Konrad Skrentny (1894-1955)

Konrad Skrentny bekam als kommunistischer Gewerkschafter die nationalsozialistische Willkürherrschaft am eigenen Leib zu spüren. Immer wieder wurde er verhaftet und für unbestimmte Zeit festgehalten. Von seinen Erlebnissen in KZ und Gefängnis hat er nie erzählt. Fest steht jedoch, dass seine Gesundheit unter den Bedingungen der Haft schwer gelitten hatte.1

Konrad Skrentny wurde am 23. April 1894 in Usch bei Schneidemühl geboren (heute Ujście bei Piła in Polen). Er hatte vier Geschwister. Die im katholischen Milieu beheimatete Familie zog 1905 von Westpreußen ins rheinische Gerresheim (heute Düsseldorf-Gerresheim), wo sein Vater, ein gelernter Zimmermann, bei der Gerresheimer Glashütte eine Anstellung als Glaseinleger fand. Nach der Volksschule begann Sohn Konrad 1908 im selben Werk eine Lehre zum Flaschenmacher. Fünf Jahre später wurde er Mitglied im Deutschen Metallarbeiter-Verband (DMV) und in der SPD. Neben Arbeit und politischem Engagement nutze Skrentny seine Zeit für sportliche Aktivitäten – als Jugendlicher war er sogar an der Gründung eines Fußballvereines beteiligt. Zudem war er Mitglied im Arbeitersportverein, der „Freien Turnerschaft“ Gerresheim, wo er auch Helene Kark kennenlernte, die Tochter eines Glasmachers. Die beiden heirateten im Sommer 1918 und bekamen zusammen einen Sohn. Während des Ersten Weltkrieges war Skrentny im Rang eines Unteroffiziers Ausbilder für die Reichswehr. Gegen Ende des Krieges geriet er in Gefangenschaft und kam erst im Oktober 1919 wieder frei.2

Bereits 1918 war Skrentny von der SPD zur USPD übergetreten. Zwei Jahre später wurde er Mitglied der KPD. Die Gründe für seine politische Radikalisierung liegen wahrscheinlich in den Prägungen, die sein soziales Umfeld auf ihn ausübte, denn Gerresheim entwickelte sich in der Weimarer Republik geradezu zu einer kommunistischen Hochburg. 1920 begann Skrentny bei der Phoenix Rheinrohr AG in Düsseldorf-Lierenfeld als Walzer zu arbeiten. Dort wurde er Betriebsratsmitglied und später Betriebsratsvorsitzender. 1930 wurde er jedoch mit 200 anderen Beschäftigten fristlos entlassen, weil er am 1. Mai an einer betrieblichen und von der KPD organisierten Maidemonstration teilgenommen. Darüber hinaus wurde er aus dem DMV ausgeschlossen. Dafür erlebte er einen politischen Aufstieg innerhalb der KPD. Seit 1927 war er bereits ehrenamtliches Mitglied der KPD-Bezirksleitung Niederrhein, von Dezember 1929 bis Dezember 1930 war er zudem KPD-Stadtverordneter in Düsseldorf und von 1930 bis 1933 Abgeordneter der KPD im Deutschen Reichstag. Parallel engagierte sich Skrentny in der Revolutionären Gewerkschaftsopposition (RGO). So wurde er 1931 Organisationsleiter im Reichskomitee der RGO in Berlin und ein Jahr später Leiter des RGO-Bezirks Niederrhein.3

Skrentny wurde noch im März 1933 in den Preußischen Landtag gewählt, konnte jedoch aufgrund der Machtübernahme der Nationalsozialisten sein Mandat nicht mehr annehmen. Auch nach dem Verbot der KPD beteiligte er sich am kommunistischen Widerstand und setzte seine Arbeit für die KPD und die RGO in der Illegalität fort. Am 9. Juni 1933 wurde Skrentny verhaftet und vor dem Oberlandesgericht Hamm wegen „Vorbereitung zu Hochverrat“ zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt. Die gesamte Haftzeit verbrachte er im Polizeigefängnis Düsseldorf, in der Strafanstalt Düsseldorf-Derendorf, im KZ Börgermoor im Emsland, im Gerichtsgefängnis Hamm sowie in der Haftanstalt Wuppertal-Elberfeld und dem Strafgefangenlager IV in Brual-Rhede im Emsland. Nach seiner Entlassung war er als Bauhilfsarbeiter in Düsseldorf tätig. Zweimal wurde er aus politischen Gründen entlassen. Am 17. April 1937 wurde er abermals verhaftet und in das KZ Sachsenhausen verfrachtet. Ohne jegliche Anklage wurde er dort bis zum 9. September festgehalten. Wieder in Freiheit fand er u.a. als Schweißer Arbeit. 1937 war er zudem der Deutschen Arbeitsfront (DAF) beigetreten. Infolge des gescheiterten Hitler-Attentats Georg Elsers wurde Skrentny abermals festgenommen und vom November bis Dezember 1939 im Düsseldorfer Polizeipräsidium untergebracht. Nachdem er entlassen worden war, war er erneut als Schweißer tätig, bis er 1943 von der Wehrmacht dienstverpflichtet wurde, zunächst als Gefreiter der Infanterie, dann als Fabrikarbeiter. Der Attentatsversuch auf Adolf Hitler vom 20. Juli 1944 führte noch einmal zu einer zweitägigen Haft. Unmittelbar vor Ende des Zweiten Weltkrieges geriet er schließlich in britische Gefangenschaft und wurde am 5. Mai 1945 endgültig in die Freiheit entlassen.4

