Käthe Schaub (1892-1973)

Käthe Schaub, die selbst in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen war, setzte sich Zeit ihres Lebens für die Belange der sozial Benachteiligten ein. Aufgrund ihres Engagements und ihres Charakters galt sie im nordrhein-westfälischen Landtag als „Mutter des Parlaments“.

Käthe Schaub kam als Käthe Krämer am 15. April 1892 in Hüttersdorf im Kreis Saarlouis zur Welt. Sie war unehelich geboren und wuchs in ihren ersten Lebensjahren vorwiegend bei Verwandten auf. Ihre Mutter war nämlich Hausangestellte bei der Familie eines Generals. Dort lernte sie auch den Offiziersburschen und späteren Schleifer Emil Schaub kennen. Die beiden heirateten 1895 und Emil Schaub adoptierte Käthe, weswegen sie von nun an seinen Namen trug. Käthe Schaub bekam im Laufe der Jahre noch elf weitere Geschwister, was zur Folge hatte, dass die Familie stets unter finanziellen Sorgen litt. Aus derlei Gründen waren die Schaubs gezwungen, oftmals den Wohnort zu wechseln und nach Gelsenkirchen, Rheydt und Viersen zu ziehen. Käthe begann nach der Volksschule, durch Arbeit in einer Fabrik die Haushaltskasse aufzubessern. Sie war durch ihre Familie sozialdemokratisch sozialisiert worden und trat 1908 der Gewerkschaft und 1910 der SPD bei. Noch vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges nahm sie eine Anstellung als Hausangestellte in Berlin an. Ab 1917 arbeitete sie dann in einem Haushalt in Rheydt.1

Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg war Schaub zunächst als Heimarbeiterin tätig. Sie entschied sich dann für die Teilnahme an einem Sonderlehrgang für Arbeiterinnen in der Wohlfahrtspflege an der Sozialen Frauenschule in Köln. Nach ihrem Abschluss wurde sie Fürsorgerin und Sozialbeamtin zuerst in Köln und dann in Lütgendortmund. Nach einer Zusatzausbildung an der Sozialen Frauenschule in Münster war sie ab Mitte der 1920er Jahre staatlich geprüfte Wohlfahrtspflegerin. Schaub begann zudem sich vermehrt politisch zu engagieren. Von 1924 bis 1928 war sie für die SPD Mitglied des Gemeinderats von Lütgendortmund. Darüber hinaus war sie in den Dortmunder Kreistag gewählt worden. Als Lütgendortmund 1928 eingemeindet wurde (was sie bis zuletzt abgelehnt hatte), wurde Schaub Stadtverordnete in Dortmund. Ihr Stadtverordnetenmandat konnte sie sogar bei der Kommunalwahl am 12. März 1933 verteidigen. Zudem war sie SPD-Frauengruppenleiterin und Mitglied des Bezirksvorstandes Westliches Westfalen. Privat musste Schaub mehrere schwere Schicksalsschläge verkraften. So starb ihr Verlobter während des Ersten Weltkriegs und ein weiterer Partner bei einem Bergwerksunglück. Seit den 1930er Jahren lebte sie allerdings mit ihrem 14 Jahre jüngeren Lebenspartner Willi Schröder zusammen. Ehefrau und/oder Mutter wurde sie nie.2

Im „Dritten Reich“ verlor Schaub aufgrund des „Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ ihre Anstellung und war dadurch gezwungen, mit ihrer geringen Pension von monatlich 72RM auszukommen. Zudem musste sie Hausdurchsuchung, Bespitzelung und Überwachung über sich ergehen lassen. Doch all diese Diskriminierungen konnten ihren Widerstandswillen nicht brechen. Sie half sogar einem jüdischen Ehepaar, deren Kind in ihrem Haus zu verstecken. Schaub brachte das Kind 1934 nach Belgien, wohin die Eltern zu diesem Zeitpunkt geflohen waren. 1944, nach dem gescheiterten Hitlerattentat, wurde Schaub selbst verhaftet und in die berüchtigte Dortmunder Steinwache gebracht. Nach Wochen kam sie wieder frei. Während der gesamten NS-Zeit gehörte sie keiner nationalsozialistischen Organisation an.3

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges nahm Schaub ihre Arbeit als Fürsorgerin im Dortmunder Wohlfahrtsamt wieder auf. Wenig später wurde sie dann Mitglied des ernannten westfälischen Provinzialrats und schließlich des Ernannten Landtags von Nordrhein-Westfalen. Bei den folgenden drei Landtagswahlen wurde sie jedes Mal in ihrem Wahlkreis Dortmund V direkt gewählt. Im Plenum trat sie kaum in Erscheinung. So beteiligte sie sich nicht an den öffentlichen Debatten und hielt bis zu ihrem Ausscheiden eine einzige Plenarrede. Dafür engagierte sie sich in verschiedenen Ausschüssen u.a. dem Haupt-, dem Justiz-, dem Flüchtlings- oder dem Haushalts- und Finanzausschuss. Im Wohlfahrtsausschuss übernahm sie zeitweise sogar den Vorsitz. Seit ihrem Einzug in den Landtag war sie zudem durchgehend als Schriftführerin des Präsidiums tätig. Ihre vermittelnde Art brachte ihr nicht nur parteiübergreifenden Respekt, sondern auch den inoffiziellen Titel „Mutter des Parlaments“ ein. Aus gesundheitlichen Gründen schied sie 1962 im Alter von 70 Jahren aus dem Landtag aus.4

