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  • Porträt der Woche: Karl Knipschild (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 26 - 02.11.1981

    Er strebt nicht nach einer politischen oder parlamentarischen Karriere, noch will er als großer Debattenredner auftreten und Schlagzeilen machen. Karl Knipschild aus dem sauerländischen Schmallenberg möchte Mittler, Makler sein zwischen den Bürgern und "denen da oben". Nicht nur für den mit einem hohen Vorsprung direkt gewählten Parlamentarier des Wahlkreises Meschede- Wittgenstein ist diese selbstgewählte Funktion eine sehr wichtige Aufgabe. "Man erlebt in vielen Gesprächen, daß sich der Staat sehr weit vom Bürger entfernt hat." Zu sehr werde er von Gesetzen, Erlassen und Vorschriften gegängelt. Folgen seien die zunehmende Parteien- und Staatsverdrossenheit. Es müsse ein "Umdenken" bei den Politikern einsetzen.
    Dem nach der Landtagswahl im Mai letzten Jahres erstmals in das Düsseldorfer Parlament gekommenen Parlamentarier fällt diese Mittlerrolle nicht schwer, ist der heute 46jährige doch selbst ein "Mann aus dem Volk". Als ältester von sieben Geschwistern arbeitete Karl Knipschild schon früh im elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb, der noch unmittelbar vor Kriegsende zerstört worden war. Schon bald schloß er sich der katholischen Landjugendbewegung an und wurde später deren Diözesanreferent im Erzbistum Paderborn. Das kleine bäuerliche Anwesen betrieb er als Nebentätigkeit. Heute ist er Verkaufsberater eines Großunternehmens für die Landwirtschaft.
    Das Interesse an der Politik fand Karl Knipschild über die Landjugendbewegung. So trat er 1964 in die Christlich- Demokratische Union ein und wurde noch im selben Jahr in den Rat der ehemaligen Gemeinde Bödefeld-Land gewählt. Lange Jahre war er dann Bürgermeister, auch Amtsbürgermeister. Der erfahrene Kommunalpolitiker gehört heute noch dem Fredeburger Stadtrat an. Die enge Verknüpfung zwischen Landes- und Kommunalpolitik bewogen den CDU-Politiker, sich in seiner Partei um die Kandidatur für den Landtag zu bewerben, wo er sich dann gegen zwei Mitkonkurrenten durchsetzte.
    Als "Neuling" berief die CDU-Landtagsfraktion den Mann mit stark ausgeprägtem sozialen Empfinden in den Petitionsausschuß sowie als stellvertretendes Mitglied in mehrere weitere Ausschüsse des Landesparlamentes. Gerade im Petitionsausschuß sieht Karl Knipschild die Chance, Bürgern zu helfen und ihr Ansprechpartner zu sein. Er kann zuhören, er toleriert die Meinung des anderen, wägt sie ab, hält die eigene Auffassung dagegen und ist bereit sie zu ändern, wenn sein Gegenüber ihn überzeugt hat.
    Nach seiner Meinung müßte der Abgeordnete überhaupt "mehr Zeit" haben für den Wähler, und auch kein nur "vorgetäuschtes Interesse". Für den Sauerländer aus Westernbödefeld gibt es zwei "Kategorien" von Politikern: Die einen, welche die großen Leitlinien abstecken, und jene, die für den Bürger "greifbar nahe" sind. "Man wundert sich, welche persönliche Schicksale da verborgen sind", berichtet der Abgeordnete, der letztere Aufgabe sehr ernst nimmt. Das Mandat ist denn auch für ihn ein Auftrag, "den man nicht mit der linken Hand erledigen kann". Politik für den Bürger ist aber nach seiner Auffassung nicht nur eine mühevolle Arbeit, sondern macht im Grunde auch viel Freude. Dieser schon als Kommunalpolitiker praktizierte Kontakt hat ihm Sympathien bei der Bevölkerung und Anerkennung bei seinen Parlamentskollegen gebracht.
    Mit Sorge begleitet der Kommunalpolitiker Knipschild die finanzielle Talfahrt der Städte und Gemeinden. Die Erfüllung ihrer vielfältigen Aufgaben sei bei zurückgehenden kommunalen Einnahmen und Landeszuweisungen nicht mehr gesichert. Die leider einseitige Sparpolitik des Landes zu Lasten der Kommunen beeinträchtige die Funktionsfähigkeit der Städte und Gemeinden kurz- und langfristig.
    Der Familienvater von drei Kindern ist in seiner Freizeit noch aktiver Tischtennisspieler. Sein "Hobby" gilt aber auch dem eigenen Wald, wo er eigenhändig neue Bäume setzt, mit Axt und Säge unterwegs ist.
    Jochen Jurettko

    ID: LI81261E

  • Porträt der Wochen: Werner Kirstein (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 24 - 12.10.1981

    Ein politischer Widersacher nannte ihn einmal einen "feinen Kerl", der Auseinandersetzungen so führe, daß er seinem Gegner nachher noch in die Augen sehen könne. Dieser so Gelobte ist Werner Kirstein, seit Mai letzten Jahres CDU- Landtagsabgeordneter aus dem westfälischen Dorsten. Politisch tätig ist der 54jährige kaufmännische Angestellte allerdings schon lange - seit 1952, wo er in Gesprächen mit Freunden zur Jungen Union stieß. "Wir wollten dem damals weitverbreiteten 'Ohne-mich-Standpunkt' entgegentreten", erinnert sich heute der Abgeordnete.
    Der gebürtige Dorstener, der sich auch in der Partei seine Unabhängigkeit bewahren will, schuf sich daher zunächst eine solide berufliche Grundlage, bevor er politische Mandate übernahm. Nach Handelsschule, Kaufmannsgehilfenprüfung und Anstellung im Bergbau wurde er Mitglied des Dorstener Stadtrates und des Kreistages Recklinghausen. Im Jahre 1969 wählten ihn seine Parteifreunde zum Fraktionsvorsitzenden im Stadtrat wie im Kreistag. Auf das erstere Amt verzichtete das Mitglied der IG Bergbau und Energie nach dem Einzug ins Düsseldorfer Landesparlament.
    Als mit dem Bergbau verbunden gehört Werner Kirstein zweifellos zu jener Generation dynamischer Politiker, für die das Feld der Politik die Kunst des Möglichen und des ehrlichen Kompromisses ist. So hatte für den CDU-Fraktionsvorsitzenden denn auch beides seine Reize: Chef der Dorstener Mehrheits- und der Recklinghauser Minderheitsfraktion zu sein. "Der Verzicht darauf, unsere Mehrheit im Stadtrat rigoros durchzusetzen, hat oft dazu geführt, daß viele unserer Anliegen als Minderheit im Kreistag verwirklicht wurden." So wird sein ausgleichendes Wesen ebenso geschätzt wie sein Sachverstand.
    Für den Landtag kandidierte der aktive Kommunalpolitiker, "weil ich während meiner Tätigkeit im Stadtrat und Kreistag immer wieder mit Entscheidungen konfrontiert wurde, die durch Beschlüsse auf Landesebene vorprogrammiert waren". Heute möchte sich der CDU- Politiker als Landtagsabgeordneter um mehr gegenseitiges Verständnis bemühen. Dabei stellte er allerdings inzwischen fest, "daß der Einfluß des einzelnen Abgeordneten auf die Landespolitik weitaus geringer ist, als der des Stadtverordneten auf das kommunale Geschehen". Der Westfale, der "erst beobachtet und dann redet", wünscht sich in diesem Zusammenhang, daß sich die Kommunalpolitiker beider Landtagsfraktionen in Sachfragen stärker von der vorgegebenen "Fraktionsmeinung" freischwimmen. "In privaten Gesprächen hat man nicht selten die gleiche Meinung, aber bei der Abstimmung im Plenum obsiegt dann die Fraktionsdisziplin, wo doch häufig irgendeine Sachfrage mit Ideologie wenig oder gar nichts zu tun hat."
    Der Landtagsabgeordnete will aber auch die landespolitischen Entscheidungen in eine möglichst breite Übereinstimmung zu den Erfordernissen der kommunalen Selbstverwaltung bringen. So sei es unverzichtbar, daß die Gemeinden über eine genügende finanzielle Ausstattung verfügen; um so mehr könnten sich die Bürger dann auch mit der kommunalen Politik identifizieren. Das aber hat für Werner Kirstein auch positive Auswirkungen auf das Verhältnis des Bürgers nicht nur zu seiner Gemeinde, sondern auch zum Staat überhaupt. "Es wäre schlimm, wenn der Entscheidungsspielraum der Gemeinden so eingeengt werden würde, daß nur noch verwaltet werden konnte."
    Seine Fraktion berief ihren "stahlzarten" Parteifreund (so ein Kollege) in den Kommunalpolitischen Ausschuß und in den Ausschuß für Grubensicherheit, außerdem ist er stellvertretendes Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuß sowie im Ausschuß für Haushaltskontrolle und Rechnungsprüfung. Diese parlamentarischen und viele anderen parteipolitischen Tätigkeiten führen oft zu allerlei Gedränge im Terminkalender. Trotzdem findet der Familienvater Kirstein immer noch Zeit zum Wandern und Schwimmen mit seinen drei Söhnen und auch die Beschäftigung mit Malerei und Musik möchte er nicht missen. Jochen Jurettko

    ID: LI812419

  • Porträt der Woche: Wolfgang Jaeger (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 22 - 28.09.1981

    Er "wollte kein Sozialfall der Politik werden" und behielt darum seinen Beruf als kaufmännischer Angestellter in einem Unternehmen der Glasindustrie bei, als er im Juni 1970 in den Landtag kam. Und das war gut so; denn nach einer Legislaturperiode war er bereits wieder draußen. Trotz der CDU-Pleite auf breiter Front am 11. Mai 1980 ist er zurückgekehrt ins Parlament, wieder über die Landesliste, und er verlor sogar "weniger" als die meisten seiner Freunde.
    Die Rede ist von Wolfgang Jaeger, 46 Jahre alt, verheiratet, zwei Kinder, geboren und wohnhaft in Gelsenkirchen, mit Ost- und Westpreußenblut in den Adern. Im Gespräch drängt sich die erste Frage auf: Was ist anders geworden im Landtag im Laufe eines Jahrzehnts, wo liegen die deutlichsten Unterschiede im Abgeordnetenleben? Jaeger zögert keinen Augenblick: "Die Hektik ist viel größer geworden. Und der Papiere-Anfall auch. Also weit mehr Zeitaufwand als damals. "Jedoch gebe es jetzt auch bessere Arbeitsmöglichkeiten (im benachbarten früheren Innenministerium) und eine Schreibkraft - "das entlastet mächtig". Es ist für einen Parlamentarier, der an seinem Beruf hängt und - "wenn man in der freien Wirtschaft ist" - entsprechende Kontakte halten muß, von entscheidender Bedeutung; denn Jaegers Arbeitstag beginnt um 7.30 Uhr und endet im Durchschnitt aller Wochentage nach 15 Stunden, weil der Terminkalender es so fügt, wenn Beruf, seit 1980 nur noch halbtags ausgeübt, Ämter in der Partei, im Rat der Stadt, im Bezirksplanungsrat und in zwei Ausschüssen des Landtags (für Grubensicherheit sowie für Städtebau und Wohnungswesen) ihre Rechte und Pflichten verlangen. Für Jaeger kommt noch hinzu, daß Gelsenkirchen drei Wahlkreise hat, aber nur einen CDU-Abgeordneten - "der muß dann für alles ran"! Daß er das kann, verdankt er ganz besonders seiner Familie, Frau und zwei Töchtern, 18 und 17 Jahre alt, "alle mit sehr viel Verständnis für meine politische Arbeit". Es waren immerhin in knapp drei Jahren fünf Wahlkämpfe zu bestreiten.
    Wenn die Rede auf den Bezirksplanungsrat kommt, wird der ruhige Westfale gleich lebhaft. Der Grund: "Das ist ein richtiges Erlebnis, einmal bei der Mehrheitsfraktion zu sein. Da ist das Arbeiten etwas anders" (als im heimatlichen Gelsenkirchen, wo die CDU nur ein Drittel der Stadträte stellt). Jaegers Ziel ist, "auch mal in Gelsenkirchen oder in Düsseldorf in solchen Verhältnissen zu leben wie im Bezirksplanungsrat Münster".
    Wer allerdings auch noch "auf Hörweite von Schalke" wohnt, muß nicht nur als CDU-Politiker Kummer leiden: Jaeger hat "bis zum letzten Tag mitgelitten", als die Schalker am 13. Juni erstmals aus der Bundesliga flogen. "Angenehmer Ausgleich" ist ihm der Garten des Mehrfamilienhauses, den er betreut, "aber mit pflegeleichten Pflanzen, aus Zeitgründen". Was er am liebsten macht in der politischen Arbeit? In Feierabend- Gesprächen, gezielten Veranstaltungen der CDU in Gaststätten, mit Jugendlichen diskutieren. Seine Erkenntnis: "Das Zwischenmenschliche in Politik und Parteien ist stärker im Vordringen." Gerade deshalb sucht Jaeger das Generationen-Gespräch vor allem. Zwischendurch, an den Wochenenden, ist ein langer Marsch durchs Sauerland hochgeschätzt. Und der Urlaub, von drei sportlichen Damen mitbestimmt, wird seit Jahren geteilt: Im Winter Skilaufen ("alle vier mit Begeisterung"), im Sommer an die Nordsee, "auch mit Begeisterung".
    Hans Krieger

    ID: LI812220

  • Porträt der Woche: Dr. Gerhard Rödding (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 20 - 10.07.1981

    Zu den Neulingen in der CDU-Landtagsfraktion in Düsseldorf gehört der Abgeordnete Dr. Gerhard Rödding. Während aber neu ins parlamentarische Leben eintretende Politiker sich in der Regel zunächst etwas schwer tun, weil sie im relativ großen Gefüge einer Fraktionsgemeinschaft erst einmal ihren Platz, ihren Standort, ihr Arbeitsfeld finden müssen, hat der evangelische Theologe sofort voller Selbstvertrauen zugepackt. Er machte dort weiter, wo der zu früh gestorbene Albert Pürsten, ebenfalls aus Ostwestfalen, aufhören mußte: im Bereich der Schul- und Bildungspolitik, dort, wo über die jeweilige Prägung der Kinder durch Lehr- und Lerninhalte schon das soziale, das politische, das gesamtgesellschaftliche Verhalten kommender Generationen vorbestimmt wird. Rödding hatte den Vorteil, sachkundig zu sein. Sein bisheriger Lebensweg weist ihn als einen engagierten Verfechter der kleinen, der ortsnahen Schule in christlicher und humanistischer Prägung aus. Das heißt nicht, daß er der "Zwergschule" mit all ihren Mißinterpretationen das Wort reden würde. Sein Vertrauen gilt der kleinen Einheit, in der zwischen Lehrern und Schülern Leistung und Begegnung stattfinden können, sein Mißtrauen der zur Anonymisierung führenden Massenveranstaltung, dem rein quantitativen Begriff von Größe, der sozialen Abkapselung aller möglichen Kurs-Systeme und ihrer indoktrinären Gefährdung.
    Daß in einer immer noch stark katholisch bestimmten Partei ein promovierter evangelischer Theologe aktiv mitarbeitet, ist grundlegend für das innere Verständnis von "Union". Rödding wurde 1933, als Hitler das neue "Reich" gründete und die Weimarer Republik tötete, geboren. Nach dem Abitur und dem Studium der Theologie mit beiden Examina, promovierte er 1961 und war zunächst bis 1968 als Pastor im Landeskirchenamt der evangelischen Kirche von Westfalen in Bielefeld tätig. Als Landeskirchenrat leitete er dann auch das Schuldezernat seiner Kirche. 1967 trat er in die CDU ein, tat sich einige Zeit in der Kommunalpolitik um und führt seit Jahren auch den evangelischen Arbeitskreis der CDU von Westfalen-Lippe. Über den Platz 18 der Landesreserveliste seiner Partei zog er 1980 ins Parlament ein.
    Rödding hat hier der Regierungsnovelle zur Einführung der integrierten Gesamtschule sofort entschiedenen Widerstand entgegengesetzt. Ihm gebührt das Verdienst, daß er innerhalb der Opposition, die ihr Hauptaugenmerk auf die Sicherung und den inhaltlichen Ausbau der ortsnahen Hauptschule setzt, auch immer mehr auf die problematische Entwicklung hinweist, die das herkömmliche Gymnasium inzwischen durch die reformierte Oberstufe genommen hat. Der Verfall des Geschichtsunterrichts, der humanistischen Sprachen, eine beginnende Kulturfeindlichkeit auch durch Abwahl naturwissenschaftlicher Kernfächer - das alles bereitet ihm Sorgen. Naturgemäß hält gerade auch der Theologe Rödding die Frage für wichtig, welche Stellung der Religionsunterricht in Nordrhein-Westfalen noch hat. Wie immer man dazu stehen mag, der Hinweis, daß die verantwortlichen Politiker sich wieder sehr viel mehr dem Inhalt von Schule widmen müssen, weil das Heil in den ständigen Organisationsreformen allein nicht liegen kann, erscheint begründet. Ist Rödding ein ehrgeiziger Politiker? Sein Name wurde im Vorfeld des Regierungswechsels in West-Berlin und der Bildung des neuen CDU-Senats durch den inzwischen regierenden Bürgermeister von Weizsäcker genannt. Seit 1973 schon gehörte Rödding dem Landesvorstand der westfälischen CDU an. Anfang dieses Monats konnte er seine Wiederwahl für dieses Amt auf dem Dortmunder Parteitag nicht mehr sichern. Listenabgeordnete bemühen sich häufig um eine entsprechende Rückkoppelung in den Führungsgremien einer Partei, um ihre Position zu stärken. Doch kann die Freiheit von Parteiämtern einen Abgeordneten auch beflügeln. Gerhard Rödding ist verheiratet und hat sechs Kinder. Für ihn hat, wie für alle Neulinge im Landtag, soeben erst eine fünfjährige Arbeitsperiode in Düsseldorf begonnen. Das ist, wie erfahrene Parlamentshasen wissen, eine lange Zeit, die sorgsam bedacht und gut eingeteilt sein will.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI812017

  • Porträt der Woche: Hans Hoof (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 18 - 29.06.1981

    Als das Problem Hausbesetzungen noch nicht in den öffentlichen Blickwinkel gerückt war, packte er es schon an der Wurzel an: In seinem beruflichen wie parlamentarischen Wirkungskreis sorgte der CDU-Landtagsabgeordnete Hans Hoof dafür, daß zahlreiche zum Abbruch vorgesehene Häuser bis zum endgültigen Abriß an Wohnungssuchende "auf Zeit" vermietet wurden. Ungeachtet von Widerständen der örtlichen Baubehörden wurde diese Initiative Wohnraum nicht vorzeitig zerstört. "Mit den vorübergehenden Mietern gab es dann beim Auszug keine Schwierigkeiten", erinnert sich Hans Hoof.
    Der über die Landesreserveliste seiner Partei nach der letzten Landtagswahl 1980 in den Landtag gewählte Siegerländer ist der Auffassung, daß die kritische Situation auch heute entschärft werden könnte, wenn die Häuser bis zum endgültigen Abbruch vermietet würden. Zudem müsse dieses Thema endlich "entideologisiert" werden. Der Abgeordnete kritisiert in diesem Zusammenhang auch die Medien, die in der Öffentlichkeit oft den Eindruck aufkommen ließen, daß dieses Problem nur durch " Terror" gelöst werden könne.
    Der 1925 als Sohn einer Bergmannsfamilie in Niederndorf (Kreis Siegen) geborene CDU-Abgeordnete lernte Bankkaufmann und wechselte nach Kriegsende in die öffentliche Verwaltung über. Lange Zeit war er als Stadtamtmann der Stadt Freudenberg tätig, und anschließend zehn Jahre lang leitete er das Straßenneubauamt Betzdorf (Sieg) bei der Straßen verwaltung Rheinland-Pfalz. Aufgrund eigener Erfahrungen bedauert Hans Hoof, daß bei den Straßenbauprojekten früherer Jahre zu oft der Umweltschutz vernachlässigt worden ist. Es sei zu begrüßen, daß das öffentliche Gewissen für den Umweltschutz durch die Bürgerinitiativen geweckt worden sei, "selbst auf die Gefahr hin, daß sie da und dort über das Ziel hinausschießen". Schon bald nach Kriegsende stieß der praktizierende evangelische Christ zur CDU. Die Erfahrungen hatten ihn gelehrt, daß die beiden Konfessionen eine gemeinsame politische Heimat haben müßten. Und als die Gesamdeutsche Volkspartei (GVP) gegründet wurde, kreuzte das Mitglied des Bundesvorstandes des evangelischen Westdeutschen Männerbundes mit den damaligen GVP-Mitgründern, dem heutigen Ministerpräsidenten Rau und seinem Kabinettskollegen, Minister Posser, manch politische Klinge. Doch stets begegnet Hans Hoof dem Gegner mit Toleranz, wie er überhaupt ein Mann des Ausgleichs ist, der den Dialog mit politischen Freunden wie Widersachern pflegt.
    Der CDU-Abgeordnete zählt zu den erfahrenen Kommunalpolitikern der Landtagsfraktion. So führt er schon lange die Fraktion seiner Partei im Freudenberger Stadtrat und im Kreistag von Siegen. Als derzeit einziger Landtagsabgeordneter gehört er auch der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe an. In den Landtag kam er auf Drängen seiner politischen Freunde. Heute bedauert Hans Hoof diesen Schritt nicht. Einmal macht ihm das Mandat viel Freude, und zum anderen kann er aufgrund der engen Verzahnung zwischen Land und Kommunen besser die Interessen seiner Heimatregion vertreten. Denn dem Bürger zu helfen und immer "Ansprechpartner" für ihn zu sein, empfindet er als eine der wesentlichsten Aufgaben eines Parlamentariers.
    Der CDU-Abgeordnete, der im Gegensatz zu manchen politischen Freunden, für die beängstigende Finanzlage der öffentlichen Hand "uns alle" verantwortlich macht, sieht heute die Aufgabe darin, die Einsicht in der Bevölkerung zu wecken, "daß wir alle über unsere Verhältnisse gelebt haben". Daraus müßten Konsequenzen gezogen werden. "Man kann eben auf Dauer nicht mehr Geld ausgeben, als man einnimmt." Eine Binsenwahrheit zwar, aber in der politischen Praxis mühevoll zu realisieren.
    Dank der jahrzehntelang erworbenen Sachkenntnis und der politischen Praxisnähe wird sein Wort in der Fraktion beachtet.
    Jochen Jurettko

    ID: LI811820

  • Porträt der Woche: Lothar Hegemann (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 16 - 05.06.1981

    An jenem für die nordrhein-westfälische Landesgeschichte bedeutsamen 20. April 1947, an dem die ersten Landtagswahlen an Rhein und Ruhr stattfanden, wurde er als Sonntagskind im westfälischen Recklinghausen geboren. Bei den neunten Landtagswahlen im Mai 1980 zog er selbst ins Landesparlament ein: der CDU-Abgeordnete Lothar Hegemann. Über die Landesreserve-Liste, wie es sich für einen Christdemokraten aus dem Ruhrgebiet geziemt, weil die Direktmandate traditionell von den Sozialdemokraten erobert werden.
    Der Ratsherr von Recklinghausen war am Abend des 11. Mai vergangenen Jahres selbst von dem neuen Full-time- Job überrascht, denn sein Listenplatz 34 galt vor der Wahl als ziemlich aussichtslos. Diese Überraschung hielt auch noch in den ersten Landtagswochen an, als der parlamentarische Newcomer nicht nur seine drei Ausschußwünsche erfüllt sah, sondern auch noch einen vierten dazubekam.
    In seiner 95 Köpfe zählenden Oppositionsfraktion zwar nicht der Größte, mit 196 Zentimetern sicherlich aber der Längste oder Zweitlängste hinter dem Parlamentshünen und Fraktionskollegen Hermann-Josef Geismann, verschaffte er sich Respekt durch Selbstdisziplin. Ihm, den nicht ein politisch sensibilisiertes Elternhaus, sondern ein frühes eigenes Interesse an Politik und Zeitgeschichte zum persönlichen Engagement in der "res publica" getrieben hatte, ging es bei dem Einzug in den Landtag nicht um das Erlebnis der "Stunde Null". Für ihn, der mit 16 Jahren in die "Junge Union" und vier Jahre später in die CDU eingetreten war, ging es zunächst um Jugendarbeit, sehr bald aber um den Dienst am Nächsten, um das soziale Engagement.
    Wer Lothar Hegemanns Lebenslauf in seiner Partei und im Rat der Stadt Recklinghausen mit kritischer Distanz weiterverfolgt, erlebt keinen Senkrechtstarter, wohl aber einen Politiker, der sich systematisch von unten nach oben vorarbeitet, ohne daß man dem selbständigen Versicherungskaufmann den Vorwurf machen könnte, er würde nur an seiner politischen Karriere basteln. Hegemann gehört vielmehr zu jenen jungen Abgeordneten im rheinischen und westfälischen Teil des Reviers, die systematisch aufgebaut werden, um mit einer unverbrauchten Generation in Zukunft auch im Revier politisch stärker mitmischen zu können.
    So sind denn auch die Interessengebiete Hegemanns in der Landespolitik: Soziales, Jugend und Familie, aber auch Umweltfragen und Verkehrsprobleme, Aufgabengebiete, die sich in den Ballungszentren des Reviers besonders stellen und auf die es immer neue und bessere Antworten zu finden gilt. Besondere Aufmerksamkeit widmet der Mann aus Recklinghausen den Behinderten, nicht weil dieses Thema im weltweiten "Jahr der Behinderten" auch politisch gerade "in" ist, sondern weil es darum geht, Lösungen zu finden, die sowohl behindertengerecht wie volkswirtschaftlich zu verantworten sind. Sozialleistungen, so Hegemann, sollten auch in Zeiten schwieriger Haushaltsfinanzierung weniger gekürzt als gerechter verteilt werden.
    Den Umweltschutz, dem ebenfalls sein waches Interesse gehört, sieht Hegemann nicht als eine wirtschaftliche "Schönwetter-Frage", er muß, das ist jedenfalls seine Überzeugung, auch in wirtschaftlich schlechteren Zeiten durchgehalten werden. Allerdings hat er auch gelernt, Realitäten und Träumereien an ideologischen Kaminen fein säuberlich zu trennen.
    Der Abgeordnete, zu dessen Hobbys das Fotografieren gehört, träumt nicht von einer eigenen Foto-Ausstellung als Höhepunkt seiner Freizeitleidenschaft. Für ihn ist Fotografieren vor allem Motivsuche und so etwas wie die Kehrseite der politischen Medaille.
    Technisch interessiert, kann er bei seinem Hobby ganz abschalten, vor allem dann, wenn er sich mit seiner Sammlung alter Fotoapparate beschäftigt. Und wenn er am Sonntag in die Dunkelkammer geht, erreicht ihn keiner mehr.
    Karl Fischer

    ID: LI811624

  • Porträt der Woche: Hubert Doppmeier (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 13 - 11.05.1981

