24.08.2023

Aktuelle Stunde zur Unterbringung Geflüchteter

In einer Aktuellen Stunde hat der Landtag über die Unterbringung von Geflüchteten diskutiert. Die Aussprache war von den Oppositionsfraktionen von SPD, AfD und FDP beantragt worden. Zuvor hatten Medien berichtet, dass das Land den Kommunen vorzeitig rund 1.500 Geflüchtete zuweise, weil die Unterkünfte des Landes ausgelastet oder schon überbelegt seien.

Das Bild zeigt die Zentrale Unterbringungseinrichtung für Flüchtlinge in Hamm.

Die Lage in den Kommunen und die unzureichenden Aufnahmekapazitäten in den Landesunterkünften seien seit längerem bekannt, heißt es im SPD-Antrag (18/5505). Daher sei es „umso unverständlicher, dass hier sowohl Kommunen als auch Geflüchtete Situationen ausgesetzt werden, die einer humanitären Aufnahme nicht mehr gerecht werden“. 

Die AfD verweist in ihrem Antrag (18/5506) u. a. darauf, dass im vergangenen Jahr 169 von 394 Kommunen eine Überlastungsanzeige gestellt hätten. „Das zeigt deutlich, wie angespannt die Situation in vielen Kommunen ist. Verständlicherweise kommen immer lautere Hilferufe aus den Kommunen.“

Die FDP fordert in ihrem Antrag (18/5507), dass die Landesregierung dringend handeln „und mit einem Notfallplan mehr Kapazitäten auf Landesebene schaffen“ müsse, um den Druck auf die Kommunen zu reduzieren. Die aktuelle Entscheidung zu den vorzeitigen Zuweisungen führe zu erheblichen Belastungen der Kommunen.

„Organisationschaos“

„Wenn Menschen vor Krieg, Vertreibung oder Gewalt fliehen, müssen sie ein Recht auf einen Ort haben, der Sicherheit bietet“, forderte Christian Dahm (SPD). Die SPD stehe „uneingeschränkt zu dem Grundrecht auf Asyl“. Bund, Länder und Kommunen müssten besser zusammenarbeiten. In NRW gebe es zu wenig Plätze in Landeseinrichtungen – obwohl das Gegenteil versprochen worden sei. Kommunen brauchten mehr Unterstützung. Stattdessen herrsche „Organisationschaos“. Das sei im Ergebnis eine „inhumane Politik“. 

Enxhi Seli-Zacharias (AfD) dankte Menschen, die gegen eine geplante Unterbringungseinrichtung des Landes im Sauerland protestiert hatten. Die „selbst ernannte Zukunftskoalition“ aus CDU und Grünen agiere ignorant und empathielos gegenüber Bürgerinnen und Bürgern. Statt neuer Unterbringungseinrichtungen für Geflüchtete brauche es mehr Schutz an den Außengrenzen. Die „bedingungslose Willkommenskultur“ habe längst ein Ende. Die Flüchtlingspolitik erleide derzeit „Schiffbruch“ und kollabiere. 

Marc Lürbke (FDP) warf der Landesregierung ein „völliges Versagen in der Migrationspolitik“ vor. Sie lasse die Kommunen mit den „wahnsinnig großen Herausforderungen der Integration einfach im Regen stehen“. Städten und Gemeinden drohe nun vielfach der Kollaps. Zudem verspiele die Landesregierung das Vertrauen der Menschen in die Einwanderung und Akzeptanz von Migration. „Das geht nicht“, sagte Lürbke. Er sprach von einem „Offenbarungseid“: „Deutlicher könnten Sie Ihr Scheitern und das Organisationschaos gar nicht eingestehen“, sagte er in Richtung Landesregierung.

Kapazitäten „langsam erschöpft“  

Es sei an der Zeit, einiges geradezurücken, entgegnete Dietmar Panske (CDU). Die Unterbringung Geflüchteter in den Kommunen sei in der Tat ein Kraftakt. Das Land verfüge derzeit über 45 Unterkünfte mit 30.780 Plätzen. Die Kapazitäten seien „langsam erschöpft“. Deshalb müssten in einem ersten Schritt geflüchtete Menschen früher als vorgesehen auf die Kommunen verteilt werden. Dies sei auch in der Vergangenheit schon so gewesen, sagte Panske. Das Land arbeite „mit Hochdruck“ am Ausbau der Unterbringungskapazitäten. 

„Die Herausforderung in den Kommunen ist riesengroß“, sagte Verena Schäffer, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Das gelte aber auch für das Land. Die gemeinsame Verantwortung für Geflüchtete betreffe jedoch ebenso den Bund. Sie vermisse „Ehrlichkeit und Redlichkeit“ in der Debatte. Ein Versagen des Staates herbeizureden, sei verantwortungslos. Solche Diskurse würden von Rechtsextremen als Legitimation für flüchtlingsfeindliche Straftaten genutzt. „Das dürfen wir unter keinen Umständen zulassen“, mahnte Schäffer. 

Als 2015/2016 sehr viele Geflüchtete Schutz gesucht hätten, hätten die Kommunen sie zum großen Teil in Turnhallen untergebracht. „Das kann in der Frage der Akzeptanz nicht der Weg sein“, erklärte Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne). Sie verwies auf einen Sechs-Punkte-Plan. Künftig wolle die Landesregierung u. a. Kommunen und die Menschen vor Ort frühzeitiger einbeziehen. Sie wolle außerdem die Plätze in Landeseinrichtungen auf die Zahl der aufzunehmenden Geflüchteten in der jeweiligen Kommune anrechnen. 

Text: tob, zab, sow

Die Fraktionen im Landtag NRW