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  • Porträt der Woche: Heinz Lanfermann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 6 - 21.03.1989

    Dichtgedrängt stapeln sich die schwarzen Aktenordner im winzig-kleinen Büro des liberalen Landtagsabgeordneten, der quasi über Nacht Schlagzeilen machte. Heinz Lanfermann, erst am 27. Mai 1988 — seinem 38. Geburtstag — in den Landtag nachgerückt, leitet den Parlamentarischen Untersuchungsausschuß zur Aufarbeitung des Gladbecker Geiseldramas. Und der gelernte Richter am Landgericht Duisburg ist sich der Herausforderung dieser Aufgabe durchaus bewußt: "Das Geschehen in Gladbeck hat bundesweit Aufmerksamkeit erregt. Nun müssen wir unseren Gesetzesauftrag erfüllen und mögliche Fehler und Versäumnisse aufklären". Bei aller Neigung für Expressionen, die im parlamentarischen Alltag immer mal durchbricht, versteht Lanfermann seine Funktion als Vorsitzender des ganzen Ausschusses — sicher keine leichte Aufgabe angesichts der Aufgeregtheiten der letzten Monate.
    Schon drei Tage nach der Vereidigung hatte der Oberhausener seinen ersten Auftritt im Landtag. Und seit dieser Jungfernrede beschäftigt den F.D.P.-Abgeordneten ein Thema: Die Politik des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Schnoor (SPD). Und zumindest für die FDP. wurde der Nachrücker Heinz Lanfermann zum Glücksgriff, kannte er sich doch blendend aus in der nicht immer durchschaubaren Gesetzes-Materie. Der mit einer Richterin verheiratete Jurist hatte sich nach seinem Studium in Bonn mit Fragen des Zivilrechts befaßt, später dann im Strafrecht reüssiert. 1985/86 wurde Lanfermann zum Bundesminister der Justiz nach Bonn abgeordnet. Und nun in den Landtag, der "kein kurzfristiges Intermezzo" werden soll.
    Seit 1975 ist der Abgeordnete Mitglied der F.D.P., seit 1980 im Kreisverband Oberhausen aktiv. "Es ist schwer für uns im Ruhrgebiet", blickt Lanfermann auf die 2,9 Prozent, die die Liberalen bei der Kommunalwahl 1984 in seinem Wahlkreis erreichten. Bei der Bundestagswahl waren es zuletzt schon 4,5 Prozent. Deshalb hofft Lanfermann auf den Einzug der Liberalen in den Oberhausener Rat — und kämpft dabei selbst — um ein Mandat. All dies kostet Zeit. Zeit, die fürs Hobby fehlt. Heinz Lanfermann ist leidenschaftlicher Schachspieler, und dazu sogar ein gar nicht einmal so schlechter. Immerhin brachte es der stämmige Politiker mit dem weißen Haar bis zum Vereinsmeister und nahm in der Vergangenheit auch an Turnieren in Berlin und Zürich teil. Dazu bleibt nun keine Zeit mehr. Und da auch die eigene Frau in der F.D.P. mitmischt, "findet ein Teil des Familienlebens auf Parteitagen statt".
    Neben Plakaten des Expressionisten Kandinsky schmücken Portraits des FDP.-Landesvorsitzenden Jürgen W. Möllemann das Abgeordnetenbüro E6B46. "Auch Möllemann hat Fehler, aber ich halte viel von ihm. Er hat den Landesverband wieder zusammengeführt", verteidigt Lanfermann die Kunstwerke auf weißer Wand. Und wie entschuldigend: Außerdem stammt die Collage mit den Möllemann-Bildern von einer Parteifreundin." Lanfermann ist mit seiner Partei im reinen, hat sie ihn doch in kürzester Zeit nach oben geschwemmt. Der Nachrücker lobt das gute Klima in der 14köpfigen F.D.P.-Fraktion, die ihn hervorragend aufgenommen und ihn sofort mit wichtigen Aufgaben betraut habe. "In einer kleinen Fraktion kommt der Aufstieg schneller", hat der Jurist am eigenen Leibe erfahren. Allerdings muß in der Mini-Fraktion auch mehr gearbeitet werden, weil wenige viel machen müssen.
    Zur Erleichterung dieses Paketes kommt Heinz Lanfermann sein zweites Hobby durchaus gelegen. Der Abgeordnete hat sein Büro mit modernsten Computern ausgerüstet, die den "Dialog" zwischen seiner Arbeitsstätte und der Außenwelt erleichtern. Das sichert Freiräume, die für die politische Arbeit genutzt werden können. Denn der Liberale ist mit Herz und Seele ein homo politicus, den politische Einflußmöglichkeiten reizen — selbst wenn die Oppositionsrolle im Landtag Grenzen setzt. Außerdem hat es den 38jährigen immer schon gereizt, etwas Neues zu machen. Schon deshalb stürzt sich der beurlaubte Richter in die Arbeit des Untersuchungsausschusses.
    Während die Wahlkämpfe zu den Europa- und Kommunalparlamenten laufen, die Landtags- und Bundestagswahl von langer Hand vorbereitet werden, wühlen sich Heinz Lanfermann und die elf Ausschußmitglieder in diesen Wochen durch einen Wust von Akten. "Allen Fraktionen zeigen guten Willen, daß wir möglichst schnell mit der Arbeit fertig werden", lobt der Ausschußvorsitzende. Und daß er im Aktendschungel nicht die Übersicht verliert, dafür fühlt sich Heinz Lanfermann gut gerüstet. "Politiker und Richter müssen logisch denken und fachlich urteilen können", zieht der Abgeordnete Parallelen zwischen seinen bisherigen Berufen. Und ein Urteil steht für den mehrfach geforderten Politiker Lanfermann längst fest. "Der neue Landtag als Haus der langen Wege kostet viel Zeit", fühlt sich der F.D.P.-Abgeordnete schlecht behandelt vom Landtagspräsidenten, der die Liberalen in die hintersten Winkel des Parlamentsgebäudes abgeschoben hat. Aber auch hier bleibt Lanfermann Optimist. "Wenn bei der Landtagswahl 1990 weniger Sozialdemokraten ins neue Parlament einrücken, werden die Liberalen wohl endlich in die Nähe der eigenen Fraktionsräume ziehen können".
    Wilfried Goebels

    ID: LI890640

  • Porträt der Woche: Rudolf Wickel (F.D.P.)
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 3 - 21.02.1989

    Wann immer schulpolitische Themen auf der Tagesordnung des Landtags stehen, ist Rudolf Wickel zur Stelle. Zur Zeit beschäftigt den Liberalen der Lehrermangel an Sonderschulen besonders stark: "Hier fallen zwischen 25 bis 40 Prozent des spezifischen Unterrichts für Behinderte aus", erbost sich der stellvertretende FD.P.-Fraktionsvorsitzende, dessen Forderung nach unverzüglicher Einstellung von zusätzlichen Sonderschullehrern im zuständigen Schulausschuß von der SPD-Mehrheit mit dem Hinweis auf die leeren Haushaltskassen abgeblockt wurde. Immerhin hat Wickel für den Februar 1989 eine Sondersitzung des Schulausschusses zu diesem Thema durchgedrückt. "Da wird dann die gesamte Problematik der Sonderschule einmal gründlich aufgearbeitet", hofft der F.D.P.-Mann.
    Ein anderes aktuelles Schulthema, das der Liberale am liebsten von allen Parteien gemeinsam angepackt und auch gelöst wissen möchte, ist die Situation der Schulen auf dem flachen Land angesichts der ständig sinkenden Schülerzahlen. Wickel: "Was wir in den Städten noch lösen können, ist mangels Schülermasse auf dem Land nicht mehr zu bewältigen." Zusammen mit kommunalpolitischen Parteifreunden vor Ort arbeitet er an einer Konzeption, die für alle tragbar ist, wobei er selber sogar so weit geht, daß er das klassische einzügige Gymnasium fordert, um die Schüler ortsnah mit Schulangeboten zu versorgen.
    Sein schulpolitisches Engagement hat sich der 55jährige übrigens erst auf Wunsch seiner Fraktion zugelegt. Als die F.D.P. nach fünfjähriger Pause mit 14 Abgeordneten wieder in das Parlament zurückkehrte, ergab es sich einfach, daß die Aufgabe des schulpolitischen Sprechers auf ihn zukam. Wickel: "Eigentlich wollte ich mich hauptsächlich für die Kommunalpolitik einsetzen, aber in der Zwischenzeit habe ich mich in die Schulproblematik eingelesen, und die Arbeit macht mir Spaß."
    Die Kommunalpolitik kommt dennoch nicht zu kurz. Denn der F.D.P.-Landtagsabgeordnete aus Bonn ist seit 1975 auch Ratsherr und Fraktionschef In seiner Heimatstadt. "Ich habe zwei Seelen in meiner Brust", sagt Wikkel, dem dies offensichtlich sehr behagt. Er erklärt: "Kommunal- und Landespolitik gehen ineinander über, bedingen sich gegenseitig. Das gibt der Arbeit einen zusätzlichen Reiz." Nach den Vorstellungen des Liberalen soll das auch in Zukunft so bleiben, denn Rudolf Wickel ist gern in die Fußstapfen seines Großvaters getreten, der als Berufsschuldirektor während der Weimarer Republik bis 1933 Ratsherr in Bonn war. Der Enkel wurde am 20. März 1933 in Bonn geboren, wo er auch seine Kindheit und Schulzeit verbrachte.
    Nach seiner Ausbildung zum Verwaltungstechniker gehörte er von 1956 bis 1972 den Stadtwerken in Bonn an. Danach wechselte er zum Bundesamt für Zivilschutz, wo er zunächst als Sach-Bearbeiter, dann als Referent tätig war, ehe er 1985 wegen seines Landtagsmandats beurlaubt wurde.
    In die F.D.P. ist Wickel 1964 eingetreten. Zunächst war er ein ganz normales Mitglied. Dies hat sich geändert, als er sah, daß viel Motivation und ehrenamtliche Arbeit der Bürger — etwa für den Zivilschutz, wo er es täglich beobachten konnte — durch Gesetzgebung und Verwaltungsakte zerstört wurde. Wickel fragte sich, ob es richtig sei, soviel ehrenamtlich eingebrachte Zeit zu investieren, wenn man anschließend feststellen muß, daß die Politik diese Ehrenamtlichkeit beseitigt. Wickels Folgerung: "Man muß selber in die Politik gehen, um zu verhindern, daß die Politik Fehler macht, die der Bürger nicht mehr nachvollziehen kann."
    Konsequenterweise wurde der Liberale aktiv. 1969 übernahm er den Vorsitz des kommunalpolitischen Ausschusses im Kreisverband Bonn der F.D.P. und wurde Kreisvorstandsmitglied. Nach der Raumordnung wurde er stellvertretender Kreisvorsitzender. Seit 1977 bis heute ist Wickel Kreisvorsitzender des größten F.D.P. -Kreisverbandes im Bundesgebiet. Von 1980 bis 1983 übernahm er den Vorsitz des Bezirksverbandes Köln und gehörte dem Landesvorstand der NRW-F.D.P. an. Seit 1983 ist er stellvertretender Landesvorsitzender.
    Als Kommunalpolitiker ficht Wickel vor allem für die Gemeinde finanzen. Von 1980 bis heute seien den Gemeinden 15,3 Milliarden Mark weggenommen worden, rechnet der F.D P.-Politiker vor und betont, daß er so lange kämpfen werde, bis die Finanzverteilung vom Land wieder gerechter ausfallen werde. Am liebsten sähe es der F.D.P.-Mann, wenn die Schlüsselzuweisungen wieder auf den alten Stand von 26,5 Prozent angehoben würden. In realistischer Einschätzung der politischen und finanziellen Lage in Nordrhein-Westfalen schränkt er allerdings ein: "Zumindest schrittweise sollte das geschehen."
    Neben seinen politischen Aktivitäten gehört Wickel, der verheiratet, Vater von vier Kindern mit vier Enkelkindern ist, noch 19 Vereinen an, teilweise sogar mit aktiven Funktionen. So ist er beispielsweise im Präsidium der Schwimm- und Sportfreunde Bonn. Trotz seines immer rappelvollen Terminkalenders nimmt sich der Liberale Zeit für seine Hobbys. "Ich koche mit Begeisterung", sagt er und beteuert, auch noch ein Stündchen zur Beschäftigung mit der preußischen Geschichte zu finden. Noch eine besondere Freizeitbeschäftigung hat der Liberale. Er freut sich an wohl mehr als hundert Fischen in seinen Aquarien. Wickel: "Wenn ich aufgedreht nach Hause komme, setze ich mich in mein Fischzimmer und betrachte die Fische, die ruhig durch das Wasser gleiten und bekomme dann den Hebel, um abzuschalten... "
    Gerlind Schaidt

    ID: LI890357

  • Porträt der Woche: Joachim Schultz-Tornau (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 16 - 18.10.1988

    "In nahezu allen Bundesländern lassen sich Landesregierung und Parlament in Wissenschafts- und Hochschulfragen von Beiräten oder Kommissionen beraten", sagt der Liberale Joachim Schultz-Tornau und hebt hervor, die Einrichtung habe in Bremen so gute Arbeit geleistet, daß die Bürgerschaft sie dort sogar gesetzlich verankert habe.
    Für Nordrhein-Westfalen stellt der F.DP.-Abgeordnete auf diesem Gebiet einen "echten Nachholbedarf" fest. Deshalb hat Schultz-Tornau, der Vorsitzender des 16köpfigen Ausschusses für Wissenschaft und Forschung im NRW-Landtag ist, dieser Tage für seine Partei einen Antrag ein gebracht, in dem die Einsetzung einer solchen Kommission für NRW vorgeschlagen wird. Zuversichtlich hofft der Freidemokrat, daß die beiden großen Parteien im Interesse der Sache seinem Vorschlag folgen werden.
    Nach Auffassung das ED.P.-Mannas sollten in dem neuen Gremium Sachverständige aus Wissenschaft, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kultur, Städten und Gemeinden vertreten sein und ehrenamtlich arbeiten. Inhaltlich begründet Schultz-Tornau sein Anliegen so: Zukünftige Schwerpunkte auf den für die Erneuerung Nordrhein-Westfalens wichtigen und notwendigen Feldern in Lehre und Forschung können nur erarbeitet werden, wenn der innerhalb und außerhalb unseres Landes vorhandene Sachverstand gebündelt genutzt wird." Davon habe das Land bisher zu wenig Gebrauch gemacht. Der Abgeordnete "Das unabhängige Sachverständigengremium könnte dabei behilflich sein, die schwierigen Probleme der Neustrukturierung aus allen wesentlichen Blickwinkeln zu beleuchten und zu lösen."
    Ebenso vehement, wie sich der 45jährige für die Kommission einsetzt, kämpft er auch für andere Belange in seinem Zuständigkeitsbereich. Als Vorsitzendem des Wissenschaftsausschusses geht es ihm dabei besonders um möglichst viel Autonomie für die Hochschulen. "Sie müssen die Chance haben, ihr schöpferisches und kreatives Potential auch möglichst frei umzusetzen" wirbt der Liberale. Keine auch noch so tüchtige Ministerialbürokratie sollte über das Schicksal der Hochschulen entscheiden, sondern sie selber müßten ihr Zukunftsprofil ganz individuell" herausfinden.
    Bei soviel Freizügigkeit ist eine Auseinandersetzung der Ausschußvorsitzenden mit der zuständigen Wissenschaftsministerin Anke Brunn programmiert. Doch der F.D.P.-Politiker versichert: "Das Verhältnis zu Frau Brunn ist menschlich in Ordnung", fügt aber auch hinzu, "ansonsten sind wir natürlich Konkurrenten." Oberhaupt lobt der Ausschußvorsitzende das "außerordentlich angenehme Klima" im Wissenschaffsausschuß über alle Parteigrenzen hinweg. Schultz-Tornau: "Die Arbeit macht richtig Freude."
    Längst hat es der Liberale verwunden, daß er ursprünglich in den Schulausschuß gewollt hat. "Das hing mit meiner kommunalpolitischen Arbeit zusammen", erklärt er, denn seit er 1983 in den Rat der Stadt Bielefeld einzog und dort auch gleich F.D.P.-Fraktionsvorsitzender wurde, beschäftigen ihn Schul- und Bildungsfragen. Sachkundiger Bürger im Bielefelder Schulausschuß ist Schultz-Tornau übrigens auch heute noch. Im Landtag hat er sich dagegen mit einer Stellvertreter-Position im Schulausschuß zufriedengegeben.
    So engagiert der FDP.-Mann heute seine politischen Vorstellungen vertritt, so wenig wurde an seiner Wiege wohl an eine politische Karriere gedacht. Als Sohn eines Juristenehepaares am 4. März 1943 in Metz in Lothringen geboren, wuchs Schultz-Tornau im Saarland auf. Das familiäre Umfeld beschreibt er als politisch liberal, aber nicht parteigebunden. Mt der Politik kam ich frühzeitig in Berührung, weil das Saarstatut, also die Frage der Europäisierung der Saar, die Bevölkerung stark beschäftigt hat", erinnert sich der Parlamentarier und weiß noch sehr genau, wie er als gerade Zwölfjähriger sich in der Schule als "Deutscher"mit den "Separatisten" Redeschlachten geliefert hat. Auch die Zeitung "Deutsche Saar" hat er verteilt und nachdem die Deutsche Partei Saar dann zur F.D.P. geworden sei, waren Persönlichkeiten wie Theodor Heuss und Thomas Dehler seine persönlichen Vorbilder.
    Partei-politisch gebunden hat sich Schultz-Tornau allerdings erst 1963 mit Beginn seines Studiums. "Da bin ich dem liberalen Studentenbund beigetreten und wurde auch Mitglied bei den Jungdemokraten", sagt er und fügt hinzu: Anfang 1966 wurde ich dann auch F.D.P.-Mitglied."
    Nach seinem Jurastudium, das er in Saarbrücken und Tübingen absolvierte, ging Schultz-Tornau mit seinem Mentor Professor Werner Maihof er nach Bielefeld, wo er zunächst als Assistent an der Uni arbeitete und nach einer kurzen Tätigkeit in einem Anwaltsbüro Rechtsdezernent der Stadt Lage wurde.
    So richtig intensiv ist er in die Parteiarbeit eingestiegen, als Maihofer 1969 Spitzenkandidat im Saarland wurde. Aus der Zeit rühren wohl auch die eigenen Ambitionen. 1971 nach Bielefeld gezogen, war Schultz-Tornau bereits zwei Jahre später Ratsmitglied und zugleich auch Fraktionschef der Liberalen.
    1975 kandidierte er, chancenlos zwar, wie er selber wußte, als Direktkandidat für den Bundestag, 1980 auf demselben Weg für den Landtag. Fünf Jahre später klappte der Sprung ins NRW- Parlament und Schultz-Tornau macht kein Hehl daraus, daß er 1990 gern wieder dabeisein möchte: "Es ist eine Aufgabe, bei der man selber etwas gestalten kann, und zugleich immer noch dazulernt", begründet er seine Einstellung. Sofern ihm sein Engagement im Hochschulbereich und seine Abgeordnetentätigkeit noch Zeit lassen, gehört das Singen zu den Lieblingshobbys des Liberalen. Außerdem wandert er gern und interessiert sich für Fußball. Wenn die Zeit reicht, beobachtet er auf dem Fußballplatz, wie sich Arminia Bielefeld gerade schlägt.
    Zur Zeit müssen diese Vorlieben allerdings etwas zurückstehen, denn Schultz-Tornau hat ein neues Hobby entdeckt. Er gründet gerade im Bielefelder Raum eine deutsch-japanische Gesellschaft, "damit", so sagt er, "die Kontakte, die ich im letzten Jahr während einer Ausschußreise in den Fernen Osten geknüpft habe, nicht wieder einschlafen".
    Gerlindt Schaidt

