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26.11.2021

Besinnung braucht keine Dunkelheit

Vor zehn Jahren wurde ein religionsneutraler Raum eingeweiht, der unter anderem für Andachten genutzt wird. Teil 3 der Serie „Räume des Landtags“ widmet sich dem Raum der Stille.

Sanft schließt sich die Tür. Ja, und dann ist es still. Die Gespräche in Bürger- und Wandelhalle, die Debatten im Plenarsaal – sie sind so nah und mit einem Mal doch so fern. Man ist allein mit sich und seinen Gedanken. Abschalten. Durchatmen. Manchmal tut das ganz gut.

Der Raum der Stille. Er befindet sich im Erdgeschoss, etwas abseits der Bürgerhalle. 45 Quadratmeter, heller Teppichboden, helle Wände, unterbrochen nur von zwei „Farbraumkörpern“ des Künstlers Prof. Gotthard Graubner, der den Raum gestaltet hat. Sie sehen aus wie gelbe Kissen. „Die Gelbtöne der Gemälde unterscheiden sich durch ihre Nuancen“, hatte Graubner einmal in einem Interview erklärt: „Erst durch die Nuance wird Farbe zur Malerei. Und dann fangen die Bilder an zu atmen.“

Lichtdurchflutet

Viele, die den Raum der Stille zum ersten Mal betreten und sich auf einen der hölzernen Hocker setzen, sind überrascht. „Sie haben einen dunklen Raum erwartet“, sagt Thomas Schneider vom Besucherdienst der Landtagsverwaltung. Das Gegenteil ist der Fall. Der Raum wirkt lichtdurchflutet, dazu trägt ganz maßgeblich die Lichtinstallation an der Decke bei. „Zur Klarheit der Gedanken gehört Licht“, sagt Schneider. 

Der Raum der Stille ist ein religionsneutraler Raum. Während der Plenarwochen werden dort donnerstags zwar Landtagsandachten gefeiert, zu denen die evangelische und katholische Kirche einladen. Aber: Im Raum selbst finden sich keine religiösen Symbole. Im Vorraum schon. Neben einem Kreuz für christliche Andachten gibt es dort auch muslimische Gebetsteppiche, die das türkische Generalkonsulat übergeben hat, sowie eine Menora. Die Jüdische Gemeinde Düsseldorf hatte den siebenarmigen Leuchter gespendet. Bei Bedarf werden Kreuz, Teppiche oder Menora in den Raum der Stille gebracht. 

Es war kurz vor Weihnachten 2011, als die Eröffnung gefeiert wurde. Der Wunsch nach einem solchen Rückzugsort wurde jedoch schon Jahre zuvor geäußert – von Abgeordneten, die im hektischen Parlamentsbetrieb einen Ort der Ruhe, der Besinnung vermissten. Aber auch von der evangelischen und katholischen Kirche. Sie wünschten sich für ihre Andachten einen würdigen Rahmen. 

Die früheren Landtagspräsidenten Regina van Dinther (2005-2010) und Eckhard Uhlenberg (2010-2012) stimmten das Konzept mit den beiden Kirchen ab. In den Diskussionen mit den Fraktionen stellte sich dann schnell heraus, dass keine Kapelle entstehen sollte – sondern ein neutraler Raum, der auch für Andachten genutzt werden könne.

Die Verwirklichung scheiterte zunächst an der Raumknappheit. Erst im Zuge der Planungen für den Landtagsanbau, der im Jahr 2010 fertiggestellt wurde, nahmen die Ideen mehr und mehr Gestalt an. Die Wahl fiel schließlich auf einen der Besprechungsräume im Erdgeschoss. Es ist die Komposition des Raumes, die Besucherinnen und Besucher nachhaltig beeindruckt. Und natürlich die Helligkeit. „Ich wollte einen hellen Raum schaffen, weil ich nicht gut finde, dass das Thema Ruhe immer mit Düsterheit verbunden wird“, hatte der Künstler Gotthard Graubner gesagt. Um „still zu werden, um in sich zu gehen“, müsse es aber nicht dunkel sein.

Text: zab

Der Text erschien erstmals in der Parlamentszeitschrift Landtag Intern (Ausgabe 2/2021). 

Raum der Stille

Der Raum der Stille wurde am 20. Dezember 2011 eröffnet. Gestaltet wurde er von Prof. Gotthard Graubner (1930-2013). Der international anerkannte Künstler lebte und arbeitete damals in Düsseldorf und auf der Museumsinsel Hombroich in Neuss. Seine Werke sind auch im Schloss Bellevue, dem Sitz des Bundespräsidenten in Berlin, und im Deutschen Bundestag zu sehen. Über den Raum der Stille hat der Landtag eine Publikation veröffentlicht. Sie kann kostenlos beim Referat „Öffentlichkeitsarbeit“ bestellt werden unter Telefon (0211) 884-2442 oder per E-Mail an oeffentlichkeitsarbeit@landtag.nrw.de.

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