Regeln für Nebentätigkeiten, sogenannte Verhaltensregeln
Die erste Fassung der sog. Verhaltensregeln trat am 1.1.1973 in Kraft. Seit dem 8. Juni 2005 existiert ein umfangreicher Katalog von Nebentätigkeiten. Die Abgeordneten sind verpflichtet, Nebentätigkeiten des Katalogs dem Präsidenten gegenüber anzuzeigen. Die Angaben der Abgeordneten werden seit dieser Zeit veröffentlicht.
Mit dem 11. Änderungsgesetz zum Abgeordnetengesetz (2. Oktober 2014) sind die Transparenzregeln, die sog. Verhaltensregeln, umfangreich geändert worden. Sie finden sich nun im Abgeordnetengesetz in den §§ 16, 16a bis c und 17. Diese Transparenzregelungen sollen es der Öffentlichkeit stärker als bisher ermöglichen, sich ein eigenes Bild über mögliche Interessenverknüpfungen und die Unabhängigkeit der Wahrnehmung des Mandats zu machen.
Das Abgeordnetengesetz bestimmt, dass die Ausübung des Mandats im Mittelpunkt der Tätigkeit eines Mitglieds des Landtags stehen muss. Unabhängig davon bleiben aber Tätigkeiten beruflicher oder anderer Art neben dem Mandat zulässig. Sie sichern die Verwurzelung der Landtagsmitglieder in der Gesellschaft und im Arbeitsleben.
Solche Tätigkeiten und Entgelte neben dem Mandat, die auf mögliche Interessenverknüpfungen hinweisen können, sind anzuzeigen und zu veröffentlichen. In der Regel gehören auch ehrenamtliche Funktionen dazu.
Der Katalog aus dem Jahre 2005 ist dabei unverändert geblieben. Er lautet wie folgt:
- Gegenwärtig ausgeübte Berufe und Tätigkeiten
- Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder eines sonstigen Gremiums einer Gesellschaft, Genossenschaft oder eines in einer anderen Rechtsform betriebenen Unternehmens
- Tätigkeiten als Mitglied eines Vorstandes, Aufsichtsrates, Verwaltungsrates, Beirates oder eines sonstigen Gremiums einer Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts mit Ausnahme der Mandate in Gebietskörperschaften
- Funktionen in Berufsverbänden, Wirtschaftsvereinigungen, sonstigen Interessenverbänden oder ähnlichen Organisationen mit Bedeutung auf Landes- oder Bundesebene
- Sonstige Tätigkeiten, die auf für die Ausübung des Mandates bedeutsame Interessenverknüpfungen hinweisen können, wie z.B. Funktionen in Vereinen, Verbänden oder ähnlichen Organisationen mit lokaler Bedeutung
- Entgeltliche Tätigkeiten der Beratung, Vertretung fremder Interessen, Erstattung von Gutachten, publizistische und Vortragstätigkeit, soweit diese Tätigkeiten nicht im Rahmen des ausgeübten Berufes liegen
- Das Halten und die Aufnahme von Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften, wenn dadurch ein wesentlicher wirtschaftlicher Einfluss auf das Unternehmen begründet wird
Dabei werden zwei Kategorien von Tätigkeiten und Entgelten unterschieden.
Die erste Kategorie sind Tätigkeiten, die der Fortführung oder dem Aufbau einer beruflichen Tätigkeit nach dem Mandat dienen (Nr. 1). Gleichbehandelt werden auch Funktionen in Vereinen, Verbänden und Stiftungen (Nr. 4 und 5). Die erzielten Entgelte sind jährlich anzuzeigen und werden in Stufen veröffentlicht.
Die zweite Kategorie sind außerordentliche Tätigkeiten und Entgelte, die eine erhöhte Gefahr der Interessenverknüpfung mit sich bringen und typischerweise ihre Ursache in der Mandatstätigkeit haben. Hierzu zählen Funktionen in Unternehmen sowie in Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts (Nr. 2 und 3).
Auch die Erstattung von Gutachten, publizistische und Vortragstätigkeiten sowie die Beratung und Vertretung fremder Interessen, sofern diese Tätigkeiten außerhalb des Berufes ausgeübt werden, sind gesondert anzuzeigen (Nr. 6). Das gilt auch für Entgelte aus Berufen, sofern diese auf einer außerordentlichen Tätigkeit beruhen, sowie bei freien Berufen für Entgelte, die auf einer Einzelvereinbarung im Rahmen oder außerhalb bestehender Gebührenordnungen beruhen und den Betrag von 2.000 Euro monatlich übersteigen. Die erzielten Einnahmen sind in allen diesen Fällen monatlich zu melden und werden betragsgenau veröffentlicht.
Beteiligungen an Kapital- oder Personengesellschaften sind nur dann anzuzeigen, wenn sie wesentlichen Einfluss auf das Unternehmen begründen, allerdings nicht die daraus erzielten Entgelte (Nr. 7).
Die Einkünfte müssen für jede einzelne Nebentätigkeit angezeigt werden, sofern sie mehr als 5 % der Abgeordnetenbezüge betragen.
Die jährlichen Angaben werden in Form von Stufen veröffentlicht. Die Stufe 1 erfasst anzeigepflichtige jährliche Einkünfte bis 1.000 Euro, die Stufe 2 Einkünfte bis 2.500 Euro, die Stufe 3 Einkünfte bis 5.000 Euro, die Stufe 4 Einkünfte bis 10.000 Euro, die Stufe 5 Einkünfte bis 20.000 Euro, die Stufe 6 Einkünfte bis 40.000 Euro, die Stufe 7 Einkünfte bis 60.000 Euro. Bei allen folgenden Stufen werden jeweils 30.000 Euro zum Höchstbetrag der vorhergehenden Stufe addiert. Das heißt, Stufe 8 reicht bis 90.000 Euro, Stufe 9 reicht bis 120.000 Euro, Stufe 10 reicht bis 150.000 Euro usw. Eine Begrenzung der Stufen ist nicht vorgesehen. Entgelte werden der Stufe zugeordnet, deren Höchstbetrag sie maximal erreichen, wobei der Höchstbetrag der vorhergehenden Stufe überschritten wurde. Beispielsweise werden berufliche Entgelte von jährlich 40.000 Euro der Stufe 6 zugeordnet, solche Entgelte von 40.001 Euro jährlich der Stufe 7.
Für die Höhe der Entgelte sind nach den Verhaltensregeln die zugeflossenen Bruttobeträge einschließlich Entschädigungs-, Ausgleichs- und Sachleistungen maßgebend. Nicht in Abzug gebracht werden Steuern und Abgaben sowie sonstige Kosten aller Art. Die Höhe der Einkünfte oder Einnahmen aus einer Tätigkeit bezeichnet daher nicht das zu versteuernde Einkommen.
Die veröffentlichungspflichtigen Angaben der Abgeordneten (Tätigkeiten und Entgelte) werden im Internet jeweils mit den Abgeordneten-Biografien veröffentlicht und laufend aktualisiert.
Verstöße gegen die Anzeigepflichten können mit einer Ermahnung durch den Landtagspräsidenten, einer als Drucksache zu veröffentlichenden Feststellung der Pflichtverletzung oder einem Ordnungsgeld geahndet werden. Das Ordnungsgeld kann je nach Schwere des Einzelfalles und nach dem Grad des Verschuldens bis zur Hälfte der jährlichen Abgeordnetenbezüge betragen. Die Einzelheiten des Verfahrens bei Verstößen gegen die Verhaltensregeln sind in § 17 AbgG festgelegt.