    ID: LI881631

  • Porträt der Woche: Marianne Thomann-Stahl (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 7 - 26.04.1988

    Die Verkehrspolitik im Land ist für Marianne Thomann-Stahl Anliegen und Steckenpferd zugleich. "Das ist kein Wunder", meint die junge Liberale, "schließlich lebe ich in Paderborn und damit in einem Gebiet, das in dieser Hinsicht benachteiligt ist." Die Verkehrspolitik ist ihrer Auffassung nach außerdem ein wesentlicher Punkt der Landesentwicklungspolitik. "Alles, was unter diesen Zentralbegriff fällt, hat Einfluß auf die zukünftigen Möglichkeiten Nordrhein-Westfalens", weiß die F.D.P.- Politikerin. Wann immer und gleich welches Spezialfeld der Verkehrspolitik daher im Düsseldorfer Landtag aufgerufen wird, tritt die Diplom-Volkswirtin für die F.D.P. ans Rednerpult.
    Nach Auffassung der F.D.P.-Politikerin haben sich die wirtschaftlichen Verflechtungen Nordrhein-Westfalens in den letzten Jahren erheblich verändert. Nur habe sich die Verkehrspolitik hierauf noch nicht eingestellt. Marianne Thomann-Stahl nennt ein Beispiel: "Der östliche Teil des Landes, insbesondere Ostwestfalen/Lippe und Siegerland haben ihre wirtschaftlichen Verflechtungen in Richtung Norden und Süden stark ausgebaut. Der wachsenden Zusammenarbeit zwischen Niedersachsen und Hamburg einerseits, Hessen und Bayern andererseits, entspricht die Verkehrsinfrastruktur in keiner Weise."
    In keinem anderen Bundesland seien die ländlichen Zonen so in den internationalen Wettbewerb hineingestellt wie in Nordrhein-Westfalen. Unternehmen wie Nixdorf, Bertelsmann, Miete in Ostwestfalen/Lippe oder andere Unternehmen im Sauer-, Münster- oder Siegerland machten deutlich, daß die Verkehrspolitik für diese Bereiche eine immer wichtigere Rolle bekäme. Die F.D.P.-Dame: "Schnelle Verkehrsverbindungen per Auto. Eisenbahn und Flugzeug können helfen, diese ländlichen Regionen noch attraktiver zu machen."
    Über den Weg, wie dieses Ziel erreicht werden kann, liegt die stellvertretende Vorsitzende des Verkehrsausschusses mit den Kollegen der anderen Fraktionen häufig überquer und streitet im Plenum wie ein routinierter Parlamentarier. Dabei ist die am 23. März 1954 im württembergischen Oberkochem geborene heutige F.D.P.-Abgeordnete erst seit 1985 im Düsseldorfer Landtag. Als die Liberalen nach fünfjähriger erzwungener Abstinenz für die Landtagswahl 1985 neu rüsteten, suchten sie nach frischen, engagierten Kandidaten. Damals lag die F.D.P. mit 2,5 bis drei Prozent noch arg unter der Fünf-Prozent-Hürde. Für Marianne Thomann-Stahl war dies kein Hinderungsgrund, sich für die Landesreserveliste zu bewerben. "Allerdings habe ich nicht damit gerechnet, einen aussichtsreichen Listenplatz zu bekommen", räumt sie ein. Doch dann habe sie gleich im ersten Wahlgang drei Mitkandidaten aus dem Feld geschlagen und schließlich den Sprung ins NRW-Landesparlament geschafft.
    Den Weg zu den Liberalen hat Marianne Thomann-Stahl ganz von sich aus, ohne äußeren Anstoß gefunden. Das Elternhaus sei unpolitisch und auch ohne besonderen konfessionellen Bindungen gewesen. Schon frühzeitig, etwa mit vierzehn, fünfzehn Jahren habe sie sich für Politik interessiert und dann auch sehr bald in autonomen und Basisgruppen mitgearbeitet. Diese waren ihr dann aber rasch zu doktrinär.
    Als sie 1978 in Freiburg Volkswirtschaft zu studieren begann, führte ihr Weg recht schnell und gradlinig zur F.D.P. — Frau Thomann-Stahl heute: "Die F.D.P. war die einzige Partei, die in mir den Eindruck erweckte, daß sie bereit war, sich mit anderen politischen Meinungen auseinanderzusetzen. " Studium und Beruf auf der einen und politische Arbeit auf der anderen Seite liefen von da an parallel.
    Nach dem Examen als Diplom-Volkswirt 1978 arbeitete die Liberale zunächst als Geschäftsführerin, dann als Bundesvorsitzende eines Verbandes und wechselte 1980 als Assistentin der Geschäftsführung zur Nixdorf Computer AG. Nach einiger Zeit als Leiterin der Kundenbetreuung ist sie heute in der Abteilung für Presse und Kommunikation. Dort will die F.D.P.-Frau, die sechs Jahre lang als Betriebsrätin gearbeitet hat und seit 1983 als Arbeitnehmer-Vertreterin für den christlichen Gewerkschaftsbund im Aufsichtsrat ist, auch bleiben. Marianne Thomann-Stahl: "Man muß immer ein Standbein haben, das einen unabhängig macht von den Entscheidungen eines Parteitages."
    Parteipolitisch hat die F.D.P.-Politikerin nach ihrem Wechsel vom Süden der Republik nach Nordrhein-Westfalen zunächst in Köln mitgemacht und war dort eine der Mitbegründerinnen des "Liberalen Zentrums". Nach ihrem Umzug ins Westfälische hat sie sich dort parteipolitisch hochgehangelt. Marianne Thomann- Stahl ist heute Mitglied im F.D.P.-Landesvorstand, stellvertretende Kreisvorsitzende in Paderborn und Vorsitzende des Bezirksfachausschusses Mittelstand und Verkehr in Ostwestfalen/Lippe. Seit 1984 ist sie auch sachkundige Bürgerin im Kreistag Paderborn. Gern würde sie 1990 wieder für den NRW-Landtag kandidieren. "Es macht Spaß und man bewirkt auch etwas", meint sie offen.
    Privat ist die Freidemokratin seit 1985 mit einem kaufmännischen Prokuristen verheiratet und hat im letzten Jahr für allgemeines Aufsehen gesorgt, als ihr erstes Kind Philip Maximilian zur Welt kam. Es war das erste Mal in der fast vierzigjährigen NRW-Parlamentsgeschichte, daß eine Abgeordnete während ihrer Mandatszeit Mutter wurde.
    Angesichts ihrer Aufgaben als Hausfrau, Vollberuflerin und Abgeordnete bleibt für private Hobbys bei Marianne Thomann-Stahl nur wenig Zeit. Dennoch meint die Liberale: "Ich fahre gern mit dem Rad durch die Gegend und gehe auch schon mal abends in die Kneipe. Da hört man, wo die Bürger der Schuh drückt und was sie von einem erwarten."
    Gerlind Schaidt

    ID: LI880749

  • Porträt der Woche: Wolfram Dorn (F.D.P.)
    Porträt
    S. 23 in Ausgabe 12 - 15.09.1987

    Er scheint die Mentalität beider Landesteile in sich zu vereinen - als gebürtiger Sauerländer die oft hartnäckige, bisweilen knorrige Stetigkeit des Westfalen und als Bonner Bürger seit 1961, die Cleverneß und allem Schönen zugeneigte Lebensphilosophie des Rheinländers. So verschieden denn auch seine Wesenszüge sind, so vielfältig war bislang auch der berufliche wie politische Weg des heute 63jährigen F.D.P.-Landtagsabgeordneten Wolfram Dorn. Und er zeigt wie selten ein anderer Höhen und Tiefen.
    Das Handbuch des NRW-Landtags nennt im Stenogrammstil die Stationen des gelernten Industriekaufmanns, doch schon diese wiederzugeben, würde eher verwirren als informieren. Daher nur einige Abschnitte auf dieser Wegstrecke: Direktor eines technisch-wissenschaftlichen Verbandes und Chefredakteur der Deutschen Architekten- und Ingenieur- Zeitschrift (1962/69), Parlamentarischer Staatssekretär im Bonner Innenministerium (1969/72), Verlagsleiter (1973/77), Direktor bei der Westdeutschen Landesbank (1983/85).
    Bereits 1948 in die F.D.P. eingetreten, war Wolfram Dorn viele Jahre kommunalpolitisch tätig und mit 29 Jahren schon Bürgermeister im westfälischen Werdohl. Dem nordrhein-westfälischen Landtag gehörte der gebürtige Altenaer bereits von 1954 bis 1961 an, dann wieder von 1975 bis 1980, und vor den Landtagswahlen 1985 hievten die Delegierten des Landesparteitages den streitbaren Liberalen auf die Landesliste - gegen den Willen des Landesvorstandes. Elf Jahre lang, von 1961 bis 1972 war er Mitglied des Bundestages, eine Zeitlang stellvertretender Vorsitzender der Fraktion. Während seiner fast vierzigjährigen F.D.P.-Mitgliedschaft hatte der Liberale auch mehrere Mandate in der Partei, so war er Kreis- und Bezirksvorsitzender, stellvertretender Landesvorsitzender und Mitglied des Bundesvorstandes.
    Trotz all dieser vielfältigen Aktivitäten fand der freie Schriftsteller Wolfram Dorn noch Muße, bislang 16 Bücher zu schreiben, politische Werke, Biographien, aber auch lyrische Bände. Zudem ist das Mitglied des Schriftstellerverbandes auch Vorsitzender der Gesellschaft für Literatur in NRW. Dieses Arbeitspensum kann man nur bewältigen, wenn man so rationell mit der Zeit umgeht wie der Düsseldorfer Parlamentarier und Fleiß wie Ehrgeiz wesentliche persönliche Merkmale sind.
    Dank dieses Naturells und jahrzehntelanger parlamentarischer Praxis zählt Wolfram Dorn auch heute zu den profiliertesten Sprechern der F.D.P.-Landtagsfraktion. Insbesondere im Bereich der Haushalts- und Finanzpolitik, wo nach Ansicht des Liberalen die Düsseldorfer Landesregierung die größten Fehler begangen hat, ist er ein scharfer wie sachkundiger Kritiker der Sozialdemokraten. Schon früher hatte Wolfram Dorn vor der "bedenkenlosen Politik der vollen Hände" gewarnt - vergeblich. Heute sieht er jede Weichenstellung für eine zukunftsträchtige Politik blockiert, falls die Landesregierung sich nicht endlich zu einer radikalen Kursänderung entschließt. Nach seiner Auffassung bleibt ihr nichts anderes übrig, als auf die Entschuldungs-Konzepte in Milliardenhöhe der F.D.P.-Landtagsfraktion einzugehen.
    Das Interesse des Freidemokraten gilt aber auch der Kultur- und der Innenpolitik. So streitet er dafür, daß Theater, Musik und Literatur stärker gefördert werden. "Das Kultusministerium führt seinen Namen zu unrecht, es müßte Ministerium für Lehrerbesoldung heißen", kritisiert Wolfram Dorn die "Pädagogen-Lästigkeit" des Ressorts. Rund 86 Prozent der Etatmittel verschlingen die Personalkosten. Als Streiter der Sicherung des Rechtsstaates beklagt er die unzureichende technische Ausstattung der Polizei. Bislang vernachlässigt worden sei auch die Kooperation zwischen Kriminal- und Schutzpolizei auf dem Gebiet der Datenverarbeitung.
    Wenn Wolfram Dorn bisweilen ein Resümee seiner langen Parlamentstätigkeit zieht, so bedauert er es, daß das Verhältnis zwischen den Abgeordneten der einzelnen Fraktionen immer mehr von der Ideologie bestimmt wird. "Die politischen Auseinandersetzungen waren früher genauso hart wie heute, aber sie waren menschlicher." Sicherlich dürften die meisten "Alt"-Parlamentarier dem Freidemokraten vorbehaltlos zustimmen.
    Jochen Jurettko

    ID: LI871260

  • Porträt der Woche Dr. Horst-Ludwig Riemer (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 4 - 17.03.1987

    Höhen und Tiefen der FDP Nordrhein- Westfalens personifizieren sich am ehesten in Dr. Horst-Ludwig Riemer. Als er Ende der 70er Jahre Knall auf Fall aus dem Amt des stellvertretenden Ministerpräsidenten und Wirtschaftsministers sowie Landesvorsitzenden seiner Partei stürzte, war dies der Anfang vom Ende der FDP im Landtag. Otto Graf Lambsdorf hatte sich als Exekutor aufgespielt und geglaubt, mit der Entfernung Riemers, der damals bereits an der Möglichkeit einer CDU/FDP-Koalition bastelte, die jedoch den meisten Freien Demokraten von Rang und Namen noch unerwünscht schien, jene 1980 anstehende Landtagswahl zu überstehen. Das Gegenteil war richtig: Die anstelle von Riemer Hals über Kopf eingesetzte Wirtschaftsministerin Lieselotte Funcke konnte den Verfall so wenig aufhalten wie Dr. Burkhard Hirsch, der als Innenminister und neuer FDP-Landesvorsitzender sein Bestes gab. Beide Politiker wollten auch nicht den Sturz Riemers, der durch Einerseits-andererseits- Reden, zumeist aber durch permanente Fehden mit seinem eifersüchtigen Fraktionschef Hans Koch die gewichtige Position an der Seite des Ministerpräsidenten Johannes Rau bloßlegte.
    Das politische Ende Riemers war in Bonn beschlossene und in Düsseldorf verkündete Tatsache; immerhin rettete er sich mit Hilfe Düsseldorfer Lokalfreunde in den Bundestag. Als unwiderrufliche Endstation war dies gedacht, aber wieder kam es anders!
    Die FDP Nordrhein-Westfalens setzte ihn Jahre später als "Numero 2" hinter Dr. Achim Rohde auf die Landesliste für den Landtag, der im Mai 1985 gewählt wurde. Nach fünfjähriger Abwesenheit kehrten die Freien Demokraten an den Schwanenspiegel zurück und präsentierten nun den so oft gescholtenen und geschmähten Horst- Ludwig Riemer als Vizepräsidenten des Parlaments. Gesinnung und Lust an der Politik sowie Zähigkeit, wie sie Ostpreußen eigen ist, wo er 1933 geboren wurde, haben das erstaunliche Comeback ermöglicht.
    Berufspolitiker? Nein! 1960 promovierte Riemer zum Dr. jur., gefiel sich als kecker Jungdemokrat und pfiffiger Rechtsanwalt: mehr zufällig kam er 1966 in den Landtag. Zum Vorsitzenden des Ausschusses für Reformen gewählt, nahm sich der junge Mann die Abarten der parlamentarischen Demokratie vor. Das satzungsgemäß betonierte Vorrecht aller Regierungen baute er Zug um Zug mit Landtagspräsident John van Nes Ziegler (SPD) ab. 1966 gab es noch keine Aktuelle Stunde, auch keine Fragestunde im Plenarsaal, und Oppositionsführer Dr. Lenz kam sich zuweilen wie ein Sklave der verstaubten, erz-konservativen Geschäftsordnung vor. Daß Riemer diese parlamentarische Zumutung beenden half, während seine Freunde Willi Weyer und Hermann Kohlhase auf der Regierungsbank saßen, machte ihn binnen weniger Jahre zu einer politischen Größe. Heinz Kühn holte ihn 1970 ins Kabinett, Weyer überließ ihm 1972 den FDP-Landesvorsitz. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere wagte Riemer den Kampf mit der Kernkraftindustrie. Er stellte sich gegen den Schnellen Brüter in Kalkar, warnte landauf landab vor "dieser Milliarden-Ruine". Fast alle ließen ihn fallen, nur nicht die unerschütterliche Ehefrau Mia, "Schlagmann" in siegreichen Ruderregatten. Auch Achim Rohde, einst rechte Hand Riemers im Wirtschaftsministerium und von ihm dann zum Regierungspräsidenten in Düsseldorf durchgeboxt, bewahrte, wie Johannes Rau, kameradschaftliche Kontakte.
    Der Landtagsvizepräsident macht seine Sache gut. Er weiß heute besser zu unterscheiden zwischen verläßlichen Kritikern und unzuverlässigen Heuchlern. Sehnsucht nach einem Regierungsamt hat der Staatsminister a.D. wohl nicht, aber sollte die FDP auch die nächste Landtagswahl erfolgreich bestehen und eine Koalition unausweichlich werden, wird Horst-Ludwig Riemer sich kaum versagen: vor allem dann nicht, wenn ein solches Bündnis mit den Sozialdemokraten notwendig würde, denn Johannes Rau steht er allemal näher als den zur Zeit Handelnden in der CDU.
    Horst-Werner Hartelt

    ID: LI870450

  • Porträt der Woche: Hagen Tschoeltsch (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 21 - 23.12.1986

