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Landtag

Plenarprotokoll

Nordrhein-Westfalen

17/18

17. Wahlperiode

17.01.2018

 

18. Sitzung

Düsseldorf, Mittwoch, 17. Januar 2018

Mitteilungen des Präsidenten. 7

1   Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018 (Haushaltsgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/800

Beschlussempfehlungen und Berichte
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1500
Drucksache 17/1501
Drucksache 17/1502
Drucksache 17/1503
Drucksache 17/1504
Drucksache 17/1505
Drucksache 17/1506
Drucksache 17/1507
Drucksache 17/1508
Drucksache 17/1509
Drucksache 17/1510
Drucksache 17/1511
Drucksache 17/1512
Drucksache 17/1513
Drucksache 17/1514
Drucksache 17/1515
Drucksache 17/1516
in der Fassung
nach der zweiten Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1700

Änderungsanträge
der Fraktionen
Drucksache 17/1732
Drucksache 17/1733
Drucksache 17/1734
Drucksache 17/1735
Drucksache 17/1736
Drucksache 17/1737
Drucksache 17/1738
Drucksache 17/1739
Drucksache 17/1740
Drucksache 17/1741
Drucksache 17/1742
Drucksache 17/1743
Drucksache 17/1744
Drucksache 17/1745
Drucksache 17/1746
Drucksache 17/1747
Drucksache 17/1748
Drucksache 17/1749
Drucksache 17/1750
Drucksache 17/1754
Drucksache 17/1755
Drucksache 17/1756
Drucksache 17/1757
Drucksache 17/1758
Drucksache 17/1760
Drucksache 17/1761
Drucksache 17/1762
Drucksache 17/1763
Drucksache 17/1764
Drucksache 17/1765
Drucksache 17/1766
Drucksache 17/1767
Drucksache 17/1768
Drucksache 17/1769
Drucksache 17/1770

Entschließungsantrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1751

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1759

dritte Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Änderung haushaltswirksamer Landesgesetze und zur Überleitung der vorhandenen Konrektorinnen und Konrektoren von Grundschulen und Hauptschulen (Haus-haltsbegleitgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1111

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1518

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1553

In Verbindung mit:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2018 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 – GFG 2018) und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/802

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1701

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1752

dritte Lesung. 8

Norbert Römer (SPD) 8

Bodo Löttgen (CDU) 15

Monika Düker (GRÜNE) 21

Christof Rasche (FDP) 28

Markus Wagner (AfD) 37

Ministerpräsident Armin Laschet 44

Stefan Zimkeit (SPD) 51

Monika Düker (GRÜNE) 52

Markus Wagner (AfD) 53

Christian Dahm (SPD) 55

Ministerin Ina Scharrenbach. 56

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) 58

Henning Höne (FDP) 60

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1752. 60

Ergebnis zum GesEntw Drucksache 17/802. 60

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1732 - Namentliche Abstimmung siehe Anlage 1  61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1733. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1734. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1735. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1736. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1737. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1738. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1739. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1740. 61

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1741. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1742. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1743. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1744. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1745. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1746. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1747. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1748. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1749. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1750. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1754. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1755. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1756. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1757. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1758. 62

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1760. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1761. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1762. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1763. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1764. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1765. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1766. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1767. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1768. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1769. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1770. 63

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1771. 63

Ergebnis zum GesEntw Drucksache 17/800. 63

Ergebnis zum EA Drucksache 17/1751. 64

Ergebnis zum EA Drucksache 17/1759. 64

Ergebnis zum ÄA Drucksache 17/1753. 64

Ergebnis zum GesEntw Drucksache 17/1111. 64

2   Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Fraktionsgesetzes

Gesetzentwurf
der Fraktion der CDU,
der Fraktion der SPD,
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1117

Beschlussempfehlung und Bericht
des Hauptausschusses
Drucksache 17/1655 – Neudruck

Änderungsantrag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1721

Änderungsantrag
der Fraktion der CDU,
der Fraktion der SPD,
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1731

zweite Lesung. 64

Matthias Kerkhoff (CDU) 64

Marc Herter (SPD) 66

Henning Höne (FDP) 67

Verena Schäffer (GRÜNE) 67

Markus Wagner (AfD) 68

Zur nichtförmlichen Rüge  
des Abgeordneten Markus Wagner
s. Protokoll der 19. Plenarsitzung
am 18. Januar 2018 unter
Mitteilungen des Präsidenten. 69

Henning Höne (FDP) 70

Roger Beckamp (AfD) 71

Ergebnis. 72

3   Nordrhein-Westfalen in Europa II: Grenzüberschreitende Vernetzung mit den Niederlanden und Belgien in den Bereichen Arbeitsmarkt und Hochschulen intensivieren und strukturelle Verknüpfungen ausbauen

Antrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1661. 73

Oliver Krauß (CDU) 73

Dietmar Brockes (FDP) 74

Sebastian Watermeier (SPD) 74

Johannes Remmel (GRÜNE) 75

Sven Werner Tritschler (AfD) 76

Minister Dr. Stephan Holthoff-Pförtner 76

Ergebnis. 77

4   100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland – Würdigung der Errungenschaft und zugleich Selbstverpflichtung zur Stärkung der Rechte für Frauen

Antrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1664. 77

Regina Kopp-Herr (SPD) 77

Heike Troles (CDU) 79

Susanne Schneider (FDP) 81

Josefine Paul (GRÜNE) 83

Thomas Röckemann (AfD) 84

Ministerin Ina Scharrenbach. 86

Simone Wendland (CDU) 88

Anja Butschkau (SPD) 89

Ergebnis. 90

5   Waldwirtschaft in NRW nachhaltig gestalten!

Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1670. 90

Norwich Rüße (GRÜNE) 90

Rainer Deppe (CDU) 92

Annette Watermann-Krass (SPD) 93

Markus Diekhoff (FDP) 94

Roger Beckamp (AfD) 95

Ministerin Christina Schulze Föcking. 95

Ergebnis. 96

6   Invasive Arten in NRW breiten sich aus, es besteht Handlungsbedarf. Natürliche Biodiversität erhalten, einheimische Flora und Fauna schützen.

Antrag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1658. 96

Nic Peter Vogel (AfD) 97

Jörg Blöming (CDU) 97

Frank Börner (SPD) 98

Bodo Middeldorf (FDP) 98

Norwich Rüße (GRÜNE) 99

Ministerin Christina Schulze Föcking. 99

Ergebnis. 100

7   Zweites Gesetz zur Änderung des WDR-Gesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1415

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien
Drucksache 17/1569

zweite Lesung. 100

Thorsten Schick (CDU) 100

Alexander Vogt (SPD) 101

Thomas Nückel (FDP) 101

Oliver Keymis (GRÜNE) 102

Sven Werner Tritschler (AfD) 102

Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. 103

Ergebnis. 103

8   Digitale Bildung als Chance für Teilhabe begreifen! Wann beginnt die Landesregierung mit der Förderung der technischen Infrastruktur an unseren Schulen?

Antrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1667

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1774. 104

Christina Kampmann (SPD) 104

Florian Braun (CDU) 105

Franziska Müller-Rech (FDP) 106

Sigrid Beer (GRÜNE) 107

Helmut Seifen (AfD) 108

Ministerin Yvonne Gebauer 109

9   Rechte der Studierenden schützen und Rechtssicherheit wahren: Keine Ausweitung der Anwesenheitspflicht an Hochschulen

Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1406

Beschlussempfehlung und Bericht
des Wissenschaftsausschusses
Drucksache 17/1656. 110

Martin Sträßer (CDU) 110

Dietmar Bell (SPD) 111

Angela Freimuth (FDP) 112

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE) 113

Helmut Seifen (AfD) 114

Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. 115

Ergebnis. 117

10 Aufnahme der Rheinischen Martinstradition in die Liste des immateriellen Kulturerbes der
UNESCO unterstützen

Antrag
der Fraktion der CDU,
der Fraktion der SPD,
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1663. 117

Marco Schmitz (CDU) 117

Andreas Bialas (SPD) 118

Thomas Nückel (FDP) 118

Oliver Keymis (GRÜNE) 119

Iris Dworeck-Danielowski (AfD) 120

Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. 121

Ergebnis. 122

11 Gesetz zur Zustimmung zum Einundzwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Einundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) und zur Änderung weiterer Gesetze (16. Rundfunkänderungsgesetz)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1565

erste Lesung. 122

Ministerpräsident Armin Laschet
zu Protokoll
(siehe Anlage 2)

Ergebnis. 122

12 Siebtes Gesetz zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1671

erste Lesung. 122

Minister Herbert Reul
zu Protokoll
(siehe Anlage 2)

Ergebnis. 122

13 Zuständigkeitsbereinigungsgesetz

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1672

erste und zweite Lesung. 122

Ministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. 122

Daniel Hagemeier (CDU) 123

Elisabeth Müller-Witt (SPD) 123

Angela Freimuth (FDP) 124

Verena Schäffer (GRÜNE) 124

Roger Beckamp (AfD) 124

Ergebnis zur ersten Lesung. 125

Ergebnis zur zweiten Lesung. 125

14 Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 17/8
gemäß § 97 Abs. 8
der Geschäftsordnung. 125

Ergebnis. 125

Anlage 1. 127

Namentliche Abstimmung zu TOP 1 – Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018 (Haushaltsgesetz 2018) – Drucksache 17/1732

Anlage 2. 135

Zu TOP 11 – „Gesetz zur Zustimmung zum Einundzwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Einundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) und zur Änderung weiterer Gesetze (16. Rundfunkänderungsgesetz)“ – zu Protokoll gegebene Rede

Ministerpräsident Armin Laschet 135

Anlage 3. 137

Zu TOP 12 – „Siebtes Gesetz zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen“ – zu Protokoll gegebene Rede

Minister Herbert Reul 137

Entschuldigt waren:

Minister Lutz Lienenkämper      
(ab 17 Uhr)

Hubertus Kramer (SPD)

Karl Schultheis (SPD)

Arndt Klocke (GRÜNE) 
(ab 17 Uhr)

Barbara Steffens (GRÜNE)

Dr. Christian Blex (AfD)

 

 

Beginn: 10:03 Uhr

Präsident André Kuper: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie zu unserer heutigen, 18. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen herzlich willkommen. Mein Gruß gilt auch unseren Gästen auf der Zuschauertribüne, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien sowie den Zuschauerinnen und Zuschauern an den Bildschirmen.

Für die heutige Sitzung haben sich drei Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden in das Protokoll aufgenommen.

Wir treten nunmehr in die heutige Tagesordnung ein.

Ich rufe auf:

1   Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018 (Haushaltsgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/800

Beschlussempfehlungen und Berichte
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1500
Drucksache 17/1501
Drucksache 17/1502
Drucksache 17/1503
Drucksache 17/1504
Drucksache 17/1505
Drucksache 17/1506
Drucksache 17/1507
Drucksache 17/1508
Drucksache 17/1509
Drucksache 17/1510
Drucksache 17/1511
Drucksache 17/1512
Drucksache 17/1513
Drucksache 17/1514
Drucksache 17/1515
Drucksache 17/1516
in der Fassung
nach der zweiten Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1700

Änderungsanträge
der Fraktionen
Drucksache 17/1732
Drucksache 17/1733
Drucksache 17/1734
Drucksache 17/1735
Drucksache 17/1736
Drucksache 17/1737
Drucksache 17/1738
Drucksache 17/1739
Drucksache 17/1740
Drucksache 17/1741
Drucksache 17/1742
Drucksache 17/1743
Drucksache 17/1744
Drucksache 17/1745
Drucksache 17/1746
Drucksache 17/1747
Drucksache 17/1748
Drucksache 17/1749
Drucksache 17/1750
Drucksache 17/1754
Drucksache 17/1755
Drucksache 17/1756
Drucksache 17/1757
Drucksache 17/1758
Drucksache 17/1760
Drucksache 17/1761
Drucksache 17/1762
Drucksache 17/1763
Drucksache 17/1764
Drucksache 17/1765
Drucksache 17/1766
Drucksache 17/1767
Drucksache 17/1768
Drucksache 17/1769
Drucksache 17/1770

Entschließungsantrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1751

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1759

dritte Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Änderung haushaltswirksamer Landesgesetze und zur Überleitung der vorhandenen Konrektorinnen und Konrektoren von Grundschulen und Hauptschulen (Haus-haltsbegleitgesetz 2018)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1111

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses

Drucksache 17/1518

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1553

In Verbindung mit:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2018 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 – GFG 2018) und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/802

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 17/1701

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1752

dritte Lesung

(Unruhe)

– Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich um eine etwas gedämpfte Geräuschkulisse bitten?

Die Veränderungen durch die im Haushalts- und Finanzausschuss gefassten Beschlüsse zum Haushaltsplan zur Vorbereitung der dritten Lesung des Haushaltsgesetzes 2018 sind auch in den Veränderungsnachweisen entsprechend dargestellt.

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die SPD Herrn Abgeordneten Römer das Wort. Bitte schön.

Norbert Römer (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! „Versprechen sind Gefängnisse aus Worten“, bemerkte einmal die deutsche Autorin Sulamith Sparre. Wie recht sie damit hatte, beweist diese Koalition. CDU und FDP hatten vor der Wahl allen alles versprochen. Und jetzt, meine Damen und Herren von CDU und FDP, sind Sie von Ihren Versprechen überfordert und sitzen in Ihrem Gefängnis gebrochener Versprechen fest.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Die Liste ist so lang, dass ich sie heute nicht noch einmal in voller Länge aufzählen will.

(Zurufe: Och!)

Sie reicht von der Senkung der Grunderwerbsteuer, die nicht kommen wird, über die Verbesserung der Betreuungsquote an Universitäten, die Sie nicht finanzieren wollen, bis hin zur Reduzierung der Staus, die Sie auf den 1. Weihnachtsfeiertag des Jahres 2036 verschoben haben.

(Heiterkeit von der SPD)

Ihr erster Haushalt genügt weder den Ansprüchen, die Sie zu Oppositions- und Wahlkampfzeiten selbst erhoben haben, noch genügt er den Anforderungen einer modernen Investitionspolitik.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Die Investitionsquote des Landes steigt nicht, sie sinkt.

Sie verteilen in 75 Änderungsanträgen kleine Geschenke an jeden Wahlkreis, kürzen beim Mietwohnungsbau und scheuen gezielte Ausgaben für Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit.

Diese schwarz-gelbe Koalition entlarvt sich als das, was dieses Bündnis schon immer war: eine profane Mitte-rechts-Regierung,

(Widerspruch von der CDU und der FDP)

die mit dem Ideologiebaukasten der 90er-Jahre ans Werk gegangen ist.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion wird diesen Haushalt ablehnen.

Der Ministerpräsident hatte in seiner Regierungserklärung die Redewendung von Maß und Mitte zum Leitmotiv seines Kabinetts erhoben. Er und seine Regierung hätten darüber hinaus den Anspruch, Politik aus einem Guss zu machen.

Nun sind das eigentlich derart müde und abgegriffene Floskeln der politischen Rede, dass sie nur noch dazu taugen, die Aufmerksamkeit des Publikums in den Stand-by-Modus zu knipsen.

Wer hätte da ahnen können, meine Damen und Herren, welch kongeniale Regierungszusammenarbeit aus diesen Phrasen erwachsen würde? Wer hätte das ahnen können? Der Verkehrsminister plant die Abschaffung des Sozialtickets, und im Gegenzug will der Justizminister dafür sorgen, dass Schwarzfahren nicht mehr strafbar ist: Politik aus einem Guss, Maß und Mitte im NRW des Armin Laschet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, diesen Sarkasmus erlaube ich mir nur deshalb, weil die Regierung Laschet mit ihrem Plan, das Sozialticket abzuschaffen, gescheitert ist.

Für die betroffenen Menschen war schon allein dieser Versuch alles andere als witzig. Ich spreche von Menschen wie der 25-jährigen Jennifer aus Attendorn. Ihre Geschichte kann im Übrigen jeder auf „SPIEGEL ONLINE“ nachlesen:

Die alleinerziehende Mutter ist arbeitslos. Aber das will sie nicht bleiben. Deshalb fährt sie mehrmals in der Woche mit Bus und Bahn nach Olpe. Sie holt dort ihren Schulabschluss nach, um im nächsten Jahr eine Ausbildung zur Kinderpflegerin beginnen zu können. Ohne das Sozialticket könnte sie sich die Fahrt nach Olpe gar nicht leisten – und damit auch nicht den sozialen Aufstieg, an dem sie hart arbeitet.

Deshalb haben SPD und Grüne dieses Ticket vor sieben Jahren eingeführt: für Menschen wie Jennifer aus Attendorn, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

CDU und FDP wollen ihr dieses Sozialticket wieder wegnehmen. Und wofür? Für den Straßenbau, für läppische 4 km neue Landstraße im Jahr. Dafür hätte diese Regierung billigend in Kauf genommen, dass der öffentliche Nahverkehr für Hunderttausende Menschen in Nordrhein-Westfalen unbezahlbar geworden wäre.

Jetzt, nachdem ein Sturm der Empörung diesen kaltherzigen Plan zerfleddert hat, soll alles nicht so gemeint sein. Armin Laschet, zu jeder Zeit – das will ich durchaus einräumen – ein Großmeister der Beschwichtigung und Beschönigung, spricht gar von einem Missverständnis – als hätte seine Regierung zwar „Sozialticket streichen“ gesagt, aber doch eigentlich „Sozialticket behalten“ gemeint. Solch ein Unsinn!

(Beifall von der SPD)

Kaum etwas war in den vergangenen Monaten so unmissverständlich wie Ihr Plan, dieses Sozialticket abzuschaffen. Denn das haben Sie über Jahre hinweg immer gefordert.

(Sarah Philipp [SPD]: Genau!)

Schon bei der Einführung dieses Tickets schwadronierte der CDU-Abgeordnete Henning Rehbaum über eine sozialistische Rolle rückwärts,

(Lachen von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

die seine Fraktion rundweg ablehne. Noch vor zehn Monaten nannte der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Klaus Voussem, das Sozialticket einen verkehrspolitischen Irrweg

(Sarah Philipp [SPD]: Das hat er gesagt!)

und finanzpolitischen Unsinn.

(Zuruf von der SPD: Hört! Hört!)

Das Sozialticket, so der Kollege Voussem unter großem Applaus seiner Fraktion, sei eine rein konsumtive Ausgabe, was im konservativen Milieu ja nichts weiter als ein Codewort für „Verschwendung“ ist. Er und seine Fraktion verlangten die Streichung dieses Sozialtickets und die Umschichtung von 40 Millionen €, die dafür zur Verfügung standen, in den Straßenbau. Genau das hatten Sie jetzt auch vor.

Wo ist denn da das Missverständnis? Sie wollten doch nie ein Sozialticket. Sie wollten es schon immer abschaffen. Das Einzige, was Sie davon abhält, ist die Empörung der Öffentlichkeit. Das Einzige, was Sie bedauern, ist das PR-Desaster, das Ihnen Ihr Verkehrsminister eingebrockt hat. An Ihrer Überzeugung hat sich nichts geändert.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, aus dem gescheiterten Versuch, dieses Sozialticket abzuschaffen, kann man zwei Dinge über die Regierung Laschet lernen:

Erstens. Das Versprechen auf sozialen Aufstieg wird diese Regierung nicht einlösen.

Zweitens. An das Versprechen, wer hart arbeite, werde auch in Wohlstand leben können, das der Minister ein ums andere Mal wiederholt, glaubt seine Regierung gar nicht. Diese Regierung glaubt nicht an staatliche Programme gegen soziale Ungleichheit. Sie glaubt auch nicht an sozialstaatliche Initiativen für Chancengleichheit oder an Regeln für mehr Leistungsgerechtigkeit. Sie ist davon überzeugt, dass soziale Probleme durch die Kräfte des Marktes gelöst werden – oder eben nicht.

Woran diese Regierung aber sehr wohl glaubt, ist die Macht der Symbole und Images. Weil sie weiß, dass ihre sozial- und wirtschaftspolitischen Überzeugungen in einem toxischen Image münden würden, werden diese getarnt und versteckt. Aus Angst vor Demaskierung versteckt diese Regierung ihre Überzeugungen hinter Maß-und-Mitte-Plattitüden oder einer Aufstiegsrhetorik, die durch keinerlei konkrete Maßnahmen gestützt wird.

Doch immer dann, wenn sich diese Regierung sicher fühlt, schlägt sie zu, und zwar in Form ihrer sogenannten Entfesselungspakete, die in Wahrheit Entrechtungspakete sind, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU – Zurufe von der CDU: Oh! – Henning Höne [FDP]: Das Recht auf Spionage wollen wir streichen!)

Durch ihre Bundesratsinitiative gegen das Arbeitszeitgesetz und erst recht durch die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten in Nordrhein-Westfalen nimmt diese Regierung gerade Arbeitnehmerinnen wichtige Schutzrechte. Denn es sind vor allem Frauen, die im Einzelhandel arbeiten und die durch diese Koalition einer gnadenlosen Flexibilisierung von Arbeitszeiten ausgesetzt werden.

(Henning Rehbaum [CDU]: Haben Sie sie mal gefragt?)

Es hat doch Gründe, meine Damen und Herren, warum 40 % der alleinerziehenden Mütter Hartz IV beziehen müssen. Das hat doch Gründe. Es liegt auch an ultraflexiblen Arbeitszeiten in Dienstleistungsbranchen, die mit der Betreuung von kleinen Kindern unvereinbar sind.

Durch Ihre Entrechtungspolitik drängen Sie alleinerziehende Mütter vom Arbeitsmarkt. Es gibt doch kein Kitaangebot, das in der Lage wäre, zusätzliche Sonntagsschichten, Arbeitszeiten bis 24 Uhr oder Siebentagewochen aufzufangen. Das gibt es nicht. Und Sie werden ein solches Angebot überhaupt nicht zustande bringen, meine Damen und Herren. Sie doch nicht!

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Kurzum: Ihre Politik ist frauenfeindlich, sie ist familienfeindlich, und sie ist im Übrigen auch verfassungswidrig, was die schon anrollende Klagewelle gegen Ihr Gesetz beweisen wird, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Ein außerordentlich düsteres Kapitel der Entfesselungs- und Entrechtungspolitik dieser Koalition wird der Mieterschutz sein. CDU und FDP sind nach wie vor fest entschlossen, die Mietpreisbremse abzuschaffen, die Umwandlung von Miet- in Ferienwohnungen zu erleichtern und die Kündigungsfristen bei Eigenbedarfsklagen zu verkürzen.

Mehr als 10 Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen werden davon betroffen sein. Viele von ihnen werden bald noch höhere Mieten zahlen müssen.

(Henning Rehbaum [CDU]: Weil Sie keine Wohnungen gebaut haben!)

Zu viele von ihnen werden sich das Leben in ihren Wohnungen nicht mehr leisten können. – Sie können ruhig lachen. Aber das ist so. Und das droht längst nicht mehr nur Geringverdienern, sondern mittlerweile auch Familien aus der Einkommensmitte in Düsseldorf, in Köln, in Münster und in vielen anderen Städten unseres Landes.

Durch die geplante Entrechtung von Millionen Mietern in Nordrhein-Westfalen wird doch keine einzige neue und bezahlbare Wohnung entstehen. Im Gegenteil: Die Wohnungsnot wird noch größer werden.

Aber was antwortete der Ministerpräsident, als er von Anne Will vor einem Millionenpublikum auf die geplante Abschaffung der Mietpreisbremse angesprochen wurde?

(Marc Herter [SPD]: Das war ein Highlight!)

Rechtfertigte er die Pläne seiner Koalition? Nein, er leugnete sie. Niemand in NRW habe die Absicht, die Mietpreisbremse abzuschaffen.

(Lachen von der SPD – Sarah Philipp [SPD]: Guter Mann!)

Er sagte die Unwahrheit. Die Aufzeichnung vom 27. August 2017 ist immer noch in der ARD-Mediathek abrufbar.

(Nadja Lüders [SPD]: In der „heute-show“!)

Ab Sendeminute 55 kann man mit ansehen, wie aus Ängstlichkeit um Ruf und Image plötzlich Panik wird.

Vor Armin Laschet saß im Übrigen eine alleinerziehende Mutter, die sich ihre Wohnung nicht mehr leisten kann und schon bald mit ihren Kindern ausziehen muss, aber keine neue Wohnung findet.

Da kann man – das gebe ich gerne zu – mit der Abschaffung von Mieterrechten natürlich nicht punkten.

