmitteln eine regionale Herkunftsbezeichnung stehen, etwa "Fleisch aus dem Münsterland" oder "Obst vom Niederrhein". Die Verbraucher würden heute häufig verunsichert durch negative Schlagzeilen, wie etwa beim britischen Rinderwahnsinn BSE. Solcher Verunsicherung könne man nur mit kleinräumigen Herkunftshinweisen entgegenwirken.
    Freimütig räumt Kruse ein, daß eine solche Warenauszeichnung naturgemäß nicht nur im Interesse der Verbraucher, sondern auch der Produzenten liege, denn schließlich könnten dadurch die Marktchancen durchaus verbessert werden. Kruse: "Wir müssen sehr viel deutlicher als bisher herausarbeiten, daß Erzeuger und Verbraucher mehr gemeinsame Interessen haben, als es bisher dargestellt wurde." Wichtig sei es auch, stärker gegen die sogenannte "Umetikettierung" vorzugehen. Er erinnerte an die kriminelle Energie, mit der holländische Tomaten als deutsche angeboten wurden, was zu Millionengewinnen geführt habe. Kritisch beurteilt Kruse die Arbeit der von Firmen und Verbänden getragenen "Agrargenußmarketing" (AGM) in Münster, die erhebliche Zuschüsse vom Land erhalte. Diese Landesmittel sollten aus Kruses Sicht besser und wirkungsvoller eingesetzt werden. In einem neuen Konzept solle das Land seine Zuschüsse binden an klare Kriterien, wobei auch die Herkunft der Produkte aus NRW-Regionen erkennbar werden müsse. Bei der AGM übe das Land, so Kruse, keinerlei Kontrolle darüber aus, welche Produkte der dort organisierten Brauereien, Fleischereien und Molkereien bezuschußt würden.
    Ludger Audick

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.)

    ID: LI951431

  • Porträt der Woche: Erster Vizepräsident Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 11 - 11.07.1995

    Von Jochen Jurettko
    Das eindrucksvolle Stimmenergebnis bei der jüngsten Wahl zum ersten Vizepräsidenten des nordrhein-westfälischen Landtages bestätigte es erneut: Hans-Ulrich Klose ist über die Parteigrenzen hinweg hoch geachtet. Der gebürtige Brandenburger, der engagierte Protestant und der Bürgermeister der niederrheinischen Gemeinde Korschenbroich besitzt viele Eigenschaften, die sein persönliches Profil schärften und seiner Umgebung Anerkennung abverlangen.
    "Er ist sich immer treu geblieben", hieß es in der Laudatio zum 60. Geburtstag des Christdemokraten am 29. März dieses Jahres: Schon als 17 jähriger "Ost "-CDUler, als Bespitzelter und Inhaftierter des damaligen DDR-Staatssicherheitsdienstes, später im Westen als Richter am Sozialgericht und als Parlamentarier. Als 1987 für Honecker im Schloß Benrath ein Empfang gegeben wurde, ließ es der Vizepräsident nicht allein bei Höflichkeitsfloskeln, sondern sprach auch ein mahnendes Wort zum früheren DDR-Staatsratsvorsitzenden über die politischen Gefangenen in Ostdeutschland. Die Mißachtung der Menschenrechte persönlich erfahren, streitet Klose für dieses Gut als Jurist, Politiker und Christ. Menschenrechte, das hat nichts mit links oder rechts zu tun, auch nicht mit dem Ort oder Land, in dem sie verletzt werden.
    Bereits seit 1966 dem Landtag angehörend, nahm der promovierte Jurist bislang eine Fülle von Funktionen in der evangelischen Kirche, in der Union und im kommunalen Bereich wahr. Es sei ihm dabei nie nur um das Amt gegangen, er habe etwas tun, bewegen wollen, urteilt ein Weggefährte. Und ob als Rechtsexperte seiner Fraktion, als Sozialpolitiker oder Vizepräsident, er ist einer der wenigen Politiker, die über ihr Tun nur wenig reden — auch das ist die Eigenschaft eines Mannes, der das nachdenkliche Gespräch ebenso schätzt wie die gesellige Runde.
    Für die bedeutendste Erfahrung seines Lebens hält Klose, daß er ein Drittel seines Lebens in der Mark Brandenburg verbracht und damit die mitteldeutsche Kultur mit ihrer geistigen Ausstrahlung erfahren und dann zwei Drittel seines bisherigen Lebensweges im Rheinland beschritten habe, mit seiner stolzen nach Westen orientierten katholisch kulturellen Tradition. Nicht minder wichtig sei auch, ein Jahrhundert erlebt zu haben mit zwei Kriegen und Verfolgungen, aber auch des Zusammenbruchs zweier Systeme, des Nationalsozialismus und des Sozialismus.
    Der Brandenburger fühlt sich am Niederrhein wohl, der Protestant in einer katholisch geprägten Landschaft. Und es ist kein Zufall, daß Klose der erste evangelische Kreisvorsitzende im damaligen CDU- Landesverband Rheinland war.
    Bei aller Härte der politischen Auseinandersetzung müsse man die persönliche Lebenssphäre des politischen Gegners achten, fordert der Vizepräsident. Und er beklagt, daß zunehmend mit einer Unerbittlichkeit und manchmal auch Hinterhältigkeit in der Politik gearbeitet werde. Es müsse versucht werden, Brücken zu schlagen und da, wo Gemeinsamkeiten möglich seien, sie auch anzustreben. Es gebe eine Reihe von grundsätzlichen politischen Zielen, die nur in einer großen Breite erreicht werden könnten. So gab Klose in der Vergangenheit oft Beispiele für Fairneß gegenüber dem politischen Kontrahenten und für erfolgreiches Brücken-Schlägen.
    Nach längerer Unterbrechung seiner langjährigen kommunalpolitischen Tätigkeit ist der Christdemokrat im letzten Jahr zum Bürgermeister seiner Wohngemeinde Korschenbroich gewählt worden. Zwar eine zusätzliche, aber "schöne" Aufgabe, wie er betont. Denn vor allem auf örtlicher Ebene kann man "handfeste Politik" machen — für die Menschen.

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI951166

  • Porträt der Woche: Klaus-Dieter Völker (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 7 - 04.04.1995

    Als gelernter Seidenweber begann Klaus- Dieter Völker seine politische Karriere, als Prokunst einer Bank wird der 57 jährige sie spätestens nach Ablauf der nächsten Legislaturperiode beenden. Dazwischen liegen bewegte Jahre, beruflich und politisch.
    Über die Jugenddorf-Bewegung kam Völker zur CDU, für einen Betriebsratsvorsitzenden war das Mitte der sechziger Jahre längst keine Selbstverständlichkeit.
    Noch im selben Jahr, nämlich 1964, rückte er für die Partei in den Stadtrat von Haan ein. Zur großen Überraschung hatte Völker gleich beim ersten Anlauf den SPD-Altbürgermeister in dessen Wahlkreis geschlagen. Dieser Mann war auch Völkers Vorgänger als Betriebsratsvorsitzender gewesen.
    Bei der Landtagswahl 1970 sprang Völker für einen anderen ein, der aus beruflichen Gründen passen mußte. Für die Partei war das ein Glücksfall, denn der "Neue" holte den bis dahin sicheren SPD-Wahlkreis. 1975 gelang ihm das noch einmal.
    Daß er sich in seiner ersten Legislaturperiode den Bereichen Arbeit und Soziales widmete, neben der Innenpolitik, lag aufgrund seiner Biographie nahe. Ab 1975 kümmerte er sich dann hauptsächlich um die Verwaltungsreform und den Städtebau. 1977 geriet die Textilfirma, in der Völker seit 25 Jahren beschäftigt war, ins Trudeln. Schließlich mußte sie Konkurs anmelden. Im Gläubigerausschuß traf der Betriebsratsvorsitzende Klaus-Dieter Völker seinen heutigen Chef — der war damals Vertreter der Gläubigerbank.
    Banken hatte Völker bis dahin nur als Kunde erlebt. Zwar hatte er sich wegen der schlechten Zukunftsperspektive der Textilindustrie schon darauf eingestellt, einen anderen Job suchen zu müssen. Doch daß er, mit Volksschulabschluß und einer Weiterbildung zum REFA-Fachmann einmal bei einer Bank arbeiten würde, daran hatte er nicht im Traum gedacht.
    Nach einer Trainee-Ausbildung bei der Deutschen Bank wurde er in der Wuppertaler Filiale verantwortlich für das Firmenkundengeschäft. Schwerpunkte sind dort nach wie vor die Sanierung und Abwicklung von Unternehmen. Und da kann Völker immer noch auf seine Erfahrungen als Arbeitnehmervertreter zurückgreifen, etwa wenn es um die Ausarbeitung von Sozialplänen geht. In diese Phase der beruflichen Neuorientierung fiel dann ein erster Rückschlag seiner politischen Karriere. 1980 verlor er seinen Wahlkreis knapp an die SPD. Da war es erst einmal vorbei mit der Arbeit in Düsseldorf. Denn auf der Landesliste war Völker nicht abgesichert. Ähnlich erging es ihm fünf Jahre später.
    In dieser "landtagslosen" Zeit konnte er sich dann noch stärker mit der Kommunalpolitik befassen. Schließlich ist er seit 1973 unter anderem Fraktionsvorsitzender seiner Partei im Kreistag von Mettmann.
    1990 gelang ihm dann über die Landesliste wieder der Sprung ins Landesparlament. Doch es hätte sich viel geändert in der Zwischenzeit, meint Völker rückblickend. Mit dem Umzug in das neue Parlamentsgebäude seien die Arbeitsbedingungen der Abgeordneten zwar deutlich besser geworden, nicht aber das politische Klima.
    Der Plenarsaal zum Beispiel trage nicht wie im alten Landtag zur Nähe bei. Im Gegenteil sei es trostlos für Redner, wenn der Saal, wie viel zu oft, mehr als halbleer sei. Bei seinem Neuanfang in Düsseldorf hätte sich Völker gern hauptsächlich mit der Haushalts- und Finanzpolitik beschäftigt, die Planungen seiner Fraktion sahen jedoch anders aus.
    Und so blieb der Mann aus Haan bei den Themen Städtebau und Verwaltungsreform. Dafür schickte ihn seine Fraktion ins Landtagspräsidium. Doch da hatte sich Klaus- Dieter Völker etwas mehr Ein flußmöglichkeiten erwartet. Grundsätzlich sollten Dinge, die die Abgeordneten betreffen, Sache des Präsidiums sein, meint Völker. Bis jetzt habe dieses Gremium keine wirklich politischen Rechte — und das sei wohl auch so gewollt. Ideen, was man ändern könnte, hat Völker schon. So stellt er sich viel häufiger Debatten über wirklich landespolitische Themen vor — anders als bislang, wo für ihn hauptsächlich Kommunal- und Bundespolitik die Diskussionen bestimmen.
    Die Debatten müßten straffer geführt werden, und die Disziplin der Abgeordneten müsse steigen. Um die Anwesenheit seiner Kolleginnen und Kollegen zu gewährleisten, will Klaus-Dieter Völker ihnen auch ans Portemonnaie gehen. Nur erhebliche finanzielle Einbußen würden die Abgeordneten wieder ins Plenum zurückholen, meint er. Und das sei dringend notwendig. Denn er habe immer wieder "Manschetten", wenn er eine Besuchergruppe einlade und befürchten müsse, daß die meisten Abgeordneten an Sitzungstagen irgendwo seien, nur nicht im Plenarsaal. Und das sei dann den Besuchern und Wählern kaum zu vermitteln. Die Partei- und Politikverdrossenheit würde so weiter zunehmen.
    Ähnliche Auswirkungen sieht er auch bei der neuen Kommunalverfassung. Mit der Abschaffung der Doppelspitze und der Direktwahl hätten sich die Parteien ein Stückweit selbst aufgegeben und Populisten das Feld überlassen. Er habe Angst, daß bald der Karnevalsprinz eher Bürgermeister werden könne als eine qualifizierte Kraft.
    Ralf Kapschack

    ID: LI950743

  • Porträt der Woche: Werner Stump (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 6 - 28.03.1995