Ebenfalls 1962 erhielt sie den Großen Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland. Neben ihrer parlamentarischen Arbeit war Schaub innerhalb der SPD auf vielerlei Ebenen aktiv, u.a. war sie Mitglied des Parteirats und Vorsitzende des Bezirksfrauenausschusses. Sie starb am 26. September 1973 in Lütgendortmund. Dort wurde ein Weg nach ihr benannt.5

Endnoten
1 Vgl. Knippschild, Dieter: Käthe Schaub – „Mutter des Parlaments“, in: Faulenbach, Bernd / Högl, Günther (Hrsg.): Eine Partei in ihrer Region. Zur Geschichte der SPD im Westlichen Westfalen, Essen 1988, S. 198-203, hier S. 198; Schledorn, Uwe: Für die soziale Republik. Die westlich westfälische Sozialdemokratie in der Zeit der Weimarer Republik, in: Faulenbach, Bernd u.a. (Hrsg.): Sozialdemokratie im Wandel. Der Bezirk Westliches Westfalen 1893-2001, 4. erw. Auflage, Essen 2001, S. 77-124, hier S. 100; Knippschild, Dieter: Schaub, Käthe (Fürsorgerin, Gemeinde-, Stadt- und Kreistagsabgeordnete, M.d.L. NRW), in: Bohrmann, Hans (Hrsg.): Biographien bedeutender Dortmunder. Menschen in, aus und für Dortmund, Dortmund 1994, S. 123-126, hier S. 123-124; Högl, Günther / Bilitzky, Karl / Knippschild, Dieter: Widerstand und Verfolgung in Dortmund 1933 – 1945. Katalog zur ständigen Ausstellung des Stadtarchivs Dortmund in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, 2. überarbeitete Aufl., Dortmund 2002, S. 205 sowie Haunfelder, Bernd: Nordrhein-Westfalen. Land und Leute 1946-2006. Ein biographisches Handbuch, Münster 2006, S. 404 sowie o.V.: Parteien stellen ihre Kandidaten vor, in: Westdeutsche Allgemeine vom 25.06.1958.
2 Vgl. Schaub, Käthe: Lebenslauf o.D., in: AdsD. Bestand Sammlung Personalia (Sig.: 6/SAMP008481); Knippschild: Käthe Schaub – „Mutter des Parlaments“, S. 199-200; ders.: Schaub, Käthe (Fürsorgerin, Gemeinde-, Stadt- und Kreistagsabgeordnete, M.d.L. NRW), S. 124; Haunfelder: Nordrhein-Westfalen, S. 404 sowie Schledorn: Für die soziale Republik, S. 100.
3 Vgl. Schaub, Käthe: Entnazifizierungsakte, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Entnazifizierungsakten (Sig.: NW 1097-22.459); Knippschild: Käthe Schaub – „Mutter des Parlaments“, S. 200-202; ders.: Schaub, Käthe (Fürsorgerin, Gemeinde-, Stadt- und Kreistagsabgeordnete, M.d.L. NRW), S. 124; Schledorn: Für die soziale Republik, S. 100 sowie Högl / Bilitzky / Knippschild: Widerstand und Verfolgung, S. 205.
4 Vgl. Haunfelder: Nordrhein-Westfalen, S. 404; Schledorn: Für die soziale Republik, S. 100; Knippschild: Käthe Schaub – „Mutter des Parlaments“, S. 202-203; ders.: Schaub, Käthe (Fürsorgerin, Gemeinde-, Stadt- und Kreistagsabgeordnete, M.d.L. NRW), S. 125; o.V.: Eine Frau sieht auf den Landtag, in: Demokratischer Aufbau vom April 1955 sowie o.V.: Ministerpräsident Dr. Meyers überreichte Grosses Verdienstkreuz an Frau Käthe Schaub, in: Der Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen. Landespresse- und Informationsstelle. Pressenotiz vom 3.9.1962.
5 Vgl. Knippschild: Käthe Schaub – „Mutter des Parlaments“, S. 199-203; Schledorn: Für die soziale Republik, S. 100; Högl / Bilitzky / Knippschild: Widerstand und Verfolgung, S. 205; o.V.: Großes Verdienstkreuz, in: Velberter Zeitung vom 04.09.1962 sowie Haunfelder: Nordrhein-Westfalen, S. 404.

Die Fraktionen im Landtag NRW