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  • Porträt der Woche: Michael Breuer (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 4 - 28.03.2007

    Mit jungenhaftem Lachen gesteht Michael Breuer: "Der Machtwechsel in Düsseldorf war ein politischer Traum von mir, und ich wollte dabei sein, wenn es klappt." Tatsächlich ist nicht nur der politische Traum des CDU-Politikers aus dem Rhein-Erft-Kreis Wirklichkeit geworden, sondern für den ebenso strebsamen wie agilen Unionsmann hat sich der Entschluss ausgezahlt, in NRW zu bleiben und nicht, wie er überlegt hatte, nach Berlin zu gehen. Auf der Karriereleiter ist der CDU-Politiker ein gutes Stück nach oben gestiegen.
    Denn seit dem Machtwechsel ist Michael Breuer Minister für Europa- und Bundesangelegenheiten, also Verfechter der NRW-Interessen in Brüssel und Berlin. Zugleich hat er sich zu einer Art Allzweckwaffe für Ministerpräsident Jürgen Rüttgers entwickelt. Er gilt als enger Vertrauter des Regierungschefs und hat sich den Ruf des "Ausputzers" erworben. Im neuen Amt braucht der Minister viel Zeit für die Koordinierungsarbeiten. "Mir ist es wichtig, die nordrhein-westfälischen Interessen wirksam zu vertreten", umreißt Breuer seine Regierungsaufgabe. Dabei sei die Arbeit im nur 190 Kilometer entfernten Brüssel viel konkreter als zunächst vermutet. "Zumeist sind handfeste nordrhein-westfälische Interessen im Spiel, und ich bin mir sicher, dass wir heute auf einem besseren Weg sind als es die vorige Regierung war", so der CDU-Mann. Auch im Bund ist der Minister mit dem bislang Erreichten zufrieden.
    Dass er mit seinem Studium der Volkswirtschaftslehre an der Bonner Universität und seiner Ausbildung und Tätigkeit als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer das richtige Rüstzeug für seine Politikerkarriere mitgebracht hat, erweistsich immer wieder. Als Breuer 1995 die gebotene Chance ergriff und sich für ein Landtagsmandat aufstellen ließ, verhalf ihm seine Vorbildung zu einem ausgezeichneten Start in der NRW-Landespolitik. Vom Fraktionsvorstand wurde ihm die Mitarbeit im mächtigen Haushalts- und Kontrollausschuss angeboten, ohne dass er sich für die Aufgabe beworben hätte: "Das war keine Selbstverständlichkeit, sondern schon eine besondere Auszeichnung."

    Bodenhaftung

    Dabei war der Weg zum Berufspolitiker für ihn nicht zwingend vorgegeben. Zwar war das Elternhaus durchaus politisch interessiert und der Vater hat für einige Zeit im Stadtrat der Gemeinde Lechenich mitgearbeitet, aber er könne nicht sagen, dass sein Vater ihn zur CDU gebracht habe, meint Breuer. Ausschlaggebend sei vielmehr der politische Diskurs am Gymnasium gewesen, der ihm die Politik nahe gebracht habe. Er sei dann mit 18 in die Junge Union und die CDU eingetreten.
    "Danach war erst einmal Pause mit Politik", meint der Christdemokrat. Aber während des Studiums in Bonn habe er sich wieder politisch engagiert. Er sei Kreisvorsitzender der Jungen Union (JU) geworden. Dabei habe er keineswegs geplant, Berufspolitiker zu werden. Parallel zum Studium habe er im Institut für Mittelstandsforschung gearbeitet. Nach dem Examen als Diplom-Volkswirt und zusätzlichen Ausbildungen als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer war er bei einer großen Wirtschaftsprüfungsund Beratungsgesellschaft beschäftigt.
    Trotz des ständigen Termindrucks als Minister hat Michael Breuer den Vorsitz des CDU-Bezirksverbands Mittelrhein beibehalten und ist auch weiterhin Kreisvorsitzender der CDU Erftkreis. Auch für die Wahlkreisarbeit findet der 41-Jährige noch Zeit. "Es ist nicht ganz einfach, aber ich schaffe es, vor Ort präsent zu sein", beteuert der CDU-Politiker. Für Hobbys bleibt da kaum noch Zeit. "Ich versuche zu joggen. Das klappt aber nur im Frühjahr und im Sommer. Für Fußball interessiere ich mich leider auch nur noch ab und an als Zuschauer." Zum Entspannen liest Michael Breuer vor allem in den Ferien Kriminalromane. Das wichtigste ist für ihn jedoch die Familie. Michael Breuer ist sei 1994 verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter. "Meine Frau trägt alles mit. Anders ginge es gar nicht", beteuert er. Sofern er nicht in Berlin oder Brüssel ist, fährt er täglich nach Hause. Der Minister: "Das ist ja keine Entfernung. Außerdem kann ich im Auto arbeiten, weil ich nicht mehr selber fahre."
    Autorin: Gerlind Schaidt

    ID: LIN03041

  • Porträt der Woche: Maria Westerhorstmann (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 14 - 20.12.2006

    Im Handbuch des NRW-Landtags hat Maria Westerhorstmann als Beruf "Bäuerin" eintragen lassen. Die altmodisch klingende Bezeichnung hat sie bewusst gewählt, denn mit "Hausfrau" wäre ihre Tätigkeit auf dem Familienhof im ostwestfälischen Delbrück nur unzureichend beschrieben und "Landwirtin" klingt ihr viel zu technokratisch und leblos. "Bäuerin - das zeigt die ganze Vielseitigkeit des Berufs." Die Bäuerin muss im Stall aushelfen, die finanzielle Situation im Griff haben und mit entscheiden können, ob sich eine kostspielige Investition wie ein neuer Schlepper auch lohnt.
    Doch seit gut einem Jahr hat die 54-jährige mit dem leuchtend rot-goldenen Haarschopf nur noch selten Gelegenheit, über den Hof zu gehen, zu gucken, wie der Weizen steht und ob die Schweine zufrieden sind. Das Landtagsmandat, das die CDU-Politikerin am 22. Mai vorigen Jahres mit dem landesweit besten Ergebnis von 65,2 Prozent errang, ist zu einem Full-Time-Job geworden. Zu den Sitzungen von Arbeitskreisen, Ausschüssen, Fraktion und Plenum in Düsseldorf kommen noch die Verpflichtungen im westfälisch-lippischen Landfrauenverband, im Frauenrat NRW und in den Gremien ihrer Partei hinzu. Das schafft Maria Westerhorstmann nur, weil sie gelernt hat, ihren Haushalt zu rationalisieren und weil die Dinge für sie auch eine andere Wertigkeit haben: "Ich muss nicht mehr alle zwei Wochen alle Fenster putzen."
    Maria Westerhorstmann ist ein Schnellstarter in der Politik. Der CDU gehört sie zwar bereits seit 1993 an, aber näheren Kontakt zu der Partei hatte sie erstmals im Jahr 2000. Bis dahin beschränkte sich ihr ehrenamtliches Engagement auf die Mitarbeit in den verschiedenen landwirtschaftlichen Verbänden. "Politik war gar nicht mein Thema, das habe ich meinem Mann, Ratsmitglied in Delbrück, überlassen."
    Doch dann wurde sie von Honoratioren der CDU im Kreis Paderborn gefragt, ob sie nicht für den Bundestag kandidieren wolle. "Zunächst habe ich das gar nicht ernst genommen", erinnert sich Westerhorstmann. Doch nach Gesprächen mit der Familie habe sie sich gesagt: "Warum eigentlich nicht?" Am Beginn der politischen Karriere stand dann eine Niederlage. Denn so fortschrittlich, dass sie eine aussichtsreiche Kandidatur einer Frau überlassen, waren die CDU-Männer im konservativ-katholischen Hochstift noch nicht und so meldeten sich eine Reihe weiterer Interessenten.
    Wahlmarathon
    Auf dem Kreisparteitag im November 2001 reichten dann die Stühle nicht, um allen CDU-Mitgliedern einen Sitzplatz zu verschaffen und Maria Westerhorstmann, die im ersten Wahlgang noch vorne gelegen hatte, verlor in der zweiten Abstimmung knapp mit 13 Stimmen. Doch die energische Bäuerin hatte Spaß am politischen Geschäft gefunden. Sie wurde zur stellvertretenden CDU-Vorsitzenden im Kreis Paderborn gewählt, übernahm den Vorsitz der Frauen-Union in Ostwestfalen-Lippe und dann "war es keine große Aktion mehr", als ihr die Kandidatur für den Landtag angeboten wurde.
    Ihr wichtigstes Ziel in der Politik ist es, die Menschen zu stärken: "Wir müssen ihnen die Möglichkeit geben, ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen." Unser Land leide darunter, "dass wir uns selbst ständig bemitleiden".
    Als frauenpolitische Sprecherin ihrer Fraktion setzt sie sich dafür ein, dass Frauenthemen nicht nur im Frauenministerium und im entsprechenden Ausschuss bearbeitet werden, sondern in den Fachministerien, etwa im Gesundheits- oder im Arbeitsressort. Dabei kämpft sie dafür, dass Frauen für die gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten wie Männer und dass für beide Familie und Beruf besser miteinander vereinbart werden können. "Dass Frauen keine Kinder mehr bekommen wollen, ist nicht die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Zukunft."
    Peter Jansen

    ID: LIN02595

  • Porträt der Woche: Hendrik Wüst (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 11 - 25.10.2006

    Papst, Bäcker, Lokomotivführer, Rechtsanwalt und Förster - die Liste der verworfenen Lebensentwürfe von Hendrik Wüst ist lang und illuster. Dafür, dass das Ziel Berufspolitiker erst ganz am Ende dieser Reihe stand, hat der jüngste CDU-Landtagsabgeordnete einen veritablen Senkrechtstart hinter sich. Nicht einmal ein Jahr im Düsseldorfer Parlament, berief Jürgen Rüttgers den seinerzeit 30-Jährigen Anfang dieses Jahres zum Generalsekretär der NRW-CDU und damit zu seinem wichtigsten Mann in der Parteizentrale. Die Tatsache, dass der Parteitag, der Wüst jüngst bestätigte, in Münster stattfand, vollendete auch symbolisch einen Kreisschluss.
    Denn der vorläufige Höhepunkt der Karriere Wüsts wurde in der Metropole jener Region besiegelt, in der seine familiären Wurzeln liegen und wo er auch heute noch zu Hause ist. Geboren 1975 als jüngstes von drei Kindern im westmünsterländischen Örtchen Rhede, verliefen Kindheit und Jugend glücklich wie unspektakulär: Der junge Hendrik war ein klassischer "Draußenjunge" und spielte lieber mit seinen Freunden im Wald als zur Schule zu gehen. Schon früh besaß er einen sehr ausgebildeten Gerechtigkeitssinn. Als beispielsweise die ganze Klasse nachsitzen sollte, obwohl nur ein Mitschüler mit Murmeln im Unterricht gespielt hatte, protestierte Wüst ebenso wie später als Jugendlicher, als in seiner Schule Kopierkosten eingeführt werden sollten. Dass er sich später für ein Jura-Studium entschied, war die konsequente Fortsetzung dieses roten Fadens.
    Das Umfeld für den konkreten Einstieg Wüsts in die Politik bildeten die turbulenten Jahre der europäischen Wendezeit 1989 - 1991. Die Konsequenz, mit der der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl die Initiative ergriff und die Chance auf die deutsche Einheit nutzte, fand der damalige Schüler "überzeugend" und "imponierend". Im Sommer 1990 lernte Wüst bei einem Besuch in Neubrandenburg die DDR noch in ihren letzten Zügen kennen, wenig später gehörte er zu den Mitgründern der Jungen Union in seiner Heimatstadt und wurde kurz darauf deren Vorsitzender.
    Von nun an stand an jedem Donnerstag Politik auf der Tagesordnung, wurden aktuelle Themen von lokal bis global durchdekliniert und Streitkultur erlernt. Für Wüst ging es rasch aufwärts. Schon bei den folgenden Kommunalwahlen 1994 errang er noch vor dem Abitur ein Stadtratsmandat. Der Aufstieg auf die Landesebene erfolgte 1998 als Schatzmeister der Jungen Union, deren Vorsitz er 2000 übernahm und den er in wenigen Wochen abgibt. Ende der neunziger Jahre gab es auch Wüsts erste Kontakte zu Jürgen Rüttgers, Helmut Linssen und Christa Thoben, die sich seinerzeit einen heftigen Kampf um die Führung der NRW-CDU lieferten - und heute friedlich vereint am Düsseldorfer Kabinettstisch sitzen.
    Als Wüst 2002 als Referendar bei einer Unternehmensberatung arbeitet, deren Syndikus und Bevollmächtigter in Berlin er 2004 wird, steht er mit seiner politischen Karriere vor einem Scheideweg, zumal er 2004 bei seiner Kandidatur für das Europaparlament parteiintern unterliegt. Nur wenige Wochen später wird allerdings überraschend sein Heimatlandtagswahlkreis Borken I frei, und diese unerwartete Chance nutzte Wüst.
    Zumal er bereits zu diesem Zeitpunkt das Gefühl hatte, "dass wir eine Riesenchance hatten, die Wahl zu gewinnen". Eine Vorahnung, die nicht trog. Mit einem mit 58,3 Prozent errungenen Direktmandat leistete Wüst am 22. Mai 2005 auch einen überzeugenden persönlichen Beitrag zum CDU-Sieg. Auch in der Fraktion machte er rasch von sich reden: Als neuer Justiziar und als Debattenredner. Ein Umstand, der Rüttgers in der Wahl eines neuen "Generals" bestärkt haben mag. Denn Wüst gilt als Freund der deutlichen Ansprache: "Es ist gut für die beiden großen Volksparteien, gerade in Zeiten der Großen Koalition, wenn man in klarer Abgrenzung die Unterschiede deutlich macht", lautet sein Credo. Und zwar nicht nur aus partei-, sondern auch aus staatspolitischen Gründen: "Der wichtigste Beitrag zur Steigerung der Wahlbeteiligung ist, dass klare Alternativen deutlich werden."
    Seine Rolle zwischen Partei- und Koalitionsräson sieht Wüst so: "Ich nehme auf, was an der CDU-Basis läuft. Ich mache mir das aber nicht uneingeschränkt zu Eigen. Mein Job ist auch, die Partei daran zu gewöhnen, dass wir Regierungspartei sind."
    Autor: Michael Fritsch

    ID: LIN02453

  • Porträt der Woche: Manfred Palmen (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 9 - 30.08.2006

    Mit Manfred Palmen kann man ins Manöver ziehen. Der Major d.R. ist jemand, der gerne voran macht, los marschiert. Er meint, dass in der Politik, die sein Metier geworden ist wie die Juristerei, zuviel geredet und gefeilscht, zu wenig ehrlich und konsequent gehandelt wird. Palmen gehört zu den Menschen, die sich viel aufladen beziehungsweise aufbürden lassen. Ein Gespräch mit ihm verläuft hochtourig, man muss ihn unterbrechen, anderenfalls kann die Unterhaltung einseitig werden. Der Christdemokrat aus Kleve behauptet, früher noch ungeduldiger gewesen zu sein als heute. Der Spruch "Herr, gib mir Geduld, aber sofort!" passt auf Palmen, den Typ Anpacker, dem die 100-Stunden-Woche nicht fremd ist.
    Bürgermeister von Kleve wäre er gerne geworden. Stadtdirektor war er in der Stadt am Niederrhein von 1990 bis 1999. "Aber", sagt Manfred Palmen scherzhaft, "sie müssen 150 Jahre in Kleve leben, um als richtiger Kleveraner zu gelten." Palmen wurde am 11. März 1945 in Kaarst bei Neuss geboren. So wurde also nichts aus dem Bürgermeisteramt, stattdessen kam der Verwaltungsjurist, der mittlerweile als Rechtsanwalt (ohne Türschild) zugelassen ist, 2000 in den Landtag. Bei der Landtagswahl 2005 schaffte er im Wahlkreis 54,7 Prozent. Als ihn Jürgen Rüttgers fragte, ob er Parlamentarischer Staatssekretär werden wolle, war Palmen erst einmal verblüfft. Hatte er doch in der Legislaturperiode 2000 bis 2005 zu den wenigen CDU-Fraktionsmitgliedern gezählt, die unbequem waren und laut warnten, wenn wieder einmal die eigene Truppe kostenträchtige Beschlüsse fasste.
    Palmen sagt, er habe privat noch nie Schulden gemacht. Dass der Staat seit Jahr und Tag Schulden häuft und so die nachfolgenden Generationen belastet, macht Palmen fassungslos und entschlossen zugleich. Als Parlamentarischer Staatssekretär für Verwaltungsstruktur und Sport (nur Letzteres hält er für "vergnügungssteuerpflichtig") möchte Palmen alles ihm und seiner kleinen Steuerungsgruppe im Innenministerium Mögliche daran setzen, das Bürokratiegestrüpp drastisch zurückzuschneiden. Erste Kabinettsbeschlüsse zur Auflösung von 46 bislang eigenständig wuchernden Sonderbehörden möchte Palmen am liebsten mit Böllerschüssen der Zufriedenheit feiern.
    Reformfähigkeit
    Palmen, der in Bonn studiert hat, war einst mit viel Idealismus in die Verwaltung eingetreten. Aus Idealismus ist zwar kein Zynismus geworden, aber Enttäuschungen über die Möglichkeiten, eine Verwaltung effizient zu führen, kennt Palmen zu gut. In nachdenklichen Gesprächsmomenten beschleichen ihn Zweifel, ob die Deutschen überhaupt reformfähig sind und einen Staat haben möchten, der sich auf seine Kernaufgaben konzentriert.
    In die CDU - Palmens Vater war Gründungsmitglied der CDU in Neuss - trat der "Parlamentarische" 1982 ein, nachdem Helmut Kohl mit Hilfe des Konstruktiven Misstrauensvotums und einer wechselbereiten FDP zum Kanzler gewählt worden war. Zu Kohl hat Parteifreund Palmen ein ambivalentes Verhältnis. Während er Konrad Adenauer ohne Einschränkung für politisch vorbildhaft hält, wirft er Kohl vor, die großen Reformen in den Sozialversicherungen verschleppt zu haben. Grimmig reagiert Palmen auf stromlinienförmige Politiker aus dem Umkreis Angela Merkels, die beispielsweise das Antidiskriminierungsgesetz auch noch verteidigen. Palmen: "Alle bei uns haben so einen Hals, noch im CDU-Wahlkampf hieß es doch, man setze allenfalls die EU-Richtlinie 1:1 um."
    Zu "seinem" Innenminister, dem FDP-Politiker Ingo Wolf, pflegt CDU-ler Palmen ein nüchternes, kameradschaftliches Arbeitsverhältnis. Beide kommen aus der Kommunalpolitik, beide spielten einst Hockey auf hohem Niveau.
    Sport betreibt Palmen längst nicht mehr: Sowohl Hockey, als auch Tennis ist passé. Ein wenig radeln und ab und zu in den privaten "Folterkeller" - das ist es bereits. Der Nichtraucher, der bei Alkoholischem vorsichtig ist und sich diszipliniert, liebt das vierzehntägliche Doppelkopf- Treffen. Vor allem liebt er Römische und Neuere Geschichte. Der Vater war einst gegen einen entsprechenden Studienwunsch seines Sohnes. Manfred Palmen gehorchte und studierte die Rechte. Sein Sohn aus der inzwischen geschiedenen Ehe ist Diplomkaufmann im Bankfach.
    Reinhold Michels

    ID: LIN02329

  • Porträt der Woche: Dr. Wilhelm Droste (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 6 - 03.05.2006

    Für den wirtschaftspolitischen Sprecher der CDU-Fraktion im NRW-Landtag ist es ganz offensichtlich: "Im Land ist deutlich eine Aufbruchsstimmung zu spüren. Wir sind gut beraten, diese täglich zu mehren, indem wir das tun, was wir im Wahlkampf versprochen haben". Nach Auffassung des Unionspolitikers müssen dazu beispielsweise die Weichen in der Energiepolitik, der Mittelstandspolitik und bei der Entbürokratisierung richtig gestellt werden. "Da, wo es der Markt zulässt, muss sich der Staat zurücknehmen. Wir müssen zurück zur Ordnungspolitik. Nur wer diese Rollenverteilung verinnerlicht, kann effiziente Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik betreiben", argumentiert der 46-jährige Politiker.
    Obwohl die neue schwarz-gelbe Landesregierung seit ihrem Amtsantritt nicht nur frohe Botschaften überbracht habe, sei es ihr überraschend schnell und gut gelungen, die Grundstimmung zu bessern. Er ist überzeugt, wirtschaftspolitisch mit seinen Parteifreunden auf dem rechten Weg zu sein. "Wenn die Menschen wieder sagen: Das Glas ist nicht halbleer, sondern halbvoll, dann sind sie auch bereit, die Ärmel aufzukrempeln und zu arbeiten. Soweit sind wir wohl", meint Droste zuversichtlich.
    Mit sichtlichem Vergnügen hat der CDU-Politiker, der seinen Wahlkreis Mettmann III im vergangenen Jahr direkt mit 48 Prozent bei einem Stimmenzuwachs von 10,5 Prozent holte, in der jetzigen Legislaturperiode die Rolle des wirtschaftspolitischen Sprechers der Fraktion übernommen. Seither ist vor allem die Energiepolitik sein Steckenpferd. "Wir wissen sehr genau um die Abhängigkeiten zwischen Energie- und Produktionskosten. Unser Ziel muss es sein, Energie langfristig zu bezahlbaren Preisen zu sichern. NRW muss das Energieland Nummer eins bleiben, weil wir ein Produktionsland mit enormem Energiebedarf sind", resümiert Droste.
    Das politische Engagement liegt Droste wohl im Blut. Schon sein Vater, Konditor und wertkonservativer CDU-Mann, gehörte 15 Jahre lang dem Düsseldorfer Landtag an. Bei Sohn Wilhelm entwickelte sich die politische Neigung etwas langsamer. Er interessierte sich zwar ebenfalls für Politik, trat auch mit 18 Jahren in die Junge Union ein, widmete sich aber hauptsächlich seinem Jurastudium in Bonn und Los Angeles. Nach dem zweiten Staatsexamen arbeitete er zunächst bei einer Bank, wo er nach der Wende 1990 beim Aufbau der Rechtsabteilung einer Filiale in Halle an der Saale mithalf, ehe er nach Düsseldorf zurückkehrte und in eine Anwaltskanzlei eintrat. Seit 1998 ist Droste Notar in Düsseldorf.
    Nach seiner Rückkehr aus den USA hatten ihn politische Freunde gedrängt, aktiv in der CDU mitzuarbeiten. "Ich würde mich als Seiteneinsteiger bezeichnen", meint Droste heute. Zwar habe ihm der Vorsitz an seinem Wohnort im kleinen übersichtlichen CDU-Ortsverband Hösel viel Freude bereitet, an eine politische Karriere habe er aber nicht gedacht. Auch als ihn Parteifreunde drängten, 1995 für den Landtag zu kandidieren, habe für ihn noch immer der Beruf im Vordergrund gestanden. Nachdem er dann über die Liste in das Düsseldorfer Parlament eingezogen sei, habe ihn der Ehrgeiz gepackt. "Es war mir schon wichtig, alles richtig zu machen, und ich habe mit vollem Engagement meine Parlamentsarbeit erledigt", betont der CDU-Mann. Berufsbezogen habe er in seiner ersten Legislaturperiode vor allem im Rechts- und Innenausschuss, aber auch im Kommunalausschuss sowie im Untersuchungsausschuss über die WestLB mitgearbeitet.
    Besonders wichtig ist Droste seine Wahlkreisarbeit. "Ich habe Sprechstunden nach Vereinbarung. Im Wahlkreisbüro vor Ort bin ich jederzeit zu erreichen", auch abends könne man ihn noch zu Hause anrufen. "Als Abgeordneter habe ich die Aufgabe, einerseits die Bürger im Wahlkreis über die Landespolitik zu informieren . Andererseits bin ich bestrebt, die Anliegen der Menschen im Wahlkreis im Landtag zu vertreten", ist Droste überzeugt.
    "Wenn ich Beruf und Politik vernünftig zusammenkriegen will, bleibt nicht viel Freizeit", räumt der Unionspolitiker ein. Als passionierter Läufer joggt er fast täglich und hält sich damit ganz gut fit. Außerdem fährt er Rad. Mit dem Drahtesel braucht Wilhelm Droste bei "mittlerer Trittfrequenz" wie er es nennt, nur sechs Minuten zum Landtag.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN01942

  • Porträt der Woche: Werner Jostmeier (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 5 - 05.04.2006

    Auf der Visitenkarte von Werner Jostmeier steht unter dem Namen mit dem Kürzel MdL "Vorsitzender Hauptausschuss" und darunter "Sprecher der CDU-Abgeordneten des Münsterlandes". Letzteres zeugt von landmannschaftlichem Stolz. Jostmeier stammt aus Dülmen im Kreis Coesfeld. Er bewohnt noch heute mit seiner Familie das Bauernhof-Gelände seiner Kindheit. Wenn Jostmeier, der schollentreue Münsterländer, davon erzählt, dass seine beiden Schwestern "aus irgendwelchen Gründen im Rheinland verheiratet" seien, klingt ein schmunzelndes "Wie kann man nur" mit. Jemand wie Werner Jostmeier ist natürlich aktiv im Heimat- und im traditionsreichen Schützenverein Welte. Da sich der Abgeordnete vom Jahrgang 1950 als einen im Katholizismus verwurzelten, praktizierenden Christen bezeichnet, verwundert sein sonntäglicher Dienst als Kommunionhelfer in St. Joseph in Dülmen nicht.
    Jostmeier gehört zu den Menschen, auf die man bauen kann, die man gerne Stützen der Gesellschaft nennt. Schon als Junge hat der gelernte Schmied, der auf dem zweiten Bildungsweg Abitur und später die beiden Staatsexamina der Juristerei gemacht hat, sich gemeinschaftlich engagiert: als Anführer von Zeltlagern, Messdienergruppen und als Jugendchorleiter. Zwei seiner vier Söhne im Alter zwischen 13 und 20 Jahren versuchte er mit seiner Leidenschaft für Musik zu infizieren. Es hat nicht recht geklappt. Jostmeier kann nach eigener Aussage Gitarre, Akkordeon, Trompete und Klavier spielen: "Hab‘ ich mir selbst beigebracht.".
    Grundwerte
    Man spürt im munter sprudelnden Gespräch Stolz auf das, was er erreicht hat im beruflichen Leben. Bei Post und später Telekom war Jostmeier Referats- beziehungsweise Personalfachbereichsleiter. Zuvor hatte er den elterlichen Handwerksbetrieb, der sich aus der bäuerlichen Hufschmiede proper entwickelt hatte, modernisiert. Dass er jetzt wegen einer großzügigen Geste Helmut Stahls Vorsitzender des wichtigen Hauptausschusses ist, der nach alter Landtags-Sitte von den Chefs der jeweils stärksten Fraktion geführt wird, vertreibt bei Jostmeier sicherlich auch "Hätte-ich-vielleicht-doch"-Gedanken. Aus Rücksicht auf die Familie verzichtete Jostmeier 1994 auf die Chance, in den Bundestag gewählt zu werden. 2004 interessierte er sich für das Europa-Parlament. Es wurde nichts daraus. Heute sagt er dazu: "Der liebe Gott tut nix wie fügen, ich bin jetzt froh, dass es so ist wie es ist." Im Landtag sei man politisch einfach näher dran an den Menschen und deren Anliegen.
    Den jüngst verstorbenen langjährigen SPD-Ministerpräsidenten Johannes Rau würdigt Jostmeier als Beispiel dafür, dass ein Politiker mit christlichen Grundwerten, ohne zu poltern und übermäßig Ellenbogen einzusetzen, wirksam sein könne. Er leugnet nicht, dass er früher ("in meiner Sturm-und Drang-Zeit") Rau mit dafür verantwortlich gemacht habe, dass die einstige deutsche Wirtschafts-Lokomotive NRW stark abgebremst worden sei. Der Einstieg in die CDU und die aktive Politik (Kreisvorsitzender der Partei in Coesfeld ist er auch) war eine Reaktion auf Willy Brandts Ostverträge. Heute rückt er sein Nein, ohne es einen Irrtum zu nennen, zurecht: Zusammen mit dem Helsinki-Prozess, der den Eisernen Vorhang löchrig gemacht habe, seien die Ostverträge Beiträge zum Ende der Teilung Deutschlands und Europas gewesen.
    Jostmeier, der sich als Hauptausschuss-Vorsitzender mit den Vertreter aller Fraktion menschlich gut versteht (verstehen muss), gehört innerhalb der CDU zu den Sozialausschüssen. Vor allem die christliche Prägung von Kindheit an ist der Grund dafür. Der Mensch dürfe in keinem politischem System kaputt gehen, müsse stets seine Würde behalten. Es überrascht kaum, dass Jostmeier als Vorbilder Papst Johannes XXIII. und Albert Schweitzer nennt. Verblüffend jedoch ist, dass er die Hallodris John F. und Robert Kennedy in diese Reihe mit aufnimmt. Der Münsterländer, der gerne plattdeutsch spricht, ist ein Freizeit-Wanderer, Garten-Arbeiter und ausgiebiger Fahrradfahrer. Fernweh plagt ihn nicht. Nord- und Ostsee sowie der Schwarzwald waren die bevorzugten Ferienziele der sechsköpfigen Familie, einmal rollte man mit dem Wohnmobil durch Masuren und Schweden.
    Reinhold Michels

    ID: LIN01683

  • Porträt der Woche: Peter Biesenbach (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 1 - 18.01.2006

    Nur wer weiß, woher er kommt, kann auch wissen, wohin er will. Peter Biesenbach, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU im Landtag weiß, woher er kommt. Und daran orientiert sich auch sein Aufstieg in die Spitze der Unionsfraktion. Peter Biesenbach ist "überzeugter Kommunalpolitiker", wie er von sich selbst sagt. Dass er sich überhaupt vor 15 Jahren im Oberbergischen Kreis auf den Weg in die Landespolitik machte, ist der Niederlage der Union dort fünf Jahre zuvor geschuldet. 1985 verlor die CDU den Wahlkreis an die SPD. 1990 trat Biesenbach zum ersten Mal an. Und verlor. 7.000 Stimmen fehlten ihm zum Sieg über den damaligen SPD-Platzhirschen. Wenig. Aber zuviel für Biesenbach. Und auch, wenn es ihm fünf Jahre später gelang, den Abstand bis auf wenige Stimmen zu verkürzen, so blieb ihm der Weg nach Düsseldorf doch weiter versperrt. Erst im Mai 2000 gelang ihm schließlich, was seine Partei - zumal im Oberbergischen - von ihm erwartete: Er holte den Wahlkreis direkt. Und zwar mit einem deutlichen Vorsprung gegenüber seinem SPD-Konkurrenten.
    Der Weg in den Landtag beschreibt, was Peter Biesenbach als Charaktereigenschaften für sich ausgemacht hat: Beharrlichkeit, Ausdauer, Durchsetzungsvermögen. Eigenschaften, die gewissermaßen zwingende Voraussetzung für einen "Manager der Macht" sind, wie man die meist im Stillen wirkenden Geschäftsführer von Parlamentsfraktionen wohl nennen muss. Dabei legt Biesenbach selbst eher Wert darauf, "ein offenes Ohr für jeden zu haben, um als Vermittler tätig zu sein". Was die Kunst des Vermittelns ausmacht - das hat Biesenbach sich bei jenen abgeschaut, denen das stetige Verhandeln gewissermaßen angeboren zu sein scheint. Soweit, dass es manchmal bis zum Schachern mutiert: den Indern.
    In Indien machte der Jurist, der auf dem zweiten Bildungsweg sein Abitur auf dem Abendgymnasium in Düsseldorf baute und nach einer Ausbildung für den gehobenen Verwaltungsdienst des Landes als Diplom-Verwaltungswirt das Studium samt Staatsexamen an der Uni Köln absolvierte, seine praktischen Erfahrungen mit der Kunst des Verhandelns während seines Referendariats. Von dort brachte er den Grundsatz mit, der ihn bis heute in seiner politischen Arbeit leitet: "Ein guter Richter gibt keinem Unterlegenen das Gefühl, er habe mit dem Prozess auch sein Gesicht verloren." Von Südostasien ist Biesenbach bis heute begeistert geblieben. Nach wie vor verbringt er dort seinen Urlaub, wenn es die Zeit zulässt. Nicht, ohne dabei sein Hobby zu pflegen: Biesenbach fotografiert leidenschaftlich gern. Und er hat es mit seiner Praktica Spiegelreflex-Kamera in zehn Jahren zu einiger Übung und Perfektion gebracht.
    Als politische Erfolge rechnet sich der CDU-Fraktionsgeschäftsführer, der im Februar 58 Jahre alt wird und den seine Wahl in die Fraktionsspitze wohl selbst ein wenig überraschte, die Wiederbelebung der Justizpolitik in Nordrhein- Westfalen zu. Insbesondere den Justizvollzug, den er in Nordrhein-Westfalen über Jahre hinweg vernachlässigt sieht, will er zum Vorbild in Deutschland machen. Soweit das Ziel des Juristen und Fachpolitikers, der mit einem gewissen Stolz für sich reklamiert, "dass in NRW endlich wieder Rechtspolitik stattfindet".
    Als Politik-Manager sieht Biesenbach sich vor allem in der Pflicht, "dazu beizutragen, dass die Fraktion erkennt, was umzusetzen ist, aber auch das, was nicht geht". Keine leichte Führungsaufgabe angesichts der Herausforderungen, die ein auf Kante genähter Haushalt des Landes mit auf Sicht knappsten Finanzmitteln stellt. Biesenbach bleibt deshalb fast bescheiden, wenn er das Ziel seiner politischen Arbeit im Land beschreibt: "Ich will dazu beitragen, dass die Abgeordneten zufrieden mit der geleisteten Arbeit sein können." Vor diesem Hintergrund wirken politische Auseinandersetzungen, die es auch innerhalb der Koalition mit der FDP gelegentlich gibt, auf ihn nicht als Streit, sondern als "Suche nach Gemeinsamkeiten".
    Und wenn es gleichwohl gelegentlich Anlass zu Unzufriedenheit oder ernsteren Streit geben sollte, dann setzt der Landespolitiker Biesenbach mit der Vorliebe für die bodenständige Kommunalpolitik auf die Kraft der Region, aus der er stammt: Es sind Freunde in Hückeswagen geblieben, die mit dem engen Zeitraster des Landespolitikers umgehen können, bilanziert Biesenbach zufrieden. Wenige, aber enge Freunde: "Solange dort Licht brennt, kann ich anklingeln. Auch, wenn es abends schon nach zehn sein sollte."
    Thomas Seim