    In seiner Jugend hat Werner Stump Leistungssport betrieben, genau gesagt Leichtathletik — und da die Kurzstrecken 100 und 200 Meter. Sprinterqualitäten kamen ihm jetzt auch zugute: Denn wenn es nach seinen Parteifreunden im Erftkreis gegangen wäre, dann wäre er bei der Nominierung für die Landesreserveliste weit hinten gelandet. Sie hatten, in einer Nacht- und Nebel-Aktion, wie Werner Stump meint, einen nahezu unbekannten Gegenkandidaten für einen der vorderen Listenplätze aufgestellt, und diesem Vorschlag war der Landesvorstand gefolgt. Doch auf dem CDU-Parteitag setzte sich Stump dann durch. Es ist seine dritte Kandidatur für das Landesparlament.
    Mit 20 trat der gebürtige Recklinghäuser in die Junge Union ein. Nach dem Umzug ins Rheinland, nach Lövenich, gründete er dort die Ortsgruppe der CDU-Nachwuchsorganisation und wurde Kreisvorsitzender. Mit 25 zog er als jüngstes Ratsmitglied der Christdemokraten in den Gemeinderat ein. "Den Jungen müssen wir an die Arbeit kriegen" hätten sich die "alten Herren der örtlichen CDU" damals wohl gedacht, erzählt Werner Stump. Und so machten sie ihn gleich zum Fraktionsgeschäftsführer.
    1972 wollte Werner Stump eigentlich mit der aktiven Politik aufhören, denn der Beruf ließ ihm kaum Zeit dazu. Aus beruflichen Gründen war er inzwischen nach Bergheim umgezogen.
    Dann besuchte er aber irgendwann eine Versammlung der Kerpener CDU und diskutierte eifrig mit. Der damalige Parteivorsitzende fragte Stump bald danach, ob er nicht sein Nachfolger werden wolle. Und er — der nach eigenen Worten immer nach Verantwortung gestrebt hat — ließ sich überreden. Drei Jahre später wurde er Ratsmitglied in Kerpen, Fraktionsvorsitzender und schließlich Bürgermeister.
    Gern wäre er auch Landrat geworden. Aber dem Spitzenkandidaten der CDU im Erftkreis bei den Kommunalwahlen im vergangenen Oktober ging es wie Parteifreunden in anderen Städten und Kreisen. Die F.D.P. verabschiedete sich aus dem Kreistag, damit fiel der "natürliche " Koalitionspartner weg. Auch eine schwarzgrüne Zusammenarbeit hätte sich Stump vorstellen können, doch dazu reichte das Wahlergebnis ebenfalls nicht.
    Dafür wurde er Ortsvorsteher in Kerpen-Sindorf, da, wo er seinen Kommunalwahlkreis immer direkt gewonnen hat. Diese Entscheidung sei im Familienrat einstimmig gefallen, meint der zweifache Vater. Und er versteht diese zusätzliche Funktion als Zeichen an die Bürger und an seine Parteifreunde, daß er nicht "abgehoben" ist.
    Der Kommunalpolitik hat lange die politische Arbeit von Werner Stump dominiert. Deshalb war es kein Wunder, daß er auch in der kommunalpolitischen Vereinigung der CDU aufstieg. Zusammen mit dem früheren Münsteraner Oberbürgermeister Twenhöven stellte er den finanziell und organisatorisch arg gebeutelten Landesverband der Organisation wieder auf die Beine, anschließend wurde er Mitglied im Bundesvorstand der christdemokratischen Kommunalpolitiker.
    Doch als die CDU im Erftkreis den Beschluß faßte, niemand dürfe mehr als drei Parteifunktionen innehaben, da war es für ihn klar, die Funktionen vor Ort denen auf Landes- und Bundesebene vorzuziehen.
    Trotz des intensiven Engagements in der Politik wollte der Regierungs-Oberamtsrat beim Bundesamt für Verfassungsschutz nach eigenen Worten nie ein "Politprofi" werden. Und als 1985 ein Kandidat für den Landtag gesucht wurde, stellte sich Werner Stump zwar zur Verfügung — aber nicht weil er nach Düsseldorf wollte. Er wollte lieber Landrat werden und so den Landtagswahlkampf nutzen, um seine Bekanntheit zu steigern.
    Der Landtagswahlkreis ging dann auch erwartungsgemäß an die Sozialdemokraten. Und daß er mit einem relativ schlechten Platz auf der Landesliste ins Parlament gerutscht war, erfuhr er eher zufällig am Wahlabend durch den WDR. In der CDU-Fraktion wurde er gleich Kommunalpolitischer Sprecher, nach der Wahl vor fünf Jahren übernahm er dann den Umweltausschuß. Und da ist er maßgeblich an einer Entscheidung beteiligt, die SPD-Fraktionschef Friedhelm Farthmann als die schwierigste und bedeutendste der Legislaturperiode bezeichnet hat: Die Entscheidung über den Braunkohleabbau Garzweiler II.
    Ausgerechnet an seinem 51. Geburtstag, kurz vor Weihnachten, leitete Werner Stump die abschließenden Beratungen des Arbeitskreises Garzweiler II des Braunkohleausschusses, dessen Vorsitzender er ebenfalls ist.
    Das positive Votum für den weiteren Abbau im Bereich Garzweiler hält Stump für gerechtfertigt, trotz der erheblichen Konsequenzen für die dort lebenden Menschen und für die Natur. Man habe einen tragfähigen Kompromiß gefunden, sagt er. Schließlich könne Nordrhein-Westfalen auf den Energieträger Braunkohle nicht verzichten. Außerdem sei das RWE gezwungen worden, Kraftwerke mit einem Milliardenaufwand umzurüsten, um sie effektiver und damit umweltfreundlicher zu machen. Das sei auch industriepolitisch ein ganz wichtiger Aspekt, denn die neue Technik lasse sich exportieren und sichere so zusätzliche Arbeitsplätze.
    Die Argumente seines Fraktionschefs Helmut Linssen, dem die Pläne des RWE nicht weit genug gingen, haben Werner Stump nicht überzeugt — aber Krach habe es deswegen nicht gegeben,sagt er.
    Auf seinem Schreibtisch liegen nebeneinander ein Brikett mit der Aufschrift "Ja zur Braunkohle" und ein Glas mit Grundwasser aus dem geplanten Abbaugebiet, das ihm Umweltschützer gegeben haben. Ein Hinweis darauf, daß ihn dieses Thema noch lange beschäftigen wird. Und räumen muß er den Schreibtisch ja nicht, wie gesagt, nicht zuletzt wegen der Sprinterqualitäten.
    Ralf Kapschack

    ID: LI950652

  • Porträt der Woche: Hermann Kampmann (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 4 - 21.02.1995

    In die IG Metall ist er mit 15 eingetreten, am selben Tag als er seine Lehre als Feinblechner in einer Lampenfabrik in Neheim begann. Man muß sich engagieren, vor allem als Arbeitnehmer, um seine Rechte und Interessen durchzusetzen, das war für Hermann Kampmann schon in frühen Jahren klar. Er wurde rasch in die Betriebsjugendvertretung gewählt und besuchte gewerkschaftliche Schulungskurse. Doch was gemeinhin als Beginn einer klassisch sozialdemokratischen Karriere gilt, bei Kampmann nahm es einen anderen Lauf: In seiner Heimatstadt Neheim war er in der Katholischen Jugendbewegung und der Kolping-Familie aktiv. Und so lernte er während seiner Ausbildung die katholische Soziallehre kennen, die, wie er sagt, ihn bis heute fasziniert und seinen weiteren Lebensweg entscheidend geprägt hat. Beruflich qualifizierte er sich weiter, wurde Angestellter, bis er sich 1964 als Bezirkssekretär ganz der Katholischen Arbeitnehmerbewegung verschreibt. Für die neue Stelle mußte er allerdings nach Hamm umziehen, was dem bodenständigen Sauerländer gar nicht leichtfiel.
    Seit zwei Jahren war er da mittlerweile in der CDU, und deshalb fand er auch am neuen Wohnort schnell Anknüpfungspunkte für sein politisches Engagement. Zunächst als Bürgervertreter in verschiedenen Ausschüssen, dann mischte er als Ratsmitglied in der Hammer Kommunalpolitik mit.
    1985 wurde er Diözesansekretär im Erzbistum Paderborn. Damit sei er, der nie eine höhere Schule, erst recht keine Universität besucht habe, Ansprechpartner für 40 000 Mitglieder der KAB in rund 350 Vereinen, erzählt Hermann Kampmann stolz.
    Über die berufliche Tätigkeit im sogenannten "vorparlamentarischen Raum", in Vereinen und Verbänden, habe er gelernt, dessen Bedeutung für politische Entwicklungen, Diskussionen und Entscheidungsprozesse nicht eben niedrig zu bewerten. "Derjenige, der einen Ordnungsbeitrag leistet in unserem Gemeinwesen, ist Politiker im wahrsten Sinne des Wortes", zitiert er Thomas von Aquin. Und das seien beileibe nicht nur die Parteien, deren oft zu hörender Alleinvertretungsanspruch Hermann Kampmann ohnehin nicht behagt.
    Nicht zuletzt, weil er zu wenige Arbeiter im Parlament vertreten und damit ihre Interessen unterrepräsentiert sah, ließ sich Kampmann 1985 über die Landesreserveliste in den Landtag wählen.
    Dort beschäftigt er sich allerdings nicht, wie man hätte vermuten können, hauptsächlich mit den Bereichen Arbeit und Soziales. Im Gegenteil, um nicht "farbenblind" zu werden, wurde er, der ausgewiesene Sozialexperte, Mitglied im Verkehrs-, Petitionsausschuß und im Ausschuß für Grubensicherheit.
    Der Verkehrsausschuß sei naheliegend gewesen, sagt er, schließlich sei Hamm mit dem Datteln-Hamm-Kanal, der guten Autobahnanbindung und dem ehemals größten "Verschiebebahnhof" Europas ein Verkehrsknotenpunkt par excellence. Damit das so bleibe, habe er sich gemeinsam mit seinem Kollegen Manfred Hemmer von der SPD auch erfolgreich dafür eingesetzt, daß nach der Wiedervereinigung die erste Intercity-Strecke nach Ostdeutschland einen Haltepunkt in Hamm bekommen habe.
    Der Petitionsausschuß sei so etwas wie ein "Supersozialausschuß". Für ihn, der immer großes Interesse an Alltagsproblemen gehabt habe, sei es besonders spannend, ein Spektrum zu bearbeiten, das vom Bauen im Außenbereich bis zur Asylproblematik reiche. Schließlich könne man hier als Politiker oft konkret etwas für den einzelnen Bürger bewirken. Immerhin würden 25 Prozent der Petitionen positiv, also im Sinne der Antragsteller, entschieden. Nach dem Tod von Heinrich Dreyer wurde Hermann Kampmann dann allerdings doch ordentliches Mitglied im Ausschuß für Arbeit und Soziales.
    Und das ist trotz aller Ausflüge, z. B. in die Verkehrspolitik, natürlich nach wie vor "sein" Metier. Seit dem vorigen Jahr ist Hermann Kampmann im Landesvorstand der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). Als Chef der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Arbeitnehmerorganisationen in Nordrhein-Westfalen ist er z.B. für die Vertretung dieser Organisationen in den Gremien der Selbstverwaltung, etwa bei der AOK oder der Landesversicherungsanstalt verantwortlich. Dort sammelt Hermann Kampmann ständig aufs neue Erfahrungen über die "normalen" Probleme der Arbeitnehmer. Und da "der Arbeiter seine Interessen artikulieren muß, um mitmischen zu können", hält er immer noch sonntags Kurse im Joseph-Joos- Haus am Möhnesee, der Heimvolkshochschule der KAB.
    Daß er 1995 wieder antreten würde, wenn die Sitze im Landtag vergeben werden, stand für ihn außer Frage. Aber die Nominierung durch seine Parteifreunde mit mehr als 98 Prozent der Stimmen ist für Hermann Kampmann ein schon fast "unanständiges" Ergebnis.
    Ralf Kapschack

    ID: LI950447

  • Porträt der Woche: Winfried Schittges (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 3 - 14.02.1995

    Wenn Winfried Schittges von einer Sache überzeugt ist, so ficht er engagiert wie temperamentvoll für ihre Durchsetzung — auch wenn er nicht immer den ungeteilten Beifall seiner Parteifreunde findet, wie beispielsweise bei der rigorosen "Kappung" der nordrhein-westfälischen Mittelbehörden mit ihren fast 25 000 Mitarbeitern. "Sie sind nicht mehr finanzierbar, durchschaubar und teilweise unnötig." An die Stelle der Regierungspräsidien, Landschaftsverbände und anderer Einrichtungen sollten einige wenige Regionalbehörden treten. Keine Existenzberechtigung hätten nach seiner Einschätzung auch die Staatshochbauämter.
    Auch in anderen Bereichen der Landesverwaltung müßten die "großen Wasserköpfe" verschwinden, fordert der gebürtige Krefelder. Der Landesregierung traut der Christdemokrat eine umfassende Verwaltungsreform, einen "schlanken Staat", allerdings nicht zu. "Was bisher geschehen ist, war Stückwerk." Ähnlich verhalte sie sich nach seinen Worten bei der Privatisierung von Landesbeteiligungen. "Es bleibt bei Ankündigungen." Andere Bundesländer, wie beispielsweise Bayern und Rheinland-Pfalz, hätten durch konsequente Privatisierungsprogramme ihre Finanzlage aufgebessert oder mit den Mitteln Zukunftsprojekte gefördert.
    Hartnäckig tritt das Mitglied des Haushalts- und Finanzausschusses daher beispielsweise für eine Reduzierung des Landesanteils an der Westdeutschen Landesbank auf 25,1 Prozent ein und hält den "horrenden" Forst- und Waldbesitz des Landes für überflüssig. Natürlich seien Privatisierungen keine "Zauberformel" für eine Gesundung der Landesfinanzen, aber ein Beitrag, die Verschuldung zu zügeln.
    Der Diplom-Betriebswirt, Jahrgang 1946, absolvierte zunächst die Lehre als Industriekaufmann und studierte dann über den zweiten Bildungsweg Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Mönchengladbach. Daran schloß sich ein Studium der Rechtswissenschaften in Bonn an. Während dieser Zeit unterrichtete Winfried Schittges auch an der Krefelder Berufsschule in den Fächern Betriebswirtschaftslehre und Politikwissenschaften. Nach Abschluß des Studiums war die Westdeutsche Landesbank seine Berufsstation, wo er in den verschiedensten Bereichen, so auch in der Luxemburger Vertretung, tätig war. Gut zehn Jahre später machte sich der Krefelder als beratender Betriebswirt selbständig.
    Der CDU trat der Niederrheiner bereits 1969 bei und engagierte sich zunächst in der Jungen Union, deren Kreisvorsitzender er zeitweise war. Inzwischen ist der Christdemokrat seit fast zehn Jahren Vorsitzender der Krefelder CDU und seit sechs Jahren Vizechef des niederrheinischen Bezirksverbandes. Dem Rat seiner Heimatstadt gehört Winfried Schittges seit 1975 an, wo er sich mit Schwerpunkt Sozialpolitik besonders um die sogenannten "Randgruppen" der Gesellschaft kümmert. Die Spielnachmittage für Kinder beispielsweise haben in Krefeld schon jahrzehntelange Tradition. In der Landschaftsversammlung Rheinland ist er stellvertretender Vorsitzender und finanzpolitischer Sprecher seiner Fraktion.
    Engagierte Partei- und Kommunalarbeit hatten fast "zwangsläufig" zur Folge, daß die örtlichen Parteigremien den Krefelder vor der letzten Landtagswahl 1990 für einen Listenplatz vorschlugen. Er selbst hielt diese Verknüpfung zwischen kommunal- und landespolitischem Wirken für sehr sinnvoll und sieht sich heute im Düsseldorfer Abgeordneten-Alltag in seiner Einschätzung bestätigt.
    Neben Beruf und Politik nimmt der Sport noch eine große Rolle in seinem Leben ein. Seit zehn Jahren Vorsitzender der "DJK Rheintreu Bockum", die während seiner Amtszeit den Aufstieg bis in die zweite TT- Bundesliga schaffte, spielt Winfrid Schittges noch immer aktiv mit — allerdings in der Kreisliga-Abteilung. Und bei heimischen Spielen von Fußball-Bundesligist Bayer Uerdingen und dem Krefelder Eishockey-Verein ist der Vorsitzende des Sportausschusses des Rates seiner Heimatstadt meistens interessierter Zuschauer.
    Jochen Jurettko