Seit 1935 hatte Skrentny versucht, ein unauffälliges Leben zu führen und den nationalsozialistischen Machthabern keinen Anlass für eine erneute Verhaftung zu liefern. Seine Frau Helene Skrentny erinnerte sich an die Zwänge unter der NS-Herrschaft: „Daß wir nicht für Hitler waren, haben in Gerresheim ja alle gewußt. Aber ich mußte ein Bild hinhängen von Hitler, schon wegen unseres Sohnes, der mußte ja in die HJ. Als Konrad dann wieder zurückkam, hat er gesagt: ‚Laß es hängen‘.“5

Nach dem Ende des „Dritten Reichs“ begann Skrentny erneut mit der politischen wie gewerkschaftlichen Arbeit. Zusammen mit dem späteren christdemokratischen Ministerpräsidenten Karl Arnold und dem Sozialdemokraten Georg Glock beantragte er bei den britischen Besatzern die Zulassung einer Gewerkschaftsorganisation für Düsseldorf. Ebenfalls 1945 war er u.a. mit dem späteren DGB-Vorsitzenden Hans Böckler an der Gründung des sogenannten „Siebener-Ausschuss“ beteiligt, in dem sich führende Gewerkschafter der Weimarer Zeit zusammenfanden. Wie Arnold und Böckler, so setzte sich auch Skrentny für die Schaffung einer Einheitsgewerkschaft ein, in der unterschiedliche politische Strömungen zusammenfinden sollten. Skrentny wurde im März 1946 als Gewerkschaftsvertreter Mitglied des Zonenausschusses sowie ein Jahr darauf, nach der Gründung des DGBs in der britischen Besatzungszone, ehrenamtlicher Beisitzer im DGB-Vorstand. Anfang 1947 war er bereits Arbeitsdirektor im entflochtenen Hüttenwerk Hagen-Haspe AG geworden. Im September des gleichen Jahres wurde er dann Arbeitsdirektor des deutlich größeren Hüttenwerks Ruhrort-Meiderich (Hüttenwerk Phoenix AG) in Duisburg. Skrentny war einer der ersten Arbeitsdirektoren und blieb bis zu seinem Tod in dieser Position. Die Arbeitsdirektoren waren nach den Regelungen der Montanmitbestimmung als Vertreter der Gewerkschaft Mitglieder der Unternehmensvorstände. Sie standen aber gleichzeitig unter der Herausforderung sowohl der Belegschaft als auch der Betriebsleitung zu dienen. Skrentny bemühte sich um den sozialen Ausgleich und setzte sich für die Verbesserung der sozialen Lage der Beschäftigten ein. So half er mit, die sozialen Einrichtungen des Hüttenwerks und dessen Alters- und Gesundheitsfürsorge auszubauen sowie die Unfallverhütung zu verbessern. Zudem brachte er sich beim Wohnsiedlungsbau ein. Aufgrund seines Einsatzes konnte eine Siedlung in Homberg-Hochheide (heute Duisburg) realisiert werden.6

Neben seinen gewerkschaftlichen Tätigkeiten hatte Skrentny sich abermals politisch engagiert. Bereits 1945 war er Mitglied der KPD-Bezirksleitung Niederrhein und ein Jahr später Mitglied der Landesleitung des KPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalens geworden. Außerdem wurde er Mitglied des rheinischen Provinzialrats sowie stellvertretender Leiter der Abteilung Arbeit und Leiter des Referats Wirtschaft und Arbeit beim Oberpräsidenten der Nordrhein-Provinz. Obwohl sich Skrentny gegen die Vereinigung von Rheinland und Westfalen ausgesprochen hatte, wurde er Mitglied des ersten Landtags von Nordrhein-Westfalen und dort sogar zweiter Vizepräsident. Darüber hinaus brachte er sich im Arbeits- und Wirtschaftsausschuss ein. 1947 verließ Skrentny jedoch den Landtag und trat ein Jahr darauf aus der KPD aus und in die SPD ein. Der Historiker Dieter Düding nannte als Grund für Skrentnys KPD-Austritt fundamentale „Meinungsverschiedenheiten in der Wirtschafts- und Gewerkschaftspolitik“7. Konrad Skrentny war in der Nachkriegszeit Aufsichtsratsmitglied der Rheinischen Wohnstätten AG in Duisburg und der Westdeutschen Wohnhäuser AG in Düsseldorf. Zudem war er Mitbegründer und Mitgesellschafter des Vereins für soziale Betriebspraxis. Konrad Skrentny starb am 20. April 1955 in Düsseldorf an den Folgen einer langjährigen Tuberkulose.8 Seine Frau urteilte im Nachhinein: „Wenn er auch wegen Schaden an seiner Gesundheit niemals Ansprüche gestellt hat, so steht heute aber doch fest, daß sein früher Tod im wesentlichen Teil auf seine Verfolgung zurückzuführen ist.“9 Konrad Skrentny wurde 61 Jahre alt. An ihn erinnert eine Straße in Duisburg-Meiderich.10

