24.05.2023

Aktuelle Stunde: Debatte über „Stärkungspakt Armut“

Der Landtag hat in einer Aktuellen Stunde über den „Stärkungspakt Armut“ der Landesregierung debattiert. Ein großer Teil des Geldes könne Medienberichten zufolge nicht ausgegeben werden, weil „die Kommunen an Fristen und Bedingungen des Landes NRW scheitern“, kritisierte die antragstellende SPD-Fraktion.

Rund 150 Millionen Euro stellt die Landesregierung den Kommunen im laufenden Jahr zur Bekämpfung von Armut zur Verfügung. Das Geld aus dem „Stärkungspakt Nordrhein-Westfalen – gemeinsam gegen Armut“ ist u. a. für soziale Einrichtungen, aber auch zur Unterstützung von Menschen vorgesehen, denen Überschuldung, Energiesperren oder Wohnungsverluste drohen. Hintergrund sind gestiegene Preise für Energie und Lebensmittel als Folge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.

In Duisburg zum Beispiel müssten 80 Prozent des Geldes aus dem Stärkungspakt (5,2 Millionen Euro) zurück ans Land fließen, heißt es im Antrag (18/4403) der SPD-Fraktion. „Der Beantragungsaufwand lastet auf den Trägern, die dafür kein weiteres Personal haben, und die kurze Frist verkompliziert das Prozedere“, schreibt die Fraktion. Zudem seien Doppelförderungen ausgeschlossen, Einzelfallhilfen daher schwierig.

„Absoluter Flop“

Nordrhein-Westfalen habe die höchste Armutsquote aller Flächenländer, sagte Lisa-Kristin Kapteinat (SPD). Im Ruhrgebiet lebe jedes vierte Kind in Armut. Die Bekämpfung von Armut im Land sei daher „bitter nötig“. Der Stärkungspakt aber scheine ein „absoluter Flop“ zu sein. Dies zeige, welchen Stellenwert Armut und deren Bekämpfung für die Landesregierung hätten. Deren „Credo“ laute offenbar: „Lieber keinen Cent zu viel ausgeben – wer weiß, was die damit machen.“ Es sei „keine gute Zeit für dieses Land, wenn Schwarz-Grün die Bekämpfung von Armut nicht wirklich angeht“, sagte Kapteinat. 

Marco Schmitz (CDU) bezeichnete die Vorwürfe seiner Vorrednerin als „Unverschämtheit“. Schwarz-Grün bekämpfe Armut „nicht mit Polemik, sondern mit konkreter Politik“. Der Stärkungspakt sei dabei nicht das einzige Instrument. Schmitz sprach von einem „großen Bündel“ an Maßnahmen für Kinder, Jugendliche und für von Armut bedrohte Menschen. Beispiele seien u. a. Programme in Schulen, für Obdachlose, das Sozialticket, der Stromsparcheck und die Schuldnerberatung. Von den Kommunen habe er gehört, dass sie für das Geld aus dem Stärkungspakt dankbar seien. Auch Träger hätten bestätigt, dass das Projekt funktioniere.  

Viele Menschen lebten in Armut oder seien davon bedroht, sagte Susanne Schneider (FDP). „Politik zur Bekämpfung von Armut muss Menschen in Notlagen einbeziehen.“ Die Bürokratie erschwere allerdings häufig eine sinnvolle Unterstützung. Dringend nötig seien Ombudsleute als Ansprechpartnerinnen und -partner bei Problemen mit Behörden. Außerdem bestehe der Wunsch nach einer Interessenvertretung auf Landesebene, in der sich Betroffene organisieren könnten. Politik sei gefordert, armutsbetroffene Menschen besser zu unterstützen. Das gelte auch für in Armut lebende Kinder, deren Anteil in den vergangenen Jahren gestiegen sei. 

„Erste Tranche von Maßnahmen“

Der Stärkungspakt der Landesregierung sei „Teil einer ersten Tranche von Maßnahmen“, sagte Jule Wenzel (Grüne), der mit dem Krisenbewältigungsgesetz zur Abmilderung der Folgen des Ukraine-Krieges aufgelegt worden seien. Die Opposition habe die Einrichtung des Sondervermögens zur Krisenbewältigung bei den vergangenen Haushaltsberatungen bekämpft. Ein „ernsthaftes Bekenntnis“, Menschen in Krisenzeiten zu unterstützen, müsse mit konsequenter Handlung und Haltung einhergehen, forderte die Grünen-Politikerin: „Nicht nur in der Aktuellen Stunde, sondern auch, wenn der Haushalt verhandelt wird.“  

Armut sei nicht so einfach zu beheben, wie die SPD es dargestellt habe, sagte Dr. Martin Vincentz, Vorsitzender der AfD-Fraktion. „Immer mehr Geld hilft eben nicht.“ Er unterschied zwischen verschiedenen Armutsformen, etwa zwischen Altersarmut und Kinderarmut. „In einem Land, in dem über Fachkräftemangel gesprochen wird, stellt Kinder zu haben ein Armutsrisiko dar“, sagte er. Altersarmut bezeichnete Vincentz als „unwürdig für einen reichen Staat“. Um Armut grundsätzlich zu bekämpfen, komme es auf Bildung, einen starken Familienverband und auf aktivierende Hilfen an, empfahl der Abgeordnete. 

Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) zeigte sich zuversichtlich, dass es allen Kommunen gelinge, die Mittel aus dem Stärkungspakt abzurufen. Dies erfordere „Kreativität, Pragmatismus und etwas zupackenden Mut“. Das Ministerium tue alles, um die Kommunen dabei bestmöglich zu unterstützen. Laumann verwies etwa auf Handlungshilfen und möglichst einfache Nachweisformulare. Das „anspruchsvolle Paket“ ziele darauf ab, in einer Notlage zu helfen, sagte der Minister und verwies auf die Preissteigerungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und der Energiekrise. Es gehe dabei nicht um die allgemeine soziale Situation im Land. 

Text: zab, tob, sow

Die Fraktionen im Landtag NRW