23.08.2023

Erste Debatte über den Haushalt für 2024

Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (CDU) hat den Entwurf der Landesregierung für den Haushalt 2024 ins Parlament eingebracht. Die Planungen sehen Ausgaben in Höhe von 101,9 Milliarden Euro vor und damit 7,2 Milliarden Euro mehr als im laufenden Jahr. Eine Aufnahme neuer Schulden ist erneut nicht vorgesehen.

Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (CDU) betonte, das Land stehe vor „gewaltigen Herausforderungen“. Erstmals seit dem Ende des Kalten Krieges stünden die europäische Ordnung, aber auch die Gesellschaft vor grundsätzlichen Fragestellungen. Zugleich seien die finanziellen Handlungsspielräume eng. Das Selbstverständnis der Landesregierung sei, Probleme gemeinsam zu lösen und aus den Möglichkeiten das Beste für das Land und seine Menschen zu machen. Der Minister kritisierte zugleich die Arbeit der Bundesregierung. Die „endlosen Streitereien“ der Ampelkoalition, „das Nicht-Lösen“ von Problemen hätten zu großer Verunsicherung geführt. Den Haushaltsentwurf für 2024 nannte der Minister „solide, nachhaltig und generationengerecht“. Trotz der „extrem engen Handlungsspielräume“ investiere die Landesregierung in die Zukunft des Landes. Dabei hätten Kinder und Bildung Priorität. Allein dafür würden mehr als 38 Milliarden Euro im kommenden Jahr ausgegeben. Als weitere Schwerpunkte nannte Optendrenk u. a. die Unterstützung der Kommunen bei der Versorgung von Geflüchteten, die Bewältigung der Folgen des Ukraine-Krieges, die Digitalisierung, die Innere Sicherheit und den Klimaschutz. 

Die Politik der Landesregierung sei „rücksichtslos, chaotisch und familienfeindlich“, entgegnete SPD-Fraktionschef Jochen Ott. Sie werde den Menschen in Nordrhein-Westfalen bei ihren Problemen nicht helfen. Dies zeige der geplante Haushalt. Aus Selbstbewusstsein sei Selbstgerechtigkeit geworden, aus Angst vor Verantwortung werde „Leugnung der Realität“. Das Land habe „zu wenig Polizei, zu wenig Lehrerinnen und Lehrer, zu wenig Erzieherinnen und Erzieher“. Für Eltern gebe es keine verlässliche Kinderbetreuung mehr, in den Schulen ereigne sich eine „Bildungskatastrophe“, Kitas und Pflegeeinrichtungen drohe die Insolvenz. Die Kommunen müssten Steuern erhöhen, Schwimmbäder und Bibliotheken schließen, Spielplätze zurückbauen. Überall im Land brenne es, sagte Ott, „aber diese Koalition weigert sich zu löschen“. Höchste Zeit werde es zudem für eine „anpackende Wohnungsbaupolitik“. Das Land brauche wieder eine „politische Kultur der Verantwortung“. Die Probleme seien groß, aber lösbar. 

„Wenn ich Ihre Rede zusammenfasse, habe ich das Gefühl, Nordrhein-Westfalen geht in zehn Minuten unter“, erwiderte Thorsten Schick, Vorsitzender der CDU-Fraktion. Vielmehr seien dem Haushalt dieselben Attribute wie dem Finanzminister zuzuschreiben: „seriös, kompetent und ehrlich“. Die Herausforderungen bestünden im Fokussieren, Priorisieren und Transformieren. Die Landesregierung nehme sich der Themen an, bei denen die Bürgerinnen und Bürger Lösungen erwarteten: der Infrastruktur, dem Klimaschutz und Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Sicherheit und der Schaffung gleicher Lebensverhältnisse in Stadt und Land. Als Beispiele nannte Schick die Krankenhausplanung und die Personalpolitik bei der Polizei mit jährlich 3.000 neuen Polizeianwärterinnen und -anwärtern. „Die Wahrheit ist auch: Wir können uns nicht alle Vorhaben erlauben“, sagte der Abgeordnete – vor allem, wenn es an der Unterstützung des Bundes fehle wie bei den kommunalen Altschulden. Priorität im Haushalt hätten Kinder und Jugendliche. 