Endnoten
1 Vgl. Skrentny, Werner: „Meine Herren, lassen Sie es nun genug sein!“ Beispiele nationalsozialistischer Willkür, in: Landeshauptstadt Düsseldorf (Hrsg.): Erlebtes und Erlittenes. Gerresheim unter dem Nationalsozialismus. Berichte – Dokumente – Erzählungen, 2. Aufl., Düsseldorf 1995, S. 215-231, hier S. 227.
2 Vgl. ebd., S. 223 sowie Rütters, Peter: Skrentny, Konrad (1894-1955), in: Mielke, Siegfried (Hrsg.): Gewerkschafter in den Konzentrationslagern Oranienburg und Sachsenhausen. Biographisches Handbuch, 4 Bde., Bd. 3, Berlin 2005, S. 158-172, hier S. 158-161.
3 Vgl. Skrentny, Werner: Im Reich des Glaskönigs: Dunkles Zimmer, Roter Platz. Gerresheim, in: Achten, Udo u.a. (Hrsg.): Düsseldorf zu Fuß oder per Rad. 19 Stadtrundgänge durch Geschichte und Gegenwart, Essen 2009, S. 299-323, hier S. 313; Skrentny: „Meine Herren, lassen Sie es nun genug sein!“, S. 223-224; Rütters: Skrentny, Konrad (1894-1955), S. 158, 161-162; Lütsches, Peter: In memoriam. Konrad Skrentny. Arbeitsdirektor der Hüttenwerke Phoenix AG., Duisburg-Ruhrort, in: Das freie Wort, 6 (1955), S. 181-182, hier S. 181 sowie Hindenburg, Barbara von: Biographisches Handbuch der Abgeordneten des Preußischen Landtags. Verfassungsgebende Preußische Landesversammlung und Preußischer Landtag 1919-1933, 4 Teile, Teil 3, Frankfurt am Main u.a. 2017, S.2266-2268, hier S. 2266.
4 Vgl. Rütters: Skrentny, Konrad (1894-1955), S. 158, 163-167; Skrentny: „Meine Herren, lassen Sie es nun genug sein!“, S. 223-224; Lütsches: In memoriam, S. 181 sowie Hindenburg: Biographisches Handbuch der Abgeordneten des Preußischen Landtags, S. 2267.
5 Zitiert nach Skrentny: „Meine Herren, lassen Sie es nun genug sein!“, S. 227.
6 Vgl. ebd., S. 224; Hindenburg: Biographisches Handbuch der Abgeordneten des Preußischen Landtags, S. 2266-2267; Rütters: Skrentny, Konrad (1894-1955), S. 158, 167-170 sowie Lütsches: In memoriam, S. 181.
7 Düding, Dieter: Parlamentarismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1980. Vom Fünfparteien- zum Zweiparteienlandtag, Düsseldorf 2008, S. 338. Vgl. auch Brief Konrad Skrentny an Wilhelm Petersen vom 31.03.1950, in: AdsD. Bestand Hans Böckler (Sig.: 1/HBAH000088) sowie Stenographischer Bericht über die Eröffnungssitzung des Landtages des Landes Nordrhein-Westfalen am 2. Oktober 1946 (https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMPEP1.pdf).
8 Vgl. Böckler, Hans: Aktennotiz für den geschäftsführenden Vorstand vom 29.07.1949, in: AdsD. Bestand Hans Böckler (Sig.: 1/HBAH000088); Rütters: Skrentny, Konrad (1894-1955), S. 158, 168-172; Skrentny: „Meine Herren, lassen Sie es nun genug sein!“, S. 224-225 sowie Hindenburg: Biographisches Handbuch der Abgeordneten des Preußischen Landtags, S. 2266-2267.
9 Zitiert nach Skrentny: „Meine Herren, lassen Sie es nun genug sein!“, S. 227.
10 Zudem wurde die Siedlung in Homberg-Hochheide in Konrad-Skrentny-Siedlung umbenannt. Vgl. ebd., S. 225 sowie Lütsches: In memoriam, S. 182.

Die Fraktionen im Landtag NRW