    ID: LI950363

  • Porträt der Woche: Ilka Keller (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 21 - 13.12.1994

    "Sie macht von sich reden, ohne ins Gerede zu kommen", so lautete eine Zeitungsüberschrift kürzlich anläßlich ihres 50. Geburtstages, Ilka Keller gilt als engagierte Kämpferin mit Herz und Verstand, als eine Frau, die Familie, Beruf und Politik wunderbar unter einen Hut bringen kann. Den Siegburgern brachte sie Kultur bei, wie Landrat Dr. Franz Möller sagt. Auf ihre Initiativen gehen der Kulturpreis des Kreises ebenso zurück wie die Gründung eines Kunstvereins, die Förderung von denkmalwürdigen Gebäuden, Kindermalschulen, der Wettbewerb "Musizierende Jugend" und die Gedenkstätte "Landjuden an der Sieg" in Windeck. Stets versteht sie es, den Rhein-Sieg-Kreis und die Gemeinde Swisttal in positive Schlagzeilen zu bringen.
    Das Interesse für die Politik wurde llka Keller förmlich in die Wiege gelegt. Schon als 14jährige kam sie damit in Berührung, weil die Familie kommunalpolitisch tätig war. Und 1973 entschloß sie sich, Mitglied der CDU zu werden. Ein Jahr später wiederum entschied sie sich, eine Frauen-Vereinigung in Swisttal ins Leben zu rufen und warb auf einen Schlag 300 Mitglieder. Bis 1985 engagierte sie sich als Vorsitzende. Gleichzeitig war sie im Gemeinderat tätig und kam 1979 in den Kreistag des Rhein- Sieg-Kreises. Ganz nebenbei machte sich llka Keller 1985 noch selbständig als Inhaberin eines Reisebüros in Bonn und Alfter. Wie sie das alles unter einen Hut bringt? "Ich halte es für wichtig, daß Frauen bereit sind, sich zu engagieren und nicht nur davon reden." Abgesehen davon ist sie ein Organisationstalent und eine Frühaufsteherin, so daß sie ihr Pensum bestens bewältigen kann.
    Eine ganz wesentliche Rolle spielt natürlich, daß die Familie inklusive Tochter (16) und Sohn (25) ihr unermüdliches Engagement unterstützen. "Ich muß immer wieder etwas Neues wissen. Es ist so spannend, etwas kreativ zum Nutzen der Gemeinschaft zu entwickeln", meint die Abgeordnete, die seit Mai 1990 im Landtag ist. Besonders stolz ist sie darauf, daß es ihr gerade noch gelungen ist, von Innenminister Schnoor 100 000 Mark für ein Magazin in einer ehemaligen Schuhfabrik in Siegburg zu erhalten. Dort sollen im kommenden Frühjahr ständige Ausstellungsräume für den Kunstverein eingerichtet werden. Neben dem kulturellen Bereich liegen llka Keller auch die Landwirtschaft und der Obstbau in ihrer Region sowie der Umweltschutz sehr am Herzen. "Die Landwirtschaft ist ein spannendes Arbeitsfeld. Man muß den Landwirten durch ein Zusammenwirken die Chance zum Überleben geben. Besonders wichtig ist es, bei der Bevölkerung ein Bewußtsein dafür zu schaffen, was man an eigenen Produkten vor der eigenen Haustüre hat."
    Bei all ihren Themenschwerpunkten will sie jedoch nie nur "im eigenen Saft schmoren", sondern sucht vor Ort das Gespräch mit Einzelpersonen, Gruppen und Verbänden. Denn: "Es ist wichtig, den Menschen als Mittelpunkt unseres politischen Handelns einzubinden." "Man braucht viel Kraft und Kampfgeist in der Politik", gibt die temperamentvolle Frau zu. "Ich habe auch um meinen Wahlkreis kämpfen und eine Portion Risikobereitschaft mitbringen müssen."Der Wähler dankte es ihr bei den Landtagswahlen vor vier Jahren mit 48,7 Prozent der Stimmen. "Wenn ich die Unterstützung der Basis in meiner Partei bekomme, hätte ich im nächsten Landtag gerne einen eigenen Aufgabenbereich", wünscht sich llka Keller, zumal sie glaubt, daß der Frauen-Anteil in der Politik stagniert. Allerdings vertritt sie auch die Ansicht, daß man ihnen mehr Möglichkeiten der Teilzeitarbeit einräumen muß.
    Die Liste ihrer eigenen Ämter und Positionen ist endlos: Vorsitzende des Kreiskulturausschusses, Vorsitzende des CDU- Ortsverbandes und Verfechterin einer optimalen Jugendpolitik. Seit drei Wochen ist sie auch europapolitische Sprecherin der CDU im Unterausschuß Europapolitik und Entwicklungszusammenarbeit des Hauptausschusses. Bei all ihrem Einsatz findet die Abgeordnete, die einfach nur Spaß an ihren vielen "Karrieren" zu haben scheint und im Oktober nach zehn Jahren ihr Mandat als Kreistagsabgeordnete abgegeben hat, ab und zu noch Zeit, sich ihrem "Nebenberuf" als Reisebüro-Verkehrsfrau zu widmen. Dank ihres gut funktionierenden 17köpfigen Teams in ihrem Geschäft kann sie — wenn auch selten — schon einmal eine Reisegruppe begleiten, so erst kürzlich in den Oman in Ost-Arabien. Die wenige Freizeit, die ihr bleibt, nutzt die stellvertretende Kreisvorsitzende zum Lesen. Zudem sammelt sie leidenschaftlich gerne moderne Bilder. Apropos Bild: In genau das paßte auch die Tatsache, daß sie anläßlich ihres runden Geburtstages mit immerhin 350 Ehrengästen auf Geschenke verzichtete und statt dessen um eine Spende für die Jugendarbeit in ihrer Gemeinde bat.
    Andrea C. Stockhausen
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI942148

  • Porträt der Woche: Franz-Josef Pangels (CDU).
    Porträt
    S. 31 in Ausgabe 17 - 25.10.1994

    Vor dem Landtagspienum ist Franz-Josef Pangels selten zu hören — denn statt publikumswirksamer Reden bevorzugt der CDU-Abgeordnete aus Erkelenz-Matzerath die eher unauffällige Arbeit in den Ausschüssen und ist vor allem gern "an der Front", wie der 59jährige Parlamentarier die Tätigkeit in seinem Heinsberger Wahlkreis bezeichnet.
    Und der Kreis Heinsberg in der Aachener Region wird mit vielen, insbesonderen strukturellen Problemen konfrontiert. Da ist vor allem das "Reizwort" Garzweiler II. Für Franz-Josef Pangels ist die geplante Ausdehnung des Braunkohle-Tagebaus auf dieses Gebiet aus sozialen, ökologischen und auch finanziellen Gründen "nicht machbar".
    Da müßten einmal über 7000 Menschen umgesiedelt werden, müßten viele ihren ererbten Grund und Boden verlassen. Und dann sieht der CDU-Abgeordnete auch hinsichtlich des Grundwassers für das Schwalm-Nette-Gebiet ein "ökologisches Risiko", das sich zudem noch wegen der "Altlasten" des Tagebaus mit dem Rest-See auf Grundwasser und Klima vergrößern könnte. Diese nicht abzuschätzenden Negativ-Folgen hätten dann auch finanzielle Auswirkungen auf "ein Jahrhundert und noch länger". Im Kreis Heinsberg liegt auch die Zeche "Sophia Jacoba", deren Beschäftigtenzahl mittlerweile auf 2 500 halbiert wurde und die Mitte 1997 stillgelegt werden soll. So engagiert sich der CDU-Abgeordnete für Gewerbe-Neuansiedlungen, um Ersatzarbeitsplätze zu schaffen. Bund, Land und die Region gemeinsam versuchen darüber hinaus, den Siemens-Konzern für den rund 50 Quadratkilometer großen früheren NATO-Flugplatz Wildenrath zu gewinnen, wo dann eine Teststrecke für den "ICE 3" entstehen würde. Zu den Mitbewerbern zählen allerdings auch Prag und das Land Brandenburg.
    Der Christdemokrat ist trotz dieser Konkurrenz optimistisch: "Die Aachener Region ist von ihrem wissenschaftlichen Potential der beste Standort überhaupt." Auch geographisch liege sie mit Maastricht, Lüttich und Mönchengladbach in der Nachbarschaft sehr günstig. In diesem Zusammenhang engagiert sich der Parlamentarier auch für den Weiterbau der A 46 bis an das niederländische Autobahnnetz.
    Für die starke persönliche Bindung an die Region war auch die Herkunft des Matzerathers mitentscheidend. Auf einem Bauernhof geboren, bewirtschaftet er heute noch den siebzig Hektar großen landwirtschaftlichen Betrieb. Nach Besuch der Volksschule, des Gymnasiums und nach der landwirtschaftlichen Ausbildung absolvierte er erfolgreich die Landwirtschaftliche Fachschule sowie die Geflügelzuchtfachschule. Vor der Übernahme des elterlichen Betriebes und seiner Erweiterung war Franz-Josef Pangels als Fachberater im Managementbereich renommierter Legehennengroßbetriebe tätig. Heute noch ist er Mitglied des Stabilisierungs-Fonds der Deutschen Geflügelwirtschaft und ist im Beirat der DEU-Vertriebsgesellschaft Ulm.
    Bereits 1953 schloß sich der Matzerather der CDU an und wurde seitdem in zahlreiche Parteigremien gewählt; so ist er beispielsweise seit neun Jahren Vorsitzender des Kreisverbandes Heinsberg. Auch gehört er dem Bundesagrarausschuß der CDU an. Bei der letzten Landtagswahl 1990 hat der Christdemokrat, der eine Legislaturperiode auch im Kreistag war, den Wahlkreis Heinsberg II für seine Partei wieder von den Sozialdemokraten zurückgeholt". Und auch im nächsten Jahr strebt das Mitglied des Umwelt- und des Petitionsausschusses den direkten Einzug in das Düsseldorfer Landesparlament an.
    In der knapp bemessenen Freizeit entspannt sich der Christdemokrat bei Musik — vor allem klassischer, und Literatur. Dann sind Beruf und Politik für einige Stunden weit entrückt.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI941798

  • Porträt der Woche: Helmut Diegel (CDU).
    Porträt
    S. 31 in Ausgabe 16 - 27.09.1994