    ID: LIN01323

  • Porträt der Woche: Helmut Stahl (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 11 - 26.10.2005

    Ich sitze hier im schönsten Büro eines Fraktionsvorsitzenden in Deutschland", sagt Helmut Stahl und lacht. Der Chef der CDU-Fraktion schaut hinaus, über die große Terrasse hinweg auf den Rhein, der genau vor seinem Büro eine besonders dekorative Schleife macht. Büro und Aufgabe des Fraktionsvorsitzenden hat Stahl von Vorgänger Jürgen Rüttgers übernommen. Der sitzt jetzt als Ministerpräsident in der Staatskanzlei. Helmut Stahl muss nun die CDU-Abgeordneten führen, eine Rolle, in der er noch nicht ganz angekommen ist, gibt der 58-Jährige zu. "Das braucht noch eine gewisse Zeit." Doch einen anderen Stil als sein Vorgänger will er schon pflegen. "Der Vorsitzende einer Regierungsfraktion hat eine andere Aufgabe als der einer Oppositionsfraktion. Ich habe eine partnerschaftliche Rolle, es geht um wechselseitige Ergänzung zwischen Regierung und Fraktion."
    Drei Jahre lang war Helmut Stahl zuvor parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. Eine typische Aufgabe für ihn. Während seiner beruflichen Laufbahn hat Helmut Stahl immer wieder an den Nahtstellen von Politik und Administration gearbeitet. "Ich will nicht nur irgendwelche Visionen haben, ich will auch was durchsetzen können. Das hat mich immer gereizt", sagt der Diplom-Volkswirtschaftler. Nach ersten Stationen in der CDU-Bundesgeschäftsstelle und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion wird er Abteilungsleiter im Bundesministerium für Arbeit, später auch im Bundeskanzleramt.
    Zwangspause
    Als beamteter Staatssekretär arbeitet Helmut Stahl dann drei Jahre unter "Bundeszukunftsminister" Jürgen Rüttgers - bis 1998 plötzlich alles vorbei ist. Bundestagswahl. Machtverlust der CDU. Für Helmut Stahl heißt das: Versetzung in den einstweiligen Ruhestand.
    "Das hat mich sehr geschockt. Da wird man so richtig vom Pferd geholt. Und wie schlimm das ist, merkt man erst, wenn man unten ist." Helmut Stahl hat auf einmal viel Zeit. "Erst hab ich den Schreibtisch aufgeräumt, dann den Garten, dann Regale aufgebaut. Und dann war alles gemacht. Das war eine schreckliche Zeit, wenn die Dinge an einem vorbeilaufen."
    Parteifreunde bitten Helmut Stahl, bei den Wahlen zum Posten des Bonner Oberbürgermeisters zu kandidieren. Er verliert gegen Bärbel Dieckmann von der SPD. Im Jahr 2000 zieht er über die Landesliste in den Landtag ein.
    Helmut Stahls Interesse am Politischen wird schon früh geweckt. "Nach dem sonntäglichen Mittagessen blieben immer alle sitzen. Eltern, Oma und Geschwister. Dann wurde politisiert", erinnert sich Stahl. Der Vater war Elektromeister und in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) engagiert, die Mutter Hausfrau. Der junge Helmut trägt die Kettlerwacht aus, die Mitgliederzeitung der KAB. 1965 tritt er in die CDU ein. "Ich war rebellisch, habe die Abwahl des damaligen CDU-Vorsitzenden dort verlangt." Ohne Erfolg.
    Heute erlebt man Helmut Stahl eher als ausgleichenden und freundlichen Politiker.Wer Tee trinkt und als Hobby Vögel beobachtet, der ist auch im politischen Geschäft nicht auf Krawall gebürstet. Trotzdem sagt er von sich: "Ich bin nicht leicht handhabbar. Ich will überzeugt werden. Wenn was richtig läuft,muss ich nicht auch noch meinen Senf dazugeben. Ich will da in die Pedale gehen, wo es nicht richtig läuft."
    Helmut Stahl ist niemand, der eigene Meinungen zur Disposition stellt. Er befürwortet embryonale Stammzellenforschung - anders als die Mehrheit der Fraktion, die er anführt. "Wenn anderswo Forschung Erfolge bringt, würden wir die Medikamente doch auch hier einsetzen wollen. Es gibt auch eine Verpflichtung des Heilens." In Fragen des ethischen Handelns sollte es keinen Fraktionszwang geben, findet er.
    Ein Blick in die Zukunft? Stahl schaut nach Berlin, denn eine Große Koalition dort wird auch auf Düsseldorf Auswirkungen haben. "Sie muss Aufbruchstimmung vermitteln, das brauchen wir." Außerdem, glaubt er, wird die SPD sich in manchen Fragen künftig wohl schwerer tun, Attacken auf die Landesregierung zu reiten. Er sagt das mit einem Lächeln...
    Beate Becker

    ID: LIN01171

  • Porträt der Woche: Dr. Jürgen Rüttgers (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 7 - 14.07.2005

    1975, da war Jürgen Rüttgers 24 Jahre jung, konnte er sich Ratsherr nennen. Ein schöner alter Titel, der nach Bürgerstolz und "Man ist wer in der Gemeinde" klingt. Gut, der junge CDUler war nicht Ratsherr im "hillige Köln", vielmehr im kleinen Pulheim, draußen vor den Toren der ehrwürdigen Stadt. Aber den Namen Rüttgers musste man sich fortan im kommunalpolitischen Betrieb merken.
    So dachte auch der damalige Stadtdirektor von Pulheim, der heutige Bürgermeister Karl-August Morisse. Ein paar Jährchen später, 1982, der Volljurist Jürgen Rüttgers war inzwischen Beigeordneter seiner Heimatgemeinde, schloss er den so genannten Bund fürs Leben. Als Karl-August Morisse, der längst ein politisches Auge auf Jürgen Rüttgers geworfen hatte, ihn und seine Frau Angelika in der von zwei Schimmeln gezogenen Hochzeitskutsche durch Pulheim fahren sah, brachte das Morisses Phantasie auf Trab: Er dachte für sich, dieser Jürgen Rüttgers, dem wird es hier bei uns bald zu eng, der steckt sich andere, höhere Ziele, jenseits der Kommunalpolitik in Köln-Land. So sollte es kommen. Die Pulheimer Welt war J.R. nicht genug.
    1987, mit 36, zog Rüttgers, wie es Karl-August Morisse geahnt hatte, südwärts in den Bundestag nach Bonn. Bald darauf wurde er politisch das, was man unter Ökologen "nachwachsenden Rohstoff" und unter älteren Politikern einen "jungen Hoffnungsträger" nennt. Der CDU/CSU- Bundestagsfraktion diente Rüttgers als Berichterstatter für Fragen der Raumfahrt. Da läuft man Gefahr abzuheben, im Orbit zu verschwinden, oder beim Versuch, wieder in die politische Erdumlaufbahn einzutauchen, zu verbrennen.
    Erdhaftung
    Der junge Rüttgers aber hielt sich in der Bodenstation auf, er leistete sich nur gedankliche Flüge ins politische All. Schlau (eine Lehrerin nannte ihren Zögling einst ein kluges Kerlchen), durchaus auch politisch berechnend, behielt Rüttgers Erdhaftung, stets die großen Tiere der Union im Blick, den Haudegen Dregger und vor allem Kohl und Schäuble, die ihn bald nach der Einheit zu höheren parlamentarischen und ministeriellen Ehren befördern sollten. Viele sagten, Rüttgers beste Zeit sei die als Parlamentarischer Geschäftsführer der Unions-Fraktion (ab 1991) gewesen. Tatsächlich kam ihm in dem Amt sein rheinischer Charakter-Mix aus Gewitztheit, Kommunikations-Begabung und rhetorischer Rauflust zugute. Diese Rauflust trägt bei Rüttgers, der nicht nur wie ein Intellektueller aussieht, allerdings nie allzu rustikale Züge; er war nie wie Kohl, der einen diebischen Spaß dabei empfand, "den Sozis aufs Haupt zu schlagen". Rüttgers liebt mehr den Schulterwurf durch Ironie.
    Als Kohls so genannter "Zukunftsminister" für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie (noch heute spricht Rüttgers respektvoll vom "Alten", wenn er beim Verzehr von reichlich Rotwein köstliche Kohl-Anekdoten und Kohl-Kniffe zum Besten gibt) gelang ihm 1995 die Einführung des "Meister-Bafög". Der Sohn eines Elektrikers wertete das ehrbare Handwerk auf, darauf, so sagte Rüttgers jüngst gegenüber "Focus", sei er besonders stolz.
    Frankophil, wie der Ferienhaus-Eigentümer im tiefen Süden von "La douce France" ist, verbindet Rüttgers politisches mit schriftstellerischem Tun, nach dem Vorbild französischer Spitzenpolitiker von einst und jetzt, ob sie Giscard, Mitterrand oder de Villepin heißen. Der neue Ministerpräsident ist jemand, der gleich gerne in Baumärkten und in Buchläden stöbert. Des Gedankens Blässe ist ihm nicht fremd, er kann aber auch einen Nagel in die Wand schlagen oder Fliesen verlegen.
    Antrieb
    Pfadfinder und Messdiener war der "katholische Jung". Anders als so mancher Jahrgangs-Kamerad, den religiöse Überfütterung in jungen Jahren in spätere kirchliche Abstinenz gedrängt hat, blieb Rüttgers seiner Kirche treu. Er, der Bindungsfähige, besucht mit der Familie jeden Sonntag die Heilige Messe. Und er sagt etwas, was vielen Postmodernen in der Politik nicht über die Lippen kommt, nämlich "So wahr mir Gott helfe" beim Amtseid beziehungsweise "Der Glaube an Gott und das Gute im Menschen" auf die Focus-Frage, was ihn politisch antreibe.
    Noch einmal Frankreich: 1981, als Mitterrand erfolgreich um die Präsidentschaft gekämpft hatte, lautete seine persönliche Botschaft: La Force tranquille. "La Force tranquille", "Die ruhige Kraft" - die ersten Schritte, die der Wahlsieger des 22. Mai 2005 gemacht hat, erinnern an Mitterrands alten Slogan. Rüttgers (seine Kritiker innerhalb und außerhalb der CDU reiben sich seit einigen Wochen die Augen und meinen, sie seien im falschen Rüttgers-Film) wirkt in sich ruhend und aufbruchbereit, zäh und federnd. Und der gute Karl-August Morisse aus Pulheim würde schmunzeln: "Ich hab’ es euch ja immer jesacht."
    Reinhold Michels

    ID: LIN01022

  • Porträt der Woche: Landtagspräsidentin Regina van Dinther (CDU).
    Porträt
    S. 13 in Ausgabe 6 - 22.06.2005

    Die neue Landtagspräsidentin Regina van Dinther hat sich viel vorgenommen. Als erste CDU-Politikerin im höchsten Amt von Nordrhein-Westfalen will die 47-Jährige Akzente setzen: Signale nach außen an die 18 Millionen Bürgerinnen und Bürger im bevölkerungsreichsten Bundesland, aber auch Zeichen nach innen für die 187 Abgeordneten, die sich im neuen Rollenspiel zwischen Regierung und Opposition erst finden müssen. Vor allem wirbt sie für eine neue Bescheidenheit der Mandatsträger: "Wir sind Gewählte und nicht Erwählte." "Wir müssen den Menschen wieder Zuversicht vermitteln", fordert die neue NRW-Landtagspräsidentin von den Parlamentariern des Landtags. "Wenn wir das nicht schaffen, können wir einpacken", setzt die ausgewiesene Frauen- und Familienpolitikerin rigoros und entschlossen nach. Allzu lange habe die Gesellschaft das Schlagwort vom "wachsenden Wohlstand" unreflektiert hingenommen - auch die Union mache da keine Ausnahme. "Wenn wir einsehen, dass nichts vom Himmel fällt, sondern Erfolg das Ergebnis von Mühe und Arbeit ist, dann kann auch die Zuversicht wieder wachsen."
    Wahlsieger Jürgen Rüttgers (CDU) habe ihr die Aufgabe als Landtagspräsidentin angetragen, weil das jemand machen müsse, der Brücken schlagen könne beim Neuanfang nach 39 Jahren, in denen die Rollen zwischen Regierung und Opposition fest zementiert waren. In dieser Zeit des Wechsels gehe es darum, zu einem vernünftigen Miteinander der verschiedenen Fraktionen zu finden. "Es ist eine schwierige Aufgabe", stellt van Dinther nüchtern fest. Deshalb habe sie nicht sofort zugesagt, sondern sehr genau überlegt und sich auch beraten lassen.
    Lebensmotto
    Dann habe sie nach ihrem Lebensmotto "Geht nicht, darf es nicht geben" die Aufgabe als große Herausforderung angenommen. Die Landtagspräsidentin: "Ich will versuchen, den Kitt für die Gesellschaft zu entwickeln und das mit allen anderen zusammen, nie als CDU-Politikerin, sondern immer als Mitglied des Gesamtparlamentes mit Grünen und Sozialdemokraten, Liberalen und Christdemokraten."
    Ein Blick in den Lebenslauf von Regina van Dinther zeigt, dass die neue Parlamentspräsidentin das Zeug dazu hat, parteipolitisches Gezänk auszuräumen und vorherrschende Verzagtheit entschlossen anzugehen. Zusammen mit ihrer Zwillingsschwester wurde Regina van Dinther am 15. Mai 1958 in Wetter an der Ruhr als Tochter eines selbständigen Schneidermeisters und einer Hausfrau geboren. Eine glückliche Kindheit mit einer wunderbar prinzipientreuen Großmutter als erstem Leitbild und vier Geschwistern gaben ihr feste Wurzeln. "Bei uns ging es bescheiden zu. Wir hatten kein Auto und wir fuhren auch nicht in Urlaub. Manchmal mussten wir auch auf ein Geburtstags- oder Weihnachtsgeschenk verzichten, aber wir hatten Eltern, die sich um uns kümmerten." Nach Grundschule, Hauptschule, Berufsfachschule, Fachoberschule und Fachhochschule Niederrhein hatte sie sich zur Diplom-Ingenieurin gemausert und arbeitete zehn Jahre lang in der Bekleidungsindustrie.
    Das Engagement der ganzen Familie in Kirchengemeinde, Vereinsleben und Behindertenarbeit weckten in Regina van Dinther früh das Interesse für Politik. Sie trat in die Junge Union (JU) ein. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen. 1986 heirateten beide. "Wir haben praktisch miteinander unsere Jugendzeit in der Politik verbracht und wirklich jeden Abend Politik gemacht", erinnert sich Regina van Dinther. Nach den zehn Jahren hängte ihr Mann die Politik an den Nagel, kümmerte sich um die zwei Kinder und hielt seiner Frau den Rücken frei für die politische Karriere, denn 1990 schaffte die damals 32-Jährige den Sprung in den Düsseldorfer Landtag.
    Kompromiss
    Hier wurde sie frauenpolitische Sprecherin und Mitglied im Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie. Bei dieser Aufgabe habe sie gelernt, wie wichtig es ist, überfraktionell auf Kompromisse zu setzen. Fünf Jahre später avancierte die Christdemokratin zur stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden und wurde in den Ältestenrat gewählt. Außerdem ist sie seit 1998 Stadtverbandsvorsitzende der CDU Hattingen, 1999 wurde sie Landesvorsitzende der Frauen-Union NRW, und seit 2002 ist sie Mitglied im Bundesvorstand der CDU Deutschland. Ihre Wahlkreisarbeit setzt sie unvermindert fort. "Bei dem einen oder anderen Ehrenamt werde ich abspecken müssen", sagt die Landtagspräsidentin realistisch. Allzu gern möchte sie Landesvorsitzende der Frauen-Union bleiben - vor allem wegen des großen Vertrauens, das sie dort erfahren habe.
    Bei all der Verwaltungsarbeit, die auf Regina van Dinther zukommt, will sie viel im Land unterwegs sein und versuchen "nicht nur an die Köpfe heranzukommen, sondern auch die Herzen der Menschen anzusprechen". Gemeinsam mit den Mitarbeitern des Parlamentes möchte sie mehr Kreativität in den Landtag holen. Vor allem Kinder möchte sie einladen und für Politik interessieren. "Sie sollen lernen, dass Politik etwas Ernsthaftes ist, was damit beginnt, dass der Einzelne sich in seinem ganz nahen Umfeld um die Gemeinschaft und das Gemeinwohl kümmert."
    Zum Abbau von Stress und Termindruck hat Regina van Dinther ein ungewöhnliches, aber besonders wirksames Rezept: Sie ist in einem Chor mit Behinderten. "Wir haben ein gutes Miteinander, aber keine Vereinsmeierei. Wir singen Klassik und geistliche Musik. Wenn ich ganz ausgepowert bin, dann lege ich eine CD von meinem eigenen Chor auf. Das ist dann Balsam für meine Seele."
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN00991

  • Porträt der Woche: Horst Westkämper (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 4 - 20.04.2005

    Ein Jahr nachdem die NRW-CDU in Nordrhein-Westfalen in die Opposition geriet, ist Horst Westkämper der Union beigetreten. Er hat der Partei die Treue gehalten, aktiv in den verschiedensten Positionen als Christdemokrat mitgearbeitet, ist zwei Mal als Nachrücker in das Landesparlament eingezogen und überzeugt, dass der Union im Mai 2005 in Nordrhein-Westfalen der Sprung an die Macht gelingen wird und er selber von Anfang an als Parlamentarier dabei sein wird. Das notwendige Rüstzeug dazu hat er bereits. Die CDU in seiner Heimatstadt Solingen hat ihn schon im März vergangenen Jahres als Kandidaten nominiert. Westkämper: "Nach den stabilen Umfrageergebnissen bin ich überzeugt, dass die CDU es diesmal schaffen wird, sofern nicht eine Katastrophe dazwischen kommt." In den verbleibenden Monaten bis zur Wahl tut der CDU-Abgeordnete alles in seinen Kräften stehende, um die Bürger von der Notwendigkeit eines Machtwechsels in Düsseldorf zu überzeugen. In seiner Ausschussarbeit engagiert sich Westkämper besonders in der Verkehrspolitik. Als ordentlichem Mitglied im Verkehrsausschuss geht es ihm besonders um die Verbesserung der Pünktlichkeit der Deutschen Bahn, aber auch um eine Stärkung der Rechte der Bahnkunden.
    In der verkehrspolitischen Debatte des Landtags am 9. April 2004 erklärte er unter Zustimmung von Parlamentskollegen: "Fahrgästen, im Fernverkehr bei Verspätungen einen Teil des Fahrpreises zu erstatten, und dies in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu verankern - was seit dem 1. Oktober 2003 als `Pünktlichkeitsgarantie. verkauft wird - ist nicht mehr als ein längst überfälliger Schritt in die richtige Richtung. Was wir aber dringend brauchen, ist ein gesetzlich untermauerter Anspruch statt Kulanz - und das nicht nur im Fernverkehr, sondern auch für den Regionalverkehr".
    Anbindung
    Während Westkämper bei der Bahn ein gewisses Einlenken zu spüren meint, musste der Christdemokrat sich bei seinem zweiten zentralen Thema, nämlich der Anbindung der A 3 an Solingen, geschlagen geben. Sein langjähriger Kampf für dieses Vorhaben, dass seiner Meinung nach für die Infrastruktur Solingens notwendig ist, stieß bei den Grünen vor Ort auf Widerstand. Da die grüne Fraktionschefin Sylvia Löhrmann in Solingen Gegenspielerin des CDU-Abgeordneten ist, konnte alle politische Erörterung nichts bewirken. Sowohl auf Landesebene wie auch im Bund schmetterte Rot-Grün alle Pläne zum Bau der Autobahnanbindung ab.
    Engagement zeigt Westkämper, der zusammen mit Ehefrau Eveline sieben Kinder groß zieht, auch im Ausschuss für Frauenpolitik. Hier beschäftigt ihn die Bekämpfung der niedrigen Frauenerwerbsquote in NRW sowie die Umsetzung des Konzepts des Gender-Mainstreaming. Gleichzeitig arbeitet er als stellvertretendes Mitglied im Rechts- und Wirtschaftsausschuss mit. Obwohl sich der Christdemokrat vornehmlich als Vertreter der Stadt Solingen versteht, wo er seit 39 Jahren lebt, ist er doch gebürtiger Sauerländer. Horst Westkämper wurde am 29. Februar 1936 in Letmathe geboren. Nach einer Ausbildung als Industriekaufmann 1956 absolvierte er ein Fortbildungsstudium als Krankenkassenbetriebswirt. Während dieser Zeit arbeitete er bei verschiedenen Krankenkassen. Von 1995 bis 2002 war er dann bei der IKK Solingen. Seit März 2002 ist er selbständiger Unternehmensberater.
    Westkämper übernahm zahlreiche politische Ämter. Mitglied des Rates der Stadt Solingen ist er seit 1969. Von 1988 bis 1994 war er Fraktionsvorsitzender. Seit 1999 ist er Mitglied in der Landschaftsversammlung Rheinland. Landtagsabgeordneter war er schon einmal kurz vom 1. Oktober 1999 bis zum Juni 2000.
    Angesichts der vielen Verpflichtungen hat Horst Westkämper für Hobbys wenig Zeit. Für Bewegung sorgen zwei Hunde: "Meistens schaffe ich es, mit beiden täglich eine Stunde zu gehen. Das ist für mich wohl noch besser als für die Hunde."
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN00400

  • Porträt der Woche: Antonius Rüsenberg (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 1 - 26.01.2005

    Seit 25 Jahren gehört Antonius Rüsenberg dem nordrhein-westfälischen Landtag an, fünf Mal wurde er für die CDU im Wahlkreis 116 (Höxter II) direkt gewählt. Doch mit Ende der 13. Legislaturperiode ist auch für den dann 62-jährigen gelernten Landmaschinenschlosser, Sozialarbeiter und engagierten Familienpolitiker Schluss. "Ein bisschen Wehmut ist auch dabei."
    Leichter fällt ihm der Abschied, weil er selber spürt, dass er in der Politik nicht mehr so zu Hause ist wie zu Beginn seiner Landtagskarriere. "Man hat nicht mehr den richtigen Biss, man will nicht mehr an der Deichsel stehen, um den Karren zu ziehen", beschreibt er seine Gemütslage. Ihm missfällt, dass die Politik insgesamt hektischer und kurzatmiger geworden ist. "Wir müssten nachhaltig wirken und uns auf die wichtigen Zusammenhänge konzentrieren und nicht nur auf den Beifall des Tages setzen", beschreibt Rüsenberg seinen inneren Kompass. Wichtig sei es, einen festen Standpunkt einzunehmen und dabei auch zu bleiben, auch wenn einem der Wind der öffentlichen Meinung ins Gesicht weht. Für den gläubigen Katholiken und standfesten Vertreter des Arbeitnehmerflügels in der CDU richtet sich Politik zu stark danach, "was gut bei den Menschen ankommt".
    Wichtig waren für Rüsenberg auch immer die persönlichen Beziehungen über die Fraktionsgrenzen hinaus. So haben ihn seine politischen Gegner stets als von seiner Sache überzeugten, aber überaus fairen und angenehmen Kollegen kennen gelernt. Doch heute, so klagt er, gebe es kaum noch die Möglichkeit, Porträt der Woche: Antonius Rüsenberg (CDU) sich zusammen zu setzen und in Ruhe über grundsätzliche Fragen nachzudenken und zu diskutieren. Das häufigste Argument, das man zu hören bekomme, sei der Satz: "Ich würde ja gerne, aber ich habe leider keine Zeit." An der Kollegialität zu vielen Abgeordneten hat das freilich nichts geändert, "das habe ich in Zeiten meiner schweren Krankheit erfahren, als viele Kollegen aus allen Fraktionen bei mir anriefen und mir alles Gute wünschten".
    Richtschnur
    Rüsenberg ist alles andere als ein rückwärts gewandter Politiker. "Wir müssen gravierende Veränderungen in der Gesellschaft in unser Handeln einbeziehen. Antworten, die früher einmal richtig waren, müssen heute anders formuliert werden." An den Kernaussagen der christlichen Soziallehre, der er sich während seiner politischen Laufbahn immer verpflichtet fühlte, an der Würde des Menschen, auch der des ungeborenen und des Arbeitslosen, müsse man jedoch festhalten. "Wenn wir uns nicht an diesen Grundwerten orientieren, kommt Sand ins Getriebe", mahnt Rüsenberg seine Kollegen. Deshalb bekennt er sich auch klar zum "C" im Namen seiner Partei. Standfestigkeit empfiehlt er seiner Partei vor allem für den Fall, dass sie am 22. Mai ihr Wahlziel erreicht und zusammen mit der FDP die Regierung stellen kann. Obwohl Rüsenberg während seiner gesamten Zugehörigkeit zum Landtag auf den harten Oppositionsbänken saß, fand er die Arbeit zufrieden stellend und in vielen Fällen auch erfolgreich. Zwar landeten mindestens drei Viertel der Papiere, die eine Opposition produziere, im Papierkorb, doch habe er lange und letztendlich mit Erfolg dafür gekämpft, dass in der Landesverfassung der Satz aufgenommen wurde: "Familienarbeit ist der Erwerbsarbeit gleichwertig." Auch die Verkleinerung des Landtags auf 181 Abgeordnete ab der nächsten Wahl geht auf seine Forderung zurück. Ihm wäre es noch lieber gewesen, wenn das Landesparlament auf 151 verkleinert worden wäre.
    Vor Langeweile im politischen Ruhestand hat Rüsenberg keine Angst. Der CDU bleibt er schon deshalb verbunden, weil ihn der Kreisverband Höxter zum Ehrenvorsitzenden auf Lebenszeit gewählt hat. Er bleibt Patientenbeauftragter in seinem Heimatort Steinheim und hat schon Anfragen aus der Katholischen Arbeiterbewegung und der Kolpingfamilie vorliegen. Am meisten freut sich der stolze Opa aber darauf, dass er künftig mehr Zeit hat, um seine dreijährige Enkelin zum Kindergarten zu bringen und wieder abzuholen.
    Peter Jansen

    ID: LIN00007

  • Porträt der Woche: Ilka Keller (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 10 - 22.09.2004

    Sich mit der Oppositionsrolle abzufinden oder gar sich darin einzurichten, ist nicht "das Ding" von Ilka Keller. "Wenn ich das Gefühl hätte, würde ich aufhören", sagt die CDU-Landtagsabgeordnete resolut. Ausgestattet mit einem Direktmandat vertritt sie seit 1990 die linksrheinischen Städte und Gemeinden Alfter, Bornheim, Meckenheim, Rheinbach und Wachtberg im Landtag. Bei der quirligen Aktivität, die sie an den Tag legt, ist ein Ausscheiden nicht zu befürchten. Entschieden erklärt die CDU-Frau: "Ich brauche das Gefühl, dass ich etwas bewirken kann, ansonsten würde die Arbeit für mich uninteressant. Wichtig sind für mich auch die Menschen vor Ort. Ich brauche wirklichen Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern." Dabei räumt die Christdemokratin ein, dass sie aus der Rolle der Oppositionspolitikerin in ihrem Wahlkreis politisch mehr bewirken kann als im Düsseldorfer Landtag. Dementsprechend verteilt sie ihre Arbeitskraft.
    Da ihr Wahlkreis vom Umzugsbeschluss des Bundestages besonders betroffen war, wirbelte Ilka Keller in den letzten Jahren kräftig vor Ort. Es galt, Gemeinde übergreifend neue Gewerbegebiete anzuschieben, für ein Technologiezentrum zu werben und sich für Umgehungsstraßen sowie einen zusätzlichen Autobahnanschluss einzusetzen. "Bei all diesen Projekten konnte ich Kontakte zwischen meinem Wahlkreis und Düsseldorf herstellen. In vielen Fällen war das eine wirkliche Herausforderung. Sie hat Spaß gemacht und macht noch immer Spaß. Da kann man sehen, wie sich etwas verändert und dass man als Teil davon mitwirken konnte", freut sie sich. Ihr Wahlkreisbüro hat Ilka Keller, die 1944 in Bad Wiessee geboren wurde, in der Nähe des Hauptbahnhofs mitten in Bonn. "Damit alle Bürger mich gut erreichen" erklärt die Abgeordnete. Dort ist sie regelmäßig anzutreffen.
    Europapolitik
    Im Düsseldorfer Landtag hat sich Ilka Keller auf ihre Rolle als Sprecherin für Europa- und Eine-Welt-Politik konzentriert, nachdem sie sich in den vorangegangenen Legislaturperioden vor allem mit Wirtschaft, Landwirtschaft und Kultur beschäftigte. "Losgelöst von Europa können wir viele Projekte gar nicht mehr durchsetzen", so Keller, zu deren Schwerpunkten die Agenda 21, ökologische Produktionsweisen und kulturelle Belange gehören. In ihrer Sprecherfunktion hat die CDU-Politikerin viel an der rot-grünen Landesregierung zu kritisieren. "Sowohl für die Europa- wie für die Eine-Welt-Politik kann ich sagen, dass wir von der Union die Anträge formulieren und versuchen, die Themen voranzutreiben. Von Regierungsseite kommt praktisch nichts", stellt Ilka Keller fest. In der letzten Haushaltsdebatte hat die CDU-Abgeordnete, die verheiratet ist und zwei Kinder groß gezogen hat, dem zuständigen Minister Wolfram Kuschke vorgeworfen: "Das Europakapitel ist Pfusch am europäischen Bau." Der Minister selber spreche von einer Schmerzgrenze, doch die sei längst überschritten, rügt Ilka Keller. Vor allem ärgert es die CDU-Politikerin, dass die Landesregierung die von Brüssel angebotenen Mittel nicht ausschöpft. "Dabei bräuchten wir die Mittel dringend für die Forschung und zur Vergabeverstoß zur ist es nicht weit Schaffung neuer Arbeitsplätze", rügt sie.
    Ilka Keller, die gelernte Reisebüro-Verkehrskauffrau ist, kam 1973 zur CDU und kletterte kontinuierlich auf der politischen Karriereleiter nach oben. 1974 bis 1989 war sie Vorsitzende CDU-Frauenunion Swisttal. 1974-1989 Mitglied des Gemeinderates Swisttal. 1979-1994 Mitglied des Kreistages Rhein-Sieg-Kreis, seit 1995 Vorsitzende der CDU Swisttal und Mitglied Kreis- und Landesvorstand.
    Für Hobbys hat Ilka Keller kaum Zeit. Doch in der mageren Freizeit liest sie alles, was Wirtschaft, Management und Kultur zusammenhängt. Tatsächlich scheint die Politik Hobby zu sein. Dabei ist es der Christdemokratin wichtig, dass die Bürger das Gefühl haben, in Entscheidungsprozesse einbezogen zu sein. "Wenn das nicht gelingt, hat die Politik keine Chance", weiß die Abgeordnete.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN00736

  • Porträt der Woche: Hannelore Brüning (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 6 - 12.05.2004

    Den Blick durchs Bürofenster auf den gepflegten grünen Hügel und das lichte Stadttor dahinter genießt die Abgeordnete Hannelore Brüning. Dass in diesem Stadttor baldmöglichst ein Ministerpräsident und Parteifreund namens Jürgen Rüttgers arbeiten möge - dafür rackert die 61- jährige Christdemokratin aus dem Münsterland. Sie rackert, man muss das sagen, auch wenn es ungalant klingt, "wie ein Berserker”. Seit 1990 gehört Brüning dem Parlament an, immer mit der Urerfahrung der NRW-CDU im Kopf, scheinbar auf ewig Opposition sein zu müssen. Die erdverbundene CDU-Frau sagt: "Das ist mein politischer Antrieb. Ich will einmal Politik in Düsseldorf aus der Perspektive von Regierungsverantwortung machen.” Auf die Frage, ob sich dahinter eine Bewerbung bei Jürgen Rüttgers für einen möglichen Kabinettposten verbirgt, kommt die Antwort wie aus der Pistole geschossen: "Um Gottes Willen, ich sehe mich nicht als Schattenministerin.”
    Menschen wie Hannelore Brüning sind Managerinnen eines persönlichen Alltags, der eigentlich 24 Wachstunden haben müsste, damit man ihn bewältigen kann. Vor 35 Jahren hat sie zusammen mit ihrem Ehemann in Neuenkirchen bei Rheine einen Handwerksbetrieb aufgebaut: Heizung, Sanitär, Klima. Zwölf Mitarbeiter zählt der Betrieb. Zwei Kinder, ein Sohn und eine Tochter, wurden großgezogen. Der 36-jährige Sohn (Betriebswirt und Versorgungsingenieur) ist mittlerweile Juniorchef im elterlichen Betrieb. Die 33-jährige Tochter führt in der Heimat- gemeinde als Floristen-Meisterin ihr eigenes Geschäft. Fotos der Enkel stehen auf Hannelore Brünings Schreibtisch, an der Schranktür kleben Blätter mit Selbstgemaltem der Kleinen für die Oma, die so selten zu sehen ist.
    Hannelore Brüning lacht: "Mein Steuerberater fragt mich auch immer, warum ich mir das alles antue.” 1975 wurde sie CDUMitglied, eine andere Partei kam nie in Frage. Seit 1979 gehört sie dem Gemeinderat Neuenkirchen an. Sie häufte politische Posten in Stadt, Kreis, in mittelständischen Gremien, Arbeitgeberverbänden, in Landtagsausschüssen, in der Fraktion, wo sie ein Auge auf die Finanzen hat. Politisch engagierte Wesen sind alle Brünings. Die Abgeordnete, die auf straffe und konsequente Organisation ihres prallen Pflichtenlebens achtet, wollte als Mittelständlerin politisch Flagge zeigen. Nicht in eigenen Gremien jammernd hocken, sondern etwas tun, sich in die Öffentlichkeit begeben, für die Sache des Mittelstandes streiten - das ist das politische Credo des Tatmenschen aus dem Münsterland.