    Er ist kein politischer Senkrechtstarter, und er kann auch keine berufliche Blitzkarriere vorweisen: Der CDU-Abgeordnete aus dem ost-westfälischen Langenberg, Hubert Doppmeier (37), ist statt dessen mit einer ebenso beachtenswerten Energie wie einem überzeugenden Engagement in Beruf und Partei vorwärtsgekommen. Während er in Jugendjahren als Arbeiter in einer Sperrholzfabrik seinen Lebensunterhalt verdiente, bereitete er sich nach Feierabend per Fernstudium auf den Realschulabschluß und das Abitur vor. Beide Hürden erfolgreich übersprungen, studierte der damals 24jährige Rechts- und Staatswissenschaften an der Universität Münster. Nach Ablegung beider juristischer Staatsprüfungen ist er heute als Rechtsanwalt tätig.
    Aufgewachsen auf dem elterlichen Kotten und groß geworden unter Arbeitern, war es eine "völlig neue Welt", erinnert sich heute Hubert Doppmeier an die ersten Studienmonate. Es war die Zeit der Studentenrevolten, und zwangsläufig wurde auch er mit den politischen Auseinandersetzungen konfrontiert. Damals stieß der Jura-Student zum CDUnahestehenden Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS), der damals in Münster ein "kümmerliches Dasein" fristete. Zusammen mit mehreren Kommilitonen reaktivierte er die Studentenvereinigung, und es dauerte nicht lange, bis er in die verschiedenen RCDS-Gremien gewählt wurde.
    Der CDU schloß sich Hubert Doppmeier 1969 an, wurde zwei Jahre später stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Wiedenbrück beziehungsweise Gütersloh und gehört seit 1975 auch dem Bezirksvorstand Ostwestfalen-Lippe an. Wie viele seiner Fraktionskollegen war er mehrere Jahre als Mitglied des Kreistages Gütersloh auch kommunalpolitisch tätig. Bei der letzten Landtagswahl erstmals als Kandidat aufgestellt, holte der gebürtige Langenberger für die CDU im Wahlkreis 102 Gütersloh I 61,8 Prozent der Stimmen.
    Schon lange zuvor hatte sich der Abgeordnete für die Landespolitik interessiert, "weil man da noch konkrete Ergebnisse deutlich erkennen kann". Sein besonderes Anliegen ist dabei die Stärkung des ländlichen Raumes, der nach seiner Ansicht systematisch vernachlässigt wird. Der engagierte Politiker möchte auch dazu beitragen, daß die Positionen der CDU zu landespolitischen Fragen den Bürgern stärker als bisher verdeutlicht werden. Schon aufgrund seines Werdeganges ist Hubert Doppmeier ein Gegner von "Sowohl-Als-auch-Positionen". Nach seiner Auffassung kann eine Politik nur dann für den Bürger glaubwürdig sein, wenn sie bei aller gebotenen Differenzierung zu klaren Entscheidungen kommt.
    Als Mitglied des Innenausschusses beschäftigen nicht nur Hubert Doppmeier die Probleme der Hausbesetzungen. Für ihn ist es "unfaßbar", daß es eine Wohnungsnot gibt, "obwohl wir in weiten Bereichen in Überfluß leben". Trotzdem dürfe der Staat kein "Faustrecht" zulassen, sondern die Wohnungsprobleme müßten durch eine bessere Politik angepackt und beseitigt werden. Der CDU- Abgeordnete, der vor Unterrichtsbeginn an den Schulen steht und Einladungen zu Gesprächen an die Schüler verteilt, ist davon überzeugt, daß die Jugend die Diskussion mit den Politikern sucht. " Wir müssen uns allerdings die Mühe machen, auf die jungen Leute zuzugehen und ihnen zuzuhören, dann werden auch unsere Argumente ernstgenommen.
    "Der Vater eines sechs Monate alten Töchterchens widmet sich in der Freizeit gern der Historie. So ist er ein eifriger Sammler von alten Geschichtsbüchern und Atlanten, besucht traditionsträchtige Städte und unternimmt Burgenfahrten. Jochen Jurettko

    ID: LI81131B

  • Porträt der Woche: Hildegard Matthaus (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 11 - 06.04.1981

    Wenn man im Zusammenhang mit ihrem Lebenslauf das Wort "Emanzipation" erwähnt, verdunkelt sich ihr sonst stets freundliches Gesicht. "Ich mag diese Vokabel nicht", meint sie. Und doch ist Hildegard Matthäus (Jahrgang 34) in die Politik gegangen, "um es den Männern zu zeigen". Männlicher Hochmut hat sie herausgefordert.
    Ein Lehrer der Handelsschule in Mülheim hatte ihr politisches Interesse erkannt und sie 1951 mit in einen Kreis genommen, der sich "Gespräche am runden Tisch" nannte. Er bestand aus lauter Männern, die am ersten Abend förmlich und ernsthaft darüber einen Beschluß faßten, ob die damals 17jährige dableiben und den klugen Reden der Herrenrunde lauschen dürfe. Sie durfte. Als sie sich nach fünf Wochen zu Wort meldete, wurde erneut abgestimmt, ob das zulässig sei. Eine knappe Mehrheit erlaubte Hildegard Matthäus ein politisches Wort, ein Teil der Männer verließ erbost den Raum.
    Was fast unglaublich klingt, liegt nun 30 Jahre zurück. Heute spricht Hildegard Matthäus für die CDU-Fraktion im Landtag zu Schul- und Kulturfragen. Gleich in der ersten Aktuellen Stunde hielt sie ihre Jungfernrede, selbstbewußt und mit viel Beifall ihrer Leute bedacht.
    In die CDU ist Hildegard Matthäus 1961 eingetreten. Warum in diese Partei? "Weil Konrad Adenauer mich fasziniert hatte", sagt sie. Ihr Elternhaus hatte keinen Anstoß gegeben. Der Vater, Eisenbahner, war zwar in der evangelischen Kirche engagiert, aber nicht Mitglied einer Partei. Sie gehört dem Stadtparlament von Oberhausen, wohin sie aus beruflichen Gründen umsiedelte, seit 1964 an. Im Rat der Stadt sitzt sie in neun Ausschüssen. Seit 1979 ist sie Vorsitzende des Kulturausschusses. Ihr wurde der Ehrenring der Stadt verliehen. Sie ist einzige Frau im Zweckverband für Müllverbrennung im Raum Duisburg, Oberhausen und Kreis Wesel, wie sie schmunzelnd erzählt.
    Ziel ihrer politischen Karriere war immer schon der Landtag. Nach einem vergeblichen Anlauf 1975 auf einem aussichtslosen Platz schaffte sie es 1980 als zweite rheinische Frau über die Reserveliste. Sie kam gleich in die Ausschüsse für Schule und Kultur. Zunächst habe sie große Hoffnungen auf die Gesamtschule gesetzt, sagt sie. Vor allem der Gedanke, daß jeder Schüler nach seinen Möglichkeiten individuell gefördert werden solle, habe sie angesprochen. Aber die Versuche seien "nicht so gelaufen". Sie glaubt nicht, daß die "viel zu teuer geratene" Gesamtschule im Landtag Gesetz wird. "Die Bürger sind so auf der Palme, daß die CDU die Landtagswahlen 1985 erstmals mit dem Thema Bildungspolitik gewinnen wird", meint sie. Wichtig sei nun die Diskussion um die Lehrinhalte für Oberstufe, Hauptschule und berufsbildende Schulen. Die Hauptschule müsse vor allem auf praktische Begabungen zugeschnitten werden.
    Hildegard Matthäus, wegen ihrer Wahl pensionierte Fachoberlehrerin für Büroorganisation und Information, will sich im Landtag aber auch mit dem weiten Gebiet der Kultur beschäftigen. Den Laienorchestern und Gesangvereinen mit mehr als einer Million Mitgliedern gilt ihre Fürsorge. Wichtig ist ihr, daß Kunstgalerien, Musikschulen und andere Kultureinrichtungen nicht von den Volkshochschulen, "die unverzichtbar sind", vereinnahmt werden. Das Land soll freien Trägern nach Kräften helfen.
    Hildegard Matthäus, unverheiratet, hat eine "gute Adresse". Sie wohnt im Schloß Oberhausen, pflegt einen riesigen Garten, der manche Schwiele verursacht. Das Schloß, so weiß sie, hat ein Graf Westerholt für eine illegitime Tochter bauen lassen.
    Gerd Goch

    ID: LI811120

  • Porträt der Woche: Leo Dautzenberg (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 9 - 23.03.1981

    Als Leo Dautzenberg aus Heinsberg "noch jung war", war er aktiver Leichtathlet. Bevorzugte Disziplin: Langstrekkenlauf ("Da lernt man, Durststrecken zu überwinden.") Jetzt ist er 31 Jahre alt, seit 1980 Mitglied des Landtags in der Fraktion der CDU über die Landesreserveliste, und mitten in der Examensarbeit für den Diplom-Kaufmann. "Bedeutung und Stellung der Gewerbekapitalsteuer im Einnahmesystem der Kommunen" heißt das Thema, mit dem er seine Studien an der Universität zu Köln abschließen wird. Nach der mittleren Reife hatte Dautzenberg eine Banklehre gemacht, ehe er in Mönchengladbach ein Fachhochschulstudium begann, das er 1973 als Betriebswirt (grad.) beendete. Dann ging er zur Uni, das Geld zum Leben verdiente er sich bei einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft. Sein beruflicher Langstreckenlauf ist jedoch keineswegs beendet. Weil Dautzenberg "noch relativ jung" ist, will er "nicht allein auf politische Tätigkeit bauen", sondern sich "beizeiten auch beruflich absichern". Er will "nicht von der Politik abhängig werden, sondern immer die eigene Meinung sagen können".
    Das hat der Sohn eines Metallarbeiters schon in frühen Jahren geübt; zunächst bei der Katholischen Jugend, ehe er mit 16 Jahren der Jungen Union (JU) beitrat. "Ausschlaggebend" war für ihn, daß "in der CDU am ehesten jene Grundwerte verwirklicht werden können", die für ihn "Richtschnur sind" und ihn "veranlaßt haben, politisch zu arbeiten". Das hat sich Dautzenberg noch nie leichtgemacht, allerdings auch des Erfolgs nicht entbehren müssen: Schon mit 23 Jahren war er Kreisvorsitzender der JU Heinsberg, seit 1977 ist er stellvertretender Vorsitzender des rheinischen Landesverbandes der JU. "Nebenbei" - Dautzenberg trat 1968 der CDU bei - ist er Mitglied des Kreisvorstandes der Partei im heimatlichen Heinsberg und Mitglied des Kreistages dort seit 1979.
    Was sich bei solchen Aktivitäten des Jung-Parlamentariers wirklich "verzögert" hat, weiß Dautzenberg nicht mit Sicherheit zu sagen - die berufliche oder die politische Arbeit? Er nimmt jedenfalls das eine so ernst wie das andere. Wer Diskussionen mit den jungen Mitbürgern, wie man die Mädchen und Jungen heute oft zu bezeichnen pflegt, aus eigenem Erleben kennt und um die notwendige Geduld weiß, mit ihnen etwas "auszudiskutieren" (wie von so manchem Lehrer mit auf den Nachhauseweg gegeben), der wird Dautzenbergs Kritik verstehen, die er, der fast Tag für Tag mit jungen Leuten zwischen 14 und 35 kraft Parteiamtes zusammentrifft, etwa so formuliert: "Man kann der Jugend keinen Vorwurf machen. Das bestehende Schulsystem versäumt, ihr eine Grundlage zu geben, von der aus sie nach eigener Erkenntnis politische Strukturen bewerten kann." Da sieht Dautzenberg "eine gewisse Orientierungslosigkeit". Er schätzt, daß "80 Prozent der Jugendlichen den Staat bejahen, daß aber die Parteien ihnen gegenüber oft ein Defizit aufzuweisen haben". Er will es abbauen helfen, die Fahne der sozialen Marktwirtschaft fest in der Hand. "Aus der Grundüberzeugung, daß sie keine Wachstums- und Wohlstandsmaschine ist, sondern eine wertgebundene Ordnung..."
    Dautzenberg wird hier ganz ausführlich, er hat "alle Bücher von Erhard und Müller-Armack immer wieder gelesen", sie prägen sicher sein politisches Wirken. Ordo-Liberale wie Röpke und Eucken wird man hinzurechnen dürfen, "Adenauer ganz sicher". Ob Dautzenberg "demnächst" mehr Zeit für Frau und Sohn haben wird, scheint nicht ganz sicher - er will "die älteren Kollegen im Landtag durch konsequente, harte Sacharbeit überzeugen". Im Haushalts- und Finanzausschuß und im Petitionsausschuß, wo sich mancher Neuling die ersten Sporen verdiente, hat er damit längst angefangen. Hans Krieger

    ID: LI810905

  • Porträt der Woche: Bernhard Brinkert (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 7 - 27.02.1981

    Die "Kohlefraktion" im nordrhein-westfälischen Landtag hat seit Mai 1980 einen gewichtigen Zugang zu verzeichnen: Bernhard Brinkert. Er läßt sie den Abschied von einem ihrer prominentesten Mitglieder leichter verschmerzen - von Rudi Nickels. Beide verbindet die gleiche Partei, die CDU, die gleiche Gewerkschaft, die Industriegewerkschaft Bergbau und Energie (IGBE), sowie das gleiche Engagement in Partei und Gewerkschaft. Beide gehören zu den profiliertesten Männern der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) im Landesverband Westfalen-Lippe, der rund 40 Prozent der 130.000 eingetragenen Mitglieder zuzurechnen sind, wie Brinkert schätzt. Er ist seit 1977 Vorsitzender dieser CDA und damit das Pendant zum Rheinländer Wolfgang Vogt.
    Brinkert (50 Jahre alt, verheiratet, ein Kind) stammt aus einer alten Bergmannsfamilie. So lag es für den gebürtigen Bottroper nahe, im Pütt auch sein Brot zu verdienen. Nach dem Besuch der Volksschule lernte er Betriebselektriker und legt 1948 die Gesellenprüfung ab. Acht Arbeitsjahre auf der Zeche folgten, bis der zwischenzeitlich schon als Betriebsrat wirkende und bewährte (Gewerkschaftsmitglied seit 1946) von der IGBE als Bezirkssekretär angestellt wurde. Schwerpunkt seiner Tätigkeit: Jugendarbeit. Ein Studium an der Sozialakademie in Dortmund hatte Brinkert auch in der Theorie so fit gemacht, daß der IGBE-Hauptvorstand sich für ihn interessierte und ihn mit den Sachgebieten Berufliche Bildung und Arbeitsmarktpolitik betraute.
    Der CDU war Brinkert bereits 1957 beigetreten, nach acht Jahren wurde er Kreisvorsitzender in seiner Heimatstadt Bottrop. Dort ist er inzwischen auch Fraktionsvorsitzender im Stadtrat. Daß Brinkert sich bereits als junger Mann in der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) und im Kolpingwerk engagiert hatte, war ihm in seiner politischen Laufbahn wohl ebenso nützlich wie die Liebe zur Musik. Der "Musenjunge von Hause aus" (Brinkert über Brinkert) hat viele Jahre lang selbst musiziert, in jüngeren Jahren sogar ein Akkordeon-Orchester geleitet. Bei der IGB, wie sie damals noch hieß. Das schafft Freunde, das bringt Beziehungen, trägt sicher auch mit zu dem "Namen" bei, den ein Politiker braucht.
    Drei Kandidaturen für den Deutschen Bundestag (1965, 1969 und 1972) zeigen, daß Brinkert längst einen Namen hat, wenn auch die Wahlergebnisse nicht ausreichten für Bonn. Bei der letzten Landtagswahl "zog" die Reserveliste, und Brinkert sitzt seither in den Ausschüssen für Grubensicherheit, für Schule und Weiterbildung und für Wirtschaft als ordentliches Mitglied. Dabei behält er "die berufliche Bildung ganz besonders im Auge. Da gibt es eine Reihe von Problemen: Wieweit wollen wir das duale System stärken und ausbauen? Der schulische Teil muß angemessen sein, ist es aber bei weitem nicht. Da fehlen zu viele Lehrer, gibt es zuwenig Werbung an den Hochschulen für die Berufsschule."
    Als "Mann des Bergbaus" ist Brinkert selbstverständlich auch an allen Fragen der Energiepolitik stark interessiert. Ob und inwieweit beispielsweise Fernwärme wirtschaftlich ist, darüber könnte man mit dem Betriebsdirektor beim Eschweiler Bergwerksverein (seit 1975, Zeche Erin, Castrop-Rauxel) stundenlang diskutieren. Über berufliche Bildung auch. Als langjähriges Mitglied des Berufsbildungsausschusses auf Bundesebene ist Brinkert "sehr weit herumgekommen", kennt er "in Europa so gut wie alles". Sein "großes Hobby", Filmen und Fotografieren, ist dabei nicht zu kurz gekommen.
    Hans Krieger

    ID: LI810715

  • Porträt der Woche: Peter Daners (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 5 - 16.02.1981

    Das "Sich-Öffnen" den Mitmenschen gegenüber - ihren Problemen und Sorgen hat sich Peter Daners seit vielen Jahren zur Aufgabe gestellt. Eine ebenso beachtliche wie mühsame Verpflichtung des im Wahlkreis Neuss III direkt gewählten CDU-Abgeordneten. Der 46jährige Parlamentsneuling freut sich daher, daß ihn seine Fraktion gerade in zwei Ausschüssen delegiert hat, die den Mitbürgern besonders zugewandt sind, in den Sozial- und den Petitionsausschuß.
    Die stark ausgeprägte soziale Komponente gewann der gebürtige Grevenbroicher schon in frühen Jahren durch Kriegsschicksale in der eigenen Familie und später in Begegnungen mit christlich-sozial geprägten Menschen. So war es schließlich kein Zufall, daß er nach Studium der Rechts- und Sozialwissenschaften und Absolvierung beider juristischer Staatsexamen sich 1965 für die frei werdende Stelle des Sozial- und Rechtsdezernenten in seinem Heimatkreis Grevenbroich entschied.
    Und in seinem damaligen Tätigkeitsbereich waren es besonders die Kindergärten und die Behinderten, die sein Engagement schätzenlernten. So schuf Peter Daners in mühsamer Kleinarbeit für jene benachteiligten Mitbürger ein umfassendes Angebot, das von der vorschulischen Betreuung über Sprachhilfen bis zu Werkstattplätzen reichte. Sieben Jahre später, 1972 zum Stadtdirektor von Dormagen gewählt, gelang es dem Verwaltungsexperten während der kommunalen Neuordnung erfolgreich, Dormagen vor dem "Zugriff" benachbarter Städte wie Köln zu bewahren.
    1966 in die CDU eingetreten, fand der Vorsitzende der Kommunalpolitischen Vereinigung des Kreises Neuss den Weg zur Politik und schließlich in den nordrhein-westfälischen Landtag über die Gemeindepolitik. "Ich sah die Möglichkeit, im Landesparlament an dem mitzuarbeiten, was man bislang auf unterer kommunaler Ebene zugearbeitet hat", begründet der Abgeordnete seine Kandidatur bei der letzten Landtagswahl.
    Aufgrund seiner langjährigen Erfahrungen im Behindertenwesen hält Peter Daners es für erforderlich, daß die besondere Verantwortung gegenüber diesen Mitbürgern wieder in die Hände von Parlamentariern gelegt wird. Nach seiner Ansicht versucht heute die Gesellschaft sich zu viel mit Spenden ein Alibi zu schaffen. Und die Bereitschaft der Arbeitgeber, mehr Behinderte einzustellen, setzt nach Auffassung des CDU- Abgeordneten eine "Überzeugungsbildung" in den Betrieben, vor allem bei den Personal- und Betriebsräten voraus. Es sei nämlich oft schwierig, Verständnis in der Belegschaft für behinderte Arbeitskollegen zu finden. Dabei seien sie häufig nicht weniger, sondern anders leistungsfähig.
    Bei einem anderen Schwerpunkt seiner parlamentarischen Tätigkeit plädiert Peter Daners dafür, wegen der knappen Landesfinanzen die Kostenexplosion im Krankenhausbau durch ein Leasing-Verfahren zu entschärfen oder für die Träger, die sich selber das Geld vom Kapitalmarkt holen, den Schuldendienst zu übernehmen. Schließlich würden auch die folgenden Generationen von der heutigen Errichtung der Krankenhäuser profitieren, und sie sollten sich daher auch an den Kosten beteiligen.
    In seiner Freizeit widmet sich der Vater von zwei Jungen (10 und 13 Jahre) einem nicht alltäglichen Hobby - der regionalen Geschichte. Und die in der Vergangenheit gegründeten Geschichtsvereine in Dormagen und Grevenbroich sind auf seine Initiative hin entstanden. Seine Fraktionskollegen schätzen schon heute an dem engagierten Neuling seinen rheinischen Optimismus und seine westfälische Beharrlichkeit. Peter Daners: "Meine Vorfahren stammen eben je zur Hälfte aus dem Rheinland und aus Westfalen." Eine gute Mischung! Jochen Jurettko

    ID: LI81051F

  • Porträt der Woche: Hanns Backes (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 3 - 02.02.1981

    Bei der Debatte um den Sportbericht der Landesregierung hatte Hanns Backes von der CDU-Fraktion seinen ersten Auftritt im Parlament. Wenn es um die Entwicklungen im Schulwesen geht, wird er wieder sprechen - "In der Theorie gibt es viel Unsinn, da braucht man die Männer der Praxis", meint der56jährige Realschuldirektor außer Diensten aus Netletal 2 (Kaldenkirchen) an der niederländischen Grenze. Dabei wollte er, im Juni 1945 als Marinesoldat aus französischer Kriegsgefangenschaft getürmt, eigentlich "alles andere als Lehrer werden, am liebsten Jurist". Aber wie studieren? Der Kriegsfreiwillige holte mit 21 Jahren sein Abitur nach und "dann sprach mich auf der Straße ein hübsches Mädchen an: in sechs Wochen kannst du Schulhelfer werden". Backes wurde. Ein Hochschulstudium in Aachen folgte. 1949 legte er die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Volksschulen ab und war bis 1954 dort Lehrer, anschließend Realschullehrer bis 1959, dann Direktor-Stellvertreter. 1963 wurde er, "obgleich die CDU bei uns nie die absolute Mehrheit hatte", einstimmig zum Realschuldirektor gewählt. Im Mai 1980 tauschte er dieses Amt mit der Tätigkeit im Parlament. Backes sitzt hier im Ausschuß für Schule und Weiterbildung sowie im Sportausschuß.
    Als Backes sich 1949 entschloß, einer Partei beizutreten, hat er sich "auch die SPD angesehen, dann aber für die CDU entschieden". 1952 wurde er in seiner Partei aktiv, weil er die schulische Situation verbessern wollte. Inzwischen ist er 18 Jahre lang kommunalpolitisch tätig, war 14 Jahre lang Fraktions vorsitzender im Rat der Stadt Kaldenkirchen und zehn Jahre Mitglied des Kreistages Viersen (1970 bis 1980). Seit 1975 ist Backes Landrat. Die Tätigkeit im Landtag ist für ihn "eine gute Verbindung von zwei Ämtern", obwohl er sich,, von Anfang an klar war, in Düsseldorf keine Bäume ausreißen zu können. Aber helfen kann ich den Bürgern meines Kreises doch recht oft", meint er. Da ist der Lehrer- Kollege, der ihn drängt, "endlich einmal die Korrespondenz mit dem Kultusminister zu Ende zu bringen - der antwortet partout nicht!" Da sind zwei Landwirte, die "in der Bürokratie hängengeblieben" sind: Der für sie zuständige Minister hatte am 10. November 1980 einen Erlaß herausgegeben (Zuschüsse für Bodenverbesserung im Jahre 1980), der entsprechende Brief des Regierungspräsidenten kam aber erst am 6. Januar 1981 an. "Die Verwaltungspanne kann die Bauern Geld kosten, fürchten diese. Der Herr Landrat soll da mal nachfassen. "Backes will's tun.
    In den Landtag wollte Backes schon 1970, aber die Entscheidung "Lehrer bleiben oder Abgeordneter werden fiel damals noch zugunsten des Lehrers. Ich war und bin es gerne". Im Mai 1980 holte er den Wahlkreis 57 (Viersen II) mit 51,8 Prozent der Stimmen für die CDU. Sein Vorgänger Julius Louven hatte ihm den Weg freigemacht, indem er für den Bundestag kandidierte. Seither kommt der Sport bei Backes viel zu kurz, zumal er gleich in fünf Sparten aktiv ist: auf dem Tennisplatz, beim Waldlauf, auf dem Fußballfeld, beim Segeln und auf der Skipiste. Seit vielen Jahren ist er "nebenbei" Skilehrer, war mit seinen Schülern regelmäßig im Hochschwarzwald zum Wintersport. Tennispartner sind seine beiden Söhne, ein angehender Architekt und ein Jurastudent. Bei der Frage nach Freizeitbeschäftigung lächelt Backes milde: "Jetzt einmal in der Woche Fußball in der Halle, demnächst wieder eine Schwarzwaldfahrt, im Sommer mit den Söhnen segeln ..." Zeit für Lektüre bleibt auch noch. Die Geschichte des 19. Jahrhunderts und die Lebenserinnerungen von Politikern haben ihm viele (Er-)Kenntnisse gebracht. Das soll so bleiben.
    Hans Krieger

    ID: LI81031F

  • Porträt der Woche: Franz Riscop (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 1 - 19.01.1981

    Bis vor kurzem kannte er nur .Jeden Weg im Siebengebirge" und die Wanderwege der vorderen Eifel, jetzt ist er dabei, in wenigen Monaten das ganze Land Nordrhein-Westfalen kennenzulernen. Und dessen Rathäuser. Die vergleicht er dann gerne mit "seinem" Rathaus - "und da schneidet Königswinter ausgezeichnet ab". Die Rede ist von Franz Riscop aus eben jenem Königswinter, südlich der Bundeshauptstadt gelegen, unweit der Grenze zu Rheinland-Pfalz, wohl 300 km von des Landes nördlichstem Teil entfernt, dem Kreis Minden-Lübbecke. Als Mitglied des Petitionsausschusses hat der Parlamentsneuling aus der Fraktion der CDU bereits "mehrere tausend Kilometer" zurückgelegt. Er arbeitet "mit großer Freude" in diesem Ausschuß, vor allem auf dem Sachgebiet Bauwesen, konnte "bei vielen Ortsterminen echt helfen", beide Seiten von oftmals harter Meinung herunter- und schiedlich-friedlich zusammenbringen. Das geschieht meist im örtlichen Rathaus, wo der Petitionsausschuß auf seinen Reisen zu tagen pflegt.
    Das Rathaus seiner Geburts- und Heimatstadt kennt der 47jährige Schriftsetzermeister, der eine Akzidenz-Druckerei, einen Familienbetrieb, in der dritten Generation fortführt, in- und auswendig; er ist Mitglied des Rates der Stadt Königswinter seit 1969 und seit 1971 auch Vorsitzender der CDU-Fraktion. Vorher war Riscop schon im Rat der Stadt Niederdollendorf (seit 1961) und dort auch fünf Jahre lang Bürgermeister. Er kann sich zu Recht zu den gestandenen Kommunalpolitikern im Landtag rechnen, und deshalb weiß er genau, "wie Gesetze, die wir hier in Düsseldorf machen, sich unten auswirken".
    Als Riscop 1956 der Jungen Union beitrat, ein Jahr später der CDU, geschah das "aus einer gewissen Verärgerung heraus, aus Trotz auch. Mir paßte es, wie vielen meiner Freunde, nicht, was da im Rathaus gemacht wurde. Das mußt du zu ändern versuchen, sagte ich mir und bin deshalb in die damalige Opposition eingetreten." Sie ist heute in Königswinter in der politischen Verantwortung; im Lande nicht, wiewohl Riscop in seinem neu zugeschnittenen Wahlkreis 28 (Rhein-Sieg-Kreis II) mit der satten Mehrheit von 52,3 Prozent gewann. Zugute kam ihm dabei sein langjähriges Engagement in örtlichen Vereinen, im Schützen wesen wie im Kirchenchor. "Alle, die etwas darstellen, müssen da Mitglied sein", meint Riscop unter Hinweis aus Gepflogenheiten, die regional wohl recht unterschiedlich sind in einem Land aus der Retorte, das nicht überall von Tradition und Brauchtum strotzt, da zuviel neu gebaut und neu gegliedert wurde.
    Im Landtag sitzt Riscop nicht nur im Petitionsausschuß, sondern auch im Ausschuß für Städtebau und Wohnungswesen, wo er sich vor allem um Sanierungsfragen kümmert. Im Ausschuß für Haushalt und Finanzen ist er stellvertretendes Mitglied. "Konsolidierung des Haushalts" geht ihm leicht über die Lippen, nachdem es - mit seiner kräftigen Hilfe - gelungen ist, im heimischen Königswinter eine für 1981 geplante Haushaltsausweitung von 24 auf 9,5 Millionen Mark zu begrenzen.
    Die Beschäftigung mit Kommunal- und Landespolitik, dazu eine Reihe von Ehrenämtern (wie in der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU) kostet eine Menge Zeit. Dabei gehört der Freitag grundsätzlich dem eigenen Betrieb, den inzwischen ein Mitarbeiter hauptverantwortlich leitet. Der Meister bleibt allerdings so nahe am Geschehen, daß ihm "nichts davonläuft". Er steht auf dem Standpunkt, den erlernten und ausgeübten Beruf weiterhin so pflegen zu sollen, daß er jederzeit dorthin zurückkann, wenn er das möchte oder müßte.
    Ein langjähriger Freundeskreis führt ihn an fast jedem Wochenende in die nahe Eifel zu ausgiebigen Wanderungen. Zu Hause, bei Frau und Tochter, schätzt Franz Riscop ein Glas Wein "zum Abschalten" nach den länger gewordenen Arbeitstagen. Der Rebensaft kommt oft aus dem gegenüberliegenden Siebengebirge, aus Deutschlands nördlichstem Weinbaugebiet. Hans Krieger

