03.12.2021

Aus dem Landtag und hinaus in die Welt

Die Öffentlichkeit will gut darüber informiert sein, was im Parlament geschieht. Dazu braucht es eine Technik auf der Höhe der Zeit – wie im Plenarsaal und in Sitzungssälen, die kürzlich für weitere Live-Übertragungen modernisiert wurden. Erfahren Sie mehr in Teil 4 der Serie „Räume des Landtags“.

Fünf Kameras liefern Bilder für die Live-Übertragung

Erhaben ist der Blick von oben in den Plenarsaal. Worte wie „Lockdown“, „Impfdosen“ und „Geduldsprobe“ sind in den Kabinen der Ton- und Bildregie zu hören, wo an diesem Vormittag die Herren der Technik die Sitzung aufmerksam verfolgen. Ihre Aufgabe: dafür zu sorgen, dass die über Mikrofon gesprochenen Worte im Plenarsaal gut zu hören sind und Abgeordnete nicht nur unter sich diskutieren, sondern eine breite Öffentlichkeit an der Debatte teilhaben kann. 

Bürgerinnen und Bürger können alle Sitzungen des Plenums live im Internet sehen, auch in Gebärdensprache. Eine der Schaltzentralen befindet sich dazu in den Kabinen auf der Zuschauertribüne des Plenarsaals, von wo aus sich fünf fest montierte Kameras ansteuern lassen. Auch die „ELA-Regie“ hat hier ihren Platz. Das stehe für „Elektroakustische Lautsprecheranlage – Regie“, sagt Bernd Hallwaß, technischer Sachbearbeiter im Gewerk Kommunikations- und Medientechnik.

In der ELA-Regie wurden einige Fensterscheiben ausgespart, damit Tontechniker einen ungefilterten Eindruck von der Lautstärke im Saal bekommen. Zudem erkennen sie über Bildschirme, welche Abgeordnete reden und wie viel Sprechanteil die Fraktionen jeweils haben. Es leuchtet, blinkt – und funkt hinaus in alle Welt mit „hoch komplexen Gerätschaften“, wie Hallwaß sagt, während ein Kollege gerade das Ausgabesignal am Rednerpult etwas höher fährt. 

Zusätzlich zur Ausstrahlung im Internet werden Plenarsitzungen über einen eigenen Fernsehkanal übertragen, der nur im Landtag zu empfangen ist. Bild und Ton werden dazu ins Kabelnetz eingespeist. Abgeordnete und Mitarbeitende der Landtagsverwaltung sowie der Fraktionen können alle Sitzungen über Fernseher und Projektoren in der Bürger- und Wandelhalle, im Landtagsrestaurant und in Büros verfolgen.

Der über die Internetseite des Landtags aufrufbare Livestream wiederum steht allen Bürgerinnen und Bürgern offen. Wenige Klicks genügen, schon sind sie mitten in der Debatte. Nachdem ein externer Dienstleister die Daten aufbereitet hat, können Interessierte die jeweilige Plenarsitzung über die Internetseite des Landtags auch nachträglich aufrufen. 

Neben modernen Kommunikationsmitteln haben im Landtag zudem Relikte aus der analogen Zeit überdauert: die sogenannten Büroempfänger etwa, die Sitzungen aus dem Plenarsaal akustisch in die Räume des Landtags übertragen. Sie stammen aus dem Jahr 1988, sind also genauso alt wie das Landtagsgebäude selbst und unter Fensterbänken in Büros installiert. Die schlichten Geräte sind nach wie vor beliebt, auch weil sie Signale einige Sekunden schneller als der Internet-Livestream in die Büros übertragen. Und hakt dieser, tun sie zuverlässig ihren Dienst. „Leider bekommen wir keine Ersatzteile mehr“, sagt Rene Markgraf, Kommunikations- und Medientechniker im Landtag. Manchmal ließen sich die Büroempfänger reparieren. Oft aber würden sie „stillgelegt“. Denn zurück ins analoge Zeitalter wolle niemand, zu sehr überwiegen die Vorteile der Digitalisierung.

Der Unterschied ist auch im „Hauptverteilungsraum Technik“ – kurz HVT – zu sehen. Vor Jahren waren hier zig Steck- und Lötverbindungen auf mannshohen Rangierschienen für Bild- und Tonübertragungen verdrahtet. Für Laien ein einziges Labyrinth. Wenige Kupferleitungen – etwa zu Ministerien – sind nach wie vor zu erkennen, aber längst nicht mehr aktiv. Verbaut sind heute meist digitale Geräte, klein und kompakt, die Aufschriften tragen wie „Encoder“, „Multiviewer“ und „V-LAN“. 

Digital ist auch die Technik in den Ausschusssälen. Erst im April wurde sie in drei Sälen unter der Regie von Landtagsmitarbeiter Michael Schreiber erneuert, um in Zeiten der Corona-Pandemie mehr Videokonferenzen und Livestreams zu ermöglichen. „Wir waren gefordert, zeitnah ein professionelles System auf die Beine zu stellen“, sagt der Medientechnik-Ingenieur. Von der ersten Planung bis zur Inbetriebnahme verging gerade mal ein halbes Jahr. 

Seitdem läuft die Anlage. Wie genau sie funktioniert, erklärt Rene Markgraf an einem sitzungsfreien Vormittag. Er betritt einen kreisrunden Ausschusssaal, der über fünf Großbildschirme sowie vollautomatische Kameras, sogenannte Dome-Kameras, verfügt. Wie ein Fünfeck sind sie an einem Gestell verschraubt. Per Knopfdruck lässt sich das sogenannte Pentagon von einigen Sälen aus sogar von der Decke absenken – als sei ein Raumschiff startklar für die Live-Übertragung. 

Experte Markgraf geht zu einem der Mikrofone, die neben kabellosen Stromversorgungen für Smartphones und Ladestationen für Tablets an den Plätzen angebracht sind. „Eins, zwei, drei, Roger“, tönt es durch den Raum – die Kamera erkennt das Signal und fokussiert den Redner. Am Eingang des Raumes lässt sich der Livestream nun mit einem Chip aktivieren. 

Mit jeder Erneuerung schreitet die Digitalisierung im Landtag voran. Und es bewahrheitet sich ein Lehrsatz, den Hallwaß, Jahrgang 1956, in der Ausbildung zum Fernsehtechniker gelernt hat: „In deinem Beruf wirst du nie aufhören zu lernen“, sagte ihm einst sein Berufsschullehrer. Ja, die nächsten Ausschusssäle warten schon auf das nächste Update.

Text: tob

Der Text erschien erstmals in der Parlamentszeitschrift Landtag Intern (Ausgabe 9/2021).

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