Trotzdem, Herr Laschet: Von einem Ministerpräsidenten muss man erwarten, dass er aufrecht und ehrlich seine Politik rechtfertigt. Was Sie sich da geleistet haben, war Ihres Amtes nicht würdig, Herr Ministerpräsident.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, die Mietwohnungspolitik der Koalition hat gravierende Auswirkungen auf die Heimat und das Heimatgefühl der Menschen in Nordrhein-Westfalen.

Diese Regierung rühmt sich, für Heimat ein eigenes Ministerium geschaffen zu haben. Aber was versteht denn Ihre Ministerin unter Heimat? Und noch wichtiger: Was versteht sie unter Heimatpolitik?

Wenn man zusammensucht, was sie in den letzten Monaten dazu gesagt und auf den Weg gebracht hat, findet man fast ausschließlich Reminiszenzen an die gute alte Zeit: Förderprogramme für Denkmalschutz und Traditionspflege, Straßenschilder in Plattdeutsch, die geplante Show „Promis erzählen von früher“, nicht zuletzt das große Lob für Mutters Bohneneintopf.

Ich suche die Ministerin.

(Zurufe von der SPD: Sie kocht gerade! – Sie sucht die Heimat! – Sie ist in der Heimat!)

Ich will ihr nämlich Folgendes sagen – man kann es ja an sie weitergeben –: Die Ministerin wäre die ideale Direktorin eines Freiluftmuseums. Aber ihr bisheriges Wirken qualifiziert sie nicht für das Amt der Heimatministerin.

(Beifall von der SPD)

Für das, was da erzählt wird, was sie vorhat, gilt: Das kann man ja alles machen – am Rande. Aber das darf doch nicht im Zentrum stehen. Wenn Heimat zu einem Museum wird, gibt es sie nicht mehr. Heimat muss doch Zukunft bedeuten. Politik für die Heimat der Menschen ist Politik für öffentliche Lebensqualität, für lebenswerte Städte, für Gemeinden und Wohnviertel mit ansehnlichen Straßenzügen,

(Henning Rehbaum [CDU]: Industrieparks!)

mit guter ÖPNV-Anbindung, mit guten Schulen und Kitas, die schnell erreichbar und gebührenfrei sind, mit fußläufig erreichbaren Ärzten und Einkaufsmöglichkeiten.

(Zurufe von der CDU)

Nicht zuletzt geht es um gute und bezahlbare Wohnungen. Damit bin ich wieder beim Thema. Sie schaffen nicht nur Mieterschutzrechte ab; sie kürzen auch den öffentlich geförderten Mietwohnungsbau, und zwar drastisch, nämlich um fast 30 %, meine Damen und Herren. Gerade in einer Zeit, in der die Wohnungsnot immer schlimmer wird, reißen Sie Dämme gegen Mieterhöhungen nieder und verknappen absichtlich das Angebot an neuen mietpreisgebundenen Wohnungen.

Das ist alles so falsch, so verrückt und so ideologiegesteuert, dass ich mich frage, ob Sie Wohnungsnot überhaupt für ein Problem halten, um das sich eine Regierung kümmern müsste. Ich glaube das nicht mehr. Ihnen scheint das Problem egal zu sein, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Fest steht jedenfalls eines: Diese Marktentfesselungsideologie dieser Mitte-rechts-Regierung wird scheitern. Mit ihr wird diese Regierung scheitern. Allerdings werden sich bis dahin zu viele Menschen in Nordrhein-Westfalen ihre Wohnungen und schlimmstenfalls auch ihre Heimatorte nicht mehr leisten können. Das wird das zweifelhafte Vermächtnis dieser Heimatministerin sein.

Meine Damen und Herren, die beiden Regierungsparteien haben ihren Wahlkampf vor allem mit den Themen „Bildung“ und „innere Sicherheit“ bestritten. Sie haben mit großem Erfolg den Eindruck erweckt, als hätten sie durchdachte Konzepte in den Schubladen, die nur darauf warteten, verwirklicht zu werden.

(Zuruf von der CDU: Nur keinen Neid!)

Jetzt, nach einem halben Jahr Schwarz-Gelb, müssen wir feststellen: Dem ist gar nicht so. „Learning by Doing“ lautet das Motto. Improvisation gilt jetzt als Regierungskunst.

In der Schulpolitik wurden bisher nur hehre Ziele verkündet, aber keine Konzepte vorgestellt: kein Konzept für Bildungsgerechtigkeit, kein Konzept für einen reibungslosen Übergang zu G9 und erst recht kein Konzept gegen den Lehrermangel. Frau Ministerin Gebauer, Sie laufen Gefahr, Ihre Energien für Schein- und Übergangslösungen zu verschwenden. Den Lehrermangel werden Sie weder durch Seiteneinsteiger noch durch halbherzige Werbekampagnen beheben.

(Zurufe von der CDU)

Es hat doch seinen Grund, warum das Lehramtsstudium lang und anspruchsvoll ist.

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Die Kinder in Nordrhein-Westfalen brauchen Lehrerinnen und Lehrer mit der bestmöglichen Ausbildung.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Aber nicht erst seit einem Jahr!)

Aus diesem Grund werden Sie zwei grundlegende Entscheidungen treffen müssen.

Erstens: eine qualitative und quantitative Lehrerausbildung in Nordrhein-Westfalen mit mehr Studienplätzen und einer besseren Betreuung der Studierenden.

Zweitens: gleiche Besoldung für die gleiche Ausbildung,

(Dietmar Brockes [FDP]: Wer hat denn da gar nichts gemacht?)

und zwar unabhängig von der Schulform. Das bedeutet: A13 auch für Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer.

(Beifall von der SPD)

Frau Ministerin, eine Spitze kann ich Ihnen nicht ersparen. Sie betrifft den Unterrichtsausfall. Zu Ihren Oppositionszeiten haben Sie uns immer erzählt, im Zeitalter der Digitalisierung sei nichts einfacher als die schulscharfe Erfassung des Unterrichtsausfalls;

(Zuruf von der SPD: Das stimmt; das hat sie gesagt! – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

dazu müsse man nur einen Knopf drücken; das ließe sich doch ratzfatz einrichten.

Diesen Knopf gibt es nach 204 Tagen Schwarz-Gelb immer noch nicht.

(Zuruf von der SPD: Den hat sie noch nicht gefunden!)

Was es aber gibt, sind 183 neue Stellen allein zur Erfassung des Unterrichtsausfalls –

(Zurufe von der CDU)

183 Beamte und Angestellte, um einen Knopf zu drücken.

(Beifall von der SPD – Sarah Philipp [SPD]: Nicht schlecht! Das ist ordentlich!)

Frau Ministerin, ich weiß ja nicht, wer sich das bei Ihnen ausgedacht hat. Aber es muss ein großer Loriot-Fan gewesen sein.

(Heiterkeit von der SPD)

Noch unterhaltsamer ist freilich die Posse, die diese Regierung mit der sogenannten Bosbach-Baum-Kommission zur inneren Sicherheit aufgeführt hat. Dabei hätte man doch glauben können, dass die CDU, die innere Sicherheit ihre Kernkompetenz nennt, eine solche Kommission überhaupt nicht nötig hätte.

Umso erstaunter ist man, wenn man den Themenkatalog der Kommission gelesen hat: Aufgaben der Polizei, Ausstattung der Polizei, Personalbedarf der Polizei, nationale und internationale Zusammenarbeit der Polizei und vieles mehr. Das ist deshalb so erstaunlich, weil das Land schon seit Längerem eine Organisation mit Expertinnen und Experten für diese Themen hat. Sie nennt sich Innenministerium.

Die Fragen, um die sich Ihre eigenartige Kommission nun kümmern soll, sind eigentlich das Alltagsgeschäft des Innenministeriums. Irgendwann gegen Ende der Legislaturperiode soll die Kommission ihre Ergebnisse vorlegen. Womit sollen sich in der Zwischenzeit der Innenminister und seine Beamtinnen und Beamten beschäftigen? Etwa mit so peinlichen PR-Clownerien wie den sogenannten Sicherheitspartnerschaften zwischen Regierung und Taxifahrern?

(Dr. Marcus Optendrenk [CDU]: Blitzmarathon!)

„Vorgegaukelte Sicherheit“ nennt der WDR das.

(Beifall von der SPD – Zuruf)

„Augenwischerei“ nennt es die „Neue Westfälische“, und einen „PR-Gag“ nennt es das „Westfalen-Blatt“. Die „Rheinische Post“ schrieb gar von „Sicherheitspolitik auf Pfadfinder-Niveau“. Ich habe dem nichts hinzuzufügen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Die Wahrheit über die Bosbach-Baum-Kommission ist indes banal: Sie war ein Wahlkampf-Gag. Jetzt, nach der Wahl, ist sie nur noch lästig. Sie hängt Ihnen zwischen den Zähnen wie ein sehniges Schnitzel.

(Vereinzelt Heiterkeit von der SPD)

Deshalb wurde sie mit derart vielen Themen und Aufgaben überfrachtet, dass sie im Regierungsalltag nicht mehr stören kann. Die Bosbach-Kommission ist eine „Man-müsste-mal“-Kommission ohne praktische Relevanz.

Gerhart Baum hat das schnell erkannt. Dafür war ihm seine Zeit zu schade. Ich kann das gut verstehen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD – Marc Herter [SPD]: Sein guter Ruf auch!)

Nach sechs Monaten im Amt deutet sich also einmal mehr an, dass diese Koalition auch in der inneren Sicherheit mehr versprochen hat, als sie halten kann.

Die Wirtschafts- und Industriepolitik ist ein weiteres Feld, auf dem sich die vollmundigen Versprechungen dieser Regierung so schnell auflösen wie Frühnebel in der Morgensonne.

So erklärte der Ministerpräsident in den „Westfälischen Nachrichten“:

„Wir brauchen eine Wirtschaftspolitik, die auch den energieintensiven Industriesparten Stahl, Aluminium, Chemie, Glas und Papier einen zukunftssicheren Standort in Deutschland, nicht zuletzt in Nordrhein-Westfalen, bietet.“

So weit ist das richtig, Herr Ministerpräsident. Allerdings brauchen wir dafür auch eine Landesregierung, die mit vollem Einsatz für einen zukunftssicheren Industriestandort arbeitet. Aber die haben wir seit Juni nicht mehr.

Was wir haben, das ist eine Landesregierung, die mit vollem Einsatz in politische PR-Ballons pustet – mit vollem Einsatz! Diese Regierung schafft es ja noch nicht einmal – das ist doch peinlich –, einen Stahlgipfel zuwege zu bringen. In einer Zeit, in der Tausende Beschäftigte in Duisburg, in Mülheim, in Mönchengladbach und in vielen anderen Städten Angst um ihre Arbeitsplätze haben müssen, laden Sie zu einem Gipfel ein, um über allgemeine Leitlinien der Industriepolitik zu diskutieren.

Gleichzeitig verweigern Sie den eingeladenen Vertretern der IG Metall und den Betriebsräten ein Gespräch über einen Beitrag der Landesregierung zur Rettung bedrohter Industriearbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen. Sie wollten mit den Gewerkschaften und den Betriebsräten noch nicht einmal reden.

(Ministerpräsident Armin Laschet: Wir haben mit denen geredet!)

Diese Landesregierung wollte noch nicht einmal zuhören. Als Komparsen für einen PR-Gipfel waren Ihnen die Arbeitnehmervertreter willkommen, aber nicht als Gesprächspartner, die Sorgen vortragen und kritische Fragen stellen,

(Ministerpräsident Armin Laschet: Das ist doch Quatsch!)

und das in Nordrhein-Westfalen, dem Mutterland der Sozialpartnerschaft. Was würde wohl Karl Arnold darüber denken? Er würde sich für seine Partei schämen, meine Damen und Herren. Schämen würde er sich!

(Beifall von der SPD)

Niemand kann doch den Gewerkschaften verdenken, dass sie sich nicht als Staffage für eine PR-Veranstaltung benutzen lassen wollen.

Der Ministerpräsident hatte in seiner Regierungserklärung versprochen, unter seiner Führung werde Nordrhein-Westfalen einen nie gekannten Einfluss auf die Bundespolitik ausüben.

Wie groß sein Einfluss tatsächlich ist, war dann im Vorfeld des ersten Dieselgipfels zu beobachten. Nach dem Motto „fordern, was ohnehin kommen wird“ gab er bereits von anderen ausgehandelte Ergebnisse des Gipfels als knallharte NRW-Forder-ungen aus. In Berlin – das haben wir ja alle gemeinsam erlebt – hat man darüber gelacht, weil jeder wusste, welchen Anteil der NRW-Ministerpräsident an dem ausgehandelten Maßnahmenpaket hatte – nämlich gar keinen.

Für unser Land hat der Ministerpräsident nichts erreicht – bis heute nicht. Dabei hat der Dieselskandal kein Bundesland härter getroffen als Nordrhein-Westfalen. Das gilt sowohl für die Gesundheitsgefahren durch überhöhte Stickstoffemissionen als auch für die Anzahl der Städte, in denen nun Fahrverbote drohen. Und noch immer hat diese Landesregierung keine Maßnahmen durchsetzen können, die die Gesundheit der Menschen schützen und Fahrverbote abwenden würden.

Schlimmer noch: Sie haben noch nicht einmal einen Plan dafür. Ihre einzige Hoffnung ist das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, das in letzter Sekunde die Fahrverbote stoppen könnte. Das ist der Strohhalm, an den sich die Regierung klammert. Wenn dieser Strohhalm aber umknickt, dann, verehrte Kollegen Laschet und Wüst, werden die unausweichlichen Fahrverbote auch Ihre Fahrverbote sein. Denn Sie haben nichts dagegen getan, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN )

Die Jamaika-Sondierungen waren dann die nächste große Bewährungsprobe für den bundespolitischen Einfluss des Ministerpräsidenten. Und tatsächlich hatte er für sich eine Hauptrolle vorgesehen: Für die Interessen Nordrhein-Westfalens und seiner Industrie werde er in Berlin einen Krach anfangen, wenn es sein müsse. Schließlich gehe es um Zehntausende Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen, je nachdem, wie real oder irreal man glaubt, die Energiepolitik ordnen zu müssen, so Armin Laschet im Vorfeld der Jamaika-Verhandlungen.

Schon als Oppositionsführer – das haben wir noch gut in Erinnerung – sparte er beim Thema „Energie und Braunkohle“ nicht mit Pathos. Wäre er Ministerpräsident, so Armin Laschet in der Debatte zum Haushalt 2015, dann würde er – Zitat – „für den letzten, den allerletzten und für jeden einzelnen Arbeitsplatz im Bereich der Braunkohle kämpfen.“ Denn das diene unserem Land.

Doch dann konnte man am 27. November in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ nachlesen, was es konkret bedeutet, wenn Armin Laschet für die Interessen Nordrhein-Westfalens einen Krach anfängt, um für den letzten, den allerletzten und für jeden einzelnen Arbeitsplatz zu kämpfen. Da kann man das nachlesen.

An einem späten Mittwochabend diskutierte er bei einem Glas Wein mit der Bundeskanzlerin und ihrem Kanzleramtschef über die deutschen Klimaschutzziele und die Zukunft der Braunkohle. Die Bundeskanzlerin wollte den Grünen anbieten, die Leistung der Kohlekraftwerke um 7 GW zu reduzieren. Das hätte in der Folge nicht nur zu höheren Stromkosten geführt und die Versorgungssicherheit gefährdet, sondern das hätte auch Tausende Arbeitsplätze in Nordrhein-Westfalen bedroht – nicht nur im Energiesektor. – Das war allen klar, auch Ihnen, Herr Laschet.

(Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

Für den NRW-Ministerpräsidenten wäre das ja der Zeitpunkt gewesen, um einen Krach anzufangen, um endlich Einfluss zu nehmen. Doch was tat der Ministerpräsident? Er sagte: Okay, dann bieten wir eben 7 GW an. – Das war alles. Das war sein Kampf für die Interessen unseres Landes.

Herr Ministerpräsident, wie lange hat denn dieser Kampf gedauert? Ein Glas Wein oder zwei Gläser? Ein halbes Stündchen oder ein ganzes? Ganz gleich, wie lange: Der Ministerpräsident war doch bereit.

Ich zitiere:

Den Industriestandort Nordrhein-Westfalen vorsätzlich zu schwächen, das ist das bittere Fazit, das Christian Lindner nach den Jamaika-Sondierungen ziehen musste.

Und er fügte hinzu:

„Ganz NRW wäre von dieser Jamaika-Politik betroffen gewesen. Bei sieben Gigawatt weniger Kohlestrom wäre es im rheinischen Braunkohlenrevier zu ‚echten Strukturbrüchen‘ und sozialen Verwerfungen gekommen.“

Wohlgemerkt, die Rede ist von einem Ministerpräsidenten, der einst beteuert hatte, für jeden Industriearbeitsplatz kämpfen zu wollen. Das war das Ergebnis des Abends bei einem Glas Wein mit der Bundeskanzlerin.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN )

„Die Wahrheit ist, dass Armin Laschet NRW-Industriearbeitsplätze auf dem schwarz-grünen Koalitionsaltar geopfert hätte.“

Auch das sind nicht meine Worte. Das ist das vernichtende Urteil von Johannes Vogel, dem Generalsekretär der NRW-FDP. Es ist das vernichtende Urteil, Herr Ministerpräsident, Ihres eigenen Koalitionspartners in Nordrhein-Westfalen. So viel zu Ihrem Durchsetzungsvermögen im Bund, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Nach gut sechs Monaten im Amt steht fest: Für Nordrhein-Westfalen kämpft der Ministerpräsident nur in Interviews. Er ist ein Held des Wortes, aber schwach in der Tat.

Ja, Herr Ministerpräsident Laschet, ich muss Ihnen das sagen: Sie sind ein schwacher Ministerpräsident.

(Beifall von der SPD – Lachen und Zurufe von der CDU: Oh!)

Ihre Aufbruchsrhetorik wirkt gekünstelt, Ihr Optimismus aufgesetzt, Ihr sozialpolitisches Mitgefühl bloß ausgestellt. Sie wollten ein Ministerpräsident sein, der das Selbstbewusstsein eines stolzen Nordrhein-Westfalens verkörpert.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Wir können ja so viel von Ihnen lernen!)

Nun sind Sie ein Ministerpräsident, der Fehlentscheidungen, Misserfolge und Blamagen zu verantworten hat – politische und personelle im Bund und im Land. So viel als Fazit zu Ihrer ersten Zeit.

Und jetzt rufen Sie die Sozialdemokratie zur Hilfe. „In der Industriepolitik setze ich auf die SPD“, haben Sie gesagt. Jetzt sollen wir Ihnen aus der Patsche helfen.

(Lachen und Zurufe von der CDU: Oh! – Michael Hübner [SPD]: Da müsst ihr selber lachen!)

Jetzt sollen wir über die Bundespolitik für Weichenstellungen und Investitionen sorgen, die Sie selbst nicht zustande gebracht haben – in der Industrie- und Energiepolitik, beim Wohnungsbau oder bei Investitionen in ein besseres und gerechteres Bildungssystem. Tatsächlich – ja, ich gebe es zu – hat die SPD in den fünf Tagen der Sondierungen in Berlin mehr für Nordrhein-Westfalen erreicht als der Ministerpräsident in den wochenlangen und schließlich gescheiterten Jamaika-Verhandlungen. Ja, das ist so.

(Beifall von der SPD – Marc Herter [SPD]: So ist das! – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP] – Zurufe von der CDU)

– Die Wahrheit tut weh; ich weiß das.

In ihrer Not greift die Regierung des Ministerpräsidenten jetzt in der Landespolitik selbst auf sozialdemokratische Rezepte zurück, indem sie die industriepolitischen Leitlinien der Regierung Kraft übernehmen will. Das ist auch nicht falsch; das ist gut und richtig für unser Land.

In den letzten fünf Jahren unserer Regierungszeit sind in Nordrhein-Westfalen mehr als 700.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze entstanden, allein 400.000 in den letzten zwei Jahren. In Nordrhein-Westfalen gibt es ein robustes Wirtschaftswachstum und einen Gründerboom, und nichts, aber auch gar nichts davon geht auf das Konto dieser Koalition, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Präsident André Kuper: Herr Römer, gestatten Sie die Zwischenfrage des Abgeordneten Beckamp?

Norbert Römer (SPD): Halten wir das einmal fest: Bei der Schaffung von Arbeitsplätzen steht es zwischen Rot-Grün und Schwarz-Gelb – Stand heute – 700.000 zu null. Den Rückstand müssen Sie erst einmal aufholen.

Präsident André Kuper: Herr Römer, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Norbert Römer (SPD): Nein.

Präsident André Kuper: Gut.

Norbert Römer (SPD): Gleichwohl weiß ich, dass die vielen Arbeitsplätze, die im Dienstleistungssektor entstanden sind, bei Weitem nicht so gut bezahlt sind und weniger soziale Sicherheit bieten als die Arbeitsplätze in der Industrie. Ich weiß auch, dass die Menschen, die dort Arbeit gefunden haben, nicht das Gefühl haben, ihnen sei irgendetwas geschenkt worden.

Zu viele Menschen, die ihr Leben lang hart gearbeitet haben, müssen befürchten, dass ihre Rente trotzdem nicht reichen wird oder dass ihre Kinder nicht die Aufstiegschancen haben, die sie verdienen. Sie befürchten, dass Bildung, Aufstieg und soziale Sicherheit ein Nullsummenspiel sind: Deine Chancen gehen zulasten meiner Chancen. – Doch das darf und muss auch nicht sein.

Wir haben in unserer Regierungszeit vieles auf den Weg gebracht, um dieses Nullsummenspiel zu beenden. Wahrscheinlich war das nicht genug – ich weiß das –; denn wenn wir alles richtig gemacht hätten, hätten wir die Wahl nicht verloren. Das ist völlig klar.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Nein, doch nicht komplette Amnesie!)

– Ja, wir haben das durchaus begriffen, und das arbeiten wir jetzt auf.

CDU und FDP haben ihren Erfolg nicht begriffen. Sie glauben, Sie könnten mir Ihrer Marktentfesselungsideologie einfach dort weitermachen, wo Sie 2010 aufhören mussten.

Diese Landesregierung wollte die Menschen glauben machen, sie hätte einen Zauberstab, mit dem sie die Probleme des Landes lösen könnte. Doch dem ist nicht so. Das Einzige, was sie anzubieten hat, ist das Programm einer profanen Mitte-rechts-Regierung: Deregulierung und Marktentfesselung. Das ist das Einzige, was Sie anzubieten haben.

Diese Regierung kann nicht zaubern. Sie ist inzwischen schon entzaubert. Bereits nach fünf Monaten war die Regierung Laschet – ich habe es vorhin einzeln nachgewiesen –

(Lachen von Josef Hovenjürgen [CDU])

eine Regierung gebrochener Versprechen. Nach fünf Jahren wird sie eine Regierung der enttäuschten Hoffnungen sein.

Für mehr Gerechtigkeit, für Innovation, für soziale Sicherheit bedarf es auf Dauer neuer Mehrheiten, und zwar jenseits der Union in Deutschland, in Nordrhein-Westfalen. – Vielen Dank für das Zuhören. Glück auf für unser Land, meine Damen und Herren!

(Anhaltender Beifall von der SPD)

Präsident André Kuper: Herr Römer, bleiben Sie bitte am Redepult stehen. Es gibt eine Kurzintervention der AfD. Dazu erteile ich dem Abgeordneten Beckamp das Wort.

Norbert Römer (SPD): Das ist zwar unüblich, aber in Ordnung.

Roger Beckamp (AfD): Vielen Dank, Herr Römer. Der Raum füllt sich immer mit sozialer Wärme, wenn Sie sprechen. Das war auch heute wieder der Fall. Vielen Dank dafür.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich frage mich, ob diese soziale Wärme auch zu spüren war, als Sie gestern mit den anderen Fraktionen, außer uns, im Hinterzimmer ausgekungelt haben, dass die Personalausgaben für Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen um 14 Millionen € aufgestockt werden. War da auch eine soziale Wärme im Raum zu spüren? Haben Sie da an die alleinerziehende Mutter Jennifer gedacht? Haben Sie dabei auch an die Arbeitslosen in der Stahlbranche gedacht?

Das sind Fragen, die ich mir stelle, die ich leider nicht zwischendurch stellen konnte, weil Sie das nicht zugelassen haben. Insofern fassen Sie es als rhetorische Fragen auf.