    ID: LI810105

  • Porträt der Woche: Antonius Rüsenberg (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 27 - 15.12.1980

    Ein bequemer "Ja-Sager" in seiner Fraktion wird er nicht sein, der 37jährige Sozialarbeiter aus dem westfälischen Städtchen Steinheim. Er ist der erste aus seinem Geburtsort, der den Sprung in den Landtag geschafft hat. Als Direktkandidat - sozusagen auf Anhieb - und mit einem respektablem Ergebnis von 62 Prozent. Das gibt Selbstbewußtsein und wird von ihm selbst als die Krönung einer politischen Familientradition empfunden. Schließlich war der Großvater bereits erster Nachkriegsbürgermeister von Steinheim und der Vater Amtsvertreter.
    Die zehnjährigen Berufserfahrungen des gelernten Landmaschinenschlossers, der dann noch vier weitere Lehr- und Studienjahre in Bad Honnef und Köln zulegte, um Sozialarbeiter bei der Kreisverwaltung im westfälischen Höxter zu werden, haben ihn geformt. Sie haben den Sohn eines Tischlers aber auch gelehrt, daß nicht nur an der Hobelbank Späne fallen, wenn es zur Sache geht. Diese Erfahrungen haben ihn frei bleiben lassen von jenen theoretischen Doktrinen, mit denen sich so viele Jungparlamentarier zu plagen haben, die von der Hochschule ohne jegliche Berufserfahrung sofort ins politische Geschäft gesprungen sind.
    Antonius Rüsenberg weiß was er will und vermag es auch ohne Umschweife zu formulieren. Er hat, vor allem in seinen sozialpolitischen Berufsjahren, gelernt zuzuhören und sich in die Lage anderer zu versetzen, selbst wenn es sich dabei um eine "Schief-Lage" handelt. Er kann aber auch diskutieren und argumentieren, beides wichtige Eigenschaften für Politiker, die leider so vielen Parlamentariern für alle politischen Ebenen, gerade auch in der Landespolitik, fehlen oder abhanden gekommen sind. Den Menschen zu helfen, war sein selbstgewählter - erst nach einer sicherlich nicht leichten Kurskorrektur erreichter-Beruf, Politik sein Hobby. Jetzt-da er Hobby und Beruf vertauscht hat- wird er erleben, wie schwer es Politiker auf Landesebene haben, auch Menschen unmittelbar zu helfen. Der Sozialarbeiter Rüsenberg war für den einzelnen da, vor allem für junge Menschen, die sich in den Fallstricken von Alkohol und Drogen, von Labilität und Kriminalität verfangen hatten. Der "Gesetzgeber" Rüsenberg soll, zusammen mit 200 weiteren Parlamentariern, Spielregeln für rund 17 Millionen Landesbewohner festlegen. Ein Dilemma, an dem schon so mancher Parlamentarier innerlich zerbrochen ist. Rüsenberg, zugleich ein engagierter Familienpolitiker, scheint dagegen gewappnet zu sein. Seine Tätigkeit im Petitionsausschuß läßt ihn das Erfolgserlebnis, auch im einzelnen helfen zu können, nicht ganz vermissen. Seine Familie - Frau Mechthild und seine beiden Söhne Michael und Stefan - und sein wacher Blick für die Realitäten des Lebens werden ihn davor bewahren, der Hybris junger Landespolitiker zu erliegen. Die Enttäuschungen über "Rückfällige", die keinem Sozialarbeiter erspart bleiben, sollten ihn vor der Frustration vieler Oppositionspolitiker bewahren. Rüsenbergs Partei-Karriere in der,, Jungen Union'' und der CDU von Steinheim und des Kreises Höxter wird später im Landtagshandbuch nachzulesen sein, ebenso wie etwa seine Tätigkeit in der katholischen Arbeiterbewegung oder bei den Kolpingsöhnen. Für den Politiker Rüsenberg hat sie ihr Gewicht. Auf der parlamentarischen Waage werden menschliche und berufliche Erfahrungen und ihr Umsetzen in praktische Politik stärker ins Gewicht fallen, aber auch Standvermögen und Zivilcourage! Und noch eines zeichnet den jungen CDU-Abgeordneten aus Westfalen aus. Er läßt sich innerhalb seiner Partei und Fraktion weder als links noch als rechts einordnen. Ihm geht es um die Sache und nicht darum, ob ein "evangelischer Brillenträger aus Westfalen" oder ein "katholischer Kolpingbruder aus dem Rheinland" die Meinung der CDU vertritt. Karl Fischer

    ID: LI802715

  • Porträt der Woche: Günther Hochgartz (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 25 - 28.11.1980

    Wenn die Kommunalpolitik die vielzitierte ,,Schule der Politik" ist, dann hat sie Günther Hochgartz 25 Jahre lang "besucht", bevor er nach der Landtagswahl im Mai als direkt gewählter CDU-Abgeordneter im Wahlkreis 91 Borken I ins Düsseldorfer Landesparlament einzog. Solange nämlich gehört der gebürtige Bocholter dem Stadtrat seiner Heimatstadt an, der ihn 1964 zum Oberbürgermeister und nach der Eingliederung Bocholts in den Kreis Borken zum Bürgermeister gewählt hatte. Sein Amt als stellvertretender Landrat gab der CDU-Politiker nach seiner Wahl in den Landtag freiwillig ab, um eine Ämterhäufung zu vermeiden.
    Das bisherige politische Wirken von Günther Hochgartz beschränkte sich allerdings nicht auf den kommunalen Bereich. Mit viel Engagement hat er in den letzten zwanzig Jahren in der Euregio die Belange der Bürger einer ganzen Grenzregion vertreten, und als Vorsitzender der deutsch-niederländischen Mozer-Kommission entfaltete er mannigfaltige Initiativen vor allem auf sozialem und kulturellem Gebiet. Seine Partei benannte ihn schließlich zum Ersatzkandidaten für das Europa-Parlament.
    Fest verwurzelt im Münsterland kämpfte der CDU-Politiker bei der Gebietsreform in den siebziger Jahren erfolgreich für den Verbleib Bocholts im Regierungsbezirk Münster. Die nicht nur im Düsseldorfer Innenministerium erörterte Zuordnung der nach Münster größten Stadt im Münsterland hätte unabsehbare Folgen für den Bezirk gehabt. Die dem selbständigen Elektrokaufmann und -meister verliehene Ehrenplakette der Handwerkskammer Münster ist ein beredtes Zeugnis der Anerkennung seines damaligen Kampfes in breiten Bevölkerungskreisen.
    Wenn Günther Hochgartz bisweilen gefragt wird, warum er noch als 62jähriger eine neue politische Aufgabe übernahm, so weist der frühere aktive Wasserballer, der mit dem Bocholter Wassersport-Verein in den fünfziger Jahren Deutscher Meister wurde, auf eine Grundregel im Sport hin: Für eine gute junge Mannschaft kann ein älterer Spieler von Nutzen sein. Warum sollte dies nicht auch für eine Fraktionsmannschaft gelten? Und der vitale Münsterländer, dessen ausgleichendes Wesen geschätzt ist, bringt eine gehörige Portion Sachverstand in die CDU-Opposition ein.
    Die Fraktion berief Günther Hochgartz in den Verkehrsausschuß und den Ausschuß für Landesplanung und Verwaltungsreform, außerdem ist er stellvertretendes Mitglied des Kommunalpolitischen und des Landwirtschaftsausschusses. Dabei handelt es sich um Gremien, wo der CDU-Parlamentarier glaubt, die Interessen der Bewohner des strukturell vernachlässigten Grenzraumes am besten vertreten zu können. Als Voraussetzung einer wirtschaftlichen Stärkung dieses Gebietes nennt er dabei die Erhaltung beziehungsweise den Ausbau des Verkehrsnetzes. Mit sicherem Gespür für das Machbare hat er sich erfolgreich für die Emsland-Autobahn eingesetzt, und er streitet heute für den Fortbestand der Bahnlinie Münster -Gronau-Enschede. Übrigens: Die vielfältigen Ämter, mit denen ihn seine Parteifreunde betraut haben, hat der Familienvater von drei Kindern stets ehrenamtlich wahrgenommen.
    Körperlich fit hält sich der 62jährige nicht allein durch tägliches Schwimmen; er ist ein passionierter (Berg- ) Wanderer und Ski-Langläufer. Und jener Ausspruch von Henry Ford scheint für den Münsterländer charakteristisch zu sein: "Jeder, der aufhört zu lernen, ist alt, er mag zwanzig oder achtzig zählen. Jeder, der weiter lernt, bleibt jung und wird ständig wertvoller. " Jochen Jurettko

    ID: LI80251A

  • Porträt der Woche: Christa Thoben (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 23 - 07.11.1980

    Zu den ganz wenigen Neulingen, die während der ersten Sitzungstage des neuen Parlaments bereits für ihre Fraktion sprechen konnten, gehört Christa Thoben (39) von der CDU. Ihr Einstand - bei der bitterernsten großen Stahldebatte vom 30. Oktober - begann mit einer Lachsalve: Der Parlamentspräsident sprach ihren Namen nicht korrekt aus, als er die Rednerin ankündigte. "Beim ersten Male verzeihe ich dem Präsidenten noch, wenn er mit meinem Namen nicht zurechtkommt", meinte Frau Thoben unerschrocken, worauf van Nes Ziegler schlagfertig konterte: " Wir müssen uns mal näher kennenlernen." Das geschah sofort - alle im Hohen Haus haben die forsche Dame kennengelernt in ihrer vielbeachteten "Jungfernrede". Und anerkennen gelernt. "Meine Nachredner sind alle auf mich eingegangen, das reicht mir für den Start. Es war das Beste, was mir passieren konnte", erklärte die Diplom-Volkswirtin unmittelbar nach der Sitzung. Unter denen, die sich mit ihren Ausführungen befaßt hatten, war immerhin das Professoren-Duo aus dem SPD-Kabinett, Farthmann und Jochimsen. Daß ersterer sie barsch vermahnte (" Wir machen hier keine Denkschulen, sondern praktische Politik. Daran müssen Sie sich noch gewöhnen!") und Jochimsen ihr "wirtschaftsseminaristische Überlegungen ... im Sinne ordnungspolitischen Perfektionismus" vorwarf, hat sie "weggesteckt". Die Dame ist sich ihrer durchaus bewußt; wenn manches, was sie sagt, den Kollegen unbequem sein sollte, so macht ihr das "überhaupt nichts aus".
    Christa Thoben ist in Bochum als Tochter eines Einzelhandelskaufmanns geboren, lernte den harten Alltag im Familienbetrieb kennen, wo nach Feierabend und sonntags die Fron der unbezahlten Hilfsarbeiten für den Staat den Eltern oft genug auch die Zeit für die Kinder nimmt. Nach dem Abitur studierte sie Volkswirtschaft in München, Wien und Innsbruck, schloß mit dem Diplom ab und arbeitete anschließend im Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung in Essen in der Strukturabteilung und an Branchenuntersuchungen, bevor sie 1978 in die Selbstverwaltung der Wirtschaft ging, als Geschäftsführerin der Industrie- und Handelskammer zu Münster. Schwerpunkte ihrer Tätigkeit dort: Volkswirtschaftliche Grundsatzfragen und Außenwirtschaft. Weil ihr Hauptinteresse der Wirtschaft gilt, ist Frau Thoben "vor langen Jahren" auch der CDU beigetreten - "auf diesem Gebiet traue ich der CDU weitaus mehr zu als der SPD". Und sie ergänzt: "Da es angenehmer ist, ,Motor des Fortschritts' zu sein, kam für mich eine Mitgliedschaft in der SPD überhaupt nicht in Frage; da hätte ich nämlich den Hauptteil meiner Kraft dafür einsetzen müssen, Planern und Volksbeglückern die Flügel zu stutzen."
    Fast eine Selbstverständlichkeit, daß Frau Thoben, die über die Landesreserveliste ins Parlament einzog (auf dem der Mittelstandsvereinigung Westfalen zustehenden sicheren Platz), gleich einen Sitz im Wirtschaftsausschuß anstrebte und auch erhielt. Ihr Wort dort zählt, zumal in diesem Gremium strukturpolitischer Sachverstand sehr gefragt ist. Im Ausschuß für Haushaltskontrolle und Rechnungsprüfung wirkt Frau Thoben ebenfalls mit, und "es macht viel Spaß, ich bekomme einen Überblick über die Probleme aller Bereiche". Und die Hobbies der Junggesellin, die in Wattenscheid wohnt, "ziemlich fließend" Englisch spricht und weitgereist ist? Ein recht ausgefallenes: sie sammelt politische Karikaturen. Und eines, das sie als Leistungssportlerin ausweist: sie spielt Tennis in der Oberliga Westfalen, beim Gelsenkirchener TK Hans Krieger

    ID: LI80231B

  • Porträt der Woche: Dr. Helmut Llnssen (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 20 - 13.10.1980

    Zu den wenigen Neulingen im Parlament, die sich "MdL" schon weit vor der Wahl am 11. Mai auf die Besuchskarte drucken lassen konnten, gehört Dr. Helmut Linssen aus Geldern. Sein Wahlkreis ist traditionell der "schwärzesten" einer. Im allgemeinen Trend, mehr beeinflußt von der Bundes- als von der Landespolitik, mußte die CDU zwar auch in ihren Hochburgen wie dem linken Niederrhein Federn lassen, aber Linssen erzielte mit 59,9 Prozent noch ein vergleichsweise sehr gutes Ergebnis, landesweit das zweitbeste seiner Partei. Ein Phänomen in seinem Wahlkreis: hier kandidierten drei Selbständige gegeneinander bei den - damals - drei im Landtag verfetenen Parteien.
    Der siegreiche Kandidat der CDU, 1942 als "waschechter Niederrheiner" geboren, verstärkt nun die schmale Riege der Selbständigen im Landtag und ist "stolz auf wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit. Ich lebe nicht von dem Mandat. .." Eine Pause nach dieser Feststellung läßt Schlüsse offen, ob es so, wie es inzwischen in deutschen Parlamenten ist, gut und recht ist - die Debatte um die nächste Diätenerhöhung zieht am geistigen Auge wohl ebenso vorüber wie die Frage, ob ein Landtagsmandat ein Vollzeitberuf ist.
    Linssen, Sohn eines selbständigen Müllermeisters, hatte in Geldern das Humanistische Gymnasium besucht, ehe er sich in Hamburg und München wirtschaftswissenschaftlichen Studien zuwandte. Seit 1969 Diplom-Kaufmann, promovierte er 1972 bei Professor Nieschlag in München zum Dr. rer. pol. Das Thema seiner Dissertation ("Interdependenzen im absatzpolitischen Instrumentarium der Unternehmungen") weist Linssen als Marketing- Fachmann aus.
    Im Familienbetrieb, der Linssen KG, ist er für den Vertrieb der Mehle und Saatgüter zuständig, während Bruder Bernd, gelernter Müller und Mühlen-Ingenieur, technischer Betriebsleiter ist. Das Unternehmen zählt rund 70 Mitarbeiter und hat sich in Coesfeld, im Herzen des westfälischen Agrarraumes, einen Zweigbetrieb angegliedert.
    Linssen, der 1972 der CDU beitrat und 1975 Ratsherr in Geldern wurde, ist von seinem Wahlkreisvorgänger Dr. Jochen van Aerssen (inzwischen Mitglied des Bundestages und des Europaparlaments) zielbewußt in das landespolitische Geschäft eingeführt worden. Im Landtag kam er gleich als ordentliches Mitglied in jenen Ausschuß, den er sich gewünscht hatte, der für einen Neuling erfahrungsgemäß so leicht nicht zu erreichen ist: Ausschuß für Wirtschaft. In den Ausschüssen für Ernährung, Land-, Forst- und Wasserwirtschaft sowie für Jugend, Familie und politische Bildung ist er stellvertretendes Mitglied.
    Ämter in der Partei und im kommunalen Bereich hat er seitdem zum Teil aufgegeben, um sich mehr der Landespolitik für die Bürger seines Wahlkreises widmen zu können. Dort fehlt es beispielsweise an der Ansiedlung neuer Betriebe, wiewohl Fläche dafür vorhanden ist. Aber: die Gebiete rundum haben teil an der regionalen Wirtschaftsförderung und somit mehr zu bieten an Investitionszulagen und steuerlichen Erleichterungen. Ein Thema, das den Landtag und vor allem seinen Wirtschaftsausschuß noch auf Jahre beschäftigen wird. Dort ist Linssen nach eigenen Worten "strammer Verfechter der Sozialen Marktwirtschaft. Ich trage sie wie ein Fähnlein vor mir her."
    Wenn schon Familie (verheiratet, eine Tochter) und Beruf als "unbedingt gleichrangig" angesehen werden, sein Hobby könnte künftig zu kurz kommen: gute Bücher. "Deutsch war immer mein Lieblingsfach in der Schule. Mein Lieblingsautor ist Thomas Mann. Ich ergötze mich gerne an stilistischen Feinheiten. " Hans Krieger

    ID: LI80201B

  • Porträt der Woche: Professor Dr. Kurt H. Biedenkopf (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 17 - 05.09.1980

    Vor einigen Jahren noch arbeitete Kurt Biedenkopf mit Blick auf das Kanzleramt, von seinem Schreibtisch aus als Generalsekretär der CDU im Bonner Adenauer-Haus. Jetzt steht der Schreibtisch im Düsseldorfer Landtag. Für fünf Jahre hat ihn die CDU-Fraktion zum Vorsitzenden gewählt, zum Oppositionsführer und Konterpart des Ministerpräsidenten Rau, eine lange Zeit. Ob Biedenkopf diese Station seines Lebens genau so plante, wie alle anderen zuvor Hochschullehrer, Universitätsrektor, Manager eines Wirtschaftskonzerns, Chefdenker der Union und Kanzlerkandidatenmacher -, wer will das heute sagen? Der jähe Tod von Heinrich Köppler in diesem Frühjahr hat die Entscheidungsfreiheit des Volljuristen, Wirtschaftsrechtlers, Nationalökonomen und Politikers Biedenkopf eng begrenzt. Er wurde von der CDU des Landes in eine Pflicht genommen, die er glaubwürdig als seine eigene begriffen hat und auch erfüllen will. Im Düsseldorfer Landtag ist Biedenkopf nicht nur der prominenteste Neuling. Das Parlament wird seine politische Begabung, seine rednerischen Fähigkeiten, seine Qualität des analytischen Denkens sehr bald als enorme Bereicherung empfinden, von welcher Seite des politischen Spektrums man es auch immer betrachten mag. Wenn in der repräsentativen Demokratie Politiker gesucht werden, die noch vom Grunde her zu denken und zu argumentieren wagen, nicht in die vordergründige Professionalität eines Schausteller-Geschäfts verfallen, Biedenkopf wird sicher immer unter ihnen sein. Regierung und Regierungsfraktion erkennen die Herausforderung an, die der neue Oppositionsführer darstellt. Das ist gut so. Es verschärft den Wettbewerb der Ideen und Entscheidungen in der Politik, die allein dem Gemeinwohl zu dienen haben.
    Um Biedenkopf griffig zu beschreiben, sind schon viele Schablonen zurechtgeschnitten worden: Senkrechtstarter, Karriereplaner, Erzreaktionär, intellektueller Technokrat. Auf ihn angewandt, erstarrt das alles zu Worthülsen. Sicher ist, daß Biedenkopf in rigoroser Weise eine freiheitliche Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und in ihr wiederum ein Leistungsprinzip vertritt, das der Theorie vom allein glückseligmachenden Umverteilungs- und sozialen Fürsorgestaat kategorisch widerspricht. Ein Politiker, der ununterbrochen mit neuen Denkanstößen auch immer wieder Konflikte und Widerstreit produziert, oft in der eigenen Partei, wird nicht verlangen können, am Grad seiner Beliebtheit gemessen zu werden.
    "Mich fasziniert die Macht des Arguments", sagt er gelegentlich. Oder: "Parteien rechtfertigen sich nicht im Personenkult, sondern allein in der Solidarität zur gemeinsamen Sache." Begonnen hat Biedenkopf als "Stift" in einer Lehrwerkstatt der Buna-Werke in Merseburg. Die eigentliche Ausbildung und Prägung aber verdankt er der ordoliberalen Frankfurter Schule mit Lehrern wie Franz Böhm, Heinrich Kronstein und Fritz Neumark. Mal war er Werkstudent bei Dyckerhoff, mal Assistent an der Georgetown Universityin den USA. Daß der junge Biedenkopf eine ungewöhnliche Laufbahn nehmen würde, wurde klar, als er sich mit 37 Jahren zum Rektor der damals noch einzigen Ruhr- Universität wählen ließ, und wenig später von Kiesinger und Brandt, Schiller und Strauß, Schmidt und Barzel in der Großen Bonner Koalition zum Vorsitzenden der Mitbestimmungskommission berufen wurde.
    Wahrscheinlich kokettiert er noch heute damit, daß er sich keinem Bilde fügt, das von ihm gemalt wird. Ein seltsamer Mensch, der sich stets die Lernzwänge herbeiwünscht, die viele schon als Streß beklagen, der zum Widerspruch auffordert, wo Anpassung doch viel modischer ist. Dem Düsseldorfer Landtag wird die Anstrengung des Geistes, die der Neuling Biedenkopf einbringt, gut bekommen. Daß aber auch der Landtagsabgeordnete Biedenkopf vor gehörigen Lernprozessen steht, darf ihm vorausgesagt werden. Lothar Bewerunge

    ID: LI80171D

  • Porträt der Woche: Maria Hölters (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 9 - 21.03.1980

    "Man muß sich doch nicht immer mit dem Hackbeil entgegenkommen", meint pointiert die CDU-Abgeordnete. Und sie fügt hinzu: "In einer pluralistischen Welt sollten sich alle gesellschaftlichen Gruppen bemühen, möglichst auf einen wenn auch den kleinsten gemeinschaftlichen Nenner zu kommen, damit das Leben erträglicher wird." Und Maria Hölters hat ihren Beitrag dazu geleistet, während ihrer 22jährigen Tätigkeit im NRW-Landtag wie auch in den vielfältigen Gremien, vor allem des Familien- und Bildungsbereichs.
    Dabei läßt die Düsseldorferin keinen Zweifel an ihrem weltanschaulichen Standort: "Als katholische Politikerin sehe ich meine Aufgabe darin, die Kirche in die Welt hineinzutragen." Doch diesen Kirchenbegriff sieht die heute 69jährige Abgeordnete nicht eng, und sie betont wiederholt gerade die soziale Verpflichtung der Christen.
    Zu dieser Einstellung mag die Edahrung aus den Nachkriegsjahren beigetragen haben, wo sie, die Frau eines Kriegsvermißten, nicht nur die Trümmer ihres Hauses eigenhändig beseitigte, sondern auch der örtlichen Pfarre neue Impulse gab. Nicht zufällig scheint es heute, daß die engagierte Rheinländerin mit dem Temperament dieser Landschaft den Wahlkreis von Karl Arnold nach dessen plötzlichem Tod übernahm.
    Wenn Maria Hölters am Ende dieser Legislaturperiode aus dem Landtag ausscheidet, so wird ihr der Abschied gewiß nicht leichtfallen; sind doch 22 Jahre ihres Lebens wesentlich von der parlamentarischen Tätigkeit am Düsseldorfer Schwanenspiegel geprägt worden. Dabei widmete sich die CDU-Abgeordnete vor allem der Bildungs- und Familienpolitik, wo sie wiederum eine integrierende Toleranz und eine auch vom politischen Gegner anerkannte große Sachkenntnis auszeichneten.
    Letztere holte sich die Politikerin insbesondere von der sogenannten "Basis", von Mitbürgern, mit denen sie das Gespräch suchte. Und die Wähler honorierten dieses Engagement. So holte sie beispielsweise 1975 "ihren" Wahlkreis mit dem respektablen Abstand von 5,7 Prozent gegenüber dem politischen Gegner; ein Wahlkreis, der bei den zwei vorherigen Wahlen an die SPD gefallen war.
    Für die noch vitale Düsseldorferin bedeutet der Abschied von der Landespolitik keinen gleichzeitigen Verzicht auf die berufliche Tätigkeit. Ihr bisheriges bildungspolitisches Wirken wird sie auf der institutionellen Ebene fortsetzen. So gründete die langjährige Düsseldorfer Stadträtin 1954 das "Bildungsforum", das durch seine aufsehenerregenden Disputationen weit über die Stadtgrenzen hinaus bekannt wurde und heute als "Arbeitsgemeinschaft für Sozialpädagogik und Gesellschaftsbildung" allein 40 hauptamtliche Mitarbeiter zählt. Ebenfalls rief sie später die Fachhochschulen für Sozialarbeit und für Pädagogik ins Leben. Durch diese Gründungen wollte die Abgeordnete deutlich machen, daß "Kultur und Sozialpolitik eng miteinander verknüpft sind".
    Ihre Erfahrungen stellt Maria Hölters unter anderem der Bundesarbeitsgemeinschaft katholischer Erwachsenenbildung und dem von ihr mitgegründeten Familienbund Deutscher Katholiken zur Verfügung. Zu ihren Ehrenämtern zählt schließlich der Vorsitz in der Landesarbeitsgemeinschaft katholischer Bildungsstätten.
    "Es ist viel mehr wert, jederzeit die Achtung der Menschen zu haben, als gelegentlich ihre Bewunderung", schrieb der Dichter und Philosoph Rousseau. Maria Hölters gehört zu jenen Frauen, die nicht selten beide erfahren haben. Jochen Jurettko

    ID: LI800919

  • Porträt der Woche: Friedrich Heinen (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 6 - 03.03.1980

    Wenn Friedrich Heinen den Landtag mit dem Ende dieser Legislaturperiode verläßt, werden viele sagen: "Was, der Friedl geht auch?" So ganz freiwillig mag der CDU-Abgeordnete seinen Entschluß nicht gefaßt haben, doch Wahlen sind in den Parteien auch immer Zeiten des Generationenwechsels. Friedl Heinen ist ein Stück Düsseldorfer Parlamentsgeschichte. Er hat seit 1958 in nunmehr 22 Jahren viele Regierungschefs und Minister kommen und gehen sehen, so manche Karriere links und rechts von ihm auf den Bänken beobachtet, die eilfertig blühte, um dann schnell zu verwelken.
    Da mutet es fast seltsam an, wie stetig, kaum nach Beifall heischend Heinen seine politische Tagesarbeit über so lange Zeit hinweg betrieb. Die alte und immer noch richtige These, Landespolitik lasse sich ohne ein festes Standbein in der Kommunalpolitik gar nicht erfolgreich darstellen, ist in ihm nachgerade personifiziert. Das hatten die Politiker, die aus dem verlorenen Krieg nach 1945 nur ihr Leben wieder mit nach Hause brachten, so an sich: sie begannen vor Ort in bürgerschaftlicher Nachbarnhilfe, packten in der Jugendarbeit, in der Gewerkschaft, im Roten Kreuz, in der Europa-Union mit an, als noch niemand von Gesellschaftspolitik, Systemüberwindung oder der Reform aller Reformen sprach. Friedl Heinen war einer jener Generation.
    Die meisten Stationen seines Lebens signalisieren Engagement, Kontaktfreude, Gestaltungswille, Verantwortungsbereitschaft: Ratsherr in der Heimatstadt Duisburg, dann Bürgermeister, Vorsitzender der Kommunalpolitischen Vereinigung der CDU in Nordrhein-Westfalen, auch Vorsitzender des Kommunalpolitischen Ausschusses im Landtag, Mitglied der Landschaftsversammlung Rheinland, aber auch im heimatlichen Polizeisportverein, in der alten Marinekameradschaft und - als passionierter Segler - in manchen anderen Vereinen.
    Heinen hat oft über die Grenzen geschaut, um zu lernen, wie alte und junge Nationen ihr demokratisches Leben gestalten. Er hat Freunde von England bis Togo. Aber da gibt es auch noch den Friedl Heinen, der weltweit seit langem für das Hilfswerk der Evangelischen Kirche im Rheinland tätig ist, der denkwürdige Kirchentage in Dortmund und Düsseldorf mitgestaltete. Das Film-, Funk- und Fernsehzentrum der Evangelischen Kirche, in Jahrzehnten aufgebaut, ist sein ureigenes Werk. Auch die Diakonie im In- und Ausland hat ihm viel zu verdanken.
    Witzig, schlagfertig, gesellig in fröhlicher Runde, auch so kennt man Friedl Heinen. Der Eindruck, ihm gehe auch harte politische wie berufliche Arbeit wie ein Hobby von der Hand, ist so unbegründet nicht. Das hebt ihn auf besonders sympathische Weise von jener Art von Politikern ab, die kleine parlamentarische Anfragen und ihre Antworten sammeln wie Fleißkärtchen auf dem Wege zum Doch-noch-Staatsmann.
    Viele im Parlament, in den Verbänden, auch in den Ministerien werden den Kommunal- und Landespolitiker Heinen vermissen. Wenn man eines Tages aber doch übereinkommen würde, daß Politik von Bürgern für Bürger im Grunde auch Freude bereiten sollte, wird "der Friedl" mit guten Ratschlägen gewiß nicht geizen.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI80061B