    Ansprechpartnerin

    In ihrem 14.000-Einwohner-Städtchen ist sie jedermann bekannt: "Wenn ich mal einen Liter Milch kaufen gehe, dauert das eine Stunde.” Sie bezeichnete es als einen Vorteil, dass die Menschen vor ihrer Haustür stehen und ihre Anliegen vorbringen. Früher war Brüning eine gute Tennisspielerin. Lang ist‘s her. Heute ist sie schon froh, am Wochenende mit dem Rad unterwegs sein zu können. Ihren Urlaub verbringen die Brünings am liebsten an südeuropäischen Stränden. Nur in den Ferien greift sie zu Büchern - bevorzugt leichte Kost. Der Handwerksbetrieb in Neuenkirchen ist gesund, auch weil man stets die Privatkundschaft mit Rund-um-die-Uhr- Servive gepflegt habe, anstatt auf Großaufträge öffentlicher Auftraggeber zu bauen. Die Firma Brüning hat stets Lehrlinge ausgebildet. Die Seniorchefin stimmt in das verbreitete Klagelied von den zunehmend schlecht auf das Berufsleben vorbereiteten Lehrlingen ein: "Wir kriegen von den Schulen nicht genügend fähige Azubi." Die jungen Menschen seien zu bedauern: "Die können nix dafür.”
    Reinhold Michels

    ID: LIN00498

  • Porträt der Woche: Dr. Michael Brinkmeier (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 4 - 24.03.2004

    Den Blick von seinem Abgeordnetenbüro auf die gläserne Düsseldorfer Regierungszentrale findet Michael Brinkmeier richtig schön; allerdings fände der CDU-Mann es noch besser, wenn er ab 2005 in entgegengesetzter Richtung auf den NRW-Landtag blicken könnte. Nach 39 Jahren auf den harten Oppositionsbänken wünscht Brinkmeier seiner Partei endlich den Wechsel auf die Regierungsbank.
    An der Politik faszinieren den bisherigen Unternehmensberater die Abläufe der Entscheidungsprozesse. Hier habe der Einzelne die Chance, eigene Ideen durchzusetzen. "Wenn ich glaube, einen Lösungsvorschlag für ein politisches Problem gefunden zu haben, dann muss ich die Bevölkerung davon überzeugen, dass dies der richtige Weg ist. Das macht die Sache zwar kompliziert, darin liegt aber ihr Reiz.Vielleicht sehe ich das später mal anders, aber im Augenblick finde ich das total spannend", meint Michael Brinkmeier.
    Deshalb hat Brinkmeier auch nicht lange gezögert, als ihn die CDU aufforderte, sich um ein Landtagsmandat zu bewerben. In die Junge Union war er bereits während seiner Schülerzeit eingetreten. Seit 1987 gehört er der CDU an. Während des Studiums hielt er locker Kontakt zur Union. Nach seiner Rückkehr ins heimatliche Rietberg in Westfalen war es dann nur folgerichtig, dass er nach seiner wissenschaftlichen Ausbildung und einer beruflichen Tätigkeit als Unternehmensberater in der Wirtschaft nun sein Glück in der Politik suchte. Bereut hat er es bislang noch nicht.
    Im Augenblick ist der 36-Jährige gerade dabei, die eigenen Parteifreunde und fraktionsübergreifend alle Abgeordneten von den Vorteilen einer elektronischen Verwaltung zu überzeugen. "Mein Anliegen ist es, die Verwaltung in NRW zu modernisieren. Das heißt keineswegs nur, bessere Computer hinzustellen, sondern das bedeutet, die gesamten Verwaltungsprozesse und Strukturen effektiver zu gestalten", erläutert Brinkmeier. Konkret sieht der Christdemokrat die Möglichkeit, dass die Bürgerinnen und Bürger künftig ihre Geschäfte mit der öffentlichen Verwaltung von zu Hause aus über den Computer abwickeln.

    Spaß an der Politik

    In sein Abgeordnetendasein hat sich Michael Brinkmeier schnell eingefunden. Er ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Technologie, stellvertretender Vorsitzender im Medienausschuss und stellvertretendes Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuss sowie im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss I, dem so genannten Filzausschuss. Drei bis vier Tage arbeitet der CDU-Politiker im Düsseldorfer Landtag, die restliche Zeit ist er vor Ort in seinem Wahlkreis. "Anfangs habe ich feste Sprechstunden angeboten. Das hat sich nicht bewährt. Jetzt biete ich flexible Kontakte über Handy oder Internet an. Das klappt prima", findet Brinkmeier. Besonders stolz ist er auf seine Homepage, die von einer Computerzeitschrift als die beste von allen NRW-Abgeordneten ausgezeichnet wurde.
    So sehr dem CDU-Abgeordneten die politische Arbeit gefällt, so sehr stört ihn vieles am alltäglichen parlamentarischen Ablauf. So kritisiert er, dass die nicht auf ihre Vorredner eingehen überdies nicht frei sprechen. Deshalb hat er sich zusammen mit ein paar jüngeren Abgeordneten anderer Fraktionen an den Präsidenten des Landtags Ulrich Schmidt gewandt. Der habe zwar erklärt, dass schon andere vor ihnen erfolglos versucht hätten, Verbesserungen durchzusetzen. Dennoch habe Schmidt seine volle Unterstützung zugesagt.
    Brinkmeier findet zunehmend Spaß am Politikgeschäft. Dabei hatte er zunächst eine ganz andere Laufbahn eingeschlagen. Nach einem Physikstudium an den Universitäten Paderborn, Göttingen, Los Angeles und der anschließenden Promotion am Max-Planck-Institut für Biophysikalische Chemie in Göttingen, wechselte er zu McKinsey, wo er als Unternehmensberater tätig war.
    In seiner Freizeit ist Michael Brinkmeier gern zu Hause bei der Familie und erholt sich von der Politik bei Gartenarbeit und Spielen mit seinen Kindern.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN00357

  • Porträt der Woche: Ursula Doppmeier (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 2 - 11.02.2004

    Ausgerechnet ein persönlicher Schicksalsschlag - der frühe Tod ihres Ehepartners - löste bei Ursula Doppmeier politische Aktivitäten aus. Als alleinstehende Mutter von vier Kindern fühlte sich die damals 40-Jährige "nicht so behandelt, wie ich es mir vorgestellt hatte", erinnert sie sich heute. Statt darüber zu klagen, ergriff die CDULandtagsabgeordnete aus Gütersloh die Initiative. Bis dahin nur passives Mitglied, wurde sie zunächst in der Frauen-Union aktiv, die sie dann 1996 zur Kreis- und zwei Jahre später zur Bezirksvorsitzenden von Ostwestfalen- Lippe wählte.

    Lehramt

    Die 1952 in Hohenlimburg bei Hagen geborene Ursula Doppmeier studierte nach dem Abitur Anglistik und Textilgestaltung an der Universität Münster. Dem Referendariat 1976/77 in Bielefeld folgte die Anstellung als Realschullehrerin an der Freiherr-von-Stein-Realschule in Gütersloh. Wegen der Geburt ihrer Kinder unterrichtete die Abgeordnete später in Teilzeit; nach dem Tod ihres Mannes stieg sie dann wieder voll in den Beruf ein: "Ich musste schließlich das Geld für die Familie verdienen."
    Ungeachtet der beruflichen Tätigkeit engagierte sie sich in Partei und Heimatkreis. So wurde die Christdemokratin 1999 in den Gütersloher Kreistag gewählt. Seit 2000 ist die Gütersloherin auch Stadtverbands- und stell- vertretende Bezirksvorsitzende ihrer Partei. Schließlich rückte sie bei der Landtagswahl im Frühjahr 2000 über die Reserveliste der Union in das Landesparlament.
    Die Fraktion berief ihre neue Kollegin in den Ausschuss für Schule und Weiterbildung sowie in den Ausschuss für Frauenpolitik und entsandte sie in die Enquetekommission "Zukunft einer frauengerechten Gesundheitsversorgung in NRW".
    Die Pädagogin hält es für wichtig, dass wieder Leistung in den Schulen gefördert und anerkannt werde. Zudem müsse die Werteder Wissensvermittlung gleichgesetzt werden. In diesem Zusammenhang verweist die Parlamentarierin auf die Diskussion über einen so genannten "Benimm-Unterricht", die nach ihrer Auffassung überflüssig gewesen wäre, wenn man anerkannt hätte, dass die Schule auf zwei Säulen aufgebaut sei - auf Bildung und Erziehung.

    Frauenpolitik

    Im Ausschuss für Frauenpolitik engagiert sie sich dafür, dass die "Sichtweisen" der Frauen stärker in die politischen Entscheidungen eingebracht werden; so beispielsweise bei den öffentlichen Planungs- und Baumaßnahmen. In Gütersloh beispielsweise habe man durchgesetzt, dass neben Parkplätzen für Behinderte auch Stellplätze für "Mütter und Kinder" ausgewiesen wurden.Und sie ärgert es, dass bei öffentlichen Anlagen die Spielplätze meist in "die hinterste Ecke" gedrückt würden.
    In der Enquetekommission macht sie sich mit ihren Kolleginnen für eine "geschlechtsintensivere" Gesundheitsforschung stark. An Herzinfarkt beispielsweise würden mehr Frauen als Männer sterben, weil er bei ihnen zu spät erkannt würde. So sei es nicht länger hinnehmbar, dass 90 Prozent der Medikamente nur an Männern getestet würden.
    In ihrer knapp bemessenen Freizeit entspannt sich die Abgeordnete beim Tennis spielen oder bei der Lektüre möglichst eines Science-Fiction-Romans.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN00133

  • Porträt der Woche: Heinz Sahnen (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 16 - 10.12.2003

    In Neuss am Rhein, so geht die Mär, ziehen wenige Hände an vielen Strippen. Die Hände gehörten, so heißt es, ein paar einflussreichen Sippen, die ökonomisch aus dem Gröbsten raus und außerdem römisch-katholisch seien, weshalb sie in der kleinen Großstadt auch die "heiligen Familien" heißen. Heinz Sahnen gehört nicht dazu, dennoch ist er wer in Neuss am Rhein. Das spricht für zweierlei: dass die Erzählung von den "heiligen Familien", welche die Stadtpolitik lenkten, so wahr nicht sein kann und dass der Fernmeldehandwerker, Briefträger, Abendgymnasiast, Kölner Student, Berufsschullehrer a.D., CDU-Matador im Rat und im Kreistag, dass also Heinz Sahnen kommunalpolitisch in seiner Wahlheimat auf eigenen Füßen steht.
    Sahnen, der aus Geeste im Emsland stammt und 1967 nach Neuss gezogen ist, wurde also nicht dreimal mit Erftwasser getauft, wie man das einem "echten Nüsser" nachsagt. Er hat auch kein Mädchen aus Neuss am Rhein geheiratet, sondern eins aus dem niedersächsischen Emsland. Aber Sahnen ist katholisch, was ziemlich klar ist, wenn man aus dem Emsland kommt, einer Art katholischem Urstromland, wo die CDU mit schöner Regelmäßigkeit bei Wahlen so hoch siegt, wie es der CSU zum Beispiel im bayerischen Oberland gelingt. In seinem Kommunalwahlkreis hat Sahnen sowohl 1999 als auch fünf Jahre zuvor mit Resultaten knapp unter der 70-Prozent-Marke triumphiert. Bei der Landtagswahl 2000 schaffte er in Neuss rund 44 Prozent und verwies Innenminister Dr. Fritz Behrens (SPD) deutlich auf Rang zwei.
    Sahnen ist einer jener CDU-Politiker und Katholiken, die zu ihrer Kirche halten, die sich aber ungern von Bischöfen, und seien es Kölner Kardinäle, dreinreden lassen. Sahnen ist zwar vorsichtig genug, derart scharf zu formulieren, aber den Satz "Bischof, sieh zu, dass du deine Kirche voll kriegst, wir in der CDU kümmern uns um die Wähler" empfindet er als so falsch nicht.
    Christliche Wurzeln
    Wenn Sahnen über das "C" in der Politik spricht, hört man den Wertkonservativen mit sozialem Herz heraus: Christlich-sozial, das bedeutet für ihn keine Politik mit Heiligenschein, er will kein Sprachrohr der Kirche sein, Nichtchristen nicht ausschließen. Sahnen, der mit 18 in die CDU eintrat und früh in der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung KAB aktiv war, hat ein politisches Credo: Keine aktive Sterbehilfe, keine Spätabtreibungen, keine verbrauchende Embryonenforschung, Stärkung der Familien, Wiederbelebung der Sozialen Marktwirtschaft, keine sinnlose Beschleunigung des Wandels der Lebensverhältnisse, ein differenziertes Schulsystem mit klarem Erziehungsauftrag gegen Gewalt und für soziales Verhalten.
    Von Sahnen, dem Christlich-Sozialen, hört man auch diesen Satz: Die Hoffnung, dass sich durch ökonomischen Liberalismus Reichtum und Wohlstand schaffen lasse, habe sich nicht bewahrheitet. Das freie Spiel von Angebot und Nachfrage führe nicht zum Heil. Die im Grundgesetz verankerte Sozialpflichtigkeit des Eigentums nennt Sahnen einen "zwingenden Punkt".
    Im Landtag, der zehn Autominuten vor seiner Haustür in Neuss-Erfttal liegt, beschäftigt sich der Christdemokrat viel mit Städtebau-, Wohnungswesen, Raumordnung.
    Mit einem Grundoptimismus, jedoch nicht ohne Sorgen, denkt der Kommunalpolitiker an die Zukunft der Städte. Geringere Einnahmen, Einwohner-Rückgang (an der Rheinschiene - noch - kein Problem), Zuzug schwierig zu integrierender Bevölkerung. Sahnen will, dass die Integrations-Anstrengungen verstärkt werden - nicht allein zur besseren Eingliederung von Ausländern, sondern auch zu Gunsten an den Rand geratener Deutscher: "Sozialpolitik wirft ganz neue, große Fragen auf."
    Sahnen fand nicht wegen großer Vorbilder zur Union. Er hält zwar Konrad Adenauer für einen großen Deutschen, aber sich nach Vorbildern zu orientieren, ist seine Sache nicht.
    Der CDU-Mann spricht schnell und bezeugt, auch nein sagen zu können, wenn man ihn zum politischen Lastesel und Super- Vereinsmeier machen wolle. Männer wie Sahnen sind keine Freizeitspezialisten. Der Vater von zwei erwachsenen Söhnen besucht aber ein Fitness-Studio ("Man muss was tun"); und im Urlaub gelingt es ihm sogar, die Finger von der Politik zu lassen.
    Reinhold Michels

    ID: LIN01495

  • Porträt der Woche: Gisela Hinnemann (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 13 - 08.10.2003

    Ihre Kompetenz ist unbestritten. Seit drei Jahren ist die CDU-Abgeordnete Gisela Hinnemann Vorsitzende des Sportausschusses im Düsseldorfer Landtag. Die Christdemokratin wird nicht nur von den eigenen Parteifreunden anerkannt. Auch die anderen Fraktionen respektieren ihr Fachwissen und ihre Führungsqualitäten. Mitglieder des Sportausschusses schätzen vor allem ihre Einsatzbereitschaft vor Ort, und dass sie die repräsentativen Pflichten ihres Jobs sehr ernst nimmt. Die Rolle der Sportausschussvorsitzenden scheint der 54-Jährigen auf den Leib geschnitten zu sein. Selber Dressurreiterin und verheiratet mit einem Landwirt und Reitlehrer, der Olympiateilnehmer trainiert, ist für sie Fairplay auch in der Politik selbstverständlich. Dennoch war es höchst ungewöhnlich, dass die CDU-Frau im Jahr 2000, gerade in den Düsseldorfer Landtag gewählt, auch schon mit dem Vorsitz des Sportausschusses betraut wurde, den bis dahin die SPD für sich beansprucht hatte. Offensichtlich hatte sich die CDU-Fraktionsspitze für eine Praktikerin entschieden. "Ich glaube, dass ich als Vermittlerin ganz gut auf den Stuhl passe."
    Als Vorsitzende hat sie eine mehr neutrale Rolle und Gisela Hinnemann, die vor ihrer Abgeordnetentätigkeit Mathematiklehrerin an einem Gymnasium war, versteht es, ihre Meinung freundlich zu verpacken und gleichzeitig ihre Position zu behaupten.
    Trotz der Verbindlichkeit im Ton redet Gisela Hinnemann in der Sache Klartext. So, wenn es um ihre Vorstellungen in der Sportpolitik geht. "Für die Zukunft wünsche ich mir eine größere Verankerung des Sports in der Schule und zwar nicht darauf beschränkt, dass regelmäßig in allen Schulformen drei Sportstunden gegeben werden, sondern dass dem Sport mit Blick auf die Gesundheitsvorsorge insgesamt eine größere Bedeutung zukommt." Ein anderes Thema von ihr ist die Förderung des Leistungssports. Angesichts der deutschen Olympiabewerbung müsse nicht nur der Breiten-, sondern auch der Leistungssport gefördert werden. Im Gegensatz zu früheren Jahren werde im Sportausschuss "völlig tabulos" auch über die Einrichtung von Eliteschulen gesprochen. Hinnemann hält sie für notwendig, wenn sportlich besonders begabte Schüler ihre Übungszeiten mit dem restlichen Schul-Lehrstoff auf die Reihe bekommen sollen.

    Mathematikstudium

    Gisela Hinnemanns politische Karriere war keineswegs geplant. 1949 in Münster geboren, ist sie in einer politisch interessierten Familie aufgewachsen. Nach Abitur und Mathematikstudium ging sie mit ihrem Mann nach Voerde. Neben dem Beruf galt ihre Energie vor allem der Familie - Mann, Sohn und Tochter - sowie dem Aufbau des Familienbetriebes. CDU-Mitglieder drängten sie, in der Partei mitzuarbeiten. Gisela Hinnemann trat 1988 in die CDU ein und war bereits ein Jahr später Ratsmitglied in Voerde, gleichzeitig Sprecherin der CDU-Fraktion im Schulausschuss. Von1989 bis 1994 arbeitete sie als Geschäftsführerin der CDU-Fraktion im Rat der Stadt und von 1994 bis 1999 war sie stellvertretende Bürgermeisterin von Voerde. Als das Kommunalwahlrecht geändert wurde, lehnte sie eine hauptamtliche Tätigkeit ab und kandidierte kurz darauf für den NRW-Landtag. Abgesichert mit einem guten Listenplatz, kam sie ohne Mühe in das Düsseldorfer Parlament.
    Mit dem Einleben in die neue Parlamentstätigkeit hatte sie keine Schwierigkeit, auch wenn ihr die parteipolitischen Auseinandersetzungen nicht behagen und sie lieber reine Sachpolitik machen würde. "Mit dem Sportausschuss bin ich ganz gut dran, da spielt die Parteipolitik keine allzu große Rolle", sagt sie, während im Kulturausschuss, dem sie ebenfalls als ordentliches Mitglied angehört und im Schulausschuss, wo sie Stellvertreterin ist, die Parteienauseinandersetzungen stärker sind. Zu schaffen macht ihr noch heute die Papierflut, die auf jeden Abgeordneten hereinbricht. "Man kann gar nicht alles lesen, aber ich habe einfach nicht den Mumm, Sachen wegzuwerfen ohne wenigstens mal rein geguckt zu haben", sagt sie, und so türmen sich ab und an die Akten in ihrem Abgeordnetenzimmer.
    Das bisschen Freizeit, das Gisela Hinnemann als Parlamentarierin bleibt, verbringt sie weniger mit Reiten - "dazu gibt es bei uns zu viele Profis" - als vielmehr mit Fahrrad fahren, Schwimmen und Lesen. Außerdem reist sie leidenschaftlich gern.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN01590

  • Porträt der Woche: Werner Jostmeier (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 9 - 18.06.2003

    Für ihn hat die Europa-Politik einen sehr hohen Stellenwert und so ärgerte sich denn seinerzeit Werner Jostmeier über deren "personelle Abwertung" bei der Konstituierung der neuen Landesregierung unter Ministerpräsident Peer Steinbrück. Während bislang ein eigenständiges Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten existierte, sollen sich heute Staatskanzleiminister Kuschke und Staatssesekretärin Meckel um Europa kümmern. Der CDU-Landtagsabgeordnete aus dem münsterländischen Dülmen weist in diesem Zusammenhang mit Blick auf die anstehende Osterweiterung auf die wachsende Bedeutung Europas für Nordrhein- Westfalen hin. Der Christdemokrat zählt übrigens zu den Mitbegründern der Deutsch-Baltischen Parlamentariergruppe, deren stellvertretender Vorsitzender er heute ist.
    Der 52-Jährige kann bis zu seiner Wahl in den Landtag 1995 auf einen bislang sehr wechselvollen Weg zurückblicken. Nach dem Besuch der Grundschule und des Gymnasiums wechselte der gebürtige Dülmener zur Handelsschule, die er mit der Fachschulreife verließ, um eine Lehre als Schmied und Landmaschinenmechaniker zu absolvieren. Danach arbeitete er mehrere Jahre im elterlichen Betrieb. Während Werner Jostmeier ihn leitete und ausbaute, machte er über den zweiten Bildungsweg das Abitur und studierte in Münster Jura, Volkswirtschaft und Geschichte. Nach dem zweiten Staatsexamen ließ er sich als Rechtsanwalt nieder. Zur Deutschen Bundespost und späteren Telekom stieß der Dülmener 1983. In den folgenden Jahren bis zu seiner Wahl in den Landtag übernahm er die verschiedensten Aufgaben, zuletzt leitete er das Dienstleistungszentrum Personal des Unternehmens in Münster mit seinen über 170 000 Mitarbeitern.
    Während des Studiums trat er 1972 in die CDU ein. Als Gegner der vom damaligen Bundeskanzler Willy Brandt initiierten Ostverträge wollte er "Flagge zeigen", wie er sich heute erinnert. Es folgte die Übernahme verschiedener Parteiämter. Heute ist der Münsterländer stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Coesfeld und des Bezirksverbandes. Eine Zeitlang war er auch Kreisvorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA).
    Weichenstellungen
    Vor seiner Wahl in das Landesparlament engagierte sich Werner Jostmeier mehrere Jahre als Mitglied des Kreistages Coesfeld in der Kommunalpolitik. So war er Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses wie auch des Wirtschaftsförderungs- und Finanzausschusses. Neigung und vorhandene Plätze passten im übrigen auch bei seiner Berufung in die Landtagsausschüsse. Der Volljurist gehört dem Medien- und dem Hauptausschuss ebenso an wie dem Ausschuss für Europa- und Eine-Welt- Politik. Im damaligen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Vorgänge beim Oberhausener Trickfilmstudio HDO zählte er zu einer wesentlichen Stütze seiner Fraktion.
    Als Sprecher seiner Fraktion im Hauptausschuss gehört der Christdemokrat automatisch auch dem Fraktionsvorstand an. In diesem Zusammenhang weist er mit Genugtuung auf die entscheidenden Weichen hin, die der Hauptausschuss für eine Reihe von gewichtigen Vorhaben des Parlamentes gestellt hat: Stärkung der Bürgerrechte, Verkleinerung des Landtags, Aufnahme der Kinderrechte und des Tierschutzes in die Landesverfassung. Derzeit engagiert sich der Parlamentarier für das so genannte Konnexitätsprinzip, also, "wer bestellt, bezahlt auch". Bei Gesetzen und Verordnungen des Landes, die die Kommunen finanziell tangieren, müsse es auch die Kosten tragen.
    Neben der Parlamentsarbeit pflegt der CDU-Abgeordnete den Kontakt zu den Bürgern seines Wahlkreises Coesfeld II. So ist sein Wahlkreisbüro ständig besetzt und er bereist auch regelmäßig alle Orte.
    Der Vater von vier Söhnen hört in seiner Freizeit gern Musik, spielt aber auch selber Gitarre Akkordeon und Trompete. Und wenn es nötig ist, fährt der Dülmener auch noch den Mähdrescher.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN01866

  • Porträt der Woche: Marie-Theres Kastner (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 5 - 09.04.2003

    Marie-Theres Kastner ist Pragmatikerin. Der CDU-Landtagsabgeordneten geht es um handfeste Sachpolitik. Erst seit Mai 2000 im NRW-Landtag, hat sich die Unionsfrau schon mit zwei eigenen Initiativen hervorgetan. Zum einen brachte sie einen ziemlich umfangreichen Antrag zur Stärkung des Ehrenamtes ein, weil sie glaubt, dass der Staat nicht alles richten kann, sondern gefordert ist, ehrenamtliche Tätigkeit zu unterstützen. Zum anderen machte sie mit einem Antrag über die notwendige zusätzliche Förderung von lernbehinderten Schülerinnen und Schülern von sich reden, der vor allem bei den Fachverbänden auf Zustimmung stieß. In beiden Fällen weiß die 52-Jährige, wovon sie spricht. Sie ist Expertin in diesen Bereichen. Denn Kastner, die sich als "Familienfrau" bezeichnet, ist seit 1989 Ratsmitglied in Münster. Damit hat sie ein gutes Gespür dafür erworben,wo die Bürger der Schuh drückt.
    Und als ausgebildete Lehrerin, Frau eines Lehrers und zudem Mutter von vier Kindern, ist ihr die Schulproblematik sehr vertraut. Bei ihrem Schulantrag ging es ihr darum, dass in den Schulen für Lernbehinderte die Klassen immer größer, und die individuelle Förderung dieser Kinder immer geringer werde. Gerade wegen der schwierigen sozialen Verhältnisse vieler Kinder brauchten die Lehrerinnen und Lehrer fachkundige Hilfe durch zusätzliche Schulpädagogen. Auch handwerkliche Schwerpunkte müssten im Unterricht gesetzt werden, forderte sie und fügte hinzu: "Damit ich nicht missverstanden werde, ich möchte diese Vertreter des Handwerks nicht an Stelle von Lehrerinnen und Lehrern, sondern zusätzlich und auch nicht erst im letzten Schuljahr, sondern schon ab der 7. Klasse."

    "Gut aufgehoben"

    Von ihren CDU-Fraktionskollegen fühlt sich Marie-Theres Kastner gut unterstützt. "Ich bin in eine Fraktion gekommen, in der ich das Gefühl habe, menschlich sehr gut aufgehoben zu sein", sagt die Christdemokratin. Gleichzeitig räumt sie aber auch ein, dass sie sich anfangs mit dem Einleben schwer getan habe. Immerhin ist sie auf Anhieb in die beiden Ausschüsse gekommen, die sie sich gewünscht hatte: den Schulausschuss und den Ausschuss für Kinder, Jugend und Familie. Nachdem die erste Halbzeit der Legislaturperiode um ist, kann sich die CDU-Abgeordnete gut vorstellen, noch eine zweite Legislaturperiode in Düsseldorf zu verbringen.
    Während des Studiums in Würzburg ist sie mit ihrem späteren Mann in die CSU eingetreten. Doch das sei nicht "so das Richtige" gewesen. Erst als die beiden nach dem Studium wieder nach Münster gezogen waren, hätten sie sich mit dem Amtsantritt von Bundeskanzler Helmut Kohl für die CDU entschieden. Seither ist sie in der Partei aktiv. Auch die Posten in der lokalen Politik kamen dann rasch aufeinander. 1995 avancierte sie schließlich zur Bürgermeisterin der Stadt.
    Diesen Job und auch ihre Ratsmitgliedschaft hat Kastner mit ihrem Einzug in den Landtag aufgegeben. "Ich finde, die Aufgaben überschneiden sich. Beides kann man nicht machen. Ich bin nur noch sachkundige Bürgerin im Schulausschuss und als Landtagsabgeordnete kooptiert in der CDU-Stadtratsfraktion." Damit habe sie die notwendige Anbindung an die Basis und sei doch nicht gebunden, erläutert die CDU-Frau ihre Haltung.
    Als Landtagsabgeordnete aus Münster fühlt sie sich ihrer Region verbunden. Gleichzeitig sieht sie sich aber doch auch als Volksvertreterin des ganzen Landes."Natürlich vergesse ich meinen Wahlkreis nicht, aber ich hielte es für unverantwortlich, wenn man nicht das Ganze sähe." Als "Familienfrau" und weil sie stark der Heimat verbunden ist, pendelt die Parlamentarierin, auch wenn es abends spät wird, immer von Düsseldorf nach Münster zurück. Viel Freizeit bleibt da nicht. Marie-Theres Kastner nimmt es gelassen: "Ein spannendes Buch und die Familie, das reicht als Hobby."
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN02101

  • Porträt der Woche: Gabriele Kordowski (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 4 - 26.03.2003

    Gabriele Kordowski strahlt fröhlichen Optimismus aus. Die CDU-Abgeordnete aus Schwerte ist fest davon überzeugt, dass ihre Partei die längste Zeit in der Opposition verbracht hat und 2005 ein Regierungswechsel ansteht. "Ich bin wirklich sicher, dass die Menschen langsam mitbekommen, dass hier im Land an vielen Stellen die Weichen falsch gestellt werden und dass politisch etwas passieren muss", sagt die 49-jährige und lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass sie in dem Augenblick, da dies geschieht, gern mit von der Partie sein möchte.
    Zunächst ist Gabriele Kordowski aber noch eine der Neuen, die im Mai 2000 für die 13. Legislaturperiode in den Düsseldorfer Landtag gewählt wurden. Allerdings hat sie sich rasch eingelebt und zielsicher ihr gewünschtes Betätigungsfeld im Landesparlament gefunden. Besonders wichtig war es für die Frau aus dem Ruhrgebiet, als ordentliches Mitglied in den Verkehrsausschuss zu kommen. "Jeder Autofahrer kennt die Probleme im Bereich der A 1 am Westhofener und am Kamener Kreuz", erklärt sie und listet auch gleich die regionalen Schwierigkeiten der Umleitung sowie des Aus-, Um- und Weiterbaus des Verkehrswegenetzes in ihrer Heimatstadt Schwerte auf.
    Außerdem arbeitet die CDU-Frau im Rechtsausschuss und in der Strafvollzugskommission mit. Beide Gremien sind für sie wichtig, weil sowohl die Justizvollzugsanstalt in Schwerte-Ergste als auch Europas größte Haftklinik in Fröndenberg in ihrem Wahlkreis liegen. Vor allem die Besserstellung der Beamten im Strafvollzugsbereich möchte Gabriele Kordowski erreichen: "Das liegt mir am Herzen", sagt sie. "Die JVA-Beamten haben keine Lobby und leisten eine unglaublich wichtige Arbeit für unsere Gesellschaft", erläutert sie.
    Das soziale Engagement liegt der Christdemokratin im Blut. Aufgewachsen als jüngstes von fünf Kindern in einem politisch, aber nicht parteipolitisch interessierten Elternhaus, machte Gabriele Kordowski nach der Schule eine Ausbildung als Krankenschwester. Durch eine Zusatzausbildung wurde sie OP-Schwester. Gabriele Kordowski ist mit einem Frauenarzt verheiratet und hat vier Kinder.