Henning Höne, FDP-Fraktionsvorsitzender, bezeichnete den Haushaltsentwurf als einen „Haushalt der verpassten Chancen“. Ohne Mut und Risiko könne nichts Neues entstehen. „Ich glaube, der Staat muss bei seinen Kernaufgaben wieder schlagkräftiger werden“, sagte er. Das erfordere, an anderer Stelle zu verschlanken und mehr auf Eigenverantwortung zu setzen. Was verteilt werde, müsse zuvor erwirtschaftet werden. Höne forderte einen Industrie-Konsens: einen politischen Konsens, dass Industrie in Nordrhein-Westfalen auch in Zukunft gewollt sei. Für kleine Unternehmen werde zu wenig getan. Schwarz-Grün mache eine „Politik für die Kämmerer, nicht für die Bürger“: Bei der Grunderwerbsteuer habe die Landesregierung ihr Wort gebrochen. Höne kritisierte Kürzungen im Haushalt  u. a. bei der Polizei und bei der Gewinnung von Kita-Personal. Den Altschuldenfonds bezeichnete er als einen „Vertrag zulasten Dritter“ und attestierte der Landesregierung: „Sie laufen sehenden Auges in eine Überschuldungswelle der Kommunen.“ 

Das Haushaltsvolumen steige zwar um 7,2 Milliarden Euro an, dennoch sei der Etat  „in vielen Bereichen geprägt von Einsparungen und notwendigen Priorisierungen“, sagte Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems. Sie wies auf tiefgreifende Veränderungen und Krisen sowie die damit verbundenen Herausforderungen hin. Beispiele seien die Folgen der Klimakrise sowie der Arbeits- und Fachkräftemangel. Digitalisierung und Automatisierung veränderten zudem „rasant Abläufe und Regeln unserer Wirtschaft und unseres sozialen Miteinanders“. Hinzugekommen seien Pandemie, Ukraine-Krieg, Energiepreisanstieg und Inflation. Das alles zusammen präge den Landeshaushalt. Seine großen Themen seien Sicherheit, Schule, Kinder und Klimaschutz. Die Koalition übernehme Verantwortung und mache Nordrhein-Westfalen zukunftsfest, sagte Brems. Der Bund aber versuche, seine Haushaltslöcher zu stopfen, „indem er den Ländern und Kommunen das Fundament entzieht“. Allein das „Entlastungspaket III“ sorge in NRW für jährliche Mindereinnahmen von vier Milliarden Euro. 

Während die Wirtschaft in anderen G7-Staaten wachse, sei Deutschland in eine Rezession gerutscht, kritisierte AfD-Fraktionschef Dr. Martin Vincentz: „Die Aussichten für die Zukunft sind düster.“ Schwarz-Grün trage in Nordrhein-Westfalen zur Misere bei, statt sie zu lösen. Es fehlten Kita-Plätze, Brücken seien „hochgradig marode“, Staus kilometerlang, Plätze in Pflegeheimen teuer. Die Bürokratie sei „überbordend“. Zudem fehlten Fachkräfte und Investitionen in die Zukunft. „Wir waren mal ein reiches Land, mit Ihnen sind wir jetzt nachhaltig ruiniert“, sagte der Abgeordnete an die Landesregierung gerichtet. Die Grenzen des Landes müssten besser geschützt werden. „Deutschland braucht eine Willkommenskultur – und zwar für Investitionen, technologischen Fortschritt und Leistung.“ Es müsse mehr für die Innere Sicherheit und gegen Kriminalität getan werden. Nordrhein-Westfalen müsse wieder zum „Motor Deutschlands“ werden. Dafür stehe die AfD. „Wir sind gekommen, um Deutschland wieder vom Kopf auf die Füße zu stellen.“ 

„Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2024 (Haushaltsgesetz 2024)“ (18/5000), „Finanzplanung 2023 bis 2027“ (18/1417); die Entwürfe wurden zur weiteren Beratung an den Haushalts- und Finanzausschuss (federführend) überwiesen.

Text: wib, zab, sow, tob

 

Die Fraktionen im Landtag NRW