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01.12.2023

Aktuelle Stunde: Streit um Bewerbungsverfahren

Der Landtag hat in einer Aktuellen Stunde über den Vorwurf der politischen Einflussnahme bei der Besetzung des Postens der künftigen Präsidentin oder des künftigen Präsidenten des Oberverwaltungsgerichts (OVG) in Münster debattiert. Die Fraktionen von SPD und FDP hatten die Aussprache beantragt.

Die Opposition wirft Justizminister Dr. Benjamin Limbach (Grüne) vor, in das Bewerbungsverfahren eingegriffen zu haben, um eine ihm bekannte Person durchzusetzen. Limbach weist dies zurück.

Zwei Verwaltungsgerichte hatten das Verfahren gestoppt, nachdem die unterlegenen Bewerber geklagt hatten. Nun muss das Oberverwaltungsgericht entscheiden. 

Während der Fragestunde in der Plenarsitzung am 29. November 2023 hatten SPD und FDP das Thema erneut aufs Tapet gebracht und u. a. gefragt, welche Kenntnisse Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) bezüglich des Bewerbungsverfahrens hatte. Es bestehe nun „der Verdacht, dass die manipulative Einflussnahme in dem Verfahren um die OVG-Präsidentschaft nicht nur seitens des Justizministers Limbach, sondern darüber hinaus auch von der Staatskanzlei betrieben worden sein könnte“, heißt es im Antrag (18/7153) zur Aktuellen Stunde.     

Das Bewerbungsverfahren um eine der höchsten Richterstellen im Land laufe seit drei Jahren, sagte Sven Wolf (SPD). Im September 2022 sei eine Bewerberin – eine ehemalige Kollegin des Justizministers – hinzugekommen. Im Juni 2023 habe das Kabinett zugunsten dieser Bewerberin entschieden. Es gebe „in der ganzen Geschichte jede Menge Ungereimtheiten“. Der Chef der Staatskanzlei, Nathanael Liminski, habe im Plenum angegeben, vorab Gespräche mit zwei Personen aus dem Bewerberkreis geführt zu haben. „Das erweckt den Anschein einer politischen Einflussnahme aus der Staatskanzlei“, betonte Wolf.

Die „Geschichte“, die von Justizminister Limbach „aufgetischt“ worden sei, werde „immer unglaubwürdiger“, sagte Dr. Werner Pfeil (FDP). Der Justizminister habe das „Neutralitätsgebot“ verletzt. „Herr Minister, seien Sie doch ehrlich, hier zählte nicht mehr die Bestenauslese.“ Ein „Feilschen und Postengeschacher“ schade der gesamten Justiz. „Ihre mangelnde Distanz machte Sie von Anfang an befangen“, warf der FDP-Politiker dem Justizminister vor. „Sie tragen dafür die Verantwortung.“ Die Scheinwerfer seien nun aber auch auf die Staatskanzlei gerichtet, deren Rolle Fragen aufwerfe. 

Dr. Jörg Geerlings (CDU) bezeichnete die Beiträge seiner beiden Vorredner als „Verschwörungstheorien“. Sie versuchten, ein ordentliches Verfahren mit ihren Vorwürfen zu manipulieren. Es sei „etwas ganz Normales“, wenn Bewerberinnen oder Bewerber auf eine hochkarätige Stelle das Gespräch mit „Menschen von Relevanz“ suchten, um eine Einschätzung zu ihren Chancen und zur Konkurrenz zu bekommen. Das dort erhaltene Feedback sei selbstverständlich nicht verbindlich. Vom Justizminister werde erwartet, die lange vakante Stelle zu besetzen. Dabei werde er nach den Vorgaben der Gerichte handeln. Nun heiße es, das finale Urteil abzuwarten. 

„Es gibt viele Probleme bei der Besetzung von Posten im politischen System“, sagte Christian Loose (AfD). Mit Bewerberinnen oder Bewerbern essen zu gehen, hielt er für „eher nicht“ üblich – ebenso, wie sie anzurufen. Schließlich könnten diese in Bewerbungsgesprächen überzeugen. Das Verfahren habe nun ein „Geschmäckle, sehr zum Schaden der Bewerberin“, meinte der Abgeordnete. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf habe geurteilt, dass die favorisierte Bewerberin entsprechend ihrer Qualifikationen gemäß Bestenauslese hätte gewählt werden können. „Deshalb sollten wir einfach das Verfahren abwarten“, empfahl Loose. 

Die Aktuelle Stunde sei ein „erneuter Versuch, immer wieder den Eindruck zu erwecken, etwas wäre formal nicht korrekt gewesen“, sagte Dr. Julia Höller (Grüne). Minister Limbach habe schon vor Wochen alle Fragen beantwortet. Offenbar gehe es den Fraktionen von SPD und FDP nur darum, „dass etwas hängen bleibt“. Das sei „unpolitisch“ und „schäbig“. Die Landesregierung sei für viele Ernennungen innerhalb der Justiz zuständig. Auch in diesem Fall sei das Verfahren nach den Kriterien der Bestenauslese erfolgt. Zur Kritik der Opposition sagte Höller: „Irgendwann wird es absurd.“ 

Zu Beginn der Legislaturperiode habe er den Abgeordneten versichert, dass ihm „sehr an einer offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit“ zwischen Justizministerium und Landtag gelegen sei, sagte Justizminister Dr. Benjamin Limbach (Grüne). Er habe das Parlament in allen Sondersitzungen des Rechtsausschusses, der Fragestunde und bei Kleinen Anfragen „stets nach bestem Wissen und Gewissen informiert“. Er könne sich daher nur wiederholen, sagte der Minister. Es habe keine politische Einflussnahme gegeben. Das Verfahren sei transparent, offen und streng nach den Grundsätzen der Bestenauslese geführt worden. 

Der Chef der Staatskanzlei, Minister Nathanael Liminski (CDU), betonte, dass das Landeskabinett mit der Personalentscheidung für eines der höchsten Ämter der NRW-Justiz befasst werden müsse. Als Regierungskoordinator sei er u. a. für die Vorbereitung der Kabinettssitzungen zuständig und damit mit allen Vorgängen befasst. Er erachte es als selbstverständlich, dass er Gesprächsbitten von Personen, die für diese hohen Ämter ernsthaft in Betracht kämen, nicht ablehne. Auf Initiative von zwei Personen aus dem Bewerberkreis habe er mit diesen Gespräche geführt. Beiden sei bewusst gewesen, dass das Votum für die Auswahlentscheidung beim Justizministerium liege. Der Opposition warf Liminski einen „haltlosen Vorwurf der Einflussnahme“ vor. 

tob, sow, zab, wib

Die Fraktionen im Landtag NRW