  • Porträt der Woche: Dr. Heinrich Pohlmeier (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 3 - 01.02.1980

    Eigentlich war er immer ein "Spätstarter". So überrascht es nicht, daß Dr. Heinrich Pohlmeier mit 57 Jahren wieder einmal "ins kalte Wasser springt" und im Herbst dieses Jahres für den Bundestag kandidiert. Es steht schon jetzt fest, daß diese Kandidatur einen Sitz im Deutschen Bundestag bringen wird, denn der leise und zurückhaltende Westfale ist Nachfolger von Rainer Barzel und übernahm vom früheren CDU-Vorsitzenden und ehemaligen Kanzlerkandidaten der Union mit dem Wahlkreis Paderborn eine der sichersten CDU-Absprungrampen der Bundesrepublik. Da ihn "Neues immer gereizt hat", versagte sich Heinrich Pohlmeier auch diesmal nicht dem Wunsch seiner Partei und sprang für Barzel in die Bresche, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr direkt kandidieren kann.
    Und so wird Pohlmeier eher zufällig Volksvertreter in Bonn, wie er auch Politiker erst dann wurde, als seine Karriere bereits abgeschlossen schien. "Nachbarn und Freunde" baten nämlich vor 15 Jahren um das Engagement des damals 42 Jahre alten Studienrats aus Büren bei Paderborn. Und zu seiner eigenen Überraschung wurde er kurz danach in den Rat seiner Heimatstadt und zum Vorsitzenden des Ortsverbandes seiner Partei in Büren gewählt. Natürlich half Pohlmeier auch die Tatsache zu seiner "Blitzkarriere", daß bereits damals seine Heimat eine Hochburg der CDU war und bei der Landtagswahl 1975 das Rekordergebnis von 73 Prozent brachte. Doch daß sich damals mehr als zwei Drittel aller Wähler für Pohlmeier, der seit 1970 ein Landtagsmandat hat, entschieden, liegt auch in der Person des zukünftigen Bundestagsabgeordneten begründet.
    Denn nur scheinbar ist der weißhaarige Pädagoge Pohlmeier, der bei Benno von Wiese über ein Thema aus der deutschen Literatur des 18. Jahrhunderts promovierte, ein Vertreter jener angeblich so "heilen" Welt, die meist nur im Vorurteil existiert. Denn es waren gerade die Konflikte in seinem Leben, die Heinrich Pohlmeier dazu brachten, die Bitten seiner Freunde nicht zu überhören und seine Zeit außerhalb des Mauritius-Gymnasiums in Büren mit Politik zu füllen. Denn der "unkritische" kleine Hitlerjunge Pohlmeier, der nach seinem Notabitur 1941 als Soldat nach Rußland geschickt wurde und unverletzt das Kriegsende erlebte, nennt noch heute diesen materiellen und geistigen Zusammenbruch "das bestimmende Erlebnis meines Lebens". Und längst bevor Unterrichtsempfehlungen dies vorschrieben, erzählte Pohlmeier seinen Schülern von dieser Vergangenheit, "um durch Erziehung dahin zu wirken, daß so etwas nie wieder geschehen kann".
    Dieser Grundsatz verbot es Heinrich Pohlmeier dann auch, abseits zu stehen, als er in die Politik gerufen wurde. Dem neuen CDU-Vorsitzenden präsentierte sich damals die CDU seiner Heimat als "klassische Honoratioren-Partei", die Pohlmeier mit der ihm eigenen Geduld und Zähigkeit öffnete. Er sprach Arbeiter und Handwerker an und "holte die Menschen in die CDU, wie ich selbst gerufen worden war". Mit dieser Öffnung der Partei, deren Mitglieder damals zu zwei Dritteln Landwirte waren, verband sich auch die Änderung der wirtschaftlichen und räumlichen Strukturen seiner Heimat, die bis heute ebenso anhält wie das starke Wachstum der Bevölkerung.
    Die zielstrebige Politik des Pädagogen, der vor drei Jahren wegen seiner zu starken politischen Belastung das ihm liebgewordene Schulamt aufgab, brachte überraschende Erfolge: Bei seiner ersten Wahl in den Landtag konnte er das Ergebnis seiner Partei um 8 Prozent verbessern und 1975 das Traumergebnis von 73,3 Prozent erreichen. Die CDU belohnte diese Erfolge, indem sie Pohlmeier noch mehr verpflichtete: 1974 wurde er an die Spitze des CDU-Kreisverbands Paderborn gewählt und auch mit dem Landesvorsitz des Kulturausschusses der CDU betraut. Ebenso ist der Bildungspolitiker Pohlmeier, dessen Erfolge in seiner zehnjährigen Landtagstätigkeit in vielen Konzepten und Programmen der CDU deutlich werden, Mitglied im Bundeskulturausschuß der Union.
    Wer glaubt, daß der Weg Pohlmeiers im Deutschen Bundestag vorgezeichnet ist und ihn zwangsläufig in die Bildungspolitik des Bundes führen wird, unterschätzt die Flexibilität des Westfalen, der im Schul- und Wissenschaftsausschuß des Landtags deutliche Akzente gesetzt hat. "Ich bin für die Arbeit im Bundestag nicht festgelegt und freue mich auf neue Aufgaben", versicherte Pohlmeier in diesen Tagen und macht es fast zur Gewißheit, daß man von ihm noch hören wird. "
    Helmut Breuer

    ID: LI800320

  • Porträt der Woche: Albert Falke (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 33 - 21.12.1979

    Nicht all jene Abgeordneten, die mit dem Ende der laufenden Legislaturperiode im Mai 1980 den Düsseldorfer Landtag verlassen werden, können von sich guten Gewissens sagen, dies sei ihr freier Entschluß. So mancher muß auch gehen, weil seine Partei ihn nicht wieder nominieren will. Die seit 1970 nur noch alle fünf Jahre stattfindende Landtagswahl ist auch immer eine Zeit des Generationswechsels in der Politik. Der CDU-Abgeordnete Albert Falke - auch er scheidet im Mai aus - gehört sicher zu den Veteranen in diesem Parlament. Seit 1962 hat er sein im Wahlkreis Meschede-Wittgenstein errungenes Direktmandat ununterbrochen in Düsseldorf vertreten. Das sind über vier Legislaturperioden hinweg immerhin achtzehn Mandatsjahre, die Zeit, in der ein Kind zum mündigen Bürger heranwächst.
    Falke hat sein Feld jedoch rechtzeitig bestellt. Der Entschluß, das Mandat 1980 an die Wähler zurückzugeben, stand schon vor einem Jahr fest. Der präsumtive Nachfolger findet im Hochsauerland gut bereiteten Boden vor. In Falkes Fußstapfen ist gut Wandern. In seinen Textilien auch. Denn der Unternehmer Albert Falke hat immer sorgsam darauf geachtet, nie abhängig von Partei und Mandat zu sein. Die Freiheit von Pressionen in den politischen Entscheidungen sah er stets am besten dadurch gewährleistet, daß der Abgeordnete im erlernten Beruf so viel leiste, um eher nebenbei Dienst am Bürger üben zu können. Falke hat in all diesen Mandatsjahren für seinen eigenen Wahlkreis ungemein viel gearbeitet. Er gehört insofern zu den Politikern, die Interessen ihrer Wähler immer direkt umzusetzen versucht haben. Die Wähler haben dies auch Periode um Periode mit Stimmenzuwachs honoriert. Auch das ist eine in Prozenten objektivierbare Leistung, die sich in den sonst in der Politik eher wetterwendischen Zeitläufen uneingeschränkt sehen lassen kann.
    Im Landtag hat Falke sich auf vielen Arbeitsgebieten umgetan. Zuerst im Sport-, im Verkehrsausschuß, dann lange Jahre im Wirtschaftsausschuß. Es ist bei Albert Falke durchaus verantwortlicher Unternehmersinn, wenn er auch in der Politik Probleme am liebsten persönlich und direkt anfaßte, selbst nach Lösungsmöglichkeiten suchte, wo manch anderer gern andere für sich denken ließ. Die große staatsmännische Rede hat er gern denen überlassen, die sich größer dünken. Falke ist viel zu sehr Pragmatiker, als daß er in ideologischen Weltbildern träumen würde. Ausbildung und Werdegang waren von Anfang an darauf angelegt, daß der Mann seinen Mann selbst zu stehen habe: Lehre im elterlichen Betrieb, Wanderjahre als Kaufmannsgehilfe und Textilingenieur, dazwischen als Soldat einmal Rußland und zurück, dann sehr bald verantwortlich an jenem Arbeitsplatz, den der Großvater dereinst, nur mit einer einzigen Strickmaschine aus Sachsen kommend, im Sauerland aufgebaut hatte.
    Der Politiker Falke - er steht im achtundfünfzigsten Lebensjahr - tut auch jetzt nach bald achtzehn Abgeordnetenjahren nur ungern einen Blick zurück. Da schwingt eine vielleicht instinktive Scheu mit, die in Wahrheit von hohem Selbstbewußtsein zeugt: "Wir müssen immer in die Zukunft schauen, denn über die Vergangenheit berichten die Bilanzen." Falke blickt aber nicht ohne Sorge auf den Parlamentarismus, wie er sich heute entwickelt hat. Es betrübt ihn, daß immer größere Gruppen der Gesellschaft ihre Interessen in die Vollmacht von Auftragsverwaltungen geben: Die Unternehmer schicken ihre Syndizi, die Arbeiter ihre Gewerkschaftsfunktionäre, die Beamten sich selbst in die Parlamente. Selbstverantwortung für eigenständiges Handeln droht so zu einem kümmerlichen Pflänzchen zu werden. Falke, den seine Freunde "Blücher" nennen, hat parlamentarisches Leben nie als ein Quoten-Kartell der Machtzuteilung verstanden.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI79331E

  • Porträt der Woche: Fritz-Werner Hoberg (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 31 - 03.12.1979

    "Ich muß mir selbst treu bleiben", antwortet Fritz-Werner Hoberg und begegnet damit allen Einwänden, warum er nicht nochmals, zum dritten Mal für den nordrhein-westfälischen Landtag kandidieren wolle. Als der gebürtige Münsterländer 1952, damals 39 Jahre alt, in den Amtsrat von Liesborn-Wadersloh gewählt worden war, schwor er sich, ein Mandat nicht als "Erbhof" zu betrachten und in einem "gewissen Alter" den Platz für einen Jüngeren zu räumen. Mit heute 66 Jahren schien dem CDU-Landtagsabgeordneten die Zeit dafür gekommen zu sein, obwohl er sich gesundheitlich noch "top-fit" fühlt und Fraktionschef Köppler den Entschluß mit den Worten quittierte: "So jung sind Sie noch, daß Sie sich an Ihr damaliges Versprechen erinnern können."
    Sein Beruf ist Landwirt, und vielleicht ist diese besonders ausgeprägte Landschaftsbezogenheit einer der Gründe für seine ebenso ausgeprägte Eigenständigkeit. Fritz-Werner Hoberg ist kein bequemer Abgeordneter - auch für seine Fraktion. "Nicht nur einem Vorturner steht es zu, unbequem zu sein", meint er selbst. So widersetzte sich der CDU-Abgeordnete der am Jahresanfang verabschiedeten Diätenregelung und sagte auch nein zu den Neugliederungsgesetzen.
    Aufgrund seiner jahrzehntelangen parlamentarischen Erfahrung ist Hoberg ein entschiedener Gegner des sogenannten Full-Time-Jobs von Landtagsabgeordneten wie auch ihrer Altersversorgung. "Ich habe die Sorge, daß Landesparlamente, wenn sie quasi mit Beamten besetzt sind, nicht mehr die erforderliche absolute Freiheit in ihren Entscheidungen haben." Wer aber wolle in einen privilegierten Bereich, wie das Beamtentum, eingreifen, wenn er selbst im Besitz solcher Privilegien sei.
    Der Kommunalpolitiker Hoberg bedauert, daß während der damaligen Diskussion um die Kommunalreform sich seine Vorstellungen über eine modifizierte Amtsverfassung nicht durchgesetzt haben. Die erzwungene Aufgabe der Selbständigkeit vieler kleiner Gemeinden habe zur Folge, "daß zu viele gute Sozialstrukturen in unseren Dörfern zerstört werden". Darüber hinaus kritisiert das Mitglied des Wirtschaftsausschusses das "breite Netz" von Planungen, angefangen von den Landesentwicklungsplänen bis zum Krankenhausbedarfsplan, "das die ländlichen Bereiche benachteiligt und ihre Entwicklungsmöglichkeiten stark schmälert". Jene Planer seien zu "bewundern", die schon heute genau wüßten, "wer, wann, wo und mit welcher Krankheit sich zu Bett legen wird".
    Als engagiertes Mitglied des Ernährungsausschusses meint der noch praktizierende Landwirt rückblickend, daß kaum ein anderes parlamentarisches Gremium mehr Umweltprobleme regeln mußte. "Die Gesetzesentwürfe kamen ideologiebelastet in den Ausschuß; sie mußten dann entfrachtet und den Realitäten angepaßt werden." Und selbstkritisch stellt der Abgeordnete fest, daß mit den vom Parlament verabschiedeten Gesetzen gleichzeitig die Bürokratie wächst und die Reglementierung des Bürgers zunimmt. Der sehr hohe Erwartungshorizont des Bürgers gegenüber dem Staat könne sehr leicht in Enttäuschung enden.
    Nach zehnjährigem parlamentarischem Wirken am Düsseldorfer Schwanenspiegel fällt Hoberg der Abschied vom Landtag nicht leicht. Doch er ist realistisch genug, um gleichzeitig zu erkennen, daß ein Oppositionsabgeordneter "zu wenig Erfolgserlebnisse" habe, "weil viele seiner Initiativen durch eine Parteibuchpolitik ungeahnten Ausmaßes verhindert wird". Ein Vorwurf an die derzeit Regierenden.
    Der münsterländische Abgeordnete zählt nicht zu den "auffälligen" Parlamentariern dieses Landtages, wohl aber zu jenen, die beharrlich und engagiert die Interessen des Wählers vertreten und sich dabei selbst treu geblieben sind.
    Jochen Jurettko

    ID: LI79311C

  • Porträt der Woche: Franz Mader (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 29 - 16.11.1979

    Wenn im Frühjahr nächsten Jahres der Landtagsabgeordnete Franz Mader nach zwölfjähriger parlamentarischer Tätigkeit aus dem Parlament ausscheidet, verliert der nordrhein-westfälische Landtag nicht nur seinen ranghöchsten Reserveoffizier der Bundeswehr, sondern auch den letzten Ritterkreuzträger des Zweiten Weltkrieges in diesem Hause. Das werden jüngere Parlamentarier vielleicht sogar mit Genugtuung zur Kenntnis nehmen, nur eben bringt dieser Generationswechsel auch einen Erfahrungsverlust mit sich, der mit forschem Auftreten allein nicht auszugleichen ist. Auch wird zu leicht vergessen, daß die Haltung dieser Generation, die nach 1945 entscheidend am Wiederaufbau mitgearbeitet hat und sich auch dem Aufbau eines demokratischen Staatswesens nicht versagt hat, mit Voraussetzung dafür war, daß die Angehörigen der jüngeren Generationen darauf aufbauen konnten.

    Franz Mader, im sudetendeutschen Mitteldorf geboren, im schlesischen Glatz aufgewachsen, im westfälischen Bielefeld berufstätig und Parlamentarier im rheinischen Düsseldorf, hat immer Flagge gezeigt. Als aktiver Reichswehroffizier ebenso, wie als Gebirgsjäger in Stalingrad und Regimentskommandeur vor Monte Cassino. Nach 1945 aus der Heimat vertrieben, baute sich der schlesische Katholik, Jahrgang 1912, der neben seiner militärischen Laufbahn auch Rechts-, Staats- und Wirtschaftswissenschaften studiert hat, eine Fachanwaltspraxis für Steuerrecht auf und ließ sich 1958 als Notar in Bielefeld nieder. In dieser Zeit zeigte er auch politisch wieder Flagge und trat den Freien Demokraten bei, deren stellvertretender Kreisvorsitzender und nach der Wahl in den Bielefelder Stadtrat auch Fraktionsvorsitzender er wurde.

    Zehnjährige kommunalpolitische Erfahrung, gepaart mit einem fundamentierten juristischen, wirtschaftlichen und finanzpolitischen Fachwissen, ließen Mader nach seiner Wahl in den Landtag gerade für die zahlenmäßig kleine Fraktion der Liberalen ein Gewinn sein. Doch nach den siebziger Landtagswahlen gehörte Mader zu den nationalliberalen Kräften in der F.D.P., denen die sozialliberale Koalition zu weit ging. Gemeinsam mit Heinz Lange und Wilhelm Maas schied er aus der F.D.P.-Fraktion aus und gründete mit den übrigen Mitgliedern der nationalliberalen Aktion die "Deutsche Union", aus der er allerdings aus Verärgerung über personelle Querelen schnell wieder ausschied und schließlich 1971 der CDU beitrat.

    In der großen Fraktion der Christdemokraten kam Franz Mader nicht mehr so zum Zuge wie in der liberalen Landtagsfraktion. In der Mittelstandsvereinigung, der Vereinigung christlich-demokratischer Juristen und der Union der Vertriebenen wirkt Mader weiter. Ebenso wie in der schlesischen Landsmannschaft, deren Vorsitzender er in Nordrhein-Westfalen ist. Auch in der CDU ist Franz Mader ein Liberal-Konservativer geblieben, der mit Verstand und Herz seinen politischen Weggeht.

    Karl Fischer

    ID: LI792923

  • Porträt der Woche: Karl Grüter (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 28 - 12.11.1979

    Wenn Karl Grüter mit Ablauf dieser Legislaturperiode im Mai nächsten Jahres aus dem nordrhein-westfälischen Landtag ausscheiden wird, dürfte ihm der Abschied von Düsseldorf leichter als vielen seiner ebenfalls nicht mehr kandidierenden Parlamentskollegen fallen.
    Der CDU-Abgeordnete aus dem münsterländischen Kreis Steinfurt kehrt nämlich wieder in einen Bereich der Politik zurück, in dem er die ersten vielbeachteten Erfolge erzielte und der ihn auch während seines zweijährigen Landtagsmandates nicht losließ - in die Kommunalpolitik.
    Seine Parteifreunde in Hörstel hatten den engagierten Gewerkschaftssekretär beim DGB gebeten, Bürgermeister des aufstrebenden Städtchens im Tecklenburger Land zu werden, nachdem er bereits seit 1975 das Vizeamt innehat. "Diese Aufgabe reizte mich mehr als eine erneute Kandidatur für den Landtag", räumt Grüter freimütig ein. Und beide Mandate wollte der 59jährige CDU-Politiker nicht übernehmen. "Irgendwann muß es einmal aufhören, da muß das Familienleben wieder zum Zuge kommen." Zudem ließen auch gesundheitliche Gründe eine Doppelbelastung nicht mehr zu.
    Der gebürtige Münsterländer gibt der Kommunalpolitik vor allem deswegen den Vorzug, "weil man in ländlichen Gemeinden tagtäglich miterleben kann, wie dem einzelnen zu helfen ist". Als damaliger Spitzenkandidat einer Unabhängigen Wählergemeinschaft hatte Grüter 1961 in der inzwischen durch die Kommunalreform aufgelösten Gemeinde Riesenbeck auf Anhieb fünfzig Prozent der Stimmen erhalten und war zum Bürgermeister gewählt worden. Erst drei Jahre später stieß der "Unabhängige" zur CDU und sicherte seiner Partei in allen folgenden Kommunalwahlen die absolute Mehrheit.

    Der Landtagsabgeordnete, der sein politisches Wirken als ein "Hobby" sieht und sich daher auch die Unabhängigkeit gegenüber parteipolitischen Strömungen stets bewahrt hat, meint rückblickend, daß die Gebietsreform "nicht das gebracht hat, was einige von uns erhofft haben". Man habe das "vielgepriesene Jahrhundertwerk" oft nicht mit, sondern gegen den Bürger geschaffen. Voraussetzung für das Engagement des Bürgers sei aber, daß er seine Kommune auch als "seine Stadt und nicht als die Stadt" empfinde.
    Und wie viele andere Kommunalpolitiker sorgt sich der Praktiker über die immer größere Reglementierung der gemeindlichen Selbstverwaltung. Der Freiheitsspielraum werde durch ständig neue Gesetze, Erlasse und Verordnungen eingeengt. Wenn der Bürger gegen diese Paragraphenflut verstößt, gehört Grüter zu jenen, die ihm helfen, möglichst ungeschoren aus der Gesetzesmaschinerie wieder herauszukommen. Dabei dürfte auch sein stark ausgeprägtes soziales Empfinden eine Rolle spielen.

    Als Gewerkschaftler der "ersten Nachkriegsstunde" und gelernter Maschinenschlosser fühlt sich Grüter vor allem der Arbeiterschaft verbunden. Und um die Antwort auf die häufig gestellte Frage, warum er als Gewerkschaftler der CDU angehöre, braucht der Münsterländer nicht lange zu ringen: "Weil ausschließlich sie nach dem Krieg das soziale Fundament für die Arbeitnehmer gelegt hat."

    Sein Wirken für die Mitbürger umfaßt noch weitere Bereiche: so als Arbeitsrichter am Arbeitsgericht Rheine und als Vorstandsvorsitzender der AOK für das Tecklenburger Land. Der Industrielle Henry Ford meinte einmal: "Die meisten Menschen wenden mehr Zeit und Kraft daran, um über die Probleme herumzureden, als sie anzupacken." Karl Grüter zählt nicht zu ihnen.

    Wenn er seine parlamentarische Tätigkeit in Düsseldorf aufgegeben hat, will er sich langgehegte Wünsche erfüllen. So möchte der passionierte Wanderer die deutschen Lande ebenso durchstreifen wie die französische Provence. Wünsche, auf deren Erfüllung die meisten unter uns nicht so lange zu warten brauchen.

    Jochen Jurettko

    ID: LI792816

  • Porträt der Woche: Dr. Helmut Glaszinski (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 25 - 19.10.1979

    Nun muß seine "heimliche Liebe" wieder mal hintanstehen. Jedenfalls wird kaum etwas aus seinem Wunsch, in beschaulichem Pensionärsleben das Studium der Geschichte aufzunehmen.
    Dr. Helmut Glaszinski (64) hat sich zwar nach 23jähriger Zugehörigkeit zum Duisburger Stadtparlament (Spezialität: Etatreden) verdientermaßen in den kommunalpolitischen Ruhestand zurückgezogen, nach fünf Jahren als "Neuling" im Düsseldorfer Parlament am Schwanenspiegel wird er dem neuen Landtag nach dem 11. Mai 1980 ebenfalls nicht wieder angehören - aber andere große Verpflichtungen stehen dem Industriekapitän aus dem Vorstand der Mannesmann-Hüttenwerke in Duisburg ins Haus.

    Im Gespräch wenige Stunden vor seinem Abflug nach Brasilien erklärte der einstige "kleine Tarifangestellte bei Mannesmann", er habe sich vom Landtagspräsidenten für sechs Wochen an der Teilnahme an den Plenar- und Ausschußsitzungen beurlauben lassen. Er, regelmäßiger Teilnehmer auch an Landtagssitzungen, in denen mitunter nur noch wenige Dutzend Abgeordnete "die Bänke drücken", flog nun nicht zu seinem Plaisir nach Südamerika. Der Mann mit den drei akademischen Abschlüssen - Diplom-Kaufmann, Diplom-Volkswirt, Dr. rer. pol. - wird von seinem Konzern noch dringend gebraucht, als Verwaltungsratsmitglied von Mannesmann Sa. in Belo Horizonte, 500 Kilometer vom Zuckerhut entfernt. 15 000 Menschen arbeiten in den Hütten und Röhrenschmieden des brasilianischen Mannesmann-Ablegers.

    "Nein, ich muß mich nicht dauernd in Brasilien aufhalten, vielleicht werde ich etappenweise jeweils die Hälfte der Tage eines Jahres an meinen Aufgaben dort verbringen", so Dr. Glaszinski. Seine Berufung in das brasilianische Aufsichtsgremium ist indes nicht befristet.
    Glaszinski: "Ende offen." Da er mithin demnächst häufig abwesend sein wird, hatte er sich schon deshalb nicht erneut um eine Kandidatur für den Landtag bemüht. "Auf Platz 95 der CDU-Liste war ich ohnehin als letzter ins Parlament gerutscht", so der Duisburger Manager mit Rückblick auf das Jahr 1975.
    Einen weiteren Grund, weswegen er es bei einer Legislaturperiode belassen wird, erläutert er: "Bei einer Neuwahl 1980 wäre ich knapp 65, ich würde mich also bis in mein 70. Lebensjahr durch das Mandat binden. Weil er mithin seinen Sitz im Landtag einem jüngeren überlassen möchte, gleichzeitig aber "eine gewisse Freizügigkeit" für seine Aufgabe in Brasilien benötigt, scheidet Dr. Glaszinski mit ehrenwerten Gründen aus dem Hohen Haus am Schwanenspiegel aus.
    Die Parlamentsarbeit, insbesondere die Tätigkeit in den Ausschüssen habe ihm durchaus Freude gemacht und Einblicke in neue Bereiche vermittelt, bilanziert Dr. Glaszinski seine bisherige Abgeordnetentätigkeit. Bilanzen, Zahlenkolonnen, unternehmerische Entscheidungen - ein Leben lang sein tägliches Brot auf dem Weg vom Angestellten zum Prokuristen, Direktor, Generalbevollmächtigten und Vorstandsmitglied des Röhrenkonzems. So hat denn der Abgeordnete Glaszinski diese Fähigkeiten stets in die Arbeit des wichtigen Haushalts- und Finanzausschusses und des Rechnungsprüfungsausschusses einbringen können. Hier war der Manager mehr Experte als Parteipolitiker.

    Als Rechnungsrevisor mit parlamentarischem Mandat sah Glaszinski sich im Prüfungsausschuß öfters mit dem "Laster der Bürokratie" in manchen Landesverwaltungen konfrontiert. Doch der Industriemanager weiß, daß Bürokratie nicht allein auf den öffentlichen Dienst beschränkt ist. "Je größer auch in der Privatwirtschaft die Gebilde und Konzerne, desto mehr Papier und Richtlinien!" Dabei muß Dr. Glaszinski an jene Archäologen denken, die im Jahr 3000 in Wolfsburg ein unbekanntes Objekt, die Volkswagenwerke, ausbuddeln und das wissenschaftliche Ergebnis wie folgt zusammenfassen: Dies muß eine gewaltige Papierfabrik mit einem sehr großen Fuhrpark gewesen sein...