Mit keiner Silbe haben Sie in Ihrer Rede erwähnt, dass Sie, ohne den Haushaltsausschuss in irgendeiner Form hinzuzuziehen, im Hinterzimmer einfach 14 Millionen € mehr aus der Staatskasse geholt, sich den Staat zur Beute gemacht haben. Das ist Ihnen keine Debatte wert. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Norbert Römer (SPD): Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir nehmen unsere Verantwortung als Opposition wahr. Ich gehe davon aus, dass CDU und FDP als Regierungskoalition dies genauso handhaben. Das ist gerade in meiner Rede deutlich geworden. Ich bin gespannt, wie Sie darauf reagieren werden.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Römer. – Für die CDU hat nun Herr Löttgen das Wort.

Bodo Löttgen (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor Beginn einer abschließenden Haushaltsberatung in dritter Lesung fragt man sich: Tritt das Erwartbare ein, eine Fundamentalkritik der Opposition am Regierungshandeln, oder sind vielleicht konstruktive Ansätze erkennbar? Antwort: Beides war der Fall. Viel vom Ersten, sehr wenig leider vom Zweiten.

Trotzdem will ich für die konstruktiven Beratungen einiger Haushaltsanträge – zur NRW-Stiftung, zur Kriegsgräberfürsorge, den Gedenkstättenfahrten oder auch einem „Haus der Landesgeschichte“ – ausdrücklich auch den beiden Oppositionsfraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen danken.

Zur Kritik des Fraktionsvorsitzenden Norbert Römer: Zunächst, Herr Römer, muss ich mich herzlich dafür bedanken, dass Sie so eng und so nah am Haushalt gesprochen haben. Es war für jeden erkennbar, dass der Haushalt Grundlage Ihrer Rede war.

(Svenja Schulze [SPD]: Genau!)

Sie verzeihen mir den Sarkasmus, der da mitschwingt. Aber wäre Ihre Rede mit Vermutungen, mit Berichten vom Hörensagen, mit Fischen im Trüben Gegenstand der allmorgendlichen „Copacabana“-Boys Jötz, Jürgen und Jünter im Radio gewesen, dann wäre vermutlich auch deren immer wiederkehrendes Fazit für Ihre Rede die richtige Zusammenfassung: Klingt interessant, war es aber nicht.

(Beifall von der CDU und der FDP – Marc Herter [SPD]: Das war aber falsch zitiert! – Nadja Lüders [SPD]: Wir sind jetzt mal auf Ihre Rede gespannt!)

Im Übrigen zitiere ich, was Ihre Kritik an der Heimatministerin angeht: „Nur wer weiß, woher er kommt, weiß, wohin er geht.“ Dazu sage ich Ihnen: Lieber einmal und ab und zu an früher denken, als ständig, wie Sie, im Gestern leben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das, lieber Herr Römer, ist auch in einer sehenswerten Fernsehsendung des WDR am 5. Januar um 20:15 Uhr mit dem Titel „Der lange Abschied von der Kohle“ deutlich geworden, unterlegt von einem höchst hörenswerten Soundtrack der Bochumer Symphoniker.

Mich jedenfalls haben die Lebensgeschichte und viel mehr noch die Gesichter und Emotionen der Bergleute daran erinnert, was unsere gemeinsame Aufgabe in diesem Landtag ist: Bei allem Streit, bei allem, was uns trennt, tragen wir eine gemeinsame Verantwortung für unser Land. Wir werden nicht nur als Parteien, nicht als Fraktionen, sondern als Politiker daran gemessen, ob es uns gelingt, die großen Probleme unseres Landes zu lösen.

Deshalb hat die Einordnung von Herrn Professor Heinrich Theodor Grütter, Direktor des Ruhr Museums, gegen Ende des Films, wie ich meine, über das Ruhrgebiet hinaus für uns alle in Nordrhein-Westfalen besondere Bedeutung. Ich zitiere:

Wenn die letzte Zeche geschlossen wird, ist, glaube ich, allen Beteiligten klar, dass das, was früher war, nie wieder kommen wird und wir uns jetzt endgültig in die Zukunft hineinbewegen, und das ist ein mentaler Bruch. Das ist das, wo wir im Moment noch einmal daran erinnert werden – kulturell –, woher wir kommen, wo wir sind und wohin wir gehen. In diesem Moment befinden wir uns derzeit, und das ist ein spannender Moment, auch ein wichtiger Moment, weil jetzt, glaube ich, alle Fragen der Neuorientierung zielgerichtet noch einmal zur Verhandlung stehen. Und das ist, glaube ich, noch einmal die Chance des Ruhrgebiets zur Ausrichtung für die nächsten Jahrzehnte.

Soweit Herr Grütter.

Alle Fragen einer notwendigen Neuorientierung zielgerichtet betrachten, Chancen zur Neuausrichtung für die nächsten Jahrzehnte nutzen, sich bewusst werden, woher wir kommen, wo wir sind und wohin wir gehen, besser kann man die Herausforderungen der nordrhein-westfälischen Politik, aber auch die Zielvorstellungen unserer NRW-Koalition nicht beschreiben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sarah Philipp [SPD]: Wann kommt etwas zum Haushalt?)

Zu diesen Zielvorstellungen gehört es, die Interessen des einwohnerstärksten Bundeslandes, des Energie- und Industrielandes Nummer eins mit Nachdruck auf der Bundesebene in Berlin zu vertreten.

Schaffen wir es in Nordrhein-Westfalen, neue Kräfte und Potenziale zu entfesseln, dann ist das gut für Deutschland und für Europa. Ich will deshalb Ministerpräsident Armin Laschet ausdrücklich für seinen unermüdlichen Einsatz während der vielen Sonderungsgespräche in den zurückliegenden Wochen danken.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Das gilt ebenso für das große Engagement unseres stellvertretenden Ministerpräsidenten Joachim Stamp und weiterer Regierungsmitglieder während der Jamaika-Sondierung. Dabei ist mit Blick auf die Sondierungsgespräche mit der SPD in der vergangenen Woche eine interessante Ambivalenz in der Berichterstattung und Kommentierung zu bemerken.

(Nadja Lüders [SPD]: Und im Haushalt?)

Nimmt man die Mühen der Hin- und Rückfahrten auf sich, um einen lange zugesagten Termin in Nordrhein-Westfalen wahrzunehmen, wird dem Ministerpräsidenten unterstellt, er vernachlässige die Interessen seines Landes bei den Verhandlungen.

(Marc Herter [SPD]: Ja, tut er ja auch!)

Verhandelt er aber einen ganzen Tag und eine ganze Nacht in Berlin, bemängelt man seine fehlende Präsenz im Heimatland.

Ich darf feststellen, meine Damen und Herren: Beides ist falsch. Politik für Nordrhein-Westfalen wird in Nordrhein-Westfalen gemacht, ja, aber sie endet doch nicht an den Grenzen unseres Bundeslandes. Auch und gerade in Berlin und in Brüssel kann und muss man sich um die Belange Nordrhein-Westfalens kümmern.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Viel zu lange hat unser Land sein Gewicht bei wichtigen Verhandlungen in Berlin und Brüssel nicht in die Waagschale geworfen. Das politische und wirtschaftliche Schwergewicht Nordrhein-Westfalen war abgemeldet und die Verantwortlichen meist abgetaucht. Ich freue mich, dass unser Land durch den Ministerpräsidenten und die Mitglieder der Landesregierung jetzt wieder mit einer starken Stimme dort vertreten wird.

(Zurufe von Stefan Zimkeit [SPD] und Michael Hübner [SPD])

– Ich füge hinzu, Herr Hübner: Auch in den Ergebnissen der Sondierungsgespräche mit der SPD ist die nordrhein-westfälische Handschrift klar erkennbar. Das ist aus meiner Sicht eine gute Grundlage zur Aufnahme von Koalitionsgesprächen.

Zu diesem Ergebnis beigetragen hat auch der Einsatz des Landesvorsitzenden der SPD, Michael Groscheck, dem ich – auch wenn er nicht mehr Mitglied Ihrer Fraktion ist – ausdrücklich Anerkennung für seine abgewogene Stellungnahme zu den Sondierungsergebnissen zolle.

(Beifall von der CDU)

Die 28 Seiten beschreiben die zentralen Fragen und Herausforderungen für die Bundesrepublik in den kommenden Jahren.

(Michael Hübner [SPD]: Kommt dazu noch ein Haushaltsentwurf von Ihnen?)

Die unterscheiden sich – das ist wenig überraschend – kaum von den Fragen, die wir für unser Bundesland beantworten müssen, und den Herausforderungen, die in Nordrhein-Westfalen vor der Tür stehen – vieles übrigens seit Jahren nicht angepackt, seit Jahren ungelöst.

Der vorliegende Haushaltsentwurf für das Jahr 2018 – mit Einnahmen in Höhe von 74,5 Milliarden € und Ausgaben in der gleichen Höhe – gibt die richtige Antwort auf die Herausforderungen und unterlegt die Ziele der NRW-Koalition mit den notwendigen Haushaltsmitteln. Dabei ist dies seit 44 Haushaltsjahren der erste Landeshaushalt, der ohne neue Schulden auskommt.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Falsch!)

Das ist zu Recht historisch zu nennen und ein längst überfälliger Beitrag zur Generationengerechtigkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Die NRW-Koalition legt nach diesem Zeitraum den ersten Haushalt vor, der Einnahmen und Ausgaben in Balance bringt – verbunden mit dem Versprechen der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen, diese Balance bei allen regulären Haushalten während der gesamten Legislaturperiode nicht nur aufrechtzuerhalten, sondern jede Möglichkeit zu nutzen, um vorhandene Schulden abzubauen.

(Zuruf von der SPD: Das merkt man diesem Haushalt an!)

Die schwarze Null ist kein Fetisch, wie es eine ehemalige Ministerpräsidentin einmal formulierte, den es so schnell wie möglich zu erreichen gilt, und dann ist es gut. Im Gegenteil! Dass der Staat gerade in Zeiten günstiger Umstände mit den Mitteln auskommt, die er auf der Einnahmenseite verbucht, und zeitgleich den Startschuss zur Auflösung des Investitionsstaus gibt, macht es erst möglich, die Chancen zur Neuausrichtung für die nächsten Jahrzehnte zu nutzen.

Mit der Realisierung von drei Zielen zeigt der Finanzminister – auch bei der Zuordnung der finanziellen Verbesserungen im vorläufigen Haushaltsabschluss 2017 – klare Prioritäten: Neuverschuldung um 500 Millionen € reduzieren, Zukunftslasten absichern, kommunale Familie stärken.

Die Aufstockung des Pensionsfonds um weitere 680 Millionen € zeigt unsere Wertschätzung der guten und wertvollen Arbeit der rund 240.000 Beamtinnen und Beamten, Angestellten und Arbeiter in den Behörden, Landeseinrichtungen und Ministerien. Allein für das Jahr 2017 flossen damit 800 Millionen € zusätzlich in dieses Sondervermögen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

100 Millionen € frei werdende Mittel aus dem Haushalt 2018 nutzen wir, um unsere Kommunen bei der Integration von Flüchtlingen noch stärker entlasten zu können. Das entspricht einem 23%igen Anteil an der vom Bund für NRW vorgesehenen Integrationspauschale von 434 Millionen € für das Jahr 2018.

(Zuruf von Christian Dahm [SPD])

Das unterscheidet die NRW-Koalition von der rot-grünen Vorgängerregierung. SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben 2016 und 2017 jeweils 434 Millionen € Bundesmittel vereinnahmt, ohne den Kommunen auch nur einen Cent weiterzuleiten.

(Zurufe von der SPD)

Wir nutzen unsere Möglichkeiten, um den Städten und Gemeinden einen angemessenen Anteil an dieser Integrationsleistung zur Verfügung zu stellen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Michael Hübner [SPD]: Sie hatten 100 % versprochen! – Weitere Zurufe von der SPD)

Ich möchte unserem Finanzminister Lutz Lienenkämper herzlich danken, der mit diesen Maßnahmen und dem Haushalt 2018 die Basis für eine nachhaltige Finanzarchitektur des Landes Nordrhein-Westfalen gelegt hat.

Auf dieser Grundlage wollen und werden wir Schritt für Schritt

-    die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger verbessern,

-    ihr Engagement in und für unsere Gesellschaft wertschätzen,

-    dem Rechtsstaat in Zeiten terroristischer Bedrohung wirksame Instrumente an die Hand geben und seine Vertreter besser ausstatten und schützen,

-    den Aufstieg durch Bildung unabhängig vom Geldbeutel der Eltern ermöglichen,

-    individuelle Mobilität für alle ermöglichen – zuverlässig und unkompliziert, auf intakten Brücken und möglichst ohne Stau, mit attraktiven Angeboten im ÖPNV und auf der Schiene,

-    den Ausbau der digitalen Infrastruktur beschleunigen mit dem Ziel, die Chancen der Digitalisierung aktiv zu nutzen, um mit einer innovativen, vernetzten Wirtschaft die Voraussetzungen

(Frank Müller [SPD]: Wo lässt sich das im Haushalt ablesen?)

-    für Wachstum und Wohlstand von morgen zu schaffen sowie

-    den gesellschaftlichen Zusammenhalt aus verlässlichen sozialen Beziehungen, einer positiven Verbundenheit der Menschen mit ihrem Gemeinwesen und gelebter Solidarität mit den Schwächeren und Hilfsbedürftigen stärken und fördern.

Präsident André Kuper: Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Bodo Löttgen (CDU): Nein. – Wenn man suggeriert, das alles sei im Handstreich zu erledigen – wie Sie es eben noch getan haben, Herr Römer – und die Umsetzung dieser Maßnahmen müsse bereits nach einem halben Jahr Regierungszeit abgeschlossen sein, dann gehört man zu den Menschen, die glauben, dass Bleistifte Rechtschreibfehler machen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Wenn man allerdings, wie die NRW-Koalition, zu denjenigen gehört, die erst zuhören wollen, bevor sie entscheiden und handeln, dann kann man auch ohne Gehirngymnastik feststellen, dass wir es in jeder Legislaturperiode mit Sofortmaßnahmen, mit mittelfristig umsetzbaren Vorhaben und mit langfristigen Projekten zu tun haben.

(Frank Müller [SPD]: Aber die Zeit ist endlich, das wissen Sie schon! – Weitere Zurufe von der SPD)

Auf der Grundlage des Koalitionsvertrags haben wir bereits eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt: mehr Polizeianwärter und mehr Mittel für eine bessere Ausstattung, Leitentscheidung zu G9, Maßnahmen für den Erhalt von Förderschulen und Kita-Rettungspaket, Abbau von Bürokratie und die ersten beiden Entfesselungspakete, damit unsere Unternehmer wieder etwas unternehmen können.

Aber bei vielen dieser Sofortmaßnahmen gibt es keine Sofortwirkung. Das geflügelte Wort meines Fahrlehrers vor langer Zeit beim BKA lautete: Du kannst die Physik nicht überlisten. – Recht hatte er. Sosehr man es auch will und sich wünscht, die Regeln der Physik bleiben bestehen. Und sosehr man sich auch wünschen würde, die 2.300 Kommissaran-wärterinnen und -anwärter würden bereits jetzt die Kollegen auf der Straße tatkräftig unterstützen,

(Michael Hübner [SPD]: Jetzt kommt die Überraschung, dass sie in der Ausbildung sind! – Sarah Philipp [SPD]: Das ist ja was Neues!)

so werden wir doch die Geduld aufbringen müssen, ihre dreijährige Ausbildungszeit bis Ende 2020 abzuwarten.

Aber mit dem Haushalt 2018 starten wir mit der Umsetzung mittelfristiger Vorhaben und nehmen langfristige Weichenstellungen für ein innovatives, mobiles und sicheres Nordrhein-Westfalen vor. Viele Menschen zwischen Eifel und Minden-Lübbecke, zwischen Kleve und dem Siegerland werden am Ende dieses Jahres bereits Verbesserungen erleben.

Wir haben den Anspruch, die Zahl derjenigen, die mit unserer Arbeit zufrieden sind, zu steigern, vor allem aber zu überzeugen, dass die NRW-Koalition Antworten auf die individuell höchst unterschiedlichen Probleme und Sorgen

(Michael Hübner [SPD]: Bingo!)

vieler Menschen im Land findet, und zwar gemeinsam und im Dialog.

Wie kann das in der Lebenswirklichkeit einer Familie in unserem Land aussehen? Wie wird sich die Verabschiedung des Haushalts im Alltag auswirken?

Musterfamilie Schmidt – vielleicht mit „dt“ –, Vater Angestellter, Pendler, Mutter Hausfrau, kommunalpolitisch engagiert, drei Kinder, das jüngste Kind in der Kita, das mittlere in der Eingangsklasse des Gymnasiums, das älteste gerade fertig mit dem Abitur, rüstige Großeltern, beide Rentner.

(Prof. Dr. Rainer Bovermann [SPD]: Beide in der CDU!)

– Sie müssen schon entschuldigen, dass ich hier ein traditionelles Familienbild gewählt habe.

(Michael Hübner [SPD]: Ist doch in Ordnung, dass er CDU gesagt hat! – Sarah Philipp [SPD]: Wir haben nichts anderes erwartet! Alles gut!)

Denn das sind die Familienbilder, mit denen ich jedenfalls – ich weiß nicht, mit wem Sie umgehen – in den meisten Fällen umgehe. Deshalb – tut mir leid – werden Sie mit diesem Familienbild jetzt leben müssen.

(Beifall von der CDU)

Was wird da diskutiert? Wird der Weg zum Arbeitsplatz einfacher? Antwort: Ja. Denn die 11 % Steigerung im Etat des Verkehrsministers werden nicht sofort, aber auf Dauer Wirkung entfalten. 33,5 Millionen € mehr für den Neu- und Ausbau der Landstraßen werden sich ebenso bemerkbar machen wie die Erhöhung um 3 Millionen € für den Radwegebau an Landstraßen. Mit 112 zusätzlichen Stellen, viele davon im Landesbetrieb NRW und in den Bezirksregierungen, wird es zu mehr Planfeststellungsverfahren und schnelleren Genehmigungen kommen.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Bei Radwegen!)

Erstmals – auch für Sie, Herr Klocke; das stand bei Ihnen als Grüne natürlich gar nicht auf der Agenda – erhalten Kreise und Gemeinden eine Million €, um Routen für den Schwerlasttransport befahrbar zu machen. Das ist für viele ein Problem, auch wenn Sie es sich nicht vorstellen können. Nicht alle Güter kann man auf Lastenfahrrädern befördern.

(Beifall von der CDU und Dietmar Brockes [FDP])

Ein Masterplan, meine Damen und Herren, zur Umsetzung des Fernstraßenbedarfsplanes wird erstmals transparent und nachvollziehbar für jeden im Internet abgebildet. Die Gestaltung zukunftsfähiger und vernetzter Mobilitätsangebote vor Ort wird mit 12,5 Millionen € gefördert.

„Was ist drin für eine gute Bildung unserer Kinder?“, fragen sich die Eltern. Antwort: eine ganze Menge. Wir stärken die frühkindliche Bildung durch 150 zusätzliche Kontingente beim Aufbau neuer Familienzentren. Von Nutzen kann auch die Aufstocken von 1,8 Millionen € in der Sprachförderung, im Kita- und Schulbereich sein. Bereits realisiert ist das Kita-Träger-Rettungsprogramm, eine halbe Milliarde €, um die Schließung oder Übertragung der Aufgabe an die Kommunen zu verhindern.

Familie Schmidt hat das bisher nicht bemerkt. Der Betrieb ging ja weiter wie bisher. Wichtig für sie aber könnte sein, dass wir den Zuschuss für die Kindertagespflege von 781 Millionen auf 804 Millionen € erhöhen, oder das Plus von 11 Millionen € im Kinder- und Jugendplan des Landes.

Nicht nur sie als Mutter, sondern gerade ihre Tochter am Gymnasium kann von der Steigerung im Etat der Schulministerin profitieren. Knapp 230 Millionen € mehr bringt die Ausfinanzierung von 2.201 Stellen mit sich, die neu eingerichtet werden. Vielleicht profitiert sie auch von den 1.303 zusätzlichen Planstellen oder der Streichung von 3.299 Vermerken für künftig wegfallende Stellen. Würde sie an einer Inklusionsschule unterrichtet, würde sie sicherlich bemerken, dass 400 Stellen für die Stärkung und Unterstützung und 330 Stellen für multiprofessionelle Teams eingerichtet wurden. Und der Unterrichtsausfall – Sie haben ein kleines Wörtchen vergessen, Herr Römer – wird zukünftig über 183 Ausgleichsstellen flächendeckend erhoben. Die Wirkung wird sie spüren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

„Was wird aus den Berufsaussichten unseres Sohnes, der gerade Abitur gemacht hat?“, fragen sich die Eltern.

(Michael Hübner [SPD]: G8 oder G9?)

Vielleicht, wenn er Abitur gemacht hat, …

(Michael Hübner [SPD]: In G8 oder in G9? Ist doch eine berechtigte Frage!)

– Was wird aus ihm, wenn er Abitur gemacht hat? Herr Hübner, immer zuhören! Es hilft vielleicht bei den Zwischenrufen.

Vielleicht hilft ihm, dem Sohn, und den Eltern bei der Einschätzung die Tatsache, dass in diesem Haushalt die Investitionen für überbetriebliche Ausbildungsstätten von 2 Millionen auf 4 Millionen € verdoppelt wurden, übrigens erstmals seit Jahrzehnten, und mehr als 8 Millionen € für die Förderung des Handwerks sowie 4,5 Millionen € zusätzlich an Existenzgründungshilfen zur Verfügung gestellt werden.

Entscheidet sich der Sohn für ein Studium, könnte es hilfreich sein zu wissen, dass die Mittel für die Hochschulen nach Bereinigung des Effekts des Hochschulpakts um 297 Millionen € steigen, davon allein 183 Millionen € Mehrausgaben für die Hochschulfinanzierung plus 4,1 Millionen € für die Unikliniken, 12 Millionen € mehr für den Ausbau von IT-Infrastruktur und 7,3 Millionen € für die Stärkung von Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen.

Vielleicht hat aber der Sohn etwas ganz anderes vor und möchte seine innovativen Ideen als Gründer in die Praxis umsetzen. Dann ist es wichtig für ihn zu wissen, dass seine Initiative Unterstützung durch die Landesregierung findet. Er kann zu den tausend Gründen gehören, denen für ein Jahr monatlich 1.000 € zur Verfügung gestellt werden. Er kann zu denjenigen gehören, die von der 2,8-fachen Erhöhung der Mittel im Bereich der Gründungen auf insgesamt 25 Millionen € profitieren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

„Stärkt die Landesregierung eigentlich unser Engagement für die Gesellschaft?“, fragt sich eine Familie, die abends zusammensitzt. Ja lautet meine Antwort. Wir fördern ihr Engagement im Sport mit einem Zuwachs von fast 15 Millionen €, davon für die Erhöhung der Übungsleiterpauschale allein 1,8 Millionen €.

Die Mittel für die Denkmalpflege steigen von 13,3 auf fast 20 Millionen €. Wir richten mit einem Zuwachs von 20 Millionen € den höchsten Kulturetat in der Geschichte des Landes Nordrhein-Westfalen ein. Die Einrichtung dritter Orte, das Jugendensemble NRW, innovative Projekte der freien Szene werden noch einmal mit Fraktionsanträgen um 1 Million € gestärkt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vielleicht, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, interessiert sich die Jüngste ja für die Kinderfeuerwehr. Die Fraktionen von Freien Demokraten und Christdemokraten

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Sie haben meinen Änderungsantrag dazu abgelehnt!)

unterstützen – liebe Frau Schäffer –, unterstützen den Aufbau von Kinderfeuerwehren – 66 gibt es schon in nordrhein-westfälischen Kommunen – mit zusätzlichen Mitteln in Höhe von 1,75 Millionen €.

Viele ehrenamtlich und privat betriebene Projekte – vom Naturschutz über Heimat und Kulturpflege – können mit einer gemeinschaftlich verabredeten Mittelerhöhung von 2 Millionen € für die NRW-Stiftung im kommenden Jahr realisiert werden.

