24.04.2024

Aktuelle Stunde: Schutz vor Verfassungsfeinden

Der Landtag hat in einer Aktuellen Stunde über Konsequenzen aus dem unlängst vorgelegten Verfassungsschutzbericht NRW für das Jahr 2023 beraten. Die Fraktionen von SPD und FDP hatten die Aussprache beantragt.

Der Bericht nennt für das vergangene Jahr insgesamt 7.596 politisch motivierte Straftaten. Das seien 15 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl antisemitischer Übergriffe sei jedoch deutlich gestiegen. Eine Zunahme wurde auch bei Straftaten aus dem links- und rechtsextremistischen sowie dem islamistischen Spektrum verzeichnet. In den Anträgen der Fraktionen (18/8984, 18/8985) ging es vor allem um die Frage, wie die Demokratie vor Extremismus und verfassungsfeindlichen Tendenzen geschützt werden kann.

Die „Feinde der Demokratie“ würden immer lauter, sagte Sven Wolf (SPD) zu Beginn der Debatte. Besonders hervor hob er den Anstieg antisemitischer Straftaten. „Wir alle dürfen nicht ruhen, jüdisches Leben zu schützen“, mahnte Wolf. Er forderte mehr Ressourcen für den Verfassungsschutz und für die Landeszentrale für politische Bildung. Die Verteidigung gegen Extremistinnen und Extremisten sei nicht nur Sache der Polizei, sondern auch der Lehrkräfte, der ehrenamtlich Engagierten und nicht zuletzt die Sache jeder Bürgerin und jedes Bürgers. Es gelte, die „Sprachlosigkeit der Demokraten“ in den sozialen Medien zu durchbrechen. 

„Alarmstufe Rot erfordert jetzt Taten statt Worte“, betonte Ralf Witzel (FDP). Gefordert sei die gesamte Landesregierung. Der Innenminister müsse sich an seinen Erfolgen messen lassen, der Justizminister dafür sorgen, dass die Strafe auf dem Fuße folge. Der Ministerpräsident habe die Aufgabe, einen Schwerpunkt auf Sicherheit zu legen. Witzel kritisierte einen „Mangel an Entschlossenheit“ gegenüber Hasspredigern. Nordrhein-Westfalen sei „an vielen Stellen viel zu sehr ein Eldorado für Salafisten“. „Wir müssen endlich alle Register ziehen, um es Verfassungsfeinden so ungemütlich wie möglich zu machen“, empfahl er.

Der Anstieg der Delikte in den „Phänomenbereichen“ Rechtsextremismus, Linksextremismus, ausländische Ideologie, religiöse Ideologie und antisemitische Straftaten sei ein „trauriger Rekord innerhalb der letzten zehn Jahre“, sagte Gregor Golland (CDU). Deshalb sei der Rückgang der Gesamtzahl der politisch motivierten Delikte „kein Grund zur Beruhigung“. Bei allen Extremismusphänomenen gelte das Prinzip „Null Toleranz“. Der Verfassungsschutz in Nordrhein-Westfalen sei gut aufgestellt und leiste hervorragende Arbeit, sagte Golland: „Für die Zukunft brauchen wir allerdings noch mehr und bessere Instrumente.“ 

Markus Wagner (AfD) sprach von „importiertem Judenhass“. Er selbst habe „wieder und wieder“ davor gewarnt. Die antijüdischen Straftaten seien „um 65 Prozent explodiert“. Das sei eine „importierte Explosion“, die „es ohne Ihre irrsinnige Migrationspolitik gar nicht gäbe“, sagte er in Richtung Landesregierung. Dem Verfassungsschutzbericht sei zu entnehmen, dass die Gewalt „überwiegend von links“ komme, die Terrorgefahr von Islamisten ausgehe. Es gebe im Land „mehr importierte Extremisten dank Ihrer Politik der ungeschützten Grenzen als deutsche Links- und Rechtsextremisten zusammen“, sagte Wagner. 

„Der Verfassungsschutzbericht ist besorgniserregend, aber er ist nicht überraschend“, sagte Verena Schäffer, Fraktionsvorsitzende der Grünen. Neben zunehmenden Bedrohungen aus dem rechten Spektrum sei es nach dem Angriff der Hamas auf Israel vermehrt zu antisemitischen Vorfällen gekommen – ob an Schulen, Universitäten oder im Internet. Die schwarz-grüne Landesregierung stehe für eine „konsequente Strafverfolgung“. Die Zunahme im Linksextremismus sei im Kontext der Räumung von Lützerath zu sehen. Laut Verfassungsschutzbericht gehe die größte Gefahr für die Demokratie vom Rechtsextremismus aus. 

„Extremisten unterschiedlichster ideologischer Prägung greifen auf alle denkbaren Arten unsere Demokratie an“, sagte Innenminister Herbert Reul (CDU). „Die Bedrohungslage war noch nie so hoch.“ Zwar seien im Jahr 2023 weniger politisch motivierte Straftaten erfasst worden als im Vorjahr. Die leichte Abnahme resultiere aber aus weniger Verstößen gegen das Versammlungsgesetz als im Corona-Jahr 2022. Gewaltdelikte wiederum seien um 37 Prozent gestiegen. Alarmierend sei auch die Zunahme antisemitischer Straftaten um 65 Prozent. Klar sei: „Die Sicherheit von Jüdinnen und Juden in diesem Land hat oberste Priorität.“ 

Text: sow, zab, tob

Die Fraktionen im Landtag NRW