    Man sieht, seinen trockenen ostwestfälischen Humor hat Dr. Glaszinski, Sohn eines früh verstorbenen Bühnenarbeiters des Bielefelder Theaters, seit einigen Jahren verwitwet, Vater zweier erwachsener Töchter, nicht verloren. Ihn zieht es denn auch in seine Heimatstadt Bielefeld zurück, wo er demnächst wohnen will, wenn er nicht gerade in Brasilien zu tun hat. Das 100 Quadratmeter große Reihenhäuschen, das der Karriere-Mann sich noch als kleiner Arbeitnehmer in Duisburg-Ungelsheim baute, das er auch als Vorstandsmitglied nie verließ, wird deshalb nicht verwaisen. Glaszinski: "Das Häuschen schenke ich meiner jüngsten Tochter."
    Hans Wüllenweber

    ID: LI792527

  • Porträt der Woche: Meinolf Mertens (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 22 - 24.09.1979

    Seine Standeskollegen drängten ihn zu diesem Schritt. Als er nach längerem Zögern schließlich ja sagte und für das Europa-Parlament kandidierte, machte Meinolf Mertens (56) seinen Freunden aus der Landwirtschaft unmißverständlich klar: "Nur von meiner Einstellung als Bauer nach Brüssel zu gehen, das wäre mir zuwenig." Inzwischen wurde der Abgeordnete aus dem Sauerland in den Ausschuß für Umweltschutz, Gesundheit und Verbraucherfragen des EG-Parlamentes delegiert. Und dem Landwirtschaftsausschuß gehört er als stellvertretendes Mitglied an.
    "Europa tut sich sehr schwer", resümiert der erfahrene Parlamentarier über seine ersten Wochen in Straßburg und Brüssel. Der Grund sei nicht allein die Sprachbarriere, da spielten die verschieden verlaufenden Entwicklungen der Parteien in den einzelnen Ländern der Gemeinschaft ebenso eine Rolle wie die vordergründigen nationalen Interessen. " Wir müssen uns erst einmal eine Geschäftsordnung schaffen, um überhaupt arbeiten zu können."
    Der Westfale, den die Wähler des Wahlkreises 120 Arnsberg 1975 zum dritten Male mit großer Mehrheit in den nordrhein-westfälischen Landtag entsandt haben, neigt nicht zu politischer Euphorie. Mit distanzierter Sachlichkeit packt Meinolf Mertens die Probleme an, wobei ihm ein Schuß von erfrischendem westfälischen Humor hilfreich ist. So hat der Landwirt mit einem achtzig Hektar großen Hof in Sundern auch deshalb mit dem Wechsel in das Europa-Parlament gezögert, "weil ich sehr, sehr schwierige Aufgaben auf uns zukommen sehe". Und Mertens ist ein Politiker, der sein Mandat ernst nimmt.
    Da ist beispielsweise die Umweltpolitik, der er sich nicht nur als Ausschußmitglied verpflichtet fühlt und "die am Beispiel des Rheins nicht mehr national bewältigt werden kann". Und als einer von vier deutschen EG-Parlamentariern, die aus der Landwirtschaft kommen, wird Mertens auch mit den Agrarproblemen ständig konfrontiert werden.
    Doch derzeit sind es noch vor allem organisatorische Probleme, die die Arbeit der Parlamentarier belasten. Da in Brüssel ein genügend großer Plenarsaal fehlt, werden die Sitzungen in Straßburg abgehalten, während die Ausschüsse in Brüssel tagen. So muß auch Mertens zwischen beiden Städten pendeln. "Das erschwert die Tätigkeit, und das Parlament wagt diese kitzlige Frage ohnehin nicht aufzugreifen."
    Der Arnsberger CDU-Abgeordnete, der wie seine anderen Düsseldorfer Kollegen Landtags- und Europa-Mandat zeitlich für unvereinbar hält, wird daher im nächsten Frühjahr nicht mehr für das NRW-Parlament kandidieren. "Der Verzicht ist mir sehr schwer gefallen", gesteht er ein. "Ich hatte den Eindruck, hier Aufgaben angepackt zu haben, die mir von Hause aus lagen." Und in der Tat, sein Sachverstand ist nicht nur im Ausschuß für Ernährung, Land-, Forst- und Wasserwirtschaft geschätzt. Entsprechend seines Naturells zählt Mertens, der nach seinem Abitur 1942 ursprünglich Medizin studieren wollte, nicht zu den auffälligen Abgeordneten am Düsseldorfer Schwanenspiegel. Und erst recht nicht zu jenen, die meinen, "Klappern gehört zum (politischen) Handwerk". Die Zurückhaltung weicht allerdings, wenn es um die Durchsetzung als richtig erkannter Ziele geht.
    Der CDU-Politiker, der bereits 1952 zur Union stieß, ist in den Agrar-Gremien seiner Partei führend tätig und bekleidet als Vorsitzender des Finanz- und Organisationsausschusses in der Landwirtschaftskammer Westfalen-Lippe eine gewichtige Position. Als Kreistagsmitglied seit 1956 und stellvertretender Landrat des Hochsauerlandkreises kennt der EG-Parlamentarier auch die Probleme vor Ort.
    Wenn der Spruch "Ein Mann, ein Wort auch abgegriffen ist, für Meinolf Mertens gibt es wohl kaum einen zutreffenderen.
    Jochen Jurettko

    ID: LI79221A

  • Porträt der Woche: Peter Giesen (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 19 - 24.08.1979

    Seine Parteifreunde drängten ihn zum Bleiben - doch vergebens. "22 Jahre sind eine hinreichend lange Zeit, da sollte man anderen den Platz räumen", meint Peter Giesen (58), seit 1958 jeweils direkt gewählter CDU-Landtagsabgeordneter im Wahlkreis Grevenbroich II. Und der engagierte Landespolitiker nennt noch einen anderen, persönlichen Grund für seinen Verzicht auf eine erneute Kandidatur bei den Landtagswahlen im nächsten Frühjahr: "Meine Frau hat jetzt einen Anspruch auf mich."
    Denn Peter Giesen, der in dieser Legislaturperiode gleich "vierfacher Opa" geworden ist, schont sich nicht trotz seines schweren Kriegsleidens, sieht sein Mandat als eine ständige Verpflichtung. "Ein Abgeordneter kann sehr vielen Menschen helfen." Den von der Gesetzeslawine verunsicherten Bürgern unter die Arme zu greifen, "Briefträger des kleinen Mannes" zu sein, das bezeichnet der Parlamentarier als Schwerpunkt seiner Tätigkeit. "Und dafür wurden wir ja auch gewählt."
    So hatte sich der gleichzeitige Kommunalpolitiker besonders darüber gefreut, daß seine Fraktion ihn nach der Wahl 1975 in den Petitionsausschuß des Landtages entsandte, dessen Vorsitzender er seitdem ist. Während seines dortigen Wirkens wurden die Befugnisse des Gremiums wesentlich erweitert und das Petitionsbüro personell verstärkt. Derzeit wenden sich jährlich etwa 5000 Bürger mit Eingaben hilfesuchend an diesen Ausschuß. " Wir rechnen damit, daß wir am Ende dieser Legislaturperiode ebensoviele Petitionen haben werden, wie in den ersten sechs Wahlperioden zusammen." Wie vielen Bürgern geholfen worden ist, können Statistiken kaum erfassen.
    Vor seiner Berufung in den Petitionsausschuß schlug sich Giesens landespolitisches Engagement im Ausschuß für Schule und Kultur nieder. Bis zur Novellierung des Landesrechtsstellungsgesetzes 1975 selbst als Schulleiter tätig, setzte sich der Parlamentarier dafür ein, daß den von ihrer sozialen Herkunft benachteiligten Jugendlichen bessere Bildungsmöglichkeiten eröffnet werden. Ebenso entschieden widersprach der CDU-Politiker aber auch dem "Blödsinn" (so er selbst), daß das Bildungspotential eines Volkes an der Zahl seiner Abiturienten zu messen sei. So beklagt der Pädagoge, daß die berufliche Bildung noch immer nicht den Stellenwert hat, der ihr gebührt.
    Von scharfem, bisweilen bissigen Intellekt, lernte Giesen vor allem während der bildungspolitischen Debatten im Landtag manch' Widersacher das Fürchten. Doch der "Ur"-Rheinländer mit einer Portion schlagfertigen Humors gebraucht dabei das Florett, nie den Säbel. Den politischen Gegner verwirren, vielleicht sogar überzeugen, aber nicht verletzen.
    Rückblickend auf gut zwei Jahrzehnte Parlamentarismus am Düsseldorfer Schwanenspiegel bedauert Giesen, daß die menschlichen Kontakte zwischen den Abgeordneten schwinden, die Gesprächsbereitschaft außerhalb der offiziellen Termine geringer geworden ist, auch die mit dem politischen Gegner. Im gleichen Maße wächst aber nach Ansicht Giesens die Zahl jener Kollegen, "die ihrem eigenen Erfolg nachgehen". Auf die Dauer sei diese Entwicklung für den Parlamentarismus schädlich. Trotzdem "ich werde mit einer gewissen Wehmut scheiden".
    Nach dem Abschied von der landespolitischen Bühne will sich Peter Giesen langgehegte Reisewünsche erfüllen, will öfters als heute ein Geschichtsbuch zu Hand nehmen. "Eine Rückschau in die Vergangenheit hat manch einen Wert." Doch seine Freizeit wird nicht unbegrenzt sein. Die CDU in Jüchen hat den Bürgermeister Peter Giesen wieder als Spitzenkandidat für die Kommunalwahlen im September nominiert.
    Coudenhove-Kalergi meinte einmal: "Die Triebfeder der Politik ist meist Eitelkeit, Ehrgeiz, Machtwille, nur selten Habsucht und noch seltener der uneigennützige Wille, einer Idee oder einer Menschengruppe zu dienen." Der Gründer der Paneuropa-Bewegung hat sicherlich zu pessimistisch geurteilt.
    Jochen Jurettko

    ID: LI79192A

  • Porträt der Woche: Albert Pürsten (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 15 - 21.05.1979

    Ende 1946 hielt Winston Churchill in Aachen eine Rede, die Geschichte gemacht hat. Es war der aufrüttelnde Appell, die Nazi-Tyrannei endgültig zu überwinden und neuen Radikalismus und Terror, komme er von rechts oder links, niemals wieder aufkommen zu lassen. Der Weg, den der große Brite empfahl, hieß: Vereinigtes Europa. Damals war der CDU-Politiker Albert Pürsten gerade aus französischer Gefangenschaft als Luftwaffenoffizier entlassen, suchte im Trümmerdeutschland zwischen Neuss und Wuppertal einen Studienplatz als Lehrer und hatte seine neue Heimat, die Flüchtlingsstadt Espelkamp in Ostwestfalen, noch nicht gefunden. Doch einen Weg zurück nach Annaberg im Erzgebirge gab es nicht mehr. Für den jungen Pürsten waren Churchills Worte, später Adenauers und Erhards Politik, mitbestimmend für den Entschluß, das neue Deutschland in Europa auch sofort aktiv mitzugestalten. Das begann ganz pragmatisch zunächst in Espelkamp, wo Pommern und Schlesien Sachsen und Balten, Wolgadeutsche und auch Westfalen aus alten Munitionshallen Jugend- und Lehrlingsheime zimmerten. Hier begann Pürsten dann mit der Gemeindearbeit als engagierter Protestant für die Christlich-Demokratische Union. Über die Partei führte der Weg weiter, in vielen Gremien und durch viele Stationen, bis zum 1958 errungenen Direktmandat im Landtag.
    Seither ist dieser Politiker auf vielen Gebieten sachkundig. Man schätzt seinen Rat in der Schulpolitik und im Sport, und er hat auch zur Frage des Umgangs mit öffentlichen Finanzen schon manche vehemente Rede gehalten. Pürsten ist mehr als mancher andere ein Parteiarbeiter geblieben. Die Basis der Union, auch die Wähler kennen ihn landauf, landab. Er war für die CDU einer der entscheidenden Betreiber des Volksbegehrens gegen das Koop-Schulsystem. Er ist auch heute überzeugt, daß politische Indoktrination in den Schulen der jungen Generation den Weg nach Europa nur verbauen, nicht öffnen kann.
    Pürsten wird die CDU - und das heißt: die Europäische Volkspartei - künftig auf einem schon vor der Wahl als sicher geltenden Platz im Europa-Parlament vertreten. Er hat sich diesen Entschluß mit nunmehr 56 Lebensjahren sorgsam überlegt. "Heute ist Europa eine drängende Notwendigkeit geworden. Denn die Sorge um die freiheitliche Gesellschaft bedingt ein vitales Interesse an einem vereinten Europa." Das neue, direkt zu wählende Parlament, meint Pürsten, kann nur ein weiterer Schritt dahin sein. Aber es kann auch schon durch mehr Kontrolle der Kommission in Brüssel und durch die Kraft der politischen Debatte der immer größer werdenden Gefahr des wirtschaftlichen Protektionismus seitens der nationalen Regierungen vorbeugen. Pürsten plädiert für eine Politik der kleinen, aber qualitativen Schritte auf dem Weg zu Europa. Ein gerüttelt Maß an Partei- und Parlamentserfahrung, meint er, schütze ihn auch hier vor Illusionen. "Die Einigung bleibt eine Herausforderung, nur muß man aktiv an ihr teilnehmen, die Jugend heute genauso wie wir schon vor dreißig Jahren."
    Der Europäer Pürsten blickt auch nicht nur nach Westen. In seiner Bibliothek findet man neben dem Liebhaber der russischen Romantik auch einen belesenen Kenner aktueller politischer Literatur. "Wir müssen ein soziales Europa schaffen, um jenen Sozialismus zu stoppen, der immer wieder in die Unfreiheit führt." Vor mangelnden Kompetenzen ist dem angehenden Euro-Parlamentarier ebenfalls nicht bange. "Das müssen wir uns halt erkämpfen wie vieles im Leben." Wenn man erst die Legitimation durch die Bürger habe, werde dieses neue, direkt gewählte Parlament auch eine neue eigene Dynamik entwickeln. Pürsten erinnert sich, daß er schon mit der Jungen Union einmal Schlagbäume abgebaut habe vor mehr als drei Jahrzehnten. "Wenn's sein muß", meint er mit dem Blick auf die ewigen Nörgler, Kritiker und Skeptiker, "tun wir das auch morgen wieder!" Und genau das entspricht auch dem Naturell dieses Politikers.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI791519

  • Porträt der Woche: Dr. Günter Rinsche (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 13 - 07.05.1979

    Schon als Schüler warb er bei seinen Klassenkameraden für ein vereintes Europa - heute, drei Jahrzehnte später, hat der inzwischen prominente CDU-Politiker die Chance, in das von den Bürgern der neun EG-Länder erstmals direkt gewählte europäische Parlament einzuziehen: Dr. Günter Rinsche (48), Oberbürgermeister der Stadt Hamm und nordrhein-westfälischer Landtagsabgeordneter.
    Wie so viele seiner Altersgenossen beschäftigte sich damals, kurz nach dem Krieg, auch der junge Rinsche mit der Frage, wie das alles passieren konnte und wie man künftig europäische Bruderkriege und politische Extremismen vermeiden könne. Die Diskussionen in der katholischen Jugendbewegung und mit anderen Gruppen hält der Westfale heute für entscheidend für sein europäisches Engagement. Viele Etappen, viele beruflich wie politisch erfolgreiche, liegen zurück.
    Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Münster, wirtschafts- und sozialwissenschaftliches Studium in Köln, dazwischen Fulbright-Stipendium in den USA. Examen ("sehr gut") als Diplom-Volkswirt und Promotion ("magna cum laude") zum Dr. rer. pol. Wissenschaftlicher Assistent im Institut für Mittelstandsforschung Köln. Leiter der Gruppe "Grundsatzfragen des Mittelstandes" im NRW-Wirtschaftsministerium. Später mit Sonderaufgaben des damaligen Landesamtes für Forschung beauftragt. Lehrauftrag an der Pädagogischen Hochschule Münster. Herausgeber zahlreicher Publikationen im In- und Ausland. Über die Junge Union kam Rinsche in die Politik und wurde 1956 als jüngster Abgeordneter in den Rat der Stadt Hamm gewählt. Schon 1964 wurde der auch von seinen politischen Gegnern geachtete Christdemokrat Oberbürgermeister und danach dreimal, davon sogar zweimal einstimmig, wiedergewählt. Das Vorstandsmitglied der CDU Westfalen-Lippe gehörte von 1965 bis 1972 dem Bundestag an und zog 1975 in das Düsseldorfer Landesparlament ein.
    Für den wirtschaftspolitischen Sprecher seiner Fraktion bedeutet der Abschied vom Landtag ein "echter Zielkonflikt", denn "die Wirtschaftspolitik ist immer ein Hauptaktionsfeld für mich gewesen". Im Gegensatz auch zu manchen Parteifreunden hält der engagierte Europäer eine Ämtertrennung für erforderlich. Die europäische Aufgabe sei so vielfältig, daß man neben einem Mandat im Europäischen Parlament keine andere wichtige Aufgabe voll und ganz wahrnehmen könne. So wird der Präsident des Städtetages von Nordrhein-Westfalen in diesem Jahr auch nicht für das OB-Amt in Hamm kandidieren.
    Neben der Dynamisierung der europäischen Einigung und der Demokratisierung der europäischen Einrichtungen sieht der Parlamentarier die Kontaktpflege zwischen den Bürgern und den EG-Institutionen als eine der vordringlichsten Aufgaben an. So will Rinsche, der auf dem aussichtsreichen achten Platz der CDU-Landesliste steht, im Falle seiner Wahl in regelmäßigen Abständen mit den Bürgern in den Städten und Gemeinden des westfälischen Reviers Diskussionsabende abhalten. "Europa braucht ein Wir-Bewußtsein und ein Gemeinschaftsgefühl der Europäer, ein bürgernahes Europa." Und ohne die aktive Beteiligung der Gemeinden und Kommunalpolitiker stehe die EG in der Gefahr, "zum bürokratischen Organisationsgehäuse zu erstarren".
    Für den liberalen CDU-Politiker gilt es, ein "Europa der Freiheit, der Vielfalt und Partnerschaft" zu bauen. "Die wirkliche Farbe des Sozialismus ist nicht rot, sondern das eintönige, traurige Grau." Eins ist sicher: Für den äußerlich oft kühl-rational erscheinenden, aber ungewöhnlich dynamischen Westfalen trifft die Kritik politischer Spötter nicht zu, daß das EG-Parlament ein Altensitz der Honoratioren wird.
    Jochen Jurettko

    ID: LI79131C

  • Porträt der Woche: Volker Heimen (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 6 - 16.02.1979

    Für besonders wichtig hält er, daß man über der Politik nicht den Humor verliert. "Wer in diesem Geschäft alles nur ernst nimmt und dabei das Lachen verlernt, der sollte seine Laufbahn lieber ändern", meint Volker Heimen, CDU-Abgeordneter aus Bielefeld. Der 35jährige selbständige Wirtschaftsberater hält sich an den eigenen Ratschlag: Er lacht gern und herzlich und nimmt kernige Worte seiner politischen Gegner nicht gleich "krumm".
    Im Dezember 1976 ist Volker Heimen über die Reserveliste in den Landtag nachgerückt. In der Partei arbeitet er schon lange mit. Bereits 1965, als 22jähriger, ist er in die CDU eingetreten. "Damals hat mir vor allem die Außenpolitik der Christdemokraten gefallen und weil ich meine, wer politisch interessiert ist, sollte auch aktiv mittun, bin ich in die Partei eingetreten." Und hier ist er rasch vorangekommen. Schon 1966 wurde er Vorstandsmitglied der Jungen Union Bielefeld. 1969 avancierte Heimen zum Vorstandsmitglied des Stadtverbandes, seit 1969 sitzt er auch im Rat seiner Heimatstadt und seit 1973 ist er dort stellvertretender Fraktionsvorsitzender.
    Seinen Weg nach Düsseldorf hat Heimen sich jedoch keineswegs erkämpft. Der Posten ist vielmehr auf ihn zugekommen, wie die anderen Parteiämter übrigens auch. "Ich würde niemandem seinen Platz streitig machen oder in eine Kampfabstimmung gegen einen Parteifreund gehen", macht Volker Heimen unmißverständlich klar, "so ein Karrieredenken gibt es bei mir nicht."
    Der junge CDU-Politiker ist nicht nur beruflich selbständig, sondern auch politisch ein Einzelkämpfer, der keinem Flügel zugerechnet werden möchte. "Für mich ist die CDU eine Volkspartei, in der jeder seinen Platz findet." Seinen politischen Standpunkt definiert er so: "Mittelstand und Sozialausschüsse sind meine Leitlinien." Dabei ist es für ihn wichtig, daß sich die beiden Gruppen nicht auseinanderdividieren lassen, weil sie angeblich unterschiedliche Interessen haben.
    Seine Unabhängigkeit und Couragiertheit demonstrierte der Christdemokrat aus Bielefeld anschaulich im letzten Spätherbst, als er gegen das Mehrheitskonzept der CDU-Landtagsfraktion zum Regierungsentwurf über die Integration der Pädagogischen Hochschulen in die Universitäten ein eigenes Konzept vorlegte. Er setzte sich mit seinen Vorschlägen zwar nicht durch, doch er meint, schon allein dadurch einen Teilerfolg erzielt zu haben, daß seine Gedanken mit in die Gesamtdiskussion eingeflossen sind. Zum anstehenden Landeshochschulgesetz ist Volker Heimens Meinung ebenfalls klar: "Es geht mir darum, daß wir nicht die negativen Erfahrungen von Bremen in Nordrhein-Westfalen einführen. Wir wollen hier nicht die gleiche Bürokratisierung und Politisierung haben."
    Im Landtag arbeitet der CDU-Politiker in drei Ausschüssen mit: dem Wissenschafts-, dem Rechnungsprüfungs- und dem Sportausschuß. So gewissenhaft Heimen auch in "seinen" Ausschüssen mitarbeitet, ist sein Ziel doch der Haushaltsausschuß: "Als Wirtschaftsberater reizt mich diese Aufgabe natürlich besonders, und ich meine auch, daß ich von der Materie auch ein bißchen etwas verstehe." Immerhin hofft der junge Politiker in der nächsten Legislaturperiode - Volker Heimen will auf alle Fälle wieder kandidieren -, den Sprung in den erstrebten Ausschuß zu schaffen.
    Bei soviel politischem Engagement müssen Beruf und Privatleben zurückstehen. "Mit meinem Beruf habe ich Glück", meint Volker Heimen, "ich bin nicht an Bürostunden gebunden, sondern kann meine Arbeit auf die Abende oder an die Wochenenden verlegen." Und privat? "Nun, meine Frau hat viel Verständnis für meine Arbeit." In der spärlich bemessenen Freizeit hält sich Heimen mit Tischtennis und Fußball fit und sonntags wandert er - wenn kein politischer Frühschoppen ist - gern durch den Teutoburger Wald.
    Gerlind Schaidt

    ID: LI790625

  • Porträt der Woche: Bernd Wilz (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 4 - 02.02.1979

    Der CDU-Landtagsabgeordnete aus der Klingenstadt Solingen hat durchaus nichts dagegen, eine "scharfe Klinge" auch in Debatten zu führen. Doch eigentlich ist es ihm lieber, wenn Freunde ihn in der Partei den "Anwalt des bergischen Landes" nennen: Bernd Wilz, 36, ist Rechtsanwalt und hat eine feste Gesprächsrunde der zehn Abgeordneten seiner Partei aus dem Bergischen Land organisiert. "Uns geht es darum, diesen Teil Nordrhein-Westfalens bei der Behandlung wirtschaftlicher Probleme wieder ins Bewußtsein zu rücken", meint Wilz. Zu lange sei dort ein "weißer Fleck" auf den Landkarten in Düsseldorf gewesen. "In der Frage der Betriebsverlagerungen wegen des sogenannten Abstandserlasses ist der Raum um Remscheid und Solingen nicht weniger von Problemen belastet wie Duisburg und andere Teile des Ruhrgebiets." Wilz war einer der jüngsten Abgeordneten im nordrhein-westfälischen Landtag, als er 1975 in dem früheren Wahlkreis von Bundespräsident Scheel gewählt wurde. Zum ersten Mal konnte er das Mandat direkt für die CDU erobern; davor hatte es auch Absprachen zwischen CDU und F.D.P. dort gegeben. Ein Zugewinn von rund sechs Prozent der Stimmen im Wahlkreis Solingen II für die CDU brachte ihn statt des früheren Solinger Oberbürgermeisters Heinz Dunkel (SPD) ins Landesparlament.
    Sein Wunsch, im Haushalts- und Finanzausschuß sowie im Ausschuß für Arbeit und Soziales tätig zu werden, ging für Wilz mit leichter Verspätung, aber dann auch voll in Erfüllung. Die ersten neun Monate nach der Wahl hatte er im Rechnungsprüfungsausschuß gearbeitet und dort gleich Erfolg gehabt. In der Frage der Verwendung von Steuergeldern für Propagandazwecke im Wahlkampf war der junge Landtagsabgeordnete aus Solingen plötzlich Gegenspieler des damaligen Ministerpräsidenten Heinz Kühn (SPD) in den Debatten um die schließlich als "Altpapier" verkauften Regierungsbroschüren. Das Bundesverfassungsgericht kam später in einem Urteil zu ähnlichen Schlußfolgerungen, wie sie auch von den CDU-Sprechern in Düsseldorf vertreten worden waren. Dankbar vermerkt Wilz, dies sei damals für ihn "eine entscheidende Sache" gewesen. Die politischen Gegner in seinem Wahlkreis argumentieren, Wilz sei ein "Senkrechtstarter". Er selbst hält das nur für eine unfreundliche Umschreibung des Wahlkampfmottos, das er für die CDU in Solingen entwarf und bis heute verwendet: "Dynamisch, modern und sozial." Dementsprechend wurden die Bürger vor der Wahl auch durch die Inschrift auf Bierdeckeln auf den jungen CDU-Bewerber aufmerksam gemacht: "Trinkst Du Pils, denk an Wilz."
    Im sächsischen Meerane, wo Bernd Wilz 1942 geboren wurde, war sein Vater schon Rechtsanwalt gewesen, politisch an der Deutschen Volkspartei Gustav Stresemanns interessiert, mit dessen Sohn er zusammen in Genf studiert hatte. Die Entwicklung nach Kriegsende ließ die Familie nach Solingen übersiedeln. "Ich fühle mich eigentlich als Solinger", meint der CDU-Abgeordnete, inzwischen selbst auf Arbeitsrecht spezialisierter Anwalt in einer Solinger Societät. Nach dem Studium in Münster und Köln hatte er noch während der Referendarausbildung als Helfer bei der Bundestagswahl 1972 mitgearbeitet. Sein Assessorexamen bestand er im Februar 1974; einen Monat später wurde er in Solingen zum CDU-Kreisvorsitzenden gewählt.
    Unvollständig bliebe das Bild des Solinger Abgeordneten, wenn sein militärischer Rang nicht erwähnt würde. Wilz ist Hauptmann der Reserve bei der Bundeswehr, genaugenommen bei der Panzerartillerie. Nach zwei Jahren aktiven Dienstes war er als Leutnant 1965 ausgeschieden. Er hat seitdem regelmäßig Wehrübungen abgeleistet. Seine Beförderung zum Major steht bevor.
    Für Solingen sicher bekannter ist Wilz aber als Präsident der "Sportgemeinschaft Union Solingen 1897". Ein Amt, das er nach manchem Zureden im Juni 1978 übernommen hat. Die "Lizenzspieler-Abteilung" ist stolzer Ausdruck der Tatsache, daß der Verein in die zweite Bundesliga aufgestiegen ist. Neben Amateur- und Jugendfußball, Handball, Tischtennis und Frauengymnastik soll es neuerdings bei "Union Solingen" eine Damenfußballmannschaft geben, "weil das Interesse der weiblichen Jugend daran doch stark ist", meint Wilz. Seine eigene Tochter ist auch sportlich begeistert - als Schwimmerin.
    Für das eigentliche politische "Gewicht" des Abgeordneten Wilz ist es auch von Bedeutung, daß er als Beisitzer dem Landesvorstand des Evangelischen Arbeitskreises der CDU-Rheinland angehört. Aus der parlamentarischen Arbeit im Landtagsausschuß für Arbeit und Soziales - und hier besonders an Fragen des Umweltschutzes interessiert - ist es zur Berufung in den Landesbeirat für Immissionsschutz gekommen. Außerdem gehört Wilz auch dem Landtags-Unterausschuß für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz an.
    Peter Weigert