    Als Kreisvorsitzender in der CDU-Diaspora Hagen hat Helmut Diegel einen schweren Stand. Hier, an der Schnittstelle zwischen dem "schwarzen Sauerland" und dem "roten Ruhrgebiet", üben sich die heimischen Christdemokraten seit langen Zeiten in Geduld auf den Machtwechsel. Mit seiner jungen Garde will der 38jährige Diegel den Kreisverband auf Trab bringen. "Es geht aufwärts."
    Über die Jahre hinweg hat sich der christdemokratische Landtagsabgeordnete zum Multifunktionär gemausert. Seit acht Jahren sitzt der frühere Junge-Union- Funktionär im CDU-Landesvorstand, eben erst ist er in den CDU-Bezirksvorstand Ruhrgebiet gewählt worden. Außerdem lenkt Diegel (Originalton: Ich bin von Hause aus Vereinsmeier") seit zwei Jahren als Präsident die Geschicke des Basketball-Bundesligisten Brandt Hagen. Erste sportliche Erfolge bleiben nicht aus: Die Überraschungsmannschaft der "Langen Kerls" aus Hagen wurden 1994 Deutscher Pokalsieger und Vizemeister. Dabei führt der sparsame Haushaltsexperte den Verein im Gegensatz zu manch anderen Präsidenten im deutschen Spitzensport "bewußt wirtschaftlich".
    Als tätiger Gesellschafter eines Autoteile- Handels hat Diegel das Wirtschaften von der Pieke auf gelernt. Das eingesessene Familienunternehmen wird zwar überwiegend vom Bruder geführt, aber Helmut Diegel ist so oft wie eben möglich selbst im heimischen Unternehmen tätig. Daß der finanzielle Rückhalt dem Hagener CDU- Landtagsabgeordneten auch eine gewisse Unabhängigkeit von der Politik sichert, will Diegel nicht abstreiten. Deshalb leistet sich der Hagener schon mal den Luxus, wie sein politischer Ziehvater Kurt Biedenkopf an unpassenden Stellen die eigene Meinung zu Gehör zu bringen. In seiner stürmischen Zeit als CDU-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag hatte Biedenkopf dem Hagener im Landtag den Haushaltsbereich zugewiesen. Nach anfänglichem Unbehagen und Murren hat der gelernte Jurist die dröge Materie mit den Zahlen und Tabellen inzwischen "//abgewonnen". Schließlich ist der Haushalt der Nerv des Staates und entscheidet über die Zukunft. Als CDU-Obmann für Haushaltskontrolle bedauert Diegel allerdings manchmal, daß die Arbeit mit der Staatsknete nicht viel Außenwirkung erzeugt. "Schlagzeilen kann man hier kaum produzieren." Mit der angekündigten Verfassungsklage gegen ein SPD-Gesetz zur Neugliederung des Landesrechnungshofes straft sich der Haushaltsexperte in diesen Monaten allerdings selbst Lügen. Die öffentliche Diskussion über den von CDU, F.D.P und Grünen erhobenen "Maulkorb- Vorwurf" schlägt kräftige Wellen.
    In der eigenen Familie wandelt Helmut Diegel hingegen auf den Spuren der "Großen Koalition". Schließlich ist der Essener SPD-Landtagsabgeordnete Jürgen Thulke ein angeheirateter Schwager des CDU- Abgeordneten — zwei Politiker einer Familie gleichzeitig im Parlament, das kommt auch nicht alle Tage vor. Und auch die Gattin hat der heute vierfache Familienvater von der Volme bei den "Roten "entdeckt — und abgeworben. Diegel traf seine spätere Frau und damalige Mitarbeiterin der SPD- Fraktion am Landtagskopierer — ausgerechnet an ihrem Geburtstag. Parteienwerbung a la Diegel: Heute ist die Angetraute eingetragenes Mitglied der CDU.
    "Der Wunsch nach einem Sohn war schon häufig Vater vieler Töchter", blickt Diegel stolz auf das Familienfoto mit den vier Töchtern. Die Familie genießt bei dem jugendlichen CDU-Politiker ("Ich war früher Karrierist") einen hohen Stellenwert. Wenn es sich zeitlich einrichten läßt, bringt er die Kleinen zur Schule und in den Kindergarten. Vom politischen Alltagsstreß reagiert sich der Vielbeschäftigte am liebsten an der Tischtennisplatte ab: Seit 20 Jahren spielt Helmut Diegel bei Post Hagen aktiv im Verein - derzeit in der 2. Mannschaft.
    Daß Helmut Diegel auch mit der oppositionellen CDU in Düsseldorf derzeit nur zweite Wahl ist, stört den Hagener gewaltig. In der Frage der CDU-Spitzenkandidatur für die Landtagswahl 1995 hatten Diegel und andere Mitglieder des CDU- Bezirks Ruhrgebiet kräftig die Trommel für ihren Vorsitzenden Norbert Lammert gerührt. Das Ergebnis ist bekannt: Zur neuen Nummer 1 wählte die CDU-Basis den Vorsitzenden der CDU-Landtagsfraktion, Helmut Linssen. In der Politik ist es wie beim Basketball: Man kann nicht immer gewinnen. Als Sportsmann nimmt Helmut Diegel auch politische Wettkämpfe sportlich.
    Wilfried Goebels

    ID: LI941689

  • Porträt der Woche: Walter Neuhaus (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 15 - 13.09.1994

    Viel schon ist über seine Bodenhaftung geschrieben worden, viel über seine Sachlichkeit und sein Ansehen auch bei politischen Kontrahenten: Walter Neuhaus, der CDU-Landtagsabgeordnete aus dem Märkischen Kreis, zählt zu jenen Parlamentariern, für die der hautnahe Kontakt zu den Bürgern weitaus wichtiger ist als der publik-trächtige Erfolg während Landtagsdebatten oder bei Festreden. Seiner Mentalität entsprechend und vom Elternhaus stark geprägt, wirkt der Sauerländer vor allem im Hintergrund — und dann um so wirkungsvoller.
    Die Liste der gesellschafts- und parteipolitischen Tätigkeiten des heute 62jährigen Landwirts, geboren in der Gemeinde Schalksmühle, ist lang; sie alle aufzuzählen, würde diesen Porträt-Rahmen sprengen. Sie begannen bei der Landjugend und setzten sich fort in den verschiedensten berufsständischen Organisationen, den kommunalen Parlamenten und in der CDU, der er seit 1957 angehört. So wirkte Walter Neuhaus fast 15 Jahre im Rat seiner Heimatgemeinde Schalksmühle und ist seit 1964 auch Mitglied des Kreistages, der ihn bereits drei Jahre später zum stellvertretenden Landrat wählte. Viele Jahre lang war der Christdemokrat Mitglied des Bezirksvorstandes Sauer-/Siegerland und Vorsitzender der Agrarsprecher der CDU-Bundestags- und Landtagsfraktionen. Bereits seit vier Legislaturperioden gehört der Sauerländer dem Düsseldorfer Landtag an, zunächst als Sprecher seiner Fraktion für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz, seit 1990 als Vorsitzender des gewichtigen Ausschusses für Haushaltskontrolle. Angesichts der hohen öffentlichen Verschuldung sieht der Christdemokrat eine zunehmende Bedeutung für dieses Parlamentsgremium. Der Bürger habe einen Anspruch darauf, daß mit den Steuergeldern so verantwortungsvoll umgegangen werde, als wäre es sein eigenes Geld.
    Am Ende dieser Legislaturperiode im Mai 1995 will Walter Neuhaus aus dem Landtag ausscheiden. Zwei Gründe gab es für diesen Entschluß: Seine Partei hat ihn zum Spitzenkandidaten für das Amt des Landrates des Märkischen Kreises mit seinen 460 000 Einwohnern in 15 Städten und Gemeinden nominiert. Und außerdem möchte er seinen Sitz im Landesparlament für einen jüngeren Kollegen räumen. "Meinen Abgang wollte ich aber selbst bestimmen."
    Die Kandidatur für den Landrat bei den Kommunalwahlen geschieht "ohne Netz und doppelten Boden", wie er mit Blick auf die in der Vergangenheit jeweils wechselnden Mehrheiten von CDU und SPD in dem zweitgrößten Landkreis in Nordrheinwestfalen mit seiner komplizierten Struktur von ländlichen Räumen und städtischen Ballungszonen betont. Doch der Realist gibt sich optimistisch, genießt er doch ein breites Ansehen in der Bevölkerung. Hart in der Sache, doch immer fair in der Auseinandersetzung. "Ich sehe den Politiker der anderen Partei als Konkurrenten, nicht aber als politischen Feind."
    So bedauert Walter Neuhaus auch den Wandel im Umgang zwischen den Parlamentariern. Immer mehr werde nicht das Miteinander, sondern würden die Gegensätzlichkeiten in den Vordergrund gestellt. Dieses Negativ-Klima sei nach seiner Einschätzung eine Folge des Generationswechsels. Nach dem Krieg, in der Aufbauphase der Bundesrepublik, seien die Politiker mit vielen existentiellen Problemen konfrontiert worden, deren Lösungen nicht Parteiprogramme oder behördliche Regelungen vorgegeben hätten. "Da mußte gehandelt werden." Die jüngeren Kollegen seien aber im Wohlstand groß geworden und glaubten, auf das Miteinander nicht angewiesen zu sein. Auch fehle bei vielen der "Erfahrungsschatz" einer beruflichen Tätigkeit. Gleich nach dem Studium folge oft das Mandat.
    Die Politik müsse den "Bürgern aufs Maul schauen", betont Walter Neuhaus. Und so engagiert er sich auch in vielen Vereinen und Verbänden, "weil man dort direkten Kontakt mit den Menschen hat"; ob im Schützen- oder Turnverein, bei den Geflügelzüchtern, Jägern oder Reitern, sein Rat ist überall geschätzt. Für den Sauerländer ist sein Ausspruch, sich um die Probleme der Mitbürger zu kümmern, keine Worthülse, sondern eine tägliche Herausforderung.
    Jochen Jurettko

    ID: LI941547

  • Porträt der Woche: Heidi Busch (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 14 - 06.09.1994

    Nein, 30 oder gar 40 Jahre diesen "Job im Düsseldorfer Parlament zu machen, wie einige Kollegen, das kann sie sich nicht vorstellen. Für Heidi Busch ist die zeitliche Begrenzung der Parlamentsarbeit nicht nur demokratisch notwendig, auch für die eigene Lebensperspektive sei es sinnvoll, ab und an einen Wechsel zu riskieren.
    Für die Landtagswahl im kommenden Jahr ist sie in ihrem Kölner Wahlkreis erneut und einstimmig nominiert worden. Es wäre ihre dritte Legislaturperiode. Und wenn sie daran keinen Spaß mehr hätte, dann wäre es ihr, so sagt sie, nicht schwergefallen, darauf zu verzichten.
    In die Politik ist Heidi Busch durch die Auseinandersetzung mit der Bildungspolitik Anfang der 70er gekommen. Was damals von Kultusminister Girgensohn als Fortschritt für Lehrer und Schüler verkauft worden sei, das hätte sich für die Klassen- und Schülersprecherin an einem Kölner Gymnasium in der Praxis als hohle Sprüche herausgestellt. Dieses zunächst nicht parteipolitisch motivierte Engagement mündete in der Mitgliedschaft bei der Schülerunion. Aber schon 1972 trat Heidi Busch dann in die CDU ein. Nicht eben zur Freude ihres Vaters, erinnert sie sich. Weniger weil er eine andere politische Orientierung gehabt hätte, vielmehr habe er wohl Angst gehabt, seine Tochter würde in einer so großen Organisation "untergehen". Diese Befürchtung war völlig unbegründet, wie sich schnell herausstellte. Heidi Busch machte rasch Karriere. Zu rasch vielleicht, meint sie heute.
    Sie wurde Chefin der Kölner Schülerunion und sachkundige Bürgerin im Schulausschuß. Der damalige Landtagsabgeordnete machte keinen Hehl daraus, daß er sie gern als seine Nachfolgerin sehen würde. Die Partei habe sie damals gepackt wie "eine Kralle", sagt die 39 jährige. Sie konnte schlecht "nein" sagen, merkte aber, daß es nicht gut für sie war, bei jeder Aktion und Veranstaltung dabeizusein.
    Kurz entschlossen wechselte sie nach München, wo sie das inzwischen begonnene Studium — Geschichte, Theologie und Sport — fortsetzte. Nach dem Examen und einem Forschungsprojekt des bayrischen Kultusministeriums führte sie ihr Weg wieder zurück nach Köln. Weil sie nach einiger Zeit keine Lust hatte, als Lehrerin von einem Zeitvertrag auf den nächsten zu springen, um dann irgendwann möglicherweise eine feste Stelle zu bekommen, fing Heidi Busch etwas ganz anderes an. Sie arbeitete u.a. als Produktions- und Regieassistentin beim WDR und ging schließlich als Mitarbeiterin eines Abgeordneten zum Bundestag nach Bonn.
    Und da hätte sie auch gern weitergearbeitet. Doch dann kam das Angebot der Kölner CDU, für den Landtag zu kandidieren. Eigentlich war es nur eine Pro-forma-Kandidatur mit einem Listenplatz, der bei normalem Gang der Dinge nicht zum Sprung ins Parlament gereicht hätte. Doch nach der Wahl 1985 fand sich Heidi Busch unversehens im Düsseldorfer Landtag wieder.
    Was lag näher, als sich auch hier zunächst mit der Schulpolitik zu beschäftigen. Daneben wurde die junge Abgeordnete Mitglied in der Kommission Mensch und Technik. Dieser Bereich reizte sie besonders, weil er ein breites, aber auch für sie neues Themenspektrum abdeckte.
    Aus den Erfahrungen der ersten Legislaturperiode zog die Kölnerin Konsequenzen, als sie 1990 als Nachrückerin erneut in das Parlament einzog. Nach 20 Jahren intensiver Auseinandersetzung mit der Schulpolitik sei es Zeit für einen Wechsel gewesen: Heidi Busch wurde stellvertretende Vorsitzende im Ausschuß für Jugend und Familie. Nicht frustriert, eher sich selbst anspornend meint sie, Jugendpolitik habe längst noch nicht den Stellenwert in der Politik, auch in den eigenen Reihen, den sie haben müßte.
    Vor vier Jahren erfüllte sie sich einen Wunschtraum und kaufte einen alten Bauernhof in der Eifel. Die körperliche Anstrengung bei der umfangreichen Renovierung des Hofes sei nicht nur ein willkommener Ausgleich, hier kämen ihr oft auch Ideen für die politische Arbeit.
    Ob ihr hier auch die Idee zu dem Antrag gekommen ist, bei der Errichtung von Betriebskindergärten Unternehmen und Staat gemeinsam in die Pflicht zu nehmen? Jedenfalls hatte sie das für eine Oppositionsabgeordnete seltene Erlebnis, daß ihr Vorschlag im Parlament eine Mehrheit bekam.
    Auf Zusammenarbeit mit Leuten aus den anderen politischen Lagern legt sie nicht erst seitdem besonderen Wert. Diskussionen mit Andersdenkenden seien ohnehin am interessantesten, weil man sich selbst ständig in Frage steilen müsse. So war es kein Wunder, daß Heidi Busch zu den Mitinitiatoren der sog. "Werteinitiative" gehört, in der auch Politiker aus SPD, F.D.P., Grünen und parteipolitisch ungebundenen Zeitgenossen mitarbeiten. Angestoßen durch die zunehmende Gewaltbereitschaft in der Gesellschaft, vor allem bei Jugendlichen, will diese Initiative aufrütteln und Diskussionen über die Vorbildfunktion der Politik und der Politiker ebenso in Gang bringen, wie Fragen stellen. Fragen etwa danach, was "wir falsch machen" oder "was unsere Kinder fordern".
    Ihr Engagement in dieser Initiative ist auch in der CDU anfangs nicht überall auf Verständnis gestoßen. Doch die große Resonanz über Nordrhein-Westfalen hinaus beweise, daß es der richtige Weg sei, um auch mit Menschen ins Gespräch zu kommen, zu denen man im politischen Alltag sonst kaum noch Kontakt habe. Diskussionen mit Kirchen und Vereinen, Referate auf Kongressen, der Meinungsaustausch z.B. mit Erziehungswissenschaftlern — das ist etwas, was ihren Spaß an der Politik in den vergangenen Monaten noch verstärkt hat. Und wenn es mal wieder zuviel wird, dann geht's ab auf den Bauernhof, auch da hat Heidi Busch in den nächsten Jahren noch reichlich zu tun.
    Ralf Kapschack