    Der eigene Nachwuchs hat dem "Dauerarbeiter" Hagen Tschoeltsch längst die gelbe Karte gezeigt. Zum Leidwesen der Familie ist der Liberale nicht erst seit dem Einzug in den Düsseldorfer Landtag 1985 ständig "auf Achse". Schließlich leitet der kantige Siegerländer nicht nur ein Ingenieurbüro, viel Zeit des Abgeordneten verschlingt auch die Aufgabe als Teilhaber und Geschäftsführer einer Apparatebau-Firma am Niederrhein. "Manchmal ist die Doppelbelastung ein echtes Problem", räumt der gebürtige Breslauer nachdenklich ein. Doch Hagen Tschoeltsch hat den Aufstieg vom Kreistag Siegen-Wittgenstein in das Hohe Haus am Schwanenspiegel in den ersten 19 Monaten nicht bereut: "Die Landtagstätigkeit macht mir Freude."
    Natürlich bleiben Enttäuschungen im Abgeordneten-Dasein nicht aus. Im Kreistag seien Übereinstimmungen über die Parteigrenzen hinweg möglich gewesen, erinnert sich der 45jährige Unternehmer an die vergangenen zehn Jahre Fraktionsführung. Im Landtag hat der Abgeordnete dagegen überhaupt keine Bereitschaft der sozialdemokratischen "Beton-Mehrheit" verspürt, die 17 Sonderanträge der Liberalen aufzugreifen. Tschoeltsch setzt auf die Zeit nach den Bundestagswahlen. Danach werde es wohl leichter werden, mit den Sozialdemokraten zumindest von Fall zu Fall mit einer Stimme zu reden, hofft der blaugelbe Wirtschaftsexperte. Bis dahin ist Hagen Tschoeltsch Realist genug, seine Rolle im Plenum als "Mahner"zu verstehen.
    Der gelernte Elektroinstallateur hat seinen Beruf von der Pike auf gelernt. Volksschule, Oberrealschule, mittlere Reife. Nach der Gesellenprüfung der Wechsel zur Hochschule. Dann aber geht es Schlag auf Schlag. Bereits als 29jähriger ist Tschoeltsch Geschäftsführer in Neunkirchen - und wirtschaftlich völlig unabhängig von der Politik. Ein Zustand, den Hagen Tschoeltsch im ständigen Wechselbad der Politik nicht missen möchte. Schon aus diesem Grund verschwendet der Abgeordnete keinen Gedanken daran, beruflich kürzer zu treten. Zugeständnisse macht er lediglich bei der langfristigen Planung seiner Parlaments-Zugehörigkeit. "Auf keinen Fall wird es eine dritte Legislaturperiode des Abgeordneten Tschoeltsch geben."
    Zeit für Hobbys? Da kann der, "Workoholic" nur mit den Schultern zucken. Sein Lebensziel sieht der Siegerländer denn auch weniger in Weltreisen und Jet-Set-Urlauben als in seiner Arbeit. "Mein schönstes Ziel ist es, wenn andere sagen, der Abgeordnete Tschoeltsch hat seine Aufgabe erfüllt", quillt es zögernd und nicht einmal pathetisch aus dem Abgeordneten hervor.
    Mit der Arbeit in der eigenen Fraktion ist der gelernte Kommunalpolitiker zufrieden. Dem einzelnen Abgeordneten werde in der kleinen Partei zwangsläufig ein großer Spielraum bei der Gestaltung der Politik eingeräumt. Tschoeltsch bedauert jedoch das Diktat des Terminkalenders, der kaum Platz für ergänzende Gespräche läßt. So bleibt der Wirtschaftsexperte wesentlich auf den eigenen Themenbereich begrenzt. "Die Terminhetze läßt ressortübergreifende Diskussionen kaum noch zu", plaudert der Parlamentarier aus dem Nähkästchen.
    Auf dem eigenen Feld hat sich der Liberale ehrgeizige Ziele gesteckt. Die Landtagsfraktion müsse einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, den "Aufbruch in die Verjähre" einzuleiten. Diese Pogrammarbeit liegt dem nüchtern denkenden Unternehmer. So ist es denn auch weniger seine Sache, den politischen Gegner polemisch vorzuführen. Tschoeltsch sucht die Auseinandersetzung mit Fakten und Zahlen, wohl wissend, daß die scharfe Formulierung im Medienzeitalter häufiger über die Presse transportiert wird als das sachliche Argument.
    Der ruhige Siegerländer ist kein Mann der großen Worte, eher der Praktiker, ohne den politische Parteien auf Dauer nicht erfolgreich arbeiten können. Tschoeltsch weiß um die Nöte der Industrie, kennt die Probleme des strukturschwachen Raumes. "Aufgaben sind dazu da, daß sie bewältigt werden", lautet das Credo des "Machers", der das Ärmelaufkrempeln immer dem Lamentieren in den Hinterstuben vorgezogen hat. Verbissene Politik ist aber auch nicht alles. "Manchmal ist die Politik zu tierisch ernst", klagt der Parlamentsneuling. "Das könnte schon gelegentlich etwas lockerer zugehen. "Und das aus dem Munde eines "sturen Siegerländers". Alle Achtung. Wilfried Goebels

    ID: LI862135

  • Porträt der Woche: Dagmar Larisika-Ulmke (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 4 - 11.03.1986

    Zur Premiere gab's für das Geburtstagskind noch Applaus von allen Fraktionen des Hohen Hauses. Daß aber nicht jeder Tag ein Feiertag sein würde, war der frischgekürten F.D.P. -Landtagsabgeordneten trotz der Rosen des Präsidenten von Beginn an klar. "Politik ist harte Arbeit." Diese Lektion hat die 42jährige Fröndenbergerin in den zwei Jahrzehnten ihres politischen Wirkens lernen müssen.
    Seit zehn Jahren verschafft sich die sympathische Liberale mit scharfer Zunge Aufmerksamkeit im Fröndenberger Rat. Den Umgang mit scharfen Waffen hat die Kriminal-Kommissarin allerdings bei der Polizei gelernt. Als einzige Frau auf der Dienststelle kümmerte sich die Ordnungshüterin um Sittendelikte, Vermißtensachen und Brandschäden. Im nordrhein-westfälischen Landtag sieht Dagmar Larisika-Ulmke denn auch eine ihrer vorrangigen Aufgaben darin, sich um die Probleme der Polizei zu kümmern. Das erwarten schon die Kollegen von früher.
    Daß der politischen Amazone der Gesprächsstoff auch nach ihrer Beurlaubung vom aktiven Dienst nicht ausgeht, dafür sorgt der Ehemann höchstpersönlich. Als Kriminalbeamter und F.D.P.- Landtagskandidat von 1980 weiß der "Kollege Gatte" um die Aufgaben von Politik und Polizei. Sie habe ihren Mann für die liberale Partei geworben, lacht Dagmar Larisika-Ulmke. Da kann es eigentlich nur gerecht sein, daß sie der erste Parlamentarier der Familie wurde. Dem Ehemann bleibt ein Trost; Er ist als F.D.P.-Ortsvorsitzender weiter der Chef in Fröndenberg.
    Die Landespolitik macht der F.D.P.-Abgeordneten mehr Arbeit als die Kripo früher. Vor allem der häufig tagende Petitionsausschuß verschlingt viel Zelt; Zeit, die sie für die Sorgen der Bürger aber gern einsetzt. Ihr schönster Erfolg im ersten halben Jahr? "Eine Lärmschutzwand für einen verkehrsgeschädigten Anwohner in Steinhagen", kommt es wie aus der Pistole geschossen. Der handfeste Einzelfall. Er ist es, der Dagmar Larisika-Ulmke an der Politik reizt.
    Da bleibt für die passionierte Reiterin nicht mehr viel Raum für das Hobby. "Ausritte" auf dem Drahtesel müssen immer häufiger den stilvollen Trab ins Grüne ersetzen. "Am Anfang habe ich noch gestutzt, als mich Wanderer und Radler mit, Frau Abgeordnete' begrüßten." Mittlerweile hat sich die langjährige stellvertretende Bürgermeisterin von Fröndenberg an die weiter gewachsene Popularität in der eigenen Heimat gewöhnt. " Man muß nur auf dem Teppich bleiben", weiß die Liberale.
    Und die langfristige berufliche Perspektive? Darüber hat sich Dagmar Larisika-Ulmke bisher noch keine Gedanken gemacht. Sie, die mit 6,4 Prozent Wählerstimmen und Listenplatz elf auf Anhieb in den Düsseldorfer Landtag rutschte, hat auch schon vergeblich für den Bundestag kandidiert. "Ich gehe aber später einmal gern wieder zur Kripo zurück", hält sich die Politikerin abseits von Höhenflügen alle Wege offen.
    Doch noch interessiert sich die Fröndenbergerin vor allem für die Innen- und Rechtspolitik. Gerade beim Kampf für den Datenschutz könne das "kleine Bohren dicker Bretter" zum Erfolg führen. Bei der Debatte über den Verfassungsschutzbericht gab Dagmar Larisika-Ulmke bereits eine Kostprobe dessen, was sie sich unter aktiver Politik vorstellt.
    Eine parteiübergreifende Fraktion det Frauen hat die überaus schick gewandete Kommissarin bisher nicht aufspüren können. Sie habe einen guten Kontakt zu den anderen Parlamentsdamen, vor allem in der eigenen Fraktion, sagt die Neuabgeordnete. "Ich habe mich aber in meiner Dienststelle daran gewöhnt, mich als Frau durchzusetzen", betont die F.D.P.-Abgeordnete selbstbewußt. Wer wollte an diesen Worten der 42jährigen Politikerin zweifeln?
    Wilfried Goebels

    ID: LI860436

  • Porträt der Woche: Dr. Achlm Rohde (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 17 - 05.11.1985

    "Wir sind noch bei der Grundlagenforschung", sagt Dr. Achim Rohde, der neue Vorsitzende der neuen Fraktion der Freien Demokraten im Düsseldorfer Landtag, wenn man ihn fragt, wie er und seine dreizehn Mitstreiter sich denn in die neue parlamentarische Verantwortung hineingefunden hätten, die ihnen die Wähler mit sechs Prozent der Stimmen seit dem Frühjahr in Nordrhein- Westfalen wieder aufgetragen haben. "Wir machen zwölf Stunden täglich unsere Schularbeiten, lernen aber unheimlich schnell dazu." Eine so kleine F.D.P.- Fraktion hat es wahrlich nicht leicht. Die SPD kontrolliert "ihre" Regierung Rau wegen der absoluten Mehrheit faktisch im eigenen Ermessen. Rohde und seine Abgeordnetenmannschaft wollen und müssen das zwar auch versuchen, sich zugleich aber auch neben der wesentlich größeren Oppositionsfraktion der CDU selbständig profilieren.
    Nun hat der Vorsitzende Rohde ein so gehöriges Selbstbewußtsein, daß ihm um all das nicht bange ist. In den wenigen ersten Arbeitsmonaten hat er seine Fraktion mehrfach zu Klausurtagungen zusammengerufen, einen Stab wissenschaftlicher Mitarbeiter aufgebaut, die 19 Parlamentsausschüsse mit seinen nur 14 Abgeordneten besetzt und auch aus der beengten Unterbringung der F.D.P. als neuer dritter Fraktion im viel zu klein gewordenen alten Landtag noch das Beste gemacht. Erste "Zielbestimmungen" seiner Arbeit sind zu erkennen: ein Entschuldungsplan für das unter Zins- und Tilgungslasten stöhnende Land, eine inhaltliche Neubesinnung von Schulpolitik unter Anwendung der neuen Informations- und Kommunikationstechniken, Entbürokratisierung der Verwaltungen, Gründung einer Exportakademie im Lande, um den Produktions- und Wirtschaftswandel zu fördern und noch einiges mehr.
    Für einen Parlamentsneuling führt Rohde eine kecke, manchmal freche Rede, deren politische Pointen noch nicht immer so treffsicher sind, wie er das wünschen möchte. Doch das gehört auch zu den Lernprozessen, deren er fähig ist. Der Düsseldorfer Zahnarztsohn galt in seiner Partei noch vor Jahresfrist als Verlegenheitslösung. Das änderte sich während des Wahlkampfes und des damit eingetretenen Erfolges schnell. Rohde ist heute in der F.D.P., deren neues Selbstverständnis als Wirtschaftspartei er im Lande mitgeprägt hat, unbestritten. Wahrscheinlich hat er seine eigentliche politische Karriere noch vor sich. Nach dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaften, nach beiden Staatsprüfungen und der Promotion begann er als persönlicher Referent der früheren Düsseldorfer F.D.P.-Minister Kienbaum und Kohlhase. Schon Ende der sechziger Jahre gehörte er zu den engen Mitarbeitern des damaligen F.D.P.-Vorsitzenden und Außenministers Scheel. Insofern sahen viele in ihm ein Ziehkind des ehemaligen sozial-liberalen Bündnisses in Bonn und in Düsseldorf.
    Doch dann begann, als Rohde 1975 durchaus im Sinne des üblichen Koalitionsproporzes - zum Regierungspräsidenten von Düsseldorf bestellt wurde, wieder einer dieser Lernprozesse. Rohde sammelte profunde Verwaltungserfahrungen; er begann, das Verhältnis von Kabinettspolitik, umsetzender Administration und mangelnder Bürgemähe vieler Planungen kritischer zu sehen. Der Konflikt mit der Regierung Rau in planerischen, ordnungs- und auch energiepolitischen Fragen war bis 1983 so weit gediehen, daß seiner Entfernung aus dem Staatsamt des Regierungspräsidenten auch ein Stück eigener Provokation zugrunde lag.
    Rohde wollte offenkundig politisch wieder handlungsfrei werden. Als Unternehmensberater wäre er beinahe noch in eine Falle geraten, die ihm politische Widersacher stellten. Das Wahlkampfprogramm, das dann bei der F.D.P. im Lande unverkennbar seine Handschrift trug, bleibt Arbeitsprogramm auch seiner Landtagsfraktion: gegen Verbandsmacht, Gängelung und Gleichmacherei, für Leistungsprinzip und Wettbewerb, für Strukturwandel und neue Techniken. "Wir werden jetzt im Landtag liberale Zeichen setzen", sagt er. Die kommenden schwierigen Haushaltsberatungen geben Gelegenheit dazu. Man sieht es Rohde an: er liebt das Scharmützel von Rede und Gegenrede, er freut sich, wenn er sich im parlamentarischen Wortgefecht "tummeln" kann.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI851726

  • Porträt der Woche: Dr. Fritz Schaumann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 13 - 17.09.1985

    Posaune und Post, Politik, Pädagogik und Psychologie - dieser Alliteration folgend läßt sich sein bisheriger Lebensweg am einfachsten aufzeigen: Dr. Fritz Schaumann, Parlamentarischer Geschäftsführer der F.D.P.-Fraktion, ist nicht leicht in ein Klischee zu pressen. Beginnen wir mit der Posaune. Der 1946 im niedersächsischen Wallensen geborene Fritz blies sie schon als Jugendlicher in der Kapelle der Freiwilligen Feuerwehr, in der Hannoveraner Jazzband "Trapper" folgte der Wechsel vom Marsch- zum Dixieland-Rhythmus. Mit dieser Band tingelte er durch die Lande und verdiente sich so einen Teil seines Lebensunterhalts: Nach dem Realschulabschluß bildete ihn die Post zum Fernmeldehandwerker aus, danach kam er seiner Wehrpflicht nach, studierte in Dortmund und Münster Pädagogik und Psychologie. Die Posaune verrostete bis heute nicht, mit Freunden bemüht er sich zur Zeit, eine Feierabend-Jazzband auf die Beine zu stellen.
    Musik spielte auch eine Rolle bei seinem politischen Engagement Ende der 60er Jahre. Er gehörte als einer der Vorgänger zu jenem studentischen Protestchor, der durch das Absingen umgetexteter Weihnachtslieder den feierlichen Gründungsakt der Dortmunder Universität im damals neuen Stadttheater massiv störte. Bundespräsident, Ministerpräsident, Kultusminister und Oberbürgermeister fanden die Gesänge gar nicht lustig, Polizei mußte dem unwillkommenen musikalisch-politischen Programm ein Ende bereiten. Schon damals war Fritz Schaumann politisch vor allem hochschulpolitisch - aktiv. Als Mitglied des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) war er studentischer Gründungsbeauftragter für die Uni Dortmund, die ursprünglich eine Gesamthochschule werden sollte. Mit einem leicht wehmütigen Lächeln erinnert er sich an diese feit: "Damals fand ich es schick, mich links zu nennen." Heute lehnt er für sich eine Einordnung als "Linker" ab, da "links" und "rechts" überholte Kategorien seien. Seinem Fraktionsvorsitzenden Achim Rohde kann er allerdings nicht folgen, wenn dieser von der F.D.P. als einer "Wirtschaftspartei" spricht.
    Noch heute sieht er keinen Widerspruch darin, daß er gleichzeitig Mitglied des SDS und der F.D.P. (seit 1967) war. Diese parallele Mitgliedschaft habe er nie als Problem gesehen. An der F.D.P. habe ihn besonders die Ost- und Deutschlandpolitik beeindruckt, deren Kurs die Partei bis heute beibehalten habe. Daneben habe ihn die Bildungspolitik der Liberalen angezogen: die Öffnung der Hochschulen habe sich als richtig erwiesen, ebenso die größere Durchlässigkeit des Schulsystems, die durch die Einrichtung von Gesamtschulen erreicht worden sei. Nach wie vor bezeichnet er sich als Anhänger von Gesamtschulen, die allerdings "nicht um jeden Preis" eingeführt werden dürften - neue Lösungen müßten gesucht und gefunden werden.
    Seit vielen Jahren gilt Fritz Schaumann als Bildungsexperte seiner Partei, deren Dortmunder Kreisvorsitzender er seit neun Jahren ist und deren Landesvorstand er angehört. Das bildungspolitische Engagement hängt eng mit seinem beruflichen Werdegang zusammen: Diplom in Pädagogik, Promotion in Psychologie, Assistent und Dozent an den Dortmunder Hochschulen, zuletzt Akademischer Oberrat mit dem Schwerpunkt Arbeits- und Betriebspsychologie. Auch nach seiner Wahl in den Landtag will er die Bemühungen fortsetzen, einen Studiengang für dieses Fachgebiet einzuführen. Als Sonderschullehrerin arbeitet auch Ehefrau Ursula im Bildungsbereich.
    Nicht wenig überrascht zeigten sich seine Fraktionskollegen, als der Bildungsexperte sich nicht für einen bildungspolitischen, sondern für den Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landtags nominieren ließ. Für ihn selbst war das nur konsequent: Zweifel an rein theoretischer Arbeit hatten ihn schon vor Jahren veranlaßt, sich vorübergehend von der Uni-Tätigkeit beurlauben zu lassen, um Aufgaben im Personalmanagement eines Unternehmens übernehmen zu können. Einen solchen Ausflug in die Praxis bezeichnet er als sehr wichtig für jeden Wissenschaftler. Ihm selbst habe er auch viel Spaß gebracht, dasselbe gelte für das jetzt übernommene Fraktionsmanagement.
    Im Landtagsausschuß hofft er, einiges anstoßen zu können: Nach seiner Auffassung gehen alle bisherigen Konzepte fälschlicherweise davon aus, daß es in absehbarer Zeit gelingen könnte, wieder genügend Arbeitsplätze zu schaffen. Dies hält er für illusorisch. Deshalb will er eine "Arbeitspolitik" - nicht so sehr "Arbeitsmarktpolitik" - betreiben. Ziel müsse eine "neue Wertigkeit von Arbeit" sein, er denkt dabei an Tätigkeiten im sozialen und kulturellen Bereich.
    Von politischem Engagement seiner Kinder berichtet Fritz Schaumann nicht- Tochter Sabine (21) studiert in Hamburg Theaterwissenschaften, Sohn Sven (15) geht zu Schule. Auf die obligate Frage nach dem Hobby fällt ihm eine ganze Skala ein: neben der Posaune, Schwimmen, Segeln, Surfen, Skat und Sammeln afrikanischer Masken. Seinen Traum von einer kulturgeschichtlichen Reise durch Afrika hat er bislang nicht verwirklichen können.
    Ludger Audick