    ID: LI79040F

  • Porträt der Woche: Dr. Hubert Türk (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 2 - 19.01.1979

    Als Assekuranzdirektor auf die Versicherung edler Rösser spezialisiert, fühlt sich Dr. med. vet. Hubert Türk keineswegs "vom Pferd getreten", wenn er noch eine Weile mit seinem ganz und gar nicht chefartigen Dienstkämmerchen zu Köln am Rhein vorliebnehmen muß. "Da macht", so erläutert er, "eine Bürgerinitiative gegen den geplanten Neubau unserer Versicherungsgesellschaft mobil, und solange der nicht steht, bleibe ich in diesem Zimmerchen, das gemäß Arbeitsrecht nicht einmal einer Stenotypistin angeboten werden dürfte."
    Für Bürgerinitiativen hat der CDU-Landtagsabgeordnete im allgemeinen großes Verständnis, gelangte er doch als wacher Bürger, in dem sich allerlei Initiativen regten, zur Politik. Doch zunächst ein Blick auf die erste Akte der Türk-Vita: In Nörvenich bei Düren 1925 als Sohn eines Tierarztes geboren, 1948 aus russischer Gefangenschaft heimgekehrt und im Alter von 24 Jahren von der Kultusministerin Christine Teusch zwischendurch zu einem Soloabitur zugelassen, trat Hubert Türk zwar zunächst in Vaters Spuren und studierte Veterinärmedizin; aber nach einer "Bauernpraxis"stand ihm nicht der Sinn. Kaum hatte er in einer solchen die obligatorischen praktischen Übungen an Rind, Schwein und Hofhund absolviert, heuerte er bei der damals besonders stark in Schlachtvieh engagierten Versicherung an.
    Seine politische Heimat fand er zwangsläufig in der CDU, denn er sagt von sich selbst: "Ich bin zwar kein Ideologe, aber ich fühle mich als geborener Christdemokrat." Freilich trat er der Union erst 1964 bei. Damals war Dr. Türk bereits - wie auch heute noch - Eigenheimer in Bergisch Gladbach. Sein 100-Quadratmeter- Domizil steht im Ortsteil Hand. "Die rote Hand", schmunzelt Türk, hatte es doch in vergangenen Zeiten in dieser Arbeitersiedlung immer recht viele kommunistische Wähler gegeben.
    Neubürger Türk beteiligte sich an der Gründung der Bürgergemeinschaft Hand, "aus der ich eine richtige Bürgerinitiative machte". Seine Aktivitäten dehnte er alsbald auf den Pfarrgemeinderat, einen Förderverein für ein Gymnasium und - obzwar selbst Katholik - eine evangelische Bürgerinitiative zur Errichtung eines Verkehrskindergartens aus.
    Bei all diesen Engagements bekam Türk schnell spitz, daß Erfolge für so viele Bürgerbelange am ehesten zu erzielen sind, wenn man in die Politik einsteigt, wo doch die Entscheidungen fallen. Dem Kreistag des Rheinisch-Bergischen Kreises gehörte er, der jetzt schon zum zweitenmal Vorsitzender des CDU-Stadtparteiverbandes Bergisch Gladbach ist, von 1969 bis 1975 an, zuletzt als Fraktionschef der Christdemokraten. Mit 56,5 Prozent der Wählerstimmen holte Hubert Türk 1975 direkt das Landtagsmandat des Rhein.-Berg. Wahlkreises II.
    Der "Neuling" heute, nach dreieinhalb Jahren Erfahrung im Düsseldorfer Parlament: "Es freut einen, wenn man nach all den vielen Ausschußberatungen im neuen Landeshaushaltsplan Positionen findet, für die man lange gekämpft hat, so zum Beispiel mehr Geldmittel für Sozialstationen, Pflegevorschulen und für das Programm gegen die Jugendarbeitslosigkeit." Im Landtag hatte Dr. Türk sich den schon im Kreistag bevorzugten "Ressorts" gewidmet, der Gesundheits-, Sport- und Landwirtschaftspolitik.
    "Die eigentlichen Erfolgserlebnisse habe ich aber im Petitionsausschuß", betont der Abgeordnete. Hier ist er wieder hautnah mit konkreten Sorgen und Nöten einzelner Bürger konfrontiert und kann unmittelbar für sie etwas leisten.
    Zu seinen Wählern (und Nichtwählern) im Heimatkreis hält Dr. Türk Kontakt, indem er viele Versammlungen - "oft auch kleine Vereine und Gruppen" - besucht. Denn Sprechstunden für den Bürger hätten sich in seinem Falle nicht bewährt. Türk liebt die Aussprache mit den Menschen. "Es ist nicht meine Art, große Reden zu halten, obwohl ich das könnte und demnächst im Landtag für die Opposition zu einer Großen Anfrage der Regierungsparteien zur Gesundheitspolitik sprechen werde; meine Stärke liegt in der Diskussion."
    Weiter erläutert Dr. Türk: "Ich habe den Mut zu sagen, wovon ich nichts verstehe; denn wer zu allem was zu sagen weiß, hat nicht viel zu sagen." Er erschrickt darum auch nicht vor dem Ausstoß an Landtagsdrucksachen und -vorlagen. Türk konzentriert sich auf die Papiere, die seine Disziplinen berühren; der große Rest muß eben beiseite geschoben werden.
    Seine Unabhängigkeit von Partei und Politik bewahrt der Rheinländer sich bewußt: " Meinen Beruf lasse ich nicht brachliegen." Seine wöchentliche Arbeitszeit von gut und gerne 65 Stunden sei ziemlich gerecht auf Mandat und Beruf verteilt. Das Gerangel um die Abgeordnetengehälter läßt Türk anscheinend kalt. "Als ich 1975 in den Landtag kam, wußte ich überhaupt nicht, wieviel an Diäten ich bekommen würde."
    Türk, Vater zweier erwachsener Töchter, hält sich in der knappen Freizeit beim Tennis - oft mit seiner Ehepartnerin -,auf Spaziergängen und beim Kegeln im Klub "Röngköm Gläbbisch" fit. Böte die Partei ihm 1980 wieder die Steigbügel einer Kandidatur, würde er gern für eine weitere Legislaturperiode in den Mandatssattelsteigen.
    Hans Wüllenweber

    ID: LI790222

  • Porträt der Woche: Heinz Voetmann (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 30 - 18.12.1978

    Daß ein Ratsvorsitzender die örtlichen Bürgerinitiativen auf seiner Seite weiß ist außergewöhnlich. Doch das ist nicht das einzig Außergewöhnliche an Heinz Voetmann. So hat er Werkzeugmacher gelernt und ist Studiendirektor geworden, so ist er als "Hergeloopener" (Zugezogener) Bürgermeister im Bergischen Wermelskirchen, wo Bodenständigkeit seit Generationen auch heute noch weitaus mehr zählt als andernorts. Und auch der Anstoß zum Eintritt in die CDU, der dann in kürzester Zeit zum Einstieg in die Politik wurde, war bei Heinz Voetmann nicht alltäglich. " Was hast Du mit Deinen Talenten gemacht?" hieß das Thema einer Gesprächsrunde im Wermeiskirchener Pater-Leppich-Kreis Ende 1963, das den Lebensweg des damaligen Gewerbeoberlehrers zum zweitenmal veränderte. 1964 zog er in Stadtrat und Amtsvertretung ein - die Politik hatte ihn gepackt. Drei Jahre später wurde er Vorsitzender der CDU- Ortspartei, jeweils ein weiteres Jahr darauf Chef des Kreisverbandes Rhein- Wupper sowie Stadt- und Amtsbürgermeister.
    Die erste einschneidende Veränderung im Leben des 1928 als Sohn eines Busfahrers im niederrheinischen Kalkar geborenen und aufgewachsenen Heinz Voetmann hatten die frühen fünfziger Jahre gebracht. Nach Volksschulbesuch und Werkzeugmacherlehre hatte er 1951 die Meisterprüfung und kurz darauf das Begabten-Abitur abgelegt. Von 1952 bis 1955 studierte er am Berufspädagogischen Institut und an der Universität Köln Pädagogik, Physik und Betriebswirtschaft, machte seine Prüfung als Gewerbelehrer und wechselte 1955 vom Niederrhein ins Bergische. Hier ist er nach eigenem Bekunden "richtig seßhaft" geworden. Das hat er auch nach außen hin durch ein 1960 mit viel Eigenleistung gebautes Haus bewiesen, in dem er mit Frau und zwei mittlerweile erwachsenen Töchtern "sehr glücklich" ist.
    In den Landtag zog er 1975 als direkt gewählter Kandidat des oberen Rhein- Wupper-Kreises mit bemerkenswertem Stimmenzuwachs von 46,9 auf 51,5 Prozent ein; in Wermelskirchen selbst holte er dabei sogar 58,2 Prozent. Er arbeitet mit dem ihm typischen Fleiß im Schul- und Kulturausschuß und mit besonderem Engagement im Petitionsausschuß mit. "Ich versuche, dem Bürger immer wieder zu helfen gegen eine für ihn übermächtige Bürokratie", lautet eins der politischen Statements Heinz Voetmanns. Bei der Doppelbelastung durch Landes- und Kommunalpolitik kann er "über eine 35-Stunden-Woche nur lachen".
    Das unvermeidliche Zeitopfer bringt er jedoch gern. "Wenn ich etwas mache, mache ich es richtig", begründet er seine Beharrlichkeit, die ihn daheim in Wermelskirchen zum populärsten Kommunalpolitiker gemacht hat. Immerhin gelang es der CDU mit dem Spitzenkandidaten Voetmann 1969 erstmalig, die Mehrheit im Rat zu erringen, heute hat sie in der Vertretung der 36OOO-Einwohner-Stadt 26 Sitze gegenüber 16 der SPD und drei der FDP. Und auch in der Ratsarbeit steht für den CDU-Politiker der "Pakt mit dem Bürger" im Vordergrund. "Wir haben bei uns mehrere Bürgerinitiativen, die ausgezeichnet mit dem Kommunalparlament gegen die Bürokratie zusammenarbeiten", sagt der Bürgermeister einer Stadt, die stolz ist auf den prozentual größten Waldbesitz aller Kommunen in Nordrhein-Westfalen und die geringste Verschuldung im Regierungsbezirk Düsseldorf mit nur 635 Mark pro Kopf.
    Das große Problem in Wermelskirchen besteht darin, daß 45 Prozent der Fläche im Einzugsgebiet von drei Trinkwassertalsperren liegt, was nicht nur Bau- sondern auch andere Nutzungsbeschränkungen bedingt. Gegen "notwendige Auflagen" hat der Bürgermeister dabei nichts, doch ihm sträuben sich die Haare, wenn "der Amtsschimmel wiehert"; und das tut der für Voetmanns Geschmack immer noch zu oft.
    Um fit zu bleiben für die Fülle der Anforderungen, trabt der Fünfzigjährige jeden Morgen seine zehn Kilometer lange "Hausstrecke" ab und wandert, wenn er einmal Zelt hat, ausgiebig über die Höhen der Bergischen Lande. Seine Lieblingsbeschäftigung neben der Politik ist die Gartenarbeit, doch zu seinem Leidwesen muß er auf diesem Feld heute vieles seiner Frau allein überlassen.
    Karlegon Halbach

    ID: LI783022

  • Porträt der Woche: Hans Watzke (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 28 - 04.12.1978

    Hans Watzke (46) kommt aus einer Hochburg der CDU. Mit 66,3 Prozent der Wählerstimmen zog der Abgeordnete des Wahlkreises Brilon 1975 erstmals in den Landtag. Der gebürtige Bochumer sah in diesem Rekordergebnis auch einen persönlichen Ansporn, sein bereits als Kommunalpolitiker verfolgtes Anliegen nun auch als Landesparlamentarier durchzusetzen: den wachsenden Zentralismus zu stoppen. Ihn macht Watzke mitverantwortlich für Fehlentwicklungen vor Ort. Sicherlich nicht nur nach seiner Ansicht müsse es den Abgeordneten gelingen, die "übermächtige" Ministerialbürokratie stärker als bisher zu kontrollieren.
    So bleibt dem Mitglied des Ausschusses für Landesplanung und Verwaltungsreform die Aussage eines hohen Ministerialbeamten vor diesem Gremium "unvergessen": " Wer Funktionalreform gegen den Willen der Ministerialbürokratie betreiben will, läuft mit dem Kopf gegen die Wand." Als leidenschaftlicher Anhänger der parlamentarischen Demokratie sieht Watzke diesen Ausspruch als eine "Herausforderung, die man nicht unbeantwortet lassen kann." Andernfalls würde sich die Selbstverwaltung selbst aufgeben.
    Allerdings sollte das Land dort - und dann verstärkt - Hilfe gewähren, wo Kommunen nicht in der Lage seien, berechtigte Anliegen der Bürger zu erfüllen. Dabei denkt der CDU-Abgeordnete an die Förderung des Breitensports durch Ausbau von Sportstätten. Ein wesentlich größerer Teil der Bevölkerung würde dann dieses Freizeitangebot nutzen. Der Bauingenieur und Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens trat 1958 in die CDU ein; seine parlamentarische Tätigkeit begann erst später. Er gehörte viele Jahre dem Gemeinderat Erlinghausen an, war Abgeordneter des nach der Kommunalreform aufgelösten Kreises Brilon und Mitglied der Landschaftsversammlung Westfalen- Lippe. Auch wurde er in zahlreiche Parteigremien gewählt, deren Vorständen er noch heute angehört. Nach seiner Ansicht sollte jeder Landtagsabgeordnete eine "starke Bindung" zur Kommunalpolitik haben, wie überhaupt eine "gute Politik" ohne die "Liebe zu seiner Heimatgemeinde" nicht möglich sei. So pflegt der Abgeordnete intensiv den Kontakt zu den Mitbürgern; er sieht dies nicht als eine Pflichtaufgabe.
    Noch heute ist der frühere Mittelstürmer des Kreisligisten Rot-Weiß Erlinghausen Vorsitzender des Vereins, und auch bei den Schützen spricht er ein gewichtiges Wort mit. Und wer wollte es schließlich dem Mitglied des Verkehrsausschusses verübeln, daß er es als Sauerländer "unverständlich" findet, daß die "sogenannte" Sauerland-Autobahn im Siegerland gebaut wurde. Noch heute können die Menschen aus dem Ballungsraum an Rhein und Ruhr nur unter zeitraubenden Fahrten dieses für Nordrhein-Westfalen bedeutende Erholungsgebiet erreichen.
    Der Vater von vier Kindern zählt zu jenen Abgeordneten, die nicht im Mittelpunkt von Plenumsdebatten stehen. Hans Watzke zieht die für die Öffentlichkeit unauffälligere Arbeit in den Ausschüssen und Arbeitskreisen vor. Und seit 1975 im Landtag, ist er (angenehm) überrascht, daß auch Oppositionsparlamentarier die Möglichkeit haben, "etwas im Land zu bewegen" - durch Sachkenntnis, Überzeugungsvermögen und eine Portion Hartnäckigkeit. Eigenschaften, die auch politische Gegner an ihm schätzen.
    Das Bild des Abgeordneten wäre unvollständig, wenn unerwähnt bliebe, daß er an freien Samstagen noch gern in der Altherren-Mannschaft das runde Leder ins gegnerische Tor schießt und auch als "dritter Mann" in eine Skatrunde einspringt.
    Jochen Jurettko

    ID: LI782822

  • Porträt der Woche: Hans Wichelhaus (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 26 - 10.11.1978

    Die unversöhnliche Konfrontation lehnt er entschieden ab, weil "auch Politiker bei Auseinandersetzungen kein Freund-Feind-Verhältnis aufbauen sollen". Hans Wichelhaus, CDU-Abgeordneter aus Gummersbach, sucht daher das Gespräch auch mit seinen politischen Gegnern - und "weil ich im Grunde ein kontaktfreudiger Mensch bin", fällt es dem Landrat des Oberbergischen Kreises auch nicht schwer, oft Brücken zu schlagen. Nicht zuletzt die Höhen und Tiefen in seinen inzwischen zurückgelegten sechs Jahrzehnten mögen zum Streben nach Ausgleich beigetragen haben, "natürlich nicht durch faule Kompromisse".
    Der gebürtige Wülfrather (Kreis Mettmann) verlor bereits mit vier Jahren seinen Vater, und als er kaum die kaufmännische Lehre absolviert hatte, hießen die weiteren Stationen: Arbeitsdienst, Kriegsdienst, Kriegsgefangenschaft in Sibirien. Zurückgekehrt, begann er sich eine neue berufliche Existenz aufzubauen, holte das Abitur nach, studierte, wurde zunächst Lehrer an einer Grund- und dann Hauptschule. Schließlich wurde der engagierte Pädagoge 1970 zum Rektor befördert. Nach seinem Einzug ins Landesparlament, fünf Jahre später, mußte er entsprechend des Landesrechtsstellungsgesetzes in den einstweiligen Ruhestand treten.
    Als Mann der Praxis setzt sich Wichelhaus heute im Ausschuß für Schule und Kultur für ein chancengerechtes und funktionsfähiges Bildungswesen ein anstelle verblasener Ideologien.
    Allerdings stieß der Abgeordnete erst spät zur Politik - 1964. Wichelhaus: "Es war typisch für die Kriegsgeneration, daß sie sich infolge eines gewissen Maßes von Skepsis zunächst zurückhielt." Doch dann folgte der Aufstieg sehr rasch: Noch im selben Jahr kam er in den Stadtrat von Gummersbach und in den Oberbergischen Kreistag. Zwei Jahre später wählte man ihn zum CDU-Vorsitzenden und 1969 zum Landrat. Mit den Stimmen der F.D.P., wie der CDU-Politiker betont.
    Als "bergischer Junge" kennt Wichelhaus vor allem die Strukturprobleme dieses Raums; seine Bemühungen um eine Verbesserung der Wirtschaftskraft des Oberbergischen Kreises tragen Früchte. Andererseits sieht er es auch als Aufgabe, dörfliche Strukturen zu erhalten, "wo die Nachbarschaftshilfe noch kein Fremdwort ist". Und der CDU-Politiker mit ausgeprägter liberaler Grundhaltung bedauert den immer lauteren Ruf nach dem Staat in schwierigen Situationen. "Der Bürger muß erkennen, daß dies eine Einschränkung seiner persönlichen Freiheit zu Folge hat." So tritt Wichelhaus für ein "sehr sorgfältiges Abwägen"zwischen erforderlichen Ausgleichsfunktionen des Landes und "dem, was Bürger leisten können", ein.
    Auf Anhieb hat der CDU-Kandidat Wichelhaus bei der letzten Landtagswahl 50,1 Prozent der Stimmen für seine Partei geholt, genau 8480 mehr als sein SPD-Konkurrent. Und der Wahlkreis, den auch schon die Sozialdemokraten gewonnen hatten, war, so der Abgeordnete, "kein Ruhekissen". Die erfolgreiche kommunalpolitische Arbeit ("das Handwerkszeug eines Parlamentariers") dürfte mitentscheidend gewesen sein - und eben jenes "Brückenschlägen". "Das Wort 'Absolut' gibt es für mich nicht." Wenn die Parteidelegierten wieder für Wichelhaus plädieren, möchte er auch 1980 sich den Bürgern zur Wahl stellen.
    Seitdem der Vater von drei inzwischen erwachsenen Kindern die Politik als eine persönliche Aufgabe sieht, treten andere Neigungen in den Hintergrund. Dazu gehört vor allem die Literatur, besonders die klassische. Der Radius reicht von Dostojewski bis Rilke. "Mit dem Modernen tu' ich mich etwas schwer", gesteht er. Allerdings trifft dies offensichtlich nur für diesen Bereich zu.
    Jochen Jurettko

    ID: LI782623

  • Porträt der Woche: Jürgen Rosorius (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 24 - 23.10.1978

    Den irritiert umhersuchenden Blick, der vor zehn, zwölf Jahren in der Mensa der Universität Bonn am Studenten-Politiker Jürgen Rosorius zu bemerken war, den hat er in seiner Weiterentwicklung zum Landtagsabgeordneten nicht völlig verloren. Und wenn dieser Blick aus einer Irritation durch die Wirklichkeit herrührt, dann ist dies ein Pfund, mit dem jeder Politiker gar nicht genug wuchern könnte.
    Rosorius jedenfalls müht sich, nicht völlig zum "Papier-Tiger" zu werden, der die Probleme, über die er im Landtag mit zu entscheiden hat, nur noch aus Anhörungen und Eingaben kennt. "Jeder Parlamentarier", so meint er, "muß sich bemühen, die soziale Umwelt der von ihm vertretenen Bürger in ihrer Unterschiedlichkeit kennenzulernen." Deshalb ist der 1975 als Mann der Jungen Union in den Landtag gekommene Rosorius auch gegen den vollberuflichen Abgeordneten, wie er nach dem Karlsruher Diätenurteil eingeführt werden soll. Seiner Ansicht nach sollte der Abgeordnete möglichst ein Bein in der Welt eines erlernten Berufs behalten; dies bedinge aber, so betont er, daß man ihm seine parlamentarische Arbeit soweit wie möglich (und das heißt: erheblich mehr, als es jetzt geschieht) erleichtere und ihm insbesondere Hilfen für die Schreibarbeit und Materialbeschaffung beigebe.
    Auch eine allzu üppige Sammlung von Ämtern und Mandaten hält den Abgeordneten nach den Erfahrungen von Rosorius zu sehr davon ab, sich seinen Parlamentarierpflichten so umfassend wie nötig zu widmen. "Wichtig ist die feste Verankerung in der Partei als dem Ort der Willensbildung. " Die Arbeit im Landtag und in der Kreispartei Bonn, deren Vizevorsitzer er ist, sollen künftig die beiden Betätigungsschwerpunkte von Jürgen Rosorius sein. Sein Bonner Stadtratsmandat will er aufgeben, so wie zuvor schon seine Funktion im rheinischen CDU-Landesvorstand. Denn, so sagt er, "man muß auch noch die Zeit haben, selbst Bürger zu sein, also nicht bloß über die Bürger- Probleme zu reden sondern sie selbst auch zu erleben".
    An der Bildung solcher, für Politiker eher ungewöhnlicher Einsichten mag auch Frau Rosorius ihren Anteil haben: "Meine Frau gehört nicht zu denen, die stolz sind, den Namen ihres Mannes in der Zeitung zu lesen. Sie will, daß ich die Verantwortung für die Erziehung unserer beiden Kinder mit ihr teile." Wer keine Zeit mehr für die eigene Familie habe, so befindet Rosorius, der könne auch nicht die Interessen der jungen Familien recht wahrnehmen; dies aber ist einer seiner Arbeitsschwerpunkte im Landtag. Den anderen hat er auf den Sport gelegt, also auf ein Gebiet, das enge Verbindungen zur Arbeit im Ausschuß für Jugend und Familie hat.
    Das Landtagsmandat ist für Rosorius die Konsequenz aus seinem Werdegang, der die Politik praktisch und theoretisch eng verbindet. Schon als Wjähriger Oberschüler gründete er einen politischen Arbeitskreis. Nach dem Abitur studierte er in Bonn Politische Wissenschaften. Neben dem Studium machte er im RCDS aktiv Studentenpolitk und wurde dabei 1970 auch Vorsitzender des Allgemeinen Studentenausschusses. Politik- Studium und Studentenpolitik mitsamt seinem Engagement in der Bonner CDU mündeten dann in eine doppelte Berufsaufgabe: 1971 wurde Rosorius Referent und Studienleiter der parteieigenen Karl- Arnold-Bildungsstätte, seit 1975 ist er Mandatsträger im Bonner Stadtrat und im Düsseldorfer Landtag. Sein politischer Standort erwuchs aus der Erfahrung, als Halbwaise einer Kriegerwitwe aufwachsen zu müssen. Dies führte ihn zu den Sozialausschüssen innerhalb der CDU. Und das "C" im Parteinamen bedeutet ihm folglich weder "clerikal" noch "Capital", sondern "christlich-sozial". Hartwig Suhrbier

    ID: LI782422

  • Porträt der Woche: Dr. Helmut Reinhardt (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 22 - 29.09.1978

    Mit 2045 Wählerstimmen Vorsprung gewann Dr. Helmut Reinhardt (CDU) bei der Landtagswahl 1975 den Wahlkreis Nr. 140 Gütersloh/Bielefeld. Der Leitende Veterinär-Direktor des Kreises Gütersloh hatte mit diesem Erfolg nicht gerechnet - das gibt er offen zu. In der Vergangenheit hatte dieser Wahlkreis schließlich als "sicher" für die SPD gegolten. Der unterlegene Gegenkandidat, der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Hans Schwier, wohnt ebenso wie Dr. Reinhardt in der Gemeinde Halle, und die Kinder der beiden Abgeordneten sind miteinander bekannt. Daß die beiden Landesparlamentarier meist zusammen im selben Zug zum Landtag nach Düsseldorf und zurück fahren, versteht sich da schon fast von selbst.
    Mehr als fünf Stunden Bahnfahrt an einem Tag, dies erschien Reinhardt zunächst eine Belastung der Abgeordnetentätigkeit. Doch inzwischen gewinnt er selbst den langen Fahrten noch gute Seiten ab: "Man trifft sich so mal von Mensch zu Mensch, auch mit Abgeordneten von SPD und F.D.P."
    Reinhardt ist als dritter Sohn auf einem Bauernhof in der Lüneburger Heide geboren, seine Brüder sind beide Landwirte. Nach dem Abitur "schon damals Fahrschüler" - begann er 1940 das Studium an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, doch als Angehöriger des Geburtsjahrgangs 1921 wurde er Soldat. 1947 schloß er die Ausbildung als Tierarzt mit dem Staatsexamen ab, im heimatlichen Kreis Fallingbostel eröffnete er seine Praxis. Obwohl im Beruf des Tierarztes ohnehin kein geregelter Feierabend möglich ist, trat er 1957 in die CDU ein, wurde Gemeinderats- und Kreistagsmitglied.
    Als Amtstierarzt in Hannoversch-Münden, Halle und dann in Gütersloh blieb er später bei der Politik. "Auf der unteren Ebene braucht die Demokratie Leute, die Aufgaben übernehmen", meint er. Die genaue Kenntnis der Verhältnisse "vor Ort" ist das, was die Fraktionskollegen an dem Landtagsabgeordneten Dr. Reinhardt besonders schätzen. Im Ernährungsausschuß und Innenausschuß ist er zuständig für Sachbereiche wie das Wassergesetz, das Polizeigesetz oder auch die Gemeindeordnung.
    "Wir müssen solche Verwaltungsfragen bürgernah halten" - das ist seine Überzeugung. Wenn der Bürger bei Fragen über Abwasserprobleme zum Beispiel nicht mit zuständigen Verwaltungsstellen in seinem Gebiet, sondern nur mit dem Regierungspräsidium sprechen könne, dann gehe ihm die Kontaktmöglichkeit praktisch verloren. "Die Notwendigkeit von ganz großen Verwaltungseinheiten müßte wirklich noch erst nachgewiesen werden", meint Reinhardt. "Der gewählte Kreistagsabgeordnete muß mitwirken können, das ist Bürgernähe."
    Wieviel Kontakt die Bürger zu ihrem Abgeordneten suchen, - das war die zweite Überraschung des 1975 "frisch gebackenen" Landtagsabgeordneten: "Da werden Probleme aller Art an einen herangetragen, und die freien Tage im Wahlkreis sind schon nötig, wenn man sich wirklich darum kümmern will."
    Nach seiner Wahl in den Landtag mußte er als Leiter eines der wichtigsten Veterinärämter des Landes "der Fettfleck von Westfalen, jede vierte Wurst kommt aus dem Kreis Gütersloh mit seinen vielen Fleischwarenfabriken" - in den einstweiligen "Ruhestand" treten. Doch Dr. Reinhardt hält das für richtig: "Man müßte den Großteil der Arbeit doch nur Kollegen im Amt auflasten, und das ist nicht zumutbar."
    Für Reinhardt ist es fast selbstverständlich, daß er neben seinem politischen Mandat noch Presbyter der evangelischen Kirche ist und Finanzkirchmeister in seinem Kirchenkreis. Auf die Musterdiakoniestation in seinem Gebiet ist er ebenso stolz wie auf eine neue Pflegevorschule und Eheberatungsstelle. "Wir alle sind Kirche", meint er. "Hier ebenso wie in der Politik haben wir dem Miteinander der Menschen zu dienen."
    Besuchergruppen versucht Dr. Reinhardt im Düsseldorfer Landtag oft ein wenig diesen "Auftrag" deutlich zu machen. "Die junge Generation stellt oft hohe Ansprüche an Politiker", sagt er. " Vielleicht können wir dann hier an unserer Arbeit die Zusammenhänge etwas verständlicher machen, denn darauf kommt es doch eigentlich an."
    Peter Weigert