„Spiegelt sich die gute Laune im Land auch in meiner Gemeinde wider?“, fragt sich die Kommunalpolitikerin Frau Schmidt. Antwort: Ja. Mit rund 1,6 Milliarden € verzeichnet das Gemeindefinanzierungsgesetz einen Zuwachs in 2018 um fast 10 %. Wir leiten in 2018 100 Millionen € aus der Integrationspauschale ebenso weiter wie 217 Millionen € Bundesentlastung. Wir beseitigen die Ungerechtigkeit durch den Kommunal-Soli – 91 Millionen – und schmelzen den Vorwegabzug im GFG erstmals wieder um 31 Millionen € ab. Aber wir ermöglichen es Frau Schmidt als Gemeinderatsmitglied auch wieder, über wichtige Entscheidungen selbst zu bestimmen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir stärken mit den Änderungen im Landesentwicklungsplan die kommunale Selbstverwaltung: gegenseitige Deckungsfähigkeit von Pauschalen, Baurecht in Orten auch unter 2.000 Einwohnern, Mitbestimmung bei der Ausweisung von Windkraftflächen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Für uns ist das Wertschätzung gegenüber allen Menschen, die sich an der Basis unserer Demokratie in Städten, Gemeinden und Kreisen ehrenamtlich engagieren, die ihre Freizeit in Sitzungen verbringen und nicht auf der Couch und damit wertvolle Arbeit für uns als Gesellschaft leisten.

„Was tut die Landesregierung, damit wir auch in Zukunft sicher leben?“, steht abschließend eine Frage im Raum, die sich nicht nur Familie Schmidt stellt. Wir investieren in Personal und bessere Ausstattung für unsere Polizei und Sicherheitsorgane. Der Haushaltsansatz von 35 Millionen € für den Erwerb von Ausrüstung wird noch einmal um 5 Millionen € auf mehr als 40 Millionen € erhöht.

Neue Einsatzszenarien erfordern einen besseren Schutz unserer Beamtinnen und Beamten. Dem tragen wir Rechnung. Wir schaffen die notwendigen rechtlichen Instrumente, um terroristischer Bedrohung und Kriminalität besser und effektiver zu begegnen. Die Umsetzung der Videobeobachtung an kriminalitätsgeneigten Orten mit den notwendigen Einschränkungen zum Schutz der persönlichen Freiheit, die elektronische Aufenthaltsüberwachung mittels Fußfessel für terroristische Gefährder oder Schwerstkriminelle oder die Verlängerung der Ingewahrsamnahme terroristischer Gefährder, aber auch von häuslichen Gewalttätern, wird noch in diesem Jahr umgesetzt werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ebenso werden wir auch in diesem Jahr und in den kommenden Jahren wieder die maximal mögliche Zahl von 2.300 Kriminalkommissaranwärterinnen und -anwärtern einstellen und erstmals 500 Verwaltungsanstellte, damit sich unsere Polizisten und Polizistinnen wieder auf das konzentrieren, was sie richtig gut können: Verbrechen verhindern und aufklären.

(Beifall von der CDU und der FDP)

All dies, meine Damen und Herren, sind erste und wichtige Schritte zur Stärkung unseres Rechtsstaates. Die NRW-Koalition will, dass jeder in unserem Land unabhängig von seinem Wohnort bestmöglich geschützt wird.

Aber auch persönliche Sicherheit jenseits von Kriminalitätsbekämpfung und Straftaten behalten wir im Auge. Wir stellen mit diesem Haushalt zusätzlich Projektmittel in Höhe von 16,7 Millionen € für den Hochwasserschutz zur Verfügung, stärken die Arbeit unserer Verbraucherschutzzentralen mit einer halben Million € zusätzlich und legen vorausschauend 2 Millionen € für die eventuell notwendige Bekämpfung der afrikanischen Schweinepest zurück.

Familie Schmidt – sie hätte auch Meier, Schulz, Özkan oder Vanderboor oder einen anderen Namen tragen können – wird von diesem Haushalt 2018 der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen profitieren, ebenso wie viele Menschen in unserem Land, die den Aufbruch, die Investitionen und die Nutzung vorhandener Chancen spürbar erfahren werden.

Dieser Haushalt wird den Herausforderungen gerecht, vor denen unser Land steht. Er nutzt die Chancen zu einer Neuorientierung der Politik für die nächsten Jahrzehnte. Er sorgt auf solider Basis ohne neue Schulden für die notwendige Neuorientierung, für mehr Sicherheit, Mobilität und Aufstiegschancen in unserem Land. Für uns reicht das Erzählte nicht, für uns zählt das Erreichte.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In diesem Sinne, meine Damen und Herren, danke ich dem Ministerpräsidenten, den Mitgliedern der Landesregierung und den Fraktionskolleginnen und -kollegen der Freien Demokraten und den Mitgliedern meiner Fraktion für die intensive und gute Zusammenarbeit bei der Erarbeitung dieses Haushalts und bitte um Zustimmung zum Haushalt 2018.

(Lang anhaltender Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Löttgen. – Herr Kollege Löttgen hat bereits gemerkt, dass das Signal „Kurzintervention“ aufgeleuchtet ist. – Herr Kollege Beckamp, Sie bekommen gleich das Mikrofon freigeschaltet.

Ich will noch einmal zur Klarstellung sagen: Selbstverständlich haben Sie – und damit auch Ihre Fraktion – völlig recht, dass unsere Geschäftsordnung Kurzinterventionen und Zwischenfragen in der dritten Lesung zum Haushalt nicht ausschließt. Gleichwohl gibt es in unserem Haus eine sehr lange und, wie wir alle finden, sinnvolle Tradition des parlamentarischen Umgangs miteinander, in ganz bestimmten Debattensituationen Verständigungen zu erzielen. Das haben wir in der Vergangenheit für dritte Lesungen so gehandhabt; sie zählten dazu. Deshalb bestehen jetzt Irritationen hinsichtlich Zwischenfragen und Kurzinterventionen.

Der Präsident hat bilateral bereits mit allen Fraktionen gesprochen und auf diese Tradition hingewiesen. Er hat mich gleichwohl gebeten, das auch noch einmal deutlich und öffentlich hier im Rahmen der Sitzungsleitung zu tun. Dem bin ich sehr gerne nachgekommen.

Ich bitte die Fraktionen, für die Zukunft eine Verständigung herbeizuführen, damit es an dieser Stelle für die Sitzungsleitung und für den Ablauf der parlamentarischen Debatte nicht zu Schwierigkeiten kommt. Es gibt mehrere Möglichkeiten, diese Klärung herbeizuführen. Die schönste und eleganteste ist, dass man sich miteinander auf die Traditionen verständigen kann.

Mit diesen Vorbemerkungen, Herr Kollege Beckamp, schalte ich Ihr Mikrofon für die Kurzintervention frei.

Roger Beckamp (AfD): Vielen Dank für den Hinweis, Frau Präsidentin. Die Traditionen des parlamentarischen Umgangs haben wir als neue Fraktion schon kennenlernen dürfen. Es gibt da einige Usancen, die sicherlich der Überarbeitung bedürfen – vielleicht auch diese, andere aber noch vorrangig.

Herr Löttgen, vielen Dank für diese Rede. Sie haben, anders als Sie es Herrn Römer vorgeworfen haben, sehr nah am Haushalt argumentiert und auch Planstellen genannt und begründet. Das ist ja auch genau der Sinn einer solchen Rede.

Allerdings – Sie ahnen es vielleicht schon – kam dabei das Thema „Personalaufstockung“, das Sie gestern wieder einmal in einer Nacht-und-Nebel-Aktion zusammen mit den anderen Fraktionen durchgedrückt haben, mit keiner Silbe vor. Insofern wäre es doch wirklich interessant zu wissen, ob es auch Tradition in diesem Hause ist, dass eine solche Entscheidung wie die Aufstockung der Mitarbeiterbudgets um knapp 90 % – um Millionenbeträge – ohne Debatte im Haushaltsausschuss und ohne wirkliche Debatte hier im Plenum einfach so durchgereicht wird.

Ist das die Tradition, die Sie meinten, Frau Präsidentin, Herr Löttgen?

Ich bitte darum, dass wir darüber einfach mal ein paar Worte verlieren. Wie viele Mitarbeiter hat denn Ihre Fraktion? Warum brauchen Sie denn mehr? Und wie viele? Das war Ihnen nach Auskunft der Presse gestern selbst noch gar nicht bekannt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD)

Bodo Löttgen (CDU): Sehr geehrter Herr Beckamp, ich will Sie in einem Punkt korrigieren: Wenn Sie einen Blick in die Tagesordnung dieser Sitzung werfen, werden Sie feststellen, dass der nächste Tagesordnungspunkt exakt eine Debatte zu dem von Ihnen vorgetragenen Sachverhalt nach sich ziehen wird. Insofern …

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Der hat die Tagesordnung gar nicht gelesen! – Stefan Zimkeit [SPD]: Sie müssen mal die Tagesordnung lesen! – Gegenruf von der AfD – Dr. Günther Bergmann [CDU]: Wer lesen kann, ist klar im Vorteil! – Weitere Zurufe)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Sie können gerne warten, Sie können aber auch weiterreden.

Bodo Löttgen (CDU): Weil – das steht auch nicht in der Geschäftsordnung – auch der Redner eine freie Antwortmöglichkeit hat, lassen Sie mich mit Blick auf die unterschiedlichen Zwischenrufe, die hier gerade erfolgt sind, mit einem Zitat eines Düsseldorfers – Heinrich Heine – schließen: Ein Kluger bemerkt alles, ein Dummer macht über alles eine Bemerkung. – Ich danke Ihnen für das Zuhören.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Frau Kollegin Düker das Wort.

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber vom Potsdam-Institut sagte anlässlich der Weltklimakonferenz COP 23 in Bonn – die ist ja noch nicht so lange her –, es gebe erwiesenermaßen „ein nie dagewesenes Risiko für die Menschheit durch die globale Erwärmung“. Soweit Herr Schellnhuber.

Mit Erstaunen konnten wir dann das Sondierungspapier der potenziellen großen Koalition lesen und feststellen, dass in der Präambel diese Frage offenbar nicht zu den dort skizzierten acht großen Fragen der Zeit gehört.

Der Mitsondierer Armin Laschet erklärt vollmundig, man müsse sich jetzt irgendwie mal ehrlich machen. Die Klimaschutzziele 2020 seien sowieso nicht mehr zu erreichen.

Herr Laschet – und auch an die Adresse von Herrn Römer und ebenfalls an die Adresse der FDP, also der ganz großen Koalition hier –, wenn Sie das ernst meinen mit dem „ehrlich machen“, Herr Laschet, dann müssten Sie angesichts der kompletten Stagnation bei den CO2-Reduktionen nach vier Jahren Schwarz-Gelb im Bund und den darauffolgenden vier Jahren der Großen Koalition Ihr vollständiges Scheitern in der Klimaschutzpolitik der letzten acht Jahre eingestehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Offenbar gelten in der CDU auch Wahlkampfversprechen der Kanzlerin nicht mehr, die im Wahlkampf gesagt hat: Ich verspreche Ihnen, dass das Ziel eingehalten wird.

Nichts wird eingehalten. Ein Armutszeugnis! Denn von den bis zum Jahr 2020 zu erreichenden 40 % Einsparungen gegenüber 1990 bei den Treibhausgasen, bei Verkehr, Wärme und Strom, sind gerade mal 28 % geschafft. Das weiß man nicht erst seit gestern.

Im Verkehrssektor ist eigentlich gar nichts passiert. Da steigen die Emissionen jetzt sogar. Am Strommarkt herrscht Chaos, und es gibt Überschüsse, weil die Kohlekraftwerke die Netze verstopfen und eigentlich nur noch für den Export laufen.

Die Vordenkerin Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung war in einem Schattenkabinett eines Ihrer Vorgänger, nämlich im Wahlkampf Norbert Röttgen. Sie sagte am 9. Januar in der „WeLT“ auf die Frage, wer von dieser Vogel-Strauß-Politik eigentlich profitiert:

„Das sind allein … die Betreiber von Braunkohlekraftwerken, deren besonders klimaschädlicher Strom den Ökostrom im Netz behindert.“

(Lachen von Christian Loose [AfD])

„Es würde den Strommarkt erheblich entlasten und … voranbringen, wenn diese alten Kraftwerke endlich vom Netz gingen.“

Hört, hört! Soweit Claudia Kemfert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es sollte Ihnen auch zu denken geben, Herr Laschet und auch Herr Römer, dass die Mehrheit auch Ihrer Wählerinnen und Wähler und sogar die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler der FDP diese Politik, das einfach zu ignorieren, nicht mehr will. Es sagen nicht mehr nur die Grünen-Wählerinnen und -Wähler, dass endlich gehandelt werden muss.

Laut einer WDR-Umfrage sagen zwei von drei Bürgerinnen und Bürgern in NRW, dass man früher als geplant aus der Braunkohle aussteigen sollte. Das sind zwei Drittel auch Ihrer Wählerinnen und Wähler, die das so sehen.

Herr Laschet, das sollte Ihnen auch zu denken geben: Auch nach dieser WDR-Umfrage sind 49 % der Bevölkerung in NRW und damit 15 % mehr als vor drei Monaten unzufrieden mit dieser Regierung. Vielleicht haben Sie es auch deswegen geschafft, wirklich in absoluter Rekordzeit – ich glaube, das hat noch keine Regierung vor Ihnen geschafft – schlechter dazustehen als jede andere Regierung in einem Flächenland in der Umfrage und in der Bewertung der Bevölkerung. Vielleicht sollten Sie doch mehr auf diese Rückmeldungen Ihrer eigenen Wählerinnen und Wähler hören und nicht auf RWE & Co.

(Beifall von den GRÜNEN)

Der Ministerpräsident gab ja den Stand der Sondierungen schon vor ihrem Abschluss preis, nämlich dass man jetzt die Aufgabe der Klimaschutzziele 2020 öffentlich macht. Da bleibt für mich die Frage: Warum stört den Kollegen Römer eigentlich nur diese Plauderei, diese Plaudertasche? Warum findet man nirgendwo irgendein Kommentar von einem Sozialdemokraten, der sich dabei auf die Sache bezieht?

(Beifall von den GRÜNEN)

Nur eines konnte ich dazu finden. Lieber Thomas Kutschaty, du bist wahrscheinlich der Einzige bei der Sozialdemokratie, der sich noch traut, so etwas auszusprechen und zu sagen: „Ich halte auch umweltpolitische Ziele für wichtig. Es kann nicht Ergebnis einer Einigung sein, festzustellen, dass man die Klimaschutzziele nicht erreicht.“ – Das ist das Einzige, was von einem Sozialdemokraten zu diesem Thema öffentlich zu hören war.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herzlichen Glückwunsch! Wenig genug. Ansonsten scheint es in der Sozialdemokratie offenbar niemanden zu geben, der damit noch ein Problem hat oder dem der Einsatz für Umwelt- und Klimaschutz irgendwie ein Anliegen ist.

Ich erinnere mich noch gut an Michael Müller aus Düsseldorf, aus meiner Heimatstadt, der schon Ende der 80er-Jahre zum Thema „Klimaschutz“ Publikationen erstellt hat. Er war einer der ersten Vordenker in Sachen Klimaschutz. Das war ein Sozialdemokrat, Norbert Römer. Offenbar sind die in der SPD nun leider nicht mehr vorhanden, oder es ist zum Karriererisiko geworden, wenn man sich für diese Themen einsetzt. Vorsicht, Thomas Kutschaty! Vielleicht war das der falsche Satz.

(Beifall von den GRÜNEN)

Dann kommen die nicht sehr kreativen Ausreden. Ministerpräsident Laschet sagte im WDR: Das ginge doch gar nicht mit dem 2020-Ziel. Es gebe doch noch den Atomausstieg, das Bevölkerungswachstum, das Wirtschaftswachstum. Man müsse das alles einrechnen und sich dann damit abfinden. Dann schauen wir mal, und dann sehen wir mal 2030 weiter.

Herr Ministerpräsident, Papier mag geduldig sein und auch viel aushalten. Das Klima hält gerade nicht mehr viel aus,

(Beifall von den GRÜNEN)

vor allen Dingen nicht solche Ausreden. Die Erderwärmung schreitet voran. Sie wird unser Leben existenziell beeinflussen. Schauen Sie doch abends den Wetterbericht. Schauen Sie in die Reportagen, die jeden Abend laufen: Starkregenereignisse, Unwetter, Überflutungen, Hitzephasen, Dürren, Ernteausfälle. Schauen Sie vielleicht mal bei unseren Nachbarn vorbei, bei den Niederländerinnen und Niederländern. Die bereiten sich ganz konkret auf Katastrophenszenarien vor. Das wird Milliarden kosten.

Fakt ist leider aber auch – das ist das eigentliche Problem, vielleicht noch nicht einmal so sehr dieses 2020-Gerede –: Mit dem, was im Sondierungspapier der GroKo und im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb in NRW steht, werden auch die Klimaschutzziele für 2030 nicht erreicht. Ihre derzeitige Situation, Herr Laschet, ist ungefähr so, als würde ein Geschäftsmann sagen: Ich arbeite jetzt mal an der zweiten Million, obwohl ich noch nicht einmal die erste erreicht habe. – Das kann nicht sein.

Es war die Große Koalition in Berlin, die 2016 in ihrem Klimaschutzplan 2050 vor der Marrakesch-Konferenz, also nach der Atomausstiegsentscheidung, Herr Laschet, in Kenntnis des Wirtschafts- und Bevölkerungswachstums festlegte: minus 55 % gegenüber 1990. – Bis 2030 bedeutet das – wer rechnen kann, ist auch hier im Vorteil – eine Einsparung von 27 % Emissionen in zwölf Jahren. Das wird das Sektorziel Energiewirtschaft betreffen.

Norbert Römer, die Wahrheit ist auch: Davor kann sich auch die Braunkohle nicht mehr wegducken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Denn die Rechnung ist doch ganz einfach. Das steht alles übrigens nicht in grünen Wahlprogrammen oder Papieren, sondern das steht im Klimaschutzplan der Großen Koalition. Ich zitiere aus dem Text zum Sektorziel Energiewirtschaft: Derzeit haben wir 300 Millionen t CO2-Emissionen pro Jahr bei der Stromerzeugung, 300 Millionen t. Das sollen 2030 nur noch 180 Millionen t sein. Einfache Rechnung: minus 120 Millionen t in zwölf Jahren. Das ist ein ambitioniertes, aber doch auch existenziell notwendiges Ziel.

Offenbar sind wir Grünen hier die Einzigen, die solche Beschlüsse von CDU und SPD noch ernst nehmen. Sie wollen sich doch so gerne ehrlich machen, Herr Laschet. Dann rechnen Sie doch mal, holen Sie sich einen Stift und schreiben auf: 300 Millionen t minus 180 Millionen t bedeutet, dass wir 120 Millionen t einsparen müssen.

Dann können Sie auch ausrechnen – das hat Ihnen der Kollege Reiner Priggen hier oft genug vorgehalten –, was gerade im Rheinischen Revier so in die Luft gepustet wird. Das sind vier Kohlemeiler, Herr Laschet, die alleine 80 Millionen t CO2-Emissionen pro Jahr liefern. Das sind Weisweiler, Niederaußem, Frimmersdorf und letztlich der Spitzenreiter Neurath mit allein 31 Millionen t CO2. Dann erklären Sie mir bitte mal die Rechnung, wie man mit diesen 80 Millionen t, die im Rheinischen Revier in die Luft gepustet werden, dieses Klimaschutzziel erreichen will! Nein, die muss man abschalten, und zwar sehr, sehr schnell.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist so eine einfache Rechnung. Das ist Ehrlichmachen und nicht, irgendwelche Ziele aufzugeben.

Dann die Legenden, die Versorgungssicherheit sei gefährdet; der Atomstrom müsse aus Belgien gekauft werden.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Dunkelflaute!)

Das glaubt Ihnen inzwischen niemand mehr.

Es gibt ein Papier – ich weiß, das haben Ideologen geschrieben; es gibt aber andere, die das bestätigen – für die Jamaika-Verhandlungen mit einem Szenario für die Stilllegung von 7 GW Kohlekraftwerksleistung.

Herr Römer, ja, nach Ihrer Rede ist das wahrscheinlich so. Es war leichter, von Herrn Laschet die 7 GW zu bekommen, als dass wir sie von Ihnen bekommen hätten. Wahrscheinlich wäre das – Rotwein wäre es bei Ihnen ja nicht gewesen – nach ein paar Pils auch ein bisschen schwieriger gewesen. Es war also tatsächlich auf dem Tisch: mit der CDU 7 GW Kohlekraftwerksleistung.

Es gab dazu Unterlagen und fachliche Einschätzungen, wie man das machen kann. Ich zitiere aus einer dieser Unterlage vom Wirtschaftsministerium und von der Bundesnetzagentur, die im Netz überall veröffentlicht ist:

Die Versorgungssicherheit bleibt auch dann sicher,

– hören Sie genau zu! –

wenn sich 2020 eine Dunkelflaute wie Anfang 2017 einstellen sollte. Und die Versorgung bleibt auch dann sicher, wenn im Jahr 2020 das letzte Kraftwerk vom Netz geht. Deutschland bleibt Nettoexporteur von Strom.

Soweit das Zitat aus dem Papier.

Weil Sie alle Texte unter „Ideologie“ fassen, zitiere ich noch einmal Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Claudia Kemfert bemerkt genau zu diesem Disput, ob das stimmt oder nicht stimmt – Zitat im Netz –:

Versorgungssicherheit kann durch Verminderung von Kohlekraftwerkskapazitäten sogar noch erhöht werden.

Herr Laschet, Sie können die ganzen Leute in die Ideologieecke packen. Das hilft Ihnen aber nicht weiter. Sie sollten diese Wahrheit einfach mal zur Kenntnis nehmen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es glaubt Ihnen auch keiner mehr. Nehmen Sie die Rückmeldungen Ihrer Wählerinnen und Wähler endlich ernst, die Ihnen genau das nicht mehr abnehmen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung – es ist nun keine Ideologieschmiede – berechnet die Folgen der Klimaerwärmung. Wenn wir jetzt nicht endlich massiv und konsequent gegensteuern – genau vor unserer Haustür, auch im Rheinischen Revier, Norbert Römer – und dieser Wahrheit nicht ins Auge blicken, dann werden wir Hunderte von Milliarden Euro an Folgekosten durch Hochwasserschäden, durch Ernteausfälle, durch Mehrbelastung der Rückversicherer, im Tourismus haben. Die Liste lässt sich ohne Ende fortführen. Es werden im Jahr 2050 bis zu 800 Milliarden € sein, wenn wir jetzt nicht handeln.

Ich komme jetzt zur Haushaltspolitik, denn das hat etwas miteinander zu tun, Herr Lienenkämper. Wenn wir jetzt nicht handeln, dann können auch Sie sich hier das schöne Ziel von ausgeglichenen Haushalten und Schuldenabbau abschminken. Denn Klimaschutz ist angesichts der Folgekosten nicht nur, aber auch eine vorausschauende und nachhaltige Finanzpolitik.

(Beifall von den GRÜNEN)

Von Nachhaltigkeit ist im Haushalt 2018 der Landesregierung vor allem bei der Mittelfristigen Finanzplanung nicht viel zu merken. Ganz anders klang das hier noch in Oppositionszeiten. Beispiel Stellenaufwuchs in den Ministerien: Der damalige Oppositionsführer Laschet schimpfte noch vor einem Jahr hier in diesem Saal lautstark bei der dritten Lesung zum Haushalt 2017 voller Empörung über zusätzliche Beamtenstellen in den Ministerien. Ich zitiere aus dem Plenarprotokoll aus Dezember 2015:

„…diese Stellen, die angeblich dazu geschaffen werden, um Ihre“

– also damals Rot-Grün –

„Ideologie durchzusetzen, weil Sie nicht wissen, was die Kernaufgaben sind. Aus diesem Grund werden Beamte eingestellt, die dann irgendwas regeln.“

Nun, Rot-Grün hat mehr Beamte eingestellt: 567 neue Stellen in sieben Jahren in den Ministerien. In den Augen der Opposition damals ein handfester Skandal! Geflissentlich wurde übersehen, dass aufgrund der Flüchtlingskrise sehr viele Stellen unter anderem im Innenministerium geschaffen wurden. Das alles wurde übersehen und skandalisiert.

