Der Abgeordnete Breuer gehört zu der stattlichen Schar jüngerer Politiker in der CDU, die noch längst keine "40" auf dem Buckel haben, aber dennoch unübersehbar in die Verantwortung drängen. Michael Breuer (den zweiten Vornamen Thomas führt er zwecks Unterscheidung vom Vater, der ebenfalls Michael heißt) ist erst 31 Jahre alt. Er machte Abitur, als Helmut Kohl schon drei Jahre Bundeskanzler war und 22 Jahre an der Spitze der CDU Deutschlands stand. Wiewohl Breuer dem imaginären Kohl-Fanclub nicht angehört, spricht er doch voller Respekt über die politische Statur des Pfälzers. Breuer teilt dazu Kohls Optimismus, was einen erneuten Sieg bei der Bundestagswahl am 27. September kommenden Jahres angeht. Der Kanzler werde es wieder schaffen, wie schon so oft in der Vergangenheit. Breuer hat Kohl auf Deutschland-Tagen der Jungen Union und bei zahlreichen CDU-Bundesparteikongressen erlebt. Das sei schon eine beeindruckende Persönlichkeit, sagt der junge Landtagsabgeordnete aus dem Erftkreis.
Als Vorbild betrachtet er Kohl nicht. Schon gar nicht möchte er Politik derart wie Kohl zum Lebensinhalt von jungen Jahren an werden lassen. Überhaupt: Das Wort "Vorbild" erscheint dem studierten Volkswirt, der in Bonn beim späteren Nobelpreisträger Reinhard Selten Examen gemacht hat, in Bezug auf jede denkbare andere Person als zu hoch gegriffen.
Michael Breuer kommt vom Dorf, genauer aus Ahrem bei Lechenich, das wiederum zu Erftstadt gehört. Zuhause wuchs er zusammen mit drei Schwestern, zwei älteren und einer jüngeren auf. Der Vater ist Rheinländer, die Mutter stammt aus Oberschlesien. Politik, besonders Kommunalpolitik war im Haus von Stadtrat Breuer senior Gesprächsstoff. Das junge Leben von Breuer junior verlief in bürgerlich-geordneten Bahnen. Aktiver Fußballer bei Rot-Weiß Ahrem, Meßdiener, regelmäßiger Kirchgang, Gymnasiast in Lechenich, Eintritt in die Junge Union als Abiturient 1985, wenig später Mitgliedschaft in der CDU.
Mit 20 Jahren gab Breuer das Fußballspielen auf, heute schaut er gelegentlich bei Heimspielen von Borussia Mönchengladbach, seinem rheinischen Lieblingsverein, zu. Die freie Zeit ist knapp geworden. Das Bücherlesen beschränkt sich beinahe auf die Ferien. Jogging als Ausgleichs- Aktivität zu der vielen Schreibtischarbeit kommt auch nur an den Wochenenden vor. "Ja", sinniert der Politiker im Gespräch, "wenn man so darüber redet, stellt man fest, wie wenig Hobbys einem geblieben sind." Breuer wird dabei nicht melancholisch, er ist ein eher lockerer Typ, wie das heute heißt, ein positiv Denkender, kein Grübler.
Im Landtag, dem Breuer seit 1995 angehört, wurde er gleich zu Beginn mit Arbeit gut versorgt. Er gehört den Ausschüssen für Haushaltskontrolle, für Wissenschaft und Forschung, für die Verwaltungs-Strukturreform sowie als stellvertretendes Mitglied dem Haushalts- und Finanzausschuß an. Besonders die älteren Kollegen seien zu Anfang sehr hilfsbereit gewesen. Der Wirtschaftsfachmann ist klug genug, nicht erkennen zu lassen, wie ihn der oft fehlende ökonomische Sachverstand im Parlament irritiert. Er weicht der entsprechenden Frage aus mit dem Hinweis, es sei schade, wie wenig klar den Leuten generell die Konsequen von Haushalts- und Finanzpolitik seien. Er bemühe sich, die komplexen Sachverhalte so einfach wie möglich darzustellen. Breuer, der eine Ader für wissenschaftliches Arbeiten in seinem Fach hat (er war zweieinhalb Jahre am Institut für Mittelstandsforschung tätig) arbeitet seit 1993 auf Stundenbasis für eine Kölner Wirtschaftsberatungs-Gesellschaft. Er kann sich gut vorstellen, einmal ein Unternehmen zu leiten oder gar ein solches zu gründen. Dann wäre allerdings Schluß mit der Politik. In Kampflaune gerät der CDU-Mann, wenn er über die nötige Verwaltungs-Strukturreform und diejenigen, die dabei auf der Bremse stehen, spricht. "Wir sind in den Behörden noch Kilometer weit weg von der Dienstleistungsgesellschaft; haben Sie schon einmal versucht, nach 17 Uhr in einem Amt auch nur eine Nachricht zu hinterlassen?"
Breuer ist Optimist genug, seiner Partei in NRW eine bessere Zukunft vorauszusagen. Man müsse nur die riesigen Defizite der Landesregierung glasklar herausstellen. Fleißarbeit und eine konsequente Oppositionspolitik seien nötig. "Schauen Sie sich die niedrige Investitionsquote in NRW an, das ist doch erschreckend. Schauen Sie sich die Vorbehalte gegen Gen- und Biotechnologie bei Rot/Grün an." Ein klares Bekenntnis zum Euro ist für den Politiker und Volkswirt selbstverständlich. Natürlich zeigt er sich schlüssigen ökonomischen Argumenten, etwa des Bundesbankpräsidenten und anderer Fachleute gegenüber aufgeschlossen. Indes: Wichtiger als alle wirtschaftswissenschaftlichen Einwände ist ihm die politische Bedeutung der europäischen Union, "dem entscheidenden Thema meiner Generation", wie Breuer formuliert. Der Euro müsse kommen. Es fehlte nicht viel, und er hätte wohl ein Kohl'sches "Punkt, Aus, Feierabend" hinzugefügt.
Der Abgeordnete kritisiert Politiker, die es nicht fertigbringen, den Menschen überzeugend die Vorteile der europäischen Währung zu erklären. Es fehle an Aufklärung über den Euro.
Der 31jährige Erftstädter ist verheiratet und noch kinderlos, wie er erzählt. Der Freundeskreis ist nicht CDU-lastig. Anders als vielen seiner Mitmenschen liegt Breuer nicht sonderlich viel daran, zu verreisen. "Einmal Urlaub im Jahr das ist mir eigentlich genug, aber ich vermisse auch nichts, wenn ich mal ein oder zwei Jahre lang keine Urlaubsreise gemacht habe."
Reinhold Michels
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