    ID: LI78221E

  • Porträt der Woche: Dr. Manfred Sanden (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 20 - 15.09.1978

    Eine Ausnahmeerscheinung in der fast 32jährigen parlamentarischen Geschichte Nordrhein-Westfalens ist der CDU-Abgeordnete Dr. jur. Manfred Sanden: durch Losentscheid kam der heute 38 Jahre alte selbständige Kaufmann (mit der Zulassung zum Rechtsanwalt) in den 8. Landtag. Erinnern wir uns: Im Wahlkreis 59 Wuppertal IV gab es am Abend des 4. Mai 1975 zwischen den beiden großen Parteien ein aufsehenerregendes Unentschieden von 44,6:44,6 Prozent. Man zählte nach und prüfte; nichts half weiter - Wuppertals Oberstadtdirektor Rolf Krumsiek (SPD) mußte die Entscheidung durch das Los treffen, und der CDU-Vertreter war der Gewinner. Die Medien berichteten bundesweit, der Nachzügler war für einen Tag ein prominenter Zeitgenosse. Wie politische Karrieren beginnen können: der gebürtige Königsberger war am Wahltag kaum vier Jahre Mitglied der CDU gewesen; mit einer Gruppe von Geschäftsfreunden war der Mitinhaber einer größeren Einzelhandelsfirma 1971 eigentlich "nur" deren Wirtschaftsvereinigung beigetreten. 1973 kam er bereits in den Vorstand der CDU Wuppertal. Bald darauf kam das Angebot, in einem "fast aussichtslosen" Wahlkreis zu kandidieren. Sanden im Rückblick: "Ich habe daran geglaubt, daß ich es schaffen könnte und unheimlich hart gearbeitet. " Die Zahl der Hausbesuche und der Straßenwahlkampf-Stunden vermag er nicht annähernd zu schätzen; entscheidend für den Sieg, der aus dem Unentschieden kam, das schon einen Riesenerfolg bedeutet hatte: "Der politische Wind hatte sich gedreht, ich hatte ihn plötzlich im Rücken."
    Sanden, den die Kriegswirren im Osten mit dem Flüchtlingsstrom nach Niedersachsen verschlagen hatten, der ab 1954 "die gute bayerische Bildung genossen" hat, bevor er in München das Studium der Rechte aufnahm und 1969 mit zwei Prädikats-Examina abschloß, ist schon von Berufs wegen ein Mann, der Möglichkeiten und ihre Grenzen nüchtern sieht, kühl und beherrscht argumentiert, ohne Pose und Polemik. Er hält "von Selbstdarstellung wenig; es geht um die politischen Interessen derer, die man zu vertreten hat. Da kann man in vertraulichen Gesprächen und Verhandlungen oft mehr erreichen, als wenn man im vollen Rampenlicht steht mit einem bekannten Namen."
    Im Justizausschuß (er ist auch stellvertretendes Mitglied im Wirtschaftsausschuß und im Poullain-Untersuchungsausschuß) wirkt der Jurist zwangsläufig mehr im stillen. "Es geht da zumeist um Fragen, die in der Öffentlichkeit nicht so bekannt werden, aber nichtsdestoweniger von großer Bedeutung für sie sind. Man denke zum Beispiel an die Diskussionen um die Unterbringung von Terroristen." Ist in den Parlamenten nicht überhaupt die große Stunde der Juristen angebrochen, da jeder Text auf die kleinste Schwachstelle abgeklopft zu werden pflegt? Sanden weist dies zurück, bekennt jedoch: "Jurist zu sein, ist heute überall ein Vorzug weil einfach viele Dinge komplizierter wirken, als sie tatsächlich sind, und weil in allen Lebensbereichen die rechtlichen Konsequenzen eine immer größere Rolle spielen."
    Mag sein, daß Sanden deshalb Mandat und Möglichkeiten so realistisch sieht; er war eh "ohne Illusionen" ins Landesparlament eingezogen, ist "zu keiner Stunde frustriert gewesen", wiewohl Landespolitik nach seinen jetzt dreijährigen Erfahrungen "ein mühsames Werk ist, aus kleinen und kleinsten Scheibchen zusammengesetzt".
    Dennoch - vielleicht ein Vorzug jener, die aus der Wirtschaft kommen - wußte er "bisher immer Familie (verheiratet, drei Kinder), Firma und Fraktion - dies ist die alphabetische Reihenfolge - miteinander zu verbinden". Das hat er auch für die nächste Wahlperiode vor: "Ich mache weiter, wenn meine Freunde das wünschen." Und dann ist Sanden, der sich nicht ohne Stolz als "wirklich unabhängigen Abgeordneten" bezeichnet, gerade 40 Jahre alt.
    Hans Krieger

    ID: LI782023

  • Porträt der Woche: Walter Neuhaus (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 18 - 04.07.1978

    Er kann noch "Platt küren", und das ist die sauerländische Art zu sagen, was Sache ist, ohne daß man auf rhetorischen Stelzen einhergeht. Walter Neuhaus errang sein Landtagsmandat 1975, im zweiten Anlauf nach einer ersten Kandidatur 1970, in einem für die CDU immer als schwierig geltenden Lüdenscheider Wahlkreis. So mancher Neuling pflegt dann in Düsseldorf erst einmal auf den Hinterbänken Platz zu nehmen, nicht so der Abgeordnete Neuhaus. In der richtigen Erkenntnis, daß die große Politik in den fleißigen, kleinen Schritten der Alltagsarbeit für den Bürger und Wähler beginnt, schaute Neuhaus sich sofort in den Ausschüssen für Arbeit, Gesundheit, Soziales und für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten um. Das ist, wie jedermann weiß, ein weites Feld, von der Krankenhauspolitik bis zum sauberen Wasser, von der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bis zum Verbraucherschutz.
    Er wolle, sagte er damals seinen Wählern, kein Schönredner sein, mit dem Direktmandat nicht persönlichen Glanz anstreben. So ist es auch geschehen: Neuhaus, der seit 1957 der CDU angehört, gelernter Landwirt ist und auch bleiben will, arbeitet mit großer Beharrlichkeit für die Bürger seiner Wahlkreis-Heimat. Das Paket an solider kommunalpolitischer Erfahrung, die er hat, bringt gute Voraussetzungen dafür mit. Das meiste an dieser politischen Arbeit ist Mühsal, wobei man sich auch durch Rückschläge nicht entmutigen lassen darf: Verbesserung der Siedlungsstrukturen, Ergänzung des Nahverkehrsnetzes, Sicherung von Freizeit- und Erholungsgebieten, wirkungsvoller Umweltschutz. Neuhaus kann inzwischen selbst bei seinen politischen Gegnern auf viele Freunde zählen. Das hat mit der persönlichen Lauterkeit dieses Abgeordneten zu tun, mit seinem steten Kontakt zu den Bürgern, seiner Art, auch unangenehmen Themen nicht aus dem Wege zu gehen.
    Das Elternhaus, sagt Neuhaus, habe ihn gelehrt, immer aufrichtig zu sein und selbst mit anzupacken, wo Hilfe nottut. Neuhaus zeigt auch, wie man die von allen Parteien so oft beschworene Bürgernähe in der Politik praktiziert: in der Landjugend und im Turnverein, in der Jägerschaft, im Hegering und selbst bei den Geflügelzüchtern. Der Märkische Kreis, der seine Heimat ist, hat eine komplizierte soziologische Struktur zwischen ländlichen Räumen und städtischen Ballungszonen. Da zeigt sich oft, daß eine Politik der kleinen Schritte auch kompromißfähig sein muß. Die große Festrede bewirkt oft wenig, hartnäckige Arbeit auf allen Ebenen der Partei, in der Landtagsfraktion, in den Ausschüssen gemeinsam mit Abgeordneten der Koalition und nicht zuletzt in zähen Verhandlungen mit den Entscheidungsträgern in den Ministerien in Düsseldorf zahlt sich dagegen langfristig besser aus.
    In der CDU kann man Neuhaus als einen Mann der Mitte bezeichnen. Das Pragmatische zählt, nicht die reine Lehre der Ideologie. Neuhaus mag gelegentlich als Konservativer wirken, er ist in Wahrheit ein liberaler, mündiger Bürger im modisch noch nicht mißbrauchten Sinne dieses Wortes. "Ich sage", meint er, "ein-klares Ja zu diesem Staat, zur Sozialverpflichtung des Eigentums, auch zur Sozialordnung und zur Marktwirtschaft, aber gegen Bürokratie und Dirigismus, gegen jeden Planungsfetischismus über die Menschen hinweg, denen jede Politik zuvörderst zu dienen hat." Ohne das aktive Verständnis seiner Familie auf dem Bauernhof in Amphop wäre seine politische Arbeit, die auch den größten Teil der Freizeit verschlingt, gar nicht möglich, sagt der Abgeordnete. Walter Neuhaus hat sich - wer wollte solchen Ehrgeiz, der der Leistungsbestätigung dient, nicht verstehen - ein Ziel gesetzt: Er will den 1975 errungenen Wahlkreis bei der Landtagswahl 1980 verteidigen und wiedererobern. Freunde unter den Journalisten in seiner Heimat, die es wissen müssen, meinen, Neuhaus habe sein damaliges Wahlkampfversprechen von Fleiß und Einsatzfreude bei gleichzeitiger Bürgernähe schon jetzt bestens eingelöst.
    Es gibt tatsächlich eine viel engere Verflechtung zwischen Kommunalpolitik und Landespolitik, als die Schlagzeilen in den Medien das oft ahnen lassen. Zur politischen Alltagsarbeit eines Abgeordneten gehört, was zumeist übersehen wird, es auch, die abstrakte Sprache von Landesentwicklungsplänen, Rahmenrichtlinien, Runderlassen und Ausführungsverordnungen immer wieder ins Deutsche zurückzuübersetzen. Mittler zwischen Bürgern und Verwaltung zu sein, mit dem Bürger so zu reden, wie er es gelernt hat und versteht, auch das hält Walter Neuhaus für ganz unverzichtbar, wenn nicht eine schon zu erkennende Staats- und Parteienverdrossenheit weiter um sich greifen soll. Dazu gehört, daß auch der gewählte, mit Vertrauensvorschuß der Bürger bedachte Politiker lernfähig bleiben muß. "Den eigenen Standpunkt", sagt Walter Neuhaus, "kann man am besten dadurch sichern, daß man ihn gelegentlich auch selbst einmal überprüft."
    Lothar Bewerunge

    ID: LI781822

  • Porträt der Woche: Heinz-Josef Nüchel (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 16 - 16.06.1978

    Auf Duzfuß steht er so ziemlich mit jedem zweiten Bewohner von Eitorf an der Sieg. Zufolge der Meldeamtsstatistik macht das an die siebentausendfünfhundert Eitorfer, die ihn Heinz-Jupp nennen. Müßig zu sagen, daß Lokalmatador Heinz-Josef Nüchel vor 45 Jahren in eben diesem Gemeinwesen, dem er seit 1969 als erster Bürger vorsteht, das Licht der Welt erblickte.
    Ein Politiker "vom Lande", aus grundsolidem Holz geschnitzt, vereinigt Nüchel unaufdringliche, aber feste christkatholische Grundsätze mit einem guten Schuß jener urliberalen rheinischen Toleranz, die den "Andersgläubigen" zualleroberst Mensch sein läßt. In einem solchen Naturell bildet Humor eine der Grundsubstanzen. So schlugen karnevalistische "Husaren" in Siegburg Nüchel zum "Ritter des rheinischen Humors". In ihrer Laudatio apostrophierten sie ihn als "lustigen Farbtupfer im grauen politischen Alltag, bibel- und trinkfest, Weltmeister im Bützen..." Spaß beiseite! Doch Heinz-Josef Nüchel greift die Vokabel sofort auf: "Spaß macht mir das Mandat, weil ich damit recht vielen Leuten aus meinem Wahlkreis helfen kann." Oft regelt ihnen der Abgeordnete ihre Angelegenheiten bei Behörden. Nüchel: "Die Schwellenangst vor Amtstüren ist noch weit verbreitet.
    "Seine Sprechstunden im Wahlkreis Rhein-Sieg III, für den er 1975 als einer der vielen "Neulinge" mit 55 Prozent Wahlstimmen ins Haus am Düsseldorfer Schwanenspiegel einzog, sind stets "hervorragend besucht". Längst nicht alle kommen als Bittsteller. "Es gibt erstaunlich viele vereinsamte Menschen, die nur den Gesprächspartner suchen," stellt Nüchel fest.
    In der Biographie des CDU-Abgeordneten fehlt nur eins: Lorbeeren, auf denen er sich jemals ausgeruht hätte. Sohn eines kriegsversehrten, früh verstorbenen Arbeiters, besuchte Nüchel acht Jahre die Volksschule, absolvierte eine Schreinerlehre, büffelte "Sexta und Quinta" privat nach, ging aufs Eitorfer Gymnasium. Er mußte es in Obersekunda verlassen. Seine verwitwete Mutter konnte das Schulgeld nicht mehr aufbringen. Nach Ausbildung beim Finanzamt Siegburg gab er den bereits erreichten sicheren Status eines "Lebenszeit-Beamten" auf, einem Ruf der Katholischen Jugend folgend. Von Kindheit an hatte er eine Jugendführerkarriere durchlaufen, die jetzt im Amt des hauptberuflich bestellten Diözesanjugendführers des Erzbistums Köln ihren Höhepunkt fand. Aus dieser 1960 übernommenen Tätigkeit erwuchsen drei Ehrenämter: Vize des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend, zeitweise Vorsitzender des Bundes/ugendringes, Präsident des Weltbundes der Pfarrjugendgemeinschaften. Dazwischen stand Nüchel aber sieben Jahre im Staatsdienst als Direktor des Bonner Jugendaustausch- und Besucherdienstes der Bundesregierung. Reisen führten ihn in viele Länder nach Ost, West und in die Dritte Welt. Nüchel wies der deutschen und internationalen Jugend, besonders den jungen israelischen Menschen zueinanderführende Wege der Freundschaft und des gegenseitigen Verständnisses.
    1975 machte Nüchel Schluß mit der Arbeit als Jugendprofi. "Mit 42 mußte ich nun endlich erwachsen werden," schmunzelte er. Seitdem amtiert er als Bildungsreferent wieder im Erzbischöflichen Generalvikariat Köln, zuständig für die katholischen Männerwerke. Neben der Kommunalpolitik ist dies die zweite Verbindung zur "Basis", wie er sagt. Als bischöflicher Referent arbeitet er daran, die Kirche an ihren "verlorenen Sohn, den Arbeiter", wieder heranzuführen. Fühlt er sich im Landtag als Lobbyist der Kirche, gar als "Klerikaler"? Seine Antwort klingt glaubwürdig: "Auf keinen Fall! Ich bin weder abhängig von der CDU, denn ich habe kein Listenmandat, und nicht einmal die Kirche steht als Lobby hinter mir." Im Spektrum der CDU sieht er seinen Standort "Mitte links, mit allen Vorbehalten". Den Vater von zwei Töchtern elektrisiert alles, was Familienpolitik heißt und auch nur mittelbar mit ihr zusammenhängt. Logischerweise gehört er dem Landtagsausschuß für Jugend und Familie an. Die dortige, nach seinen Worten oft harte ideologisch-programmatische Konfrontation liebt er freilich nicht sonderlich. Selbst im Plenum vermißt er das "Menschlich-Verbindende", wie er es über Bekenntnis- und Parteigrenzen hinweg aus dem Bundesjugendring, dem Rat und dem Kreistag kennt. Im Sportausschuß, wo er an eher praktischen Ergebnissen mitarbeiten kann, fühlt er sich insofern wohler. Die Parlamentsarbeit könnte er sich straffer und zügiger vorstellen, sagt Nüchel. Das Programm von zwei Plenartagen lasse sich öfter auch an einem Tag erledigen. Denn Nüchel kommt "auf 80 Wochenstunden - Mandat und Beruf halbe-halbe". Da muß seine Vorliebe für Wanderungen und Ausflüge mit der Familie häufig hintanstehen. Einem zünftigen Skat nie abhold, meldet Nüchel freilich bei Vereinsmitgliedschaften Fehlanzeige. Gerecht verteilt er seine Besuche allerdings auf sämtliche Klubs und Klübchen im Wahlkreis.
    Hans Wüllenweber

    ID: LI781629

  • Porträt der Woche: Hans-Dieter Morgenstern (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 14 - 30.05.1978

    "... und die Leiche heißt Dorf". Das ist nicht etwa der Titel eines Polit-Krimis, sondern die Schlagzeile einer Fünfjahres-Zwischenbilanz, die der CDU-Landtagsabgeordnete Hans-Dieter Morgenstern, zusammen mit einem Journalisten, am Silvestertag 1977 in der Lübbecker Kreiszeitung gezogen hat. Ein Mann "der ersten Stunde" des neuen Kreises Minden-Lübbecke, der von 1973 bis 1975 im Kreistag des durch die Gebietsreform neugeschaffenen Großkreises auch seine ersten kommunalpolitischen Erfahrungen sammelte. Bittere Erfahrungen, wie die Zwischenbilanz ausweist, die vor allem das Auszehren jener ländlichen Gebiete deutlich macht, die, wie es in der Bilanz ebenso wörtlich wie deutlich heißt: "auf dem Altar falscher bürokratischer Vorstellungen geopfert" wurden.

    Hans-Dieter Morgenstern, der gelernte Industriekaufmann und Werbefachmann, ist konziliant, aber kein bequemer Partner auf der parlamentarischen Bühne, der es beim Bilanzieren in der Zeitung nicht beläßt, sondern zusammen mit den anderen Landtagsabgeordneten aus den ländlichen Räumen Landesregierung und Landtag immer wieder drängt, daß die planerischen Fehlprognosen der Gebietsreformer korrigiert werden, soweit das eben noch möglich ist.
    Eigentlich könnte er der Typ eines smarten Industrie-Lobbyisten auf dem parlamentarischen Parkett sein. Beruf und Auftreten des aus Düsseldorf stammenden aber in Ostwestfalen lebenden Verkaufsleiters eines internationalen Tabak-Konzerns lassen ebenso darauf schließen wie die Zielstrebigkeit, mit der der Newcomer im Düsseldorfer Landtag neben dem Landwirtschaftsausschuß vor allem einen Sitz im Wirtschaftsausschuß anpeilte. Aber solche Indizien trügen. Der politische Antrieb kam aus einer ganz anderen Ecke. Morgenstern, einer vom Jahrgang 1935 - also zehn Jahre alt, als der Zweite Weltkrieg in der Stunde Null endete, beruflich und politisch handlungsfähig erst, als die Kriegsfolgen auf vielen Gebieten bereits überwunden waren, zählt zu jenen Angehörigen einer neuen Generation, denen das berufliche Erfolgserlebnis allein nicht mehr genügte, die sich auch politisch zu engagieren bereit sind; allerdings aus ihrer Perspektive weder für Honoratioren noch für Kader-Parteien, sondern für mitgliederstarke, demokratisch fundierte Parteiorganisationen.
    Er entschied sich für die CDU und arbeitete dann sogleich beim Bundestagswahlkampf 1969 mit. Wahlkampf war für den jungen Mann, der berufliche Erfahrungen bei Werbeagenturen, Verlagen und in der Markenartikel-Industrie gesammelt hatte, echtes Marketing.

    Als er 1970 als Wahlkampfleiter für Gustav Niermann, Landwirtschaftsmeister und unter Regierungschef Franz Meyers, auch Landwirtschaftsminister, den Landtagswahlkampf der CDU im Wahlkreis 146 Lübbecke managte - er wurde zu Niermanns größtem Wahlerfolg in mehr als zwei Jahrzehnten -, da ahnte Morgenstern noch nicht, daß seine Parteifreunde ihn fünf Jahre später als dessen Nachfolger im Wahlkreis nominieren würden. Mit 51,6 Prozent der Wählerstimmen holte er den neugeschnittenen Wahlkreis 108 nicht nur wieder, sondern zum ersten Mal auch mit absoluter Mehrheit. Wie im Wahlkampf, so hat er sich auch in der parlamentarischen Tätigkeit voll engagiert und fragt sich langsam, wie lange die Doppelbelastung Beruf und Industrie auf der einen, Politik und Mandat auf der anderen Seite mit Gesundheit, Gewissen und Familie zu vereinbaren ist.
    Wer Morgenstern kennt, hat keine Befürchtungen, daß er auch diese Klippe überwinden wird. Zum Vollzeitparlamentarier allerdings, wie das Abgeordnetengesetz, das zur Zeit vom Landtag beraten wird, ab 1980, also nach der nächsten Landtagswahl, bestimmt, fühlt er sich nicht unbedingt berufen. Auch auf die Gefahr hin, seiner Gesundheit zuviel zuzumuten, möchte er den Beruf nicht gern an den Nagel hängen. In einem längeren Gespräch auf dem Flug von München nach Düsseldorf - es war der Rückflug von der diesjährigen Handwerksmesse in der Isar-Metropole - machte er seinem journalistischen Gesprächspartner klar, warum er ein Standbein im Beruf nicht aufgeben möchte. Erst die Kombination oder auch Konfrontation von politisch-parlamentarischer und beruflicher Erfahrung ergibt seiner Meinung nach jenes Spannungsfeld, das Voraussetzung dafür ist, maßstabsgerechte Politik zu machen. Ein sympathischer Zug an einem noch relativ jungen Politiker, der sich trotz eines Direktmandates wehrt, Polit-Profi zu werden.
    Karl Fischer

    ID: LI781428

  • Porträt der Woche: Georg-Wilhelm Mietz (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 12 - 12.05.1978

    " Stiehl dir was, dann hast du was - aber nimm niemandem was weg!" Der Großvater gab dem jugendlichen Georg-Wilhelm Mietz diese Lebensweisheit mit auf den Weg. Und: "Nie mit geschlossenen Augen durchs Leben gehen!" Georg- Wilhelm Mietz hat sich an beides gehalten und ist gut dabei gefahren-sowohl im Privaten wie im Beruflichen, wie in der Politik.
    Zum Beispiel: Er hat ein Haus gebaut, weitgehend in Eigenleistung. Fähigkeiten und Fertigkeiten hat erden Handwerkern abgesehen.
    Zum Beispiel: Er hat den Küferberuf erlernt, um später Exportkaufmann in der Weinbranche zu werden. Er wurde schließlich Polizist, weil er erkannt hatte, daß damals -1951 -dieBerufschanchen bei der Polizei besser waren, und weil er seine persönlichen beruflichen Neigungen doch besser glaubte verwirklichen zu können. Zum Beispiel: Aufmerksam hat er stets die Politik beobachtet, sich aber lange Zeit nicht einer Partei angeschlossen, weil er - der Polizeibeamte - der Meinung war und ist "In Behörden und Amtsstuben haben Parteibücher nichts verloren." - Ein Prinzip, das er auch auf die Medien angewendet wissen möchte. Auch heute noch findet der Parteimann Mietz den Proporz beängstigend; er müsse abgebaut werden, sagt er. Qualifikation sollte stets vor Parteibuch stehen. Für sich selbst gab er das Prinzip, keiner Partei anzugehören, nach der Bundestagswahl 1969 auf. Er sah im Ausgang dieser Wahl eine Linksdrift, gegen die er aktiv etwas tun wollte. Konsequent trat er am 1. Januar 1970 der CDU bei.
    "Stiehl dir was... aber nimm niemandem etwas weg. "Diesem Prinzip ist er bis heute treu geblieben. Nur einmal hat er jemandem was weggenommen: das war 1975, es ging um ein Landtagsmandat. Aber da hat er nicht gestohlen, sondern da wurde er gewählt.
    Bis dahin hatte er einen langen, ereignisreichen Lebensweg hinter sich. Einige Stichworte dazu: 1932 in der Nähe von Küstrin geboren. Als 13jähriger zum Volkssturm, Zivilgefangenschaft, Vertreibung nach Norddeutschland in die Holsteinische Schweiz. Realschulbesuch und Küferlehre. Hier kamen ihm seine musikalischen Neigungen und Fähigkeiten zustatten: Mit Akkordeon, Klavier und Trompete spielte er in Ausflugslokalen und besserte so die Haushaltskasse der Familie auf.
    Nach Nordrhein-Westfalen brachte ihn dann eine erfolgreiche Bewerbung bei der Polizei. Von 134 Bewerbern wurden vier angenommen - Mietz war dabei. Das war 1952. Bis 1961 Polizeidienst in Bochum. Dann wurde er auf eigenen Wunsch auf einen Einzelposten im Siegerland versetzt; den Sprößling aus einem Obst- und Gemüsebaubetrieb hielt es nicht in der Großstadt. Er wollte wieder in eine ländliche Umgebung, eine überschaubare Umwelt, in der ein Polizeibeamter die Möglichkeit hat, idealistische Vorstellungen von seinem Beruf zu verwirklichen. Dienst am Bürger zu leisten, Mädchen für alles zu sein.
    Die Popularität als stets hilfsbereiter "Sheriff" von Deuz (heute Teil der Großgemeinde Netphen im Siegerland) ermöglichte ihm dann auch den Senkrechtstartin der Politik: wie gesagt, 1970 CDU- Mitglied, 1975 schon im Landtag. Dafür mußte er aber seine Polizeiuniform bis auf weiteres an den Nagel hängen: die Inkompatibilität von Polizeidienst und Landtagsmandat zwang ihn dazu. Für seine Altersversorgung wirft das gewisse Probleme auf, aber daran mag der Vater von zwei Kindern heute noch nicht, denken.
    Wie der Polizeibeamte sieht auch der Landtagsabgeordnete Mietz seine Hauptaufgabe darin, dem Bürger, seinem Bürger, zu helfen, für ihn dazusein. Aus alldem ergeben sich fast zwangsläufig die Schwerpunkte seiner Landtagsarbeit: im Petitionsausschuß sieht er die Chance, Probleme des einzelnen schnell und unbürokratisch zu lösen. Daß der Polizeibeamte im Ruhestand im Innenausschuß sitzt und sich vor allem um die innere Sicherheit kümmert, ist fast selbstverständlich: " Wenn die Sicherheit nicht gewährleistet ist, setzen wir unsere Freiheit, eines der höchsten Güter unseres Staates, aufs Spiel."
    Stellvertretendes Mitglied ist er im Verkehrsausschuß und im Landwirtschaftsausschuß. Gerade für die Landwirtschaft engagiert sich der naturverbundene Neu- Siegerländer besonders. Einmal, weilder Bauer heute der wichtigste Natur- und Landschaftsschützer ist. Zum anderen, weil gerade die vielen Kleinbauern im kargen Siegerland Unterstützung brauchen. Immerhin gibt es in seiner Umgebung rund 800 landwirtschaftliche Nebenerwerbsstellen.
    Aber nicht nur für die Landwirtschaft seiner Wahlheimat engagiert ersieh. Als Verdienst rechnet er sich zum Beispiel an, eine Gesamtschule in seiner Heimatgemeinde Netphen verhindert zu haben. Eine überschaubare Schule hält er für sinnvoller als eine "Schulfabrik". Außerdem: In einer großflächigen Gemeinde wie Netphen ist eine "Streuung" der Schulen für die Kinder wie für den Steuersäckel nützlicher, den Kindern erspart sie lange Fahrzeiten, Vater Staat spart Fahrtkosten.
    Trotz seiner Sorge um kommunale Probleme hat er alle seine kommunalen Ämter und Mandate niedergelegt, um Ämterhäufung zu vermeiden. Er konzentriert sich auf den Düsseldorf er Abgeordnetenstuhl.
    Bernd Müller

    ID: LI781228

  • Porträt der Woche: Julius Louven (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 10 - 21.04.1978