    Soziales Engagement

    Mitglied in der CDU wurde sie bereits 1984. 1991 übernahm sie den Vorsitz des Stadtverbandes Schwerte, seit 1995 ist sie stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbandes Unna, seit 1999 Mitglied des Bezirksverbandes Ruhrgebiet und des Landesverbandes NRW der CDU. Schließlich wurde sie 1999 Stadtverordnete im Rat der Stadt Schwerte.
    Folgerichtig war der nächste Schritt die Kandidatur für den NRW-Landtag. Über Liste - wie alle CDU-Abgeordneten aus dem Ruhrgebiet - ist sie in den Landtag eingezogen. Die Gruppe der CDU-Ruhrgebiets-Abgeordneten hat ihr bei den ersten Wegen im Parlament geholfen. "Das ist eine tolle Gruppe, in der man sich sofort wohl fühlt. "Die dienstälteren Kollegen haben sofort Hilfe angeboten und sich um mich gekümmert, erinnert sie sich fröhlich, meint aber auch, dass sie inzwischen zu den Kollegen der anderen Fraktionen gute Kontakte hat.
    Zu Hause in Schwerte hat sie mitten in der Fußgängerzone ein Wahlkreisbüro eingerichtet. Das ist vormittags ständig besetzt. Dort hat sie auch feste Sprechzeiten. "Mein Büro soll eine Anlaufstelle für die Bürger sein, wo sie ohne Hemmschwelle hinkommen, mit mir reden können." Dass sie viel Spaß an ihrem Abgeordnetendasein hat, nimmt man Gabriele Kordowski ab. Dafür nimmt sie gern in Kauf, dass für die Freizeit weniger Zeit bleibt. Die verbringt sie dann mit der Familie, mit Schwimmen und Reisen und natürlich mit dem Berner Sennenhund Kimon, mit dem sie - oder besser - der mit ihr spazieren geht.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN02159

  • Porträt der Woche: Franz-Josef Britz (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 2 - 19.02.2003

    Er zählt nicht zu jenen, die sich in die vordere Reihe drängen - Franz-Josef Britz engagiert sich in den Ausschüssen und im vorparlamentarischen Raum für die Interessen der Kommunen und für eine Reform der längst überholten Verwaltungsstrukturen. Dabei ist der CDU-Abgeordnete optimistisch, dass auch die Opposition mit überzeugenden Argumenten parlamentarisch etwas bewegen könne.
    Der gebürtige Essener, Jahrgang 1948, studierte nach dem Abitur Wirtschaftswissenschaften an der Universität Bochum, deren Rektor damals Kurt Biedenkopf hieß. Nach Abschluss des Studiums folgten für den Diplom- Ökonomen die Referendarzeit an einer Berufsbildenden Schule und die 2. Staatsprüfung. Bis zu seiner Wahl in den Landtag 1990 unterrichtete der Oberstudienrat an den Berufsbildenden Schulen in Gladbeck.
    Der CDU schloss sich Franz-Josef Britz 1970 an, da er nach seinen Worten während des Studiums die Erkenntnis gewonnen habe, dass für eine erfolgreiche Wirtchaftspolitik die soziale Marktwirtschaft eine unerlässliche Grundlage sei. Im Übrigen sei der Beitritt in die Union die "logische Fortsetzung" der Angehörigkeit in der katholischen Jugendbewegung gewesen, meint der Christdemokrat.
    Heute ist er Vorstandsmitglied des CDUKreisverbandes Essen. Kommunalpolitisch engagierte sich der Essener zunächst in der Bezirksvertretung Essen-Steele-Kray. 1979 wurde er dann erstmals in den Rat seiner Heimatstadt gewählt, wo er jetzt Vorsitzender der CDU-Fraktion ist.
    Schließlich wurde Franz-Josef Britz 1990 über die Reserveliste seiner Partei in den Landtag gewählt. Den langjährigen Kommunalpolitiker mit Schwerpunkt Finanzen reizte das Düsseldorfer Parlament, "weil im Finanzbereich die Verknüpfung zwischen dem Land und den Kommunen besonders eng ist". Die Fraktion berief ihn deshalb auch damals in den Haushalts- und Finanzausschuss.
    Als Mitglied des Ausschusses für Kommunalpolitik und seit 1994 auch des Ausschusses für die Verwaltungsstrukturreform, bedauert der CDU-Abgeordnete, dass sich die hohen Erwartungen an die überfällige Verwaltungsreform zum großen Teil "in nichts" aufgelöst hätten. Die oppositionellen Vorstellungen, die Zusammenführung der Landschaftsverbände, Bezirksregierungen und des Kommunalverbandes Ruhrgebiet zu einheitlichen Regionalverwaltungen sei am Widerstand der rot-grünen Parlamentsmehrheit gescheitert. "Sie bewegte sich nicht."
    Heute sieht der Essener zumindest "Ansätze" für eine Reform im Ruhrgebiet. Dazu zählten nach seiner Auffassung vor allem, dass die Mitgliedschaft in dem Regionalverband verpflichtend sei und er die Planungshoheit erhalten müsse. Das Revier dürfe nicht von Arnsberg, Düsseldorf und Münster "fremdbestimmt" werden. Der kommunalpolitische Sprecher der CDU-Fraktion setzt dabei optimistisch darauf, dass sich der Erfolg der Opposition bei der Gemeindereform, die Direktwahl der Bürgermeister, wiederholt.
    Nicht nur Franz-Josef Britz bereitet die Finanzsituation der Städte und Gemeinden große Sorgen. So macht sich seine Fraktion für ein "Notprogramm zur Wiederherstellung der kommunalen Handlungsfähigkeit" stark. Dazu zählen die Forderungen nach einer Rücknahme der zusätzlichen finanziellen Befrachtungen durch das Land und die Rücknahme der unter anderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungungen erhöhten Gewerbesteuerumlage auf wieder zwanzig Prozent. Zudem dürfe das Land den Kommunen nur dann weitere Aufgaben übertragen, wenn es gleichzeitig das notwendige Geld "mitliefert". Im nächsten Jahr würden dreiviertel aller Gemeinden in Nordrhein-Westfalen trotz großer eigener Sparanstrengungen in den Zwang zu Haushaltssicherungskonzepten geraten, befürchtet der CDU-Politiker.
    Der Vater von zwei Kindern entspannt sich im Übrigen bei Krimis, und möglichst von Frauen geschrieben - "sie sind auf hohem Niveau".
    Jochen Jurettko

    ID: LIN01671

  • Porträt der Woche: Helmut Stahl (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 13 - 27.11.2002

    Es ist ein kleines Geheimnis, dass sich Helmut Stahls Büro von anderen Zimmern im Landtag unterscheidet. Wenn man eintritt, empfängt einen gleich eine Atmosphäre der Behaglichkeit. Ein unaufdringlicher, würziger Duft von Pfeifentabak ist es, der zur Entspannung beiträgt. Helmut Stahl, ein Mann mit asketischem Aussehen und einer Vorliebe fürs Grau, fragt zunächst, ob der Rauch störend sei und schon läuft die Konversation. Der 55-Jährige erzählt von seiner Leidenschaft und wie er sich als 20-Jähriger für die Pfeife entschieden hat. "Zigaretten sind mir zu hektisch", sagt er und flachst, dass die Kriminalitätsrate unter Pfeiferauchern verschwindend gering sei. Stahl zieht genüsslich an seiner Pfeife, als wolle er den Scherz nochmals nachkosten. Die Pfeife ist ein Klassiker, eine Savinelli, gefertigt aus Bruyère-Holz, geradlinige Form.
    Mit Stahl redet es sich leicht, über Politik über Gott und die Welt. Es gehört ja ohnehin zum Anforderungsprofil eines Parlamentarischen Geschäftsführers, kommunikativ zu sein. Schließlich muss der gebürtige Olper, der seit mehr als zwanzig Jahren in Bonn wurzelt, die CDU-Landttagsfraktion auf Kurs halten. Der "PG", wie er intern genannt wird, muss die 88 Abgeordneten auf Abstimmungen einschwören und den Korpsgeist fördern. Stahl bezeichnet sich wohlwollend als "Hütehund" - ein durchaus gutmütiges Wesen also, das allerdings auch die Zähne zeigen kann, wenn jemand in der Herde widerspenstig wird.

    Politische Freundschaft

    Die erste Bewährungsprobe stand ihm mit der Wahl des neuen Ministerpräsidenten in der ersten Novemberwoche bevor. Dass letztlich zwei unerkannt gebliebene Abgeordnete aus der Opposition ebenfalls für den Kandidaten der rot-grünen Regierungsmehrheit, Peer Steinbrück, votierten, scheint ihn nicht zu stören. Es sei ja keine Stimme aus seiner Fraktion gewesen, sondern aus der FDP, sagt Stahl. Aber auch wenn es anders wäre, er würde gewiss dasseibe sagen. Als Parlamentarischer Geschäftsführer ist Stahl schließlich auch der wichtigste Streiter für die Glaubwürdigkeit und Autorität seines Vorsitzenden Jürgen Rüttgers. Ihn und Rüttgers verbindet eine lange politische Freundschaft. Kennen gelernt haben sie sich zu Beginn der 90er Jahre, als beide noch auf ihre Weise für die Bundesregierung tätig waren. Stahl als Abteilungsleiter im Bundeskanzleramt von Helmut Kohl; Rüttgers als Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Die Wertschätzung war so groß, dass Rüttgers, nachdem er 1994 zum Superminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie ernannt worden war, Stahl als Staatssekretär zu sich rief.
    Sein ungewöhnliches Talent für administrative Arbeit prädestinierte ihn für solche Aufgaben. Das dafür notwendige politische Fundament wurde in seiner Kindheit gelegt. Er wurde "am Mittagstisch politisiert" und trat als 18-Jähriger der CDU bei. Ab 1975 war der diplomierte Volkswirt in der CDU-Bundesgeschäftssteile tätig, dann in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion und danach als Leiter der Grundsatz- und Planungsabteilung im Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung. Der Aufstieg ins Zukunftsministerium von Rüttgers kennzeichnete für beide den Höhepunkt ihrer eingeschlagenen Karrieren. Umso schmerzhafter war dann die Ablösung der Kohl-Regierung vor vier Jahren. "Es waren schlimme Wochen. Das war so, als ob sie einen Araberhengst in eine Box steilen", sagt Stahl.
    Am 29. Oktober 1998 wurde Stahl offiziell in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Daraufhin wechselte er notgedrungen auf die politische Bühne. Er trat nur wenige Monate später als Kandidat für das hauptamtliche Oberbürgermeisteramt in Bonn an, absolvierte einen strapaziösen Wahlkampf und schaffte im September 1999 einen Überraschungserfolg: Er bezwang im ersten Wahlgang die SPD-Kandidatin Bärbel Dieckmann, verfehlte allerdings die absolute Mehrheit. Im zweiten Durchgang setzte sich die Konkurrentin durch. Seine nächste Chance konnte er im Mai 2000 nutzen: Stahl zog über einen Listenplatz in den Landtag ein. Vielleicht war das der Beginn einer neuen Karriere. Es sei für ihn jedenfalls unvorstellbar, jetzt schon zum Spazierstock zu greifen, sagt Stahl.
    Also schlug der Vater zweier erwachsener Kinder den anderen Weg ein, der wiederum viel von seiner freien Zeit abverlangt. Seit seiner Wahl zum Parlamentarischen Geschäftsführer im Oktober findet er nur noch am Wochenende Zeit für den Dauerlauf (das Wort Joggen steht bei ihm auf dem Index). Auch seine Streifzüge durch die Siegaue bei Bonn muss er einschränken. Immerhin die Bilder der Vögel, die dort zu beobachten sind, hat er sich eingeprägt. Stahl kennt nach eigener Aussage zwei Drittel der etwa 450 Arten in Europa. Beim Flussläufer oder Zwergtaucher gerät er ins Schwärmen. Das Interesse für Ornithologie wurde bereits in seiner Kindheit geweckt. Die Leichtigkeit der Vögel, sich in die Lüfte zu erheben, findet er seitdem ungemein faszinierend. Es sind auch solche hoch fliegenden Gedanken, die Helmut Stahl bisweilen losgelöster erscheinen lassen als andere Politiker.
    Kristian Frigelj

    ID: LIN02294

  • Porträt der Woche: Michael Ezzo Solf (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 7 - 13.06.2002

    Der zweite Vornamen von Michael Solf lautet Ezzo. Nanu? Was bedeuten denn diese vier Buchstaben? Eine Eitelkeit der Eltern vielleicht? Der Vater des CDU-Abgeordneten vom Rhein-Sieg-Kreis war Biologe, die Mutter Germanistin, sie war es, die vor 56 Jahren auf Ezzo kam, den Namen des gleichnamigen Liedes eines mittelhochdeutschen Schriftstellers aus dem elften Jahrhundert.
    Der kleine Vorspann weist auf einen bildungsbürgerlichen Hintergrund des Abgeordneten, der Latein, Griechisch und Erdkunde für das Höhere Lehramt studiert hat und der bedauert, nicht sein geliebtes Latein am Albert-Einstein-Gymnasium in Sankt Augustin unterrichten zu können. Solf entstammt nicht nur bildungsbürgerlichem, sondern auch christlichem Hause. Er bezeichnet sich als einen wertkonservativen Humanisten. Jemand wie Solf ist natürlich kein Konsument von TV-Massenware. "Bilderbuch Deutschland" sonntags im Ersten - nur da schaut er regelmäßig zu. Er liebt die Literatur, die klassische und die klassische Moderne, Dichtung vor allem. Und er verehrt die Ewige Stadt. Rom sei für ihn die schönste Stadt der Welt, gefolgt von Lissabon. Als Lehrer, zuletzt Studiendirektor, hat er die Rom-Besuche seiner Latein-Leistungskurs-Schüler stets gründlich geplant. Im Landtags-Büro hängt ein Foto der Engelsburg.

    Neue Medien

    Solf erzählt temperamentvoll, spricht schnell. Solche Zeitgenossen erinnern oft an Kerzen, die an beiden Enden brennen. Solf wirkt jedoch weder verbraucht, noch früh gealtert. Das kann er sich auch nicht erlauben, weil er spät geheiratet und demzufolge als Mittfünfziger zusammen mit seiner jungen Frau noch Kinder im Alter von 13, elf und fünf Jahren großzuziehen hat.
    Die Familie macht bevorzugt Urlaub auf Bauernhöfen: in Bayern, Baden-Württemberg oder Norddeutschland. Natürlich übertrumpfen die Kindern den Vater, wenn es um Internet, Computer, E-Mails und dergleichen geht. Aber der Pater familias nutzt und schätzt selbst die modernen technischen Möglichkeiten. Er hebt seine Abgeordneten-Homepage hervor, preist die großartigen Möglichkeiten der weltweiten Vernetzung. Nur mahnt er auch, die neuen Medien sinnvoll zu nutzen. Der beurlaubte Schulmeister rüffelt: Viele Schüler fräßen Videospiele und bestimmten Computerschund in sich hinein. Zur Politik stieß Solf in den wilden Sechzigern. Von den Eltern, die stets Zentrum und später CDU gewählt haben, inspiriert, hatte er sich vorher dem Eintritt in die Junge Union und schließlich 1968 in die CDU bereits in der christlichen Jugend engagiert. Solf gehörte jahrelang zur aufmüpfigen und rührigen CDU-Jugend im Rhein-Sieg-Kreis. 1980 sagte er öffentlich, ein wahrer Christ könne den CDU/CSU-Kanzlerkandidaten Strauß nicht wählen, weil der unbequeme Kritiker als Ratten und Schmeißfliegen tituliert hatte. Als junger Unions-Mann befürwortete er gegen die offizielle Bundespartei-Linie die Brandtsche Ostpolitik. Heute sitzt er gerne im Landtags-Migrationsausschuss, denn die Integration von Zuwanderern ist ihm ein wichtiges Anliegen. Solf tritt für islamischen Religionsunterricht an deutschen Schulen ein. Er nennt es ein Grundübel, dass das Fach Religion ein Nebendasein friste und dass viele junge Menschen religionsfern aufwüchsen. Solf hat Kreistags- und Stadtrats-Arbeit geleistet und 1995 erstmals vergebens für den Landtag kandidiert. 1999 rückte er dann nach, 2000 gewann er den für die Union schwierigen Wahlkreis direkt. Der Abgeordnete sagt, er sei weder ein rechter noch ein linker politischer Scharfmacher. Der bequemste Parteifreund ist er gewiss nicht. Er focht für eine nächtliche Kernruhezeit am Flughafen Köln/Bonn, er setzte sich gegen die Müllverbrennungsanlage in Niederkassel ein. In beiden Fällen war seine Partei mehrheitlich anderer Meinung.
    Zu den ruchbar gewordenen neuen Politikskandalen in Köln und anderswo meint er: Schlimmer als einzelne schwarze Schafe seien schleichend daherkommende Verstöße gegen die guten politischen Sitten, beispielsweise das "Kaufen" von Ländern im Bundesrat, oder der nahtlose Übergang von Spitzenbeamten und -Politikern in Positionen der Wirtschaft, mit der man schon zuvor kooperiert hatte. Die Jugend, so findet der Pädagoge und Politiker, sei auf intellektuelle und ethische Integrität bedacht. "Wir, die Politiker, müssen der Jugend saubere Strukturen schaffen." Mit schneidender Kritik fertigt SoIf ideologisierte Bildungspolitik vergangener Jahre ab: Er habe erfahren, wie sich vermeintliches bildungspolitisches Gold als Blech erwiesen habe.
    Was macht solch ein Hochmotivierter, solch ein Dauerbrenner, wenn Mußestunden winken? Er wandert gerne am "geliebten Niederrhein", dort, wo er einst (in Emmerich) als Referendar gelebt hat.
    Reinhold Michels

    ID: LIN02400

  • Porträt der Woche: Angelika Gemkow (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 4 - 23.04.2002

    "Die ständig steigende Zahl älterer Menschen muss eine stärkere politische Debatte nach sich ziehen", fordert Angelika Gemkow. Für die CDU-Sozialpolitikerin ist eine nachhaltige Auseinandersetzung mit der Tatsache unabdingbar, dass es in unserer Gesellschaft immer mehr Senioren gibt. Bald wird die christdemokratische Landtagsabgeordnete ihrem Ziel einen Schritt näher sein. Der Düsseldorfer Landtag hat nämlich die Einrichtung einer Enquetekommission zur "Situation und zur Zukunft der Pflege in NRW" beschlossen. Den Vorsitz wird Angelika Gemkow übernehmen, die dem Landesparlament seit 1995 angehört. "In der Enquetekommission werden wir uns mit allen Fragen einer älter werdenden Gesellschaft beschäftigen", ist die CDU-Politikerin überzeugt. Das Gremium soll auch Lösungsmöglichkeiten formulieren und Visionen entwickeln, wie die Probleme gelöst werden können.

    Eine Exotin

    Angelika Gemkow, die von sich selber sagt, sie sei "Praktikerfrau", weiß schon jetzt, wo man ansetzen sollte: "Wir müssen bereits den heute 40-Jährigen sagen, dass sie Hobbys pflegen, Kontakt zu Freunden halten, sich in Vereinen organisieren, sich körperlich fit halten und soziale Netze knüpfen müssen, damit sie im Alter nicht krank und einsam sind." All das gehöre zur Eigenvorsorge, die jeder selber leisten könne. Die 52-jährige CDU-Politikerin, die mit einem Diplom-Finanzwirt verheiratet ist und zwei Kinder hat, bezeichnet sich selber als Familienmenschen und ist überzeugt, dass sie ohne die Unterstützung ihres Mannes und der Familie - also eines Geflechts von Helfenden - ihre politische Karriere nicht hätte machen können.
    Die Bielefelderin hat sich schon sehr früh politisch engagiert. Obwohl ihre Eltern politisch nicht aktiv waren, interessierte sie sich für eine Mitarbeit in der Jungen Union (JU). 1966 trat sie in die JU ein, ein Jahr später war sie CDU-Mitglied. "Eigentlich kann man erst mit 18 Jahren Mitglied werden, aber weil ich gleich in den Kreisverband der JU gewählt worden war, hat man bei mir ein Auge zugedrückt", erinnert sich Angelika Gemkow lachend. Rasch folgten weitere politische Ämter. "Ich hatte bei meiner politischen Arbeit immer wieder das große Glück, dass es interessierte Menschen gab, die mich inhaltlich mitgenommen haben", erinnert sich Gemkow dankbar. Gefördert wurde sie wohl auch deshalb, weil es so selten ist, dass sich eine junge Frau für die politische Arbeit einsetzt. "Irgendwie war ich da immer eine Exotin", sagt sie. Auch das hat ihr geholfen. Seit 1979 ist sie Mitglied im Rat der Stadt Bielefeld und dort stellvertretende CDU-Fraktionsvorsitzende. Bis Oktober 1995 war sie Mitglied der Landschaftsversammlung Westfalen-Lippe. Sie ist unter anderem Bezirksvorsitzende der CDA Ostwestfalen-Lippe und Mitglied des CDA Landesvorstandes. 1993 hat sich die gelernte Verwaltungsangestellte für ein Landtagsmandat beworben und sich mit einer Zweidrittelmehrheit gegen drei männliche Mitbewerber durchgesetzt. Seit 1995 ist sie im Landtag. "Wenn die Partei es will und ich gesund bleibe, hätte ich durchaus Lust, diese Arbeit auch in der nächsten Legislaturperiode fortzusetzen", sagt die CDU-Abgeordnete und fügt fröhlich und nicht ganz ernst hinzu: "Jetzt, wo die Kinder groß sind, lebe ich doch richtig auf."
    Als Sozialpolitikerin, die sich schon in der Kommune bewährt hatte, kam Angelika Gemkow ohne Schwierigkeit in die von ihr gewünschten Ausschüsse. Sie ist ordentliches Mitglied im Ausschuss für Arbeit, Gesundheit, Soziales und Angelegenheiten der Vertriebenen und Flüchtlinge und im Ausschuss für Frauenpolitik. Als besonders fruchtbar erweist sich ihre Doppelfunktion als Ratsmitglied und als Landtagsabgeordnete. "Das ergänzt sich prächtig. Erfahrungen aus der Kommune kann ich im Landtag einbringen. Vor Ort höre ich, was die Leute bewegt und was sie wirklich brauchen."

    Gutes Arbeitsklima

    An der Ausschussarbeit gefällt ihr die oft fraktionsübergreifene Zusammenarbeit der Fachpolitiker. "Es herrscht ein gutes Arbeitsklima. Man streitet sich, aber man versteht sich auch untereinander." Ein wenig traurig macht es sie, dass ihre Arbeitsfelder - also der soziale und gesellschaftspolitische Bereich - so wenig Lobby haben. "Es geht immer nur um Wirtschaft. Es geht um Geld und vielfach einfach nur um Macht. Dadurch wird der einzelne Mensch oft vergessen. Da muss dringend etwas verändert werden", ist die CDU-Politikerin überzeugt. Die politische Auseinandersetzung muss dann im Plenum des Landtags ausgetragen werden. Dort findet die CDU-Frau auch deutliche Worte an die Adresse des politischen Gegners. So ging Angelika Gemkow in der letzten Haushaltsdebatte am 13. Dezember 2001 heftig mit der SPD ins Gericht, als sie der Regierung ins Stammbaum schrieb: "Die Landesregierung ist fast vollständig aus der Fürsorge für ältere pflegebedürftige Menschen - das sind meistens Frauen - ausgestiegen. Sie kürzt die Mittel für dringend benötigte Pflegeplätze. Sie geben kein Geld mehr für die Modernisierung alter, sanierungsbedürftiger Pflegeplätze aus. Sie streichen auch die Mittel für Hauswirtschaftsdienste für Senioren. Vieles an sozialer und ehrenamtlicher Arbeit bleibt künftig auf der Strecke."
    Zum Entspannen von ihren politischen Aktivitäten guckt Angelika Gemkow, die früher selber gespielt hat, begeistert Tennis. Aber sie radelt auch gern mit ihrem Mann im Urlaub durch die Landschaft. Besonders gut gefällt ihr da die pommersche Insel Usedom. Kochen und Gartenarbeit sind für die CDU-Frau mehr Pflichtübungen. Dagegen schätzt Angelika Gemkow ein gutes Buch und das gesellige Zusammensein mit Freunden.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN02623

  • Porträt der Woche: Bärbel Wischermann (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 1 - 29.01.2002

    Bis vor kurzem stand über dem Eingang der ehrwürdigen Villa Horion "Ministerpräsident" als Adressenschild. Das hat sich mit Ende vergangenen Jahres geändert: da ist nämlich der 25-köpfige Petitionsausschuss des Landtags mit allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in das 1911 erbaute Haus gezogen. "Der Bau ist für unsere Belange bestens geeignet. Wir machen aus der Villa ein richtiges Bürgerhaus, als Angebot für alle, die Hilfe brauchen", freute sich die Vorsitzende des Petitionsausschusses Bärbel Wischermann. Die CDU-Abgeordnete, die den Ausschuss schon in der zweiten Legislaturperiode leitet und ihm bereits seit 1990 angehört, kann sich vorstellen., dass sie künftig an einem Tag in der Woche das neue Bürgerhaus für alle Petenten für Sprechstunden öffnet: "Da kann dann jeder kommen und uns sofort erreichen."
    Bärbel Wischermann macht kein Hehl daraus, dass ihr Herz an dem Petitionsausschuss hängt. "Ich bin mit Leib und Seele dabei. Die Arbeit macht mir soviel Freude, weil man tatsächlich etwas bewirken kann. Beispielsweise tragen wir dazu bei, Politikverdrossenheit abzubauen, indem wir dem Bürger das Gefühl geben, dass er wichtig ist und dass wir für ihn da sind." Dadurch, dass der Ausschuss Bürger zu einem Gespräch einlade und ihn selber seinen Fall vortragen lasse, gebe man dem Petenten das Empfinden, dass da jemand ist, der sich der eigenen Sorgen annehme. "Wir sind die Kämmerer", sagt die 57-jährige Ausschussvorsitzende voll Stolz auf geleistete Arbeit.
    Ursprünglich hatte die CDU-Frau den Petitionsausschuss gar nicht angestrebt. Als Mutter von drei Kindern hatte ihr der Schulausschuss viel näher gelegen. Tatsächlich kam sie da auch hinein, zusätzlich wurde sie Mitglied im Petitionsausschuss. Und da ging es wie fast allen Mitgliedern in diesem Gremium: "Da will zunächst keiner rein, aber wer einmal drin ist. bleibt es auch, obwohl die Aufgabe arbeitsaufwendig ist und mit ihr auch keine schnelle Schlagzeile zu gewinnen ist."
    Zur Begeisterung für diese Arbeit hat ein Erfolgserlebnis beigetragen, das Bärbel Wischermann gleich zu Beginn ihrer Abgeordnetenlaufbahn 1990 hatte: "In meine Sprechstunde kam eine ältere Dame. Sie erklärte mir, dass sie es ungerecht fände, dass sie keine Witwenbeihilfe bekäme." Nachdem sie den Fall geschildert hatte, fand Wischermann das auch. Sie machte eine Petition, es folgten Gespräche mit dem Landesversorgungsamt und tatsächlich wurden der Frau 32000 Mark nachgezahlt. "Das war für mich ein Ansporn. Damals habe ich gedacht: Das ist ja toll. Wir haben ein Instrument, mit dem wir massivst etwas für den Bürger tun können. Dieser Meinung bin ich noch heute. Meine Überzeugung hat sich im Laufe der vielen Jahre sogar noch verstärkt."
    Als Ausschussvorsitzende wirkt Bärbel Wischermann aber nicht nur nach innen, sie wirbt auch nach außen für die Arbeit des Petitionsausschusses. Als das Land Niedersachsen, das bislang keinen Petitionsausschuss hat, sich über die unterschiedlichen Möglichkeiten in den verschiedenen Bundesländern unterrichtete, trug Bärbel Wischermann vor, wie der Petitionsausschuss NRW funktioniert. Sie berichtete, wie man durch Ausschluss der Öffentlichkeit dafür gesorgt hat, dass Parteienstreit erfolgreich aus diesem Gremium herausgehalten werden kann, dass die Anhörungen der Petenten dazu führen, Bürgernähe zu erzeugen. Bärbel Wischermann: "Nach der Anhörung in Hannover haben alle gesagt: Das NRW-Konzept hat uns überzeugt. Wir machen es wie die Nordrhein-Westfalen."
    Zur Politik ist die 1944 in Mülheim an der Ruhr geborene Christdemokratin über Mitarbeit im vorparlamentarischen Raum gekommen. Nach Pädagogikstudium und früher Heirat mit einem Diplomkaufmann und der Geburt ihrer Kinder, wurde Bärbel Wischermann Kindergartenvorsitzende, dann Schulpflegschaftsvorsitzende, schließlich trat die CDU an sie heran, ob sie nicht für den Gemeinderat in Bottrop kandidieren wolle, wo sie inzwischen wohnte. 1974 ist sie in die CDU eingetreten. Danach folgten viele Parteiposten, unter anderem war sie 1987-1993 als erste Frau Schatzmeisterin des CDU-Kreisverbands Bottrop und seit 1989 CDU-Ratsmitglied in Bottrop.
    Als die CDU-Kreispartei 1989 anfragte, ob sie nicht in den Landtag wolle, erbat sich Bärbel Wischermann Bedenkzeit, stimmte dann zu. Die Wahlnacht brachte eine besondere Aufregung. Die CDU-Frau stand auf Platz 68 der Reserveliste. Die Liste zog bis Platz 67. Doch noch in der Wahlnacht erklärte Spitzenkandidat Norbert Blüm, dass er nicht in Düsseldorf antreten würde: damit war die CDU-Kandidatin Bärbel Wischermann als erste Nachrückerin von Beginn der elften Legislaturperiode im NRW-Landtag.
    Im Parlament fand die zupackende Christdemokratin schnell ihren Weg. Den Schulausschuss hat sie inzwischen gegen die Grubensicherheit eingetauscht. Im Wahlkreis sorgen zwei Mitarbeiterinnen für kontinuierliche Betreuung der Wählerinnen und Wähler. Offiziell hat Bärbel Wischermann alle zwei Wochen montags Sprechstunde. "Da sich aber herumgesprochen hat, dass ich den Petitionsausschuss leite, kommen Leute auch aus anderen Wahlkreisen, um mir ihre Petitionen zu überreichen."
    Da sich Bärbel Wischermann ganz ihrer Arbeit als Vorsitzende des Petitionsausschusses verschrieben hat, bleibt wenig Freizeit. Die teilt sie mit den erwachsenen Kindern, vor allem aber mit ihrem Mann. Gemeinsam wird dann gewandert, gelesen, dabei klassische Musik gehört oder ins Konzert gegangen.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN02797

  • Porträt der Woche: Andrea Milz (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 14 - 09.10.2001

