Hubert Biernat (1907-1967)

Hubert Biernats Karriere begann spät und war alles andere als vorgezeichnet. Erst mit Ende des Zweiten Weltkrieges bekam er die Chance sich zu beweisen und brillierte dann als herausragender Verwaltungsfachmann. Darauf folgte ein rapider Aufstieg bis zum Innenminister von Nordrhein-Westfalen.

Hubert Biernat wurde am 11. Juni 1907 in Heeren (heute Kamen-Heeren) im Kreis Unna geboren. Er wuchs in einer Bergmannsfamilie auf. Biernat besuchte Volksschule, Gymnasium, Handelsschule und die Verwaltungsakademie in Dortmund. Ursprünglich hatte er vor, seinen Lebensunterhalt als Bergmann zu verdienen, doch aus gesundheitlichen Gründen entschied er sich für eine kaufmännische Lehre. Biernat wurde schließlich Buchhalter und Werbekorrespondent. Bereits 1921 trat er der Sozialistischen Arbeiter-Jugend (SAJ) bei und 1926 auch der SPD. Zudem war er Mitglied der freien Gewerkschaften, des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold und in der Arbeitersportbewegung aktiv. 1930 wurde Biernat in Hamm Journalist bei der sozialdemokratischen Tageszeitung „Der Hammer“.1

Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten verlor er seine Anstellung und damit seine wirtschaftliche Grundlage. Vor einer möglichen Verhaftung aufgrund seiner politischen Einstellungen floh er in die Niederlande und nach Belgien. Im Jahr darauf kehrte er nach Deutschland zurück und engagierte sich in sozialdemokratischen Widerstandskreisen. In dieser Zeit stand er unter polizeilicher Beobachtung und musste mehrere Hausdurchsuchungen über sich ergehen lassen. Sein Einkommen bestritt er als Werbeassistent, Versicherungsagent, selbstständiger Gewerbetreibender sowie kaufmännischer Angestellter. 1938 wurde ihm eine Tätigkeit als Kaufmann vonseiten der NSDAP untersagt, weil er als staatspolitisch unzuverlässig galt. Diese Einstufung hielt die Nationalsozialisten jedoch nicht davon ab, Biernat 1940 als Soldat einzuziehen.2

Nach dem Krieg engagierte sich Biernat beim Wiederaufbau der SPD. So wurde er Sekretär im Unterbezirk Hamm-Unna-Soest-Lippstadt-Beckum-Lüdinghausen und Mitglied des Bezirksvorstands Westliches Westfalen. Zudem war er von 1946 bis 1950 Landrat im Kreis Unna – für dieses Amt wurde er von allen Fraktionen einstimmig gewählt. Auch war Biernat Mitglied des Westfälischen Provinzialrats, stellvertretendes Mitglied des Zonenbeirats der britischen Zone sowie Mitglied des ernannten Landtags in Nordrhein-Westfalen. Bei den ersten freien Landtagswahlen 1947 gewann Biernat das Direktmandat für seinen Wahlkreis. Im Landtag engagierte er sich u.a. im Haushalts- und Finanzausschuss. 1950 gab er sein Mandat aber wieder auf und übernahm das Amt des Regierungspräsidenten in Arnsberg. Während seiner Zeit als Regierungspräsident dokumentierte eine Kommission von Verwaltungsspezialisten über neun Monate hinweg seine Amtsführung. In dem „Arnsberger-Gutachten“ kommen sie zu dem Schluss, dass Biernat eine vorbildliche Verwaltung organisiert habe. Die Verwaltung arbeite nicht nur kosteneffizient, sondern auch sehr effektiv.3

1956 holte ihn der neu gewählte Ministerpräsident Fritz Steinhoff als Innenminister in sein Kabinett. In dieser Zeit kümmerte er sich um die Wirtschaftlichkeit und Effizienzsteigerung der öffentlichen Verwaltung inklusive Einsparungen sowie verbesserte Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auch für die Beschleunigung der Wiedergutmachung gegenüber Opfern des NS-Regimes sowie für die Verbesserung der technischen Ausstattung der Polizei setzte er sich ein. Dass Biernat durchaus erfolgreich agierte zeigt sich daran, dass sowohl sein Vorgänger Franz Meyers als auch Biernats Nachfolger Josef-Hermann Dufhues (beide CDU) seine Arbeit lobend hervorhoben. Weniger taktisches Geschick zeigte er im Umgang mit Vertretern der katholischen Kirche, deren politischen Einfluss er kritisierte. Biernats Stärken und Schwächen traten in seiner Zeit als Innenminister deutlich hervor. Er verfügte zwar über Fleiß, Gründlichkeit und Fachkenntnisse, eine redebegabte einnehmende Persönlichkeit war er jedoch nicht.4