    ID: LI851324

  • Portrait der Woche: Horst-Ludwig Riemer (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 7 - 07.03.1980

    Mitte der sechziger Jahre beeindruckte ein Regierungsrat im Düsseldorfer Wirtschaftsministerium Landtagskorrespondenten mit seiner offenherzigen Ankündigung: "Ich will in den Landtag!" Er schaffte sein Ziel bei den Landtagswahlen im Sommer 1966 auf Anhieb. Anfang der achtziger Jahre verkündete er nicht minder unverblümt: "Ich will nicht mehr!" Dazwischen liegen rund 15 Jahre parlamentarischer und ministerieller Feuerprobe, mit Siegen und Niederlagen seiner Partei, der F.D.P., aber auch mit persönlichen Erfolgen und Mißerfolgen.
    Gemeint ist Horst-Ludwig Riemer, zehn Jahre Wirtschaftsminister in den sozialliberalen Koalitionsregierungen unter den Ministerpräsidenten Heinz Kühn und Johannes Rau, davon die Hälfte Stellvertreter des Regierungschefs, und acht Jahre lang Vorsitzender des mitgliederstärksten Landesverbandes der Liberalen im gesamten Bundesgebiet. Eine "Revolte" seiner eigenen Landtagsfraktion, von der Parteiführung in Bonn gedeckt, brachte ihn, durch eigene Fehler begünstigt, buchstäblich über Nacht um seine hohen Ämter. Nicht aber um seine Ehre und auch nicht um die Verdienste, die er sich um die Liberalen an Rhein und Ruhr erworben hat, und wohl auch nicht um das Ansehen an der Parteibasis, die ihn auch noch als früheren Landesvorsitzenden der Jungdemokraten, stellvertretenden Fraktions- und Landesvorsitzenden kennt.
    Riemer, promovierter Jurist, dazu ein praktisch abgeschlossenes Studium der Wirtschaftswissenschaften, Ostpreuße von Geburt und Geblüt, war niemals bequem, hat vor politischen und persönlichen Entscheidungen niemals den feuchten Finger in den Wind gehalten, um sich mit Mehrheiten zu arrangieren, war mehr Stratege als Taktiker und hatte bis zu seinem Sturz die Devise nicht gescheut: "Viel Feind - viel Ehr." Wer Riemer kennt, weiß, daß dies nicht aus Lust am Streiten geschah, sondern eher aus der Überzeugung, man müsse auch den Mut zum Unbequemen haben, müsse selbst dann Probleme aufgreifen, wenn andere diese noch nicht für lösungsreif oder zur Zeit nicht opportun hielten. Eine respektable Einstellung, die für den Koalitionspolitiker Riemer allerdings zum selbstgebastelten Schleudersitz wurde.
    Dabei wollte der liberale Landesvorsitzende Riemer an der Spitze seines Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr "regieren" und nicht "verwalten", Anstöße geben und nicht nur reagieren, die komplizierten Zukunftserfordernisse und Erwartungen in den Griff bekommen und nicht um Tagesvorteile feilschen.
    Sein Ministerrezept - und er war in der letzten Zeit dienstältester Wirtschaftsminister in der Bundesrepublik - hieß: Information, Konzeption, Ausführung, Kontrolle und Feedback. Mit diesem Instrumentarium brachte er, der zudem auf die Eigenständigkeit der Länder gegen die Bundesregierung pochte, das zukunftsorientierte "Technologie-Programm" auf den Weg, so wie er schon in seinen jungen Abgeordnetenjahren gemeinsam mit einem Sozialdemokraten wichtige Denkanstöße für eine Parlamentsreform gegeben hatte. Riemersche Anstöße reichten darüber hinaus von der Mittelstandspolitik bis zum Umwelt- und Verbraucherschutz.
    In der Frage der Kernenergie allerdings verrannte sich der mit hohem technischen Wissen um die Energieproblematik ausgerüstete Minister in die Vorstellung, er allein könnte ein "Plutonium-Zeitalter" aufhalten und den Bau eines "Schnellen Brüters" in Kalkar wenn schon nicht verhindern, so doch durch die Verweigerung der Betriebsgenehmigung neutralisieren. Sein jäher Sturz hat ihn dieser Entscheidung enthoben. Als einfacher Landtagsabgeordneter - und auch das nur noch auf Abruf bis zur Landtagsneuwahl im Mai - stellen sich viele Probleme für ihn anders.
    War Riemers Sturz auch Riemers Ende? Was in düsteren Novembertagen noch so aussah, erscheint in der ersten Märzensonne bereits in einem anderen Licht. Eine - im Verhältnis zu CDU und SPD - so kleine Partei wie die Freien Demokraten kann und will es sich auch offenbar, bei einer so knappen Personaldecke in Land und Bund, nicht leisten, Riemers vielseitige fachliche Qualitäten brachliegen zu lassen. Schon hat ihn die Kreispartei Düsseldorf für einen sicheren Bundestagslistenplatz vorgeschlagen und ein Verkehrsexperte mit den Erfahrungen Riemers würde einer neuen F.D.P.-Bundestagsfraktion sicherlich gut zu Gesicht stehen.
    Karl Fischer

    ID: LI800724

  • Porträt der Woche: Liselotte Funcke (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 1 - 18.01.1980

    Sie hat sich zu Ämtern nie gedrängt, wenn sie dazu aufgefordert wurde, sich aber auch nicht gescheut, Verantwortung zu tragen. Mit einer Ausnahme: als sie 1972 Bundeswirtschaftsminister als Nachfolgerin des freiwillig ausscheidenden Hans Friderichs werden sollte, winkte sie ab. Dafür haben sie die Liberalen sieben Jahre später als Nachfolgerin von Horst-Ludwig Riemer als Wirtschafts- und Verkehrsminister an Rhein und Ruhr in die Pflicht genommen.
    Liselotte Funcke, die noch einen Monat vorher als Herausgeber der Bonner Texte "Frauen sprechen im Bundestag" herausfordernd geschrieben hatte: " Wenn irgendwo eine Stelle zu besetzen ist, fallen Männern immer nur Männer ein!", fing sich in ihrer eigenen Falle. Es waren die liberalen Spitzenmänner, wie der Parteivorsitzende Hans Dietrich Genscher und andere, denen in höchster Not die einzige Frau in der Führungscrew der Partei als Lösung einfiel. Sie, die während dieser Entscheidung nicht zugegen sein konnte, weil sie als Vizepräsidentin eine Bundestagsdebatte zu leiten hatte, fügte sich der "Düsseldorfer Order". Auf dem Höhepunkt ihrer Bonner Karriere: Vizepräsidentin des Bundestages, Vorsitzende des Finanzausschusses, einem der wichtigsten Parlamentsausschüsse, und stellvertretende F.D.P.-Bundesvorsitzende, trat sie ab, um als Wirtschafts- und Verkehrsminister in Düsseldorf, als stellvertretende Landesvorsitzende und als Spitzenkandidatin der Liberalen für die Landtagswahlen gleich drei schwere und undankbare Aufgaben zu übernehmen.
    Im nordrhein-westfälischen Landeskabinett ist sie mit dem Justizminister, Frau Inge Donnepp, nicht nur Mitrepräsentantin einer weiblichen Mehrheit unter den Wahlbürgern, sondern auch liberaler Part in Johannes Raus rheinisch-westfälischem Symphonie-Orchester, wie die Landesregierung von Parlamentariern gelegentlich augenzwinkernd genannt wird.
    Wenn Liselotte Funcke spricht, sei es im Parlament oder in Parteiversammlungen, reißt sie ihre Zuhörer nicht vom Stuhl, doch hat sie auch gar keine Ambitionen, ein weiblicher Volkstribun zu sein. Sie vertraut auf ihre Argumente, auf die Kunst des Überzeugen-Könnens. Elf Jahre parlamentarischer Erfahrung im Düsseldorfer Landtag und 18 Jahre im Bonner Bundestag fallen schon in die Waage, wenn es ums Argumentieren geht. Die Politikerin Funcke ist aber nicht nur in der Finanz- und Steuerpolitik zu Hause, sondern auch in der Bildungspolitik, in der sie noch zu Christine Teuschs Zeiten mit der streitbaren Ministerin rhetorische Klingen zu kreuzen verstand. Auch für die praktische Gleichberechtigung der Frau hat sie sich eingesetzt und nicht nur beim Kirchenpapier und der Debatte des Abtreibungsparagraphen bewiesen, daß sie auch Courage hat. Sie versieht ihr neues Amt fast unauffällig, wenn man einmal von dem Aufsehen absieht, das sie erregte, als sie als "oberste Bergherrin", erst wenige Wochen im Amt, eine Grubenfahrt wünschte, um sich selbst vor Ort ein Bild von dem trotz aller technischen Errungenschaften immer noch harten Beruf des Bergmanns zu machen. Ihre Entscheidungen, die sie trifft, sind begründet, aber sie betreibt damit kein Show-Geschäft. Für eine Spitzenkandidatin, wenige Monate vor den Landtagswahlen kaum begreiflich. Vielleicht aber machte gerade diese Bescheidenheit mehr Eindruck - auch auf die Wähler als die Wechselbäder von Auftrumpfen und Anbiedern.
    Erstaunlich, wie viele Posten man in der heutigen Gesellschaft auch mit bescheidenem Auftreten einnehmen kann. Sie reichen bei Liselotte Funcke von Ämtern im Landesvorstand der Jungdemokraten bis zur Mitgliedschaft im Landes- und Bundesvorstand ihrer Partei und schließen auch noch den Bezirksvorsitz in Westfalen-West mit ein. Sie umfassen neben der Mitgliedschaft im Landtag und Bundestag zahlreiche parlamentarische Ämter bis hinauf zur Bundestagsvizepräsidentin, und sie erstrecken sich auch auf zahlreiche außerparlamentarische Bereiche bis hin zur evangelischen Kirche. Zu ihrem 60. Geburtstag stiftete Frau Funcke, die in ihrer Heimatstadt selbst vom Oberbürgermeister "unsere Bundes-Lilo" genannt wird, ohne großes Aufheben davon zu machen, 15000 Mark für Behinderte ihrer Heimatstadt. Ein Anstoß, der auch männliche Jubilare unter den Politikern nachdenklich machen sollte.
    Karl Fischer

    ID: LI80011B

  • Porträt der Woche: Hans Koch (F.D.P.)
    Porträt
    S. 19 in Ausgabe 21 - 10.09.1979

    Hans Koch, der jetzt fast ein Jahrzehnt lang an der Spitze der F.D.P.-Landtagsfraktion steht, ist kein Traditionsliberaler wie einer seiner Amtsvorgänger, Friedrich Middelhauve, auch kein in die Politik verschlagener Berufsoffizier wie Wolfgang Döring, kein Jurist wie eine ganze Reihe seiner liberalen Vorfahren im Amt, von Reinhard Beine über Hermann Kohlhase und Willi Weyer bis hin zu Heinz Lange, aber auch kein Volkstribun vom Schlage Walter Möllers. Hans Koch ist aus der Kommunalpolitik zielstrebig in die Landespolitik und nicht in die Bundespolitik gegangen, ausgestattet mit dem soliden Erfahrungsschatz eines langjährigen Verwaltungsfachmanns, der weiß, wie Gesetze aussehen müssen, wenn sie auch praktikabel sein sollen, und der sich auch der Verzahnung der Interessen von Land und Gemeinden bewußt war.
    Doch es wäre falsch, diesem Fraktionsvorsitzenden der kleinsten der drei Landtagsparteien das Schild eines Nur- Kommunalpolitikers umhängen zu wollen. Koch, der bereits 59 Jahre war, als er in den Landtag gewählt wurde, hat das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern nicht nur für seinen Einsatz bei der kommunalen Neugliederung, nicht nur für seine Bemühungen um die Weiterentwicklung der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung oder die Absicherung der kommunalen Selbstverwaltung durch eine gemeindefreundliche Landespolitik erhalten, sondern gerade auch für seine wichtigen Impulse, die er der Mittelstandsförderung und Strukturpolitik gegeben hat. Wer so, wie der Vorsitzende einer kleinen Fraktion, auch noch in vier wichtigen Parlamentsausschüssen sitzen muß, kann sich Einseitigkeit nicht leisten, muß in mehreren Sätteln zu reiten verstehen.
    Koch hat in all den Jahren seiner Fraktionsführung immer wieder die Linie der sozialen Marktwirtschaft vertreten, auch dort, wo er sich ihrer Grenzen durchaus bewußt war. Obwohl nur der Vorsitzende der kleineren Koalitionsfraktion, zugleich auch der mehrheitsbringenden, hat er in einem Jahrzehnt, also in den siebziger Jahren, mehr Einfluß auf die Landespolitik ausüben können, als Parlament und Öffentlichkeit oft bewußt geworden ist. Der Duisburger, vom Jahrgang 1911, gehört noch zu jener Generation, die im Düsseldorfer Landtag bald nicht mehr vertreten sein wird. Eine Generation, die unter persönlichen und politischen Umweltbedingungen aufgewachsen und geformt worden ist, die die Jüngeren im Parlament oft nur noch vom Hörensagen her kennen oder auch gar nicht mehr zur Kenntnis nehmen wollen. Nur so ist es auch zu verstehen, daß jüngere Abgeordnete anderer Fraktionen Anstoß daran genommen haben, daß Koch früher einmal auch der SPD und CDU angehört hat. Koch selbst hat dafür plausible Begründungen. Wie Willi Weyer, der über Jahrzehnte starke Mann in der nordrhein-westfälischen F.D.P., 1972 Horst- Ludwig Riemer zu seinem Nachfolger im Amt des Landesvorsitzenden vorgeschlagen hat, so hatte er zwei Jahre zuvor auch Hans Koch als neuen Fraktionsvorsitzenden empfohlen. Eines hatte der Westfale Weyer, als er sein politisches Haus bestellte und 1975 aus der Landespolitik ausschied, nicht bedacht: Sein Wunschgespann Riemer-Koch trennen nicht nur ein Generationsunterschied und verschiedenartige Temperamente, sondern noch alte Rivalitäten aus dem F.D.P.-Bezirksverband Düsseldorf.
    Kochs Stärke im Fraktionsvorsitz liegt aber nicht in der Fehde mit der Parteispitze, obwohl es mit einer Partei insgesamt besser bestellt ist, wenn ihre Minister und ihre Parteigremien wissen, daß mit dem Fraktionsvorsitzenden, also dem parlamentarisch Verantwortlichen, nicht immer gut Kirschen essen ist, und sich die Fraktion keineswegs immer nur als parlamentarische Schutztruppe des sozial-liberalen Regierungsbündnisses empfindet. Kochs Stärke liegt im Delegieren, im Heranziehen jüngerer Kräfte an die Verantwortung, im Überzeugen und Überzeugenlassen. Wenn Hans Koch für 1980 seine Ankündigung wahr macht, nicht mehr für die Landespolitik zur Verfügung zu stehen und wieder in die Kommunalpolitik zurückzugehen als Spitzenkandidat seiner Partei, und zwar in jenes Langenfeld, das seinem ehemaligen Stadtdirektor für erfolgreiche Industrieansiedlung den Ehrenring verliehen hat, dann schließt sich der Kreis in einer Konsequenz, wie sie nur selten anzutreffen ist.

    Karl Fischer

    ID: LI792129

  • Porträt der Woche: Mechthild von Alemann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 16 - 01.06.1979

    Sie war erst kurz im Landtag, als sie zu Protokoll gab, sie betrachte sich nicht als "Berufspolitikerin". Tempo und Zielstrebigkeit in ihrer Politkarriere wirken aber doch ganz schön professionell: 1967 fing die zierliche Dame in der Kommunalpolitik an, 1975 zog Mechthild von Alemann in den Landtag ein, 1979 geht sie nach Europa, und das gleich als die Nummer zwei der deutschen Liberalen. Von Plakaten lächelt und wirbt sie für die F.D.P. nicht nur in ihrer Heimatstadt Düsseldorf, sondern auch außerhalb nordrhein-westfälischer Landesgrenzen, etwa in Hannover.
    Für sich nimmt Frau von Alemann in Anspruch, schon immer überzeugte Europäerin gewesen zu sein. Das habe bereits Mitte der fünfziger Jahre angefangen, als sie als Au-pair-Mädchen in Frankreich und England gewesen sei. Für ihre Partei, die F.D.P., habe die Europa-Politik stets einen hohen Stellenwert besessen. Besonderes Europa-Engagement in einer besonders Europa-orientierten Partei - da war die Konstellation gegeben, daß Mechthild von Alemann F.D.P.-Landesbeauftragte für die erste Direktwahl zum europäischen Parlament wurde, in das Exekutiv-Komitee der Europäischen Liberalen einzog, in dem überhaupt nur vier Deutsche sitzen, und engagiert am Europa-Wahlprogramm der Liberalen mitarbeitete. Alles nach ihrer Devise: "Wenn ich was tue, dann mache ich es gründlich."
    Daß das Europäische Parlament auch nach der Direktwahl noch nicht auf Anhieb viele wichtige Kompetenzen haben wird, sondern sie sich erst noch erkämpfen muß, ficht Frau von Alemann nicht an. "Die Leute sollen doch nicht kleingläubig sein. Das Parlament wird das Forum der europäischen Diskussion werden. Wenn die 410 direkt gewählten Abgeordneten beispielsweise über die Todesstrafe oder die Arbeitslosigkeit diskutieren, - davon werden doch Impulse in die einzelnen Nationen hinein ausgehen." Im Europa-Parlament möchte sie sich in den Ausschuß für Umweltschutz und Verbraucherfragen delegieren lassen. Denn die Umweltschutzproblematik sei nur noch international lösbar.
    Während des Wahlkampfs will sie den Bürgern klarmachen, "daß Europa nützlich ist auch für den einzelnen". Da gebe es "ganz konkrete Projekte", die angepackt werden müßten, etwa die Rhein-Sanierung oder ein Zentrum zur gezielten Bekämpfung der Frauenarbeitslosigkeit auf internationaler Ebene. Sie wirbt - nicht nur und vielleicht nicht einmal zuerst für ihre Partei, sondern auch oder vornehmlich für Europa. "Bloß keine Wahlbeteiligung unter 60 Prozent." Das wäre, so sagt sie voraus, die schlechteste Quote in der Europäischen Gemeinschaft, und das würde dem Ruf der Bundesdeutschen als an sich doch überzeugte Europäer sehr schaden.
    Mechthild von Alemann hat unzweifelhaft ein beachtliches Stück Politik-Karriere schon geschafft; und dies, darauf ist sie stolz, nicht über irgendein "Frauenkontingent" der Partei. Sie war keine Vertreterin von "womens lib" im Landtag und sie will auch im Europa-Parlament ganz unprätentiös Politik machen, "für den Bürger und nicht für Frauen oder Männer". Sie übersieht nicht, daß "viele Frauen noch benachteiligt sind". Aber sie sieht ebenso scharf, daß organisierter Gegensatz, daß eine erzwungene oder geheuchelte Sonderstellung der Frau die angestrebte Entwicklung zu echter Gleichstellung nur verzögern würde. Sie ist keine frustrierte Organisations-Suffragette; und trotzdem oder gerade deshalb ganz weit vorne.
    Christoph Lütgert

