Hans Koch, der jetzt fast ein Jahrzehnt lang an der Spitze der F.D.P.-Landtagsfraktion steht, ist kein Traditionsliberaler wie einer seiner Amtsvorgänger, Friedrich Middelhauve, auch kein in die Politik verschlagener Berufsoffizier wie Wolfgang Döring, kein Jurist wie eine ganze Reihe seiner liberalen Vorfahren im Amt, von Reinhard Beine über Hermann Kohlhase und Willi Weyer bis hin zu Heinz Lange, aber auch kein Volkstribun vom Schlage Walter Möllers. Hans Koch ist aus der Kommunalpolitik zielstrebig in die Landespolitik und nicht in die Bundespolitik gegangen, ausgestattet mit dem soliden Erfahrungsschatz eines langjährigen Verwaltungsfachmanns, der weiß, wie Gesetze aussehen müssen, wenn sie auch praktikabel sein sollen, und der sich auch der Verzahnung der Interessen von Land und Gemeinden bewußt war.
Doch es wäre falsch, diesem Fraktionsvorsitzenden der kleinsten der drei Landtagsparteien das Schild eines Nur- Kommunalpolitikers umhängen zu wollen. Koch, der bereits 59 Jahre war, als er in den Landtag gewählt wurde, hat das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern nicht nur für seinen Einsatz bei der kommunalen Neugliederung, nicht nur für seine Bemühungen um die Weiterentwicklung der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung oder die Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung durch eine gemeindefreundliche Landespolitik erhalten, sondern gerade auch für seine wichtigen Impulse, die er der Mittelstandsförderung und Strukturpolitik gegeben hat. Wer so, wie der Vorsitzende einer kleinen Fraktion, auch noch in vier wichtigen Parlamentsausschüssen sitzen muß, kann sich Einseitigkeit nicht leisten, muß in mehreren Sätteln zu reiten verstehen.
Koch hat in all den Jahren seiner Fraktionsführung immer wieder die Linie der sozialen Marktwirtschaft vertreten, auch dort, wo er sich ihrer Grenzen durchaus bewußt war. Obwohl nur der Vorsitzende der kleineren Koalitionsfraktion, zugleich auch der mehrheitsbringenden, hat er in einem Jahrzehnt, also in den siebziger Jahren, mehr Einfluß auf die Landespolitik ausüben können, als Parlament und Öffentlichkeit oft bewußt geworden ist. Der Duisburger, vom Jahrgang 1911, gehört noch zu jener Generation, die im Düsseldorfer Landtag bald nicht mehr vertreten sein wird. Eine Generation, die unter persönlichen und politischen Umweltbedingungen aufgewachsen und geformt worden ist, die die Jüngeren im Parlament oft nur noch vom Hörensagen her kennen oder auch gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen wollen. Nur so ist es auch zu verstehen, daß jüngere Abgeordnete anderer Fraktionen Anstoß daran genommen haben, daß Koch früher einmal auch der SPD und CDU angehört hat. Koch selbst hat dafür plausible Begründungen. Wie Willi Weyer, der über Jahrzehnte starke Mann in der nordrhein-westfälischen F.D.P., 1972 Horst- Ludwig Riemer zu seinem Nachfolger im Amt des Landesvorsitzenden vorgeschlagen hat, so hatte er zwei Jahre zuvor auch Hans Koch als neuen Fraktionsvorsitzenden empfohlen. Eines hatte der Westfale Weyer, als er sein politisches Haus bestellte und 1975 aus der Landespolitik ausschied, nicht bedacht: Sein Wunschgespann Riemer-Koch trennen nicht nur ein Generationsunterschied und verschiedenartige Temperamente, sondern noch alte Rivalitäten aus dem F.D.P.-Bezirksverband Düsseldorf.
Kochs Stärke im Fraktionsvorsitz liegt aber nicht in der Fehde mit der Parteispitze, obwohl es mit einer Partei insgesamt besser bestellt ist, wenn ihre Minister und ihre Parteigremien wissen, daß mit dem Fraktionsvorsitzenden, also dem parlamentarisch Verantwortlichen, nicht immer gut Kirschen essen ist, und sich die Fraktion keineswegs immer nur als parlamentarische Schutztruppe des sozial-liberalen Regierungsbündnisses empfindet. Kochs Stärke liegt im Delegieren, im Heranziehen jüngerer Kräfte an die Verantwortung, im Überzeugen und Überzeugenlassen. Wenn Hans Koch für 1980 seine Ankündigung wahr macht, nicht mehr für die Landespolitik zur Verfügung zu stehen und wieder in die Kommunalpolitik zurückzugehen als Spitzenkandidat seiner Partei, und zwar in jenes Langenfeld, das seinem ehemaligen Stadtdirektor für erfolgreiche Industrieansiedlung den Ehrenring verliehen hat, dann schließt sich der Kreis in einer Konsequenz, wie sie nur selten anzutreffen ist.
Karl Fischer
ID: LI792129