Nach der verlorenen Wahl 1958 musste Biernat sein Amt als Innenminister bereits wieder aufgeben. Gleichzeitig wurde er jedoch wieder Mitglied des Landtags, dem er bis zu seinem Tod angehörte. Zudem wurde er in den Vorstand der SPD-Fraktion gewählt und war von 1961 bis 1964 abermals Landrat in Unna. Darüber hinaus war er Vorsitzender des Aufsichtsrats der Stahlwerke Süd-Westfalen AG Geisweid, der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH (WFG) für den Kreis Unna und des Sparkassenrats der Kreissparkasse Unna sowie Aufsichtsratsmitglied weiterer industrieller Unternehmen und Gesellschaften. 1964 erhielt Hubert Biernat das Große Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband. Er starb am 30. Oktober 1967 in Strickherdicke infolge eines Herzschlags. Biernat wurde 60 Jahre alt und hinterließ Frau und drei Kinder.5

Endnoten
1 Vgl. Biernat, Hubert: Lebenslauf vom 24.09.1948, in: AdsD. Bestand Sammlung Personalia (Sig.: 6/SAMP001099); Lauschke, Karl: Hubert Biernat (1907-1967). Reformer der Verwaltung, in: Faulenbach, Bernd / Högl, Günther / Rudolph, Karsten (Hrsg.): Vom Außenposten zur Hochburg der Sozialdemokratie. Der SPD-Bezirk Westliches Westfalen 1893 – 1993, Essen 1993, S. 178 sowie o.V.: Biernat, Hubert, in: Munzinger Online/Personen - Internationales Biographisches Archiv, URL: http://www.munzinger.de/document/00000007192 (abgerufen am 01.10.2019).
2 Vgl. Biernat: Lebenslauf; ders.: Fragebogen der britischen Militärregierung vom 05.03.1946, in: Landtagsarchiv NRW. Bestand Biografische Kompendien (Sig.: LT NRW 119 / A0208/0060); Haunfelder, Bernd: Nordrhein-Westfalen. Land und Leute 1946-2006. Ein biographisches Handbuch, Münster 2006, S. 66; Lauschke: Hubert Biernat (1907-1967), S. 178; Röder, Werner / Strauss, Herbert A..: Biographisches Handbuch der deutschsprachigen Emigration nach 1933. 3. Bde., Bd. 1, München u.a. 1980, S. 63 sowie o.V.: Hubert Biernat, in: Demokratischer Aufbau vom Juni 1957, S. 4.
3 Vgl. Biernat: Lebenslauf; Lauschke: Hubert Biernat (1907-1967), S. 178; o.V.: Hubert Biernat, in: Demokratischer Aufbau vom Juni 1957, S. 4; o.V.: Hubert Biernat, in: Westfälische Rundschau vom 23.02.1956 sowie o.V.: Biernat, Hubert, in: Munzinger Online/Personen.
4 Vgl. Biernat, Hubert: Erfolgreiche Tätigkeit des Innenministeriums. Minister Biernat berichtet der Landtagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei, in: Demokratischer Aufbau vom Dezember 1957, S. 6-7; ders.: Im Mittelpunkt der Mensch. Ansprachen, Briefe, Reden, hrsg. von Biernat, Wolfgang / Flessau, Kurt-Ingo, Wuppertal 1968, S. 168; Biernat, Hubert: Toleranz im Verhältnis von Kirche und Staat. Auszug einer Rede vom 08.06.1957, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Nachlass Hubert Biernat (Sig.: RWN 189-156); Müller-Engstfeld, Anton: Biernats Rezept heißt: Einfache Verwaltung und weniger Personal, in: NRZ vom 17.04.1956; o.V.: Kein Selbstzweck. Die Verwaltung muß dem Menschen dienen. Interview mit Nordrhein-Westfalens Innenminister Hubert Biernat, in: Demokratischer Aufbau vom Juni 1957, S. 4; o.V.: Hubert Biernat, in: Demokratischer Aufbau vom Juni 1957, S. 4; Lauschke: Hubert Biernat (1907-1967), S. 178; o.V.: „Toleranter“ Minister, in: Kölner Rundschau vom 02.07.1957; Exler, Albert: Vorbildliche Wiedergutmachung in NRW, in: Sozialdemokratischer Pressedienst vom 13.08.1958, S. 7 sowie Düding, Dieter: Parlamentarismus in Nordrhein-Westfalen 1946-1980. Vom Fünfparteien- zum Zweiparteienlandtag, Düsseldorf 2008, S. 391.
5 Vgl. Brief Chef des Bundespräsidialamtes an den Ministerpräsidenten des Landes Nordrhein-Westfalen vom 06.12.1963, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Ordensakten (Sig.: NW O-5802); Brief Hubert Biernat an Ministerpräsident Franz Meyers vom 19.02.1964, in: Landesarchiv NRW (Abteilung Rheinland). Bestand Ordensakten (Sig.: NW O-5802); Lauschke: Hubert Biernat (1907-1967), S. 178; Haunfelder: Nordrhein-Westfalen, S. 67 sowie o.V.: Biernat, Hubert, in: Munzinger Online/Personen.

Die Fraktionen im Landtag NRW