    ID: LI79162C

  • Porträt der Woche: Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 12 - 27.04.1979

    In seinem Dienstzimmer hat der nordrhein-westfälische Innenminister Dr. Burkhard Hirsch (F.D.P.) einen aufschlußreichen Siebdruck hängen. Dargestellt ist ein Fleischwolf in Aktion: die linke Hand dreht, die rechte Hand wird durchgedreht. Glaubt man denen, die es wissen müssen, dann gilt dem Minister diese Darstellung als Sinnbild für Prinzipienfestigkeit; man müsse zu seinen Grundsätzen stehen, auch wenn es manchmal weh tue.
    An solcher Prinzipientreue hat Hirsch es nicht fehlen lassen, seit er 1975 - widerstrebend - seinen Sitz im Bundestag aufgab und auf den Sessel des Düsseldorfer Innenministers wechselte. Und seine Rigorosität hat ihm ebenso das Etikett "schwierig" eingebracht, wie sie ihn selbst mitunter in Schwierigkeiten brachte.
    Sogar diejenigen seiner politischen Freunde, die ihm nahestehen, sind gelegentlich irritiert, wenn sie Hirsch in der einen oder anderen Sachfrage gegen sich "segeln" sehen. Er sei "nicht schwieriger und unebener wie die Realität", pflegt der Minister auf entsprechende Fragen mit einem Lächeln zu antworten. Prinzipienfestigkeit gepaart mit preußisch-strenger Pflichterfüllung, Intelligenz und analytischem Verstand - das sind Dinge, die Hirsch mitbekam oder die ihm anerzogen wurden; Erlebnisse und Erfahrungen, die der Oberschüler, der 1948 in Halle (Saale) sein Abitur machte, in den ersten Nachkriegsjahren in der damals noch sogenannten SBZ machen mußte, haben den Inhalt seiner Überzeugungen wesentlich mitgeformt: die Erfahrung von Opportunismus, politischer Intoleranz und konkreter Benachteiligung. Hier liegen die Wurzeln seines unnachgiebigen Eintretens für unbedingte Rechtsstaatlichkeit; Nur wenn die Verwaltung strikt an Recht und Gesetz gebunden handle, könne Gerechtigkeit werden und staatliche Glaubwürdigkeit bleiben. Opportunitätsdenken ist Hirsch folglich ein Greuel.
    Als Sohn eines Richters hatte Hirsch keinen Studienplatz erhalten; er ging daraufhin in die Westzonen und studierte ab 1948 in Marburg Rechtswissenschaften. Dort machte er auch sein Examen und seinen Doktor. Arbeit fand er in der Industrie, wo er es bis zum Direktor der Mannesmann AG in Düsseldorf brachte.
    Parallel zur beruflichen lief die politische Karriere. Schon in der SBZ war er den Liberalen beigetreten, bei denen er auch im Westen blieb. Erste Erfahrungen als Volksvertreter sammelte Hirsch ab 1964 acht Jahre lang im Düsseldorfer Stadtrat. 1972 schickte ihn seine Partei in den Bundestag (und bald auch in den NRW-Landesvorstand der F.D.P.). In Bonn fiel Hirsch rasch als Debattenredner auf, erntete aber noch mehr Respekt durch seine Arbeit in den Ausschüssen.
    In Düsseldorf übernahm Hirsch das nach Zuständigkeiten sehr umfängliche und nach politischem Aufmerksamkeitswert exponierte Innenressort: Polizei und Verfassungsschutz, Städte- und Wohnungsbau, Datenschutz und alle Fragen der Kommunalpolitik gehören in den Geschäftsbereich. Und in nahezu allen Zuständigkeiten gibt es konfliktträchtige Probleme, so daß es in den Landtagsfraktionen, auch denen der Koalition und in der Öffentlichkeit wiederholt Widerspruch gegen den Innenminister gab. Ob das neue Polizeigesetz, ob die Erhaltung der Arbeitersiedlungen im Ruhrgebiet oder ob Fragen der Kommunal- und Funktional-Reform, bei denen sich die Interessen besonders reiben - die Konflikte wurden immer dann besonders scharf, wenn Hirsch an einer Sachlösung festhielt, ohne die damit einhergehenden politischen Auswirkungen entsprechend zu kalkulieren.
    Dafür beweist Hirsch anderseits ein besonderes politisches Gespür - und hier diskutiert er vehement auch über sein Ressort hinaus mit: Alle Fragen, die der in seinen Folgen für die gesellschaftliche Entwicklung schwer kalkulierbare technologische Fortschritt - Computer-Staat, Atom-Staat aufwirft, sehen Hirsch als engagierten Verteidiger von Bürgerrechten und Umwelt vorn.
    Hartwig Suhrbier

    ID: LI791230

  • Porträt der Woche: Reinhard Roericht (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 9 - 18.03.1977

    Gemütlich sieht der F.D.P.-Abgeordnete Reinhard Roericht aus. Wie der Schein doch trügt. Roericht — rührig, aber nicht im Sinne fideler Geschäftigkeit, vielmehr nüchtern, sachbezogen, fleißig, programmiert. Schon Studienfreunde fragten ihn, ob bei seiner "Zeugung nicht auch ein Computer beteiligt war". Globetrotter und politischer Senkrechtstarter: Leitung politischer Jugendseminare in Kolumbien — da war er gerade 21 Jahre alt —, Studienreisen durch Tunesien, USA, Großbritannien und Frankreich. Aus Gegnerschaft zur Konfessionsschule 1964 Eintritt in die F.D.P.
    Von nun an ging's bergauf: Er wurde im selben Jahr Chef der Kölner Jungdemokraten, kurz danach Mitglied im F.D.P.-Ortsvorstand Köln-West, war dabei, als Gerhart Baum den bürgerblockorientierten Kölner F.D.P.-Kreisvorstand kippte, ließ sich 1966 von Genscher für ein Praktikum in den Bundestag holen, wurde 1968 Stellvertreter des nordrhein-westfälischen Jungdemokratenchefs Günter Verheugen, avancierte 1969 zum Bundes-Vize des Liberalen Studentenbundes, konnte sich 1970 mit seinen erst 25 Jahren freuen, jüngstes Mitglied im F.D.P.-Landesvorstand zu sein, nachdem er den damaligen Aachener Regierungspräsidenten Joseph Effertz verdrängt hatte, zog 1972, wiederum als Jüngster, in den Rat der Stadt Aachen ein, kam 1975 in den Düsseldorfer Landtag und machte auch da gleich Wirbel: Gestützt auf seine Erfahrungen als Pressesprecher der TH Aachen, bewaffnet mit Statistiken und Computer-Ausdrucken, lastete er der SPD/F.D.P.-Landesregierung eine gigantische Steuerverschwendung, ein "Hundert-Millionen-Ding" im Klinikbau, den Bettenberg, an.
    Obwohl überzeugter Befürworter der sozial-liberalen Koalition kennt Roericht keine kritiklose Bündnis- oder Parteitreue. Wenn es denn sein muß und die Sache gebietet, setzt er Regierung und Parteifreunden hart zu, überläßt der CDU das Opponieren nicht allein. So meldete er Bedenken gegen die Öffentlichkeitsarbeit des Kabinetts Kühn/Riemer im letzten Wahlkampf an, attaktierte die von ihm mitgetragene Landesregierung wegen des Aachener Klinikums und schrieb dieser Tage an F.D.P.-Chef Genscher einen bitterbösen Brief, mit dem er sich gegen Parteipräsidium und Parteifreund Maihofer stellte und auf die Seite des "belauschten" Atomwissenschaftlers Traube schlug.
    Sehr global — im wahrsten Sinne des Wortes — sieht Roericht seine Aufgabe als Hochschulexperte der F.D.P.-Fraktion. Die rohstoffarme Bundesrepublik sei auf "hochqualifizierten Nachwuchs", auf ein "hohes Forschungspotential", auf "höchste Veredelungsleistungen" angewiesen. Dies ist der eine Aspekt; der andere: "Ich bin sicher, daß man uns in ein paar hundert Jahren eine ganz barbarische Generation schimpfen wird, weil wir die halbe Welt hungern lassen." Die Hochschulen könnten zur Entwicklung neuer Konzepte für die Lösung immer drängenderer Probleme beitragen.
    Die glücklichen Zeiten seien vorbei, in denen eine schnell wachsende Volkswirtschaft die relativ leichte Realisierung neuer politischer Ideen erlaubt habe. Kräfte zur Lösung dringender Aufgaben könnten nur durch äußerst rationelle Nutzung des Bestehenden freigesetzt werden. "Technokratie ist in diesem Zusammenhang nicht das Ziel, sondern ein Mittel, das helfen kann, gute Ideen zügig in die Tat umzusetzen."
    Politisch hat der 31jährige Junggeselle viel erreicht. Privat ist er noch nicht am Ziel seiner Wünsche. Heiraten möchte er gern und hofft, die emanzipierte Frau fürs Leben zu finden. Kein Heimchen am Herd, denn exzellent kochen kann Roericht selbst.

    Christoph Lütgert

    ID: LI77090B

  • Porträt der Woche: Jürgen Hinrichs (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 30 - 20.12.1976

    Ein Studiendirektor im Landtag — muß er nicht zwangsläufig Schulpolitiker, Bildungsexperte werden? Jürgen Hinrichs, seit 1975 Mitglied der F.D.P.-Fraktion des Landtags, war zunächst geneigt, eigentlich sogar fest entschlossen, diese Frage für sich zu verneinen. Als Bezirksvorsitzender seiner Partei in Ostwestfalen-Lippe und als Vorsitzender der F.D.P.-Kreistagsfraktion in Herford hatte er sich vorgenommen, nach seiner Wahl in das Landesparlament, "Kommunalpolitik auf höherer Ebene" zu gestalten.
    Während der Koalitionsverhandlungen mit der SPD spielte er noch den kommunalpolitischen Part seiner Partei mit und gab sich nur beiläufig als sattelfester Schulexperte zu erkennen. Dann freilich nahm ihn die Fraktion schnell in die Pflicht. Damit war der 40jährige Studiendirektor a. D. aus Bünde ("a. D." wegen der Unvereinbarkeit von öffentlichem Amt und Landtagsmandat) schulpolitischer Sprecher seiner Fraktion und Sachwalter eines Bereichs, der auch in dieser Legislaturperiode wieder von zentraler Bedeutung und heiß umstritten ist. Ungelegen kommt ihm das sicher nicht, zumal er trotzdem genügend Möglichkeiten hat, kommunalpolitisch zu wirken.
    Der Norddeutsche des Jahrgangs 1934 — Studium und Ausbildung haben ihn in seine Wahlheimat Ostwestfalen-Lippe verschlagen, mit der er sich nur sprachlich noch nicht identifiziert hat — hätte sich aber klar sein müssen, daß ihn die Schulpolitik nicht losläßt. Sie war es, die ihn 1955 bewog, in die F.D.P. einzutreten, mit ihr machte er seine ersten politischen Gehversuche. In der Praxis einer Parteiveranstaltung, der ersten, an der er teilnahm, vermißte er die im politischen Unterricht gepriesene Diskussionsbereitschaft und meldete sich gleich zu Wort.
    Auch im Landtag suchte er — immer engagiert, manchmal mit scharfer, aber auch mit spitzer Zunge — jede Möglichkeit, Argumente auszutauschen, ebenso in seiner Partei, weil er die Diskussion am ehesten für geeignet hält maßgerechte Lösungen für Probleme zu finden. Auf diese Art gefundene Lösungen vertritt Hinrichs dann mit Nachdruck. Die Kooperative Schule, die er federführend für die F.D.P. mit dem Koalitionspartner SPD skizziert hat, ist ein Beispiel dafür, unter anderem auch deshalb, weil er nach eingehenden Diskussionen zu der Überzeugung gelangt ist, daß diese Schulform allen Kindern die besten Chancen biete.
    Beispiel dafür kann auch der Regierungsbezirk Detmold sein. Nach ausgiebiger Erörterung in der Partei trat Hinrichs mit der Forderung vor, den Regierungsbezirk zu erhalten, und präsentierte dafür einleuchtende Argumente.
    Die Bereitschaft, jeden Sachverhalt vor einer Entscheidung zu prüfen, jeden Entschluß gründlich vorzubereiten, entspringt seiner Überzeugung, daß voreiliges Handeln Rechte berühren könnte, die aus welchen Gründen auch immer in Vergessenheit geraten sind, dennoch aber Geltung haben. Das mag ihm manchmal den Vorwurf eintragen, kleinlich zu sein, obwohl er genau das Gegenteil ist. Landtagsfraktion, Partei und Kommunalfraktionen können weitgehend über seine Zeit verfügen, die freilich knapp genug ist, womit erklärt ist, weshalb er in seinem Düsseldorfer Abgeordnetenzimmer immer eine Ersatzgarderobe deponiert.
    Ein Mann, der überall für frischen Wind sorgt, kann Mief eben nicht ausstehen.

    Klaus Simson

    ID: LI76302D

  • Porträt der Woche: Klaus Lantermann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 15 in Ausgabe 25 - 05.11.1976

    "Ich mag keinen, an dem ich kein Tau festmachen kann!" hatte dem einzigen Niederrhein-Abgeordneten der F.P.D.-Landtagsfraktion einmal sein Amtsvorgänger in Partei und Parlament, der Reeder Egon Ramms, mit auf den Weg gegeben. Klaus Lantermann, der wenig von Schiffen, aber um so mehr von Wasserwirtschaft versteht, hat sich dennoch die Lebensweisheit aus der Schifferzunft zu eigen gemacht. Angehöriger einer anderen Generation als Ramms und auch von einem anderen liberalen Selbstverständnis, hat sich der im Revier geborene Betriebswirt und gelernte Industriekaufmann mit Zähigkeit und Fleiß hochgearbeitet.
    Lantermann ist kein Himmelsstürmer und es ist ihm nichts in den Schoß gefallen, weder im Beruf noch in der Politik. Wenn er sich dennoch hochgearbeitet hat, im Beruf zunächst mit Abendkursen an der Wirtschafts- und Verwaltungsakademie in Essen und Oberhausen und in der Partei mit der "Ochsentour", die weder Plakatkleben und Flugblätterverteilen noch diverse Ämter, vom Schriftführer in der Ortspartei über den Schatzmeister im Kreisverband bis zum Kreis- und Bezirksvorsitzenden und damit Landesvorstandsmitglied ausläßt, dann verrät das ebenso ungebrochenes Selbstbewußtsein wie Politik mit Augenmaß.
    In die Politik gelangte Lantermann übrigens weder durch ein politisches Elternhaus noch durch ein Vorbild in irgendeiner Jugendorganisation. Den Anstoß zur politischen Aktivität erhielt der rastlos Suchende des Jahrgangs 1933, der sich im Kampf gegen Wiederbewaffnung und Atomtod zunächst den Ideen Martin Niemoellers verschrieben hatte, durch ein Schlüsselerlebnis: die Spiegel-Affäre. Der Rücktritt der F.D.P.-Minister in Bonn und die unvergessene Rede Wolfgang Dörings im Bundestag veranlaßten Klaus Lantermann Ende 1962 zu ganz persönlichem Handeln. Er machte sich auf zur Kreisgeschäftsstelle der F.D.P. in Wesel, jener Stadt, die er aus beruflichen Gründen inzwischen mit seinem Geburtsort Mülheim a. d. Ruhr vertauscht hatte, bat um Informationsmaterial und trat bald darauf in die liberale Partei ein.
    1964 war der liberale Parteinovize des Jahres 1962 bereits F.D.P.-Ratsherr in Wesel. Acht Jahre später versuchte er, wenn auch auf aussichtsloser Position ohne Absicherung auf der Landesliste, den Sprung in den Landtag und 1975 schaffte er auch die Landeslistenabsicherung auf Platz zwölf und damit den Einzug in das Parlament. In einer "Rollschuhfraktion", die wegen ihrer zahlenmäßig geringen Stärke von allen Fraktionsmitgliedern parlamentarische Arbeit auf Höchsttouren verlangte, fiel es Lantermann nicht schwer, außer der Wasserwirtschaft auch die gesamte Landwirtschaft und die Energiewirtschaft abzudecken. Daß auch Landesplanung zu seinem Interessengebiet zählt, gebietet sich für den Niederrheiner angesichts der Zukunftspläne für diesen Landstrich und die Rheinschiene fast von selbst.
    Als Vorsitzender eines Kreisverbandes von rund tausend Mitgliedern fehlt es Lantermann auch nicht an dem notwendigen politischen und persönlichen Selbstbewußtsein. Wer seine persönlichen Grenzen und die seines parlamentarischen Mandats realistisch einschätzt, hat die Chance, weiterzukommen, jedenfalls eine größere Chance als politische Träumer. Der Landtagsabgeordnete Klaus Lantermann, dessen parlamentarische Arbeit das Attribut "mannschaftsdienstlich" verdient, auch wenn er in der Sache und intern bis zum "Fetzenfliegen" diskutiert, repräsentiert eine F.D.P., die sich nicht nur als parlamentarisches Hilfsorgan einer sozial-liberalen Koalition, sondern auch als parlamentarisches Kontrollorgan versteht — und sei es im Notfall auch gegen die eigenen Minister.
    Karl Fischer

    ID: LI762528

  • Porträt der Woche: Silke Gerigk-Groht (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 18 - 28.06.1976