    "So kann das nicht weitergehen", sagt Andrea Milz überzeugt. Für die 38-jährige CDU-Landtagsabgeordnete aus dem Rhein-Sieg-Kreis ist es ganz offensichtlich, dass die Landtagsdebatten gestrafft und interessanter werden müssen. "Jedes Gespräch, das ich führe, ist informativ. Jeder Außentermin lohnt sich", erklärt die Parlamentarierin. Doch die Plenarwochen seien zumeist enttäuschend. "Die bringen nicht weiter. Die sind nicht spannend", urteilt die Christdemokratin, die seit Juni 2000 im Düsseldorfer Landtag sitzt.
    Ihre negative Einschätzung der Plenartage teilt die temperamentvolle Frau mit anderen jungen Unionsabgeordneten. Gemeinsam wurden sie deshalb beim Landtagspräsidenten vorstellig und mahnten Reformen an. Ulrich Schmidt zeigte sich durchaus aufgeschlossen und riet, sich in anderen Fraktionen "Verbündete" zu suchen, um dem Landesparlament zu etwas mehr Frische und Lebendigkeit zu verhelfen. Erste Gespräche mit Jung-Parlamentariern anderer Parteien haben bereits stattgefunden. "Vielleicht schaffen wir es ja, den Düsseldorfer Landtag etwas aufzumischen", hofft Andrea Milz. Die agile CDU-Frau weiß sehr wohl, dass schon eine Reihe Politiker vor ihr vergeblich diesen Versuch unternommen hat. Doch das stört sie nicht. "Wenn mir jemand sagt, das habe ich schon drei Mal versucht, dann versuche ich es eben zum vierten Mal", betont Milz. Etwas einmal als richtig Erkanntes so einfach aufzugeben, gehört nicht zu den Charaktereigenschaften der zielstrebigen Frau aus Königswinter.
    Das zeigt auch ihre beachtliche Karriere von der Sekretärin zur Landtagsabgeordneten. Nach mittlerer Reife und höherer Handelsschule arbeitete sie in der CDU-Bundesgeschäftsstelle, avancierte schnell zur Chefsekretärin und Sachbearbeiterin, wechselte in die Pressestelle des Postministeriums, wo sie nach nicht allzu langer Zeit kommissarische Abteilungsleiterin wurde. "Immer wenn ich Lust hatte zu wechseln, kam jemand, der mich haben wollte", schildert Andrea Milz ihren imponierenden beruflichen Aufstieg als ganz selbstverständlich.
    Zur Politik fand die flippige Frau, die man ihrem bunten und extravaganten Äußeren nach eher bei den GRÜNEN als in der CDU vermuten würde, bereits als Schülerin mit 17 Jahren. "Ich habe in einer Marmeladenfabrik in Bad Honnef Ferienarbeit gemacht, als mir in einer verregneten Mittagspause ein junger Mann aus Rheinland-Pfalz vorgeschwärmt hat, wie toll die Junge Union ist. Ich habe ihm fasziniert zugehört und danach bei meinem eigenen Ortsverein in Königwinter angeklopft." Bereits ein Jahr später, 1981, ist Andrea Milz, deren Eltern absolut nichts mit Politik zu tun hatten, in die CDU eingetreten. "Ich habe mir die Partei ausgesucht, die am meisten meinen Vorstellungen entsprach", sagt die CDU-Frau rückblickend und ergänzt: "Ich erwarte keine 100-prozentige Übereinstimmung, aber 70 Prozent müssen es schon sein."
    Ebenso wie im Beruf ging es für Andrea Milz auch innerhalb der Partei rasch nach oben. Das Jahr 1985/86 sah sie als Pressesprecherin des CDU-Stadtverbandes Königswinter. Seit 1989 war sie Mitglied im Rat der Stadt. 1994/95 wurde sie stellvertretende Fraktionsvorsitzende, nachdem sie bereits seit 1989 sachkundige Bürgerin der CDU-Kreistagsfraktion Rhein-Sieg-Kreis war. Gegen drei Gegenkandidaten setzte sie sich durch, als es um die Landtagskandidatur ging. Tatsächlich verteidigte Andrea Milz den Wahlkreis Rhein-Sieg auch bei der Wahl erfolgreich und trat die Nachfolge von Lokalmatador Franz Riscop an.
    Mit ihrem neuen Leben als Parlamentarierin hat sich die CDU-Frau angefreundet, wenn sie auch jetzt schon weiß: "20 Jahre lang werde ich nicht Oppositionspolitikerin bleiben." Für die nächste Legislaturperiode will sie ganz sicher wieder antreten. Doch elf Jahre Oppositionsarbeit, bei der sie nur wenig bewegen könne, das kann sie sich nicht vorstellen: "Ich bin voller Tatendrang, da muss mehr passieren." Entsprechend wirbelt sie durch Landtag und Wahlkreis. Zumeist ist sie an jedem Wochenende unterwegs und an Nicht-Plenartagen werktags oft im Wahlkreisbüro anzutreffen. "Ich verstehe mich als Dienstleister - sowohl für den Bürger als auch für die Partei", beschreibt Andrea Milz ihre Aufgabe.
    Im Landtag ist es ihr auf Anhieb gelungen, in den begehrten Wirtschaftsausschuss zu kommen, im außerdem gewünschten Jugendausschuss wurde sie nur Stellvertreterin. Dafür arbeitet sie als ordentliches Mitglied im Petitionsausschuss mit. Engagiert besucht sie alle Sitzungen und hat ihre Jungfernrede im Plenum mit Bravour und ohne jedes Lampenfieber absolviert. "Das kenne ich von der Bühne. Das regt mich nicht auf", sagt die Aufsteigerin, zu deren ausgefallenen Hobbys nicht nur die Schauspielerei gehört. Andrea Milz ist ausgebildete Hula-Tänzerin, spielt Schach, nimmt Unterricht in Silberschmiederei, näht ihre Kleidung selber, hat über 250 selbst gestrickte Pullover im Schrank und geht für ihr Leben gern in eine ganz bestimmte Techno-Disko.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN03076

  • Portät der Woche: Dr. Stefan Heinrich Berger (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 5 - 13.03.2001

    In seinem Büro hängt ein Kalender mit Motiven einer bekannten flachen deutschen Landschaft. Daneben prangt das Jubiläums-Andenken "100 Jahre Borussia Mönchengladbach". Man ist also zu Gast bei einem Niederrheiner, bei Stefan Heinrich Berger aus dem Kreis Viersen, exakter: aus Schwalmtal. Berger ist ein Niederrheiner mit Leib und Seele. Der Menschenschlag gefällt ihm, weil er auf konservative Werte, Traditionen achte, aber nicht biestig-sendungsbewußt sei. Berger lobt den Niederrheiner dafür, dass er in der Lage sei, beim Bier entspannt auch über Konfliktträchtiges zu reden. Kulturelle Defizite empfindet der junge Abgeordnete vom Lande nicht. Schließlich ist Schwalmtal nicht weit entfernt von Düsseldorf, Köln - und Brüssel, so sagt Berger, sei auch schnell mit dem Auto zu erreichen.
    Berger möchte nicht als Landei erscheinen. Das tut er auch nicht. Er ist ein junger Spund in der Landespolitik, arbeitet seit der Wahl 2000 im Parlament. Noch sitzt er ganz hinten. Politischer Ehrgeiz ist spürbar. Berger ist niemand, der sich zufrieden zurücklehnt und denkt: Mensch, ich bin mit 30 MdL geworden, und wenn ich hübsch artig und fleißig bin, schaffe ich dereinst das Silberjubiläum als Abgeordneter. Indes will er auch nicht als Jobhopper und politischer Karrierist erscheinen. Er hat sich vorgenommen, seine Arbeit als Mandatsträger in der CDU-Fraktion so gut wie möglich zu machen. Und dann? "Alles weitere ergibt sich." Er akzeptiert die Hierarchien in der Fraktion.
    Als jungem Mann aus dem deutsch-niederländischen Grenzgebiet liegt Berger die europäische Zusammenarbeit, überhaupt die Europapolitik am Herzen. Berlin sei zwar der politische Dreh- und Angelpunkt der Republik, aber in einer Grenzregion sei der wichtigste Partner derjenige auf der anderen Seite der Grenze. Berger verlangt eine ehrliche Europapolitik, europapolitische Euphorie sei in seiner Generation ohnehin einem nüchternen Verhältnis zur EU und zu ihren Institutionen gewichen. Europa werde von vielen nicht nur als Chance, sondern auch als alltägliches Problem empfunden. Es gelte deshalb, die Menschen aufzuklären, sie mit sachlichen Argumenten davon zu überzeugen, dass Schritte zur europäischen Integration in ihrem Interesse liegen. "Wir müssen die Probleme der EU lösen, anderenfalls werden es richtige Probleme." An der Stelle der Unterhaltung spricht Berger wie ein alter Hase. Er versteht es, zu formulieren. Man merkt, dass da jemand nicht erst vor kurzem in die Politik gestolpert ist. Daheim in Schwalmtal ist der promovierte Wirtschaftspädagoge eine CDU-Größe: Parteivorsitzender, Vorstandsmitglied im Kreisverband, Ratsherr - nicht gerade ein krummer politischer Lebenslauf.
    Die Familie ist seit 150 Jahren in Schwalmtal ansässig, was vor 1969/70 noch Waldniel und Amern hieß. Der Opa, von dem er den zweiten Vornamen Heinrich hat, war Kartoffelhändler, Bergers Vater betrieb einen Agrarhandel, die Mutter ein Geschäft für Tapeten und Bodenbeläge. Berger hat bislang noch nie eine andere Partei als die CDU gewählt, wiewohl er mit 18 noch nicht voll überzeugt war von seiner jetzigen Partei. Beim Wirtschaftsstudium in Mainz änderte sich das, mit 24 wurde er Mitglied. Bei den Kommunalwahlen 1999 erreichte die Schwalmtaler CDU mit einem Stimmenplus von zwölf Prozent das zweitbeste Ergebnis im Kreis. Berger war da schon CDU-Chef in seiner Heimatstadt. Und er war bereit für einen Kreis-CDU-internen Zweikampf, als es um die Landtagskandidatur 2000 ging.
    Als niederrheinischer CDU-Kommunalpolitiker, der Abstimmungssiege gewohnt ist, musste sich Berger im Landtag an die dortigen rot-grünen Realitäten gewöhnen. Was ihn zunächst mächtig irritiert hat. Sich damit abzufinden, als Opposition überstimmt zu werden, fällt schwer. Als Jüngerer tat sich Berger mit dem "Du" leicht, was besonders für das unverkrampfte Verhältnis zu den jungen Freidemokraten im Parlament gilt. Berger tritt für einen Politikstil ein, der Pop-Elemente und Banalisierung meidet, und der bei aller sachlich notwendigen knallharten Auseinandersetzung darauf achtet, nicht zuerst den Gegner herabzusetzen, vielmehr Eigenes herauszustellen.
    Berger, der noch Junggeselle ist, hat eine Zwillingsschwester, mit der er sich blendend versteht. Sein häufiger Griff zur Zigarettenschachtel verrät innere Spannung. Von längeren Erholungsphasen, also einem Drei-Wochen-Urlaub beispielsweise, hält er nichts. Mal ein paar Tage verreisen, für ein Wochenende an die Nordsee fahren - das genügt ihm. Dann, so meint er, liegt auch nicht so viel auf dem Schreibtisch, wenn man wieder zu Hause ist.
    Reinhold Michels

    ID: LIN03695

  • Porträt der Woche: Dr. Helmut Linssen (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 3 - 13.02.2001

    Ein ehrgeiziges Ziel hat sich Helmut Linssen gesetzt - das Ansehen der Demokratie in Nordrhein-Westfalen zu stärken. So müsse nach Ansicht des neuen Vizepräsidenten des Landtages die Arbeit des Parlamentes für die Bürger transparenter und dessen Bedeutung nach außen glaubhaft dargestellt werden. Auch in seinem neuen Amt macht sich der Christdemokrat für eine Verkleinerung des Düsseldorfer Landtages von derzeit 231 auf 151 Abgeordnete stark, was auch dessen Effizienz steigern würde. Sein Augenmerk gilt auch einer Straffung der Landtagsverwaltung.
    Der heute 58-jährige Niederrheiner hat sich während seiner langen politischen Tätigkeit auf den verschiedenen Ebenen stets als "Landespolitiker mit ganzem Herzen" verstanden und nach seiner Einschätzung wird die Landespolitik auch vor dem Hintergrund eines größer gewordenen Europas nicht von ihrer Bedeutung für die Menschen in der Region einbüßen. "Wir wer- den künftig bemüht sein müssen, für Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichste Region Europas einen festen Spitzenplatz in der politischen und wirtschaftlichen Gemeinschaft unseres Kontinents zu finden." NRW habe alle Chancen, im europäischen Konzert in der ersten Reihe mitzuspielen.
    Gemeinsam mit seinem Bruder engagierte sich der Diplom-Kaufmann und Dr. rer. pol. zunächst im elterlichen Agrargroßhandel, so dass er mit 30 Jahren eher spät zur Politik stieß. Sein politischer Aufstieg war dann aber stetig und doch zunächst unauffällig. Erste Erfahrungen sammelte der verheiratete Vater einer Tochter von 1975 bis 1980 als Ratsmitglied in Geldern. Im selben Jahr wurde er erstmals direkt in den Landtag gewählt, wo er sich als Umwelt- und Wirtschaftsexperte schnell einen Namen machte und dann auch stellv. Vorsitzender der Landtagsfraktion wurde.
    Der damalige Landesvorsitzende Norbert Blüm berief seinen Parteifreund, der auch innerhalb der Union eine Generation repräsentierte, die auf Erneuerung drängte, 1987 zu seinem Generalsekretär. Gemeinsam trieben sie das Zusammenwachsen der ehedem getrennten Landesverbände Rheinland und Westfalen-Lippe voran und sorgten gleichzeitig für neue Harmonie in der streitgeschüttelten NRW-CDU. Nach der verlorenen Landtagswahl 1990 übernahm Linssen den Fraktionsvorsitz und führte die Union fünf Jahre später als Spitzenkandidat in die Landtagswahl, kam aber auch nicht über 37,7 Prozent hinaus. Allerdings wurde die absolute Mehrheit der SPD gebrochen.
    Linssen, der stets betont, von der Politik nicht abhängig zu sein - eine seltene Spezies unter den Politikern, hatte immer dafür plädiert, den Fraktions-, Landesvorsitz und die Spitzenkandidatur in einer Person zu bündeln. Doch als sich 1997 die Stimmen in der Union mehrten, die die Ablösung Blüms forderten, hätte er es als "Stilbruch" empfunden, seinem "politischen Ziehvater" das Amt streitig zu machen. Und als der Christdemokrat zwei Jahre später in einer Kampfabstimmung um den Landesvorsitz seinem Mitbewerber Jürgen Rüttgers unterlag, zog er gradlinig die Konsequenzen und trat auch vom Fraktionsvorsitz zurück. Linssen ist kein Mann der taktischen Kniffe, niemand, der seine Ellbogen einsetzt.
    Als Ende letzten Jahres Vizepräsident Laurenz Meyer zum Generalsekretär der Bundes-CDU ernannt wurde, wählte der Landtag den Niederrheiner zu seinem Nachfolger. "Ich mache keinen Hehl aus meiner Freude über das große Vertrauen der CDU-Fraktion und des Parlamentes", bekennt Linssen heute. Für sei- ne neue Aufgabe scheint der Christdemokrat, den ein Kommentator einmal als einen Politiker charakterisierte, der geschmeidig zwischen aggressiver Härte und präsidialem Habitus wechselt, prädestiniert zu sein.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN03779

  • Porträt der Woche: Peter Klaus Biesenbach (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 21 - 12.12.2000

    Für Peter Klaus Biesenbach war es ein "Glücksfall" - unmittelbar nach seinem Einzug in das Landesparlament berief die CDU-Landtagsfraktion den Neuling zu ihrem rechtspolitischen Sprecher. Der 52-jährige Anwalt aus Hückeswagen bringt für diese Aufgabe vielseitige administrative, praxisnahe und sogar internationale Erfahrungen ein. Und er will diese Chance der Mitarbeit an gewichtigen rechtspolitischen Entscheidungen engagiert nutzen.
    Handlungsbedarf sieht der Christdemokrat vor allem im Strafvollzug. Und das nicht nur wegen der teils überfüllten Gefängnisse - der Strafvollzug selbst müsse qualitativ weiterentwickelt werden. So will er sich beispielsweise nicht damit abfinden, dass der Strafvollzug offensichtlich vor dem Drogenproblem "kapituliert" habe. So werde inzwischen behauptet, dass es in den Gefängnissen leichter sei an Drogen zu kommen als außerhalb der Anstalten. Und der große Personalmangel im Vollzugsdienst habe zur Folge, dass es massive Lücken bei der Betreuung, der Resozialisierung der Inhaftierten gebe. Bedrückend sei diese Situation insbesondere für den Jugendstrafvollzug, berge sie doch die Gefahr höherer Rückfallquoten. Den meisten straffällig gewordenen Jugendlichen mangle es an sozialen Kontakten, für deren Überwindung sei aber eine personenbezogene Betreuung unerlässlich. Schließlich müsse die Justizverwaltung selbst zügig mit modernen Techniken ausgestattet werden. "Erst dann kann man den dortigen Personalbestand reduzieren."
    Der gebürtige Hückeswagener besuchte zunächst die Realschule und nach deren Abschluss erfolgte sein beruflicher Einstieg beim Regierungspräsidium in Düsseldorf, wo er nach der Prüfung für den nicht-technischen Dienst im Wasserwirtschafts-Dezernat arbeitete. Bald jedoch folgte Peter Klaus Biesenbach seiner Neigung zur Justitia, absolvierte das Abitur auf dem Düsseldorfer Abendgymnasium und studierte in Köln.
    Seine Studienzeit wurde von mehreren Auslandsaufenthalten geprägt ("Ich wollte über die Grenzen gucken"), insbesondere im südostasiatischen Raum. Einen Teil seiner Referendarzeit absolvierte er Anfang der 90er-Jahre bei einem Kollegen am obersten indischen Gerichtshof in Delhi, wo er nachhaltige Eindrücke gewann. Nach dem zweiten Staatsexamen ließ er sich als Anwalt in einer Sozietät nieder.
    Schon in frühen Jahren wuchs das Interesse für die Politik. Der heutige Landtagsabgeordnete trat bereits als 18-jähriger der Jungen Union bzw. der CDU bei. Seit zehn Jahren ist er stellvertretender Vorsitzender der Union des Oberbergischen Kreises. Als Mitglied des Stadtrates Hückeswagen engagiert sich Peter Klaus Biesenbach seit 1975 in der Kommunalpolitik, seit der letzten Wahl im Herbst vergangenen Jahres gehört er auch dem Kreistag an und ist stellvertretender Fraktionsvorsitzender.
    Mit einer guten Portion Ehrgeiz und viel persönlichem Einsatz verfolgte er das Ziel, den Landtagswahlkreis 27 (Oberbergischer Kreis I) für seine Partei zu gewinnen - und er schaffte es beim dritten Anlauf. Fehlten beim ersten Mal noch mehr als 6 000 Stimmen, waren es dann nur noch gut 700, und im letzten Frühjahr holte er sogar einen Vorsprung von 2 000 Wählern für die Union heraus.
    Die Liebe zum südostasiatischen Raum hat sich der Christdemokrat erhalten und vor allem Indien ist das Ziel der Urlaubsreisen, wo er die während der Referendarzeit entstandene Freundschaften pflegt. Entspannung bieten auch der Griff zu einem Buch und die Fotografie. Doch derzeit steht die Landespolitik im Vordergrund. Und es ist für den Beobachter sicher, dass das Landesparlament des Öfteren auf den CDU-Abgeordneten aufmerksam wird.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN04073

  • Porträt der Woche: Friedhelm Ortgies (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 19 - 14.11.2000

    Friedhelm Ortgies erinnert sich: Der 14. Mai, der Wahltag in Nordrhein-Westfalen, sei der spannendste Abend seines Lebens gewesen. Es war, wie man sagt, eine Zitterpartie. Am Ende hatte der Wahlkreisbewerber Ortgies, der CDU-Kandidat in Minden-Lübbecke I, um 300 Stimmen die Nase vor. Zum ersten Mal seit 20 Jahren konnte der Landwirt aus Rahden den Wahlkreis mit 100 000 Einwohnern wieder für die Union erobern. Auf dem Hof von Ortgies konnte die zweite große Sause innerhalb von zwei Tagen steigen. Denn am 12. Mai war der neue Landtagsabgeordnete 50 Jahre alt geworden.
    Im Februar/März dieses Jahres, als täglich die niederschmetternden Meldungen von der CDU-Spendenfront eintrafen, fragte Ortgies oft spätabends seine Frau: "Warum tun wir uns das an? Da hat man sich in einer Urwahl als Kandidat für den Landtag durchgesetzt, da hat man politisch geackert, sich über Rahden hinaus bekannt gemacht bei den potentiellen Wählern. Und dann kommt man zufrieden und müde nach Hause, schaltet die Tagesthemen ein und - rumms: Wieder eine neue Drehung an der Affärenschraube. Im ganzen Leben hat er noch nie einen solchen politischen Stimmungsumschwung erlebt wie in der Phase zwischen dem absoluten CDU-Hoch nach den Kommunalwahlen im September 1999 und den folgenden Tiefs für die Partei nach der Jahreswende. Ortgies hat das als brutal empfunden.
    Nun ist er Neuling im Düsseldorfer Parlament. Wehmütig denkt er an die langjährige Ratsarbeit in Rahden, wo es absolute Mehrheiten für seine Partei gibt. Teil der Opposition zu sein: daran muss sich Ortgies gewöhnen. Nicht niedergeschlagen, aber nüchtern stellt er fest: Ja, Anträge könne man stellen, Initiativen ergreifen, aber am Ende lasse nur die Mehrheit die Sonne scheinen. Ortgies' Düsseldorfer Büro ist drei Monate nach dem Wahltag noch kahl an den Wänden. Der Mann hatte offenbar Wichtigeres zu tun, als Bilder aufzuhängen. Ihm fehlt auch, mehr noch als anderen Abgeordneten mit einem zusätzlichen Beruf, Zeit. Mit der Bahn ist er zum Landtag dreieinhalb Stunden unterwegs. Manchmal kommen dann für Hin- und Rückfahrt sieben Stunden zusammen, um an einer zweistündigen Sitzung in Düsseldorf teilzunehmen. Ortgies will kein Mitleid.: "Ich wusste es ja vorher, NRW ist eben groß, im Rheinland wird oft gefragt, ob Minden-Lübbecke überhaupt noch zu NRW gehöre."
    Der landwirtschaftliche Betrieb - 110 Hektar, davon 25 Hektar im Eigentum, der Rest Pachtland, muss nun anders organisiert werden. Mit einem befreundeten Berufskollegen (Landwirtschaftsmeister Ortgies sagt nicht: Bauer) besteht eine sich ergänzende Zusammenarbeit. Einen Bauernhof könne man eben nicht wie eine Bürotür zuschließen. Deshalb sind die Ortgies oft getrennt verreist: er eine Woche, seine Frau eine Woche. Der 27-jährige Sohn wird den Hof nicht übernehmen. Man spürt, dass sich Friedhelm Ortgies damit nicht leicht abgefunden hat. Aber er ist Realist genug, um zu sehen, dass Höfe seiner Größenordnung künftig kaum mehr zwei Generationen so ernähren können, dass die Lebensqualität beibehalten werden kann.
    Ortgies verlor seinen Vater, als er zehn war. Damit stand fest: Er musste nach der Mittleren Reife Bauer werden. Er hat es nicht bereut, ist gerne Landwirt und freut sich immer noch über ein gut stehendes Weizenfeld.
    Zur CDU kam er 1972, als in Bonn Willy Brandt seine hohe Zeit hatte. Die Ostpolitik behagte dem 22-jährigen Landmann nicht, er spricht von Preisgabe der Ostgebiete und fügt sogleich hinzu, seine Familie gehöre nicht zu den Heimatvertriebenen. In Düsseldorf ist ihm zuallererst daran gelegen, seinen Wahlkreis zu vertreten, da zu sein für die, die ihn gewählt, aber auch für die, die das aus parteipolitischen Gründen nicht getan haben. Ortgies geht es um bessere Verkehrsanbindung im ländlichen Raum. Zur Autobahn braucht er vom Hof in Rahden aus eine knappe Stunde. Er ist nicht vermessen genug zu glauben, dass er als Abgeordneter einen Autobahnanschluss erreichen kann, aber dann sollten wenigstens die bestehenden Straßen und Wege ausgebaut und instand gehalten werden. Auch um den Strukturwandel in seiner Heimatregion will sich der Abgeordnete besonders kümmern und darum, dass ehemalige Landwirte als Fachkräfte im örtlichen Mittelstand Arbeit finden und nicht wegziehen müssen. Ortgies beklagt das Übermaß an Auflagen für deutsche Landwirte. Er hat nichts gegen Ökologie, aber er ist gegen Übertreibungen, die zu Wettbewerbsverzerrungen mit den Bauern in anderen EU-Ländern führten.
    Auch diejenigen Journalisten-Ökologen sind ihm ein Dorn im Auge, die "an ihren Hightech-schreibcomputern sitzen, ihre Hightechautos steuern und uns Landwirte am liebsten wieder mit dem Ochsenkarren fahren sähen".
    Ortgies, der gerne dort Urlaub macht, wo Wasser ist, fährt ein paar Tage im Jahr Ski, spielt Tennis im Club und macht Touren mit dem Rad, wobei der Weg das Ziel ist. Im August war er in Los Angeles, wo sich der Sohn zu Sprachstudien aufhielt und wo gerade das Nominierungsspektakel des Präsidentschaftskandidaten der Demokraten bevorstand. Als er im US-Fernsehen zuschaute, wie penetrant man in den Staaten Frau und Kinder für die Kampagne einspannt, wie Al Gore auf offener Bühne seine Frau knutschte und küsste, da dachte der reserviert wirkende Westfale voller Abscheu: So ein Mist, das hat uns hier in Deutschland noch gefehlt.
    Reinhold Michels

    ID: LIN04042

  • Porträt der Woche: Vizepräsident Laurenz Meyer (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 13 - 05.09.2000

    Alles, was man im Leben tut, kann man nur gut machen, wenn es auch Spaß bereitet, urteilt Laurenz Meyer. Und der neugewählte Vizepräsident des Landtages hat viel Freude an der Politik. So will sich der Christdemokrat in seinem neuen Amt nicht nur auf die Repräsentationsaufgaben oder den geschäftsordnungsgeregelten Ablauf des Parlamentsgeschehens beschränken -"Ich habe nicht die Absicht, mich aus politischen Debatten herauszuhalten".
    Im Übrigen liegt es nach seiner Ansicht an der eigenen Person, was sie aus dem Amt macht, in das sie gewählt worden sei. So will der 52-Jährige sich auch als Vizepräsident beispielsweise für eine Verkleinerung des Landesparlamentes weiter einsetzen. "In der Diskussion um den schlankeren Staat sollten wir selbst ein Zeichen setzen."
    Es ist kein Geheimnis, dass ihm der Abschied vom Vorsitz der CDU-Landtagsfraktion nicht leicht fiel, er sie gern weiter geführt hätte. Doch bereits vor seiner Wahl im Februar letzten Jahres hatten Landeschef Jürgen Rüttgers und der gebürtige Ostwestfale vereinbart, dass er den Chefsessel räumen werde, falls Rüttgers nicht Ministerpräsident werden sollte. "Und ich halte meine Versprechen."
    Während seiner knapp 15-monatigen Tätigkeit hatte der offensive Wirtschaftspolitiker mit analytischen Fähigkeiten nicht nur den politischen Gegner des Öfteren in die Defensive gedrängt, er hatte der Fraktion ein eigenständiges Profil gegeben - ungeachtet dessen in steter Loyalität zur Landespartei und zu deren Vorsitzenden Rüttgers.
    Bereits vor seiner damaligen Wahl hatte Meyer als Vorsitzender des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Missstände um das Oberhausener Trickfilmzentrum (HDO) einen beachtlichen Bekanntheitsgrad erworben. Als souveräner wie beharrlicher Verhandlungsführer trug er wesentlich dazu bei, dass die Millionensubventionen für das einstige Vorzeigeprojekt von Ministerpräsident Clement (SPD) zu einem der beherrschenden politischen Themen in Düsseldorf wurden und dem Regierungschef manche Unannehmlichkeiten bereiteten.
    Der Diplom-Volkswirt stieß eher zufällig zur Politik. "Als ich auf einer Berlin-Fahrt auf Einladung der Jungen Union 1968 den Teilnehmerkreis so nett fand, bin ich anschließend in die CDU eingetreten." In der Partei wurde man sehr schnell auf den scharfzüngigen Debattierer, der ungeschminkt auch im eigenen politischen Lager die Meinung sagt, "selbst wenn's weh tut", aufmerksam.
    Eine zeitlang war er stellvertretender Vorsitzender des damals noch selbständigen Landesverbandes Westfalen-Lippe, seit 1995 ist er Schatzmeister der NRW-CDU.
    Kommunalpolitisch war der Vater von vier Kindern zwei Jahrzehnte von 1975 bis 1995 im Rat der Stadt Hamm tätig, wo er 1995 als OB-Kandidat nur knapp mit 300 Stimmen der SPD unterlag. Als Meyer 1990 erstmals in den Landtag rückte, wurde er von der CDU-Fraktion sogleich zu ihrem wirtschaftspolitischen Sprecher berufen.
    In dieser Eigenschaft sah sich der streitbare Christdemokrat insbesondere als Anwalt der kleineren und mittleren Unternehmen, obwohl er bis vor kurzem bei der VEW AG in verschiedenen Funktionen beruflich tätig war.
    Während die Groß-Unternehmen gute Rahmenbedingungen von der Bundesregierung benötigten, müsse sich das Land auf die Förderung einer mittelständischen Struktur konzentrieren, betont Meyer. "Wir müssen auf Renommierprojekte verzichten und uns auf die Förderung von Existenzgründern und auf die wirtschaftsnahe Infrastruktur, etwa die Erschließung neuer Gewerbegebiete, konzentrieren."
    In diesem Zusammenhang habe auch die Schulpolitik eine eminent wichtige Aufgabe. Sie entscheide über die künftigen Fähigkeiten unserer Gesellschaft, Herausforderungen von morgen zu bestehen. Und schließlich entscheide die Bildungspolitik, so der Christdemokrat, über die Qualität des Wirtschaftsstandortes und die Möglichkeit jedes einzelnen, seinen Platz in dieser Gesellschaft zu finden.
    Dem gegenüber seiner Umgebung sehr kontaktfähigen und im Dialog sehr offenen Politiker reizt nach eigener Aussage an der neuen Aufgabe, "das Parlament einmal von einer anderen Position kennenzulernen". Und wer Laurenz Meyer etwas näher kennt, ist sich sicher, dass das Amt des Vizepräsidenten nicht die letzte Etappe auf seinem politischen Weg ist.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN04323

  • Porträt der Woche: Dr. Jürgen Rüttgers (CDU).
    Porträt
    S. 11 in Ausgabe 12 - 04.07.2000