    ID: LI941458

  • Porträt der Woche: Marlis Robels-Fröhlich (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 11 - 14.06.1994

    Nur wenigen Parlamentariern bietet sich die optimale Konstellation, Beruf und Politik zum beiderseitigen persönlichen Nutzen zu verbinden. Bei der CDU-Landtagsabgeordneten und Fernseh-Programmacherin Marlis Robels-Fröhlich ergänzen sich beide Tätigkeitsfelder. Durch ihre berufliche Arbeit lernt die Kölnerin viele Menschen aller gesellschaftlichen Gruppen kennen, und sie wird mit deren unterschiedlichen Problemen konfrontiert. Diese Kontakte geben wiederum viele Anregungen für das parlamentarische Wirken, machen es aufgrund gewonnener Erfahrungen praxisorientiert.
    Ursprünglich wollte die gebürtige Geldernerin, Jahrgang 1937, Medizinerin werden. Doch während ihres Studiums in Köln jobbte sie beim Westdeutschen Werbefernsehen und fand zunehmend Interesse an den elektronischen Medien. So wechselte sie vom Hörsaal in das Studio, volontierte und arbeitete sich in den folgenden Jahren bis in die Fernsehdirektion hoch. Mehr als hundert Klein-Porträts über Landschaften, von der Eifel bis zum Weser bergland, machten sie ebenso bekannt, wie beispielsweise die erfolgreiche Familienserie "Auto-Fritze". Und nicht minder stolz ist Marlis Robels-Fröhlich auf die populäre Unterhaltungssendung "WWF-Club" mit Jürgen von der Lippe.
    Bereits 1967 trat die Kölnerin der CDU bei, politisch aktiv wurde sie allerdings erst mehrere Jahre später, als die Frauen- Union sie zum Mitmachen drängte. Seit 1985 gehört sie deren Landesvorstand an und seit 1988 auch dem Bundesausschuß Medienpolitik der CDU. Ihre kommunalpolitische Tätigkeit begann die Christdemokratin 1975 mit der Wahl in den Kölner Stadtrat, dem sie fast 14 Jahre angehörte. Als Sprecherin ihrer Fraktion im Gesundheitsausschuß engagierte sie sich besonders für ein "menschliches Krankenhaus" und für Humanität in der Psychiatrie. Im Kutturbereich trug die Fernsehredakteurin zum Aufbau Kölns als "NRW-Medienstadt" entscheidend bei.
    Als sogenannte Nachrückerin kam Marlis Robels-Fröhlich 1983 in den Landtag, wo ihre Fraktion sie zunächst in die Ausschüsse für Arbeit und Kultur sowie in den Rechtsausschuß berief. Heute ist sie stellvertretende Vorsitzende des Rechtsausschusses und leitet auch dessen Vollzugskommission. Als äußerst brisant bewertet die Kölnerin die derzeitige Lage des Strafvollzugs in Nordrhein-Westfalen: überfüllte Anstalten, teilweise bis zu dreißig Prozent überbelegt, große Drogen-Probleme und in den Untersuchungsgefängnissen besonders viele Jugendliche und Ausländer aus sechzig verschiedenen Nationen — und das alles bei zu wenig Personal.
    Die Christdemokratin plädiert denn auch für eine realistische Umsetzung des Strafvollzugsgesetzes. Nicht jeder Häftling beispielsweise sei nach ihrer Einschätzung fähig und willens zur Resozialisierung, und dies sollte auch berücksichtigt werden. "Also kein Zwang zu Resozialisierungskursen und ähnlichem." Jene aber, die sich auf ein straffreies Leben in Freiheit ernsthaft vorbereiten wollten, müßten die größtmögliche Unterstützung erhalten. Die Vorsitzende der Vollzugskommission erwartet vom Justizministerium entsprechende Vorschläge, "frei von jeder Ideologie".
    Als Kölnerin engagiert sich die Parlamentarierin im Landtag natürlich auch für den weiteren Ausbau ihrer Stadt als Medienzentrum. Keine andere Stadt in Nordrheinwestfalen hätte dafür bessere Voraussetzungen — mit dem WDR als größtes Funkhaus, dem Deutschlandfunk, der Deutschen Welle und RTL. Es gebe große Studios, viele mittlere und kleinere Betriebe der Medienwirtschaft, und zahlreiche Schauspieler wohnten in Köln. Die Medienpolitik des Landes sollte nicht nach dem Gießkannenprinzip betrieben, sondern konzentriert auf vorhandene Strukturen ausgerichtet werden.
    Nach zwölf Jahren im Landesparlament strebt die Journalistin, die in ihrer Freizeit gern reist und kocht, im Herbst ein neues parlamentarisches Wirkungsfeld an, den Bundestag. Wenn sie den Wechsel schafft, auch als Neuling würde die Kölnerin wegen ihrer großen Sachkenntnis in den verschiedenen Bereichen und ihres politischen Engagements bald unter ihren neuen Kollegen Beachtung finden.
    Jochen Jurettko

    ID: LI941144

  • Porträt der Woche: Bärbel Wischermann (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 8 - 26.04.1994

    Sie war die erste, die in ihrer Heimatstadt Bottrop Sprechstunden für die Bevölkerung einrichtete und die Bürgernähe suchte. Ob als Mitglied des Pfarrgemeinderates, als Schulpflegschaftsvorsitzende oder Ratsfrau, Bärbel Wischermann ist für die Sorgen und Nöte der Menschen vor Ort immer da. "Ich habe schon immer gerne mit den Leuten geredet", sagt die 49jährige, die 1990 in den Landtag kam und seit 20 Jahren Mitglied der CDU ist. Viele Ämter absolvierte sie ehrenamtlich, bevor sie sich 1974 entschied, "ich mache aktiv mit". Als Mutter von drei mittlerweile erwachsenen Kindern war und ist sie natürlich auch Ansprechpartner in Sachen Kindergarten, und zwar schon lange bevor die Diskussion über dieses Thema öffentlich entfacht wurde. Jugendliche lagen der Pädagogin schon berufsbedingt immer sehr am Herzen. Und so ist es heute nur natürlich, daß die Ratsfrau Schulausschußvorsitzende in Bottrop und zudem Mitglied im Schulausschuß des Landes ist.
    Voller Enthusiasmus diskutierte sie jüngst mit Schülern der Oberstufe. "Ich habe einfach Schulen angeschrieben. Das ist so gut angekommen, daß wir es zu einer festen Einrichtung machen." "Auch bei uns zu Hause wurde und wird immer heiß diskutiert", sagt sie im Hinblick auf manch schwierige Frage, die ihr dabei von den Gymnasiasten gestellt wurde. Ohnehin nimmt die streitbare Politikerin kein Blatt vor den Mund, riskiert eher, daß sie sich einmal unbeliebt macht, als anderen Menschen etwas vorzumachen. Ihre Devise lautet "offen und ehrlich und auch einmal verlieren können". Denn: "Jede Negativ- Erfahrung ist auch eine Form der Persönlichkeitsgestaltung." Das wichtigste in der Politik ist für sie neben absoluter Ehrlichkeit Sachkundigkeit und der Vorsatz, "sich selbst treu zu bleiben".
    Sehr viel Spaß macht ihr auch die Arbeit im Petitionsausschuß des Landtags und in der Finanzkommission des Landes. So verhalf sie etwa einer Witwe, die eine Petition einreichte, zu ihrer Rente oder einem Lehrer zu seinem Beamtenrecht. "Auch das baut Politikverdrossenheit ab, wenn die Menschen merken, daß wir uns um sie kümmern." Und genau das schreibt sie allen Parteien im Petitionsausschuß auf die Fahne. Schon deshalb wünscht sich Bärbel Wischermann für das Wahljahr 1994, "daß keine Schlammschlachten ausgetragen werden, daß es keine Kampfmethoden, verbale Angriffe oder ein Hauen und Stechen gibt."
    Ganz ehrlich gibt Bärbel Wischermann zu, daß das Privatleben bei einer 70-Stunden- Woche leider oft auf der Strecke bleibt. Denn das gehört ihrer Meinung nach ja auch zum Leben dazu. "Ich hätte gerne mal Zeit für einen Marktbummel." Und leider würde man von Bekannten oft hören: "Du hast ja doch nie Zeit." Zum Glück aber unterstützt ihr Mann ihr politisches Engagement. Abgesehen davon ist Bärbel Wischermann ein Organisationstalent. Und das muß sie angesichts einer Fülle von Ämtern auch sein. Denn sie ist nicht nur seit 1984 Geschäftsführerin des Rhein-Ruhr-Klubs, sondern auch seit 1986 Beisitzerin der Frauenunion Bezirk Ruhrgebiet sowie Mitglied der Mittelstandsvereinigung der CDU. Die wenige Freizeit nutzt sie für Spaziergänge und ihr Hobby, die Kunstgeschichte. "Ich wollte dieses Fach eigentlich immer studieren", erzählt sie. Heute profitiert sie immer noch von den Studiengängen ihrer Kinder einmal zusätzlich. Was Bärbel Wischermann macht, macht sie mit Leidenschaft. "Ich war auch gerne Hausfrau und begeisterte Mutter", erinnert sie sich gerne an die Zeit zurück. Was ist für sie der größte Erfolg in der Politik? "Wenn ich den Bürgern erklären kann, wie schwierig die Politik ist. Wenn ich dafür werben kann, Verständnis für uns zu haben", sagt die stellvertretende Kreisvorsitzende der Frauenunion in Bottrop.
    Zur Situation der Frauen auf dem politischen Parkett meint sie: "Frauen agieren zwar oft im Hintergrund, zerreden aber nicht soviel wie Männer, bringen Themen gezielter auf den Punkt." Von der Quotenregelung hält Bärbel Wischermann indes überhaupt nichts. Vielmehr glaubt sie, daß diese den Frauen im Gegenteil auch schadet. Ihre Devise ist: "Derjenige, der der Beste ist, muß auch gewinnen." Ein Problem sieht sie allerdings darin, daß heute noch überwiegend Männer Entscheidungsträger sind. Doch auch dies werde irgendwann ad acta gelegt. "Die jungen Leute — ob Mann oder Frau — gehen heute doch schon ganz anders miteinander um."Frauen seien auch dazu aufgerufen, einmal durchzuhalten. Sie selbst hat sich das Motto "Das Leben ist so spannend" auf die Fahne geschrieben. Und so wird sie nie müde, immer neue Wege zu beschreiten. Die führen sie im Urlaub beispielsweise in die Bretagne, die Normandie oder nach Griechenland. Und auch hier ist Bärbel Wischermann stets auf Entdekkungstour. Denn neben dem Fulltimejob Politik sind auch Schlösser und Kirchen ihr großes Steckenpferd.
    Andrea C. Stockhausen
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI940869

  • Porträt der Woche: Franz Skorzak (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 4 - 01.03.1994