    Koketterie mit ihrem Status als jüngste Abgeordnete im Düsseldorfer Landtag ist der inzwischen 28jährigen Silke Gerigk-Groht fremd. Manierierte Attitüden hat sie nicht nötig, denn als sie nach dem 4. Mai 1975 für die F.D.P. in das Parlament einzog, da hatte sie — die Behauptung sei gewagt — bereits inneraber auch außerhalb ihrer Partei mehr bewegt, als viele ihrer älteren Kollegen: das F.D.P.-Kirchenpapier, das wegen seiner radikalen Forderung nach strikter Trennung von Kirche und Staat monatelang Stoff für politische wie publizistische Kontroversen geliefert und angeblich sogar den Ausgang der bayerischen Landtagswahl mitbeeinflußt hatte, war im wesentlichen von ihr erdacht und geschrieben worden.
    Der gleichsam kometenhafte Aufstieg dieses Papiers von Jungdemokraten-Konferenzen über die F.D.P.-Bundeskommission bis zur Verabschiedung auf dem Bundesparteitag 1974 verdeutlichte, wie entscheidend eine politische Nachwuchsorganisation auf die "Mutterpartei" Einfluß nehmen kann — zwingende Konzeptionen vorausgesetzt.
    Spricht man sie heute wieder auf diesen Erfolg an, dann winkt die blonde Hauptschullehrerin ab: "Man kann sich nun doch nicht dauernd darauf ausruhen." Getreu dieser Devise ging sie im ersten Jahr ihrer Parlamentszugehörigkeit gleich in die vollen und hat somit wesentlichen Anteil daran, daß die jetzige F.D.P.-Fraktion quantitativ aber auch qualitativ die liberale Riege der letzten Legislaturperiode übertrifft.
    Mit klug durchdachten Beitragen in Plenardebatten vor allem zum General- und Dauerthema Schule verstärkte sie effizient die Koalitionsphalanx in der bildungspolitischen Kontroverse mit der CDU-Opposition. Gleichwohl machte sie auch dem sozialdemokratischen Kultusminister Girgensohn mit einer ausgefeilten Großen Anfrage zu schaffen, "um ihn zu zwingen, endlich vernünftige Daten über die Situation der Gesamtschule auf den Tisch zu legen".
    Daß sie bei allem sozial-liberalen Engagement vor Konflikten in der Koalition nicht zurückscheut, stellte sie erst dieser Tage wieder unter Beweis. Mit harter öffentlicher Kritik zog sie gegen ihrer Meinung nach nicht finanzierbare SPD-Vorstellungen zur Einführung des 10. Pflichtschuljahres und der generellen Berufsbildungspflicht zu Felde.
    Kritik an ihrer eigenen Partei kommt in dem Wunsch der attraktiven Liberalen zum Vorschein, im Landtagsplenum einmal eine grundlegende Rede zur Wirtschaftspolitik zu halten. "Da hat die F.D.P. noch Nachholbedarf." Gegenüber dem SPD- Koalitionspartner habe die Partei beim Ehescheidungsrecht, der Problematik des Paragraphen 218, der Auseinandersetzung um die Radikalenfrage und in der Rechtspolitik stets "klassische liberale Positionen gehalten". Demgegenüber laufe die F.D.P. in der Wirtschaftspolitik "unter dem Druck der Profilierung und dem Zwang, sich die Legitimation der Eigenständigkeit zuzulegen, Gefahr, ihre kritischen Positionen zu vergessen".
    Die von fast allen Parteien und Politikern beanspruchte "Mitte" sei kein Selbstzweck. "Mit Schubladen links, rechts, Mitte ist es nicht zu machen." Ein Liberaler müsse sich stets fragen, welches Instrumentarium für welches Ziel das richtige sei, "nicht aber, ob es in eine Schublade paßt" — und sei es die mittlere. Welche Parteifreunde die vielfach als "links" geltende Jungabgeordnete meint, sagt sie nicht; man kann es aber erraten. Und denen hält Frau Gerigk-Groht den Vorteil der kleinen F.D.P., die nicht Volkspartei sein will und kann, vor Augen: "Ein kritisches Potential in der Bevölkerung ansprechen; 90 Prozent vor den Kopf stoßen, aber die restlichen zehn Prozent hinter sich bringen."
    Christoph Lütgert

    ID: LI761805

  • Porträt der Woche: Peter Eykmann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 13 - 18.05.1976

    Einen "Helmut-Schmidt-Haarschnitt" trägt er zwar nicht. Aber eine gewisse Ähnlichkeit mit der Art des gern als "Macher" charakterisierten Bundeskanzlers ist unverkennbar. Denn Peter Eykmann erzählt von sich: "Es bringt meine Freunde manchmal zur Verzweiflung, wenn ich frage: Ist das auch organisierbar?"
    Einen "Macher und Technokraten" läßt Eykmann sich ungeniert nennen; denn das "ist für mich kein Schimpfwort", so versichert er, fügt dann aber hinzu: "Erst ein Technokrat und Macher ohne politische Perspektive wäre ein Opportunist, und dies wäre schlimm."
    Eine der politischen Perspektiven des jungen F.D.P.-Abgeordneten (34) besteht in dem Vorsatz, nur eine Wahlperiode im Landtag tätig zu sein. Mehr hat er von seiner Frau nicht bewilligt bekommen, und mehr mag er auch selbst sich nicht zumuten. Denn: "Es gibt nichts Schlimmeres, als sich von der Politik persönlich abhängig zu machen." Dies braucht Eykmann in der Tat nicht. Er ist im Hauptberuf Dienststellenleiter des Bundesverbandes für den Selbstschutz in Recklinghausen (und als solcher zur Wahrnehmung seines Mandats teilweise beurlaubt).
    Politisiert und F.D.P.-Mitglied wurde er durch die "Spiegel"-Affäre und die Haltung des F.D.P.-Politikers Wolfgang Döring in dieser Affäre. Daß er es schließlich nicht bei der bloßen Mitgliedschaft beließ, dafür sorgte sein Unbehagen an der Art und Weise, wie auf kommunaler Ebene mit absoluten Mehrheiten Politik gemacht wurde: nämlich für Außenstehende kaum mehr nachvollziehbar. Eykmann tat etwas dagegen, indem er "in einer Gegend mit betonierter SPD-Mehrheit" einen F.D.P.-Ortsverband autbaute und den Kreisverband stärkte.
    Im Landtag ist Eykmann, der auch drei Jahre bei der Bundeswehr diente, seit der letzten Parlamentswahl und an drei Fronten präsent. Weil er ein Abgeordneter aus dem "Revier" ist und weil es überdies auch vom Beruf her nahelag, ist er im Parlamentarischen Ausschuß für Grubensicherheit. Mitglied im Petitionsausschuß wurde er gerne, weil er das Gefühl hat, daß man hier "manchmal etwas bewegen" kann. Den Schwerpunkt seiner Landtagsarbeit sieht Peter Eykmann indessen im Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales.
    Hier sind es vor allem zwei Problemkreise, die derzeit — und wohl noch längere Zeit — im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit stehen: das Gesundheitswesen und die Jugendarbeitslosigkeit. Und zu dieser besonders betrüblichen Realität äußert der "Macher" Eykmann, der zu den Jungdemokraten (wie auch umgekehrt) ein "sehr differenziertes" (sprich: kühles) Verhältnis hat, Überlegungen, die ihn an die Seite eben dieser Jungdemokraten bringen: "Ich bezweifle, ob wir mit marktwirtschaftlichen Mitteln und durch Wirtschaftswachstum samt technischer Innovation die Dauerarbeitslosigkeit wegkriegen." Abgesehen von den Sonderprogrammen der Landesregierung, die freilich nur aktuelle Nöte lindern könnten, fällt dem Liberalen Eykmann bisher als mögliches Heilmittel nur das Stichwort "Arbeitszeitverkürzung" ein. Denn "mehr Freizeit kann ja auch mehr Lebensqualität bedeuten".
    Für den Abgeordneten hat sich die Arbeit als umfänglicher und zeitraubender erwiesen, als er ursprünglich kalkuliert hatte. Das Versprechen, das seine Frau ihm abgenommen hatte, nämlich jeden Abend nach Hause zu kommen, war nicht einzuhalten. Um nicht alle "heiligen Schwüre" brechen zu müssen, vereinbarte er eine listige Lösung mit seiner Frau: Sie hört auf zu arbeiten und fährt mit zu seinen Abendterminen. Hartwig Suhrbier

    ID: LI761301

  • Porträt der Woche: Fritz Otto Thielmann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 8 - 12.03.1976

    Er kommt aus dem westfälischen Hagen, einer Stadt, deren Liberale lange Zeit durch politische Persönlichkeiten wie Willi Weyer und die derzeitige Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages, Liselotte Funke, im Landtag von Nordrhein-Westfalen vertreten waren. Er stammt aus der "freisinnigen Hochburg eines Eugen Richter, in der der Hauch des 1848er Liberalismus noch lange Zeit nachwehte", wie Alfred Dobbert, Politiker und Journalist zugleich, einmal bei einem Geburtstagsglückwunsch für einen anderen Hagener, den früheren Oberbürgermeister und Ministerpräsidenten Fritz Steinhoff (SPD) schrieb. Und er gehört zu denjenigen Familien, in denen die Söhne in die politischen Fußstapfen der Väter und noch die Enkel in die der Großväter treten.
    Das alles sollte man wissen, um sich ein Bild machen zu können von dem parlamentarischen "Newcomer" Fritz Otto Thielmann vom Jahrgang 1937, der sich mit 21 Jahren, er war damals kaufmännischer Angestellter, ins politische Leben stürzte und der Familientradition getreu sich der liberalen Partei zur Verfügung stellte. Ein junger Abgeordneter, der, kaum im Parlament, in der zahlenmäßig kleinen, aber sehr aktiven F.D.P.-Fraktion in eine Position hineinwächst, die einmal Männer wie Friedrich Middelhauve, Gerhard Kienbaum, Heinz Lange und Horst-Ludwig Riemer innehatten: die Rolle des wirtschaftspolitischen Sprechers.
    Für einen Neuling im alten Ständehaus am Düsseldorfer Kaiserteich hat sich der Hagener schnell eingearbeitet, hat die Informationsflut, durch die sich jeder frischgebackene Landtagsabgeordnete erst einmal durcharbeiten muß, rasch bewältigt und sich dabei allerdings auch einer Arbeitsweise befleißigt, die eigentlich für alle 84 neuen Abgeordneten selbstverständlich gewesen sein sollte: Er benutzte die parlamentarischen Sommerferien, wenige Wochen nach der Landtagswahl, dazu, sich intensiv mit seinen neuen Aufgaben vertraut zu machen. Eine Einarbeitungstechnik, die ihm schon bei den ersten Etatberatungen im Bereich der Wirtschaftspolitik sehr zugute kam. Fragt man den gelernten Kaufmann indes danach, was er von der parlamentarischen Beratungsmühle halte, dann kommt eine sehr kritische Antwort. Die Etatberatungen und ihre Ergebnisse sind ihm, der in den Maßstäben der freien Wirfschaft denkt, noch zu grobkörnig. Selbstbewußtsein, kein starres Kleben an programmatischen Aussagen, statt dessen pragmatisches Agieren auf liberaler Basis, analytisches Denken und rationelles Arbeiten charakterisieren Thielmann. Vieles, was ihm in der Politik zugute kommt, hat er schon beruflich zu nutzen gewußt. Dazu kommt noch eine zehnjährige kommunalpolitische Erfahrung im Rat seiner Heimatstadt Hagen, eine Tätigkeit, von der er nicht ganz leichten Herzens Abschied genommen hat, als er sich ohne Absicherung um ein Landtagsmandat bewarb.
    Noch muß Thielmann Erfahrungen sammeln, ob sich das Mandat eines Landtagsabgeordneten, anders als das eines Ratsherrn, auf die Dauer mit seiner freiberuflichen Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann in der Möbelbranche verträgt. Aber er ist auch da optimistisch, ebenso wie in der Frage, ob neben Politik und Beruf auch noch Zeit für Frau und drei Kinder bleibt. Wenn dann auch noch die Hobbys, wie Musik und Literatur, nicht zu kurz kommen sollen, gehört schon viel Optimismus dazu.
    Karl Fischer

    ID: LI76081E

  • Porträt der Woche: Wolfram Dorn (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 3 - 30.01.1976

    "Seine politische Karriere muß als beendet gelten", stellte das offiziöse Munzinger-Archiv nach der Bundestagswahl 1972 fest. Kurz zuvor hatte der F.D.P.-Politiker Wolfram Dorn in Bonn alle politischen Mandate und Ämter niedergelegt, nachdem seine Beratertätigkeit für ein als politisch suspekt geltendes großes Verlagshaus bekanntgemacht und "bespiegelt" worden war. Der Mann, der plötzlich im Verdacht der Untreue, des Amtsmißbrauchs und der Gesinnungslumperei stand, schien in bodenlose Tiefe zu fallen. Doch dieses Urteil erwies sich als ebenso unhaltbar wie manches andere Verdikt, das Politiker und Publizisten in den letzten Jahren über den jetzt 51jährigen Liberalen fällten, der aus dem sauerländischen Altena stammt, viele Jahre in Werdohl kommunalpolitisch tätig war und seit 1968 in Bonn lebt.
    Indessen bleibt Wolfram Dorn, obwohl nach mehreren langwierigen Gerichtsverfahren heute voll rehabilitiert, ein schwieriger Mann: unberechenbar und oft sprunghaft, dann aber wieder von hartnäckiger Stetigkeit. Fronterfahrungen als Infanterist und Kriegsgefangenschaft heilten ihn von politischen Jugendsünden. Eigentlich wollte Dorn nach landwirtschaftlicher Ausbildung ins afrikanische Kamerun übersiedeln. Dann aber wurde er Industriekaufmann, ging 1948 zur F.D.P. und war mit 29 Jahren schon Bürgermeister.
    Der Sprung aus der Kommunalpolitik in den Düsseldorfer Landtag gelang erstmals 1954. Obwohl Dorn seit Mai dieses Jahres wiederum der F.D.P.-Landtagsfraktion als einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden angehört, darf man Aufstieg und Fall dieses Politikers in den Bundestagsjahren von 1961 bis 1972 nicht als "Bonner Intermezzo" werten.
    Dorn gehorte immer zu den besonders streitbaren Geistern dieser Demokratie. Er hat, obwohl grundsätzlich kein Gegner der Notstandsgesetzgebung, entschieden gegen die vom Bundestag verabschiedete Fassung gefochten. Als Genschers parlamentarischer Staatssekretär im Bonner Innenministerium saß er lange in der Zentrale der Macht. Beamtenbesoldung, Parteiengesetzgebung, Sport- und Kulturpolitik waren weitere Wirkungsfelder. Daß Dorn sein neues Düsseldorfer Mandat als Wiedergutmachung für verleumderische Unbill betrachten werde, gehört gleichfalls zu den voreiligen, daher falschen Hypothesen der Publizisten. Mit Fleiß und Energie hat er sich in die Haushalts- und Finanzpolitik, sein neues Arbeitsfeld, eingearbeitet. Er gehört inzwischen zu den schärfsten Kritikern einer bedenkenlosen "Politik der vollen Hände", mißtraut all den Bildungsreformern, die, wie er sagt, zur Zeit das akademische Proletariat der achtziger Jahre heranzüchten, und hängt auch in der Frage der Sicherung des Rechtsstaates gegenüber Systemfeinden seinen eigenen ordnungspolitischen, im gängigen Sinne kaum liberalen Gedanken nach.
    So gerät Wolfram Dorn auch im Düsseldorfer Landtag nicht selten zwischen die Fronten. Die Opposition bringt ihm kaum verhüllten Respekt entgegen, etliche Landesminister dagegen tragen schon Groll im Herzen. Manche sehen in ihm den immerwährenden Karrieristen und Anpasser, andere den konsequenten und auch cleveren Demokraten, der weiß, daß Politik ein sehr menschliches Geschäft ist. Dorn hat rauhe und zarte Saiten. Wer ihn als burschikosen, übrigens gefürchteten Skatbruder kennt, würde niemals glauben, daß Dorn auch besinnliche Lyrik aus dem Kämmerlein in die Öffentlichkeit tragen kann. Die westfälische Landschaft, der Dorn entstammt, hat sommerlich liebliche Täler, während auf ihren oft neblig-nassen Höhen ein kalter Wind pfeift. Dieses Sauerland prägt gelegentlich seltsam romantische Menschen und Politiker.
    Lothar Bewerunge

    ID: LI760302

  • Porträt der Woche: Hans Hubert Robertz (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 23 - 05.12.1975

    "Vor Ort" steht er im parlamentarischen Geschirr seit fünfzehn Jahren; im Düsseldorfer Landtag gilt er noch als "Newcomer" der F.D.P.- Fraktion. Aber der Schein trügt. Der fünfzigjährige Liberale Hans Hubert Robertz aus dem Ruhrgebiet weiß als gestandener Kommunalpolitiker nicht nur seit langem, was in der Landespolitik gespielt wird, sondern auch, was der Landespolitik aus der Sicht der Städte und Gemeinden noch fehlt.
    Als Fraktionsvorsitzender der F.D.P.- Fraktion in der Landschaftsversammlung Rheinland hat er seit Anfang der siebziger Jahre an den Sitzungen der liberalen Landtagsfraktion teilgenommen, als Fraktionsvorsitzender der Mülheimer Stadtratsfraktion der F.D.P. weiß er, wo es den Kommunen unter den Nägeln brennt. Im Landtag, dem er seit Mai dieses Jahres angehört, stieg Robertz sofort zum Vorsitzenden des Ausschusses für Kommunalpolitik, Wohnungs- und Städtebau auf. Auch ist er Mitglied des Petitionsausschusses.
    Für die Funktionalreform, die nach Abschluß der kommunalen Neugliederung im 7. Landtag eine der Hauptaufgaben des 8. Landtags sein wird, bringt er in Fraktion und Parlament wichtige Erfahrungen aus der Praxis mit. Der Kommunalpolitiker Robertz schreckt nicht vor der Feststellung zurück, daß so manches vom Landtag verabschiedete Gesetz, dessen Ausführung den Gemeinden oblag, sich bei Licht und in der Praxis besehen gar nicht so ausgereift erwiesen hat, wie man es hätte erwarten können. Ob er es besser machen können wird? Robertz traut es sich zu, allerdings ist er sich auch über die parlamentarischen Mehrheiten und die Stärke seiner Fraktion im klaren.
    Überhaupt, der geborene Mülheimer, genauer gesagt: Speldorfer, der von Wolfgang Döring in dessen Mülheimer Zeit einmal für die F.D.P. "gekeilt" wurde - bei Dörings Temperament ist dieser Begriff gestattet —, hat mit seinem Einsatz für die Partei an Selbstbewußtsein und Profil gewonnen: Kreisvorsitzender der F.D.P. und Vorsitzender des Bezirksverbandes Ruhr-West, Vorsitzender des Landeswahlkampf-Ausschusses 1974/75, das sind schon Positionen, die einem Politiker - auch wenn es eine von der Öffentlichkeit weithin unbeachtete Kleinarbeit ist — etwas abverlangen.
    Robertz, dessen stets korrekte Kleidung auch ein Synonym für Korrektheit im politisch-parlamentarischen Leben ist, kennt diese Kleinarbeit von seinem Beruf als Bundesbahnbeamter. Sein Engagement in Personal- und Sozialfragen — es spricht für ihn, daß er sich beruflich hat freistellen lassen — hat er in die Landespolitik mitgenommen. Der Liberale von der Ruhr ist, von seinem ganzen Habitus her, ein Engagierter, aber kein Radikaler, weder nach links noch nach rechts.
    Er zählt mit Scheel, Weyer, Döring, Funcke und Dorn — wenn auch meist im zweiten Glied stehend — zu jener "betrogenen Generation", die entweder im Krieg geopfert wurde oder sich nach dem Krieg im beruflichen oder politischen Streß frühzeitig verzehrte. Diese Generation ist allerdings zugleich auch ein Bindeglied zwischen Gestern, Heute und Morgen, und es sieht so aus, als gehöre Robertz zu denen im liberalen Bereich — vergleichbare Beispiele gibt es im Landtag auch bei den Christ- und Sozialdemokraten —, die diese Brückenfunktion übernommen haben.
    Karl Fischer

