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06.10.2023

Was die Zeit überdauert

Im Parlamentsgebäude hat es in den vergangenen 35 Jahren immer wieder Modernisierungen gegeben. Aber unverwechselbare Relikte bleiben und verleihen dem Gebäude bis heute seinen ganz eigenen Charme. Eine Spurensuche nach stillen Zeugen der Parlamentsgeschichte und Teil 4 der Serie "35 Jahre Landtag am Rhein".

Glas, Sandstein und Baubronze, jeweils in gerundeten Formen verbaut, verleihen dem Parlamentsgebäude sein unverwechselbares Aussehen.

Sächsischer Sandstein

Nicht immer gelingt es Architekten, ihre Wünsche umzusetzen – in diesem Fall aber schon: Mit Sandstein sollte die Fassade des Landtags verkleidet sein, so wünschten es sich Prof. Fritz Eller und seine Architektenkollegen, als sie das Landesparlament am Rhein planten. Sandstein wurde auch für andere repräsentative Bauten in Düsseldorf verwendet, etwa für das Mannesmann-Hochhaus und den Amtssitz des Ministerpräsidenten am Rheinufer. Um zu prüfen, welcher Stein für den Landtag bei den speziellen Luftverhältnissen wegen der Schifffahrt am Rhein geeignet war, besuchten die Architekten Betriebe in ganz Deutschland.

Es folgte eine öffentliche Ausschreibung. Das günstigste Angebot traf aus der DDR von einem Betrieb aus Dresden ein, der Cottaer Sandstein herstellte. „Überall in der Presse wurde geunkt, das sei unmöglich; man könne keinen Auftrag an die DDR vergeben; die ließen uns anfangen und lieferten dann nichts“, erinnerte sich Prof. Eller Jahre später in einer Rede im Plenarsaal. Eine Kommission aus Düsseldorf flog nach Berlin, um den Geschäftsführer des Sandsteinbetriebs zu treffen, der letztlich den Zuschlag bekam – und lieferte: „Ganz präzise und wunderbar verpackt“ seien die Lieferungen gewesen, erinnerte sich Architekt Eller: „Für die DDR waren das natürlich Devisen. Alles andere musste dafür liegen bleiben.“

Die Fassade außen und einige Wände innen wurden mit Sandsteinplatten verkleidet. Eine Herausforderung bestand darin, die teils abgerundeten und wenige Zentimeter dünnen Platten zu verlegen – was durch Betonteile mit Sonderkonstruktionen gelang, die dem Naturstein bis heute Halt geben und der Fassade einen zurückhaltenden, aber repräsentativen Charme verleihen.  

 

Baubronze – ein Material mit vielen Gesichtern

Drei doppelflügelige Türen führen vom Hauptportal aus in den Plenarsaal. Alle wurden aus sogenannter Baubronze gefertigt, ein Gemisch aus Kupfer, Zink, Mangan und manchmal auch Eisen und Blei. Umrahmt sind die Türen von Paneelen aus demselben Material. Anfangs schimmerte die Oberfläche noch goldbraun, über die Jahre ist das Material aber nachgedunkelt und hat eine Patina angesetzt. Wo Türen und Griffe wiederum häufig berührt wurden, wirkt die polierte Oberfläche wie neu. Anhand dieser Stellen lässt sich heute deutlich erkennen: In den vergangenen 35 Jahren sind die Abgeordneten meist durch die Türen in der Mitte und rechts gegangen. Die linke Flügeltür dagegen hat beinahe durchgehend eine dunkle Patina – ganz einfach, weil sie an Plenartagen meist geschlossen ist. 


Der „Poliereffekt“ von Baubronze lässt sich im Landtag häufig beobachten, wo das Material auf Wunsch der Architekten vielfach verbaut wurde – im Innern vor allem an repräsentativen Stellen wie Eingängen zu Ausschuss- und Fraktionssälen, der Bürger- und Wandelhalle sowie bei Aufzügen. Verbaut wurde das Material auch für Handläufe, Wandverkleidungen und Türbeschläge. Selbst Knäufe an vielen Bürotüren, in denen elektronische Schließvorrichtungen eingebaut sind, bestehen aus Baubronze. Wo die Gebrauchsspuren besonders deutlich sind, schimmert die Oberfläche heute goldbraun – ein gewollter Effekt

Auch bei der Verkleidung der Außenfassade war Baubronze neben Sandstein und Glas das Material der Wahl. Als der Landtag gebaut wurde, schimmerte die Baubronze dort ebenso goldbraun wie innen. Durch Wind und Wetter sind die Außenflächen über die Jahre allerdings stärker nachgedunkelt. Teilweise hat sich das Material auch grünlich verfärbt, bedingt durch die Kupferanteile, was für interessante Farbverläufe sorgt. Es scheint sich zu bewahrheiten, was Prof. Fritz Eller vor Jahren bei einer Rede im Plenarsaal sagte: Baubronze sei ein Material, das „in Anstand alt werden“ könne. Es stehe für Tradition, Dauer und Beständigkeit.

