Als liberaler Reformpädagoge musste sich Professor Dr. Paul Luchtenberg in Dresden nun mit Angriffen nationalsozialistischer Studenten auseinandersetzen, die Anhänger bzw. Unterstützer der Weimarer Republik und ihrer Demokratie nicht nur kritisierten, sondern auch bedrohten und einzuschüchtern versuchten. Gerade unter Studenten hatten die Nationalsozialisten einigen Anhang. Die Nationalsozialisten versuchten, Demokraten einzuschüchtern und ihre Arbeit unmöglich zu machen.6
Vor diesem Hintergrund war nicht verwunderlich, dass Professor Dr. Paul Luchtenberg nach der Übergabe der Macht an die Nationalsozialisten 1933 die Leitung des Instituts für Erziehungswissenschaften an der Technischen Universität Dresden verlor und auch in seiner Lehrtätigkeit eingeschränkt wurde. Nach längeren Auseinandersetzungen wurde er dann 1936 nach dem nationalsozialistischen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ von der Universität entlassen, also zwangsemeritiert, obwohl er sich vor 1933 nicht parteipolitisch betätigt hatte, aber zur Weimarer Republik gestanden hatte. Obwohl ein Großteil seiner Bezüge weitergezahlt wurde, konnte er im wissenschaftlichen Bereich nicht mehr weiter arbeiten.7
Glücklicherweise verfügte die Familie Luchtenberg über einen Bauernhof, den der Wissenschaftler nun bis zur Befreiung vom Nationalsozialismus bewirtschaftete. Über seine 1923 geheiratete Ehefrau Elsen (geb. Richartz-Bertrams, 1895-1968) war er zudem mit einer bergischen Unternehmerfamilie verbunden.
Paul Luchtenberg setzte nach der Befreiung vom Nationalsozialismus seine wissenschaftliche Karriere nur noch begrenzt fort. An der Universität Bonn wurde er 1953 zum Honorarprofessor ernannt. Stattdessen entfaltete Paul Luchtenberg zahlreiche politische Aktivitäten.
Paul Luchtenberg, der sich in der Weimarer Republik als Anhänger dieses demokratischen Gemeinwesens gezeigt hatte, aber politisch in einem Sinne von parteipolitischem Engagement nicht aktiv gewesen war, wurde offensichtlich aus der Erfahrung des Scheiterns der Weimarer Republik und deren Zerstörung durch Antidemokraten und Nationalsozialisten Mitbegründer der „Deutschen Aufbaupartei“. Diese Partei war eine der Keimzellen der Freien Demokratischen Partei (FDP), und die Deutsche Aufbaupartei ging schließlich auch in der FDP auf. Mit der Deutschen Aufbaupartei war Paul Luchtenberg aktiv mit wesentlichen Akteuren der entstehenden FDP im Westen bzw. im entstehenden Land Nordrhein-Westfalen wie mit deren langjährigen Landesvorsitzenden Friedrich Middelhauve. Dieser war in Opladen ein Initiator dieser Parteigründung und hatte auch den Pädagogik-Professor Paul Luchtenberg für das Projekt gewonnen. Der Kreis der Gründer der Aufbaupartei trat bereits im April 1945 mit dem Programm einer überkonfessionellen bürgerlichen Sammlungspartei auf.8 Vor allem wegen deren Forderung nach der Christlichen Gemeinschaftsschule, ihrer eigenen einheitsstaatlichen Vorstellungen sowie ihrer Konzeption einer privatwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung folgten die bürgerlich-liberalen Parteigründer überwiegend nicht der Sammlung bürgerlicher und christlich orientierter Kräfte der entstehenden Union der Christdemokraten, die auch einen starken gewerkschaftlich und sozialpolitisch orientierten Flügel hatten. Während bei den älteren Liberalen insgesamt die vorherigen Unterschiede und Auseinandersetzungen zwischen Linksliberalen und Nationalliberalen fortwirkten, setzte Friedrich Middelhauve, der in der nordrhein-westfälischen FDP die Führung übernahm, auch aus der Erfahrung der Weimarer Republik und angesichts eines nach der Befreiung vom Nationalsozialismus weder von der Union noch von den Arbeiterparteien ausreichend angesprochenen Potentials eines ehemaligen politischen Lagers nationalistischer Kräfte auf eine „Nationale Sammlung“ liberaler, deutschnationaler und auch ehemaliger Nationalsozialisten und Wehrmachtssoldaten, um die Partei rechts von Union und Sozialdemokraten zum dritten starken politischen Lager zu formen.9
Neben seinem kommunalpolitischen Engagement im Rat seiner Heimatstadt und als Kreistagsabgeordneter im Rhein-Wupper-Kreis in den Jahren 1946-1952 rückte Luchtenberg über Listenplatz 12 der FDP-Landesliste am 5. Juli 1950 in den zweiten gewählten nordrhein-westfälischen Landtag ein. Dort blieb er allerdings nur kurz und verließ den Landtag bereits am 1. Dezember 1950, nachdem er am 30. Oktober 1950 an der Stelle des FDP-Landesvorsitzenden Friedrich Middelhauve auch in den Bundestag nachgerückt war. In Nordrhein-Westfalen war es nicht üblich, zwei Parlamentsmandate gleichzeitig wahrzunehmen und Paul Luchtenberg konzentrierte sich nun also auf den Bundestag. Dort widmete er sich kulturpolitischen Themen. Zu dem Entschluss, den Landtag zu verlassen, dürfte auch der gescheiterte Eintritt der FDP in die Landesregierung in einer Koalition von CDU und FDP und möglicherweise auch Zentrumspartei beigetragen haben. Paul Luchtenberg hatte zu der FDP-Verhandlungsdelegation gehört. Die Koalitionsverhandlungen waren an erheblichen programmatischen Differenzen gescheitert, die einerseits mit innerparteilichen Auseinandersetzungen in der CDU zu tun hatten, wo der eher sozialpolitisch orientierte Flügel um Ministerpräsident Karl Arnold und der marktorientierte Flügel um Konrad Adenauer, der sich um die Gewinnung bürgerlicher, protestantischer und nationaler in die CDU bemühte, sich nicht einig waren. Andererseits lehnte vor allem Karl Arnold die liberalen Wirtschaftsvorstellungen und die Nähe zu nationalistischen Kräften der FDP ab. Die FDP und hier wohl insbesondere auch Paul Luchtenberg wiederum lehnte die kultur- und bildungspolitischen Vorstellungen der CDU (und der Zentrumspartei) ab, die weiterhin auf diesen Politikfeldern stark konfessionell orientiert waren- Schließlich kam die kleinstmögliche Koalition von CDU und Zentrum zustande, die FDP blieb in der Opposition.10
Im Bundestag war Paul Luchtenberg kulturpolitischer Sprecher der FDP und er gehörte auch dem FDP Bundesvorstand von 1951-1958 an. Bei der zweiten Bundestagswahl am 6. September 1953 zog die Liste der FDP zunächst nicht bis zum Listenplatz von Paul Luchtenberg. Er rückte dann aber ungefähr ein Jahr später, am 18. September 1954, als Nachrücker wieder in den Bundestag ein, dieses Mal für Willy Weyer, der nach der nordrhein-westfälischen Landtagswahl vom 27. Juni 1954 Innenminister in einer nunmehr aus CDU, FDP und Zentrumspartei gebildeten Landesregierung geworden war und nach der Landesverfassung ein Bundestagsmandat nicht ausüben durfte.