    ID: LI752302

  • Porträt der Woche: Mechthild von Alemann (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 17 - 03.10.1975

    Weil es ungerecht, aber wahr ist, daß die Frauen auch im Düsseldorfer Landtag unterrepräsentiert sind, kommt man im Gespräch mit der neuen F.D.P.-Abgeordneten Mechthild von Alemann sehr schnell auf das theoretisch schon bis zur Langeweile erörterte, in der Praxis aber noch immer nicht bewältigte Dauerthema von der Frau in Gesellschaft und Politik. Und da tut sich die zierliche Bibliothekarin respektheischend schwer. Lieber verwickelt sie sich im unbedingten Bemühen um Differenzierung mal in scheinbare Widersprüche, als daß sie griffige, abgegriffene Schablonen frustierter Organisations-Suffragetten widerkäut.
    Für die 38jährige Mechthild von Alemann, Mitglied im Präsidium des Landtags, ist es "unbestreitbar, daß viele Frauen noch benachteiligt sind". Aber: "Ich bin kein Vertreter von womens Hb im Landtag." Denn vom "organisierten Gegensatz, etwa durch eine Frauengewerkschaft oder eine Frauenbeauftragte", werde das Emanzipationsdefizit ebensowenig behoben wie durch eine "gezwungene oder geheuchelte Sonderstellung der Frau". Im Gegenteil, meint die "nicht militante, aber sehr entschiedene" Abgeordnete, ein "organisierter weiblicher Gegenpol" verzögere die angestrebte Entwicklung nur. "Das Ganze muß zwar entschieden, aber geduldig" in einem "langwierigen Prozeß" angegangen werden, "der von den Männern mindestens soviel Nachdenken erfordert wie von den Frauen."
    Folgerichtig ist es also, wenn sie sich ehrlich darüber freut, daß sie nicht über irgendein "Frauenkontingent" der Partei den Sprung von der Kommunalpolitik — seit 1967 war sie in Düsseldorf Bürgervertreterin - in den Landtag schaffte, sondern "als normales Mitglied der F.D.P.". Genauso folgerichtig kündigt Mechthild von Alemann an, sie wolle "keine frauenspezifische Politik" treiben, denn die gebe es gar nicht. "Da sind nur ganz wenige Fragen, die Frauen mehr angehen als Männer." Als Abgeordnete sei sie "für den Bürger und nicht für Frauen oder Männer" da.
    Alles andere als ein Alibi-Beitrag zum Jahr der Frau, hat sie sich von ihrer Fraktion gerne in den Verkehrsausschuß des Parlaments delegieren lassen, "weil mich immer der Gegensatz zwischen der Planung und den Wünschen der Bevölkerung irritierte". Der Bürger werde "in Verkehrsfragen oft regelrecht verplant". Bei dessen täglichen Schwierigkeiten sei die Verkehrspolitik "einer der allergischsten Punkte". Frau von Alemanns "besonderes Interesse" ist es, den öffentlichen Personennahverkehr "bedürfnisgerechter" zu machen.
    Im Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales will sie benachteiligten Gruppen helfen, aus der Isolierung herauszufinden. "Dazu gehört nicht nur, verwaltungsmäßig Geld unter die Leute zu bringen, sondern man muß Maßnahmen gegen die Abseitsstellung vieler solcher Gruppen ergreifen." Zum Beispiel dürfe sich nicht "dieser Irrsinn" wiederholen, "Altersheime weit außerhalb der Ortschaften zu bauen".
    Ihren Beruf, Bibliothekarin bei einer großen Unternehmensberatung, will Mechthild von Alemann unbedingt behalten. "Ich will weiter arbeiten, damit ich weiterhin auch eine Betroffene bin." Sie betrachtet sich also nicht als "Berufspolitikerin" — ein Prinzip, "das von der doppelten Arbeitsbelastung her kaum durchzuhalten ist. Wie ich das schaffen werde, weiß ich nicht".
    Christoph Lütgert

    ID: LI751702

  • Porträt der Woche: Dr. Horst-Ludwig Riemer (F.D.P.)
    Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 13 - 04.05.1973

    Seine ersten Erfahrungen mit der freien Marktwirtschaft sammelte der jetzige Landeswirtschaftsminister schon im schulpflichtigen Alter: Zu Zeiten der "Murkswirtschaft" nach dem zweiten verlorenen Krieg brachte er auf dem Berliner Schwarzmarkt selbstgefertigte Zigarren erfolgreich an den Mann.
    So verwundert denn auch nicht, daß der aus Ostpreußen gebürtige und dann in Düsseldorf ansässig gewordene Horst-Ludwig Riemer als Student — nach anfänglichen Gehversuchen im Studienfach Chemie — sich den Rechtswissenschaften und der Ökonomie verschrieb. Darin brachte er es mit Fleiß und Ehrgeiz bis zum Dr. jur, (1960); und fast hätte er sich auch noch den Dr. rer. pol. vor seinen Namen setzen dürfen, würde er es nicht vorgezogen haben, das "MdL" dahinter führen zu können: der zweite Doktortitel und der Junganwalt blieben auf der Strecke, nachdem der F.D.P.-Mann am 25. Juli 1966 in den Düsseldorfer Landtag eingezogen war und sich fortan als Berufspolitiker zu etablieren begann.
    In den Umgang mit der Parteimacht konnte sich der im April 1972 mit 39 Jahren zum Vorsitzenden des mitgliederstärksten F.D.P.-Landesverbandes gewählte Politiker während der voraufgegangenen Jahre auf vielerlei Parteiamtsstühlen einüben. So war er als Landeschef der Jungdemokraten von 1963 bis 1967 Part und Widerpart von F.D.P.-Boß Willi Weyer; so diente er dann von 1968 bis 1972 als stellvertretender Parteivorsitzender und schließlicher "Kronprinz" im Schatten von "Big Willi". Angestoßen worden zum parteipolitischen Engagement war der Oberprimaner Riemer durch etwas, was ihn unmittelbar zu betreffen drohte: durch die Wiederbewaffnungsdebatte. Bei den Jungdemokraten war er schließlich hängengeblieben, weil er hier die besten Debatten erlebte.
    Erste Einblicke in die Techniken der Handhabung von Regierungsmacht konnte der jetzige Minister für Wirtschaft, Mittelstand und Verkehr (seit 1970) als Regierungsrat im selben Hause gewinnen, dem er jetzt vorsteht: bei dem Minister und Parteifreund Kienbaum war er persönlicher Referent für Bundesrats- und Bundestagsangelegenheiten. Der Mann, der erstmals durch das nach ihm benannte und mit nur einer Stimme Mehrheit vom F.D.P.- Bundesparteitag verabschiedete Mitbestimmungsmodell "6 :4 : 2" bundesweit bekanntgeworden war, brachte sich als Minister binnen kurzem so oft kontrovers in die Spalten der Presse, daß ihm bald der Ruf eines "Trouble-Makers vom Dienst" anhing. Äußerlich rasch in die Kleidergröße seines Parteiamtsvorgängers Weyer hineingewachsen, da ihm, wie er bedauert, die Zeit zu Trimm-Aktionen ebenso zu fehlen begann wie für seine Frau und die drei Kinder, hat sich der Minister und F.D.P.-Landesfürst dabei besonders oft mit den Gewerkschaften angelegt. Die öffentliche Kritik, die er für derlei liberale Abgrenzungsattacken oft erfuhr, nahmen er und sein Referententeam aber meist gelassen, weil mit einkalkuliert, hin.
    Mehr noch möchte sich der Freidemokrat Riemer allerdings auf anderen Gebieten profilieren: auf dem der liberalen Theorie beispielsweise. Doch für seine geplante Grundsatzschrift möchte er noch "viel, viel nachdenken". Daher will er zunächst die Weiterbildungsqualitäten, die sein Ministeramt auch hat, nutzen, um seine energiepolitischen Vorstellungen (These: der Staat muß regulierend eingreifen) zu Buche zu bringen — ein Themenkreis, aus dem er einst den Dr. rer. pol. zu holen gedachte. Da der Minister dieses Buch selbst schreiben (und nicht, wie oft üblich, schreiben lassen) will, wird sich wohl bald ein Dr. rer. pol. ehrenhalber finden.
    Hartwig Suhrbier

    ID: LI731302

  • Porträt der Woche: Willi Weyer (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 6 - 16.02.1973

    Er hat sich zu keiner Stunde seines langen politischen Lebens von einem Menschen oder einer Organisation in seine Angelegenheiten hineinreden lassen. Und er hat immer in der Pflicht gegenüber dem Staat gestanden. Die Rede ist von Willi Weyer, für den Wertordnung und Wi'llenseinsatz höchste Prinzipien sind und der schon heute eine Art Mythos für seine Partei, die F.D.P., geworden ist. Weyer wird am heutigen Tag 56 Jahre alt.
    Seine Umgebung tragt zu dem vergangenheitsorientierten Bild bei. Wenn sie von "Big Willi" spricht, bringt sie auch den Wasserballspieler, den Jung-Türken und Döring- Intimus mit ins Gespräch. Sie klebt ihm damit eine Plakette an, die heutzutage nichts mehr gilt. Und die vor allem einem Manne nicht gerecht wird, der seit genau 25 Jahren total in der Politik steht.
    Dem Vorsitzenden der Jungdemokraten (1948), Ratsherrn und Bürgermeister gelang schon früh der Sprung nach ganz oben: 21 Jahre hat er als "Stellvertretender" und dann als Vorsitzender der F.D.P.-Landespartei, deren Stil geprägt. Über 17 Jahre ist er Landesminister. Der große Taktiker ist ein "singulares Ereignis" in Nordrhein-Westfalen. Konsequent und mit Erfolg hat er seine Partei über Höhen und durch Tiefen geführt. Stets waren er und sie dabei: in der CDU-Regierung Arnold, im SPD-Kabinett Steinhoff, dann wieder in der CDU-Regierung Meyers und schließlich in der neuen Koalition mit der SPD. Immer hat Weyer die Weichen gestellt, immer ein sehr unverhülltes Verhältnis zur Macht besessen.
    Sein politisches Testament verkündete er auf dem F.D.P.-Landesparteitag 1968 in Dortmund. Es gipfelte in dem Bekenntnis zu den "Tugenden der preußischen Staatsauffassung von Pflichterfüllung und Sparsamkeit" und in der Aufforderung an die F.D.P., "die nationale Freiheit und die soziale Ordnung zu verteidigen" und "dieses Nationalgefühl nicht zu leugnen".
    Aus seinem Parteiamt ist diese Symbolfigur der national-liberalen Ära in dem Augenblick ausgestiegen, in dem ihm persönlich Nahe- 'stehende die F.D.P. verließen und eine Jugend in sie hineindrängte, die für "Heroen"-Naturen seines Formats kein Verständnis hat. Weyer empfindet sich als Mahner des Rechts, der Ordnung und der Disziplin. Sein Staatsamt, in dem er die Verantwortung für die innere Sicherheit des Landes trägt, ist ihm auf den Leib geschrieben.
    Weyer ist ein komplexer Typ: großzügig und herrisch, eigenwillig und liebenswürdig, sarkastisch und empfindlich — voller Licht und Schatten. Ohne Furcht packt er zu, wo immer er die Konturen staatsfeindlicher Gesinnung oder auch nur den Verdacht der Illoyalität gegenüber dem Staat, seiner Partei oder auch seiner Person vermutet.
    Er gehört zu den Menschen, die einen Festsaal beleben. Aber da ist auch die andere Seite: ein Politiker, der zielgerecht plant und zugleich mit oft hemdsärmeliger Forschheit die Aufgaben erfüllen will, die er sich gestellt hat. Er ist immer aktiv, kann nie Zuschauer sein. Unter der Devise "Ganz oder gar nicht" wagt er so viel, daß die Kräfte des öfteren erlahmten. Im Zwiespalt zwischen Gewolltem und Erreichtem geht er — mitunter tief getroffen — seinen Weg: ein Einzelkämpfer mit einem unbelasteten Gewissen, der seine Kraft ganz und gar aus sich selbst schöpft.
    Dr. Gerhard Malbeck

    ID: LI730602

  • Porträt der Woche: Herbert Neu (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 3 - 26.01.1973

    Urlaub machen heißt für Herbert Neu "zigeunern". Dann spannt er den Campingwagen hinters Auto, fährt dahin, wo's ihm gefällt und bleibt so lange, wie's ihm gefällt. Zuweilen malt er auch. Aquarelle. Denn zur Kunst hat er jene selbstverständliche Beziehung, wie sie der gewinnt, der als Kind statt klassenweiser Museumsbesuche arbeitende Künstler erlebt. Im Falle Neu war es Otto Pankok. Pankok, dem der Sechsjährige einen Tuschtopf umwarf, Pankok, der ein Jesusbildnis im elterlichen Dürerband um eine gemalte Zigarre bereicherte — wohl, weil's ihm nicht gefiel.
    Aus dem Elternhaus im niederrheinischen Krudenberg, sein Vater war hier Lehrer, hat der heutige Einundfünfzigjährige eine Menge mitbekommen. Neben der Liebe zur Kunst, die sich später auf Nolde und Barlach ausweitete, die Freude an der Kammermusik, auch wenn er heute nicht mehr Violine spielt. "Die Jahre als Bauer haben die Hände dafür verdorben." Zum Ausgleich schreibt er in deftigem Bauernplatt Gedichte — eines fernen Tages, wenn die Zeit wieder dazu reicht. Schon zu Hause wurde Herbert Neu zum Liberalen: "Politisch bin ich stark von meiner Mutter beeinflußt worden. Sie vertrat einen sozialen Liberalismus mit großer Toleranzgrenze."
    Liberal mit Parteibuch wurde er erst 1948. Dazwischen lagen der Krieg, in den er als Pennäler zog, und ein paar Jahre harter Arbeit in der Landwirtschaft. Denn nach der Heimkehr hatte er aus der Familie einen Hof übernommen. 135 Morgen, zu wenig, um heute konkurrenzfähig zu sein.
    Herbert Neu zog die Konsequenzen. 1956 trat er in die Bundeswehr ein. Er tat es, wie mancher zu dieser frühen Zeit, nicht weil, sondern obwohl er die Wehrmacht der Hitlerzeit erlebt hatte: "Ich hoffte damals, an der Realisierung der Baudissinschen Konzeption mitwirken zu können." Die Hoffnung wich der Erfahrung und damit der Erkenntnis, wieviel zwischen dem Gedanken und der Praxis des Bürgers in Uniform steht. An aktive Parteiarbeit war damals kaum zu denken. Als Offizier lebte Neu, Vater von drei inzwischen erwachsenen Kindern, abwechselnd in Nordrhein-Westfalen, Bayern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen.
    1961 erst stieg er in die Parteiarbeit ein, zunächst im Kreisvorstand der F.D.P. Münster. Seit 1970 ist er Mitglied des Landtags. Das heißt für ihn: intensive Arbeit, kaum Familie, knappe Wochenenden. In einer kleinen Fraktion muß jeder hart ran. Das gilt erst recht, wenn man in Neuordnungszeiten für die Verwaltungsreform zuständig ist.
    Der für die politische Arbeit beurlaubte Hauptmann fühlt sich nicht unwohl in dieser unbequemen Rolle. Er hegt keine Ambitionen für irgendwelche Ämter. Er hat's, nicht nur in der Politik, lieber eine Nummer kleiner — aber unabhängig. Kein bequemer, schon gar kein karriereträchtiger Standpunkt. Doch eine Basis, von der aus sich kritisch und frei — zuweilen zur Überraschung der eigenen Parteifreunde — agieren läßt: "Koordinieren und Kompromisse schließen ist nicht meine Sache, ich habe den Vorsitz darum immer gescheut. Lieber kläffe ich selbst los. Opposition läge mir vermutlich eher." Ob er diese Rolle im Falle eines Falles ab 1975 erproben möchte? "Es ist die Frage, ob ich noch mal kandidieren kann, das läßt sich heute nicht beantworten. Vielleicht ist es besser, ein Mann gibt fünf Jahre seine volle Substanz und macht dann den Platz frei für einen neuen, unverbrauchten."
    Die Überlegung ist typisch für den Liberalen Neu, der sich zu den Progressiven zählt "solange Progression nicht Systemüberwindung bedeutet!" und der skeptisch genug ist, "Freiheiten, die wir errungen haben, immer wieder zu überprüfen, ob sie nicht zu Privilegien geworden sind, die dann revidiert werden müssen".
    Als die Väter des Grundgesetzes den Passus von der Gewissensfreiheit der Volksvertreter schufen, müssen sie einen Mann wie Neu im Sinn gehabt haben. Ute Laura Lähnemann

    ID: LI730302

  • Porträt der Woche: Wollgang Heinz (FDP).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 9 - 16.03.1972

    Wollte man unter den Abgeordneten des derzeit amtierenden Landtages das Prädikat "parlamentarischer Senkrechtstarter" vergeben, so wäre der Abgeordnete Wolfgang Heinz (34) gewiß einer der Anwärter. Seine erste Bewerbung um das Landtagsmandat deckte seine Partei mit dem ebenso prominenten wie sicheren Platz 4 auf der Landesliste ab. In der Fraktion war ihm von Anfang an die verwaiste Funktion des bildungspolitischen Sprechers zugedacht. Waren diese Startvorgaben auch vor allem bestimmt durch die Struktur seiner Partei, in der solche Karrieren ebenso nötig wie möglich sind, so wären sie ohne eine entsprechende Persönlichkeitssubstanz nicht zu nutzen gewesen. Denn in der Mini-Fraktion der FDP, die bei Abrechnung zweier zu Ministern avancierter Abgeordneter auf nur sieben voll einsetzbare Parlamentarier kommt, bedeuten derlei Ehren praktisch Doppel- und Dreifacharbeit.
    Daß das MdL Heinz arbeitet, davon zeugt ein auch abends regelmäßig ausgebuchter Terminkalender. "Familienleben findet nur beim Frühstück statt", so kommentiert er seine Situation, die es ihm zur Gewohnheit werden ließ, nach Veranstaltungen nachts auch noch aus den entferntesten Teilen des Landes zu Frau und Kindern nach Hennef zurückzufahren.
    Daß Heinz auch über Sachverstand, politisches Denkvermögen und rhetorische Fähigkeiten verfügt, hat er im Plenum bewiesen, wo er — so radikal argumentierend wie es die Sache und so schlagfertig parierend wie es die Zwischenrufer erfordern — sich rasch Respekt verschaffte.
    Erfahrungsgrundlagen für seine jetzigen Tätigkeiten legte Heinz während seines Studiums in Mainz. Damals teilte er seine Zeit nicht nur zwischen Fachstudien (Geschichte, Politik, Pädagogik) und Weinstudien im "Haus des deutschen Weins", sondern er arbeitete auch sieben Semester in der studentischen Selbstverwaltung. Wahrend seiner Zeit als Mainzer AStA-Chef und als rheinland-pfälzischer VDS- Vorsitzender wurde Politik für ihn zwangsläufig identisch mit Bildungspolitik. Durch seine Mitarbeit an der Bildungswerbungs-Kampagne und als hauptamtlicher Leiter der Abteilung Innenpolitik des VDS kann ihm das ursprünglich anvisierte Berufsziel Studienrat trotz guter Beurteilungen aus dem Blick: das reformbedürftige Bildungssystem, so war ihm klargeworden, läßt sich nicht "von innen her" verbessern ohne Hilfe "von außen". Heinz ging "nach außen", zu den Liberalen. Der gewesene LSD-Vorsitzende und Ex-Landesvorsitzende der Jungdemokraten leitete von 1966-68 das bildungspolitische Referat beim FDP-Bundesvorstand und ist seither tätig als Referent selbstverständlich für Bildungspolitik im parteieigenen "Institut für Planung und Kybernetik".
    Die Arbeit in der FDP-Bundeszentrale brachte zwangsläufig den Umzug vom Rheingau in den damaligen Siegkreis mit sich (1965). Heinz wurde nicht nur binnen drei Jahren FDP-Kreisvorsitzender und Fraktionsvorsteher im Kreistag des Rhein-Sieg-Kreises, sondern er lernte auch die hier wachsenden Weine schätzen.
    Die politisch-berufliche Entwicklung von Wolfgang Heinz erscheint als Praktizierung der Erkenntnis, daß Bildungspolitik isoliert nicht möglich ist, sondern auf allen Ebenen gleichzeitig betrieben werden muß. Während er im Landtag für eine demokratische Hochschulreform, für mehr Schulversuche, für ein neues Lehrerausbildungsgesetz arbeitet, sucht Heinz im Kreistag einen Schulversuch in seinen Kreis zu ziehen. Und zusammen mit seiner Frau versucht er zu Hause, seine vier Kinder unautoritär zu erziehen, wobei er allmählich auch Anklang bei den Lehrern findet, wie er sagt. Hartwig Suhrbier