Und dann kommt das vollmundige Versprechen – Herr Laschet, Sie können es nachlesen – im Dezember 2015 hier im Plenum: „Das ist ein Aspekt, den wir anders machen werden.“

Schauen wir uns doch einmal an, wie anders der vom Oppositionsführer zum Ministerpräsidenten aufgestiegene Armin Laschet das macht. Am besten schaut man vor die eigene Haustür, die der Staatskanzlei. Was passiert gerade in der Staatskanzlei? – Zum Vergleich auch die Zahlen von sieben Jahren Rot-Grün. Im Einzelplan 02: 431 Stellen 2010, 434 Stellen 2017 übergeben an Herrn Laschet. Das ist ein Plus von drei Stellen. Okay, kann man skandalisieren.

Was macht jetzt Schwarz-Gelb? – Wir finden im Nachtragshaushalt 2017 plus 17 Stellen im Einzelplan 02, also in der Staatskanzlei, und – man höre und staune – im Haushalt 2018 noch einmal 25 Stellen mehr. Das macht summa summarum 42 Stellen allein in der Staatskanzlei nach einem halben Jahr Regierungszeit. Das muss man erst einmal schaffen! Eine echte Leistung!

Man findet ein neues Referat mit dem Namen „Gesellschaftliche und ökonomische Grundsatzfragen“. Dafür bekommt Herr Laschet vier neue Beamtenstellen. Was sollen die machen? Im Protokoll über das Berichterstattergespräch kann man das nachlesen. Ich zitiere:

Sie sollen unter grundsätzlichen Erwägungen gesellschaftliche und ökonomische Entwicklungen analysieren, bewerten und in politische Konzepte einbringen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Das ist Ideologie!)

Herr Laschet, das ist eine Steilvorlage. Ich kann Ihren Vorwurf von vor einem Jahr hier eins zu eins übernehmen. Im Gegensatz zum letzten Mal stimmt er aber heute. Ich wiederhole: Die Stellen werden offenbar geschaffen, um Ihre Ideologie durchzusetzen, weil Sie nicht wissen, was die Kernaufgaben sind. Aus diesem Grund werden Beamte eingestellt, die dann irgendetwas regeln.

(Beifall von den GRÜNEN und Norbert Römer [SPD])

Dieses Jahr stimmt dieser Vorwurf tatsächlich. Wir haben nichts gegen mehr Stellen. Um Gottes willen! Den schlanken Staat können sich tatsächlich nur Arme leisten. Wir werden auch hier staatliche Stellen brauchen. Aber dann müssen Sie doch neue Aufgaben definieren, für die sie notwendig sind.

Offenbar werden hier die Aufgaben einer Staatskanzlei mit den Aufgaben einer Parteizentrale verwechselt, die dann noch über den Landeshaushalt finanziert werden soll.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von den GRÜNEN: So ist es!)

Angesichts der mehr als 400 neuen Ministeriumsstellen, die Sie bis jetzt geschaffen haben, geben Sie, Herr Laschet, in einem Interview mit der „Rheinischen Post“ am 30. Dezember 2017 ein weiteres bemerkenswertes und, wie ich finde, sehr unvorsichtiges Versprechen ab. Auf Nachfrage von Michael Bröcker und Thomas Reisener sagen Sie zunächst:

Alle Stellen haben

„spezielle unverzichtbare Aufgaben, um zwingende Verbesserungen einzuleiten, etwa bei der inneren Sicherheit.“

Dagegen kann man nichts sagen. Das sind aber nicht 400 Stellen, von denen Sie etliche bekommen, Herr Reul. Die 42 neuen Stellen in der Staatskanzlei gehören schon mal nicht dazu.

(Zuruf von der Regierungsbank)

– Die meisten. Sie haben gut was abbekommen. Das ist völlig in Ordnung. Ich finde das auch richtig so. Hier geht es aber um andere Stellen. Das wissen Sie.

Weiter sagen Sie, Herr Laschet – ich zitiere aus dem Interview in der „Rheinischen Post“ –:

„Die Kosten für die Stellen, die wir für die Regierungsneubildung einrichten mussten, werden wir über die Legislaturperiode wieder einsparen.“

Wann, wie und wo bleibt natürlich offen.

Ich finde ganz besonders am Beispiel der Staatskanzlei – im eigenen Haus, Herr Laschet – wird deutlich, wie unverfroren die einstige Skandalisierungsrhetorik gegenüber Rot-Grün ist und wie sie wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt und sich gegen Sie hier und heute richtet. Und das ist auch richtig so.

(Beifall von den GRÜNEN)

Zweiter Offenbarungseid von Schwarz-Gelb: der Haushaltsabschluss 2017, nachdem im Nachtragshaushalt 2017 trotz Mehreinnahmen von über 1,2 Milliarden € der Finanzminister verkündet „Ich habe da zwar mehr Geld, aber es bleibt im Grunde bei der Nettoneuverschuldung.“

Gegen alle Wahlversprechen! Ich möchte es jetzt hier nicht zum zehnten Mal sagen, aber schon der Nachtragshaushalt war ein gebrochenes Wahlversprechen. Aber jetzt gibt es ja die Schlussabrechnung. Neue Chance, Herr Lienenkämper, für Sie, mal Ihre Wahlversprechen einzuhalten.

Aber was macht der Finanzminister? – Trotz milliardenschwerer Minderausgaben – Sie verzeichnen ja keine Mehreinnahmen, das ist richtig, aber Sie haben milliardenschwere Minderausgaben, unbesetzte Stellen, nicht verausgabte Flüchtlingskosten etc. – wieder im Minus! Sie schließen den Haushalt 2017 mit 1 Milliarde € minus ab. Wie kann das denn jetzt sein? Warum?

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

– Herr Löttgen, jetzt kommt’s: Weil Sie die Ausgabenreste nutzen, um Ihre größten Glaubwürdigkeitsprobleme in Sachen „versprochen – gebrochen“ abzuschwächen und hektisch nachzubessern. So soll der Pensionsfonds zusätzlich eine Zuführung in Höhe von 680 Millionen € bekommen,

(Christof Rasche [FDP]: Das haben Sie doch kritisiert!)

und die Integrationspauschale soll wenigstens zu einem kleinen Teil an die Kommunen weitergeleitet werden. Sie meinen, Herr Löttgen, Sie schließen damit ein paar offene Flanken, die Sie hier offensichtlich in den Debatten nicht aushalten.

(Henning Höne [FDP]: 100 Millionen mehr als bei Ihrer Planung!)

Aber mit dem Schließen dieser Flanken bekommen Sie neue Glaubwürdigkeitsprobleme, reißen Sie neue auf, denn beim Haushaltsabschluss 2015 – Plenardebatten nachzulesen, ist gar nicht so uninteressant – gab es eine ähnliche Situation: positiver Haushaltsabschluss mit 635 Millionen €, Zuführung der Summe zum Pensionsfonds. Das ist genau das Gleiche.

Was hielt die damalige Opposition denn von dieser Maßnahme? – Zunächst kam die wiederkehrende Forderung, Haushaltsverbesserungen sollen natürlich dafür verwendet werden, weniger Schulden zu machen. Das machen Sie schon mal nicht. Das ist schon mal längst vergessen. Daran haben wir uns ja schon gewöhnt.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Christian Lindner wirft dem damaligen Finanzminister in der Haushaltsrede vom 16. Dezember 2015 voller Empörung, wie wir ihn kennen, vor:

„Was aber macht die rot-grüne Koalition? – Diese Haushaltsverbesserungen nutzen Sie,“

– damit war natürlich nicht Herr Lienenkämper gemeint, sondern Norbert Walter-Borjans –

„um bereits in diesem Jahr die Zuführung zu dem Versorgungsfonds des Landes zum nächsten Jahr zu zahlen. Statt in diesem Jahr Schulden zu reduzieren, schaffen Sie also neue Spielräume im nächsten Jahr.“

Jetzt kommt es, nämlich was diese Politik für Herrn Lindner gewesen ist – Zitat –:

„Was Sie dort gemacht haben, ist ein Lehrbuchfall von Bilanzkosmetik.“

– Aha.

Herr Lienenkämper, Sie scheinen von diesem Lehrbuchfall offenbar sehr schnell gelernt zu haben. Herr Lindner – er ist ja nicht mehr da; er hat sich in die ewige Opposition nach Berlin verabschiedet –

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

kann Ihnen das heute mit Empörung nicht mehr vorhalten, denn – so Christian Lindner damals – die 635 Millionen € gehören in die Bilanz des nächsten Haushaltsjahres.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Das war jetzt nicht dasselbe!)

Herr Lienenkämper, Herr Löttgen, Herr Rasche, ersetzen wir doch jetzt einfach mal 635 Millionen € durch 680 Millionen €. Sonst ändert sich eigentlich nichts, außer, dass niemand von der FDP heute darüber noch empört ist. Das ist das Einzige, was sich an dieser Situation ändert.

(Beifall von den GRÜNEN)

Und jetzt kommt Christian Lindner, holt dann zum finalen Schlag aus. Was ist diese Haushaltspolitik für ihn? Ich zitiere wieder:

„Lackschäden übertünchen, Tacho runterdrehen, ab in den Verkauf. Mit diesen Tricks, die Sie in den vergangenen Jahren systematisiert haben, folgt die Finanzpolitik Nordrhein-Westfalens denselben Methoden wie der Gebrauchtwagenhandel auf dem Kiesplatz.“

Soweit Herr Lindner zu dieser Transaktion.

Nun, Herr Lienenkämper, ich würde niemals so weit gehen, Sie hier mit einem windigen Gebrauchtwagenhändler zu vergleichen. Das wird den Gebrauchtwagenhändlern nicht gerecht, wäre jetzt auch wirklich nicht meine Sprache. Das soll der Autofetischist Herr Lindner mit diesen Bildern mal machen.

Aber eines wird doch deutlich, Herr Lienenkämper: Mit diesen hektischen Nachbesserungen oder – besser gesagt – Verschlimmbesserungen, die Sie mit der Schlussabrechnung 2017 gemacht haben – vielleicht empört sich Herr Rasche ja doch noch darüber, mal gucken, es ist noch Hoffnung da –, geben Sie hier nicht wirklich das Bild eines ehrbaren Kaufmanns ab, was Sie uns so gerne vermitteln wollen. Sie wursteln sich weiter durch, mehr schlecht als recht, und Sie können darauf setzen, dass die sprudelnden Steuereinnahmen und die ganzen unbesetzten Stellen in den Ministerien, in den Schulen mit den Minderausgaben das schon richten werden. Konzeptionelle, transparente, nachhaltige Finanzpolitik, so wie wir sie verstehen, sieht für uns anders aus.

(Beifall von den GRÜNEN)

Fazit nach einem halben Jahr Schwarz-Gelb: Die großen Herausforderungen für viele Menschen in diesem Land in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts sind:

-    Wie können wir wirtschaften und leben, ohne Öl und Kohle für Energie, Wärme und Mobilität zu verbrennen?

-    Wie können wir die Folgen des Klimawandels, die jeden von uns jetzt schon betreffen, noch beherrschen?

-    Wie können wir die nötige Transformation unserer Industriegesellschaft, den strukturellen Wandel gestalten, ohne unseren Wohlstand zu gefährden, aber auch ohne soziale Brüche zu produzieren?

Diesen Herausforderungen stellt sich sowohl die mögliche große Koalition als auch die schwarz-gelbe Landesregierung erkennbar nicht. Ich entnehme dem heutigen Redebeitrag von dem geschätzten Kollegen Römer, dass leider auch aus der Landtagsfraktion der SPD in diesem Bereich nicht wirklich neue Impulse kommen werden. Auch da leider Fehlanzeige!

Die Fragen nach den Konzepten für die Zukunft, für die sich eine Mehrheit der Bevölkerung endlich klare Antworten von der Politik wünscht – da kann man wirklich etwas ehrlicher sein, als Sie vielleicht meinen, es sein zu können –, bleiben von dieser Regierung komplett unbeantwortet. Es bleibt beim „Weiter so“, beim Durchwursteln. Molière sagt dazu – dem ist nichts hinzuzufügen –:

„Wir sind nicht nur verantwortlich für das, was wir tun, sondern auch für das, was wir nicht tun.“

Dem Klimawandel mit all seinen schrecklichen Auswirkungen auf unser Leben ist Ihr hasenfüßiges Motto „Maß und Mitte“, Herr Laschet, egal. Er ist konkret spürbar, übrigens nicht nur an den Polarkappen, sehr bald auch schon bei unseren Nachbarn, den Niederländerinnen und Niederländern.

Deswegen braucht es jetzt konkrete Antworten. Wir haben genug Ziele definiert und uns dazu bekannt. Wir sind nicht mehr in der Kirche und müssen uns zu irgendwelchen Klimazielen bekennen. Damit ist jetzt mal Schluss.

Wir müssen handeln und nicht so weitermachen, dass wir irgendwann das 2030-Ziel auch wieder einkassieren, weil man den Mut zum Handeln nicht hatte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Landesregierung fehlt auch der Mut für eine entschlossene und nachhaltige Finanzpolitik.

Wir schließen diesen Haushalt mit vielen offenen Fragen ab, die immer noch unbeantwortet sind. Ihr erster Haushalt scheitert schon an den eigenen Ansprüchen aus der gerade beendeten Oppositionszeit. Irgendwie habe ich den Eindruck, Sie haben sich damals in der Opposition eigentlich nie wirklich vorstellen können, einmal dieses Land zu regieren und all das, was Sie in der Opposition von sich gegeben haben, auch wirklich einzulösen. Offenbar haben Sie sich das in Ihren kühnsten Träumen nie vorstellen können.

Nun müssen Sie aber all das umsetzen. Aber was passiert? – Entgegen den Versprechen keine Schuldentilgung durch die Mehreinnahmen, keine strukturellen Einsparungen, mit denen Sie Mehrausgaben gegenfinanzieren, kein Stellenabbau in den Ministerien, sondern exorbitanter Stellenaufwuchs, keine nennenswerte Steigerung der Investitionsquote.

Das ist doch minimal, was Sie bezüglich der Investitionsquote abliefern. Und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung und der DGB sagen Ihnen doch in den Stellungnahmen: Das reicht nicht, um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes zu sichern. – Weit und breit keine Dividenden, wie Sie das immer so schön nennen, durch Bürokratieabbau, Digitalisierung, Aufgabenkritik.

Nichts davon wird hier auf den Tisch gelegt: keine Haushaltsklarheit, keine Haushaltswahrheit, stattdessen Verschleierung von Haushaltsrisiken.

Ich möchte mal wissen, wie Sie diese 1 Milliarde €, die Sie vielleicht bald durch die Grunderwerbsteuer als Steuergeschenk für die Familien bekommen – sei es ihnen gegönnt! –, gegenfinanzieren wollen. Denn aus Berlin bekommen Sie das Geld nicht. Dazu habe ich jedenfalls nichts im Sondierungspapier gefunden.

Zusammengefasst: Mit diesem ersten Haushalt, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, und vor allen Dingen auch mit der Mittelfristigen Finanzplanung haben Sie, Herr Laschet, als neue Landesregierung nach einem halben Jahr im Amt den Gestaltungsanspruch schon aufgegeben. Das ist nicht Maß und Mitte; das ist maximales Mittelmaß.

Wir lehnen diesen Haushaltsentwurf ab. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Bleiben Sie bitte am Redepult. Herr Beckamp von der AfD-Fraktion hat auch bei Ihnen eine Kurzintervention angemeldet. – Herr Beckamp, bitte.

Roger Beckamp (AfD): Vielen Dank. – Frau Düker, Sie hatten der Regierung mehrfach angeraten, sich ehrlich zu machen, und ihr zum Beispiel auch vorgeworfen, hasenfüßig zu sein.

Ich frage Sie mit Blick auf das, was im Haushalt vorkommt, die Personalaufstockung: Wie hasenfüßig waren Sie denn, als Sie das Ganze mit den anderen Fraktionen im Rahmen einer Beutegemeinschaft ausgekungelt haben, ohne das transparent zu machen? Wie viele Mitarbeiter haben Sie denn? Wie viele brauchen Sie denn? Woher kommt das denn?

Verweisen Sie mich bitte nicht auf heute Nachmittag, wenn die Presse weg ist und das Abgeordnetengesetz und das Fraktionsgesetz drankommen! Das ist nur eine dünne Hoffnung mancher hier im Raum, dass dann die Presse nicht mehr berichten kann. Das gehört zum Thema „Haushalt“, das müssten wir jetzt besprechen. Ich hätte mir, ehrlich gesagt, von den Grünen gewünscht, dass sie das wirklich zur Sprache bringen, weil ich sie da noch am nächsten dran finde, was Transparenz anbelangt. Die FDP schon mal gar nicht. Vielen Dank an die Grünen.

Monika Düker (GRÜNE): Erstens. Herr Kollege, wir diskutieren hier im Plenum nach Tagesordnung, also dann, wenn die Themen anstehen, und nicht danach, ob da oben Journalisten sitzen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben nach dem Haushaltspunkt eine geordnete Debatte zu den gesetzlichen Änderungen, die dann Grundlage sind, um diese Dinge im Haushalt zu beschließen. Da wird Zeit sein.

Ich finde es völlig legitim, dazu eine andere Auffassung zu haben, die Sie gleich in die Debatte einbringen können. Wir haben einen Vorschlag auf den Tisch gelegt, der aus unserer Sicht gut begründet ist und einen gestiegenen Mehrbedarf abbildet. Sie können gleich in die Debatte darlegen – dazu eignet sich eine Kurzintervention nicht; denn die Debatte sollte inhaltlich, sachgerecht und ausführlich geführt werden –, warum Sie zu einer anderen Auffassung kommen. Dazu gibt es gleich Raum und Zeit. Das ist sehr transparent. Das ist öffentlich. Das findet gleich statt. Wir haben nichts zu verstecken, und wir werden diese Diskussion gleich führen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Düker. – Für die Fraktion der FDP spricht Herr Kollege Rasche.

Christof Rasche (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir zunächst zwei Vorbemerkungen!

Zur SPD habe ich drei Punkte anzumerken.

Erster Punkt zur SPD: Sie haben uns einen Entschließungsantrag vorgelegt, in dem Sie uns die Regierungspolitik in fünf Begriffen beschreiben. Zutreffender hätten Sie Ihr eigenes Versagen in den vergangenen sieben Jahren nicht vorstellen können.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ihr erster Begriff: unsozial: Kollege Römer hat vorhin davon gesprochen, wie schwer es für viele Personen in Nordrhein-Westfalen ist, ihre Miete zu bezahlen. In diesen sieben Jahren Ihrer Regierungspolitik ist die Miete so stark gestiegen wie niemals zuvor. Insofern haben Sie „unsozial“ vollkommen richtig beschrieben, meine Damen und Herren von der SPD.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ihr zweiter Begriff: perspektivlos. In den vergangenen sieben Jahren war das Wirtschaftswachstum in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu den anderen Bundesländern unterdurchschnittlich. Wir sind der Mehrheit der Bundesländer immer hinterhergelaufen – teilweise mit der roten Laterne in der Hand. Das ist perspektivlos. So war das sieben Jahre lang in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ihr dritter Begriff: kommunalfeindlich. Merkwürdig ist, dass die kommunalen Spitzenverbände das anders sehen und uns in den vergangenen Tagen und Wochen ausdrücklich mündlich und schriftlich gelobt haben. Mehr braucht man dazu nicht zu sagen.

Ihr vierter Begriff: bürokratisch. Wir haben hier über einen LEP diskutiert, der ohne Ende Bürokratie mit sich bringt. Umweltvorschriften, Gesetze, Verordnungen von Johannes Remmel haben teilweise sogar die Kommunalpolitiker der Sozialdemokraten kritisiert. Auch da zeigt Ihr Vorwurf auf Sie selber zurück.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ihr fünfter Begriff: chaotisch. Man erinnere sich an die Minister Duin, Groschek, die von einer Durchgrünung in Nordrhein-Westfalen sprachen – wahrscheinlich in der Koalition und im Kabinett –, an die vielen Konflikten, die es zwischen den Herren Duin und Remmel gab. Das war eine chaotische Regierungszeit, die – Gott sei Dank – die Wählerinnen und Wähler in diesem Land beendet haben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zweiter Punkt zur SPD: Herr Römer sagte in seiner Rede, die SPD solle der CDU oder wem auch immer industriepolitisch aus der Patsche helfen – ausgerechnet die SPD, meine Damen und Herren, bei der die eigene Basis der Sozialdemokraten sieben Jahre lang gesehen hat, dass die SPD nicht zu ihren eigenen industriepolitischen Überzeugungen gestanden hat, sondern ausschließlich den Grünen hinterhergelaufen ist.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dritter Punkt zu den Kollegen der SPD: Sie haben die Regierung und die Koalition kritisiert von der ersten Sekunde Ihrer Rede bis zur letzten. Das ist Ihr gutes Recht; ich glaube, vieles davon war falsch. Sie haben aber nicht einen einzigen Vorschlag gemacht, wie man es besser machen kann. Das kann man von der größten Oppositionspartei in diesem Land erwarten.

(Beifall von der FDP und der CDU – Sarah Philipp [SPD]: Was haben Sie denn die letzten sieben Jahre gemacht?)

Liebe Frau Kollegin Düker, auch drei Punkte kurz zu Ihrer Rede.

Sie haben Wahlergebnisse mit Umfragen verglichen. Für uns sind die Wahlergebnisse wichtig und nicht die Umfragen. Dass sich Rot-Grün so groß aufspielt, nur weil man bei „Westpol“ gemeinsam um einen einzigen Punkt gestiegen ist, ist ein bisschen übertrieben.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie reden zweitens von einer Unzufriedenheit, die dort dargestellt worden ist.

(Monika Düker [GRÜNE]: Warum sind denn die Leute unzufrieden mit Ihnen?)

Ich nehme einmal die Wirtschaftspolitik. 8 % der Bevölkerung in Nordrhein-Westfalen sagen, die Wirtschaftspolitik sei schlechter geworden. Ungefähr das Vierfache der Bevölkerung sagt, die Wirtschaftspolitik sei besser geworden. Mit einer solchen Unzufriedenheit kann ich persönlich gut leben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dritter Punkt. Frau Düker hat sich zehn Minuten lang mit der Großen Koalition befasst.

(Monika Düker [GRÜNE]: Klimaschutz!)

– Klar, mit Ihrem Kernthema „Klimaschutz“, aber das war Große Koalition.

(Monika Düker [GRÜNE]: Bei Ihnen ist es offenbar kein Thema!)

Dann haben Sie sich unglaublich lange mit CDU und FDP zu Oppositionszeiten befasst. Das ist kein Wunder: Wenn einem zu Regierungszeiten nicht viel Kritik einfällt, muss man eben weiter zurückgehen – ein Jahr, zwei Jahre, drei Jahre, vier Jahre, fünf Jahre –, damit man vielleicht Kritik konstruieren kann. Dass man sich dann immer noch an Christian Lindner abarbeitet – Respekt, Frau Düker, ich hätte es mir anders vorgestellt.

(Monika Düker [GRÜNE]: Seine Sachen gelten für Sie offenbar nicht mehr!)

Zum eigentlichen Thema „Klimaschutz“ komme ich gleich noch zurück, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir legen also den ersten Gestaltungshaushalt der NRW-Koalition vor. Wir haben unser Ziel geäußert, und dieser Haushalt beweist es: Wir bringen Nordrhein-Westfalen voran:

-    Fast 25 % des Haushalts geben wir allein für schulische Bildung aus, um Nordrhein-Westfalen chancenreicher zu machen.

-    Wir geben viel mehr Geld aus für Sicherheit und einen starken Rechtsstaat, lieber Kollege Reul. Wir stärken das Personal und die Ausstattung. Wir machen NRW also sicherer.

-    Wir investieren ganz enorm in digitale Infrastruktur und auch in die Verkehrsinfrastruktur. Wir machen Nordrhein-Westfalen also moderner. Wir stärken damit natürlich den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen.

Trotzdem bleiben wir erstmals seit 45 Jahren bei der Haushaltseinbringung bei der schwarzen Null, liebe Kolleginnen und Kollegen. Das zeigt: Diese NRW-Koalition setzt klare Prioritäten und gute Prioritäten. Der Haushalt 2018 ist ein Zukunftshaushalt, wie es ihn lange nicht mehr in diesem Land gegeben hat.

(Beifall von der FDP und der CDU – Lachen von Svenja Schulze [SPD])

Mit dem Haushalt schaffen wir viele Trendwenden auf unterschiedlichsten Politikfeldern, auf die ich kurz eingehen möchte. Ein elementares Ziel, ein Kernthema dieser Koalition ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandortes Nordrhein-Westfalen – übrigens bei der täglichen Arbeit und schon angefangen bei der Sondierung.