    Es ist eine Woche im Juni. Die Temperaturen sind hochsommerlich. Die Glastür in Jürgen Rüttgers Landtagsbüro steht offen. Die halbrunde Terrasse über dem Rhein lädt zum Draußen-Sitzen. Der Strom fließt breit und ruhig, die Wiesen sind grün, der Himmel wölbt sich blau, und wenn man nach links schaut, renommiert die schicke Landeshauptstadt mit hohem Turm, modischem Hafengebiet und extravagantem Stadttor. Was das Äußerliche angeht, hat Jürgen Rüttgers einen fabelhaften Arbeitsplatz.
    Man fragt sich sofort, ob er wohl auch rundum zufrieden ist mit seinem neuen politischen Leben, das er nicht so, sonders anders hatte starten wollen. Ende Juni wird der CDU-Partei- und Fraktionschef 49 Jahre alt sein. Wäre es am 14. Mai nach seinem Plan gegangen, säße er jetzt als Ministerpräsident im Stadttor, könnte er herabschauen auf das Parlament. Rüttgers weiß von der vergleichsweise hohen Meinung, die seine Landsleute von Regierenden haben. Regieren zu dürfen, das krönt hierzulande eine Politikerexistenz, Abgeordneter zu sein gilt, anders als in England, als weniger schmückend.
    Und noch dazu Opposition machen zu müssen! Man hat berufsmäßig Kritik zu üben, macht mehr oder minder kluge Alternativvorschläge, muss so tun, als sei man jederzeit in der Lage, das begehrte Ruder des Handels zum Nutzen und Frommen des Landes zu ergreifen. Die Oppositionsrolle muss für Jürgen Rüttgers noch gewöhnungsbedürftiger sein als der gewollte Umstieg von der Bundes- in die Landespolitik. Immerhin hat der schlanke Mann aus dem Rheinischen bereits vier Jahre regiert, war zwischen 1994 und 1998 Bundesminister für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie. "Zukunftsminister" haben ihn ihm ziemlich gewogene Bonner Presseleute getauft. Er hat es nicht ungern gehört, wohl ahnend, dass an solch feine Nebentitel hohe Erwartungen geknüpft werden. Rüttgers stand zuvor bereits im Ruf eines mit vielen Wassern gewaschenen Homo politicus. Kohl und Schäuble hätten es gern gesehen, wenn er 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion geblieben wäre. Aber der junge Aufsteiger wollte weiter kommen und beweisen, dass er ein bedeutendendes Ministerium zu führen im Stande ist. Rüttgers war kein herausragendes Mitglied am Kabinettstisch von Helmut Kohl, zu den Gescheitesten und Tüchtigsten zählte er bestimmt.
    Der vertrackte Landtagswahlkampf der CDU NRW war es, der sein Bild plötzlich verdunkelte, auch: verzerrte. Jürgen Rüttgers ließ den Flächenbrand lodern, den der misslungene, nicht von ihm stammende "Kinder-statt-Inder"-Spruch auch und gerade im bürgerlichen Wählerlager auslöste. Rüttgers verursachte noch andere Irritationen, er machte sich unbeliebt, woraufhin seine Partei wie eh und je an Landtags-Wahlabenden einen Nasenstüber erhielt. Es war zwar Frühling, aber schon wieder fielen in der Düsseldorfer Wasserstraße die Blätter. Häme stellte sich von selbst ein. Rüttgers sagt, er nehme Rückschläge gelassen hin. Gegen Boshaftigkeiten und Schadenfreude hat er sich eine Lederhaut zugelegt. Er weiß, was landespolitisch auf ihn zukommt, kennt die Ränkeschmiede und Pappenheimer, die ihn zu gerne vor der Zeit straucheln sähen.
    Der Volljurist und ehemalige Beigeordnete von Pulheim verschrieb sich früh der Politik. Der Vater, der ein Elektrogeschäft betrieb, hat in Pulheim einmal für die FDP kandidiert. Jürgen Rüttgers, als junger Bursche Pfadfinder, ärgerte sich darüber, dass die örtliche CDU zuwenig für die Jugend tat. Also sorgten er und Gleichgesinnte durch Eintritt in die Junge Union Brauweiler dafür, dass mehr Leben in die Parteibude in Köln-Land kam. Schritt um Schritt kletterte Rüttgers auf der politischen Leiter aufwärts. Seinem Naturell entsprechend hat er auch aus seinen kontemplativen Phasen etwas gemacht: beispielsweise kluge Gedanken über das üppig wuchernde Parteienwesen zu Papier gebracht oder Nachdenkenswertes über die "Wissensgesellschaft" geschrieben. Wahrscheinlich beurteilt den ersten Herausforderer der Regierung Clement/Höhn gerecht, wer zu dem Schluss kommt: Rüttgers war nie der Höhenflieger auf Adlerschwingen, als den ihn eine fix den Daumen aufrichtende beziehungsweise senkende Beobachterschar eine Zeit lang karikierte. Aber er ist auch nicht der politische Geisterfahrer, für den ihn nun manche nach der misslungenen Kampagne halten.
    Mehrfach benutzt er beim Terrassengespräch Mitte Juni das Bild vom Tunnel, in dem er sich immer noch befinde. Noch sieht er nicht klar, ob am Ende das berühmte Licht leuchtet, ob es für ihn ein politisch erfolgreiches Leben nach der Niederlage geben wird. Rüttgers erweckt den Eindruck, dass er stetig, zäh und ideenreich zu arbeiten und zu führen gedenkt. Wenn ihn denn die vergangenen Monate, vor allem der Liebesentzug durch ehedem Wohlmeinende irritiert hat: er lässt es sich nicht anmerken. Er stellt statt dessen die Signale auf volle Fahrt voraus.
    Zur Muße greift der dreifache Familienvater zu Büchern, Krimis, Historischem, eigentlich zu allem, was es wert ist, gelesen zu werden. Das Pfeiferauchen hat er sich auf ärztlichen Rat hin abgewöhnt. Eine Sportskanone ist er nicht: Ein wenig Radfahren, im Sommer schwimmen, das ist alles. Richtig gut gehen lassen es sich Jürgen und Angelika Rüttgers mitsamt ihrer Kinder beim regelmäßigen Sommerurlaub in Südfrankreich. Und dass er nach Monaten der Abwesenheit am Freitag vor Pfingsten wieder einmal mit seinen alten Freunden vom Stammtisch ganz ungezwungen zusammen sein konnte, treibt ihm noch Tage danach die Freuden der Erinnerung ins Gesicht.
    Reinhold Michels

    ID: LIN04399

  • Porträt der Woche: Heinz Hardt (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 9 - 18.05.2000

    Der Begriff ist etwas aus der Mode gekommen, für Heinz Hardt ist er wie geschaffen: Ein Herr. Akkurat sieht es in seinem Landtagsbüro aus:- Hellgraues und Mittelgraues dominieren bei Sitzmöbeln, Schreibtisch, Sideboard. Leidlich moderne Drucke unterbrechen das Wandgrau, eine nüchtern elegante Stehlampe komplettiert ein funktionales Ambiente, in dem es sichtbar an Büro- Schnickschnack fehlt. Und dann der passende Herr zum Raum. Das Äußere tipptopp: Dunkles Jackett, dunkle Hose, dunkles Hemd, schwarz-weiß gepunkteter Binder, blank geputztes Schuhwerk. Hardt trägt den Trauring rechts, am linken Ringfinger sitzt ein Lapislazuli, goldgefasst. Der gleiche blaue Stein ist auch in den dezenten Manschettenknöpfen verarbeitet.
    Wenn Heinz Hardt, der schon sechs Mal zum Parlamentarischen Geschäftsführer seiner CDU-Fraktion gewählt wurde und seit dreißig Jahren im Landtag wirkt, im Schreibtischsessel mit der hohen Cheflehne sitzt, hat er ein kleines Kreuz im Rücken. Es ist ein Geschenk von Mitarbeitern zum 50. Geburtstag. Der liegt dreizehn Jahre zurück. Das kleine Kreuz mit dem bayrischen Bergkristall in der Mitte weist auf Hardts geistig-moralisches Koordinatensystem. Wie sein politisches Vorbild Heinrich Köppler entstammt der Düsseldorfer ("in der 3. Generation") der katholischen Jugendbewegung. Hardt war in seiner Heimatstadt nicht nur Ratsmitglied und Bürgermeister, sondern auch Pfarrjugend- und Dekanatsführer. Sein christlich-katholischer Kompass führt ihn durchs Leben. Es gab starke Vorprägungen durch das Elternhaus. Mit seiner Frau lebt Hardt schon 40 Ehejahre zusammen. Die drei Söhne sind inzwischen verheiratet, bürgerlich situiert und in der CDU wie die Eltern. Es gibt vier Enkel.
    Wer den Bürger und Politiker Heinz Hardt erlebt, denkt an Hannelore Kohls Worte über ihren Ehegatten: "Wer ihn einmal hat, hat ihn lange." Hardt ist treu zu Menschen, Überzeugungen und Urlaubszielen. 67 Mal war die Familie seit 1970 sommers und winters im oberbayerischen Mittenwald. Zuletzt hatten sich dort in der herrlichen Karwendel-Gebirgswelt zum Jahreswechsel Vater, Mutter, Söhne, Schwiegertöchter und Enkelkinder versammelt. Gut, die Hardts waren auch vor kurzem einmal auf Capri, Sizilien haben sie ebenfalls gesehen, jedoch: "Diese Auswüchse haben uns Mittenwald nicht leid werden lassen. Das ist unser ruhender Pol." Im schneesicheren Winter fährt Heinz Hardt dort Ski (Langlauf). Im Sommer macht er stramme Höhenwanderungen, Kraxeleien sind passé.
    Zum Thema Treue gegenüber Personen: Auf dem Sideboard gegenüber dem Schreibtisch steht ein Foto von Helmut Kohl mit Widmung. Daneben ist ein kleines Bild zu sehen, das Hardt mit Bernhard Worms zeigt. Und über allem hat Konrad Adenauer sein prüfendes Augenpaar. Der CDU-Urahn dominiert die Wand, auf die Hardt vom Arbeitssessel schaut. "Der Kohl bleibt da stehen." Der Satz kommt trotzig, aus tiefer Überzeugung. Hardt kündigt niemandem schnell die einmal geschenkte Treue auf. Natürlich habe ihn die Finanzaffäre einiger aus den oberen Etagen der CDU bedrückt; die hessische Erfindung toter jüdischer Erblasser nennt er scharf "perfide", das habe ihn beschämt. Dennoch: Er bewahrt ein Grundvertrauen zur historischen Persönlichkeit Kohl, und vor allem: zur, Idee der CDU als einer Partei der bürgerlichen Mitte: "Zusammen mit der CSU haben wir fast eine Million Unions-Mitglieder, die allermeisten sind redliche Leute, ehrenamtlich politisch aktiv, die kann man doch wegen der Affäre nicht gleich mit versenken." Schließlich: Er und andere Parteifreunde seien in die CDU eingetreten, weil sie Worte wie Freiheit, Toleranz und christliches Gedankengut verkörpere: "Diese Werte bestehen heute noch."
    Hardt fand am 13. August 1961 zur CDU. SED-Chef Walter Ulbricht ließ in Berlin die Mauer hochziehen. Durch den jungen Hardt ging ein Ruck: Jetzt müsse man sich zu diesem Staat Bundesrepublik bekennen, aktiv politisch mitmachen, so habe er damals gedacht. Wegen der familiären Prägung kam als Partei nur die Christlich-Demokratische Union in Frage: Düsseldorf ist seine erste Heimat, Mittenwald die zweite, die CDU ist ihm politische Heimat. Das dürfte bei diesem Beständigen so bleiben bis zum letzten Atemzug.
    Hardt macht im Gespräch nicht nur den Eindruck eines stetigen Arbeiters im Weinberg des Herrn, er hat auch etwas Skeptisch-Spöttisches im Blick. Als alter Hase in der Politik lässt er sich kein X mehr für ein U vormachen. Er ist ein höflich zurückhaltender Mensch, aber gewiss wird er insgeheim mehrfach am Tag denken: "Komm Jong, erzähl' mir nix." Als Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Parlamentsfraktion ging es ihm darum, die Gemeinschaft von 89 Individualitäten politisch-menschlich zusammenzuhalten. Er empfinde zwei Loyalitäten, zum Fraktionschef als der Nummer eins und zur Fraktion. Der "Parlamentarische" müsse abwägen zwischen dem jeweiligen Interesse des Abgeordneten und demjenigen, der Fraktion. Hardt führt dazu viele Gespräche, versucht, seiner soliden Art treu zu bleiben. Man müsse als Politiker kalkulierbar bleiben, dürfe nicht hinterrücks agieren. Auf die Frage, ob er es auch schon mal krachen lasse im politischen Tagesgeschäft, sagt der 63-jährige Rheinländer: "Wenn es sein muss, dann kracht et eben, dann is' et halt so."
    Hardt ruht spürbar in sich. Von ihm geht Unerschütterlichkeit aus. Er bezeichnet sich als einen Familienmenschen, der abends gerne durch die eigene Haustür geht. Die familiäre Geborgenheit ist ihm wichtig. Das ist ein Grund dafür, warum er nie ernsthaft in der Bundespolitik mitmischen wollte. Ihm missfiel die Vorstellung, die Werktage in Bonn zu sein und der Ehefrau daheim die Erziehung der drei Kinder zu überlassen. Im Übrigen: Landespolitik lasse vergleichsweise mehr Spielraum für eigene Gestaltung. Als ausgewiesener Verkehrspolitiker hat Hardt in drei Jahrzehnten manch wichtiges Projekt mit auf den langen Weg gebracht: Als Beispiel nennt er selbst sein frühes Engagement für den Bau der A 44 am Düsseldorfer Flughafen.
    Hardt ist ein emsiger Politiker, mit Ehrenämtern -bei der Verkehrswacht, im Krankenhauswesen oder bei den Schützen. Die Termine liegen dicht beieinander. Nur jeder fünfte Sonntag ist nach seinen Worten terminfrei. Der Christdemokrat beklagt das nicht. Er hat sich nun einmal für den Weg des Berufspolitikers entschieden. 1970 gab es bei dem städtischen Ingenieur für Heizung, Lüftung und Klima die Überlegung, sich mit einem Partner selbstständig zu machen. Aber der Bürgerlich-Konservative mit dem rheinischfriderizianischen Motto "Jeder soll nach seiner Facon selig werden" entschied sich seinerzeit für "Ganz oder gar nicht". Also dann: Sprung in die offenen Arme der Politik. Sie lässt ihn seither nicht mehr los.
    Reinhold Michels

    ID: LIN04593

  • Porträt der Woche: Klaus-Dieter Völker (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 8 - 18.04.2000

    Die Streitkultur im Landtag lässt in den letzten Jahren sehr zu wünschen übrig", bedauert Klaus-Dieter Völker. Der CDU-Abgeordnete, der 1970 zum ersten Mal mit einem Direktmandat in das Düsseldorfer Parlament einzog, und seither mit Unterbrechungen immer wieder dem Landtag angehörte, sieht auch keine Chance für eine Besserung der Lage. Oft würden die guten Leute von den Parteien gar nicht aufgestellt, klagt Völker. Mit Bedauern und einer gewissen Resignation stellt der Christdemokrat fest: "Ich habe den Eindruck, dass wir es zunehmend mit einem Parlament der Technokraten zu tun haben werden." Harsche Kritik übt Völker, der 1995 den Einzug in den Landtag verpasste und erst im Herbst letzten Jahres für die in das Europaparlament gewählte CDU-Abgeordnete Ruth Hieronymi wieder in den Landtag nachrückte, auch an der Arbeitsweise des Parlaments. "Sie können keinem Bürger mehr vermitteln, warum der Plenarsaal seinen Namen Plenum hat. Da sind doch kaum noch Abgeordnete zu sehen. Die sitzen in Ausschüssen und Arbeitskreisen oder jagen von Termin zu Termin, um ihre Daseinsberechtigung unter Beweis zu stellen", rügt Völker. Nach seinen Beobachtungen und Erfahrungen während der letzten Monate vor Schluss der 12. Legislaturperiode wünscht der CDU-Mann dem Düsseldorfer Landtag dringend eine Änderung im Parlamentsalltag.
    Nach Auffassung des Christdemokraten, der aus Altersgründen nicht mehr für den nächsten Landtag kandidiert, wäre ein Regierungswechsel für alle Fraktionen heilsam. SPD- und GRÜNE Abgeordnete würden wieder lernen, was es heißt, Parlamentarier und nicht der verlängerte Arm der Regierung zu sein, und die CDU-Abgeordneten, die nun über 30 Jahre auf der Oppositionsbank gesessen hätten, würden wieder einmal die praktische Erfahrung machen, was es heißt, Verantwortung für das Land zu tragen. Völker: "Da würde sich dann im parlamentarischen Umgang einiges verändern, und man würde wieder mehr Verständnis für die Situation der jeweils anderen Seite haben, was zurzeit völlig fehlt."
    Der am 30. Dezember 1937 im rheinischen Haan geborene, bodenständige Völker lernte als junger Mann Seidenweber und schütte, als die Textilbranche ins Trudeln geriet, auf Banker um. Als Prokurist für das Firmenkundengeschäft in einer großen Bank ist der verheiratete Vater von zwei Kindern noch immer aktiv. Zur Politik kam Völker, der schon früh im Betriebsrat seiner Seidenfirma mitgearbeitet hatte, über einen Arbeitskollegen, der bei der CDU war. Der schickte ihm ein Parteiprogramm. Völker las es. Dann ließ er sich die Programme von anderen Parteien kommen und verglich. Den Ausschlag für die CDU gab die Tatsache, dass die örtlichen Christdemokraten ihm die Möglichkeit gaben, an einer Fraktionssitzung teilzunehmen. "Das hat mir so viel Freude gemacht, dass ich gesagt habe: Da mache ich mit."
    Tatsächlich wurde er schon kurz darauf als Kandidat für den Stadtverband aufgestellt und zog 1964 mit sieben Stimmen Vorsprung vor dem SPD-Kandidaten in den Rat von Haan ein. Seine erste Landtagskandidatur war eher ein Zufallsprodukt. Weil der ursprüngliche Kandidat — übrigens derselbe, der ihn in die CDU geholt hatte — wegen einer beruflichen Kandidatur nicht antreten konnte, wurde Völker ins Rennen geschickt. 1970 zog er zum ersten Mal in den Landtag ein. Es folgten zwei Legislaturperioden mit viel Einsatz in den Bereichen Arbeit und Soziales und einem ständig steigenden Engagement für die Verwaltungsreform. Dann kamen zehn Jahre Pause, weil Völker nicht wiedergewählt wurde und der Listenplatz nicht zog. In dieser landtagslosen Zeit verstärkte Völker seine Arbeit in der Kommunalpolitik. Seit 1973 ist er ununterbrochen CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag von Mettmann. 1990 gelang ihm über die Landesliste erneut der Sprung in den Düsseldorfer Landtag. Schon damals hatte er an den Mitkollegen so einiges zu bekritteln. Die Fraktion schickte ihn ins Landtagspräsidium. Doch das Amt brachte nicht den erhofften politischen Einfluss.
    Nach 1995 war dann erst einmal wieder Schluss mit dem Abgeordnetendasein. Jetzt als Nachrücker ist Völker im Hauptausschuss gelandet, in den er schon gerne 1990 eingezogen wäre. "Mein Herz hängt an dieser Arbeit", sagt der gelernte Seidenweber, weil man da wirklich noch etwas entscheiden könne. Vorbereitet werden hier so brisante Themen wie die geplante Verkleinerung des Landtags. Doch dafür will der CDU-Mann nicht mehr kämpfen. Ab Mai 2000 beginnt endgültig die landtagslose Zeit. Er bleibt CDU-Fraktionsvorsitzender im Kreistag von Mettmann und macht auch seinen Job als Banker bis zum 65. Lebensjahr. Dann habe er 50 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt, sagt der Landtagsabgeordnete Völker und bilanziert: "Damit habe ich meine Pflicht als Staatsbürger getan."
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN04638

  • Porträt der Woche: Annelies Böcker (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 7 - 11.04.2000

    Das Verständnis vom Abgeordnetenmandat im nordrhein-westfälischen Landtag beschäftigt Annelies Böcker in besonderer Weise. "Ich bin ja erst sehr kurz dabei", sagt die Düsseldorfer CDU- Abgeordnete ein wenig vorsichtig. Doch sie meint "Im Vergleich zur kommunalen Politik wirkt der Landtag wie ein Raumschiff." Sie vermisst mehr Eigenverantwortung der einzelnen Landtagsmitglieder und hinter oft abstrakten Formulierungen den konkreten Bezug zu Problemen der Bürger.
    Annelies Böcker weiß, wovon sie redet — sie ist nach den Kommunalwahlen am 12. September 1999 von der Reserveliste für einen CDU-Kollegen nachgerückt, der zum hauptamtlichen Bürgermeister gewählt wurde und deshalb aus dem Landesparlament ausschied. Mit einer Ausnahmeregelung ihrer Kreispartei darf sie ihre Mandate im Stadtrat und in der Bezirksvertretung für die Düsseldorfer Innenstadt beibehalten. 1975 ist sie dort zum ersten Mal gewählt worden. "Ich sehe, wie günstig es ist, Erfahrungen auf verschiedenen politischen Ebenen zu haben."
    "Im Landtag wird alles gegen die CDU- Opposition beschlossen", stellt Frau Böcker fest. Dabei werde oft nicht mit einer Auszählung der Stimmen entschieden, sondern die Mehrheit der Koalitionsparteien SPD und GRÜNE kurzerhand unterstellt. "Auch wenn der Saal leer ist, hat Rot-GRÜN die Mehrheit." Dies spiele sich in den Ausschüssen so ähnlich ab. "Gemeinsamkeiten, wie sie in der Kommunalpolitik vorkommen, scheint es im Landtag nicht zu geben." Eine Anwesenheitspflicht wie im Stadtrat mit seinen ehrenamtlich arbeitenden Mitgliedern gebe es trotz der Bezahlung der Abgeordnetentätigkeit im Landtag nicht. "Das bewirkt ein anderes Verständnis der Mandatsausübung." Weil es bei Abstimmungen durch die Abwesenheit von Abgeordneten keine Überraschungen gebe, bestehe für das einzelne Landtagsmitglied ein starres Verfahren. "Das Parlament verliert so an Lebendigkeit." Eine spontane Äußerung sei für den Abgeordneten gar nicht möglich. Viele drängten sich auch überhaupt nicht, im Landesparlament etwas zu sagen. Eine stärkere Rechenschaftslegung des einzelnen Abgeordneten im Wahlkreis könnte nach Ansicht von Annelies Böcker die Trennung vom Bürger überbrücken helfen.
    Die CDU-Abgeordnete und Kauffrau ist in Innsbruck/Tirol geboren, wo sie auch als kaufmännische Geschäftsführerin eines Unternehmens mit 40 Beschäftigten gearbeitet hat. Durch ihre Heirat ist sie nach Düsseldorf gekommen. Sie hat einen Sohn und eine Tochter. Vor zehn Jahren ist sie im Versicherungswesen wieder berufstätig geworden. Doch die Verbindungen zu ihrer Heimatstadt und ihrem Elternhaus sind nicht abgerissen. "Da haben wir immer unsere Bleibe." Mehrfach im Jahr fährt die Skifahrerin und passionierte Bergsteigerin nach Tirol. Sie fasst das zusammen: "Ich bin eine EU-Bürgerin."
    Im Landtag ist sie ordentliches Mitglied im Ausschuss für Innere Verwaltung. Für ihre Arbeit sind aber außerdem die Ausschüsse für Verkehr, Wirtschaft und Europa ihre "Neigungsausschüsse". Sie findet, dass sie dort auch als stellvertretendes Mitglied zum Zuge kommt. Wenn der Blick der Landtagsabgeordneten auf die Kommunen fällt, so kann sie nicht billigen, dass die Landesregierung die Städte und Gemeinden am goldenen Zügel hält und bei den anstehenden Verwaltungsreformen noch ihre Durchgriffsrechte dorthin stärken will. "Die dezentrale Verantwortung, das hat doch Deutschland groß gemacht." Deshalb tritt sie für eine Stärkung der Rechte und Eigenverantwortung der Kommunen ein.
    "Besonders am Herzen liegt mir, dass die Bürger in Entscheidungsprozessen mehr Einfluss und mehr Möglichkeiten haben", betont Annelies Böcker. Eine Abschottung der Politik von den Bürgern und damit das Entstehen einer politischen Kaste sei gefährlich. Eine Beteiligung an Entscheidungen werde allein dann ermöglicht, wenn der Bürger nicht das Gefühl habe: Die Politiker tun doch, was sie wollen. "Es muss sich viel ändern", fügt die energische Abgeordnete hinzu. "Wenn wir ein modernes Land bleiben wollen, müssen Strukturen — nicht zuletzt in den Parteien selbst — verändert werden."
    Peter Weigert

    ID: LIN04682

  • Porträt der Woche: Richard Blömer (CDU).
    Porträt
    S. 14 in Ausgabe 6 - 28.03.2000

    Auf seine Wahlheimatstadt Köln lässt Richard Blömer nichts kommen. Er liebt die Menschen dort und schätzt die "lockere und liberale" Atmosphäre der Metropole am Rhein. Seit 1967 lebt der Christdemokrat in Köln. Richard Blömer ist ein gebürtiges Nordlicht, er stammt aus Vechta in Südoldenburg. Als es seine Frau zum Studium nach Bonn verschlug, folgte er ihr an den Rhein. Richard Blömer hat an der Pädagogischen Hochschule in Köln Deutsch, Geschichte und Sport studiert und danach zehn Jahre lang an Kölner Schulen unterrichtet.
    1981 stieß er zur Jakob-Kaiser-Stiftung in Köln/Königswinter, wo er zunächst als Bildungsreferent arbeitete. Drei Jahre später wurde er Geschäftsführer der Stiftung, die sich um deutschlandpolitische Bildungsarbeit kümmert. Seit 1994 leitet Richard Blömer auch die Geschäfte der Stiftung in Weimar. Das Motto Jakob Kaisers "Wir haben Brücke zu sein" gilt auch für Richard Blömers Arbeit bei der Stiftung: Deutsche aus Ost und West zusammenbringen, für gegenseitiges Verständnis werben und auch verstärkt europapolitische Akzente setzen durch Weiterbildungsmaßnahmen in Polen und Russland, das liegt ihm am Herzen. Den Tag der Maueröffnung konnte Richard Blömer in Berlin erleben — ein purer Zufall. Er war dort auf einem Kongress, als die Meldung über die Grenzöffnung kam. Sofort eilte er zur Mauer, und nicht nur das: "Ich stand auf der Mauer, für mich eine ergreifende Situation."
    In die CDU trat Richard Blömer 1969 ein. Die Bildung der sozialliberalen Koalition in Bonn war für den damals 25-Jährigen der Anstoß, sich endlich auch parteipolitisch zu engagieren. Politisch interessiert war Blömer schon vorher. Er stammt aus einem konservativ geprägten Elternhaus und erinnert sich noch gut an die lebhaften Diskussionen über Politik mit seinem Vater und den vier Geschwistern. Als Richard Blömer zum CDU-Ortsverein in Köln-Lindenthal stieß, war er dort das "Küken". Doch das änderte sich schnell. Er leitete den Bundestagswahlkampf 1972, und auch wenn die Wahl für die CDU verlorenging, war das eine gute Zeit für Richard Blömer, denn "in dieser Zeit bat sich ein sehr aktiver Kreis von Menschen zusammengefunden". Aus dem "Küken" von einst ist inzwischen ein "Urgestein" der CDU in Köln-Lindenthal geworden: In zwei Jahren kann Richard Blömer sein 30jähriges Jubiläum als Vorsitzender des Ortsvereins feiern. Seit 1998 ist er Vorsitzender des CDU-Kreisvorstandes.
    1994 kam Richard Blömer als Nachrücker in den Landtag, ein Jahr später bei der Landtagswahl zog er in direkter Wahl ein. Da er sich schon als Stadtverordneter in Köln intensiv mit Kulturpolitik befasst hatte, wurde er sofort kulturpolitischer Sprecher der CDU im Landtag und Mitglied im Kulturausschuss. Richard Blömer sitzt aber auch im Frauenausschuss des Landtags. Die Diskussionen dort verfolgt er "mit Gelassenheit". Sein Hauptengagement gilt dem Kulturausschuss. "Auch in der Opposition kann man viel erreichen, wenn man immer wieder die Initiative ergreift und Themen auf den Tisch bringt", hat Blömer testgestellt. Die Förderung der Laienmusik zum Beispiel habe die CDU immer wieder thematisiert, bis die Landesregierung das Thema aufgegriffen habe, so Richard Blömer. Die Landeskulturpolitik muss sich neu definieren, fordert der 56-Jährige: "In einer Zeit, in der manche Kommunen dazu neigen, die kulturellen Aufgaben zu reduzieren, muss das Land stärker eine Signalfunktion übernehmen, muss Kultur stärker fördern, um zu zeigen, wie wichtig kulturelle Projekte sind." Kulturförderung — das bedeutet für Richard Blömer auch die Unterstützung der freien Kulturträger. Mit dem Kulturausschuss ist er deshalb viel unterwegs, um sich ein Bild von der Vielfalt der Kulturszene im Land zu machen. Richard Blömer ist ein aktiver Mensch, er braucht nur wenig Schlaf: "Ich stehe früh auf und gehe spät zu Bett." Stößt er bei seiner Arbeit bei anderen Menschen auf Lethargie und Inaktivität, kann ihn das manchmal auf die Palme bringen, "dann neige ich dazu, die Dinge in eigener Regie durchzusetzen".
    Richard Blömer wird wieder für den Landtag kandidieren und will seinen Wahlkreis direkt gewinnen. Im Wahlkampf wird er von Haus zu Haus gehen und mit den Bürgern sprechen. Für ihn ist das keine Strapaze, im Gegenteil, darauf freut er sich schon.
    In seiner Freizeit unternimmt Richard Blömer gerne ausgedehnte Radtouren mit seiner Frau. Im Sommer geht es dann zum Wandern, am liebsten auf Entdeckungsreise in Deutschlands Osten. Wenn ihm genug Zeit bleibt, stellt sich Richard Blömer gerne an den Herd und kocht. Seine Kochleidenschaft hat während der Studentenzeit begonnen — mit dem Verfeinern von Dosensuppen für seine Frau. Heute kocht er gerne italienisch oder französisch, und da sein Sternzeichen Jungfrau ist, verlässt Richard Blömer sich gerne aufs Rezept. aber "manchmal geht dann doch die Phantasie mit mir durch!
    Ulrike Coqui

    ID: LIN04714

  • Porträt der Woche: Axel Wirtz (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 4 - 29.02.2000

    Für Axel Wirtz sind die "Ehrenamtlichen" in den Vereinen und Organisationen eine unerlässliche Stütze der Gesellschaft. Gäbe es sie nicht, wäre der Staat nach Einschätzung des CDU-Abgeordneten aus Stolberg völlig überfordert. Als Mitglied des Innenausschusses ist es daher sein besonderes Anliegen, das Ehrenamt zu fördern, Anreize zu schaffen.
    Der heute 42-Jährige, der Vorsitzender in mehreren örtlichen Vereinen ist, sieht in ihnen auch einen starken Identifikationsfaktor für den kommunalen Bereich. Und in Anbetracht der weiter zunehmenden Freizeit böten sie sinnvolle Beschäftigungen, ob sportlicher, kultureller oder geselliger Art.
    Wie Axel Wirtz sich für eine stärkere Unterstützung des Ehrenamtes engagiert, so plädiert er auch dafür, dass die Kommunen die Rahmenbedingungen gestalten, wie entsprechende Sportstätten, Bürgerhäuser und kulturelle Einrichtungen, die dann den privaten Initiativen zur Verfügung gestellt werden sollten. Sie seien fachkompetenter als die öffentlichen Stellen. In diesem Zusammenhang bedauert der Abgeordnete, dass die Städte und Gemeinden dazu neigen, insbesondere hier als erstes die Mittel zu kürzen.
    Der im Oktober letzten Jahres als so genannter "Nachrücker" über die Landesliste in den Landtag gekommene Christdemokrat wurde in Stolberg geboren und besuchte nach der mittleren Reife die Fachhochschule für die öffentliche Verwaltung in Köln, die er als Diplomverwaltungswirt abschloss. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Sozialdezernent bei der Stolberger Stadtverwaltung wechselte er 1981 zur Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule ((RWTH) nach Aachen, wo er bis zu seinem Einzug in das Düsseldorfer Landesparlament als Regierungsamtsrat für Akademische und Studentische Angelegenheiten zuständig war.
    Bereits als 14-Jähriger schloss sich Axel Wirtz der Jungen Union an, zwei Jahre später trat er der CDU bei. Sein Engagement schlug sich dann in mehreren Führungsämtern der Partei nieder. So führte er zehn Jahre lang den Stadtverband Stolberg, war viele Jahre im Kreisvorstand Aachen tätig und ist heute dessen Vorsitzender. Auch gehört er dem Bezirksvorstand Aachen seiner Partei an.
    Bereits 1984 wurde der Christdemokrat in den Rat seiner Heimatstadt gewählt, wo er zeitweilig Vorsitzender der CDU-Fraktion war. Sein Engagement im Rat, dem er noch heute angehört, gilt vor allem dem Schul-, Kultur- und Sportbereich. Seit 1994 auch Mitglied des Kreistages Aachen, widmet er sich vor allem dem Fremdenverkehr.
    Der Tourismus sei besonders wichtig für den nach seiner Einschätzung benachteiligten ländlichen Raum. Bei dessen Förderung fielen enorme Kosten an.
    In diesem Zusammenhang erinnert der Stolberger daran, dass die Talsperren ausschließlich im ländlichen Raum liegen und die Landwirte durch die immer höheren Auflagen bei der Bewirtschaftung ihrer Felder in den Trinkwasserversorgungsgebieten in ihrer Existenz gefährdet seien.
    "Wenige Leute müssen zudem teils immens hohe Abwassergebühren zahlen." Nutznießer dieser Belastungen seien Hunderttausende in den Ballungsgebieten. Daher müsse es einen gerechteren Ausgleich geben, fordert Axel Wirtz.
    Der Vater von zwei Kindern ist mit seiner Heimatregion fest verwurzelt und unermüdlicher Ansprechpartner deren Bewohner. Seinen Urlaub verlebt er als sicherer Skiläufer meist auf den Pisten in Österreich.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN04834

  • Porträt der Woche: Dr. Rolf Hahn (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 3 - 15.02.2000