Glas – ein Symbol für transparente Politik 

Die Türen schließen – hinauf geht’s, aber ganz langsam. Denn die rundum verglaste Aufzugskabine, die Besucherinnen und Besucher von der Eingangshalle hoch zur Tribüne des Plenarsaals führt, schlägt mit einer Geschwindigkeit von 20 Zentimetern pro Sekunde ein gemächliches Tempo an. Zeit, sich umzuschauen: Durch das Glasdach ist die Spitze des Rheinturms zu sehen. Der Panoramablick reicht bis zum Rhein und den Vorplatz des Landtags samt Bürgerpark. Je höher der Aufzug steigt, desto deutlicher ist der Plenarsaal zu erkennen, wo die Fahrt wie auf einer sanft schwebenden Wolke nach gut anderthalb Minuten endet.

Ausgelegt ist der Aufzug für 53 Personen – so viele, wie in einen Reisebus passen. Aufgrund des Alters sollen heute aber nur noch kleinere Gruppen mit rund 25 Personen mit dem Aufzug fahren, da er sonst überhitzt. Zeitversetzt gelangen an einem Plenartag dank einer fein austarierten Taktung jedoch rund 1.200 Besucherinnen und Besucher mit dem Glasaufzug hoch zur Tribüne, um die Debatten im Plenum zu verfolgen. Runter geht’s schließlich wieder über ein Treppenhaus.

Da heute mehr Bürgerinnen und Bürger als in den Anfangsjahren den Landtag besuchen, haben kürzlich die Arbeiten für den Bau eines weiteren Aufzugs begonnen, der von der Eingangshalle hoch zur Tribüne im Plenarsaal führt. Der Glasaufzug mit seiner einzigartigen Rundumsicht bleibt aber erhalten, um hoch- und manchmal auch runterzukommen.

Kunst – zementiert am Bau 

Sie ergänzen die Architektur und stehen in enger Beziehung zum Gebäude: Zahlreiche Werke renommierter Künstler befinden sich im und am Landtagsgebäude.Da ist beispielsweise der „Tzaphon“ auf dem Vorplatz, ein Werk des israelischen Künstlers Dani Karavan, fertiggestellt im Jahr 1990. Mit einem Durchmesser von 15 Metern ist die Gussscheibe aus mehreren Tonnen Stahl heute Dreh- und Angelpunkt des Vorplatzes. Der Stahl und eine in Nord-Süd-Richtung verlaufende Schiene verweisen auf die Geschichte des Industrielands Nordrhein-Westfalens.

Vor dem Bibliothekssaal an der Rheinpromenade befindet sich der künstlerisch gestaltete Brunnen, den Heinz Mack entworfen hat. Wer das Restaurant betritt, sieht an der Stirnwand das mehr als 22 Meter lange Gemälde aus Keramik und Vulkanplatten des Künstlers Emil Schumacher. Und für das Foyer vor dem Plenarsaal hat Günther Uecker mit Nägeln und Farben, die sich zu Spiralen formen, das Wandbild „Interferenzen“ geschaffen – nur wenige Beispiele für die Kunst im und am Bau. „Die Architekten des Landtags sind glücklich und dankbar für diese Kunst und hoffen, dass auch die Bürgerinnen und Bürger diese Begeisterung teilen“, schrieb Prof. Fritz Eller in einem Aufsatz.

Schon im Wettbewerbsentwurf für den Neubau forderten die Architekten, dass Künstler für die Gestaltung repräsentativer Orte beauftragt werden sollten. Eine im Jahr 1983 einberufene Kunstkommission, bestehend aus Abgeordneten, Architekten und Kunstsachverständigen, einigte sich auf Stellen im und am Gebäude. Heute, 35 Jahre nach Eröffnung des Parlaments, gehören Kunstwerke, die für den Bau geschaffen wurden, zum Grundinventar. Sie korrespondieren mit der Funktionsweise des Hauses und sind nicht mehr wegzudenken.

Text: tob


Bilder-Slideshow „35 Jahre Landtag am Rhein“ 

Die Bilder stammen überwiegend aus dem landtagseigenen Bildarchiv, in dem Entwicklung des Neubaus mit zahlreichen Motiven dokumentiert ist. 

Links

Die Fraktionen im Landtag NRW