Apropos Sondierung, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das ist doch damals unter Armin Laschet vorbildlich gelaufen. Es gab keine Durchstechereien. Es gab Vertrauen zwischen den Leuten, die dort geredet haben. Es gab nicht einmal ein Foto von der Sondierung, sondern es wurde alles reibungslos abgearbeitet. Da ist diese NRW-Koalition vorbildlich.

(Zuruf von Heike Gebhard [SPD])

Wenn Herr Römer die Kollegen in Berlin diesbezüglich kritisiert, hätte er uns hier in Nordrhein-Westfalen dafür loben müssen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Minister Pinkwart hat schon am ersten Tag mit den Ideen begonnen, Entfesselungspakete zu gestalten, die dann auch auf den Weg gebracht worden sind. Das erste ist schon weit unterwegs, das zweite ist mitten auf dem Weg, und das dritte ist schon in Arbeit.

Was hat die Wirtschaftspolitik unter Rot-Grün gemacht? Ich habe eben schon von den großen Konflikten gesprochen zwischen Wirtschaftspolitik und Umweltpolitik, die oft öffentlich ausgetragen worden sind, wo am Ende im Zweifel oder sogar prinzipiell die Mehrheit der SPD immer Umweltminister Remmel unterstützt hat und nie den eigenen Wirtschaftsminister Duin. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat am Ende den Wirtschaftsstandort Nordrhein-Westfalen erheblich geschwächt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es gab im Rahmen der Sondierung einen Brief der nordrhein-westfälischen Spitzen der SPD, also Herr Groschek und Frau Schulze, an die Spitze der SPD im Bund, also Schulz und Nahles: drei Seiten, sechs Kernpunkte, Industriepolitik gleich null.

(Henning Höne [FDP]: Aha!)

Kein einziges Wort zur Industriepolitik in Nordrhein-Westfalen!

(Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Das ist ein weiteres Beispiel dafür, dass damit in den letzten Jahren nicht alles richtig gelaufen sein kann in Nordrhein-Westfalen.

Dazu kommt für mich ein merkwürdiges Verständnis der SPD von Industriepolitik. Ich stelle mal eine Frage in den Raum: Was ist denn von elementarer Bedeutung für die Exportnation Deutschland und damit auch für Nordrhein-Westfalen? – Antwort: der freie Handel, der Freihandel, natürlich nach klaren Regeln, aber ein freier Handel.

Beim Thema „China-Stahl“ hat die SPD hier eine ganz andere Kompetenz unter Beweis gestellt. Es muss – so lautete die Aussage – deutscher Stahl verwendet werden. Was ist das für eine Auffassung? Freihandel und damit das Kerninteresse unseres Landes hat damit für die SPD keine Bedeutung – übrigens ebenso wie Bundes- und EU-Recht. Schon während der Pressekonferenz haben Sie, Herr Römer, Nachfragen zu möglichen Wettbewerbsklagen nicht beantwortet. So richtig seriös ist das nicht, Herr Kollege.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zur Klarstellung: Wir haben sehr großes Verständnis für die Sorgen der Stahlarbeitnehmer, der Betriebsräte und der Gewerkschaften. Aber wir nutzen diese großen Sorgen nicht für eigene Interessen. Das darf man nicht tun. Die „Rheinische Post“ brachte es am 10. Januar auf den Punkt: Es kann und darf hier keinen Protektionismus geben. – Diese Aussage ist richtig und wird von sehr vielen Menschen in Nordrhein-Westfalen geteilt.

Die Gewerkschaften sehen das übrigens eigentlich auch so. Zwar ist Herr Giesler bei der SPD mit Herrn Römer aufgetreten. Herr Römer hat eben in seiner Rede gesagt, man sollte auf PR-Maßnahmen vonseiten der Regierung oder vonseiten der Fraktionen verzichten. Das hat die SPD hier nicht getan.

Aber in Wahrheit gibt es doch bei den Gewerkschaften ganz andere Positionen. Ich erinnere hier an die Diskussion um CETA und den Freihandel.

Die IG BCE – diese Gewerkschaft kennen wir alle gut, Herr Römer am besten – hat im Jahr 2016 mit einer klugen Bemerkung zur damaligen Debatte Stellung genommen. Zitat:

„Die Gewerkschaften sollten nicht den Kompass verlieren. Deutschland braucht einen erfolgreichen und fairen Welthandel. Millionen Beschäftigte haben einen guten Arbeitsplatz in exportorientierten Unternehmen.“

So äußerte sich die IG BCE. Das ist eine Gewerkschaft, die – wie eigentlich auch die IG Metall – in Deutschland Verantwortung übernimmt. Halten wir uns doch an die globale Aussage der deutschen Gewerkschaften und nicht so sehr an Einzelpositionen, die man vielleicht noch einmal überdenken sollte!

Die Aufgabe der Landesregierung ist es also, den Stahlstandort Nordrhein-Westfalen zu stärken und Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen der Stahlstandort dann auch wettbewerbsfähig ist. Genau das hat Nordrhein-Westfalen in den vergangenen sieben Jahren leider nicht geschafft.

Mit dieser unsäglichen Debatte – Stichwort „Freihandel“ – sind dann auch noch Halbwahrheiten oder Unwahrheiten verbunden. So hat die SPD behauptet, bei der Rheinbrücke in Duisburg werde Stahl aus China verbaut; die Landesregierung und vor allem der Ministerpräsident hätten sich dafür einsetzen müssen, dass das nicht passiert.

Die Wahrheit ist, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Ausschreibung und damit die Auftragsvergabe ist noch nicht erfolgt. Es steht noch gar nicht fest, mit welchem Stahl gebaut wird. Wie kann man dann so etwas behaupten?

(Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von der FDP: Hört! Hört!)

Solche Aussagen sind rein parteipolitisch motiviert; denn offensichtlich steht man mit dem Rücken zur Wand. Anders kann man sich das nicht erklären, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zur Wahrheit gehört dann auch: Bei der Leverkusener Brücke wurde die Ausschreibung noch unter Minister Mike Groschek erarbeitet.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Bei der Leverkusener Brücke wurde die Ausschreibung komplett unter der Verantwortung von Mike Groschek erarbeitet. Diese Kritik der SPD und auch von Herrn Römer ist also zu einem Eigentor geworden. Manche Politiker würden so etwas vielleicht als Plauderei bezeichnen. Ich glaube, diesen Begriff könnte man in diesem Zusammenhang gut verwenden.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Für die Wettbewerbsfähigkeit des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen ist ebenso eine rationale und ehrliche Energiepolitik wichtig. Zu Recht hat BDI-Chef Kempf laut dpa am 8. Januar 2018 vor Alleingängen, ob von Nordrhein-Westfalen oder von Deutschland, in der Energie- und Klimapolitik gewarnt; die Folge seien Produktionsverlagerungen ins Ausland.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben die Grünen – ich glaube, da ist die SPD mit mir einer Meinung; Sie haben es in Nordrhein-Westfalen ja auch erfahren – bei den Jamaika-Verhandlungen in Berlin mit ihren fundamentalen Forderungen zu Energiepolitik und Klimaschutzpolitik erlebt. Industrie und Gewerkschaften waren gleichermaßen entsetzt, sowohl in Deutschland als auch in Nordrhein-Westfalen. Gut, dass diese Politik nicht zum Tragen gekommen ist!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt versuchen die Grünen und ihre grünen Netzwerke, sich gegenseitig die Bälle – wir stehen ja kurz vor einer Fußballweltmeisterschaft – zuzuspielen.

Entsprechend hat sich der Landesverband Erneuerbare Energien NRW in einer Pressemitteilung vom 9. Januar 2018 geäußert. Mit Klarheit und Wahrheit hatte das allerdings aus meiner Sicht nur wenig zu tun. Im Gegenteil: Manch ein Leser wurde vielleicht sogar getäuscht. Es geht um die Aufgabe – Frau Düker hat es eben gesagt – der deutschen Klimaschutzziele 2020 mit minus 40 % im Vergleich zu 1990. Der LEE suggeriert, Union, SPD und auch die FDP wollten sich damit von den Pariser Klimaschutzzielen distanzieren.

Das ist falsch. SPD, CDU und FDP sagen genau das Gegenteil – immer wieder. Es wird auch nicht besser, wenn nur die Grünen das Gegenteil behaupten. Wir stehen zu den Pariser Klimaschutzzielen – ohne Wenn und Aber.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Trotzdem ist richtig: Die deutschen Klimaschutzziele mit einem Minus von 40 % gegenüber 1990 lassen sich bis 2020 nicht erreichen.

Dann gab es – das ist besonders bemerkenswert – sogar nordrhein-westfälische Klimaschutzziele. Sie wurden seinerzeit von der Regierung von SPD und Grünen beschlossen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Nein, vom Parlament!)

Diese haben im Vergleich zu 1990 nicht eine Reduzierung um 40 % vorgesehen, sondern nur eine Reduzierung um 25 %, waren also weit defensiver.

Wie können die Grünen eine rationale Politik, die jetzt endlich auf Bundesebene betrieben wird, kritisieren, obwohl sie selbst in Nordrhein-Westfalen in eigener Verantwortung weit hinter den deutschen Klimazielen zurückgeblieben sind? Das ist unehrlich, absolut unehrlich.

(Beifall von der FDP)

Minister Pinkwart hat uns glaubwürdig geschildert, dass diese Regierung es schaffen wird, die nordrhein-westfälischen Klimaschutzziele 2020 zu erreichen, wahrscheinlich sogar zu übertreffen.

Ein weiterer Punkt in dieser Pressemitteilung des LEE – darüber muss man einmal sprechen, weil das ein typisches Spiel zwischen grünen Netzwerken und den Grünen ist – ist die Aussage, es gebe keinen geregelten Plan für den Kohleausstieg. In den Sätzen davor führt er reihenweise Probleme in Nordrhein-Westfalen an – nicht in Deutschland, sondern in Nordrhein-Westfalen.

Dabei war es doch die rot-grüne Landesregierung, die im Jahr 2016 festgelegt hat, dass der Braunkohlebergbau in Nordrhein-Westfalen erst im Jahr 2045 beendet wird. Das war grüne Politik pur. Jetzt kritisieren Sie das und versuchen, die Menschen zu täuschen, als hätten Sie mit dieser Entscheidung aus dem Jahr 2016 nichts zu tun. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist unehrlich.

(Beifall von der FDP)

Mit dem Begriff „Kohle“ ist aber nicht nur Negatives verbunden. Das hat sogar die von den Grünen geführte Enquetekommission in der vergangenen Legislaturperiode bewiesen. Es geht um die stoffliche Verwertung der Braunkohle. Dabei handelt es sich nach unserer festen Überzeugung um ein Zukunftsprojekt für Nordrhein-Westfalen. Wir wollen auf diesem Gebiet die Nummer eins in Europa werden, auch was das Know-how und die Arbeitsplätze betrifft. Wir stützen uns dabei auf den Konsens der Enquetekommission und stärken damit das Rheinische Revier.

Unsere Idee einer Zukunftsinitiative Kohlenstoff Nordrhein-Westfalen haben wir mit Haushaltsanträgen der Koalitionsfraktionen von FDP und CDU hinterlegt, in diesem Jahr mit 2,5 Millionen €.

Herr van den Berg, Sie sind herzlich eingeladen, mit uns die Köpfe zusammenzustecken, um das Ziel zu erreichen, die Nummer eins in Europa auf diesem Gebiet zu werden. – Vielen Dank für Ihren freundlichen Applaus.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Es gibt viele weitere Punkte, an denen wir die Wettbewerbsfähigkeit unseres Wirtschaftsstandortes steigern wollen. Die Entfesselungspakete habe ich genannt. Besonders sollen Gründer und Industrie gestärkt werden, also Neues und Bewährtes. Das ist bei der Balancepolitik dieser neuen Regierung ganz wichtig.

Außerdem wollen wir Ökologie und Ökonomie in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel im LEP, ins Gleichgewicht bringen. Das gilt auch für den Flächenbedarf. Wir haben viele Beispiele aus Ostwestfalen-Lippe gehört, bei denen er gar nicht mehr in Balance ist. Aber das betrifft nicht nur OWL, sondern ganz Nordrhein-Westfalen. Wir brauchen also auch beim Flächenbedarf wieder ein Gleichgewicht.

Bürokratieabbau ist immer ein Thema, insbesondere für diese Regierung. Minister Pinkwart ist allerdings einmal anders an das Thema herangegangen. Er hat die Gründer gefragt: „An welchen Stellen wünscht ihr euch Bürokratieabbau?“, und er hat die Menschen im Land gefragt, was sie vom Bürokratieabbau erwarten. Dann hat er diese Ideen zusammengefasst und Vorschläge gemacht, wie wir auch in diesem Bereich eine Trendwende erreichen.

Eine Trendwende in der Wirtschaftspolitik Nordrhein-Westfalens sehen nicht nur wir. Es gibt auch viele Player in diesem Land, die uns genau dafür loben.

Zitat des Landesgeschäftsführers des BVMW, Herbert Schulte:

„Unsere Betriebe wünschen sich flankierende politische Maßnahmen wie den zügigen Ausbau der digitalen Infrastruktur und Schritte zur Entbürokratisierung von Genehmigungsverfahren und Ausschreibungsprozessen. Hier hat die Landesregierung mit den Entfesselungsgesetzen geliefert, nun liefert auch der Mittelstand …“

Herr Meier-Scheuven, Präsident der IHK Ostwestfalen-Lippe, äußerte Anfang Dezember 2017 beim Jahresempfang:

„Der gesamte Koalitionsvertrag in NRW ist ein Signal für Aufbruch und Modernisierung.“

Arndt Kirchhoff, NRW-Unternehmerpräsident, antwortete auf die Frage, wie er mit den ersten Monaten der NRW-Koalition zufrieden ist:

„Ziemlich zufrieden. Die machen was.“

Dann äußerte er Lob für die Entfesselung.

Ein viertes Beispiel – bei diesem Gespräch war ich persönlich dabei –: Die Vorsitzenden von vier Betriebsräten bedankten sich am 21. September 2017 ausdrücklich bei Minister Andreas Pinkwart für eine einfach rationale Wirtschaftspolitik. Die Politik der Vorgängerregierung hätte die Existenz eines in diesem Fall Zementwerkes in Nordrhein-Westfalen zeitnah gefährdet.

Es gab also sehr viel Lob für die Trendwende in der Wirtschaftspolitik in Nordrhein-Westfalen durch diese Regierung. Herzlichen Dank dafür!

Genauso machen wir es auch in anderen Bereichen. Bei der Digitalisierung legt Andreas Pinkwart ein unglaubliches Tempo vor. Mit den Anträgen der Fraktionen sind noch einmal Digitalisierung in der Landwirtschaft mit dem Aufbau eines Studienganges in Höxter und noch mehr Mittel für die Digitalisierung im Hochschulbereich eingebracht worden. Auch hier haben die Fraktionen Akzente gesetzt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben in diesem Jahr aber auch eine Zäsur in Nordrhein-Westfalen. Ministerpräsident Laschet sagte es bei seiner Neujahrsansprache. Die letzten beiden Zechen in NRW werden geschlossen. Verlässlichkeit und Zusammenhalt waren besonders ausgeprägte Merkmale des Bergbaus, die ganz Nordrhein-Westfalen geprägt haben.

Dieses Erbe zu erhalten, ist eine gemeinsame Aufgabe des gesamten Landes und dieses Hohen Hauses. Dazu werden diese Koalition und diese Regierung ihren Teil beitragen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die NRW-Koalition wird – gerne mit den Kollegen der Opposition und allen Beteiligten insbesondere im Ruhrgebiet zusammen – konkrete Perspektiven für das Ruhrgebiet erarbeiten und anschließend auch umsetzen.

Bevor gleich wieder der Vorwurf der Opposition kommt: „Ihr seid doch schon 248 Tage im Amt, habt aber noch nicht geliefert“, wie ich eben gehört habe, sage ich: Das geht auch nicht ganz so schnell. Auch da geht Qualität vor Tempo. An diese Marschroute werden wir uns halten.

Es ist ohnehin eine Gemeinschaftsaufgabe in diesem Land, das Ruhrgebiet nach vorne zu bringen, und keine Aufgabe nur einer Regierung, egal, wer die Regierung stellt, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Neben der Wirtschaftspolitik ist uns der Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen – Stichwort „starke Gemeinschaften vor Ort“ – ein besonderes Anliegen. Dazu gehören starke Kommunen; das gilt für alle 396 Kommunen in Nordrhein-Westfalen. Dazu gehört ein starkes Ehrenamt in allen Bereichen, vom Sport bis zur Kultur und von der Integration bis in den sozialen Bereich. Das müssen wir unterstützen, und das tun wir mit diesem Haushalt auch ausdrücklich.

Dazu gehört dann auch ein Thema, das uns hier schon über einige Jahre beschäftigt hat, nämlich die Weitergabe der Integrationspauschale in einer Größenordnung von 100 Millionen €. Wir nutzen unsere Spielräume und geben den Kommunen hier 100 Millionen € – Geld, das sie dringend brauchen.

In einer Presseerklärung sämtlicher Hauptgeschäftsführer der kommunalen Spitzenverbände vom 9. Januar 2018 wird diese Politik ausdrücklich gelobt.

Der SPD-Oberbürgermeister aus Bielefeld, Pit Clausen, erklärte am 10. Januar 2018 in der „Neuen Westfälischen“, das sei ein sehr erfreulicher Schritt.

Pit Clausen vergleicht das natürlich mit der Politik der Vorgängerregierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Nachdem SPD und Grüne in den Jahren 2016 und 2017 von dieser Integrationspauschale einfach nichts – ich wiederhole: nichts – an die Kommunen weitergegeben haben, fordern sie plötzlich, die neue Regierung müsse nicht nur 100 Millionen € weitergeben – immerhin 100 Millionen € –, sondern sogar noch viel, viel mehr.

(Sven Wolf [SPD]: Ihr müsst es an dem Versprechen messen, nicht nur an den Schritten!)

Die alte Regierung gab keinen Cent. Jetzt ist sie in der Opposition und fordert ein Füllhorn mit noch mehr Millionen für die Kommunen.

(Michael Hübner [SPD]: Wir sagen, was Sie gefordert haben! Wir erinnern Sie an Ihre Versprechungen, Herr Rasche! – Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Das glauben Ihnen die Menschen vor Ort nicht. Das glauben sie Ihnen nicht!

(Beifall von der FDP und der CDU – Michael Hübner [SPD]: Wir erinnern Sie an Ihre Versprechungen!)

Wir sind nicht nur ein guter Partner der Kommunen, sondern auch ein guter Partner des Sports. Insgesamt 15 Millionen € mehr gab es auch durch die Haushaltsanträge der Fraktionen.

Der Landessportbund äußerte sich in einer Pressemitteilung am 15. November 2017 klar – erstens mit einem Dankeschön an diese Koalition und zweitens mit der Aussage: Endlich ein verlässlicher Partner für den Sport in Nordrhein-Westfalen!

(Beifall von der FDP und der CDU – Zuruf von der CDU: Jawohl!)

Diese Regierung ist ein guter Partner für die Kultur. Im ersten Schritt gibt es 20 Millionen € mehr auf dem Weg zur Etatverdoppelung, die am Schluss stehen soll. Das hat vorher keine oder kaum eine Regierung geschafft. Aber wir haben es in diesem Jahr mit dem Fokus auf kommunalen Orchestern und kommunalen Theatern geschafft.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ich sage es hier noch einmal und komme gleich auch noch einmal darauf zurück: Diese Koalition, allen voran Sozialminister Laumann, steht für eine anständige Sozialpolitik.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Man kann immer das Gegenteil behaupten. Aber die Wahrheit verändert man damit nicht, lieber Kollege Römer.

-    Wir geben mehr Geld für den Kinder- und Jugendförderplan aus, nämlich plus 11 Millionen €; insgesamt sind es über 120 Millionen €.

-    Wir sichern die Schulsozialarbeit; auch das ist ein ganz wichtiger Schritt.

-    Wir stärken nochmals die Verbraucherzentrale; die FDP war immer die Partei des Verbraucherschutzes.

-    Wir unterstützen noch einmal mit 700.000 € die Betreuungsvereine, die eine unglaubliche Arbeit leisten.

-    Wir geben 100.000 € für gezielte Unterrichtung – Susi Schneider – der Wiederbelebung insbesondere an Schulen und 200.000 € für eine Impfkampagne aus.

Das sind nur einige wenige Beispiele.

Es gab im politischen Raum Leute, die gesagt haben, im Vergleich zum Gesamthaushalt von 75 Milliarden € seien 100.000 oder 200.000 € Peanuts. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese 100.000 € in Bezug zum Gesamthaushalt zu setzen, ist der falsche Ansatz. Entscheidend ist doch, welche Möglichkeiten vor Ort für die Beteiligten entstehen. Mit 100.000 oder 200.000 € entstehen oft gewaltige Möglichkeiten, um gerade im sozialen Bereich etwas für die Menschen in Nordrhein-Westfalen zu tun.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vielleicht kann dann sogar – das ist ein wenig zugespitzt – ein Ersthelfer, weil er unterrichtet worden ist, ein Leben retten. Das wäre ganz toll. Auf jeden Fall sind wir im Bereich Sozialpolitik in Nordrhein-Westfalen sehr, sehr stark unterwegs.

Noch einmal: Auch wenn Sie seitens der Opposition unwahre Bilder zeichnen, wird sich Ihre eigene Situation nicht verbessern. Aktuelle Umfragen, Herr Kollege Römer, belegen dies sehr deutlich.

Wir brauchen zudem – das gehört zum Zusammenhalt dazu – bezahlbaren Wohnraum in Nordrhein-Westfalen, und zwar in ganz Deutschland; das ist kein reines NRW-Problem. Dafür brauchen wir nun einmal neue Wohnungen. Wie soll denn dieser Markt die richtige Balance finden, wenn die Nachfrage groß ist, das Angebot an Wohnungen aber klein ist? Das kann nicht funktionieren. Also brauchen wir Anreize zum Bauen.

(Beifall von der FDP und der CDU – Sven Wolf [SPD]: Da muss man Geld in die Hand nehmen!)

– Ja, aber Landesgeld. Und das wurde erhöht. Ihre Pressemitteilung war falsch.

(Sven Wolf [SPD]: Nein!)

Das Bundesgeld wurde reduziert. SPD-Regierung in Berlin! Aber diese Regierung hat die Mittel erhöht.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist wieder eine Halbwahrheit, Herr Wolf.

Zwei Aussagen sind in diesem Zusammenhang interessant.

Erstens. Laut Angaben von IT.NRW verteuerte sich Bauen; die von Rot-Grün beschlossene Bauordnung hätte das Bauen in Nordrhein-Westfalen nochmals ganz wesentlich verteuert. – Deshalb ist das Moratorium richtig und eine Nachsteuerung notwendig.

(Beifall von der FDP)

Ich wiederhole: notwendig. Es geht also darum, die Not zu wenden, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Zweitens. Eine aktuelle Studie des DIW sagt, knappes Bauland sei eine Bremse für den Wohnungsbau. Deswegen müssen wir in Nordrhein-Westfalen auf unnötige Beschränkungen verzichten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Beide, IT.NRW und DIW, haben recht.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Herr Römer hat gerade zu Recht dargestellt – ich kenne solche Beispiele auch –, dass viele Menschen in Nordrhein-Westfalen die große Sorge haben, wie sie aktuell und erst recht in einigen Jahren von ihrer Rente ihre Miete bezahlen können. Das wollen wir als NRW-Koalition ändern. Aber IT.NRW und DIW haben recht damit. Insbesondere Ihre falschen politischen Weichenstellungen haben zu diesen hohen Mieten in Nordrhein-Westfalen geführt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Ein funktionierender Rechtsstaat ist ebenso wichtig für den Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen. Insofern ist es richtig und wichtig – und dafür steht die FDP –, die richtige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit zu finden.

Ich bin mir sicher, dass das für diese Koalition auch kein Problem darstellt. Unser Ziel ist es, Nordrhein-Westfalen sicherer zu machen. Wir haben die Mittel für Personal und Ausrüstung deutlich erhöht; Bodo Löttgen ist schon darauf eingegangen.