    Wenn im Fernsehen aus dem nordrheinwestfälischen Landtag berichtet wird, und das geschieht in diesen Tagen ja sehr häufig, dann ist neuerdings oft ein zierlicher, älterer Herr im Bild zu sehen, der mit seinem geröteten Gesicht und den etwas krausen weiß-grauen Haaren wirkt, als sei er ganz aus Versehen in diesen Presserummel hineingeraten.
    Der Mann heißt Rolf Hahn und stand als Abgeordneter der CDU bislang nicht gerade im Rampenlicht, zumal er bis vorigen Herbst auch noch Landrat in Bergisch-Gladbach war und sich deshalb seltener in Düsseldorf aufhielt als die meisten seiner Kollegen. Sein Abgeordnetenbüro ist so kahl, dass Hahn darin wirkt, als sei er nur zu Gast. Keine persönlichen Gegenstände finden sich hier, keine Bilder, keine Bücher.
    Dafür stapeln sich jetzt Akten mit der Aufschrift "Sehr eilige Korrektur!" auf seinem Schreibtisch, unablässig klingelt das Telefon, und laufend kommen Mitarbeiter hereingestürmt. Hahn leitet den Untersuchungsausschuss zur so genannten Flugaffäre. Soeben ruft der sächsische Regierungssprecher an und will Näheres zu der Zeugenaussage hören, wonach auch Kurt Biedenkopf einmal auf Kosten der WestLB geflogen sein soll. Der Nachrichtensender n-tv möchte jetzt gleich ein Live-Interview. "Alte Hasen" aus dem Haus hätten ihm gesagt, berichtet Hahn, noch kein Ereignis im Landtag hätte ein solches Medienecho ausgelöst wie dieser Ausschuss.
    Als er sich Ende vorigen Jahres konstituierte, fiel der Vorsitz turnusgemäß an die CDU, und die wählte mit Rolf Hahn einen Mann dafür aus, dessen ganzes Berufsleben aus der Kombination von Politik und Justiz bestand. Der promovierte Jurist Hahn, Jahrgang 1937, arbeitete in seiner Geburtsstadt Köln von 1968 bis zu seinem Einzug in den Landtag 1990 als Staatsanwalt in der politischen Abteilung, zuständig auch für Pressestrafsachen.
    Die 68er-Studentenbewegung erlebte er hautnah mit, gewissermaßen auf der anderen Seite der Barrikade. "Eine Menge Verfahren gegen Studenten" habe er damals einleiten müssen, erzählt er. Schließlich sei es ja schon strafbar gewesen, wenn auf einem Flugblatt das Impressum fehlte. Auch gegen den einen oder anderen Beitrag im WDR sah er sich veranlasst zu ermitteln.
    In den siebziger Jahren, zur Hoch-Zeit des Terrorismus, wurde er als Ermittler mit Sitz in Köln zum Generalbundesanwalt "teilabgeordnet". Als hier 1977 Arbeitgeberpräsident Hans-Martin Schleyer entführt wurde, war Hahn als erster Staatsanwalt am Tatort. Angesichts der exponierten Stellung stand er zeitweise unter Polizeischutz, auch wenn er nicht konkret bedroht wurde. In den achtziger Jahren waren es vor allem die Autonomen sowie die wachsende politisch motivierte Gewalt von Ausländern, die ihn beschäftigten.
    Im Landtag, wo er dem Rechtsausschuss angehört, setzt Hahn sich unter anderem für eine verstärkte Anwendung der beschleunigten Verfahren ein sowie dafür, dass "alle nicht Resozialisierungsfähigen" wirklich sicher verwahrt werden und nicht neue Straftaten begehen können. Als einen Law-and-order-Mann möchte Hahn sich jedoch nicht bezeichnen. Von solchen Etiketten halte er nichts.
    Seinen Weg in die Politik fand Hahn erst spät. Als er der CDU beitrat, war er bereits 41 Jahre alt. Die Gewissheit, stets in seinen Beruf zurückkehren zu können, vermittle ihm große innere Unabhängigkeit, sagt er. Das geht so weit, dass er ein Landtagsmandat nicht annehmen würde, wenn er nur über die Landesliste ins Parlament einziehen würde, ohne in seinem Wahlkreis das Vertrauen der Wähler gewonnen zu haben. Bei der Wahl 1995 holte er in seinem Wahlkreis, dem rheinisch-bergischen Kreis II, das Direktmandat mit über sechs Prozentpunkten Vorsprung.
    Dass er bei der Wahl im Mai wieder vorn liegt, dazu könnte auch die neu gewonnene Publicity beitragen. Ständig werde er jetzt auf seine Bildschirmpräsenz angesprochen. Dabei ist er in Overath bei Bergisch-Gladbach, wo er mit seiner Familie seit Jahrzehnten lebt, ohnehin fest verankert. Hier gehörte er zeitweise dem Gemeinderat und dem Kreistag an, und hier hat Hahn mehrere Ehrenämter inne, etwa den Vorsitz in einem Sportverein, beim Roten Kreuz oder bei der Züchtergemeinschaft. "Die Ehrenamtlichkeit macht unsere Gesellschaft menschlicher", ist er überzeugt.
    Über die Affären in SPD wie CDU scheint Hahn wirklich entsetzt. Dass es soweit kommen konnte, sieht er auch darin begründet, dass vielen Politikern jene innere Unabhängigkeit fehlt, die er für sich reklamiert. Deshalb tritt er dafür ein, Spitzenämter künftig zeitlich zu befristen wie in den USA, wo der Präsident nach zwei Amtsperioden abtreten muss.
    Roland Kirbach

    ID: LIN04904

  • Porträt der Woche: Dr. Hans-Ulrich Klose (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 22 - 21.12.1999

    Hans-Ulrich Klose hat eines der schönsten Büros im Düsseldorfer Landtag, mit herrlichem Ausblick auf den Rhein. Wenn man aus den hohen Fenstern schaut, scheint es fast so, als fließe er direkt unter Kloses Schreibtisch hindurch, so nah ist der Strom. Träge und gleichmäßig wälzt er sich dahin, wie ein Sinnbild der Weisheit des Heraklit, wonach "alles fließt", alle Dinge einem ständigen Entstehen und Vergehen unterworfen sind.
    Als Hans-Ulrich Klose 1966 zum ersten Mal für die CDU in den Landtag gewählt wurde, zählte er mit 31 Jahren zu den jüngsten Parlamentariern. Mittlerweile, nach Johannes Raus Abschied aus der Landespolitik, ist er der dienstälteste Abgeordnete — und der einzige, der in den ersten vier Monaten seiner Parlamentarierlaufbahn noch eine CDU-geführte Landesregierung erlebte. Die restlichen 33 Jahre verbrachte er auf den harten Bänken der Opposition.
    "Dreißig Jahre Sozialismus wie in Schweden" hatte der letzte CDU-Ministerpräsident Franz Meyers dem Land nach der Regierungsübernahme durch die SPD prophezeit und wurde von der Wirklichkeit noch übertroffen. Bei der Wahl im kommenden Mai jedoch scheint ein Wahlsieg der CDU erstmals "keine Illusion mehr, sondern realistisch", meint Klose zuversichtlich und schaut auf den breiten, braunen Rhein. Alles fließt...
    Die Kommunalpolitik habe ihm geholfen, die lange Zeit der Opposition im Land zu überstehen, sagt er. Viele Jahre gehörte er dem Gemeinderat seiner Wahlheimatstadt Korschenbroich an, von 1994 bis 1999 war er gar deren Bürgermeister, außerdem sitzt er im Kreistag von Grevenbroich — in beiden Gremien hat CDU die Mehrheit und kann so die Politik bestimmen. Wichtig sind ihm als überzeugten Protestanten auch seine Aufgaben im Evangelischen Arbeitskreis der CDU und als Mitglied der Landessynode der Evangelischen Kirche im Rheinland.
    Doch auch als Landtagsabgeordneter habe es "durchaus Erfolgserlebnisse" gegeben. Klose erinnert sich an die Arbeitsgruppe Personalbedarf und Stellenpläne, die unter seinem Vorsitz schon in den siebziger Jahren Sparplane ausarbeitete und vom Bund der Steuerzahler ausgezeichnet wurde.
    Einen Namen machte sich der Jurist Klose vor allem als Rechtspolitiker und zählt sich dabei zu den Reformern, etwa auf dem Gebiet des Strafvollzugs, wo er sich für eine Stärkung der Resozialisierung einsetzte. Er habe sich dabei wenig von der SPD unterschieden, die solche Reformen in Regierungspolitik umsetzte. Gleichwohl bezeichnete er sich als Konservativen, zumal wenn es um "grundsätzliche Fragen" gehe.
    Längst wird Klose nicht mehr als Parteipolitiker wahrgenommen. Schon seit 1982 hat er das Amt des ersten Vizepräsidenten des Landtags inne und fühlt sich seither zur Zurückhaltung verpflichtet. Den politischen Gegner so richtig hart angreifen — "das geht nicht mehr", sagt er. "Ich muß ja das Vertrauen aller Abgeordneten haben." Doch sein distinguierter Habitus, die Ruhe und Nachdenklichkeit, die er ausstrahlt — sie haben nicht nur mit der Würde des Amtes zu tun, sondern auch mit preußischen Tugenden wie Pflichterfüllung und Selbstdisziplin, die den jungen Klose prägten. Seine Wiege stand in der Mark Brandenburg, was sein breiter berlinerischer Dialekt immer noch verrät.
    Klose wohnte in der DDR, konnte aber an der Freien Universität in West-Berlin Jura studieren. Noch vor dem Abitur war er der Ost-CDU beigetreten und pflegte während des Studiums auch Kontakte zur West-CDU. 1956 wurde er wegen der West-Kontakte zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt. Kein Geringerer als der hessische Kirchenpräsident Martin Niemöller setzte sich für ihn ein.
    Nach der vorzeitigen Freilassung übersiedelte er nach Korschenbroich und setzte das Jura-Studium in Köln fort. "Das war schon eine andere Welt", sagt er — als preußischer Protestant im katholischen Rheinland. Zum Glück habe damals "gerade die Zeit der Ökumene begonnen", schmunzelt er. Klose fasste rasch Fuß, er promovierte, war einige Jahre als Sozialrichter in Düsseldorf und später als Justitiar für die Apothekerkammer Nordrhein tätig.
    Kommenden März wird Klose 65, doch an Ruhestand mag er nicht denken, auch wenn er beklagt, dass heute in der Politik nicht mehr so ernsthaft und leidenschaftlich wie einst diskutiert werde und die "Ellbogengesellschaft" auch vordem Landtag nicht Halt mache. Zur Landtagswahl im Mai tritt er noch einmal an. Ob er darauf hofft, Landtagspräsident zu werden, sollte die CDU daraus als stärkste Partei hervorgehen ? Darauf möchte er nicht antworten. Draußen fließt immer noch träge und gleichmäßig der Rhein vorbei.
    Roland Kirbach

    ID: LI992237

  • Porträt der Woche: Josef Hovenjürgen (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 18 - 09.11.1999

    Auf dem elterlichen Bauernhof in Haltern-Lavesum aufgewachsen, musste Josef Hovenjürgen nach dem Tod seines Vaters schon als 15-Jähriger und während seiner landwirtschaftlichen Ausbildung Mitverantwortung auf dem bäuerlichen Anwesen übernehmen. Wenn es auch Mitte der achtziger Jahre als Nebenerwerbsbetrieb umgestellt wurde, blieb er bis heute in verschiedenen Funktionen mit der Landwirtschaft eng verbunden. Inzwischen ist unter der Regie der Ehefrau des Lavesumers aus dem Bauernhof eine allgemein geschätzte Pferde-Pension geworden, wo Reitpferde betreut werden.
    "Vorbelastet" vom politisch interessierten Elternhaus, trat Josef Hovenjürgen 1983 in die CDU ein. "Eine andere Partei kam für mich nicht infrage." Sein Engagement ließ ihn zügig auf der regionalen Karriereleiter der Union steigen: Kreisvorsitzender der Jungen Union, CDU-Stadtverbandschef und schließlich stellvertretender Vorsitzender des Kreisverbandes Recklinghausen. Bei der letzten Kommunalwahl im September kandidierte der Christdemokrat erstmals für den Halterner Stadtrat und wurde nach seiner Wahl sogleich Vorsitzender der Fraktion.
    Einen Monat zuvor war der 36-Jährige über die Landesreserveliste in den Landtag nachgerückt und fühlt sich nun vor allem seiner heimatlichen Region verpflichtet. "Ich möchte für die Menschen stets ansprechbar sein und deren Interessen und Sorgen nach Düsseldorf tragen", skizziert Josef Hovenjürgen sein parlamentarisches Wirken.
    Und weil ihm der ländliche Raum besonders am Herzen liegt, empfindet er es als ein "großes Problem", wie sich Umweltministerin Bärbel Höhn gegenüber der "kommerziellen" Landwirtschaft verhält. Bei ihrer eindeutigen Bevorzugung der ökologischen Betriebe negiere sie, dass alle Landwirte im Prinzip zur Erhaltung der Kulturlandschaft beitragen. Auch widerspreche nach seiner Auffassung die Förderung von Kleinstrukturen durch die Ministerin der Agenda 2000, die Weltmarktpreise fordere. "Diese können aber nur bei strukturell großen Betrieben erreicht werden."
    Weitere Anliegen des gebürtigen Lavesumers sind die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region sowie die bessere personelle wie sächliche Ausstattung der Schulen. So drängt er auf die Ausweisung von zusätzlichen Gewerbeflächen in Haltern und zu Alternativen zum Arbeitsplatzabbau im Bergbau in Oer-Erkenschwick. Die mittelständischen Strukturen müssten vom Land in diesen Gebieten stärker gefördert werden. Wie viele andere Eltern ärgert sich der Vater von vier Kindern über den Unterrichtsausfall an den Schulen, "weil er den Kindern ein Stück Zukunft raubt". Dieses Problem werde oft bagatellisiert. Auch gebe es große Lücken in der Ausstattung der Schulen mit den neuen Medien. Schließlich könne deren Beseitigung nicht Aufgabe von Fördervereinen sein, wenn auch solche Bemühungen lobenswert seien. "Wo aber bleibt dann die Chancengleichheit aller Schulen?"
    Für den Christdemokraten ist die Politik ein Hobby, ein aufgrund des Doppelmandates Im Stadtrat und Landtag, allerdings sehr zeitaufwendiges. Die freie Zeit widmet er vor allem der Familie. Dazu zählen Radtouren und Wanderungen ebenso wie das intensive Gespräch miteinander. Denn wem, wie Josef Hovenjürgen, die Probleme der Mitbürger am Herzen liegen, muss natürlich auch die Anliegen seiner engsten Angehörigen kennen und mit ihnen über sie diskutieren.
    Jochen Jurettko

    ID: LI991852

  • Porträt der Woche: Rainer Lux (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 11 - 15.06.1999

    Rainer Lux versteht sich als Verlachter kommunaler Interessen im Düsseldorfer Parlament. .Mir geht es darum, daß die Gemeinden genügend Handlungsspielraum und eine ausreichende Finanzausstattung haben, um ihre Aufgaben vernünftig und ohne staatliche Gängelung erfüllen zu können', sagt der 48jährige CDU-Abgeordnete aus Bielefeld, der seit 1995 dem nordrhein-westfälischen Landtag angehört. Die Gemeinden müßten sich dagegen verwahren, daß man ihnen per Bundes- und Landesgesetz immer mehr Aufgaben aufbürdet, ohne daß sie zur Erfüllung dieser Arbeiten angemessen ausgestattet würden.
    Bislang gibt es noch eine Reihe von Bürgermeistern und Landräten im Landesparlament, die auf die Rechte der Gemeinden achten, doch nach der Kommunalwahl im September 1999 ändert sich das. Die dann gewählten hauptamtlichen Bürgermeister und Landräte dürfen nicht mehr Parlamentarier sein. Damit wächst die Verantwortung derjenigen im Landtag, die dann noch in der Kommunalpolitik tätig sind. Dazu gehört Rainer Lux. Der gelernte Kriminalhauptkommissar ist CDU-Fraktionschef im Rat der Stadt Bielefeld und streitet nicht nur für die Stärkung der kommunalen Interessen seiner Heimatstadt, sondern plädiert für eine Stärkung der kommunalen und regionalen Interessen im Landtag überhaupt.
    Nachhaltig in der Politik engagiert hat sich Rainer Lux, der nach dem Abitur an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung studiert und 1979 einen Abschluß als Diplom-Verwaltungswirt gemacht hat, erst 1994, obwohl er bereits seit 1969 CDU- Mitglied ist. "Ausschlaggebend für mein politisches Aktivwerden war die Erkenntnis, daß man durch Kritik und gute Vorschläge allein in der Politik nichts bewegen kann." In Brackwede, einem Stadtteil von Bielefeld, wo er mit seiner Familie wohnt, wurde Lux zunächst Ortsvorsitzender. 1989 zog er in den Stadtrat von Bielefeld und in die Bezirksvertretung von Brackwede ein. Drei Jahre später wählten die Parteifreunde den Unionsmann zum CDU-Fraktionschef im Bielefelder Rat.
    1994 wurde er von den Ortsvorsitzenden autgefordert, für den Landtag zu kandidieren. Nach kurzem Bedenken stimmte Rainer Lux zu. Nach seiner erfolgreichen Wahl zog er die Konsequenz aus seinem politischen Engagement. Er verabschiedete sich von seiner Polizeikarriere — eine Entscheidung, die er sich reiflich überlegt hat — ist aber Fraktionschef und Mitglied in der Bezirksvertretung geblieben. "Die Rückkoppelung ist für meine Abgeordnetentätigkeit wichtig. Sie ist so etwas wie eine Triebfeder für meine Düsseldorfer Arbeit." In der Kommunalpolitik könne er auf vieles zurückgreifen, was er im Landtag erfahren habe. Umgekehrt würden in Düsseldorf die Grundlagen für manche Dinge gelegt, die für die tägliche Verantwortung vor Ort wichtig seien. "Ich sehe in Düsseldorf, wo die Gemeinden der Schuh drückt und erlebe in der Landeshauptstadt, was tatsächlich machbar ist."
    Parteiämter hat Lux nicht. Denn der CDU-Politiker lehnt die Anhäutung von zu vielen Mandaten strikt ab, "Man muß sich auf eine Aufgabe konzentrieren. Deshalb bin ich auch weder im Kreis- noch im Ortsvorstand der Union", erläutert der CDU-Politiker. Als Neuling im Landtag hatte er die Chance, sofort Mitglied im Haushalts- und Finanzausschuß zu werden. Diese Arbeit ruht allerdings derzeit, weil Rainer Lux als ehemaliger Polizeibeamter von seiner Fraktion in den Parlamentarischen Untersuchungsausschuß für Forensik geschickt wurde. "Die Arbeit in dem Untersuchungsausschuß ist derart zeitaufwendig, daß ich gerade mal noch die Aufgaben im Rechtsausschuß, dem ich auch angehöre, schaffen kann."
    Einen großen Teil seiner Arbeitszeit verbringt Lux in seinem Wahlkreis. Das dortige Büro ist ständig besetzt. Mindestens dreimal in der Woche ist der CDU-Abgeordnete dort anzutreffen. "Sobald ich in Düsseldorf nicht gebraucht werde, bin ich im Büro oder vor Ort im Wahlkreis unterwegs." Denn ein ehrgeiziges Ziel des Unionspolitikers ist es, den Wahlkreis bei der nächsten Landtagswahl im Mai 2000 direkt zu ziehen.
    Denn daran läßt Lux keine Zweifel: Falls seine Partei ihn nominiert, möchte der Unionsmann in der nächsten Legislaturperiode gerne wieder in Düsseldorf mitmischen. "Man braucht eine gewisse Zeit, um sich einzuarbeiten, deshalb ist eine Legislaturperiode zu wenig, wenn man etwas im Landesparlament bewirken will. Kleine Erfolge kann der Christdemokrat bereits heute vorweisen. So ist es ihm gelungen, der rot-grün regierten Stadt Bielefeld mit Hilfe einer kleinen Antrage gehörig auf die Finger zu klopfen.
    Etwas selbstherrlich hatte die Stadt beschlossen, sich an einem Energieversorgungsunternehmen auf dem freien Markt zu beteiligen. Ein Vorgehen, das nach Auffassung des Unionsmannes Lux private, mittelständische Unternehmen benachteiligen würde. Mit seiner Anfrage Nr. 1123 zur "Ausweitung der wirtschaftlichen Betätigung kommunaler Unternehmen" erreichte Lux immerhin, daß der Vorgang erst einmal auf Eis gelegt wurde. "Für jemanden, der wie ich noch neu im Landtag ist, ein schöner Erfolg", freut sich Lux.
    Auch daß Lux als Abgeordneter seinen Mitbürgern im Wahlkreis ab und an unter die Arme greifen kann, bereitet dem Parlamentarier sichtlich Vergnügen. So gelang es ihm, einem Altenpfleger, dessen niedersächsische Ausbildung in NRW nicht anerkannt wurde, zu helfen. Lux machte den zuständigen Minister auf das Problem aufmerksam. Tatsächlich wurde kurz darauf die niedersächsische Ausbildung in NRW anerkannt. Lux: "Auch das gehört zu den Aufgaben eines Abgeordneten, auf unspektakuläre und unbürokratische Weise zu helfen, wo es möglich ist."
    Etwa gleich stark wie das kommunalpolitische Engagement zieht auch die Familie mit Frau und zwei Kindern den CDU-Landtagsabgeordneten ins heimatliche Bielefeld. In der Freizeit beschäftigt den CDU-Politiker ein höchst ungewöhnliches Hobby. Lux sammelt Geschichtsatlanten, und im Urlaub fährt er besonders gern nach Frankreich, Italien oder England — zum Kajakfahren.
    Gerlind Schaidt

    ID: LI991136

  • Porträt der Woche: Wilhelm Krömer (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 10 - 08.06.1999

    Ausgerechnet ein Sozialdemokrat, der frühere Kultusminister Hans Schwier, "animierte" Wilhelm Krömer, Landtagsabgeordneter zu werden. Als der damalige Bürgermeister des ostwestfälischen Petershagen aus Sorge um die Schließung einer dortigen Schule um einen Gesprächstermin bei dem obersten Schulchef bat, erteilte man dem Christdemokraten eine Abfuhr. "Da ich als Bürgermeister für jeden Bürger Zeit habe, ärgerte ich mich sehr", erinnert sich der gebürtige Mindener. Und da bei der 1990er Wahl sich für ihn die Chance bot, ein Landtagsmandat zu übernehmen, nutzte er sie.
    Aufgewachsen auf dem seit dem 17. Jahrhundert von den "Krömers" bewirtschafteten Bauernhof in Jössen, absolvierte der heute 60jährige denn auch die Lehre als Landwirt und besuchte die landwirtschaftliche Fachschule. Danach war er mehrere Jahre als Geschäftsführer der dortigen Ein- und Verkaufsgenossenschaft tätig. Mit der Heimat fest verwurzelt, engagierte sich der Ostwestfale schon in frühen Jahren in der Landjugend und der Evangelischen Kirche, wo er auch die zwei kirchlichen Verwaltungsprüfungen ablegte.
    Geprägt auch von dem legendären Lindenhof in Bethel, übernahm Wilhelm Krömer 1972 eine Referententätigkeit beim Diakonischen Werk in Minden, wo er anschließend bis 1990 als stellvertretender Geschäftsführer fungierte. Auch nach seiner Wahl in den Landtag blieb er für diese Einrichtung mit ihren inzwischen 880 Mitarbeitern als "Ehrenamtlicher" aktiv. Zur heutigen Bedeutung des Diakonischen Werkes Minden und zu dessen breitem Hilfsangebot trug der Abgeordnete wesentlich bei.
    Nicht überraschend ist, daß sich der Petershagener schon mit 17 Jahren auch der Jungen Union anschloß und dann der CDU, wo er bis heute eine Vielzahl von Führungsfunktionen ausübt. So ist er beispielsweise seit 1975 Kreisvorsitzender der Union Minden-Lübbecke und Mitglied des Bezirksvorstandes.
    Kommunalpolitisch tätig wurde der Christdemokrat 1965, zunächst als Ratsvertreter in seiner Heimatgemeinde Jössen, dann bis 1973 als deren Bürgermeister. Nach der Gebietsreform avancierte er zum Ortsvorsteher und gleichzeitig bis Ende 1994 zum Bürgermeister der größeren Stadt Petershagen. Bis heute ist er noch Erster Bürgermeister- Stellvertreter. Nicht ohne Genugtuung weist Wilhelm Krömer darauf hin, daß die SPD in Petershagen bei allen Wahlen eine klare Mehrheit erzielte — mit Ausnahme der Kommunalwahlen.
    Zweifellos das Verdienst eines Mannes, für den die kommunalen Ämter eine stete Verpflichtung sind, für die Belange der Bevölkerung einzutreten und für deren Sorgen ein offenes Ohr zu haben. Der CDU-Abgeordnete gehört den Ausschüssen für Arbeit, Gesundheit, Soziales sowie für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz an. Parlamentsgremien also, deren Aufgabenbereiche seinem politischen Engagement am nächsten liegen.
    So plädiert der Christdemokrat für das möglichst ortsnahe "humane Krankenhaus", wo das Betreuungspersonal noch Zeit für die Patienten hat. Und er nennt es einen "Skandal", daß es heute noch Fünf-Bett-Zimmer gebe. Auch sei der Ausbau von Hospizen dringend erforderlich, um alleinstehenden Menschen zu gewährleisten, daß sie in ihren letzten Wochen noch in Würde leben könnten. Einrichtungen für Obdachlose und Nichtseßhafte sollten Ihnen "Orientierungspunkte" vermitteln.
    Die ländlichen Regionen nennt Wilhelm Krömer eine "Kraftquelle" für das ganze Land, wo keine "Museumsdörfer" entstehen dürften. So sollten den dortigen Gemeinden planungsrechtlich eigene Entwicklungsmöglichkeiten geboten werden. "Es muß was für die Rahmenbedingungen getan werden", fordert er.
    Der Familienvater von drei Kindern gehört noch zahlreichen weiteren Gremien an, beispielsweise der "Stiftung für Wohlfahrtspflege" des Landes und der Stiftung "Gerhart-Hauptmann-Haus" — ein mannigfaltiger Aktionsradius. Bei all dieser Tätigkeit sind für den Ostwestfalen Bodenhaftung, christliche Grundwerte und Pluralismus keine Schlagwörter, sondern eine tägliche Herausforderung.
    Jochen Jurettko

    ID: LI991050

  • Porträt der Woche: Clemens Pick (CDU).
    Porträt
    S. 27 in Ausgabe 6 - 30.03.1999

    Für außerordentlich wichtig hält Clemens Pick, daß Politiker wirtschaftlich unabhängig sind. Sie sollten daher vor dem Einstieg in die Politik erst einen Beruf erlernen. So absolvierte der CDU-Landtagsabgeordnete aus Nettersheim in der Eifel nach der Hauptschule zunächst die Bäcker- und Konditorlehre, es folgte die Meisterprüfung, und dann war er mehrere Jahre als Betriebsleiter tätig. Nach dem anschließenden Studium an der Wirtschaftsakademie wechselte der heute 51 jährige als Erwachsenenreferent zum Deutschen Kolpingwerk nach Köln, wo er jetzt Referatsleiter für die allgemeine Verbandsarbeit ist.
    In dieser Eigenschaft gehört er auch dem Bundesvorstand des Kolpingwerkes an. Bereits mit 18 Jahren trat der aus einem sehr politischen Elternhaus stammende Rheinländer in die Junge Union ein. Es waren die politisch unruhigen sechziger Jahre, und auch Clemens Pick wollte "etwas gesellschaftlich verändern". Geprägt von seiner Umgebung, sah er bei den Christdemokraten seine politische Heimat. Schnell wurde er zunächst Orts-, dann Kreis- und später Bezirksvorsitzender der CDU-Nachwuchsorganisation. Inzwischen ist er seit vielen Jahren stellvertretender Kreisvorsitzender der Euskirchener Union. Dem Rat der Gemeinde Nettersheim gehört der Christdemokrat bereits seit 1974 an, fünf Jahre später wurde er Vorsitzender der CDU-Fraktion. Für eine seiner Hauptaufgaben hielt der noch heute amtierende Fraktionschef, der Kommune eine solide Haushaltswirtschaft zu gewährleisten. Dank einer absoluten Ratsmehrheit habe man auch unpopuläre Entscheidungen treffen können, ohne Kompromisse machen zu müssen, betont der Christdemokrat. Die Wähler honorierten den eisernen Sparwillen: Bei der letzten Kommunalwahl kam die Union auf 72,5 Prozent der Stimmen, zwanzig Prozent mehr als fünf Jahre zuvor.
    Als Clemens Pick 1995 mit einem beachtlichen 48,3-Prozent-Ergebnis in seinem Wahlkreis Euskirchen II in den Landtag rückte, berief ihn die Fraktion in die Ausschüsse für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz sowie für Umweltschutz und Raumordnung. Schwerpunkte im ersteren Parlamentsgremium sind für den passionierten Jäger die Forstwirtschaft und die Jagdpolitik.
    Aus einer waldreichen Region kommend, bemüht sich der Nettersheimer um eine stärkere Absatzförderung des heimischen Holzes. Insbesondere das sogenannte Schwachholz könne wegen fehlender entsprechender Industrie nicht verarbeitet werden. So engagiert er sich für die Ansiedlung eines Zellstoffwerkes und bedauert, daß die Landesregierung sie "mit wenig Leidenschaft" betreibe.
    Im Umweltausschuß sind die Bereiche Wasser und Abwasser seine parlamentarischen Tätigkeitsfelder. So setzt sich Clemens Pick vehement für eine vergleichbarkeit der Berechnungen der Abwassergebühren ein. Es sei nicht hinnehmbar, daß beispielsweise die Bewohner der Gemeinde Hellental wegen der Topographie der Eifel und den erhöhten Anforderungen an die Vorfluter über 15 Mark pro Kubikmeter zahlen müßten. Das Land müsse solchen Kommunen über Teil-Entschuldungen finanziell helfen.
    Die Eifel mit ihrem großen Wasserreservoir hat zur Folge, daß weite Flächen als Wasserschutzgebiete ausgewiesen sind und dadurch die landwirtschaftlichen Betriebe teilweise akute Existenzsorgen haben. Das Verwaltungsratsmitglied des Wasserverbandes Eifel/Rur setzt dabei auf eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen der Wasser- und der Landwirtschaft.
    Der CDU-Landtagsabgeordnete sieht sich zuallererst als Anwalt der Menschen in seiner Region und pflegt zu ihnen enge Kontakte. Und zwei seiner politischen Wirkungsfelder bieten ihm auch die erforderliche Entspannung: Die Jagd und die Natur. Nicht zu vergessen die Gartenarbeit — "mein großes Hobby".
    Jochen Jurettko

    ID: LIN05240

  • Porträt der Woche: Dr. Harald Pohlmann (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 4 - 02.03.1999

