Im Mai 1933, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurde Jochem kurzzeitig festgesetzt. Außerdem wurde sein Haus durchsucht und er verlor seine Anstellung als Gewerkschaftssekretär. Bis zum Juni 1934 blieb er erwerbslos und war auf Arbeitslosenunterstützung angewiesen. Ab Juli betrieb er dann einen Handel mit Seife. Zugleich beteiligte sich Jochem am sozialdemokratischen Widerstand. Er knüpfte Kontakte zu anderen Sozialdemokraten und Kommunisten, traf geflüchtete SPD-Politiker in den Niederlanden und verteilte im Ruhrgebiet illegale SPD-Schriften aus Amsterdam an andere Genossen. Doch mit der Zeit wurde die Gestapo auf die Aktionen aufmerksam und in der Nacht zum 7. November 1934 wurde Jochem, mittlerweile verheiratet und Vater dreier Kinder, aus seinem Schlafzimmer geholt und verhaftet.4 Noch am gleichen Tag wurde er verhört. Bei der Vernehmung erklärte Jochem: „Ich weise es entschieden zurück, daß ich irgendwelche Schritte unternommen habe, die zur Zusammenarbeit zwischen KPD und SPD führen sollten.“5 Die Gestapo verstand es jedoch, seinen Widerstand zu brechen. Das Vernehmungsprotokoll vom nachfolgenden Tag beginnt mit folgendem Satz: „Ich will jetzt die Wahrheit sagen.“6 Jochem wurde dem Anschein nach zwischen beiden Verhören nicht nur eingeschüchtert, sondern auch gefoltert. Er wurde am 29. Mai 1935 vom Oberlandesgericht Hamm wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Die Haftzeit verbrachte er u.a. in einem Konzentrationslager bei Papenburg im Emsland. Seine Frau führte während seiner Abwesenheit den Seifenhandel sowie die politische Arbeit fort. Am 7. November 1936 wurde Heinrich Jochem schließlich entlassen.7
Er war allerdings weiterhin ständiger Überwachung ausgesetzt. Selbst eine zeitweilige Postsperre wurde gegen ihn verhängt.8 Im Bericht der Gestapo heißt es: „Soweit festgestellt werden konnte, lebt er auch jetzt zurückgezogen und geht wenig aus. […] Irgendwelche Wahrnehmungen, dass er in seiner Wohnung eine Material-Anlaufstelle aus Amsterdam unterhält und mit ehemaligen Funktionären in Verbindung steht, wurden bisher nicht gemacht.“9 Die Gestapo kam daher zu folgendem Schluss: „Bei Jochem handelt es sich um einen alten marxistischen Funktionär, dem eine Umstellung zum Nationalsozialismus schwer fällt. Andererseits ist er so intelligent, daß er heute jede illegale Betätigung als sinnlos ansieht und sich davon fernhält.“10 Jochem begann sich mit dem Nationalsozialismus zu arrangieren. Bereits 1933 war er Mitglied der Deutschen Arbeitsfront geworden, 1938 trat er dann der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt bei. 1940 stellte er zudem ein erfolgreiches Gesuch auf „Wiedererlangung der Wehrwürdigkeit“. Dennoch nahm er nicht als Soldat am Zweiten Weltkrieg teil, weil er schließlich als „untauglich“ eingestuft wurde. Er gab später an, seit 1937 als Vertreter und Geschäftsführer von Handelsunternehmen tätig gewesen zu sein.11