Die Mitglieder meiner Fraktion – dies gilt zumindest für die meisten, die das einrichten konnten – haben in der Weihnachtspause die Polizei bei ihren Einsätzen in der Nacht begleitet. Unsere Polizistinnen und Polizisten machen in Nordrhein-Westfalen einen gewaltigen, wichtigen und hervorragenden Job. Dafür an dieser Stelle herzlichen Dank!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir haben nicht nur die Polizei gestärkt, sondern – das gehört doch zur Lösung dazu, liebe Kolleginnen und Kollegen – auch die Justiz. Wir haben in diesem Haushalt 2018 neue Stellen geschaffen, und zwar ungefähr so viele Stellen, wie Rot-Grün in sieben Jahren Regierungsverantwortung geschaffen hat. Das ist der Vergleich, liebe Kolleginnen und Kollegen: eins zu sieben.

Im Bereich der kriminellen Gefährder hat es unser Minister Joachim Stamp erreicht, den § 58a des Aufenthaltsgesetzes anzuwenden. Das geht also. Das wurde gerade bewiesen. Vorher wurde es bezweifelt. Jetzt werden alle Mittel des Rechtsstaates in Nordrhein-Westfalen genutzt. Schade, dass das nicht schon vorher passiert ist!

(Beifall von der FDP)

Ich nenne als letztes Stichwort zum Thema „innerer Zusammenhalt“ die Kinderfeuerwehren. Dieses Projekt dient einerseits der zukünftigen Sicherheit, dem Feuerschutz und dem Unfallschutz in Nordrhein-Westfalen und vermittelt andererseits diesen jungen Menschen Werte und Wissen, das sie ihr ganzes Leben nutzen können, um sich persönlich zu steigern und zu entwickeln. Auch dafür stellen wir als Koalitionsfraktionen in diesem Haushalt in Summe 1,75 Millionen € mehr zur Verfügung. Das ist unserer Meinung nach sehr gut angelegtes Geld, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich komme zur Bildung. Natürlich – ich habe es eben schon gesagt – hat die Bildung in diesem Haushalt oberste Priorität. Wir geben in diesem Bereich mehr als jemals zuvor aus – insgesamt 200 Millionen € mehr als im Jahr 2017. Wir investieren in die Stärkung der Grundschulen und nochmals in Digitalisierung. Wir stärken die Besoldung der Konrektoren an Grundschulen und an Hauptschulen. Wir gestalten – Yvonne Gebauer wurde dafür vor Weihnachten gelobt – die Flexibilität im offenen Ganztag.

Ein letzter Punkt zum Thema „Bildung“: Zum Bereich der Inklusion hat das Kabinett vor Weihnachten einen Beschluss gefasst und eine Jahresförderung von 60 Millionen € freigegeben. Das ist ein klares Signal. Schließlich handelt es sich um 20 Millionen € mehr als im Vorjahr.

(Beifall von der FDP)

Es gibt also Trendwenden in der Wirtschaftspolitik, in der Bildungspolitik und in der Haushaltspolitik, lieber Lutz Lienenkämper. Wir haben erstmals eine schwarze Null. Trotzdem konnten die Fraktionen deutliche Akzente setzen, und wir konnten Zukunftsinvestitionen für Nordrhein-Westfalen in diesem Haushalt festschreiben.

Alle diese Anträge haben wir natürlich im HFA beschlossen. Ralf Witzel, mein Kollege, hat sie unter anderem vorgestellt. Frau Düker hat kurz kritisiert, dass das Verfahren zu wenig transparent gewesen sei.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Sie waren doch gar nicht da!)

So ist die alte Regierung ebenfalls vorgegangen. Sie hat immer noch Änderungsanträge in den Haushalts- und Finanzausschuss eingebracht. Genauso haben wir das auch gemacht.

Frau Düker hat zu diesem Zeitpunkt auch kritisiert, dass neben der Schuldentilgung beim Haushaltsabschluss 2017 auch Geld in den Pensionsfonds fließt.

Dazu hat sich übrigens der Deutsche Beamtenbund, namentlich Roland Staude, sehr deutlich geäußert. Er hat die Regierung ausdrücklich dafür gelobt und gesagt: Endlich eine Regierung mit Augenmaß und mit Verantwortungsbewusstsein!

Dieses Lob gilt genau diesem Schritt, dieses Geld in diesen Fonds fließen zu lassen. Das war also genau der richtige Schritt unseres Finanzministers und damit dieser Landesregierung.

Zudem senken wir die von Rot-Grün beschlossene Kreditaufnahme im Jahre 2017 ganz enorm. Insgesamt 500 Millionen € weniger Schulden sind ein starkes Signal.

Die Kritik der Opposition ist deshalb auch sehr begrenzt. Und wenn es doch welche gibt, entpuppt sie sich nicht gerade als Wahrheit. Es gab zum Beispiel die Kritik der Kollegen von der SPD am Wissenschaftsetat. Hierzu ein Hinweis: Unter dem Strich sind es zwar 116 Millionen € weniger. Es sind aber weniger Hochschulmittel des Hochschulpaktes des Bundes. Das Land gibt in diesem Bereich sogar mehr Geld aus als vorher – genauso wie in der Baupolitik.

Unter dem Strich haben unsere Fraktionen in haushaltspolitischer Hinsicht – mein Dank gilt beiden Fraktionen und dem Kollegen Bodo Löttgen – mit noch einmal 50 Millionen € deutliche Akzente gesetzt und sehr wichtige politische Felder besetzt. Zudem haben sie mit noch einmal 100 Millionen € die Kommunen in die Lage versetzt, noch mehr für die Integration zu tun und damit noch mehr Verantwortung zu übernehmen. Diese beiden Fraktionen von CDU und FDP nehmen ihren Gestaltungsanspruch somit wahr.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Im Rahmen der Haushaltsdiskussion wurde der Kollege Börschel gefragt, warum denn die SPD diese Haushaltsanträge erst jetzt in Zeiten der Opposition stellt und nicht schon in Regierungszeiten so gehandelt hat. Die Antwort des Kollegen Börschel war bemerkenswert – Zitat –: Die SPD hat auch nicht alles richtig gemacht, sonst wäre die Wahl anders ausgegangen. – Ich wiederhole die Worte des Kollegen Börschel noch einmal: Die SPD hat auch nicht alles richtig gemacht, sonst wäre noch einmal anders ausgegangen.

Mit dieser sehr allgemeinen Feststellung hat Herr Börschel zwar recht. Aber jetzt fragen sich die Bürgerinnen und Bürger, die Wählerinnen und Wähler in Nordrhein-Westfalen natürlich: Was meint Herr Börschel denn mit dieser eigentlich groben, aber sehr klugen Aussage im Detail? Wo hat die SPD denn Fehler gemacht? – Noch viel mehr werden die Bürger sich fragen: Wie will die SPD denn ihre Politik verändern, damit sie demnächst wieder bessere Wahlergebnisse erzielt?

Lieber Kollege Börschel, wir werden Sie, in welcher Funktion auch immer, bestimmt noch oft an diesem Rednerpult erleben.

(Martin Börschel [SPD]: Sie können auch gleich einen Dialog führen, wenn Sie wollen!)

Ich bin gespannt, wie Sie dann auf die Frage der Bevölkerung antworten werden: Wo hat die SPD in den vergangenen sieben Jahren Fehler gemacht, und wie will sie ihre Politik ändern?

Ich möchte noch einen kurzen Rückblick auf das von Frau Düker Gesagte werfen. Sie hat eben ausdrücklich die Politik und die Aussagen von Herrn Kutschaty, insbesondere in Bezug auf den Klimaschutz, gelobt. Ein Lob ist zwar oft sehr wertvoll. Geholfen haben Sie ihm mit diesem Lob aber nicht, liebe Frau Düker.

(Beifall von der FDP – Monika Düker [GRÜNE]: Das habe ich schon gemerkt!)

Wir werden – das ist die nächste Trendwende – auch die Verkehrsinfrastruktur und die digitale Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen stärken. Herr Wüst als Minister für Verkehr hat den NRW-Masterplan zur Umsetzung des Bundesverkehrswegeplans vorgestellt – erstmals versehen mit Transparenz und mit klaren Zahlen dazu, in welchen Jahren welche Arbeitsschritte erfolgen sollen. Das Ganze ist übrigens verbunden mit einem Controlling von vielen – von Bürgermeistern, von der Bevölkerung, von Bürgerinitiativen, von der Politik.

Es handelt sich also um eine echte Trendwende hin zu Transparenz in der Verkehrspolitik. Dafür, lieber Herr Wüst, sage ich herzlichen Dank. Das ist genau der richtige Schritt. Denn die Bürgerinnen und Bürger wollen erreichen, dass Infrastrukturmaßnahmen in Nordrhein-Westfalen endlich nicht mehr blockiert werden. Das haben sie schließlich sieben Jahre lang erlebt. Sie wollen vielmehr wissen, wie es vorangeht und dass es vorangeht. Aber sie wollen auch wissen – das gehört ebenfalls zur Wahrheit dazu –, woran es genau liegt, wenn es einmal nicht vorangeht, und wie dann, wenn Plan A nicht geklappt hat, Plan B aussieht.

Diese Transparenz hat in den vergangenen Jahren immer gefehlt. Auch das ist eine Trendwende in der Politik dieser Regierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Ich erinnere noch einmal an Ihre Aussagen zur Verkehrspolitik, lieber Arndt Klocke.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Oh, Entschuldigung!)

Wir haben noch im Dezember 2017 erlebt, dass der Kollege Arndt Klocke sagte: Wir haben doch alle Fehler in der Verkehrspolitik gemacht, alle Parteien. – Damit hat er versucht, von der eigenen oder der grünen krassen Blockadepolitik abzulenken.

Mit dem ersten Punkt hat der Kollege Klocke recht. Gerade in der Infrastrukturpolitik haben in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten alle Parteien Fehler gemacht. Der Stellenwert dieses Politikfeldes war einfach zu niedrig. Er muss weiter oben angesiedelt werden.

Aber darüber hinaus kam hier in Nordrhein-Westfalen noch Ihre Blockadepolitik hinzu. Ich erinnere mich an das Jahr 2011, als Sie mit Ihrem Koalitionspartner die sogenannte Prioritätenliste erstellt haben.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ja, machen wir jetzt auch!)

Im Nachhinein sagen Sie, das sei den begrenzten finanziellen Möglichkeiten geschuldet gewesen. In der gleichen Phase, in der Sie mit begrenzten finanziellen Möglichkeiten argumentierten, hat Ihr damaliger Staatssekretär Horst Becker die gesamte Basis der Grünen in Nordrhein-Westfalen angeschrieben, um sie zu beruhigen, und hat gesagt, dieser Planungsstopp bedeute weder die Weiterführung des Projektes noch die Suche nach alternativen Lösungen, sondern die Umlenkung des Verkehrs auf bestehende Straßen.

Wenn das nicht die Blockadepolitik beschreibt und beweist, was denn dann?

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das sind Alternative Facts! Alternative Fakten!)

Dieser Brief ging in jede Stadt in Nordrhein-Westfalen und ist allen Kommunalpolitiker bekannt. Das war also Blockade pur, die die Kollegen der SPD damals leider mitmachen mussten.

Jetzt erleben wir bei der A1-Brücke in Leverkusen, dass dort auch gestört wird, dass dort tatsächlich blockiert wird,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Aber doch nicht von uns!)

und zwar mit Körpern und mit Händen.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Was?)

Und wer ruft zu dieser Blockade vor Ort auf?

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Aber wir doch nicht!)

Die Grünen. Selbstverständlich die Grünen!

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ach, Quatsch! Ich war beim Spatenstich! Frag den Wüst! Meine Güte! Ich war bei der Festveranstaltung!)

– Sie teilen sich die verschiedenen Rollen, die die Grünen spielen, immer sehr klug auf. Hier treten Sie mit dem Heiligenschein auf, und vor Ort treiben Sie die Blockade voran.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU – Arndt Klocke [GRÜNE]: Ach, Quatsch!)

Das ist die typische Politik der Grünen. Das lassen wir so nicht durchgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: In den Reden von Trump ist mehr Wahrheitsgehalt drin als in dieser Rede! – Gegenrufe von der FDP und der CDU: Oh!)

– Herr Klocke, bleiben Sie doch …

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Alternative Fakten sind das! Alternative Facts!)

– Ausgerechnet Sie legen der FDP alternative Fakten in den Mund. Sie sollten sich lieber dreimal überlegen, wem Sie was in den Mund legen,

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Wer ist denn zur Leverkusener Brücke gekommen? Wo war denn Christof Rasche?)

und dreimal über Ihre politische Strategie nachdenken.

Ich nenne den völligen Irrsinn von Frau Düker in der Klimapolitik verbunden mit katastrophalen Folgen für den Industriestandort Nordrhein-Westfalen. Ich nenne Ihre immer noch fortdauernde Unehrlichkeit in der Verkehrspolitik, die Sie hier sieben Jahre betrieben haben

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Absurder Quatsch! Bei euch heißt es jetzt „Masterplan“!)

und heute ausblenden wollen. Sie sollten lieber zu Ihrer eigenen Politik stehen.

(Beifall von der FDP)

Sie können es ja besser machen, Herr Klocke. Aber wenn man etwas besser machen will, dann muss man zu den Fehlern stehen. Da ist der Kollege Börschel viel weiter als der Kollege Klocke.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Ihr nennt das jetzt „Masterplan“, bei uns war es eine Prioritätenliste!)

Meine Damen und Herren, 2018 ist ein Jahr des Wandels – ich habe es angesprochen –, eine Zäsur in der Geschichte Nordrhein-Westfalens. Trotzdem wollen wir Nordrhein-Westfalen insgesamt als Wirtschaftsstandort zukunftsfähig aufstellen. Wir wollen dafür sorgen, dass die Gesellschaft in diesem Land zusammenhält.

Neben dem Haushalt hat das mit vielen Weichenstellungen zu tun, die wir in diesem Jahr auf den Weg bringen werden, zum Beispiel

-    die Umsetzung der Leitentscheidung G9,

-    die Umsetzung der Inklusion,

-    die Förderung der dualen Berufsausbildung,

-    weitere Entfesselungspakete,

-    eine deutliche Stärkung der Kommunen,

-    eine bessere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden,

-    eine Bundesratsinitiative für ein Einwanderungsgesetz,

-    eine Novellierung der Landesbauordnung,

-    die Einführung der Individualverfassungsbeschwerde,

-    ein neues Jagdgesetz mit praxistauglichen Bestimmungen,

-    eine Novellierung des Hochschulgesetzes.

-    Wir wollen in diesem Jahr erneut eine Ruhr-Konferenz durchführen, und die Zusammenarbeit mit den Beneluxstaaten wird ausgebaut.

Wir haben also gewaltige Aufgaben vor uns. Die NRW-Koalition leitet aktiv und mutig Trendwenden in Nordrhein-Westfalen ein.

Wir von CDU und FDP – alle anderen sind ebenfalls dazu eingeladen – werden dieses Land im Jahr 2018 aktiv gestalten. – Herzlichen Dank.

(Lang anhaltender Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rasche. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Wagner das Wort. Bitte schön.

Markus Wagner (AfD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Eine Haushaltsrede bereitet man in der Regel vor, aber manchmal geschehen überraschende Dinge.

Nicht einmal 24 Stunden vor dieser Rede haben wir es erlebt. In einer Nacht- und Nebelaktion haben sich, konspirativ hinter verschlossenen Türen tagend, die vier Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen tatsächlich 14 Millionen € mehr aus dem Steuertopf eingeschenkt, um zusätzliche Abgeordnetenmitarbeiter zu beschäftigen und die Finanzierung der Fraktionen zu verbessern.

Man fragt sich natürlich: Warum das Ganze? Sie begründen es mit einer erhöhten Arbeitsbelastung durch E-Mails, soziale Medien und Ähnliches. Ich frage mich jedoch: Ist Ihnen diese erhöhte Arbeitsbelastung vor der ersten Lesung des Haushalts noch nicht aufgefallen? Da hätten Sie es nämlich schon einbringen können.

(Beifall von der AfD)

Warum ist Ihnen vor der zweiten Lesung des Haushalts, als es um die Einzelpläne ging, nicht aufgefallen, dass Sie arbeitstechnisch überlastet sind? Denn zumindest da hätten Sie es noch einbringen können. Auch da haben Sie es noch nicht gemerkt.

Ich stelle mir nun die Frage, ob es Ihnen vielleicht zwischen Weihnachten und Neujahr aufgefallen ist, als Sie Ihre Weihnachtsgeschenke umtauschen mussten, weil das ein bedeutender Stressfaktor für Sie war. Aber auch da scheinen Sie es noch nicht gemerkt zu haben; denn selbst in der letzten Haushalts- und Finanzausschusssitzung war Ihnen noch nicht bekannt, dass Sie derartig überlastet sind, dass Sie 14 Millionen € Steuergelder dafür verwenden müssen, sich mehr Mitarbeiter zuzulegen.

Nein, ich will Ihnen sagen, woran es liegt, dass Sie es bis dahin nicht gemerkt haben: Sie wollten die Öffentlichkeit aus diesem Verfahren möglichst heraushalten. Sie scheuen in dieser Frage die Öffentlichkeit wie der Teufel das Weihwasser, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Nun stellt sich die Frage, auf welcher Grundlage Sie diesen unverschämten Zugriff auf Steuergelder planen. 14 Millionen € haben Sie erst gestern hinter verschlossenen Türen beschlossen. Die sich selbst demokratisch nennenden Fraktionen sind dort in seltener Einmütigkeit zusammengetreten.

Sie behaupten, Sie bräuchten mehr Mitarbeiter. Auf welcher Grundlage behaupten Sie das? Flächenländer wie Hessen und Niedersachsen haben nicht einmal die Hälfte des Etats zur Verfügung, der uns in Nordrhein-Westfalen zur Verfügung stehen soll. Sie selbst haben nicht einen Experten befragt, nicht eine Grundlage beigebracht, die diese Erhöhung der Mitarbeiterpauschale um sage und schreibe 89 % rechtfertigt. Während ein normaler Arbeitnehmer um eine Lohnerhöhung von 2 % kämpft, gönnen Sie sich für Ihre Mitarbeiter zusätzlich 89 %, haben aber nicht einen Beleg für eine solche Erhöhung beigebracht.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das ist doch ein absurder Tinnef! – Sven Wolf [SPD]: Was soll das denn?)

Sie führen in Ausschüssen teilweise Expertenanhörungen durch. Dabei geht es vielleicht um 100.000 € hier und 100.000 € da. Aber 14 Millionen € Steuergelder für Ihre eigenen Mitarbeiter sind Ihnen nicht einmal eine Expertenanhörung wert, nicht einmal eine Debatte im Haushalts- und Finanzausschuss, auch keine öffentliche Debatte, sondern Sie versuchen, diese 14 Millionen € innerhalb von 24 Stunden irgendwie durch das Parlament zu schleusen in der Hoffnung, dass es niemand mitbekommt. Aber das ist gründlich schiefgegangen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Weil Sie doch so schön demokratisch sind, halten wir einmal fest, welchen Weg das ganze Verfahren genommen hat: Die einzige Fraktion, die nicht eingebunden war – und Sie wussten ganz genau, warum Sie die AfD nicht einbinden, weil die AfD dieses Schmierentheater niemals mitmachen würde –,

(Henning Höne [FDP]: Weil Sie zutiefst rassistische Bemerkungen … – Helmut Seifen [AfD]: Passen Sie auf, was Sie sagen! – Weitere Zurufe von Henning Höne [FDP], Christof Rasche [FDP], Helmut Seifen [AfD] und weiteren Abgeordneten der AfD)

hat erst durch die Presse von Ihrer Entscheidung erfahren.

Das muss man sich in einem demokratischen Parlament einmal vorstellen: Die Vertreter von 626.000 nordrhein-westfälischen Wählerinnen und Wählern erfahren von Ihrem Vorhaben, 14 Millionen € Steuergelder rauszuhauen, durch die Presse und erst Stunden später auf dem parlamentarischen Weg. Das ist Ihre Form von Demokratie, die Sie in diesem Hause ausüben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der AfD)

Ich kann Ihnen sagen: Hinterzimmerpolitik – nicht mit uns. 14 Millionen € vom Steuerzahler – nicht mit uns, schon gar nicht, wenn Sie keine entsprechende Grundlage dafür haben, diese 14 Millionen € zu begründen.

Meine Damen und Herren, Sie haben deutlich gezeigt: Wenn es um Ihre eigenen Interessen als Abgeordnete geht, sich noch mehr Mitarbeiter, einen noch größeren Stab anzuschaffen, dann scheuen Sie vor keiner Zusammenarbeit zurück.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Doch, vor der Zusammenarbeit mit Ihnen!)

Dann scheuen Sie vor allen Dingen nicht davor zurück, die Öffentlichkeit zu hintergehen, den Steuerzahler zu hintergehen und auch Teile dieses Parlaments zu hintergehen.

(Zuruf: Wir brauchen keine Nachhilfe in Demokratie! – Helmut Seifen [AfD]: Doch, sehr viel Nachhilfe! – Weitere Zurufe von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Es wird Sie deshalb nicht überraschen, meine sehr verehrten Damen und Herren der demokratiesimulierenden Fraktionen, dass die AfD diesem Vorstoß nicht zustimmt.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Sie können das Geld ja spenden!)

Es mag ja sein, dass Sie höhere Mittel für Fraktions- oder Abgeordnetenmitarbeiter benötigen. Nur, stellen Sie das auf eine nachprüfbare Grundlage, bevor Sie sich einfach so, innerhalb von nicht einmal 24 Stunden 14 Millionen € aus dem Steuersäckel genehmigen, ohne jegliche parlamentarische Regel eingehalten zu haben.

(Beifall von der AfD)

Da wir mit dem Fraktionsgesetz noch einen Tagesordnungspunkt haben, unter dem das auch wieder Thema sein wird, werde ich darauf nachher noch einmal eingehen.

Was die Selbstbedienungsmentalität angeht – lassen Sie mich das sagen –, passt es natürlich auch, dass die Landesregierung ihre erste Kabinettssitzung in Münster abgehalten hat und sich da fürstlich hat versorgen lassen, vom Steuerzahler natürlich, von der Stadt Münster mal eben – ich weiß es nicht – mit 2.600/2.700 € für ein opulentes Abendessen.

(Zurufe von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Das Skandalöse dabei ist, dass sich die Damen und Herren Kabinettsmitglieder für über 70 € pro Person auf Steuerzahlerkosten den Bauch vollhauen, aber das Sicherheitspersonal und die Fahrer für nicht einmal die Hälfte dessen etwas zu essen und zu trinken bekommen.

(Zuruf: Ohhh!)

Das ist Ihre Einstellung zu den Menschen hier im Land.

(Beifall von der AfD)

In diese Selbstbedienungsmentalität passt, dass die Landesregierung gleich zu Beginn für einen Millionenbetrag in die neue Staatskanzlei umgezogen ist. Natürlich passt dazu auch, dass Sie erst einmal 139 neue Mitarbeiter eingestellt haben, um ihre eigene Klientel zu befriedigen.

Mit der Haushaltslage – und darum geht es heute primär – gehen Sie ja ohnehin etwas sehr eigentümlich oder, besser gesagt, chaotisch um. Vielleicht brauchen Sie deswegen neue Mitarbeiter? Denn wenn Sie so dringend 89 % mehr für neue Abgeordnetenmitarbeiter benötigen, dann muss dieser Landtag in den letzten Jahren ja ein Hort des Chaos und der Unfähigkeit gewesen sein.

(Zurufe)

Vielleicht benötigen Sie aber auch einmal neue Mitarbeiter, die Ihnen sagen, dass man mit 14 Millionen € Steuergeld nicht umgeht wie ein Elefant im Porzellanladen. Möglicherweise brauchen das die Fraktionen, die schon länger hier sitzen, um endlich wieder auf den Boden der Tatsachen zurückzukommen.

(Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren, in der Opposition wollten Sie unbedingt, und zwar zu Recht, die knapp 450 Millionen €, die das Land jährlich vom Bund wegen der ach so tollen, aber vor allem sehr teuren offenen Grenzen bekommt, an die klammen Kommunen weitergeleitet wissen. Kaum im Amt wollen Sie den Kommunen das Geld aber weiter vorenthalten – wie es so ist mit Ihren Wahlversprechen.

Das Gleiche gilt für die Pensionsrückstellungen. In der Opposition hieß es von Ihnen, wieder zu Recht, die Pensionsrückstellungen müssten mit mindestens 700 Millionen € eingestellt werden. Kaum im Amt waren es plötzlich nur noch 200 Millionen €.