    Ein engagierter Gewerkschafter und CDU- Mitglied "aus voller Überzeugung" - da muß er doch die falsche Gesinnung haben oder in der falschen Partei sein. Mit solchen Vorurteilen mußte sich der Ahauser CDU-Abgeordnete in seinem politischen Leben häufig herumschlagen. Doch Engagement in der CDU und in der Gewerkschaft sind für Franz Skorzak nie ein Widerspruch gewesen.
    1929 in Flensburg geboren, begann er 1943 eine Dreherlehre in einer modernen Holzverarbeitungsfirma. Die aber stand nach dem Krieg auf der Demontageliste der Engländer, so daß er sich in einem Omnibusbetrieb auch noch zum Kfz- Schlosser ausbilden ließ. Bereits mit 16 war er auf Drängen seiner Mutter in die Gewerkschaft eingetreten und wurde mit 23 bereits zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt.
    Zur CDU fand Franz Skorzak über sozialpolitische Seminare zur katholischen Soziallehre. Ihr geschlossenes Ordnungssystem habe ihn gerade nach der allgemeinen Orientierungslosigkeit in den Nachkriegsjahren fasziniert. Dort habe sein Menschenbild ein theoretisches Fundament bekommen: Der Mensch sei Individuum und Sozialwesen. Mit Sozialismus habe er ohnehin nie etwas am Hut gehabt. Und seine streng katholische Erziehung, zu der er sich bis heute bekennt, hätten auch den Grundzügen des Liberalismus widersprochen. So sei der Eintritt in die CDU 1949 beinahe zwingend erfolgt.
    Die Gewerkschaftskarriere begann nach einem Stipendium an der Akademie in Frankfurt: Gewerkschaftssekretär und CDA-Kreisvorständler in Moers, später DGB-Kreisvorsitzender in Ahaus und Mitglied des DGB-Landesvorstandes.
    Nach diversen Gremienposten in der CDU wurde Franz Skorzak 1968 zum Landrat des damaligen Kreises Ahaus gewählt, der Posten blieb ihm auch im 1974 neugebildeten Kreis Borken erhalten. Er zählt es heute zu seinen persönlichen Verdiensten, aus der fast ausschließlich durch die Textilindustrie geprägten Region einen aufstrebenden Wirtschaftsraum mit einer Vielzahl moderner Ausbildungs- und Arbeitsplätze gemacht zu haben.
    Erst 1985 ließ sich der CDU-Politiker in den Landtag wählen; der Wahlkreis Borken III ist bis heute ein CDU-Wahlkreis geblieben. Zielstrebig kämpfte er im Wirtschaftsausschuß für die Wirtschaftsförderung seines Wahlkreises und des gesamten westlichen Münsterlandes. Praktische Wirtschafts- und Strukturfragen stehen für ihn bis heute im Vordergrund, so manche Theoriedebatte hält er für überflüssig. Er selbst war nie ein Mann der großen Worte; Solidität, Nüchternheit und Bescheidenheit, aber auch Deutlichkeit und Beharrlichkeit kennzeichnen seinen politischen Stil; die praktische Umsetzbarkeit macht für ihn die Qualität politischer Konzepte aus. Den Frust als Mitglied einer Oppositionspartei, deren Vorschläge nur selten umgesetzt werden, erlebt er weniger stark als mancher Fraktionskollege; als Landrat im CDU-beherrschten Münsterland hätte er genügend Gestaltungsspielräume gehabt. Grundsätzlich hält er die Kommunalpolitik ohnehin für effektiver als die Landespolitik. Als Sprecher der CDU-Fraktion im Ausschuß für Mensch und Technik stritt Franz Skorzak in der vergangenen Legislaturperiode vehement für den Ausbau von Atomenergie und Gentechnik. Sein Credo: Der Wirtschaftsstandort Deutschland ist nur mit Hilfe der neuen Techniken zu halten. Die Risiken seien prinzipiell beherrschbar. Wer in seinem politischen Handeln von Angst geprägt sei, könne nicht rational handeln. Die Gefahren beispielsweise bei der Gentechnologie will er hinnehmen, schließlich sei letztendlich "das Künstliche dem Natürlichen immer unterlegen".
    Darüber hinaus ist Franz Skorzak ein engagierter Verfechter für die künstliche Befruchtung im Reagenzglas. Der streng katholische Abtreibungsgegner Skorzak sieht in der künstlichen Befruchtung keinerlei Problem, solange die Frau, der drei befruchtete Eizellen eingepflanzt werden, auch bereit sei, Drillinge auszutragen.
    Seit der letzten Landtagswahl bereitet sich Franz Skorzak, der vor kurzem seinen 65. Geburtstag feierte, mehr und mehr auf seinen Abschied aus der Politik vor. 1992 legte er wegen der großen Doppelbelastung sein Mandat als Landrat nieder, und auch für den Landtag will er im nächsten Jahr nicht erneut kandidieren. Zusammen mit seiner Ehefrau will sich der Vater von vier Söhnen weiter im CDU-Seniorenkreis engagieren. Angst vor dem Ruhestand hat er allerdings keineswegs, im Gegenteil: Er freut sich darauf, ausgiebig durchs Münsterland zu radeln und viel Zeit für den Garten zu haben. Politik sei zwar wichtig, aber nicht alles. Zu einem erfüllten Leben gehöre es letztendlich auch, ganz in Ruhe einfach einen Baum anzuschauen.
    Richard Hofer
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI940463

  • Porträt der Woche: Karl Wegener (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 2 - 25.01.1994

    Er zählt zu den wenigen Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag, deren Beruf Landwirt ist: Karl Wegener aus dem münsterländischen Lüdinghausen. Und noch seltener ist es, daß — wie der gebürtige Gladbecker, sich jemand neben der Bewirtschaftung eines Vierzig-Hektar-Hofes und der Ausübung des politischen Mandates auch noch in zahlreichen berufsständischen Gremien vehement für die Interessen der problembeladenen Landwirtschaft engagiert.
    Eigentlich sollte der heute 59jährige nach dem Willen der Eltern als fünftes Kind auf dem bäuerlichen Anwesen gar nicht Landwirt werden, doch es war sein Wunschberuf. So verließ Karl Wegener nach dem sogenannten .Einjährigen" das Gymnasium, absolvierte vorzeitig die Gehilfenprüfung und wurde schon mit 23 Jahren Landwirtschaftsmeister. Zwei Jahre zuvor war er bereits als Verwalter auf dem Hof angestellt worden, den er heute noch als Pachtbetrieb bewirtschaftet — das Anwesen ist übrigens das Elternhaus des Limburger Bischofs Kamphaus.
    Der Münsterländer trat 1961 in die CDU ein, nachdem die örtlichen Christdemokraten auf den Jungbauern aufmerksam geworden waren und ihn für die damalige Amtsvertretung Lüdinghausen Land nominiert hatten. Danach — bis zur Wahl in den Landtag 1990, engagierte sich Karl Wegener als Ratsvertreter und Kreistagsmitglied, als Bürgermeister, Fraktionsvorsitzender oder Mitglied der Landschaftsversammlung Westfalen- Lippe in den verschiedensten Gremien. Überraschend, daß die Schwerpunkte des Landwirts neben Raumordnung und Planung die Finanzen waren. Ich hatte immer ein gutes Verhältnis zu Zahlen und fühlte mich auch mitverantwortlich für Sparsamkeit in den öffentlichen Haushalten."
    Mit stolzen 51,1 Prozent wurde der Christdemokrat 1990 im Wahlkreis Coesfeld l in das Landesparlament gewählt, wo er sich auch als ein Vertreter der landwirtschaftlich geprägten Kreise sieht. Die Fraktion berief ihn in den Haushalts- und Finanzausschuß sowie den Petitionsausschuß. Angesichts immer stärker schrumpfender finanzieller Spielräume macht sich Karl Wegener im ersteren Parlamentsgremium für eine Umstrukturierung der öffentlichen Leistungen stark, zumal die Personalkosten weiter steigen. »Die Zeit des Verteilens von guten Gaben ist vorbei."
    Als Landtagsabgeordneter und Landwirt zugleich kämpft er natürlich auch im Parlament für die bäuerlichen Interessen. So kritisiert er, daß die EG-Richtlinien mit ihren Erschwernissen, insbesondere für die Familienbetriebe, mit "preußischer Gründlichkeit" in Nordrhein-Westfalen umgesetzt würden — "im Gegensatz zu anderen Ländern". Die Folge: die Wettbewerbsverzerrungen werden immer größer, und die Einkommensbasis wird immer geringer. "Wir hängen am Tropf der öffentlichen Hand, was natürlich die Motivation der Bauern lähmt."
    In den berufsständischen Gremien werden sein Rat und jahrzehntelange Erfahrung geschätzt, ob als Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Coesfeld oder Vorsitzender des Hauptvereins Münster, ob als Vorstandsmitglied des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes oder der landwirtschaftlichen Sozialversicherungsträger. Der Lüdinghauser Abgeordnete, verheiratet und Vater von sieben Kindern, ist fest mit der bäuerlichen Scholle verwurzelt und hütet ländliche Tradition. Auf seinem Hof leben noch drei Generationen zusammen. Inzwischen eine Seltenheit selbst auf dem Lande.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI940247

  • Porträt der Woche: Andreas Lorenz (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 20 - 30.11.1993

    Die Nachkriegsjahre mit ihrer Teilung Deutschlands prägten entscheidend den Lebensweg des Aachener CDU-Landtagsabgeordneten Andreas Lorenz. In der Nähe von Naumburg in Sachsen-Anhalt geboren, verlor der heute 55jährige promovierte Diplomchemiker während des Krieges im Kindesalter seinen Vater. Trotz aller Schwierigkeiten machte er später das Abitur und wurde dann sogleich mit den hochschulpolitischen Zwängen der früheren DDR konfrontiert. Da das "Plansoll" an Studenten in den von ihm angestrebten Studiengängen Betriebs- und Volkswirtschaft erfüllt war, mußte er auf das sozialistisch geprägte Fach Arbeitsökonomie ausweichen. Doch schon nach zwei Semestern wurde Andreas Lorenz wegen nichtkonformen Verhaltens von der Leipziger Universität ausgeschlossen und "zur Bewahrung" in einen Produktionsbetrieb verwiesen.
    Die Berliner Mauer stand damals noch nicht, und so zog er es vor, nach Westdeutschland zu wechseln. Der Westen überraschte den DDR-Studenten gleich mit einer bösen Nachricht: Sein Abitur wurde nicht anerkannt. Nach seiner Wiederholung machte er einen neuen Studienanlauf bei der Technischen Hochschule in Aachen. Da BAFÖG wie Honnefer Modell damals noch unbekannt waren, finanzierte sich der Aachener sein Chemiestudium an den Wochenenden auf einer Dortmunder Kokerei. »Jeden Freitag pendelte ich in Richtung Ruhrgebiet", erinnert sich der Christdemokrat. Nach erfolgreichem Studium war er zunächst in der Petrolchemie tätig, bis er später als Wissenschaftlicher Beamter an die TH Aachen berufen wurde. Heute doziert er ehrenamtlich über Brennstoffchemie an der Hochschule.
    Seine "hautnahen" Erfahrungen mit einem sozialistischen Staat bewogen Andreas Lorenz, sich schon früh politisch zu betätigen — "damit dieses Regime nicht überschwappt"; zunächst im Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) und wenig später in der CDU. Nach der Kommunalwahl 1975 zog der Christdemokrat in den Aachener Stadtrat ein, dem er noch heute angehört. Die Kultur und die Umwelt sind die beiden Schwerpunkte seines kommunalpolitischen Wirkens.
    So zählt er beispielsweise zu den Mitinitiatoren von Euro-Gress, einer Konzerthalle für rund 1400 Besucher. Die ehemalige Kaiserstadt habe eine große Musiktradition, was sich auch in den zahlreichen Gesangvereinen niederschlage. Und Aachen könne auf das erste von einer Bürgerschaft getragene Stadttheater verweisen. Vorsitzender des Umweltausschusses wurde er nach seiner Einschätzung, weil die Naturwissenschaftler den Vorteil haben, die Probleme "in der Sache" zu erkennen.
    Zu Beginn der Legislaturperiode im Mai 1990 wurde der Aachener in den Düsseldorfer Landtag gewählt. Seine Fraktion berief ihn in den Umweltausschuß sowie in den Ausschuß für Wissenschaft und Forschung. Da die Politik nach seiner Ansicht "eigenen Gesetzlichkeiten" folge, sei es sehr von Nutzen, aus einer Disziplin zu kommen, wo sich jede Aussage mit nachweisbaren, sich auf Naturgesetze stützenden Fakten belegen lassen müsse. Mit dieser Arbeitsweise auch an politische Probleme heranzugehen, schaffe eine große sichere Basis. So hält der CDU-Abgeordnete auch wenig von emotionellen politischen Entscheidungen. "Da fällt man letztlich auf den Bauch."
    Weil Nordrhein-Westfalen nur über Kohle verfüge, brauche es, so Andreas Lorenz, dringend die Wissenschaft und Forschung. "Von der Umsetzung in die Technik leben wir." So dürfe sich gerade NRW aus der "ureigensten Länderaufgabe", der Hochschulpolitik, nicht etappenweise zurückziehen. "Wir brauchen heute hochqualifizierte Menschen."
    Wenn auch die Politik nach eigener Einschätzung sein Hobby ist, so ist der Vater von drei Kindern gleichzeitig ein begeisterter Schwimmer. Der Abgeordnete war mit 17 Jahren der jüngste Schwimmeister Deutschlands und mußte damals bereits in der früheren DDR die Verantwortung über ein Schwimmbad übernehmen. Heute ist er Vorsitzender des Sportvereins für Kunst- und Turmspringen SV Neptun Aachen, eines Vereins mit internationalem Ruf.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI932079

  • Porträt der Woche: Manfred Kuhmichel (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 18 - 09.11.1993

