28.02.2024

Debatte über Entlastung der Wirtschaft

In einer Aktuellen Stunde hat der Landtag über die Situation der nordrhein-westfälischen Wirtschaft debattiert. Der Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung weise wenig Wachstumspotenzial aus. Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen stehe „vor dem Absturz“ und habe eine „mangelhafte Wachstumsperspektive“, heißt es im Antrag der Fraktionen von SPD und FDP zur Aktuellen Stunde.

In ihrem Antrag (18/8187) fordern die Fraktionen Wachstumsimpulse und Entlastung. Dazu solle Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) seine Ablehnung des geplanten Wachstumschancengesetzes der Bundesregierung aufgeben. Der Landtag müsse über die Haltung der Landesregierung sowie Maßnahmen zur Entlastung der Wirtschaft debattieren.

„Die Wirtschaftspolitik unter Schwarz-Grün gleicht einer gefährlichen Irrfahrt“, meinte SPD-Fraktionschef Jochen Ott. Nordrhein-Westfalen falle im Bundesvergleich immer weiter zurück. Ministerpräsident Wüst stehle sich aus der Verantwortung. „Wie werden Sie sich im Bundesrat verhalten?“, fragte ihn Ott mit Blick auf das geplante Wachstumschancengesetz. Der ökologische Umbau brauche staatliche Unterstützung. „Wir vererben unseren Kindern keinen Kontostand, sondern die Luft, die sie atmen, die Wirtschaft, von der sie leben, und die Sicherheit und Freiheit, die ihnen genauso zusteht wie den vorherigen Generationen.“ 

Trotz starker wirtschaftlicher Substanz entwickle sich Nordrhein-Westfalen in Richtung Mittelmaß, sagte Henning Höne, Vorsitzender der FDP-Fraktion. Er sprach von einem „relativ giftigen Cocktail“ aus zu viel Bürokratie, hohen Energiekosten, einer hohen Steuerlast und einer verschleppten Digitalisierung. Höne forderte eine Wirtschaftswende, „Vorfahrt für Infrastruktur“ und den Verzicht auf die Einführung des Kies-Euros. Das geplante Wachstumschancengesetz des Bundes bringe Entlastung, die Maßnahmen reichten jedoch nicht aus. Es sei auf Druck der CDU bereits in seiner Entlastungswirkung mehr als halbiert worden, kritisierte er. 

Deutschland befinde sich in einer schwierigen konjunkturellen Lage, sagte Dr. Christian Untrieser (CDU). Die Volkswirtschaft sei 2023 um 0,3 Prozent geschrumpft, in NRW sogar um 1,1 Prozent. Hauptgrund dafür sei der hohe Anteil energieintensiver Industrien. Großbritannien, Frankreich, die USA, China und Japan verzeichneten dagegen ein Wirtschaftswachstum. Von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) komme zu wenig, um gegenzusteuern. Nötig seien u. a. Nachbesserungen bei der Kraftwerksstrategie des Bundes, um Energiepreise zu senken, Entlastungen und Investitionen für Unternehmen sowie ein Abbau von Bürokratie – etwa durch Abschaffung des Lieferkettengesetzes. 

Zahlreiche deutsche Unternehmen verlagerten Arbeitsplätze bereits ins Ausland, sagte Christian Loose (AfD). Jede vierte Handwerksfirma denke darüber nach, den eigenen Betrieb zu schließen. Falls andere Schritte scheiterten, könne der Austritt aus der Europäischen Union zum „wahren Booster für die Wirtschaft“ werden. Das habe sich in Großbritannien gezeigt, wo das jährliche Wachstum zwischen 2021 und 2023 dreimal so hoch gewesen sei wie in Deutschland. Die EU schade der Wirtschaft durch Gesetze und Verordnungen. Als Beispiel nannte Loose u. a. das EU-Lieferkettengesetz sowie Emissionszertifikate. 

Ein Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent sei in der Tat unbefriedigend, sagte Simon Rock (Grüne). Allerdings schwächele die Wirtschaft nicht nur in Deutschland und Nordrhein-Westfalen, sondern in weiten Teilen der Europäischen Union. SPD und FDP suchten die Schuld für die angespannte Lage in Nordrhein-Westfalen bei der Landesregierung. Damit machten sie es sich zu einfach, sagte Rock. Laut Bundesfinanzministerium und ifo Institut sei nicht die Steuerbelastung, sondern die Bürokratie der „wichtigste negative Faktor“. In Nordrhein-Westfalen aber hätten CDU und Grüne bereits im Koalitionsvertrag Maßnahmen zum Bürokratieabbau vereinbart. 

Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (CDU) wies ebenfalls auf Belastungen der Wirtschaft durch zu viel Bürokratie hin. Die SPD-Bundestagsfraktion habe eine ganze Reihe von Themen in den Entwurf des Wachstumschancengesetzes „hereinverhandelt“, die einen „massiven Aufbau von Bürokratie“ zur Folge gehabt hätten. Diese im Vermittlungsausschuss aus dem Entwurf herauszubekommen, habe viel Aufwand gekostet. Unternehmen bräuchten verlässliche Rahmenbedingungen, um wirtschaften zu können, sagte der Minister. In Düsseldorf sei man sich in der Koalition einig, in Berlin offenbar nicht. 

Mit der Debatte verbunden war ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Fünf vor zwölf für die deutsche Wirtschaft – Die Landesregierung muss den Forderungen der Wirtschaftsverbände nachkommen und die Blockade des Wachstumschancengesetzes endlich beenden!“ (18/8121). Er wurde mit den Stimmen von CDU, Grünen und AfD abgelehnt. SPD und FDP stimmten dafür. 

Text: sow, tob, zab

Die Fraktionen im Landtag NRW