    Er gehört zur Minderheit der Parlamentarier, die einen freien Beruf ausüben, und ist schon von daher eine Ausnahme im Parlament am Schwanenspiegel. Doch da er außerdem einen Sieben-Tage-Job hat und trotzdem sein Mandat und die Betreuung seines Wahlkreises am Niederrhein ernst nimmt, ist der CDU-Abgeordnete Julius Louven aus Kempen fast eine Rarität im Landtag. Der zurückhaltende, behutsam, aber bestimmt formulierende Bäcker- und Konditormeister macht allerdings keinen Hehl daraus, daß er diese ungewöhnliche Doppelbelastung nicht auf unabsehbare Zeit tragen kann: "Auf Dauer sind mein Mandat und die Ausübung dieses Berufes nicht vereinbar." Wobei der 45 Jahre alte Familienvater, der sein Geschäft in Krefeld hat, klar erkennen läßt, daß er im Fall der Wahl der Politik den Vorzug geben möchte.
    Warum selbständige Handwerksmeister leider mit ihrem Sachverstand kaum in deutschen Parlamenten mitreden, kann man gut am Arbeitstag von Julius Louven erklären. Der Konditor, der die Handwerkstradition seiner Familie in der fünften Generation fortführt, ist bereits in Morgenstunden an der Arbeit, in denen andere Politiker höchstens einmal im Wahlkampf aktiv werden. Bis auf einen Ruhetag in der Woche, an denen Louven sich um seinen Wahlkreis kümmert, aber auch an den Einkauf und die Buchführung denken muß, ist der Chef an allen anderen Werk- und Feiertagen in seinem Cafebetrieb gefragt, der schließlich auch von der Freizeit der Mitbürger leben muß. Diese Tätigkeit, die man in keine 40-Stunden-Woche pressen kann, ist für den CDU-Abgeordneten allerdings kein Alibi für Absagen an die Partei, für die NichtÜbernahme von Verpflichtungen im Wahlkreis, für mangelnde Präsenz im Landtag in Düsseldorf oder im Kreistag in Viersen. Die Mitbürger und Wähler würden es ebensowenig verstehen wie der Politiker Louven selbst, dem man glaubt, daß er für "halbe Sachen" nicht zu haben ist.
    Sein bei diesem Berufsfeld ungewöhnliches Engagement für die Politik wuchs aus Neigung und aus familiärer "Belastung": Bereits Julius Louvens Vater war als Zentrums-Politiker Bürgermeister in seiner Heimatgemeinde St. Hubert, und einer seiner Onkel saß für die F.D.P. im Rat. So trat er selbst 1958 nach den beiden Meisterprüfungen in seinem Handwerk der CDU bei, ohne den fast üblich gewordenen Weg über die Jugendorganisationen der Partei gemacht zu haben. Er begann fast klassisch an der "Basis", als Kassierer im Ortsverband, übernahm 1961 dort den Vorsitz und wurde von seiner Partei und den Wählern von 1962 bis 1969 in den Gemeinderat entsandt. Seit der Neugliederung vertritt er Kempen im Kreistag, in dem er stellvertretender Fraktionsvorsitzender wurde.
    Der Sprung in die Landespolitik glückte Julius Louven 1975. Er schlug bei der Nominierung als Gegenkandidat den damaligen CDU- Wahlkreisabgeordneten und erreichte bei der Landtagswahl rund 54 Prozent aller Wählerstimmen. Nach fast dreijähriger Arbeit im Landesparlament beurteilt er seine ersten Erfahrungen und seine ersten Erfolge realistisch: "Man muß Landtagsarbeit lernen, und ich habe wohl die Zwischenprüfung bestanden. " Erfahrungen machte und Erfolge hatte er im Ernährungsausschuß und im Sozialausschuß, deren Arbeit dem Handwerksmeister und Vater dreier Söhne liegt. Dort, in Gesprächen mit Beamten der entsprechenden Ministerien und in der Rückkopplung mit den praktischen Problemen in seinem Wahlkreis hat Julius Louven seine politischen Aufgaben gefunden, die ihm Freude machen. Daß dies alles möglich ist, verdankt er seinen Mitarbeitern und einer perfekten Zeiteinteilung, die es ihm ab und zu sogar erlaubt, mit den Söhnen ein paar Partien Tennis zu spielen oder - seltene Ausnahme - zu einem Eishockeyspiel zu gehen.
    Helmut Breuer

    ID: LI781016

  • Porträt der Woche: Lothar Theodor Lemper (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 8 - 10.03.1978

    Wenn es not tut, kann er wie ein alter Fuchs auf dem Feld der Politik agieren. Im Normalfall aber legt Lothar Theodor Lemper die Unbekümmertheit der Jugend an den Tag, die dem gerade 32 Jahre alt gewordenen CDU-Landtagsabgeordneten aus Brühl als herausragende Charaktereigenschaft nachgesagt wird. Unbekümmert zeigt er sich auch, wenn er beispielsweise in die häufigen hochschulpolitischen Debatten des Landtags in Düsseldorf eingreift, um dort, als Vertreter der mit den Zwängen des Numerus clausus konfrontierten Generation, Fehlentwicklungen zu verdeutlichen und Forderungen nach machbaren Lösungen zu unterbreiten.
    Nun ist Lothar Theodor Lemper zwar nicht der einzige Abgeordnete, der sich zu hochschulpolitischen Fragen äußert, aber es ist der Stil seines Engagements, der bemerkenswert ist. Er meldet sich jeweils erst nach gründlicher Vorbereitung und eingehendem Studium des Problems zu Wort und macht Analysen zur Grundlage seiner Forderungen. Diese Eigenschaft läßt sich auch aus seinem Werdegang ablesen.

    Lemper, der 1946 in Brauweiler bei Köln geboren wurde, erarbeitete sich sein Abitur auf der Abendschule, sicherte sich eine solide Berufsausbildung als kaufmännischer Angestellter und studierte erst dann an der pädagogischen Hochschule und der Universität in Köln. Als Diplom-Pädagoge und Hauptschullehrer konnte er, solange er noch nicht Landtagsabgeordneter war, auf die Erfahrungen eines intensiven Praktikums und natürlich der mehrjährigen beruflichen Tätigkeit zurückgreifen.
    Als 18jähriger trat er in die CDU ein. Die intensivere Beschäftigung mit der Politik, das Engagement in der Partei begann er freilich erst, als die Berufsvorbereitungen und das Studium schon weit gediehen waren und er Zeit erübrigen konnte. Daß ihm sehr bald Ämter übertragen wurden, hatte er zunächst nicht einkalkuliert.
    Im Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) war Lemper zeitweilig stellvertretender Bundesvorsitzender und dann Landesvorsitzender in Nordrhein-Westfalen, die Junge Union wählte ihn in den rheinischen Landesvorstand, die Rheinische CDU übertrug ihm ebenfalls Ämter. Derzeit ist er unter anderem Ortsvorsitzender in Brühl, Fraktionsvorsitzender im Kreistag des Erftkreises und natürlich in erster Linie Landtagsabgeordneter.
    Dennoch findet er immer genügend Zeit für ein Privatleben: Sport, Lesen, Kinobesuche und gutes Essen. Hätte er keine Zeit mehr, häufig genug ins Schwimmbad zu gehen, ein gutes Buch in Ruhe zu lesen, würde er sich fragen, ob er seine politischen Mandate rationell genug ausübe oder reduzieren müsse.

    In der Hochschulpolitik seiner Partei hat er inzwischen Positionen erarbeitet, um die spätestens im nächsten Wahlkampf heiße Auseinandersetzungen mit dem politischen Gegner entbrennen werden. Lemper will ein gegliedertes Hochschulsystem, das allein den Anforderungen eines differenzierten und arbeitsteilig organisierten Sozialsystems entsprechen soll. Auch das Studienplatzangebot will er an den Entwicklungen der Berufsstrukturen und des Arbeitsmarktes orientiert sehen: "Sonst wecken wir bei jungen Leuten Ansprüche, die nicht erfüllt werden können."

    Als Lemper 1975 bei seiner ersten Kandidatur für den Landtag sofort der SPD das Direktmandat abnahm, kehrte er gewissermaßen in den Landtag zurück: 1966 wurde er im Plenarsaal als Gewinner eines landesweiten Aufsatzwettbewerbs ausgezeichnet.
    Klaus Simson

    ID: LI780805

  • Porträt der Woche: Hans Litterscheid (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 6 - 27.02.1978

    Er ist einer von den Abgeordneten, denen die Politik "uneingeschränkt Spaß macht", und er resümiert "manches befriedigende Erlebnis und viele Freundschaften". Doch diese positive Einschätzung gilt für Hans Litterscheid (56) in erster Linie auf der kommunalen Ebene: "Das ist die Schule der Demokratie." Im Landtag, dem der CDU-Mann aus Langenfeld seit 1975 angehört, fühlt er sich "vielleicht etwas frustriert", weil er hier "mehr harte parteipolitische Konfrontation als persönliches Miteinander zum Wohle des Bürgers" gefunden hat.
    Das sagt jemand, der weiß, wovon er redet. Denn Hans Litterscheid ist bereits seit 25 Jahren auf politischem Feld aktiv. Nachdem er 1946 aus britischer Gefangenschaft nach Hause gekommen war, trat er gleich der CDU bei, weil es "mich reizte, am Neuaufbau unseres Gemeinwesens mitzuwirken". 1952 kam er in den Kreistag des damaligen Rhein-Wupper-Kreises, vier Jahre später in den Rat der Stadt Langenfeld. Hier wurde er 1960 zum Bürgermeister gewählt, was er bis heute geblieben ist.
    Die vergangenen 17 Jahre auf dem Sessel des Ratsvorsitzenden der schmucken 47000-Einwohner-Stadt in der Rheinebene zwischen Köln und Düsseldorf waren für ihn "besonders fruchtbar". In die Amtszeit des Bürgermeisters Litterscheid fällt die Ansiedlung 3000 neuer Arbeitsplätze ebenso wie der 1969 erfolgte Anschluß an das S-Bahn-Netz, der Bau einer zweiten Realschule, Ausbau des Gymnasiums auf sechs Züge und der im letzten Herbst fertiggestellte Rathausneubau. Auf das landschaftstypisch schieferverkleidete "Bürgerhaus", in dessen Tiefgarage die Besucher ebenso wie die Beamten parken dürfen und in dessen Sitzungssaal auch Konzerte, Vorträge und Filmabende stattfinden, ist er besonders stolz. Es fördert für ihn das, was er stets gesucht hat - die Bürgernahe.
    Den Sprung auf eine höhere parlamentarische Ebene schaffte der langgediente Kommunalpolitiker erst im dritten Anlauf. 1965 war ihm das Bundestagsmandat durch 242 fehlende Stimmen entgangen. 1970 fehlten ihm zum Einzug in den Landtag auch nur 747. Doch 1975 war es dann soweit: Hans Litterscheid zog mit 2469 Stimmen Vorsprung als direkt gewählter Abgeordneter ins Haus am Schwanenspiegel ein. Der von ihm maßgeblich betriebene Anschluß an die S-Bahn kommt ihm dabei sehr entgegen. In 20 Minuten bringt ihn die Bahn nach Düsseldorf, der Wagen bleibt in der Garage.
    Im Landtag arbeitet er im Innenausschuß mit, "weil mich Polizeiaufgaben und innere Sicherheit stets sehr interessiert haben", und gehört auch dem Verkehrsausschuß an, da der öffentliche Personennahverkehr für ihn zum "Steckenpferd" geworden ist. Seine große kommunalpolitische Erfahrung nützt ihm nach eigenem Bekunden bei allen Beratungen und Gesprächen sehr. Und so möchte Hans Litterscheid auch 1980 "wieder das Direktmandat für die CDU holen", weil ihm Wahlkampf "inzwischen richtig Vergnügen" bereitet und die Frustration "so groß nun auch wieder nicht" ist.
    Der gelernte Industriekaufmann, der 1960 bei der Übernahme des Bürgermeisteramtes "bewußt auf beruflichen Aufstieg verzichtet" und der wegen der Doppelbelastung durch Kommunal- und Landespolitik auch kürzlich seine Prokura in einem Maschinenbaubetrieb abgegeben hat, ist verheiratet und hat eine Tochter, die in Münster Psychologie studiert. Die wenige verbleibende Freizeit widmet er dem Schützenwesen. Hans Litterscheid ist Bundesmeister der historischen Schützenbruderschaften.
    Karlegon Halbach

    ID: LI780620

  • Porträt der Woche: Karl-Heinz Jansen (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 4 - 07.02.1978

    Seine Wahl in den Landtag wertet Karl-Heinz Jansen (35) nicht in erster Linie als Anhebung des persönlichen Prestiges. Die Verpflichtung, die er eingegangen ist, ernst zu nehmen, seinen Wählern das Gefühl zu geben, für sie dazusein, findet er wichtiger. Jansen, CDU- Abgeordneter aus Mönchengladbach, ist für die Bürger seines Wahlkreises stets ansprechbar. Bei seinen Bemühungen, Mitmenschen die Bewältigung ihrer Probleme zu erleichtern, sieht er sich oft als "Klinkenputzer" beim Regierungsapparat.
    Jansen hat vor Antritt seines Mandates einen schnellen beruflichen Aufstieg hinter sich gebracht. Mit 30 Jahren war er bereits Rektor einer großen Grundschule. Die Aufgabe des Abgeordneten ist für ihn Fulltime-Job, aber nach seinem Beruf gefragt, würde er sich nie als Berufspolitiker bezeichnen. Er ist Lehrer aus Berufung. Die Sorge, als Parlamentarier die Beziehung zur Basis, zum pädagogischen Alltag, zu verlieren, bedrückte ihn nur eine Weile. Heute hält er Kontakt zu dieser Basis mit sechs Wochenstunden in den Fächern Deutsch und Politik an einer Privatschule.
    Jansen, Ortsvorsitzender der Jungen Union in Mönchengladbach, kam über die Sozialausschüsse der CDU zur Politik. Daß er sich der Arbeitnehmerschaft besonders verpflichtet fühlt, hat seinen persönlichen Hintergrund auch in der familiären Herkunft. Er schämt sich nicht, aus kargen Verhältnissen zu stammen. Vielmehr bezieht er daraus die Motivation seines Einsatzes für die Schwächeren und Behinderten. Jansen wuchs als Halbwaise auf. Seine Mutter schlug sich mit ihren beiden Söhnen als Putzfrau durch. Einem CDU-Bundestagsabgeordneten verdankte er ein Stipendium fürs Gymnasium.
    Was ihn heute gelegentlich frustriert, ist die Kompromißlosigkeit der Auseinandersetzung zwischen Regierungsparteien und Opposition, das zeitweise vergiftete politische Klima. Als Mönchengladbacher Ratsherr erlebt er die Möglichkeit des konstruktiven Miteinander über die Parteigrenzen hinweg öfter als im Landtag.
    Karl-Heinz Jansen, mit einer Berufskollegin verheiratet, ist Vater einer vierjährigen Tochter und eines drei Monate alten Sohnes. Er hat Kinder sehr gern, so bekennt er, und das drückt sich auch in seinen literarischen Neigungen aus. Er schreibt Kindergedichte und -geschichten. An der eigenen Tochter erfährt er dabei, ob er die kindliche Psyche sprachlich zu begreifen und zu erreichen vermag.
    Bei aller Fraktionsdisziplin ist Jansen überzeugt, sich einen ausreichenden Spielraum für die persönliche und politische Unabhängigkeit erhalten zu können, auch wegen der beruflichen Absicherung als Beamter mit dem Anspruch auf Wiedereinstellung nach der Abgeordnetenzeit.
    Ohne Humor wären ihm Arbeit und Freizeit unerträglich. In diesen Tagen fiel sein Bart dem Rasiermesser zum Opfer: Jansen tritt als "Ballett-Ratte" kostümiert im Karneval auf.
    Er ist Mitglied des Landtagsausschusses "Jugend, Familie und Politische Bildung" und des Hauptausschusses mit Zuständigkeit für den Sachbereich Publizistik. Das Pressewesen interessiert ihn. Dort gelegentlich mitzuarbeiten, reizt ihn als Möglichkeit, Kreativität zu entwickeln. Aber trotz dieser idealistischen Sicht des Mediums Zeitung bleiben die Probleme der Pressekonzentration nicht unbeachtet.
    Hermann Richter

    ID: LI780412

  • Porträt der Woche: Heinz Küpper (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 2 - 23.01.1978

    Die Wahl in den Landtag war für den CDU-Abgeordneten Heinz Küpper nicht mit einem Sprung ins kalte Wasser vergleichbar. Er wußte vorher, in welches Element er tauchen würde. Denn einem Leistungssportler gleich hat sich der 42jährige vor seiner Kandidatur im Wahlkreis Euskirchen II gründlich auf das Terrain vorbereitet, auf dem er seine kommunalpolitische Arbeit fortsetzen wollte.

    In der Kommunalpolitik hatte er 1975 schon einiges vorzuweisen. 1961 wurde er für die CDU in den Kreistag gewählt, 1964 zusätzlich in den Stadtrat von Erftstadt und 1969 in die Landschaftsversammlung Rheinland. Dem Euskirchener Kreistag gehört er noch immer an, und zwar als Fraktionsvorsitzender, und mit 42 Jahren ist er dienstältestes Mitglied seiner Fraktion.

    Aus diesen Tätigkeiten lassen sich zwei Dinge ablesen, die für Heinz Küpper charakteristisch sind; nämlich Zuverlässigkeit und Beharrlichkeit. Hinzu kommt eine Begabung fürs Politische, von der er schon als 16jähriger - damals war er eines der jüngsten Mitglieder der Jungen Union - profitierte. Zunächst aber widmete sich der Sohn eines Maschinenschlossers aus Weilerswist nach Abitur und Studium an der Pädagogischen Hochschule seinem Beruf. Und auch das erfolgreich: 1966 war er schon mit 31 Jahren Rektor einer Hauptschule.

    Wenn Küpper über seine politische Tätigkeit spricht, will er niemandem einreden, daß er Erfolge wie selbstverständlich erreicht hat. Er verdeutlicht auch die Arbeit, die dahintersteckt, läßt auch keinen Zweifel daran, daß politische Ziele nur durch beharrliche Überzeugungskraft erreicht werden können.

    Als Landtagsabgeordneter, der sich der Schulpolitik seines Berufs wegen und den Belangen des ländlichen Raums seiner kommunalpolitischen Erfahrung wegen verschrieben hat, kann er von der Mühsal der Überzeugungsarbeit ein besonderes Lied singen. Immer wieder sucht er Ansätze, Machtzuwachs bei der Bürokratie zu verhindern und Verwaltungen in die Rolle der Dienstleistungsbetriebe für den Bürger zu zwingen. In mannigfachen Diskussionen innerhalb der Fraktionsarbeitskreise und der Ausschüsse wirbt er um Verbündete, um die Benachteiligungen des ländlichen Raumes zu vermindern.

    Küpper, selbst Vater zweier Kinder, sieht beispielsweise nicht ein, warum Eltern auf dem Land Fahrgeld aufbringen müssen, um ihre Kinder in den Kindergarten zu befördern. In derartigen Diskussionen, in Anfragen an die Regierung und in Gesprächen mit den Ministerien wird auch immer Küppers Bekenntnis zur christlichen Soziallehre deutlich. An ihr orientiert sich, soweit das von ihm im Landtag dargestellt werden kann, auch seine politische Aktivität.

    Bei dieser Einstellung darf es nicht wundern, wenn Küpper den Mangel an Humor beklagt, der in der Politik festzustellen ist. Politik aber scheint ein so ernstes Geschäft geworden zu sein, daß fast jedem das Lachen vergeht. Küpper sucht daher auf seine Weise Entspannung: beim Angeln im gemieteten Forellenteich, in erster Linie aber bei der Familie und bei Wanderungen durch die Eifel mit seinen Kindern und dem Hund.

    Klaus Simson

    ID: LI78021B

  • Porträt der Woche: Ernst Kraft (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 32 - 19.12.1977

    Ernst Kraft zählt nicht zu den auffälligen Politikern des Düsseldorfer Landtages. Der 53jährige CDU-Abgeordnete aus dem münsterländischen Selm macht keine Schlagzeilen in der nordrhein-westfälischen Landespolitik. Aber er zählt zu jener gewichtigen Gruppe im Parlament, die in den Ausschüssen initiativ wirken und "vor Ort" immer dort helfen, wo die Bürger der Schuh am empfindlichsten drückt. So sind sie Volksvertreter im wahrsten Sinne des Wortes.
    Der gelernte Former kam wider Willen in die Politik. Als er nach dreijähriger russischer Kriegsgefangenschaft 1948 heimkehrte, hatte er "die Schnauze voll von Parteien", wie sich Kraft heute erinnert. Sein Engagement beschränkte sich auf die Industriegewerkschaft Metall und die Katholische Arbeiter-Bewegung, wo er schnell in verschiedene Gremien gewählt wurde. Noch heute ist der Gewerkschafter Betriebsratsvorsitzender in einer Stahlgießerei und KAB-Sprecher im Bezirk Beckum/Lüdinghausen.
    Als dann 1952 die CDU den noch Parteilosen bat, für sie in der früheren Bergarbeitergemeinde mit SPD-Mehrheit zu kandidieren, sagte er nach längerem Zögern "ja". Kraft schaffte den Sprung in das Kommunalparlament und später, als die CDU die Sozialdemokraten überflügelte, wurde er Bürgermeister - in einer Gemeinde, die noch unter den Folgen der Zechenstillegung im Jahre 1926 litt und deren Einwohnerzahl nach Kriegsende sprunghaft von 10000 auf 16000 gestiegen war. Das "Armenhaus Nordrhein-Westfalens", wie die nach Verleihung der Stadtrechte im letzten Monat jüngste Stadt damals hieß, steckte voller Probleme. Wellblechbaracken und Kopfsteinstraßen gehörten zum Alltagsbild in dem Ort zwischen Münster und Dortmund. Das "Armenhaus" ist inzwischen ein solides Gebäude mit vielfältigen öffentlichen Einrichtungen geworden, und dazu hat der langjährige Burgermeister wesentlich beigetragen. Sein Wirken war auch dort meist unauffällig, Repräsentationspflichten sind ihm ohnehin ein Greuel. Um so mehr pflegte er den Kontakt mit dem Mann auf der Straße.
    Und die Warnung des Kommunalpolitikers Kraft vor einer radikalen Reform der Gemeindeordnung dürfte zumindest in seiner eigenen Fraktion nicht überhört werden. "Wir haben die beste aller Bundesländer", meint er und fügt allerdings hinzu, daß sie um ein stärkeres Mitspracherecht der Bürger ergänzt werden sollte. Vehement lehnt der Parlamentarierer die Abschaffung der Doppelgleisigkeit in der Gemeindespitze ab. Sie hätte die Verbeamtung des ersten Bürgers der Kommune zur Folge.
    Neben der Kommunal- ist die Sozialpolitik das dominierende Wirkungsfeld des 1975 im Wahlkreis des heutigen münsterischen Regierungspräsidenten Dr. Möcklinghoff gewählten CDU-Abgeordneten.
    Und hier wiederum liegt ihm die Verbesserung der Lage älterer und hilfsbedürftiger Menschen besonders am Herzen. Mit dem SPD-Sozialminister Farthmann sieht er daher den flächendeckenden Ausbau der Sozialstationen als einen entscheidenden Beitrag zur Lösung dieses wachsenden Problems an. "Wir müssen diesen Mitbürgern die Möglichkeit geben, in ihrer vertrauten Umgebung zu bleiben." Damit entlaste man gleichzeitig die Altenheime. Die Sozialstationen will Kraft vornehmlich in freier Trägerschaft sehen.
    Der CDU-Abgeordnete war früher ein begeisterter Sportflieger, heute füllen Politik und Familie die engbegrenzte Freizeit aus. Kraft ist mit zwölf Söhnen und Töchtern der kinderreichste Landtagsabgeordnete. Mag sein, daß aus der Sorge für diese Großfamilie auch die Verpflichtung gegenüber der größeren Gemeinschaft gewachsen ist.

    Jochen Jurettko

    ID: LI77320C

  • Porträt der Woche: Helmut Harbich (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 30 - 05.12.1977

    Die "niederrheinische Mentalität der Menschen zwischen Holland und Westfalen und die Vorfahren aus dem Grenzland Mähren haben ihn geprägt, das juristische Studium in Freiburg und Münster formte den Politiker, und die "dritte Heimat" am Niederrhein, in Mönchengladbach, gab Helmut Harbich jene rheinische Toleranz, die den CDU-Abgeordneten davor bewahrte, ein eifernder Ideologe zu werden. Denn ohne die Tugend und Kunst des "Leben und leben lassen" hätte er nicht das Wahlkreis-Erbe von Franz Meyers weiterführen können, hätte Harbich nicht den Wahlkreis 33 bei der letzten Landtagswahl so erfolgreich erobert. Denn sonst gibt es nicht nur äußerlich große Unterschiede zwischen dem jovialen Ex-Ministerpräsidenten und Helmut Harbich, der vor allem im kleinen Kreis seine Kompetenz und seine Sachlichkeit zu demonstrieren vermag.
    Geboren wurde der Mönchengladbacher Abgeordnete 1932 in Schnobolin im Kreis Olmütz als Sohn eines Schlossers, dessen Vorfahren seit 300 Jahren im Sudetenland seßhaft waren. Die Vertreibung spülte Helmut Harbich mit der Familie zufällig nach Alpen am Niederrhein, wo der Junge von der Schule, den Schulkameraden, dem Fußballverein und den Gymnasialjahren in Moers geprägt wurde. Nach den beiden juristischen Staatsexamen wurde der "Flüchtling", der das Glück hatte, sich nie als ein solcher in seinem Dorf fühlen zu müssen, Richter. Doch schnell merkte Harbich, der bereits während des Jura-Studiums volkswirtschaftliche Vorlesungen gehört hatte, daß ihm Organisationsaufgaben und Verbandsarbeit mehr zusagten. Er fand dann bei der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach als Geschäftsführer einen Wirkungskreis, in dem er seine Fähigkeiten und Neigungen unter Beweis stellen konnte. Diese Verbandskarriere, in der er zuletzt Hauptgeschäftsführer war, unterbrach dann die Politik.
    1968 war Helmut Harbich "mehr zufällig" zur CDU gestoßen, die wenig später in Bonn in die Opposition geschickt wurde und Abschied von der Honoratiorenpartei nehmen mußte. Auch in Mönchengladbach, wo die absolute Mehrheit der Christlichen Demokraten nie in Gefahr war, wurde dieser Umbruch durch starken Mitgliederzuwachs und die Ablösung älterer Parteiführer schnell wirksam. Der fleißige Organisator Harbich hatte es in diesem Wandel nicht schwer, bereits 1969 in den Stadtrat zukommen, dem er noch heute angehört. Das Vorstandsmitglied der CDU in der um Rheydt erweiterten Großstadt wurde dann 1975 direkt in den nordrhein-westfälischen Landtag entsandt.
    Wie im Wahlkreis vor Ort nutzte seine Fraktion auch in Düsseldorf die Fähigkeiten Harbichs und berief ihn in den Finanzausschuß sowie in den Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales, wo er sich besonders für das Problem der arbeitslosen Jugendlichen einsetzt. Hauptaufgabe aber ist für Harbich die Vertretung seines Wahlkreises, seiner Mitbürger in der Landeshauptstadt, in der trotz der geringen Entfernung zu Mönchengladbach "die Probleme des niederrheinischen Grenzraums und seiner mit großen Schwierigkeiten kämpfenden Textilindustrie oft übersehen werden", während vergleichbare Wirtschaftsprobleme im Ruhrgebiet bundesweite Aufmerksamkeit fänden. Der Familienvater, der sich besonders der mittelständischen Wirtschaft, dem "kleinen Unternehmer" verpflichtet fühlt, konnte da oft eine Brücke des Verständnisses schlagen.
    Und auch das Aushängeschild Mönchengladbachs, der Bundesliga-Star Borussia, kann Harbich und seinen Mönchengladbacher Landtagskollegen dankbar sein: Nach langen, geduldigen Bemühungen fließen jetzt Gelder des Landes für den Ausbau der Tribüne im Stadion am Bökelberg, wo der ehemalige Fußballer Helmut Harbich kein Spiel versäumt. (Helmut Breuer)

    ID: LI773017

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Die Fraktionen im Landtag NRW