    Für Manfred Kuhmichel (50) war es eine "reizvolle Sache", als er 1990 nach erstmaliger Wahl in den Landtag von der CDU- Fraktion in den Schulausschuß entsandt wurde. Reizvoll deshalb, weil er nach 25 Jahren im Schuldienst nun nicht mehr direkt von der Schulpolitik betroffen war, sondern sie — wenn auch aus der Opposition heraus — mitgestalten konnte. Zwölf Jahre lang hat er als Rektor die Mallinckrodt-Hauptschule in Altenessen im Essener Norden geleitet. Im Laufe seines Berufslebens habe er "von Anfang an alles miterlebt", nämlich die Einrichtung des eigenen Hauptschul-Bildungsganges und die Bildungswerbung in den 60er Jahren wie auch die heranwachsende Konkurrenz durch die Gesamtschule.
    Trotz der zurückgegangenen Bedeutung der Hauptschule möchte er — wie auch die CDU in Nordrhein-Westfalen — den verfassungsrang der Hauptschule gesichert sehen, vielen Schülern bietet die Hauptschule, davon ist Kuhmichel überzeugt, größere Chancen als andere Schulformen. In dem von seiner Partei entwickelten Konzept der differenzierten Mittelschule sieht er eine Möglichkeit, durch ein Zusammengehen mit der Realschule im ländlichen Raum die Hauptschule auch einzügig erhalten zu können. Gerade in kleinen Gemeinden sei die Hauptschule als Träger des Kulturangebotes besonders wichtig. Ebenso müsse stärker ins Bewußtsein gerückt werden, daß die Hauptschule den Weg öffne bis hin zu einer Studiermöglichkeit. Kuhmichel: "Dies kommt dem Bohren dicker Bretter gleich, solange Eltern sich nach wie vor quasi schon bei der Zeugung überlegen, wie sie ihr Kind zum Abitur bringen."
    Auch Kuhmichels zweiter Ausschuß- Wunsch ist in Erfüllung gegangen, er gehört dem Ausschuß für Wissenschaft und Forschung an. Aufgrund der Kulturhoheit hätten ja beide Ausschüsse gesetzgeberische Funktionen, so daß dort auch Politik direkt umgesetzt werden könne. Die Arbeit in beiden Ausschüssen hat ihm wiederbewußt gemacht, wie wichtig es sei, daß in der Schule Studierfähigkeit vermittelt werde.
    Als Basis seiner Arbeit im Landesparlament bringt Kuhmichel jahrelange kommunalpolitische Erfahrungen mit. Im Essener Süden — er wohnt im 1970 nach Essen eingemeindeten ländlichen Burgaltendorf — ist er seit 1979 dreimal direkt in den Rat der Stadt gewählt worden, wo er sechs Jahre lang stellvertretender Fraktionsvorsitzender war. In den Landtag rückte er allerdings nur über die Reserveliste ein, obwohl sein Wahlkreis über Jahrzehnte hinweg eine "sichere Bank" für die CDU gewesen war. 1980 war der Wahlkreis erstmals für die CDU "gekippt" und an die SPD gefallen. 1985 und 1990 wiederholten sich die Wahlniederlagen, doch Kuhmichel will alles daransetzen, den Wahlkreis 1995 für seine Partei zurückzugewinnen. So macht er sich Mut: 1990 betrug die Differenz im Wahlergebnis von SPD (44 Prozent) und CDU (38 Prozent) nur noch sechs Prozent, nachdem der Unterschied 1985 bei elf Prozent gelegen habe.
    In seiner Partei hat sich Kuhmichel schon früh engagiert, seit 17 Jahren leitet er den CDU-Ortsverband Burgaltendorf, in Essen ist er stellvertretender CDU-Vorsitzender. In der Politik versteht er sich nicht als "Harmoniker", in der Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner gelte für ihn: angriff muß sein." In der eigenen Partei sei er jedoch nicht sehr glücklich darüber, daß es auch Streit um des Streites willen gebe. Gelegentlich werde die Sache vorgeschoben, wo es doch nur um Personen gehe. Kuhmichel: "Das stört, das hindert die Arbeit, das bremst die CDU, wenn es manchem immer nur um eine parasitäre Profilierung geht." Über die Jahre hätten sich wohl in allen Parteien Spezialisten entwickelt, die weniger durch politische Arbeit auffielen, sondern eher als "Profi- Kritiker".
    Von seiner Familie fühlt sich Manfred Kuhmichel voll gestützt in der politischen Tätigkeit. Nicht ohne Stolz erzählt er, daß die beiden Kinder schon im Alter von 16 Jahren in die CDU eingetreten sind, "ohne daß ich Druck ausgeübt hätte". Mit regelmäßigem Tennisspiel hält er sich fit. Der ehemalige aktive Fußballer und Handballer ist Mitglied der Bundesligisten Schalke 04 und Tusem Essen.
    Ludger Audick
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI931849

  • Porträt der Woche: Ruth Hieronymi (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 17 - 26.10.1993

    Ob im Plenum oder Hauptausschuß des Düsseldorfer Landtages, ob im Rundfunkrat des Westdeutschen Rundfunks oder im Landesvorstand ihrer Partei — die CDU- Abgeordnete Ruth Hieronymi vertritt stets couragiert wie sachkundig ihre Meinung. Und auch wenn ihre kämpferischen Worte mitunter nicht das Gefallen der Parteifreunde — und erst recht nicht ihrer politischen Widersacher — finden, müssen sie doch schließlich das überzeugende Engagement der gelernten Historikerin anerkennen. Die 44jährige Bonnerin nimmt ihre Mandate sehr ernst; ist bereit, auf sehr viel persönliche Freizeit zu verzichten. Und mit einer guten Portion rheinischer Fröhlichkeit geht sie auch an für sie besonders schwierige Aufgaben heran.
    In Beuel geboren, besuchte sie die Volksschule und schloß das Gymnasium mit dem Abitur ab. Unmittelbar danach heiratete sie, und Studium sowie Hausfrauen- und später Mutter"pflichten" liefen dann nebeneinander her. Ruth Hieronymi studierte Geschichte und Soziologie und absolvierte später das Magisterexamen. Als damals 24jährige trat sie 1971 in die CDU ein, wurde noch im selben Jahr Vorsitzende der Jungen Union in Beuel und nahm im Bezirksausschuß ihrer Heimatstadt die ersten kommunalpolitischen Aktivitäten auf. Später, 1975, wurde sie in den Bonner Stadtrat gewählt und engagierte sich dort 15 Jahre lang insbesondere im sozialen Bereich, war auch Vorsitzende des Ausländerbeirates. Zwischendurch gehörte die Stadtverordnete eine Legislaturperiode der Landschaftsversammlung Rheinland an.
    Das Vertrauen der Parteimitglieder berief Ruth Hieronymi in zahlreiche Ämter: Landesvorsitzende der Jungen Union Rheinland, Mitglied des Landesvorstandes der CDU Rheinland und nach deren Fusion 1986 mit der westfälischen Landespartei, Landesvorstandsmitglied der NRW-CDU. Dem Führungsgremium der Bonner Christdemokraten gehört Ruth Hieronymi bereits seit 1973 an.
    Als sie 1985 erstmals in den Düsseldorfer Landtag einzog, widmete sie sich insbesondere dem sozialen Bereich, den Problemen von Jugend und Familie. Dabei setzte sie angesichts knapper öffentlicher Mittel auf die Selbsthilfegruppen. "Ob es nun Frauen, Behinderte, Ausländer oder ältere Menschen sind, sie alle müssen lernen, wie man sich am besten gegenseitig und untereinander hilft." Fünf Jahre später, zu Beginn der laufenden Legislaturperiode 1990, wählte ihre Fraktion die Bonnerin zur stellvertretenden Vorsitzenden und entsandte sie als Sprecherin in den gewichtigen Hauptausschuß. Dort engagiert sich die Christdemokratin in der Europa- und Medienpolitik, sie beschäftigt sich mit Verfassungs- und Bundesratsangelegenheiten. Als besondere Anerkennung ihrer Arbeit dürfte die Berufung in die damalige Verfassungskommission von Bundestag und -rat gegolten haben. Heute ist die Landesparlamentarierin besonders froh über den neuen Artikel 23 im Grundgesetz, der die Beteiligung der Bundesländer in der Europäischen Gemeinschaft sichert.
    Als leidenschaftliche Kämpferin für die Vielfalt von öffentlich-rechtlichem und privatem Rundfunk gewinnt sie immer wieder Aufmerksamkeit im Landtag wie im Rundfunkrat des Kölner Senders. Bereits in den achtziger Jahren focht sie für die duale Rundfunkordnung. Heute möchte sie die Medienpolitik nicht, wie sie den Sozialdemokraten vorwirft, auf eine "reine Standortpolitik" reduziert sehen, sondern die anstehenden Probleme, wie die Gewaltdarstellung im Fernsehen und die sich abzeichnende Medienkonzentration, müßten durch eine sachgerechte Novellierung des Rundfunkstaatsvertrages gelöst werden.
    Bislang vergeblich allerdings probte die Christdemokratin den aufstand" gegen die Geheimniskrämerei im Rundfunkrat. Sie kann es nicht verstehen, daß man die Tagesordnung dieses Aufsichtsgremiums — wie in einem Kommunalparlament — nicht in einen öffentlichen und einen nichtöffentlichen Teil gliedern kann. Und die Rundfunkrätin äußert sich betroffen über die "Selbstgerechtigkeit" im WDR. In den letzten zehn Jahren habe man keiner Programmbeschwerde stattgegeben, keine sei im Rundfunkrat "durchgekommen". Da stimme nach ihrer Einschätzung etwas nicht, "denn so perfekt kann keiner sein". Und auch nur, wenn der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag zur Pluralität erfülle, sei seine weitere Existenz gerechtfertigt, betont die Medienpolitikerin unmißverständlich. Sie schätzt klare Worte.
    Bei so viel Engagement in den verschiedensten Bereichen bleibt die Zeit für Hobbys und persönliche Neigungen knapp. Doch das ist das Los vieler Politiker, die oft zu Unrecht und pauschal in der Öffentlichkeit attackiert werden.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI931755

  • Porträt der Woche: Gudrun Reinhardt (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 15 - 05.10.1993

    Für die jüngst von CDU-Fraktionschef Helmut Linssen geforderte "Rückbesinnung" auf die Werteerziehung und -Verantwortung in Schule und Gesellschaft focht sie schon in den siebziger Jahren, wo die antiautoritäre Erziehung mit ihren negativen Begleitfolgen vor allem in der Schule "in" war: Gudrun Reinhard! wehrte sich zunächst als Schulpflegschaftsvorsitzende in Siegen und später als engagiertes Mitglied des Elternvereins NW landesweit gegen die sogenannte Konflikttheorie, die, so die CDU-Abgeordnete heute, "den Kindern beibringen sollte, sich von allem zu befreien". Damals habe sich eine "Spaltung" zwischen Schule und Elternhaus vollzogen. "Drucksachen" seien an Schulen verteilt worden, die "regelrecht gegen das Elternhaus aufwiegelten", erinnert sich die Mutter von zwei Söhnen.
    So war es für Gudrun Reinhardt, die im pommerschen Köslin geboren wurde, auch eine Selbstverständlichkeit, daß sie sich der Bürgeraktion gegen die von der damaligen SPD/F.D.P.-Koalition geplanten Kooperativen Schule anschloß, weil sie sie als einen "vorbereitenden Schritt zur Einheitsschule" beurteilte. "Das Volksbegehren war eine große Sache, es solidarisierte viele Eltern." Der Erfolg ist für sie auch heute noch ein Beweis, daß man mit großem Engagement vieles bewegen könne. Sie befürwortet daher auch die angestrebte Parteireform der NRW-CDU mit einer stärkeren Mitwirkung der Mitglieder. "Das Votum der Basis müssen wir dann sehr ernst nehmen."
    Anfang 1979 trat die Siegenerin der CDU bei und wurde noch im selben Jahr in den Stadtrat gewählt. Neben der Sozial- und Altenpolitik war der Schulbereich für ihr kommunales Betätigungsfeld vorprogrammiert. "Wir waren eine der ersten Kommunen, wo die Gesamtschule mit Brachialgewalt zu Lasten eines Gymnasiums durchgesetzt werden sollte." Dem ersten Anlauf, der auch die SPD-Fraktion spaltete, konnten sich deren Gegner erwehren, später wurde sie doch noch gegründet.
    Vor der letzten Landtagswahl 1990 bewarb sich die stellvertretende CDU-Vorsitzende des Kreises Siegen-Wittgenstein um ein Mandat, und ihre Partei wählte sie auf einen aussichtsreichen Platz der Landesreserveliste. Im Düsseldorfer Landesparlament engagiert sich die Christdemokratin wieder vor allem in der Schulpolitik und kämpft für die Erhaltung des gegliederten Schulwesens, weil es nachweislich das beste für eine begabungsgerechte Ausbildung der Kinder sei. In diesem Zusammenhang kritisiert sie die ungleiche Behandlung der herkömmlichen Schulen und der Gesamtschulen durch die Landesregierung. So seien in der Vergangenheit beispielsweise zahlreiche Anträge gegliederter Schulen auf einen Ganztagsbetrieb abgelehnt worden, während im gleichen Zuge Gründungsbegehren von Gesamtschulen genehmigt worden seien. Nach ihrer Einschätzung konzentrieren sich auch heute noch die Richtlinien und Lehrpläne der nordrhein-westfälischen Schulen, Insbesondere die für den Politikunterricht, auf das Erziehungsziel der "Selbstverwirklichung" und lehnten alles ab, was auf Bindungen gerichtet sei. Die Parlamentarierin forderte demgegenüber u.a., daß die grundlegenden christlichen Erziehungsziele nicht auf den Religionsunterricht beschränkt bleiben dürften, sondern auch in den anderen Unterrichtsfächern Berücksichtigung finden müßten. Nach dem Abitur studierte Gudrun Reinhardt Mathematik, Romanistik und Sport an der Frankfurter Universität und absolvierte das Sportexamen. Die angehende Pädagogin heiratete, und die berufliche Laufbahn ordnete sie der Familiengründung unter — was sie übrigens nicht bereut hat. Der Schule blieb sie trotzdem nahe als engagierte Elternvertreterin. Neben ihrer parlamentarischen Tätigkeit widmet sich die Siegenerin der klassischen Musik und besucht gern Konzerte. Zuweilen kann man sie aber auch auf dem Tennisplatz oder auf dem Tanzparkett sehen.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI931535

  • Porträt der Woche: Laurenz Meyer (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 14 - 21.09.1993