    ID: LI720902

  • Porträt: Eberhard Wilde (F.D.P.)
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 2 - 21.01.1971

    Eberhard Wilde, jetzt einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden der FDP im Düsseldorfer Landtag, hat eigentlich nie daran gedacht, daß die Politik einmal für ihn Lebensinhalt oder Beruf sein könnte. Der 46jährige Wilde, der aus Barth in Pommern stammt und in Greifswald zur Schule ging, wollte aber auch nicht Versicherungskaufmann werden. Dies war gewissermaßen eine Nachkriegsentscheidung unter dem Druck der Verhältnisse und unter fachkundiger Anleitung des Vaters. Wildes Liebe gehörte von Anfang an dem Journalismus, und wenn der Krieg nicht dazwischen gekommen wäre, hätte Wilde wohl nach seinem Abitur über das Studium der Sprachen zu seinem Ziel gefunden. Noch heute kompensiert er dieses Handicap seiner Altersgruppe durch die Herausgabe eines kommunalpolitischen Informationsblattes in seiner zweiten Heimat Bochum. Daneben pflegt er zu möglichst vielen Journalisten gute Beziehungen.
    Wenn man Eberhard Wilde heute hört, könnte man meinen, er habe immer in Bochum gelebt. Aber das ist nicht der Fall, denn er kam erst ins Ruhrgebiet, nachdem seine Eltern 1945 Greifswald verlassen mußten. Bevor Wilde zu dem kaufmännischen Beruf kam, in dem er heute selbständig ist, hat er das Revier auch "von unten" kennengelernt, denn wie viele, die er heute im Landtag zu vertreten hat, war er im Ruhrbergbau unter Tage beschäftigt. Wilde lebt gern in seiner neuen Heimat und hat es nie bedauert, gerade dorthin verschlagen worden zu sein. Dort hat er auch seine jetzige Frau kennengelernt. Es kümmert ihn nicht, daß er in relativ jungen Jahren bereits Großvater wurde, im Gegenteil, sein sechsjähriger Enkel, für den er den Namen "Quäppchen" erfand, ist sein ganzer Stolz.
    Der neue Landtagsabgeordnete hat eine deutliche Reserve gegen, wie er es nennt, "Profitum" in der Politik. Er hat sich in der Vergangenheit nicht intensiv um ein Landtagsmandat beworben, weil er der Überzeugung war, daß man erst durch den Beruf eine Art Befähigungsnachweis für die Politik erbringen müsse und sich außerdem eine unabhängige finanzielle Basis schaffen sollte. Nicht zuletzt deshalb hat er sich zunächst das nicht ganz so zeitraubende Betätigungsfeld der Kommunalpolitik gesucht. Wilde war lange Jahre begeisterter Kommunalpolitiker und er hat nur schweren Herzens 1970 sein Stadtverordnetenmandat in Bochum niedergelegt. Er tat dies, weil er davon überzeugt ist, daß im Interesse des Wählers Doppelmandate allgemein nicht üblich sein sollten.
    In seiner Grundhaltung zur Politik geht Wilde davon aus, daß man alles auf einmal nicht haben kann. Wenn man aber Prioritäten setzt, dann würde Wilde folgende Kriterien anlegen: notwendig, nützlich, angenehm. Der Kompromiß gehört für Wilde zum Wesen jeder demokratischen Politik und seine Fähigkeit zum Ausgleich wird auch von politischen Gegnern anerkannt. Dazu gehört auch, daß Wilde sich bemüht, in Diskussionen sachlich bis zum Schluß zu bleiben und notwendige Entscheidungen mit anderen zusammen zu fällen.
    Eberhard Wilde gibt offen zu, daß er für seine Landtagstätigkeit noch einige Erfahrungen braucht. Er stöhnt zwar über das viele Papier, das jetzt auf seinen Schreibtisch kommt, aber er kann es dann doch nicht lassen, alles durchzusehen, um möglichst umfassend informiert zu sein. Das Thema Freizeit ist für ihn im Augenblick nicht real. Besonders bedauert er es, daß ihm nun die Zeit für seine ausgedehnten Spaziergänge fehlt.
    Wenn sich Eberhard Wilde etwas für die Zukunft wünschen könnte, dann wäre es wohl, daß das Ergebnis seiner Arbeit als Landtagsabgeordneter und als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP vor seinen Bochumer Freunden und vor den Wählern seiner Partei Bestand haben wird.
    Uwe Hoch

    Bildunterschrift:
    Eberhardt Wilde, einer der stellvetretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion

    ID: LI710202

  • Porträt: Werner Helbig, einer der stellvertretenden Vorsitzenden der FDP-Fraktion.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 9 - 10.12.1970

    So neu die Aufgaben für Werner Helbig als Abgeordneter des Landtags und als stellvertretender Fraktionsvorsitzender der FDP-Fraktion auch sein mögen, er selbst ist überzeugt davon, daß sie sich meistern lassen. Dieses Vertrauen kommt nicht zuletzt daher, daß Werner Helbig sich der Politik seit Jahren voll und ganz verschrieben hat. Sie ist für ihn sogar Beruf und Freizeitbeschäftigung in einem.
    Für den an der tschechoslowakischen Grenze auf gewachsenen Sohn eines Bäckermeisters begann die politische Tätigkeit im Rat seiner Heimatgemeinde, nachdem die Diskussionen im Elternhaus ihn politisiert hatten. Nach dem Kriege war Helbig bereits 1946 Mitglied der Liberaldemokratischen Partei Deutschlands und arbeitete in dieser Partei als Jugendreferent. Die schwierigen Verhältnisse in den ersten Jahren bat Helbig nicht vergessen, zumal er wegen seiner politischen Tätigkeit mehrere Male von den Russen verhaftet wurde.
    Der heute 48jährige hat in Solingen eine zweite Heimat gefunden. Dort hat er in einem für ihn völlig neuen Beruf in einer Gesenkschmiede 1948 neu begonnen. Helbig ist heute dankbar für das große Verständnis, das seine Firma der politischen Arbelt stets entgegenbrachte. Er ist stolz darauf, daß es ihm im Laufe der Jahre gelungen ist, das anfängliche Mißtrauen der Belegschaft in Vertrauen umzuwandeln, was dadurch zum Ausdruck kommt, daß er seit zwölf Jahren Betriebsratsmitglied ist.
    Seit 1952 ist Werner Helbig im Rat der Stadt Solingen — seit 1969 ist er Bürgermeister. Trotz der großen Arbeitsbelastungen hat er nicht die Absicht, diese Ämter niederzulegen, wie er es beispielsweise mit seinem Mandat in der Landschaftsversammlung Rheinland getan hat. Bei seiner kommunalen Tätigkeit hatte Helbig stets bestimmte Schwerpunkte bevorzugt, mit denen er sich auch als Landtagsabgeordneter speziell befassen will: Sozialarbeit, Probleme des sozialen Wohnungsbaues, Bau- und Stadtplanung sowie Haushalts- und Finanzpolitik. Außerdem will Helbig im Landtag seinen Beitrag dazu leisten, daß die Arbeit möglichst rationell gestaltet wird. Er ist fast täglich im Haus am Kaiserteich oder in einem der Gremien, die ihm durch seine Abgeordnetentätigkeit neue Aufgaben brachten.
    Große Erleichterung hat Helbig in seiner Arbeit dadurch, daß ihm die ideale und perfekte Sekretärin zur Seite steht: seine Frau. Sie macht für ihn alle Termine und unterstützt ihn auch im sachlichen Bereich. Dagegen hat der 20jährige Sohn die Politik noch nicht in dem Maße entdeckt.
    Helbig, der sich durch sein Temperament und seine direkte, klare Zielansprache eher Freunde als Feinde geschaffen hat, hofft, daß es ihm gelingen wird, ähnlich wie in seiner Parteiarbeit am Ende der Legislaturperiode auf ein brauchbares Arbeitsergebnis hinweisen zu können.
    Uwe Hoch

    ID: LI700904

  • Porträt: FDP-Fraktiohnsvorsitzender Hans Koch.
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 6 - 12.11.1970

    Hans Koch hat sich nicht nach dem Amt gedrängt, das er jetzt ausfüllen muß. Wenn er nun mit 59 Jahren Vorsitzender der FDP-Fraktion ist, so weiß er um die Schwierigkeiten, die ihn erwarten, er kennt die Arbeitslast, die zu bewältigen ist, und er weiß, daß er Neuling im Landesparlament ist.
    Abschrecken kann ihn das alles nicht. Hans Koch weiß, daß er in die parlamentarische Tätigkeit seine annähernd 40jährige Erfahrung aus der Kommunalverwaltung einbringen kann.
    Nach dem Gymnasium hatte es für ihn mit der Ausbildung zum Kommunalbeamten begonnen, nach der 1. und 2. Verwaltungsprüfung und dem Besuch der Verwaltungsakademie erfolgte der praktische Start bei den Kreisverwaltungen Olpe und Bad Kreuznach. Später wurde er Stadtinspektor in Düsseldorf, Kreisinspektor und Oberinspektor bei der Kreisverwaltung Olpe und von 1951 bis 1956 war er Verwaltungsdirektor und Erster Beigeordneter in Bensberg bei Köln.
    Höhepunkt dieser Laufbahn war für den gebürtigen Duisburger die Berufung zum Stadtdirektor in Langenfeld. Bis 1968 hatte Hans Koch dieses Amt inne, und es ist nicht verwunderlich, daß er auch heute noch mit besonderer Liebe an dieser Stadt hängt, deren Wachsen er durch eine konsequent betriebene Industrieansledlung maßgeblich gefördert und beeinflußt hat. Sein Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ist ihm für eben diese Arbeit verliehen worden.
    Obwohl Neuling in der FDP-Landtagsfraktion, hat Koch praktische Erfahrungen. Als Vorsitzender der FDP-Fraktion der Landschaftsversammlung Rheinland hat er häufig an Fraktionssitzungen seiner Partei im Landtag teilgenommen. Die Arbeit des Landtages ist ihm auch schon deshalb lange vertraut, da er in der Vergangenheit jede Veröffentlichung des Hauses am Schwanenspiegel aufmerksam gelesen hat.
    Hans Koch, der verheiratet ist und zwei Kinder hat, schätzt einen straffen Arbeitsstil. Er delegiert Aufgaben und legt deshalb Wert auf verantwortungsvolle Mitarbeiter. Jetzt kommt allerdings eine Reihe von Kleinarbeit auf ihn zu, denn in einer kleinen Fraktion muß auch der Vorsitzende einen Teil der Routinearbeiten bewältigen. Um so mehr ist Koch gegen nutzloses Gerede, das er für reine Energieverschwendung hält.
    Eine Konsequenz aus seiner Wahl zum FDP-Fraktionsvorsitzenden war für Koch auch die Aufgabe seiner zahlreichen Ämter. Nicht immer ist ihm das leicht gefallen.
    Koch war Vorsitzender des Fachausschusses für Finanzen und Mitglied der Fachausschüsse für Gesundheitswesen und für Kommunalwirtschaft in der Landschaftsversammlung Rheinland, er war Mitglied des Aufsichtsrates der rheinischen Beamtenbaugesellschaft und Verwaltungsratsmitglied der Westdeutschen Landesbank. Sein Mandat im Rat der Stadt Langenfeld hat er schon niedergelegt, seine Tätigkeit als Landesvorsitzender des Verbandes der Hauptgemeindebeamten und Beigeordneten in Nordrhein-Westfalen gibt er nach zehn Jahren im kommenden Frühjahr auf.
    Sogar im privaten Bereich muß Hans Koch jetzt zurückstecken, denn der begeisterte Tennisspieler trennt sich vom Vorsitz seines Vereins.
    Hans Koch ist seit 1964 Mitglied der FDP. Er hat lange nach einer politischen aus einer liberalen Familie stammend, immer Liberaler war, nicht zuletzt durch seine individualistische Lebensauffassung. Heute ist Koch, der nebenher Kreisvorsitzender Rhein-Wupper und stellvertretender Bezirksvorsitzender von Düsseldorf ist, der Überzeugung, daß eine progressive Grundhaltung Platz läßt für konservative Meinungen. Hans Koch will ausgleichend zwischen den Generationen wirken und hofft so die Grundlage für eine effektive parlamentarische Arbeit in dieser Legislaturperiode zu schaffen.
    Uwe Hoch

    ID: LI700605

  • Porträt: 2. Vizepräsident Dr. Fritz Vogt (FDP).
    Porträt
    S. 2 in Ausgabe 3 - 22.10.1970

    Zweimal, 1962 und 1966, stand er bei einer Landtagswahl auf verlorenem Posten. Beim dritten Anlauf im Juni dieses Jahres klappte es dann um so besser. Dr. Fritz Vogt (54), Rechtsanwalt und Notar aus Lüdenscheid, zog über die Landesreserveliste der FDP in den Landtag ein. Als parlamentarischer Neuling hatte er einen sensationell guten Start. Die Mehrheit der FDP-Fraktion nominierte ihn für das Amt des zweiten Landtagsvizepräsidenten, und die Mehrheit des Hauses akzeptierte diesen Vorschlag.
    Getrübt wurde seine Freude über den Erfolg nur durch die wenig erfreulichen Begleitumstände. Denn Dr. Vogts Gegenkandidat bei dieser Wahl war — wenigstens damals noch — ein Parteifreund: Aus Protest gegen ihren Landtagsvorsitzenden Willi Weyer hatten die Nationalliberalen innerhalb der FDP-Fraktion ihren Freund Franz Mader gegen Dr. Vogt gestellt. Dieser Vorgang kündigte bereits die inzwischen vollzogene Trennung der Nationalliberalen von der FDP an. Heute ist Dr. Vogt davon überzeugt, daß sich die FDP gerade wegen dieser Spannungen, die seiner Ansicht nach überwunden sind, von Nordrhein-Westfalen her wieder bundesweit profilieren und erneuern kann. Denn der Bruch mit der NLA habe eine gewisse Verkrampfung innerhalb der FDP gelöst. Ohne die Nationalllberalen sei die FDP-Landtagsfraktion zwar kleiner, aber geschlossener und selbstbewußter geworden.
    Auf seine eigene Aufgabe als Landtagsvizepräsldent freut er sich besonders. Obwohl er selbst mehr als Politiker des Ausgleichs gilt, der gegensätzliche Standpunkte deutlich herausarbeitet, um nach Möglichkeiten der Verständigung zu suchen, liebt er die politische Auseinandersetzung. Deshalb will er immer dann, wenn er als Vertreter von Landtagspräsident Dr. Lenz im Plenum amtiert, als Verhandlungsführer nicht pingelig sein.
    Als Abgeordneter ist Dr. Vogt so beschäftigt wie kaum ein anderer; in einer Reihe von Ausschüssen des Landtages ist er Voll-Mitglied, stellvertretendes oder nicht stimmberechtigtes Mitglied. Großes Interesse bringt er zum Beispiel der Arbeit im Ausschuß für Verwaltungsreform entgegen. Schließlich hat er 1949 in Marburg mit einer Arbeit über "Die Bedeutung der Gebietsabgrenzung für eine Verwaltungsreform" promoviert und während seiner zehnjährigen Laufbahn als Kommunalpolitiker in diesen Fragen "Fronterfahrung" gesammelt. Als stellvertretendes Mitglied gehört Dr. Vogt, in Lüdenscheid auch Schirmherr des Bundes der Steuerzahler, übrigens auch dem Rechnungsprüfungsausschuß des Landtages an.
    Dr. Vogt ist im nordrhein-westfälischen Landtag einer der wenigen Vertreter der freien Berufe. Vielleicht ist er aus diesem Grund ein besonders eifriger Verfechter eines Gesetzes über die Unvereinbarkeit von Amt und Mandat, wie es schon in der letzten Legislaturperiode verabschiedet werden sollte (aber an der fehlenden Zwei-Drittel-Mehrheit scheiterte). Dieses Gesetz wird Beamte, die in den Landtag gewählt werden, verpflichten, sich bei Annahme des Mandats mit einem Teil ihrer Bezüge in den Wartestand versetzen zu lassen, damit sie nicht Gesetze verabschieden, die sie selbst dann auch auszuführen haben.
    Gemeinsam mit seiner Frau, die ebenfalls als Rechtsanwalt und Notar zugelassen ist, unterhält Dr. Vogt in Lüdenscheid eine erfolgreiche Anwaltspraxis. Die Ehepaar-Sozietät gibt ihm die Möglichkeit, sich seinem Steckenpferd, der Politik, zu widmen (wobei aus dem Steckenpferd mittlerweile ein zweiter Beruf geworden ist). Dritte im Bunde ist Tochter Ingrid (16), die sich ebenfalls für Politik interessiert — sie wurde "aus eigenem Entschluß" - betont der Vater - FDP-Mitglied.
    Für Hobbys bleibt Dr. Vogt wenig Zeit. "Ein bißchen Lesen, ein bißchen Rasenmähen, ein bißchen Spazierengehen" — zu mehr langt es nicht, es sei denn das Studium geschichtlich-geographischer Schriften.
    Ernst-Andreas Ziegler

    ID: LI700305

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Die Fraktionen im Landtag NRW