    "Sonntagsreden und Montagshandeln klaffen auseinander", stellt der CDU-Landtagsabgeordnete Dr. Harald Pohlmann enttäuscht fest. Im Moment bestehe zwar ein "Modetrend" in NRW, den Mittelstand zu loben und zu pflegen, aber das sei eine Frage des politischen Marketings in der offiziellen Landespolitik ohne handgreifliche Auswirkungen.
    Pohlmann selbst ist mittelständischer Unternehmer und sieht sich als "klassischen Existenzgründer". Sein Studium hat er zunächst mit einem selbstgegründeten Sportartikelgeschäft finanziert und seit 1983 ein Freizeitzentrum am Emmerstausee in Ostwestfalen aufgebaut. Dort will er auch als Landtagsabgeordneter weiter unternehmerisch tätig bleiben — und das nicht allein, um die Widersprüche der Wirtschaftspolitik vor Ort weiter verfolgen zu können, sondern auch, weil für ihn diese Arbeit "spannend und sehr motivierend" ist.
    Hinter einem Ladentresen im Einzelhandelsgeschäft seiner Eltern zu stehen, war für Harald Pohlmann bis zu seinem Abitur immer wieder eine Routineaufgabe. "Das prägt", meint er. "Gegessen wurde dann, wenn gerade kein Kunde da war." Bei seinem Studium in Bielefeld, Köln und Hamburg bildete für ihn von Anfang an Wirtschaftsgeschichte den Schwerpunkt.
    Seine Magisterarbeit in Bielefeld behandelte die Durchsetzung von Arbeitnehmerinteressen. Seine Hamburger Doktorarbeit aber war von der Persönlichkeit des 1932 verstorbenen Reeders Richard C. Krogmann und dessen Bemühungen um den Aufbau der Seeberufsgenossenschaft bestimmt. "Heute bezeichnet man einen solchen Problemkreis als Frage der Subsidiarität", betont Pohlmann. Da gehe es darum, wieweit der Staat eingreifen müsse oder ob das Notwendige auch durch Selbstverpflichtung statt durch Gesetz bestimmt werden könne.
    "Wir brauchen Taten statt Bürokraten", sagt Dr. Harald Pohlmann heute. Kostenentlastung und weniger Reglementierung oder Auflagen seien für Existenzgründungen und das Entstehen neuer Arbeitsplätze entscheidend. "Es muß sich auch lohnen, finanzielle Risiken einzugehen, die gerade Unternehmensgründer sehr belasten können." In einem Klima von Neid und Mißgunst gegenüber jungen Unternehmern seien aber zu wenige bereit, diese Risiken einzugehen. "Da helfen keine versprechen und Hochglanzprospekte."
    Pohlmann hat sich das Geld für sein Studium zeitweilig durch Jobs beim Bau verdient. Er bekennt aber auch, daß er durch den Verein, in dem er am Regattasegeln als Wettkampfsport teilnahm, zur Gründung eines eigenen Geschäfts für Boote und Wassersportzubehör ermutigt wurde. So unternahm er schon im zweiten Studiensemester den Schritt in die Selbständigkeit.
    Die Einrichtung von zwei weiteren Geschäften folgte, bis Pohlmann 1982 einer Anfrage der Gemeinde Schieder folgte, am neuen Emmerstausee ein Freizeitzentrum zu eröffnen. Angesichts des großen Kapitalbedarfs dafür verkaufte er die Fachgeschäfte an Mitarbeiter und konzentrierte sich auf den Ausbau der Anlagen an dem 100 Hektar großen Stausee in Ostwestfalen. "Daß ich das jetzt trotz der Aufgaben als Landtagsabgeordneter weiterführen kann, verdanke ich der Hilfe meiner Frau und meiner Mitarbeiter", sagt er. Dennoch gilt für Pohlmann eine Siebentagewoche. Zum Segeln mit Frau und Sohn kommt er nur noch gelegentlich, den Wettkampfsport hat er aufgegeben.
    Politisch engagierte sich Dr. Pohlmann 1991 mit dem Beitritt zur CDU. Als Kreis- und Landesvorsitzender der Wirtschaftsjunioren war er häufig in Düsseldorf und bei den Landesministerien. Da drängten ihn Unternehmerkollegen, die Sichtweise mittelständischer Unternehmen auch in der Politik zu vertreten. 1994 wurde er Mitglied im Kreistag Lippe, 1994 auch Kreisvorsitzender und seit einem halben Jahr Bezirksvorsitzender der CDU-Mittelstandsvereinigung (MIT). Er ist außerdem Mitglied im Bezirksvorstand Ostwestfalen-Lippe der CDU. Pohlmann führt den Vorsitz in der "Initiative Schieder- Schwalenberg", einem Zusammenschluß des ortsansässigen Gewerbes.
    In den NRW-Landtag kam Pohlmann am 1. August 1998 als Nachrücker für den CDU- Landtagsabgeordneten Wilhelm Riebniger, der wegen seiner Wahl zum hauptamtlichen Landrat des Kreises Soest ausschied. Pohlmann ist ordentliches Mitglied in den Landtagsausschüssen für Haushaltskontrolle sowie für Städtebau und Wohnungswesen, unter anderem auch stellvertretendes Mitglied in der Arbeitsgruppe "Staatsbad Oeynhausen" des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
    An einen Erfolg von Lösungsstrategien der jetzigen NRW-Wirtschaftspolitik bei einem Ausgleich von Strukturschwächen durch Subventionen glaubt Dr. Harald Pohlmann nicht: "Ausgaben von mehr als 100 Millionen Mark für Projekte wie HDO Oberhausen oder Gran Dorado in Medebach sind meiner Überzeugung nach falsch. Finanzielle und bürokratische Entlastung mittelständischer Unternehmen — das ist, was fehlt."
    Peter Weigert

    ID: LIN05140

  • Porträt der Woche: Werner Jostmeier (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 2 - 02.02.1999

    "Wir dürfen die Zukunft nicht verspielen. Nordrhein-Westfalen muß für das Informationszeitalter gerüstet sein", trommelt der CDU-Politiker Werner Jostmeier unverdrossen. Besonders sorgt sich der Unionsmann aus Dülmen, der dem Düsseldorfer Landtag seit 1995 angehört, derzeit um die "Ingenieurslücke". Angesichts der hohen Arbeitslosenzahlen sei es völlig unverständlich, daß es für den Bereich der Informations- und Kommunikationswirtschaft mit seinen großen Zukunftschancen nicht genügend qualifizierte Bewerber gebe. Jostmeier macht für diesen Fachkräftemangel vor allem rückläufige Haushaltsmittel für Forschung und Lehre verantwortlich. Sie würden sich in sinkenden Studentenzahlen niederschlagen. Jostmeiers Engagement für die Informations- und Kommunikationswirtschaft kommt nicht von ungefähr. Zwölf Jahre lang war der Westfale bei Post und Telekom — vorwiegend im Personal- und Medienbereich — beschäftigt, ehe er Parlamentarier wurde. Tatsächlich schien es dem heute 48jährigen schon ein wenig an der Wiege gesungen, daß seine Berufskarriere über seinen Job bei der Post führen würde.
    Denn während des Zweiten Weltkrieges betreute sein Vater neben einer Schmiede und einem landwirtschaftlichen Betrieb auch eine Poststelle, und als Postlerkind hatte Jostmeier bei der Bewerbung einen sogenannten Bonus und bekam einen Job bei der gelben Firma. Schnell stellte er fest, daß die Bandbreite der Beschäftigungsmöglichkeiten bei einem Mammutunternehmen wie der Post riesig war und es für ihn spannende berufliche Aufstiegsmöglichkeiten gab.
    Doch bis zum Fachbereichsleiter der Telekom, der für 170 000 Mitarbeiter zuständig war, hatte Jostmeier einen weiten Weg zurückzulegen. 1959 in Weite bei Dülmen geboren, besuchte Jostmeier die dortige einklassige Grundschule, später das Gymnasium, wechselte zur Handelsschule, die er mit der Fachschulreife verließ, um eine Lehre als Schmied und Landmaschinenmechaniker zu machen. Danach arbeitete er im väterlichen Betrieb. Doch das genügte ihm nicht. Während er weiter das elterliche Unternehmen leitete und ausbaute, machte er über den zweiten Bildungsweg das Abitur und studierte in Münster Jura, Volkswirtschaft und Geschichte. Nach dem zweiten juristischen Examen ließ er sich als Rechtsanwalt nieder, um mit der praktischen Anwaltstätigkeit vertraut zu werden.
    Zur Politik kam Jostmeier während des Studiums. Als Gegner der Ostverträge des damaligen SPD-Bundeskanzlers Willy Brandt reagierte er politisch. "Ich wollte damals Flagge zeigen", sagt Jostmeier heute. 1972 trat er in die CDU ein. "Meine Eltern waren in keiner Weise politisch, aber bei der konservativ christlichen Grundhaltung meines Elternhauses kam für mich nur die Union als Partei in Frage." Nach seinem Parteieintritt kamen in rascher Folge politische Positionen auf ihn zu. So ist Jostmeier heute unter anderem stellvertretender Ortsvereinsvorsitzender von Dülmen-Mitte, Vize-Kreisvorsitzender in Coesfeld und Vize-Bezirksvorsitzender Münsterland.
    Als der CDU-Landtagsabgeordnete und Landwirt Karl Wegener nicht noch einmal für das Düsseldorfer Parlament kandidieren wollte, wurde Jostmeier als Nachfolger vorgeschlagen. "Ich interessierte mich für den Job, weil es — wie sich jetzt bestätigt — keine Arbeit gibt, die vielfältiger ist." Er setzte sich gegen sechs Bewerberinnen und Bewerber durch und hat bei der Landtagswahl 1995 seinen Wahlkreis auch direkt gezogen. Als Parlamentsneuling war Jostmeier bei der Wahl der Ausschüsse, in denen er mitarbeiten wollte, nicht wählerisch. Aber er hatte Glück: Neigung und vorhandene Plätze paßten zueinander. Weil der vielseitige CDU-Politiker sich für Außen- und Europa-Politik interessiert, ist er in den Ausschuß für Europaund-Eine-Welt-Politik gekommen. Da er auch etwas von Landwirtschaft versteht, mischt er als stellvertretendes Mitglied im Ausschuß Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz mit. Nach dem Ausscheiden des innenpolitischen Sprechers Heinz Paus ist Jostmeier jetzt auch Mitglied im Hauptausschuß. Als Volljuristen hat die Fraktion ihn für die schwierige Arbeit im Parlamentarischen Untersuchungsausschuß zur Klärung der Vorgänge beim Oberhausener Trickfilmstudio HDO bestimmt.
    Neben der Parlamentsarbeit pflegt der CDU- Mann sorgfältig seinen Wahlkreis. Ein bißchen stolz meint der Unionsabgeordnete: "Ich bin bekannt dafür, daß ich die Bürger, die sich an mich wenden, nicht abhalftere, sondern wirklich versuche, ihnen zu helfen." Jostmeiers Wahlkreisbüro ist ständig besetzt, und er bereist regelmäßig alle Orte, die zu seinem politischen Beritt gehören, und führt mit allen Verwaltungschefs Gespräche. Jostmeier, der gern auch in der nächsten Legislaturperiode wieder Landtagsabgeordneter sein möchte: "Ich fühle mich hier wohl, die Arbeit macht mir Spaß und an den Reaktionen der Kollegen merke ich, daß ich so furchtbar schlecht nicht sein kann."
    Obwohl der Arbeitstag für Jostmeier lang ist, findet der seit 1979 verheiratete Vater von vier Söhnen doch immer noch Zeit für die Familie und seine Hobbys. Er hört gern Musik, spielt selber Gitarre, Akkordeon und Trompete, hält sich bei Gartenarbeit fit, und wenn es nötig ist, fährt er auch noch den Mähdrescher und unterhält sich mit seinen Nachbarn auf Plattdeutsch.
    Gerlind Schaidt

    ID: LIN05069

  • Porträt der Woche: Willi Zylajew (CDU).
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 1 - 19.01.1999

    Als der damals 18jährige Willi Zylajew in der Abendschule ein Referat über die 1968 im Bundestag vertretenen Parteien halten mußte, knüpfte er die ersten Kontakte zur Politik. Und nach intensivem Studium deren Programme entschloß sich der gebürtige Kölner ein Jahr später, der CDU beizutreten. "Die Sozialausschüsse hatten es mir angetan und auch die damaligen ,Visionärs- Politiker' Katzer und Blüm", erinnert sich der heutige mittelrheinische CDA- Bezirksvorsitzende.
    Denn vor allem der soziale Bereich bestimmt den bisherigen beruflichen wie politischen Lebensweg des gelernten Meß- und Regelmechanikers. Nach der Lehre erwarb er an der Abendschule die Fachhochschulreife und hatte das Ziel, Ingenieur zu werden. Doch bereits als Jugendvertreter im DGB-Ortskartell Hürth aktiv, entschied sich der Hürther schließlich für das Studium der Sozialarbeit an der Fachhochschule Köln und wurde Sozialarbeiter.
    Beim Caritasverband des Kreises Köln sprang Willi Zylajew immer dort ein, "wo soziale Schwerpunkte entstanden" — ob bei Asylanten oder Gastarbeitern, bei Jugendlichen oder älteren Menschen. Seit 1986 Leiter der Altenheimverwaltung des Caritasverbandes für den Erftkreis, legt er großen Wert, sich trotz seiner parlamentarischen Tätigkeit noch um diese älteren Mitbürger zu kümmern. "Ich habe mich nicht beurlauben lassen."
    Schon seit 1975 engagiert sich der Christdemokrat in der Kommunalpolitik, als Mitglied des Hürther Stadtrates und seit längerem auch als stellvertretender Bürgermeister. Dem Kreistag des Erftkreises gehört er inzwischen 14 Jahre an.
    1995 in den Landtag gewählt, berief ihn die Fraktion in den Ausschuß für Kinder, Jugend und Familie, den Migrations- und den Sozialausschuß - Tätigkeitsfelder, die dem Hürther "am Herzen liegen".
    So zählt für den Christdemokraten die Förderung der Familien zu den originären Landesaufgaben. "Wir unterstützen aber mit enormen Mitteln vor allem Institutionen, die Familien in der Krise helfen", kritisiert der Abgeordnete. "Die Familien müssen erst zu sozialen Randgruppen werden, wenn sie Hilfe bekommen." Statt dessen fordert er eine stärkere direkte Unterstützung "gesunder Familien", beispielsweise durch offene Jugendeinrichtungen und Familienurlaub mit Bildungscharakter. "Mit Freizeit-Einrichtungen erreichen wir mehr als mit Beratungsstunden." Sehr kritisch beurteilt Willi Zylajew auch die derzeitige Migrationspolitik, die sich für ihn in einer "absoluten Schieflage" befindet. So sollten die Politiker endlich den Mut aufbringen, den ausländischen Mitbürgern zu vermitteln, daß sie selbst einen Beitrag zu Integration leisten müßten. So sollten sie die deutsche Sprache erlernen und die Chance nutzen, Vereinen beizutreten. Als "Migranten-Enkel" — seine Großeltern stammen aus Litauen, "kann ich es etwas deutlicher sagen", meint der Abgeordnete.
    Im Sozialbereich hält es der Hürther für wichtig, daß die Sozialhilfeempfänger möglichst an die Arbeitswelt wieder herangeführt werden. So sei es "schlimm", daß der Staat relativ großzügig Sozialgelder auszahle, diese Mittel aber nicht an die Teilnahme an beruflichen Qualifizierungs- bzw. Trainingsmaßnahmen oder an sozialen Tätigkeiten binde.
    Daß für den Vater von fünf Kindern die Politik "nicht der Mittelpunkt, sondern nur ein Teil meines Lebens ist", beweisen dessen vielfältigen anderen Aktivitäten. So legt er als gelernter Handwerker selbst Hand an im Einfamilienhaus mit Garten. Und er arrangiert internationale Begegnungen in Partnerstädten, wie beispielsweise im polnischen Skawince südlich von Krakau oder im englischen Thetford.
    Jochen Jurettko

    ID: LIN05033

  • Porträt der Woche: Hans Martin Schlebusch (CDU).
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 19 - 08.12.1998

    Kommunalpolitik zwischen BÜNDNIS 901 DIE GRÜNEN und CDU ist bestimmendes Element für den Landtagsabgeordneten Hans-Martin Schlebusch. Als Mitglied im Rat der Stadt Mülheim hat er die Ablösung der sozialdemokratischen Oberbürgermeisterin Eleonore Güllenstern durch den CDU-Oberbürgermeister Hans-Georg Specht 1994 mit vollzogen.
    Gegenüber langjährig verhärteten Machtpositionen der SPD im Ruhrgebiet hält Schlebusch es für die CDU geboten, auf die "Grüne Karte" zu setzen. "Wenn die CDU die sozialdemokratischen Mehrheiten im Ruhrgebiet brechen will, kann sie dies nur mit den GRÜNEN. Wir dürfen unsere Identität als Partei aber nicht in diesem Bündnis aufgeben, sondern müssen immer wieder im Dialog gegenüber den GRÜNEN und der Öffentlichkeit unsere unterschiedlichen Positionen deutlich machen."
    Als Wink des Schicksals betrachtet es Schlebusch, daß er am 16. Dezember 1997 für Karl Meulenbergh in den Landtag nachgerückt ist. Dieser war zum hauptamtlichen Landrat im Kreis Aachen mit den Stimmen der CDU und der GRÜNEN gewählt worden.
    Schlebusch hat sich im Rat der Stadt Mülheim seit 1979 insbesondere für Probleme der Schul- und Weiterbildungspolitik eingesetzt. "Bereits 1984 gehörte Ich dem Arbeitskreis zur Verminderung der Jugendarbeitslosigkeit an, den der ehemalige Europaabgeordnete Dr. Otmar Franz ins Leben gerufen hat." Hier wurde versucht, durch konkrete Hilfe im Einzelfall in Abstimmung zwischen Arbeitsamt und Unternehmen Jugendliche zu qualifizieren und im ersten Arbeitsmarkt unterzubringen. Neuerdings setzt sich Schlebusch in seinem Stadtteil Speidorf dafür ein, daß gesunde arbeitslose Sozialhilfeempfänger gemeinnützige Arbeiten verrichten, z. B. bei der Grünflächenpflege.
    "In meiner beruflichen Laufbahn habe ich Ergänzungsschulen, Ersatzschulen und öffentliche Schulen durchlaufen und bin ein Fan der Privatschulen geworden." Diese Schulen tragen wesentlich zur Vielfalt des Schulwesens in NRW bei, und es gelingt ihnen, die Problematik der Gebäudeunterhaltung zu lösen. "Die Schüler fühlen sich in den Mauern der Privatschulen wohl."
    Der alles beherrschende Ausbau nur von Gesamtschulen sei schlecht, so Schlebusch. Neu nachgedacht werden sollte angesichts der Qualitätsuntersuchung des Max-Planck- Instituts über "Sonderschulen für Begabte". "Wir müssen die Realschulen stärker fördern."
    In seinem beruflichen Weg ist Schlebusch für diese Arbeitsgebiete besonders geprägt worden. Nach dem Wehrdienst studierte er 1968 bis 1972 Wirtschaftswissenschaften und Mathematik an der Universität Bochum. Er legte das Examen als Diplom-Ökonom ab und arbeitete zunächst zwei Jahre als Revisionsassistent bei der Deutschen Unilever GmbH in Hamburg. Im Februar 1975 wurde er Lehrer, später stellvertretender Schulleiter und Schulleiter an der privaten Fachschule für Wirtschaft in Duisburg und der Wirtschaftsfachschule Bahr. Seit März 1983 ist er Studienrat an der Hans-Böckler-Schule in Oberhausen.
    Schlebusch ist Mitglied im Ausschuß für Wissenschaft und Forschung des Landtags, dazu stellvertretendes Mitglied im Ausschuß für Schule und Weiterbildung. Zunehmend überträgt Ihm seine Partei auch in der Öffentlichkeit Aufgaben in der Diskussion um Qualifikation und Ausbildung von Jugendlichen. Er ist aber auch Mitglied im Petitionsausschuß, wo es seiner Ansicht nach darum geht, für die Bürger erlebbar werden zu lassen, "daß sich für den Bürger etwas getan hat".
    Mitglied der CDU ist Schlebusch 1972 geworden. Er war Vorsitzender der Jungen Union in Mülheim und ist seit 1978 Vorsitzender des Ortsverbandes Mülheim-Speldorf. Ungewöhnlich ist, daß der Berufsschullehrer seit 1990 auch Vorsitzender der CDU-Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung in seinem Kreisverband geworden ist und deren Landesvorstand angehört. Ein "sehr politisches Elternhaus" ist nach Ansicht des CDU-Landtagsabgeordneten bestimmend für sein Engagement gewesen. "Meine Mutter war ehrenamtlich für UNICEF tätig, mein Vater 13 Jahre lang Vorsitzender eines Sportvereins in Übach-Palenberg." Aber auch der Bruder war in Aachen in der Hochschulpolitik tätig, seine Schwester Mitglied des Studentenparlaments. Doch daß Schlebusch Mitglied in der "Mausefalle" ist, einem Verein zur Pflege der Mülheimer Mundart, war damit sicher nicht vorbestimmt. Privat fährt er gern Fahrrad oder spielt mit seinem 14-jährigen Sohn und der zwölfjährigen Tochter Tennis.
    An den Wänden seines kleinen Abgeordnetenbüros unter dem Dach des Landtags hängen nicht nur Bilder aus seiner Heimatstadt, sondern auch ein Stadtplan mit kleinen Fotos von den Stationen einer Informationstour durch 15 Mülheimer Unternehmen. Die Notwendigkeit des Interesses an den kleineren Wirtschaftseinheiten spiegelt sich für ihn auch in der Tätigkeit des Untersuchungsausschusses zur kostspieligen Förderung des "Hollywood"-Projekts HDO in Oberhausen wider. "Im Prinzip haben wir genug Geld, es müßte nur in kleinen Einheiten und transparent eingesetzt werden. Mit noch mehr Bürokratie ist ein Strukturwandel nicht zu schaffen."
    Peter Weigert

    ID: LI981962

  • Porträt der Woche: Bernhard Schemmer (CDU).
    Porträt
    S. 31 in Ausgabe 18 - 24.11.1998

    Bernhard Schemmer gehört zu den Übriggebliebenen, die im Landtagskasino bewußt die Raucherzone ansteuern. Und die kein schlechtes Gewissen haben, wenn nach dem Platznehmen die erste Bewegung dem Griff nach der Zigarillo- Schachtel gilt. Es ist ein warmer Tag, das Jackett hängt über der Stuhllehne. Die Unterhaltung beginnt schnörkellos. Der erste Eindruck bleibt auch später bestehen: Schemmer ist ein handfester Typ. Es ist gut vorstellbar, daß aus seinem Jugendwunsch, Bauer zu werden, etwas Richtiges geworden wäre. Wenn da nicht auch die beachtlichen Schulleistungen in Mathematik und das Streben nach Höherem, dem Ingenieurwesen, gewesen wäre. Schemmer ist Münsterländer.
    Dort, wo er groß geworden ist, mit sieben Geschwistern auf einem kleinen landwirtschaftlichen Hol, mußten die Kinder mit anpacken. Alle acht Schemmer-Sprößlinge schafften mindestens mittlere Reife. Für den Abgeordneten aus Reken im Kreis Borken ist dies auch ein Beweis dafür, daß es im Leben aufs Können und aufs Wollen ankommt. Natürlich gab es im Elternhaus Autorität, vor allem des Vaters, aber als sonderlich störend, gar behindernd habe man diese nicht empfunden. So ein Schollenverbundener wie Bernhard Schemmer denkt auch an die Studienphase im weltstädtischen Hamburg nicht sehnsüchtig zurück. Nach einer Lernzeit als Vermessungstechniker ging er als 18iähriger in der Metropole zur Ingenieurschule. Immerhin: er suchte sich Hamburg und nicht Oldenburg aus, was damals auch möglich gewesen wäre. Aus der Berufsschule in Münster gingen fünf Münsterländer mit nach Hamburg. Als Lebenserfahrung sei das ganz nett gewesen, auch sei er später hin und wieder noch einmal dort gewesen, berichtet Schemmer, indes:.Wenn man verheiratet ist, Kinder hat, da gefällt mir Reken doch besser als Wohnort." Mit 21 Jahren war der junge Mann Diplom-Ingenieur. Sofort machte er wieder Nägel mit Köpfen. Er heiratete — "freiwillig", wie er schmunzelnd hinzufügt. Es folgen weitere dreieinhalb Studienjahre an der TU Hannover, später dann eine gut zweijährige Referendarzeit mit dem Ziel: Vermessungs- und Liegenschaftsassessor.
    Mit 28 Jahren läßt er sich als öffentlich bestallter Vermessungsingenieur in Borken nieder. Stolz liegt in der Stimme, wenn der hochgewachsene Mann von den 20 Mitarbeitern in der Firma erzählt, die ihm zusammen mit einem Partner gehört. Das Personal sei ausschließlich selbst ausgebildet. Der Mann überläßt offensichtlich nicht gerne etwas dem Zufall. Wäre der Slogan nicht vergeben, er könnte Schemmers sein: Auf diese Steine können sie bauen. Klar, daß der selbständige Ingenieur das bekannte Klagelied von zu wenig Selbständigen in den Parlamenten, also auch im Landtag zu Düsseldorf, anstimmt.
    Vor zehn Jahren wäre es auch ihm nicht möglich gewesen, alles unter einen Hut zu bringen: Kommunales Mandat im Stadtrat von Reken, Fraktionsvorsitz, Arbeit im Landtag, Betrieb. Es sei schwierig, das ganze zu koordinieren, aber er würde es noch mal genauso machen. Die bisherigen drei Jahre im NRW-Parlament betrachtet Schemmer etwas vage als interessante Lebenserfahrung. Politik mache er mit Passion, vor allem die Kommunalpolitik ist sein politisches Standbein. Der 1950 geborene Mann trat 1976 in die CDU ein, da war Helmut Kohl schon drei Jahre Bundesvorsitzender. Lange Amtszeiten, wie die von Kohl, bedeuten nach Schemmers Einschätzung nichts Negatives. Er spricht von Kohl und Johannes Rau. Wenn er sehe, wie Rau in den letzten Jahren das Politik-Management aus der Hand gegeben habe, und wenn er dies mit Kohls Einflußnahme vergleiche, dann sehe man doch deutlich, wie Letzterer noch ins Geschehen eingegriffen habe. Schemmer denkt bürgerlich-konservativ, und das auch schon als Jüngerer.
    Das Politische hat ihn gepackt während der 68er Bewegung an den Hochschulen. "Alles nur durch eine rote Brille zu sehen, das hat mir gestunken." Obwohl er als Student nicht für das Konservieren des Verstaubten gewesen sei, habe er sich doch als Vertreter der Anti-68er an der Hochschule gefühlt und der schweigenden Mehrheit zur Sprache mit verholten. Da kommt wieder der praktisch Denkende zum Vorschein: Unzufrieden zu sein mit bestimmten Verhältnissen, hier speziell der scheinbar roten Uni-Übermacht, sei am ehesten geeignet, aktiv zu werden, etwas dagegen zu tun. Sind seine drei Kinder heute unzufrieden mit den bestehenden politischen Verhältnissen im bürgerlichen Haus Schemmer? "Ich bin sicher, daß die CDU wählen."
    In der Politik, ob daheim in Reken oder im Landtag, interessiert sich der Volksvertreter besonders für Wohnungs-/Städtebau und Verkehrsproblem-Lösungen. Der Mann vom Land weiß, warum die Verkehrspolitik so wichtig ist. "Immer noch gibt es viele Ortschaften, wo eine vernünftige Umgehung nicht vorhanden ist Was wir da manchen Bewohnern an täglichen Belästigungen zumuten..." Ob sich jemand wie Schemmer je vorzustellen vermochte, in einer anderen Partei aktiv zu werden? Nein, an der FDP störe ihn die vermeintliche Liberalität, die jetzt mit dem Namen Leutheusser-Schnarrenberger verbunden sei. Außerdem ist ihm die FDP für seinen Geschmack zu sehr mit der großen Wirtschaft verbunden. Schemmer fühlt sich dem Mittelstand besonders nah. An Clements Regierungserklärung könnte er vieles gegenzeichnen, aber: "Ich trage mich, wo der Mann in den vergangenen Jahren war, der gehört doch dem Laden schon lange an."
    Clements Regierungserklärung habe teilweise so geklungen, als sei der neue Regierungschef von außen dazugestoßen. Als Wirtschaftsminister habe er gewiß etwas Positives bewirkt im Bereich Medienansiedlung. Aber das NRW-Kartell der Großbetriebe, Stadtverwaltungen und Gewerkschaftsfunktionäre, welches gesunde Entwicklungen in vielen Ballungszentren verhindert habe, sei bei Clement nicht auf Widerstand gestoßen. Im Kreis Borken habe man dagegen zeitig auf Umstrukturierung und Mittelstand gesetzt. In 25 Jahren sei die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten um 25 Prozent gestiegen. Zum Schluß gibt der Raucher Schemmer noch ein anderes "Laster" preis: "Ich mache noch etwas ganz Schlimmes, ich gehe zur Jagd. Aber ich habe damit überhaupt keine Probleme."
    Reinhold Michels

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen)

    ID: LI981883

  • Porträt der Woche: Hubert Schulte (CDU).
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 14 - 15.09.1998

    Mit der Oppositionsrolle im Landtag mag sich der Sauerländer Hubert Schulte nicht so recht anfreunden. "Es ist viel schöner in einer Regierungspartei", weiß der CDU-Abgeordnete aus eigener kommunalpolitischer Erfahrung. Im Mendener Rat hat Schulte einiges mitgemacht: Von 1984 bis 1994 die absolute Mehrheit der CDU, seither ist die Union vor Ort auf die Hilfe einer Unabhängigen Wählergemeinschaft angewiesen. Nur im Düsseldorfer Landtag, da will es mit der Rückkehr der Christdemokraten an die Macht einfach nicht klappen...
    Schon früh fand der gelernte Elektriker über Gewerkschaftsjugend und Betriebsratsarbeit zur Politik. Zunächst in der Jungen Union, seit 1968 engagierte sich Hubert Schulte in der CDU. Im Jahr 1970 legte der damals 25jährige alle politischen Ämter nieder: nach der Geburt der Tochter wollte sich der Sauerländer mehr um die eigene Familie kümmern. "Ich habe wegen der Familie von 1970 bis 1982 ganz bewußt keine Politik gemacht und dies auch im nachhinein nicht bereut", sagt Schulte. Seit 34 Jahren ist der heute 53jährige verheiratet. Halbe Sachen lehnt der gebürtige Hönnetaler ab — ganz Sauerländer eben.
    1984 wurde der CDU-Politiker Mitglied im Rat der Stadt Menden, seit 1987 ist Hubert Schulte stellvertretender Fraktionsvorsitzender und seit 1992 Stadtverbandsvorsitzender der CDU Menden. Mit 45,1 Prozent der Stimmen wurde Schulte 1995 direkt in den Düsseldorfer Landtag gewählt. Dort zog es den engagierten Elektromeister gleich in den Wirtschaftsausschuß. Privatisierung, Förderung des Mittelstandes, Eigeninitiative und das Zurückdrängen der öffentlichen Hand, das sind die Hauptanliegen, die den CDU-Politiker umtreiben. Im Landtag sitzen dem Handwerker zu viele Mitglieder aus dem öffentlichen Dienst, vor allem zu viele Lehrer. Die könnten sich von Vater Staat einfach für eine Zeit freistellen lassen für die politische Arbeit, beklagt Schulte deren Privilegien. "In der Wirtschaft ist die Kombination von Beruf und Politik deutlich schwieriger."
    Nach den ersten drei Jahren im Landtag bedauert Schulte, daß der Kontakt zu den anderen Fraktionen auch in den Fachausschüssen relativ gering bleibt. Trotzdem könne man auch aus der Opposition heraus kommunale Interessen vertreten und häufig Türen öffnen. Zwar ist die hervorragende Zusammenarbeit mit den Abgeordneten der angrenzenden Wahlkreise der Arbeit für die Region nützlich. Allerdings kann sich auch Schulte vorstellen, daß die Sauerland- Abgeordneten genauso wie Münsterländer, Revierabgeordnete und Ostwestfalen die Vertretung ihrer gemeinsamen Ziele noch kraftvoller gestalten. Schließlich sei das Sauerland mehr als grüne Lunge und Reservat für das Ruhrgebiet, warnt Schulte.
    Grundsätzlich sieht der CDU-Politiker die Anmeldung von FFH-Gebieten (Flora-Fauna-Habitat) im Sauerland positiv. Die FFH-Richtlinie dürfe aber nicht dazu mißbraucht werden, ganze Landstriche von Infrastrukturmaßnahmen auszuschließen und neue Gewerbegebiete zu verhindern. In jedem Einzel fall müsse es eine Abstimmung mit Kreis und Kommune geben. Sorgen bereitet Schulte die Entwicklung des Tourismus im Sauerland. "Dem Tourismus wird in den Gemeinden nicht die nötige Bedeutung beigemessen." Die Verkehrsvereine in Menden, Balve, Hemer und Neuenrade gehen jetzt neue Wege und werben gemeinsam auf Touristik-Messen für die Schönheit der heimischen Natur.

    Die hat es auch dem leidenschaftlichen Mineraliensammler Schulte angetan. Zwar findet der sympathische Abgeordnete heute keine Zeit mehr, die Steinbrüche mit Hammer und Meißel nach Mineralien abzuklopfen. "Das Sauerland ist aber eines der ergiebigsten Mineraliengebiete in Deutschland", weiß der bodenständige Mendener. Hier ist er früher tagelang auf der Suche nach seltenen Stücken herumgewandert. "Wenn man etwas erreichen will, dann muß man es auch richtig machen." Steine suchen kostet Zeit, die aber ist knapp. Vielleicht packt Hubert Schulte Hammer und Meißel später einmal wieder aus. Im Augenblick aber konzentriert sich der Sauerländer voll auf die Politik. Wie sagte der Christdemokrat noch am Anfang: "Ich gebe mich mit der Oppositionsrolle nicht zufrieden."
    Wilfried Goebels

    (Das namentlich gekennzeichnete "Porträt der Woche" ist Text eines jeweiligen Gastautors und muß nicht immer mit der Meinung der Redaktion übereinstimmen.)

    ID: LI981451

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