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30.11.2023

Aktuelle Stunde: Debatte über Antisemitismus

Der Landtag hat in einer Aktuellen Stunde über einen Anstieg antisemitischer Vorfälle in Nordrhein-Westfalen debattiert. Die AfD-Fraktion hatte die Aussprache beantragt.

Chanukka-Leuchter - ein Ausdruck jüdischen Lebens in Nordrhein-Westfalen

Einem Medienbericht zufolge spreche die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Nordrhein-Westfalen von einer „drastischen Zunahme“ seit dem Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel, heißt es im Antrag (18/7010). Allein im Zeitraum vom 7. Oktober, dem Tag des Anschlags, bis zum 9. November 2023 seien insgesamt 218 antisemitische Vorfälle erfasst worden. Eine Aktuelle Stunde biete die „Möglichkeit, die Ursachen dieses drastischen Anstiegs zu analysieren, wirksame Gegenmaßnahmen zu erörtern und die Bevölkerung für die Bedeutung der Bekämpfung von Antisemitismus zu sensibilisieren“.

Markus Wagner (AfD) bezeichnete Antisemitismus als „genuin menschenfeindlich“ und forderte: „Deutschland braucht eine Umkehr.“ Eine stark gestiegene Anzahl judenfeindlicher Übergriffe in Nordrhein-Westfalen sei ein Ergebnis der Politik der Landesregierung. Wagner sprach von „Realitätsverweigerung“ und „importiertem Antisemitismus“. Bereits auf den Schulhöfen herrsche Judenhass, und das nicht erst seit dem Krieg in Nahost. Der Abgeordnete zitierte islamistische Hassäußerungen und sagte: „Es geht gegen Juden, es geht gegen uns. Wir müssen handeln, und zwar jetzt.“ 

„Hass ist keine Meinung“ 

„Antisemitismus ist ein schleichendes, ein bösartiges, ein tödliches Gift“, sagte Gregor Golland (CDU). Prävention, etwa in Schulen, sei ein gutes und wichtiges Gegenmittel. Aber: „Am Ende kommt es auf uns alle an“ – auf alle Menschen und auf alle Religionsgemeinschaften. „Hass ist keine Meinung. Hass muss von uns allen Demokraten entschlossen und gemeinsam bekämpft werden“, betonte er. „Nie wieder“ sei keine Floskel. Wer das Existenzrecht Israels, jüdisches Leben in Deutschland oder die Gleichberechtigung von Frau und Mann infrage stelle, habe „in unserem Land nichts verloren“, unterstrich Golland. 

Die Hintergründe und Motive für antisemitische Vorfälle seien heterogen, sagte Elisabeth Müller-Witt (SPD). Verantwortlich dafür seien u. a. „antiisraelische Aktivisten, Islamisten, Antiimperialisten, Verschwörungsideologen, Rechtsextremisten oder auch christliche Fundamentalisten“. Es sei eine Bildungsaufgabe, gegen Antisemitismus vorzugehen. Das könne nicht früh genug anfangen. Werte wie Toleranz, Gleichheit und Gerechtigkeit sowie Kenntnisse über Religionen sollten Kindern bereits in Kitas und Schulen vermittelt werden. Alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens müssten mehr zur Bekämpfung von Antisemitismus beitragen. 

Antisemitismus aus den Köpfen zu bekommen, sei eine „Daueraufgabe unserer Demokratie“, sagte Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems. „Antisemitismus ist Teil des kollektiven Wissensbestandes unserer Gesellschaft.“ Anfeindungen kämen u. a. aus dem Rechtsextremismus, linken Milieus sowie „migrantischen“ Milieus. Ressentiments gegenüber Jüdinnen und Juden hätten auch in der Mitte der Gesellschaft zugenommen. Daneben gebe es deutlich mehr antimuslimische Vorfälle. Sie seien „ganz eindeutig“ auch auf „rechtsextreme Hetze“ zurückzuführen. Klar sei: „Antisemitismus lässt sich nicht durch Islamfeindlichkeit und Rassismus bekämpfen.“

„Fester Bestandteil der Gesellschaft“ 

„Wenn sich Menschen jüdischen Glaubens in Deutschland nicht mehr sicher fühlen können, dann müssen wir als Politik jetzt und mit aller Kraft reagieren“, sagte Dirk Wedel (FDP). Jüdinnen und Juden seien „fester Bestandteil der Gesellschaft, ebenso die Überzeugung, dass der Staat Israel ein Existenzrecht hat“. Wer das anders sehe, „hat keinen Platz in unserer Gesellschaft“. Wedel forderte eine Stärkung der Landeszentrale für politische Bildung. Bei der Bekämpfung von Vorurteilen spiele Bildung eine entscheidende Rolle. Befremdlich sei, „dass sich nun ausgerechnet die AfD als Vorkämpfer gegen Antisemitismus inszeniert“. 

Die Demonstrationen auf den Straßen führten vor Augen, dass Hass, Hetze und  Antisemitismus vorhanden seien, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). Wenn gegen Jüdinnen und Juden gehetzt und das Existenzrecht des Staates Israel infrage gestellt werde, „dann ist eben Schluss. Wir werden dann mit aller Macht des Staates dagegen vorgehen.“ Dass die AfD-Fraktion den Antrag zur Aktuellen Stunde gestellt habe, sei „schon ungeheuerlich“, sagte der Innenminister. Was in der AfD „unterwegs“ sei, was „gesagt, gedacht und formuliert“ werde, „spottet jeder Beschreibung“.

sow, tob, zab

Die Fraktionen im Landtag NRW