    Der Kompromiß ist ein wesentliches Element auf dem Weg zur politischen Entscheidungsfindung. Laurenz Meyer würde diesen Satz bedenkenlos unterschreiben. Vor einem Kompromiß aber müssen für ihn die divergierenden Meinungen aufeinandertreffen, auch "in aller gebotenen Härte", wie er betont "Ungeschminkt die Meinung sagen, selbst wenn's weh tut", das ist für den Westfalen eine wichtige Voraussetzung für die politische Arbeit. Erst wenn im politischen Streitgespräch die Zielvorstellungen klar herausgearbeitet worden sind, lassen sich, so Meyers Erfahrung, die Ausmaße eines Kompromisses ausloten. Verloren hat für ihn, wer schon zum Zeitpunkt der noch kontrovers geführten Diskussion die Kompromißformel vorwegnimmt.
    Diese Einstellung zur politischen Streitkultur hat dem Diplom-Volkswirt nicht immer nur Freunde geschaffen. Dennoch ist ihm dafür per saldo mehr Anerkennung als Ablehnung zuteil geworden, wie sein politischer Lebenslauf zeigt.
    Sein erstes "öffentliches Engagement" endete im Eklat, allerdings bewußt kalkuliert: Als Oberschüler, gegen Ende der 60er Jahre, gebärdete sich Meyer als Störenfried auf einer NPD-Versammlung mit Alfred von Thadden. Dessen Rede unterbrach der damalige Twen immer wieder durch laute Zwischen fragen, so lange, bis von Thadden diesen unbequemen Geist von seinen braunen Saalordnern an die Luft befördern ließ.
    Heute nennt Meyer diese Situation ein Schlüsselerlebnis, führte sie ihn doch hin zur aktiven Auseinandersetzung mit politischen Themen. Bis dahin hatte er Politik eher aus den Diskussionen im Elternhaus erlebt. Alsbald fand er über seinen Freundeskreis ersten Zugang zur Jungen Union (JU) und trat, nachdem er als Gast an einer für ihn sehr bedrückenden Berlinfahrt teilgenommen hatte, 1968 in die CDU ein.
    Politisches Rüstzeug erhielt er vor allem beim Bundestagsabgeordneten Professor Günther Rinsche, für den er als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Wahlkreis- Assistent arbeitete. Gleich nach Ende seines Volks- und Betriebswirtschaftsstudiums in Münster wurde Meyer 1975 in den Stadtrat von Hamm gewählt. Schon als stellvertretender Kreisvorsitzender der Jungen Union und JU-Landesvorstandsmitglied war er Bürgervertreter im Jugendwohlfahrtsausschuß gewesen. Dem Hammer Stadtrat gehört Meyer seither ohne Unterbrechung an, inzwischen als Fraktionsvorsitzender der CDU.
    Wichtige Erfahrungen sammelte er in dieser Zeit auch als Mitglied im Wirtschaftsausschuß und über elf Jahre als Vorsitzender des Kulturausschusses. 1980 wurde Laurenz Meyer in den Landesvorstand der CDU Westfalen gewählt. Dort und im Fachausschuß Wirtschaft der Westfalen-CDU begann die Zusammenarbeit mit Christa Thoben, seiner Vorgängerin im Amt der wirtschaftspolitischen Sprecherin der Landtagsfraktion. Erfahrungen, die sich für ihn als parteipolitischer Karriereknick nach oben auswirken sollten. Nachdem sich Frau Thoben für den Weg aus der Politik zurück in die Wirtschaft entschieden hatte, nominierte ihn die Ruhr-CDU als Landtagsabgeordneten und sicherte seine Kandidatur über die Landesreserveliste ab.
    Als schließlich die CDU-Landtagsfraktion ihn gleich zum neuen wirtschaftspolitischen Sprecher wählte, erhielt Meyer von einigen den Stempel des Großindustrie- Lobbyisten. Eine Einschätzung, die er sich selbst nur damit erklären kann, daß man ihn vor allem nach seinem Hauptberuf — Hauptabteilungsleiter in der Dortmunder VEW-Hauptverwaltung — beurteilte. Gegen das Vorurteil über seine Person mußte er anfangs der Legislaturperiode noch heftig ankämpfen. Meyer selbst sieht sich "eher als Sprecher der kleinen und mittleren Unternehmen", die kaum irgendwelchen Einfluß bei den Kommunen oder beim Staat haben. Ihnen gilt seine deutliche Sympathie, für sie macht er Wirtschaftspolitik. Diese Aufgabe erfüllt ihn auch in der Opposition.
    Die einzige wirkliche Schwierigkeit macht dabei nicht etwa die SPD-Mehrheitsfraktion, sondern der Wirtschaftsminister selbst. »Herr Einert vertritt immer häufiger Positionen, die ich als CDU-Politiker übernehmen könnte." Geschickt blocke so jedoch der Minister viele der CDU-Argumente ab, setzte aber gleichwohl seine öffentlichen Ankündigungen politisch nicht durch. Um so beharrlicher hält Meyer mit seinem in 25 Jahren politischer Arbeit bewährten Rezept dagegen: Erst die Konflikte deutlich herausstellen, um anschließend daraus den für alle tragfähigen Kompromiß zu entwickeln. Denn — siehe oben — ohne vernünftige Kompromisse ist für Laurenz Meyer eine vernünftige Politik nicht denkbar.
    Sievert Herms
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI931458

  • Porträt der Woche: Karl Meulenbergh (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 12 - 29.06.1993

    Der "Meulenberhg-Hof" in Hofstadt im Kreis Aachen wird bereits von der fünften Generation geführt, und sein heutiger Besitzer, der CDU-Abgeordnete Karl Meulenbergh, hat im Gegensatz zu zahlreichen anderen Landwirten keine Sorge, daß diese Tradition sich nicht weiter fortsetzen würde. Eines Tages wird sein Sohn das bäuerliche Erbe übernehmen. Die Bodenständigkeit und das nachbarschaftliche Engagement der Meulenberghs dokumentiert auch ihr Stammbuch, das bis zum Jahre 1750 reicht. So waren die meisten Vorfahren des Parlamentariers auf den verschiedensten Ebenen ehrenamtlich tätig — ob als Bürgermeister, Schöffe oder in einem ähnlichen Amt. So ist es denn auch nicht verwunderlich, daß Karl Meulenbergh in einer Straße in Herzogenrath-Merkstein wohnt, die nach seinem Urgroßvater, dem Ehrenbürgermeister jener Landgemeinde, benannt ist.
    Der heute 49jährige Landwirt wurde in Merkstein geboren, und schon damals war zumindest der berufliche Weg vorgezeichnet: Mittlere Reife, Ausbildung zum Landwirtschaftsgehilfen bei der Landwirtschaftskammer Rheinland und Besuch der Landwirtschaftsschule, Höhere Landbauschule mit Abschluß als Diplom-Agraringenieur. Für Karl Meulenbergh beginnt der Tag um sechs Uhr morgens, und wenn ihn keine Termine als Landtagsabgeordneter oder Kreistagsmitglied binden, widmet er sich dem bäuerlichen Betrieb. Und während die meisten seiner Parlamentskollegen in der Sommerpause den verdienten Urlaub genießen, ist der Mähdrescher die "Wirkungsstätte" des Herzogenrathers.
    Mit 28 Jahren trat Karl Meulenbergh der CDU bei — "wie es sich damals für eine konservative Familie gehörte". Und schon vier Wochen später wählte man ihn zum Ortsvorsitzenden. Bereits ein Jahr danach gehörte der Christdemokrat dem Rat der Stadt Herzogenrath und dem Kreistag des Kreises Aachen an. Während der Christdemokrat das Ratsmandat nach dem Einzug in den Düsseldorfer Landtag 1990 niederlegte, engagierte er sich noch als Fraktionsvorsitzender — seit 1976 übrigens — im Kreisparlament. Auch beschäftigt er sich dort mit Finanzfragen.
    Seine Fraktion berief den "Neuling" denn auch in den gewichtigen Haushalts- und Finanzausschuß. Wie schon damals in den Kommunalparlamenten (,das ist in meinen 17 Haushaltsreden nachweisbar"), macht sich der Christdemokrat nun auch in Düsseldorf für einen "schlanken Staat" stark. Als wichtige Voraussetzung nennt er die Privatisierung öffentlicher Aufgaben. Der Staat sollte sich aus allen Dienstleistungen zurückziehen, die effektiver und kostengünstiger von privaten Unternehmen ausgeführt werden könnten. So käme es denn auch automatisch zu einem Bürokratieabbau, der heute angesichts der bedrohlichen Finanzlage der öffentlichen Hand um so dringender sei.
    Tiefe Einschnitte sieht der Kommunalpolitiker Karl Meulenbergh auch durch den Solidarpakt auf die Städte und Gemeinden zukommen. Die Vereinbarungen zum Aufbau der neuen Bundesländer seien zwar zu begrüßen, lösten allerdings erhebliche Finanzierungsprobleme aus. Er fordert daher eine gerechte Verteilung der Lasten zwischen dem Land und seinen Kommunen. Außerdem dürfe es keine weiteren Belastungen durch das Land geben, vielmehr sollten den Gemeinden Leistungsreduzierungen ermöglicht werden. In diesem Zusammenhang greift der CDU- Abgeordnete auch in die aktuelle Diskussion über die Verlängerung der Arbeitszeit im öffentlichen Dienst ein. Er plädiert für eine Mehrarbeit von einer Stunde für alle Arbeitnehmer. Das wäre nicht nur ein Beitrag zur Deutschen Einheit, sondern durch die zusätzliche Arbeitsstunde würde nach seiner Einschätzung auch die Wirtschaft "in Schwung kommen". Der Trend zu immer kürzeren Arbeitszeiten sei nicht unumkehrbar.
    Mit Tennis hält sich Karl Meulenbergh fit für seinen 16-Stunden-Tag. Auch spielt er noch regelmäßig in der Bezirksklasse der Senioren. Die entstehenden Zeitprobleme löst er mit seinem persönlichen Grundsatz, alles was für einen erstrebenswert sei, könne man auch durch Planung koordinieren. Und der Herzogenrather hat Gefallen an seinem bäuerlichen Beruf wie an seinem Mandat.
    Jochen Jurettko
    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI931253

  • Porträt der Woche: Horst Jäcker (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 8 - 11.05.1993

    Die Stätte seiner ersten Berufsausbildung hat einen klangvollen Namen — das Segelschulschiff "Deutschland", und drei Jahre lang sah er als Leichtmatrose alle Kontinente: Horst Jäcker wollte eigentlich Kapitän werden. "Doch dann merkte ich, daß die Ozeane doch nicht mein 'Zuhause' sind", begründet der sauerländische CDU-Abgeordnete seinen zweiten beruflichen Start als Industriekaufmann. Später wechselte er in die Versicherungsbranche und ist heute Generalagent einer schweizerischen Versicherungsgesellschaft.
    Mit 17 Jahren trat der gebürtige Werdohler, Jahrgang 1941, der Jungen Union bei, vier Jahre später der CDU. Mehr als zwei Dutzend Jahre führte er den CDU-Ortsverband, und heute ist er dessen Ehrenvorsitzender. In der 22000 Einwohner zählenden Gemeinde fest verwurzelt, gehört Horst Jäcker seit 1969 nicht nur dem Gemeinderat an — und ist seit 1972 erster stellvertretender Bürgermeister —, sondern auch vielen Vereinen. So ist er auch Vorsitzender des Fördervereins der Realschule Werdohl, der sich bemüht, die Schule durch Spenden mit zusätzlichem Lehrmaterial, beispielsweise Computern, auszustatten. Dem früheren aktiven Wasser- und Handballer liegen insbesondere die Sportler am Herzen. Seit drei Legislaturperioden leitet der Vorsitzende des Schwimmvereins Werdohl auch den Sportausschuß des Kommunalparlamentes und tritt dort aus eigener Erfahrung engagiert für die Belange der Vereine und deren ehrenamtliche Mitarbeiter ein. Sein Wirken fand in der Verleihung des Großen Ehrenringes der Stadt 1989 öffentliche Anerkennung.
    Über die Landesreserveliste kam Horst Jäcker 1985 erstmals in den Düsseldorfer Landtag, dessen Präsidium er heute angehört. Fünf Jahre später, zu Beginn der neuen Legislaturperiode, berief seine Fraktion den Sauerländer in seinen "Wunschausschuß", den Sportausschuß. Dort hatte er im letzten Jahr einen persönlichen Erfolg zu verbuchen. Insbesondere auf Betreiben des Ausschusses wurde der Sport in der Landesverfassung verankert und somit dessen gesellschaftspolitische Bedeutung "aufgewertet". Nach seiner Einschätzung sind sich viele Parlamentskollegen nicht bewußt, welch große Bedeutung der Sport für die Gesundheit und die individuelle Freizeitgestaltung hat. Trotz der fast fünf Millionen Mitglieder in etwa 20000 Vereinen habe der Sport in den Parlamenten keine starke Lobby. So wirbt der CDU-Abgeordnete beispielsweise für eine Anhebung der Zuschüsse für Übungsleiter und der steuerfreien Aufwandsentschädigung. Den ehrenamtlich Tätigen müsse zumindest ein Teil ihrer Unkosten ersetzt werden.
    Ein weiterer Interessenbereich ist natürlich die Kommunalpolitik. In diesem Zusammenhang beklagt er, daß den Kommunen mit ihrem engen finanziellen Spielraum auch noch das Abwasserbeseitigungskonzept aufgebürdet werde. Angesichts eines Anschlußgrades von ohnehin schon neunzig Prozent sollte es zeitlich gestreckt werden. "Anstatt die 100-Prozent-Marke zu erreichen, sollten wir besser in Ostdeutschland auf wenigstens fünfzig Prozent kommen." Und vehement wandte er sich bei der damaligen Funktionalreform-Debatte gegen das Vorhaben, den 13 Städten unter 25000 Einwohnern das Bau- und das Jugendamt zu nehmen, und damit ein Stück Selbständigkeit. Nicht zuletzt auf Druck des Ausschusses für Städtebau und Wohnungswesen, deren Mitglied der Abgeordnete ist, konnten die Städte selbst entscheiden, ob sie beide Ämter in eigener Verantwortung weiterführen wollten. Der Parlamentarier engagiert sich seit 1985 übrigens auch im Hauptausschuß des Städte- und Gemeindebundes.
    Der Vater von zwei Töchtern zählt zu jenen Abgeordneten und Politikern, die sich nicht "nach vorn" drängen und auch keine Schlagzeilen auf sich ziehen; entsprechend ihres Mandatsauftrages tun sie mit viel persönlichem Einsatz ihre Pflicht.
    Jochen Jurettko

    ID: LI930847

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