Nun kommt die nächste Kehrtwende, alles ist wieder anders. Die Schlussabrechnung für 2017 liegt vor, und siehe da, es ist Geld in der Kasse. Sie können also verteilen und mindestens ein paar Wahlversprechen mehr oder weniger einlösen. Die Frage ist nur: Warum ist Geld da, und auf wessen Kosten ist dieses Geld da? Denn eines ist klar: Ernsthafte Sparanstrengungen unternehmen Sie nicht, wie der Landesrechnungshof bei der Anhörung im Finanzausschuss zutreffend moniert hat.

Um diese Frage zu beantworten, können Sie zwei Dinge tun: Sie können noch einmal meine letzte Haushaltsrede lesen, denn, wie Sie vorhin schon angemerkt haben, lesen bildet, oder Sie können in der „WeLT“ vom 11. Januar dieses Jahres – es steht nämlich dasselbe drin – nachschlagen. Die titelt mit dem Aufmacher: „Deutschland verdankt seinen Rekordüberschuss allein Mario Draghi.“

Weiter heißt es in der „WeLT“:

„Die EZB-Geldpolitik hat Bund und Ländern über die Jahre Zinsen von 290 Milliarden Euro erspart. Doch der Preis ist hoch. Anleger wurden um ihre Erträge gebracht – und die Politik verteilt Geld, das sie eigentlich nicht hat.“

Das lässt die finanziellen Erfolge und auch die vermeintlich riesigen Spielräume für die Politik in einem deutlich fahleren Licht erscheinen. Allein im vergangenen Jahr belief sich die Zinsersparnis auf insgesamt 50 Milliarden €, wie aus den aktuellen Berechnungen der Bundesbank hervorgeht. Das Blatt schreibt weiter:

„So schön das für die Politik ist, so frustrierend ist es für die Sparer im Land. Schließlich sind sie es, die dafür zahlen – der seit Jahren niedrige Zins wirkt wie eine Steuer auf das Ersparte. Doch in den Sondierungsgesprächen spielen die Nöte der Kleinanleger keine besondere Rolle. Sie können also nicht damit rechnen, dass sie einen Teil der entgangenen Rendite vom Staat erstattet bekommen, etwa in Form eines höheren Sparerfreibetrages.

Es handelt sich um gigantische Summen, die zulasten von Sparern und Lebensversicherten umverteilt werden. … Rechnet man die Zinsersparnis heraus, hätte Deutschland also im vergangenen Jahr sogar ein Minus gemacht …“

Weder Deutschland noch NRW hätte also eine schwarze Null geschrieben, sondern beide hätten ein klares Minus gemacht.

„Bereits in den Vorjahren konnte Deutschland seinen Haushalt ohne viel eigenes Zutun sanieren – die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank … macht es möglich. 2015 etwa profitierte der Staat laut Bundesbank mit 44 Milliarden Euro von den niedrigen Zinsen, 2016 waren es sogar 47 Milliarden Euro.

Einmal mehr rückt damit die ultralockere Geldpolitik der EZB in den Blick. Nicht nur, dass die Sparer in Zeiten der Hochkonjunktur um ihren Zins gebracht werden. Die Politik bekommt das falsche Gefühl für den eigenen Ausgabenspielraum“

– das zeigen übrigens auch die 14 Millionen € von gestern –

„und verfrühstückt damit Geld, das nur dank einer umstrittenen EZB-Geldpolitik vorhanden ist.

Die Rechnung der Bundesbank offenbart auch, welche Risiken auf uns zukommen, wenn die Zinsen eines Tages wieder steigen.“

Und das werden sie.

„So rechnete das Essener RWI bereits im vergangenen Jahr vor, dass der Staat allein bei einem Zinsanstieg um nur einen Prozentpunkt jährlich 21 Milliarden Euro mehr für den Schuldendienst ausgeben müsste. Das birgt vor allem Risiken für die Kommunen, von denen viele ihre Kassenkredite in der Vergangenheit enorm ausgeweitet haben. Da diese Kredite meist nur eine kurze Laufzeit haben, ist das Zinsänderungsrisiko bei ihnen besonders groß – es droht dann eine Vervielfachung der aktuellen Zinslast.“

Damit bin ich gleich beim nächsten Versäumnis dieser Landesregierung: Sie tilgen nicht. Dabei ist es dafür höchste Zeit. 144 Milliarden € Schulden sind die Bilanz von Schwarz, Rot, Grün und Gelb für oder, besser gesagt, gegen NRW. Man braucht kein Volkswirt zu sein, um sich des gravierenden Haushaltsrisikos bewusst zu werden, das durch steigende Zinsen droht, ja, von dem klar ist, dass es in nicht allzu ferner Zukunft eintreten wird.

Sie waren früher einmal bürgerliche Parteien und nennen sich zumindest heute noch gerne selbst so. Bürgerlich wäre es, vorzusorgen und seine Schulden zu bezahlen. Fangen Sie also endlich damit an, das zu tun, was Sie von jedem Bürger auch erwarten und wofür Sie gewählt wurden, nämlich das Staatsschiff zu lenken, vorauszuschauen, Risiken zu erkennen und zu umschiffen. Davon ist bei Ihnen bisher nichts zu sehen. – Ihr Kurs, lieber Herr Lienenkämper, beruht auf dem Prinzip „Zufall“.

(Beifall von der AfD)

„Ein Finanzminister im Glück“, so titelte die „FAZ“ deshalb am letzten Freitag auch ganz richtig. Sie werden den Artikel möglicherweise gelesen haben und sich, wie ich für die Bürger unseres Landes hoffe, auch zu Herzen genommen haben. Vielleicht fällt es Ihnen leichter, wenn diese Aussage von der „FAZ“ kommt, als wenn Sie mal wieder auf die AfD hören müssen.

Hören Sie also auf, sich selbst und anderen vormachen zu wollen, Sie hätten hier durch seriöses Sparen irgendetwas erreicht. Das stimmt nämlich in keiner Weise.

(Beifall von der AfD)

Hören Sie auf, sich mit fremden Federn zu schmücken. Die Federn haben Sie Herrn Draghi und eigentlich den deutschen Sparern und Lebensversicherten geklaut.

Bei den Sondierungsverhandlungen der Verliererparteien CDU, SPD und CSU fällt Ihnen, Herr Laschet, nichts Besseres ein, als der eigenen Partei von links in den Rücken zu fallen. Noch mehr sogenannte Flüchtlinge, noch mehr Familiennachzug – Ihnen konnte es schon wieder nicht multikulti genug sein.

Wissen Sie eigentlich, was das neben der Zumutung für die, die hier schon länger leben, bedeutet? Sie stellen damit auch uns als AfD Nordrhein-Westfalen eine wirklich ambitionierte Aufgabe. Denn wir müssen nun hier in NRW – und das als neue junge Kraft – nicht nur unsere schon knapp 10 % Kernwähler vertreten, sondern Ihretwegen gleichzeitig auch noch die Aufgabe übernehmen, sehr zügig die Sympathisanten der CSU in Nordrhein-Westfalen zu repräsentieren, diejenigen CDU-Wähler zu vertreten, die fälschlicherweise von Ihnen erwartet hatten, dass Sie machen, was einmal – und das ist lange her – CDU-Politik war, und nicht zuletzt auch die Wähler, die sich kurzzeitig von Christian Lindners rechtsliberalen Nebelkerzen haben blenden lassen, aber nun mit einem FDP-Integrationsminister Stamp leben müssen, der den Abschiebestau eben nicht auflöst, sondern genau das Gegenteil macht.

(Beifall von der AfD)

Alle diese Bürger haben hier im Landtag jetzt nur noch eine Fraktion, die sie inhaltlich repräsentiert, und das ist die Fraktion der AfD.

Dann sind da noch die Wendehälse von der SPD, wobei ich im Moment gar nicht weiß, zu welcher SPD ich hier spreche. Der Fraktionsvorsitzende ist für die GroKo im Bund, die Stellvertreterin ist dagegen, der Rest weiß es noch nicht genau. Hieß es nicht vor ein paar Tagen noch: „Nein, nie wieder GroKo; wir dürfen der AfD doch nicht die Rolle der Oppositionsführung überlassen“? Darüber werden Sie am Sonntag noch einmal sprechen.

Aber immerhin bleiben Sie sich in einem treu: im Brechen Ihrer Versprechen. Das ist auch etwas. Doch möglicherweise schließen Sie sich einfach nur bewusst oder unbewusst – das weiß ich nicht – dem allgemeinen Trend in Europa an. Ob in den Niederlanden, in Frankreich oder in Polen, die Sozialdemokratie krebst bei 5 % bis 7 % der Stimmen herum. Es scheint fast, als gingen Sie Ihrem Ende entgegen, und ich scheue mich angesichts Ihrer Geschichte, ehrlich gesagt, zu sagen: Ihrem verdienten Ende.

Sie arbeiten zielstrebig darauf hin. Sie haben aus einer ehemals bodenständigen Kraft für die sogenannten einfachen Leute eine Ansammlung von Sozialpädagogen, Soziologen und Politologen gemacht, wobei ich nichts gegen diese Berufe und gegen die Menschen habe, die sie ausüben. Aber letztlich gibt es dafür die Grünen; dafür hätte es die SPD gar nicht gebraucht.

(Beifall von der AfD)

Die SPD hat das Gespür für die Probleme der normalen Leute verloren, ja, Sie haben die Verbindung zum Volk verloren. Ihr Parteivorsitzender, „Mister Ex-100-%-Schulz“, berichtet von den ohnehin desaströsen Ergebnissen der Sondierungsgespräche und erklärt: Wenn noch mal mehr als 220.000, 260.000 im Jahr zusätzlich kommen, dann ist das eben so.

(Andreas Keith [AfD]: Ja, super!)

Dann ist das eben so, sagt er. Ich kann Ihnen sagen, was dann eben auch so ist, meine lieben Kolleginnen und Kollegen von der SPD: Wir werden Sie bei den kommenden Kommunalwahlen vor allen Dingen im Ruhrgebiet von so vielen Ratssitzen befreien, dass ich für die SPD, aber vor allem für Deutschland und Nordrhein-Westfalen nur hoffen kann, dass spätestens dann Ihr Schockerlebnis, das Sie haben werden, heilsam für Sie sein wird.

(Beifall von der AfD)

Glauben Sie wirklich, dass Ihre ehemaligen Wähler das auch so sehen wie Merkel und Schulz: „Dann kommen eben noch mehr; macht nichts, das ist eben so“? – Sie sind so weit weg von den Menschen, dass es schon jeder Beschreibung spottet.

81 % wollen ein Burkaverbot. Wir bringen es ein. Im Ausschuss von Schwarz, Rot, Grün und Gelb keinerlei Mitarbeit. Im Plenum lehnen Sie den Antrag ab.

78 % der Bürger wollen eine medizinische Altersfeststellung von sogenannten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Wir bringen diesen Antrag ein. Sie werden sich im Ausschuss der Mitarbeit wie üblich verweigern und diesen Antrag ablehnen. Und da wundern Sie sich wirklich über unser Wachstum und über Ihren Niedergang?

Als Parteipolitiker könnte ich mich freuen, dass uns die Menschen die Bude einrennen. Aber ich sehe Parteien, ehrlich gesagt – auch meine eigene –, ziemlich leidenschaftslos. Sie sind schlicht Mittel zum Zweck. Der Zweck ist, etwas Gutes für unser Volk und für unser Land zu erreichen und nicht, es abzuschaffen, so wie Sie alle hier im Hause das wollen.

(Beifall von der AfD)

Es ist daher kein Wunder, dass trotz einer zum großen Teil recht unkritischen Presse die Unzufriedenheit mit der Landesregierung – nach der neuesten Umfrage des WDR – sehr deutlich steigt. Ein halbes Jahr nach Antritt der schwarz-gelben Koalition sind nur noch 43 % der Bürger mit Ihnen zufrieden. 49 % sind dagegen unzufrieden oder sehr unzufrieden.

Damit hat die Unzufriedenheit mit der Landesregierung im Vergleich zur letzten Umfrage im September 2017 um 15 Prozentpunkte zugenommen. Nur etwa jeder vierte Nordrhein-Westfale ist demnach der Meinung, dass die CDU/FPD-Regierung in den Bereichen Kriminalitätsbekämpfung, Schul- und Bildungspolitik und in der Wirtschaftspolitik eine bessere Arbeit macht als ihre rot-grünen Vorgänger.

Nur 18 % meinen, dass die neue Landesregierung bei der Sanierung der Verkehrsinfrastruktur besser ist. 12 % bewerten die Arbeit im Bereich Verkehr schlechter als unter der alten Regierung.

Insgesamt ist die Mehrheit der Befragten in allen abgefragten Politikbereichen der Meinung, dass die neue Landesregierung bislang genauso gut oder genauso schlecht arbeitet wie die alte. – Herr Laschet, das muss man erst einmal schaffen: kaum besser zu sein als Rot-Grün, wo es doch eigentlich kaum schlechter geht. Das ist für mich nicht nachvollziehbar.

(Beifall von der AfD)

Aber das kommt dabei heraus, wenn man in vielen Bereichen rot-grüne Politik in schwarz-gelbem Gewand weiterführt. Die Bürger merken das.

(Zuruf von der AfD: So ist es!)

Das gilt auch für den Wohnungsmarkt. Denn inzwischen macht sich auch dort der massenhafte Zuzug von Migranten bemerkbar. Das habe ich übrigens schon in meiner ersten Haushaltsrede anklingen lassen.

„Die Flüchtlingskrise hat nicht vieles, sondern alles verändert und verschärft die Wohnungskrise“, sagt RDM-Vorstand Markus Gruhn. Er führt weiter aus:

„Vielerorts ziehen Flüchtlinge aus Gemeinschaftsunterkünften in reguläre Wohnungen und vergrößern damit die Nachfrage. Vor allem in den großen Städten dürfte es schwierig werden, diesen zusätzlichen Bedarf zu decken.“

Er spricht das aus, was wir schon vor zwei, drei Jahren prophezeit haben, aber das war natürlich rechtspopulistisch. Aber dafür ist jetzt jeder vierte Arbeitslose ein Zuwanderer, wie die „WeLT“ titelt. Wer das vor zwei Jahren vorhersagte, war was?

(Zuruf von der AfD: Rechtspopulistisch!)

– Rechtspopulist, genau, oder ein rassistischer Hetzer; man kann sich das aussuchen. Kein Problem!

„Die Ausländer-Arbeitslosenquote ist mit 13,6 Prozent mehr als dreimal so hoch wie die der deutschen Staatsbürger. Ein Grund: Nach dem starken Zustrom in 2015 sind die Migranten zunehmend offiziell auf Jobsuche. Vor allem für Nicht-Europäer ist es schwierig.“

So schreibt das Blatt. Weiter heißt es:

„In der Arbeitslosen- und Sozialhilfestatistik beanspruchen Ausländer einen immer bedeutenderen Platz. So stellen Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit inzwischen 26 Prozent aller Personen, die bei den Jobcentern als arbeitslos gemeldet sind. Bei den Hartz-IV-Empfängern beträgt der Anteil der ausländischen Staatsbürger ein Drittel.“

Tendenz: weiter steigend. Wenn das das Wirtschaftswunder ist, das durch Ihre Zuwanderungspolitik erreicht werden sollte, kann ich nur sagen: besser nicht!

„Die Arbeitslosenquoten aller Bevölkerungsgruppen sind seit 2010 rückläufig, nur bei Migranten aus nicht europäischen Asylherkunftsländern ist ein Anstieg der Arbeitslosenquote zu beobachten.“

Das sagt Panu Poutvaara, Migrationsforscher am ifo Institut in München.

„Durch diesen Effekt belief sich die Ausländer-Arbeitslosenquote im Dezember 2017 auf 13,6 Prozent, während sie unter deutschen Staatsbürgern nur bei 4,4 Prozent lag. ‚Die Arbeitslosenquote der Ausländer ist mehr als dreimal so hoch wie die der Deutschen. Da Ausländer im Durchschnitt eine geringere Qualifikation aufweisen, haben sie schlechtere Chancen als Deutsche‘, heißt es in einer Einschätzung der Bundesagentur für Arbeit …

Eine markant höhere Quote weisen weiter die in Deutschland lebenden Türken auf (15 Prozent). Besonders hoch ist die Arbeitslosigkeit vor allem bei Asylbewerbern aus nicht europäischen Herkunftsländern wie Syrien, Eritrea oder Afghanistan. Zuletzt lag die Quote der Arbeitslosen in dieser Gruppe bei 43 Prozent.“

Das alles finanziert der Bürger, Deutsche und gut integrierte Ausländischstämmige gleichermaßen, mit seinen Steuern und Sozialabgaben. Ohne Ihre verheerende Eurorettungspolitik wären wir schon längst tief in den Miesen, aber dafür stehlen Sie die Zinsen auf das Ersparte der Menschen, meine Damen und Herren. Das ist ein vollkommener Irrsinn.

(Beifall von der AfD)

Aber in diesen Zeiten ist vieles verdreht und verrückt. Auch Geburtstage sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Gestern war man noch 33, heute ist man erst 16. Sie meinen, das geht nicht? Doch, in einem Land, welches einstmals für Organisationsstärke und Regeltreue bekannt war, geht das. Wir brauchen dafür nur genug Schwarz, Rot, Gelb oder Grün. „Viele der angeblich Minderjährigen als volljährig eingestuft“, so titelt die „WeLT“ am 14. Januar 2018.

Wir haben zu dem Thema einen eigenen Antrag eingebracht, daher an dieser Stelle nur kurz ein paar Highlights:

Das Saarland hat eine sogenannte zentrale Vorclearingstelle eingerichtet. Als 2015 viele Flüchtlinge ins Land kamen, kamen die Jugendämter im Saarland an ihre Grenzen und haben das Land gebeten, zu helfen. Das erklärte eine Sprecherin. Von Februar 2016 bis Anfang dieses Jahres habe es bei 528 jungen Flüchtlingen Zweifel an der Minderjährigkeit gegeben. Sie wurden radiologisch untersucht. Ergebnis: 254 hatten gelogen und wurden als volljährig eingeschätzt.

Das Jugendamt in Stuttgart zählte im vergangenen Jahr 227 unbegleitete Migranten, die behaupteten, sie seien minderjährig. Nach Angaben des stellvertretenden Jugendamtsleiters Heinrich Korn wurden 33 % als volljährig eingestuft.

Meine Damen und Herren, das sind unwürdige Zustände für ein zivilisiertes Land. Soll ich morgen meinen Pass wegwerfen und danach sagen, ich sei 70, um den Seniorenrabatt zu bekommen, oder vielleicht 15, damit meine Mutter noch mal Kindergeld für mich beantragen kann? Beantworten Sie mir bitte diese Frage.

(Beifall von der AfD)

Ihre Aufgabe wäre es, endlich wieder Recht, Ordnung und Gesetz durchzusetzen. Nicht nur nebenbei: Das wäre auch unserem Haushalt sehr dienlich.

Aber mit 15 könnte ich natürlich auch noch zur Schule gehen. Ich schicke vorweg: Hier ist Schwarz-Gelb tatsächlich etwas weniger schlimm als Rot-Grün. Okay, schlechter ging es kaum, aber immerhin.

Die Tabuisierung von Ursachen und mithin eine adäquate Problemanalyse haben letztlich mit zur Herabsetzung unserer Bildungsstandards geführt. Wenn der geschäftsführende Bundesinnenminister de Maizière meint, für Flüchtlingskinder müssten wir die Bildungsstandards in Deutschland kurz senken, dann vergisst er, dass die Absenkung des Niveaus auch schon vor der Flüchtlingskrise, und zwar ob der übermäßig starken Heterogenität an deutschen Schulen und linker Bildungsexperimente, eingetreten ist.

Insbesondere der Akademisierungswahn wird zunehmend zur Gefahr für unsere Wohlstandsnation. Da draußen arbeiten Menschen in unterschiedlichen Positionen mit unterschiedlichen Schulabschlüssen, und sie alle tragen mit ihren individuellen Möglichkeiten zum Wohlstand dieser Gesellschaft bei. Das sollten Sie endlich einmal würdigen. Ihr ständiges Naserümpfen über Haupt- oder Realschüler ist nicht nur menschlich unanständig, es ist auch sachlich falsch.

(Beifall von der AfD)

Eine funktionierende Gesellschaft braucht Gymnasiasten, Hauptschüler und Realschüler in gleichem Maße – ohne Wenn und Aber. Ich sage Ihnen auch: Wer kein Gymnasium besucht, ist kein Versager.

(Beifall von der AfD)

Die Ideologie der angeblichen Bildungsgerechtigkeit gepaart mit der neurotischen Zwangsakademisierung unserer Schülerinnen und Schüler ist gescheitert. Geblieben sind allerdings die Stützpfeiler dieser Ideologie – Einheitsschulen, wochenlange Projektarbeit, schülerkontrollierter Unterricht, übermäßige Gruppenarbeit, Niveauabsenkung und schließlich ein Laissez-faire der Schulpädagogik.

Meine Damen und Herren, heutzutage könnten wir das Humboldt’sche Bildungsideal mehr denn je gebrauchen. Er sagte:

„Das höchste Ideal des Zusammenexistierens menschlicher Wesen wäre mir dasjenige, in dem jedes nur aus sich selbst und um seiner selbst willen sich entwickelte.“

Jeder Einzelne mit seinen Stärken und Schwächen, mit seinen Vorteilen und Nachteilen muss seinen individuellen Weg zu Wissen und Bildung im Sinne einer humanen Leistungsgesellschaft gehen.

Auch die zunehmende Ökonomisierung des Bildungswesens ist nicht im Sinne Humboldts. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte am 13. Februar 2017 Zahlen zu aktuellen Entwicklungen im Bildungswesen. So konstatierte das Statistische Bundesamt, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler an Privatschulen in den vergangenen Jahren gestiegen sei. Im Schuljahr 2015/16 besuchten bundesweit 9 % aller Schülerinnen und Schüler der allgemeinbildenden Schulen eine Privatschule. Vor zehn Jahren waren es noch 7 %.

Die Bereitschaft von Eltern, für die Bildung der Kinder mitunter hohe monatliche Beträge in Kauf zu nehmen, hat vielfältige Gründe. Dabei spielen Indikatoren wie Klassengröße, erteilte Unterrichtsstunden, Homogenität der Schülerschaft, Leistungsbereitschaft der Schüler, das soziale Umfeld sowie der allgemeine Ruf einer Schule zweifellos eine wichtige Rolle. Die bundesweit gestiegenen Zahlen der Schülerinnen und Schüler an Privatschulen müssen als besorgniserregendes Signal für den Zustand des staatlichen Hochschul- und Schulsystems gedeutet werden.

Der vorliegende Einzelplan 05 nimmt zwar Abstand von einigen Fehlentwicklungen, die wir in den letzten Jahren beobachten konnten, allerdings werden die Dinge, die Sie vorlegen, eigentlich nur halbherzig umgesetzt. Das ist ein Zeichen von Mutlosigkeit.

Letztlich nehmen Sie völlig zu Recht Abstand von dem, was die Vorvorgängerregierung unter Herrn Rüttgers bereits eingeleitet hatte. Bereits 2005 begann der zunächst langsame, aber sich doch deutlich beschleunigende Abstieg NRWs im Bildungsranking. Schwarz-Gelb – daran muss man sich einmal erinnern – hat unter dem vormaligen Zukunftsminister und späteren Ministerpräsidenten Rüttgers das bildungspolitische Handeln nach den gewinnorientierten Vorstellungen mächtiger Wirtschaftssysteme und Wirtschaftsunternehmen ausgerichtet und konnte nicht schnell genug alte Strukturen zerschlagen.

G8 ist dabei nur eine augenfällige Maßnahme, es geht auch noch um andere Maßnahmen wie die Beseitigung der Vorschulklassen und vieles mehr. Nicht zu vergessen ist die Inklusion, die Sie bereits 2009 auf den Weg gebracht haben und nicht etwa Rot-Grün – um hier mal mit einem Märchen aufzuräumen.

(Beifall von der AfD)

Das Ganze hat sich dann im Schulkonsens getroffen, bei dem Sie sich im Grunde genommen nur vor den Forderungen weggedruckt haben, die von Rot-Grün immer schon vorgebracht worden waren. Das Ergebnis dieses Zerstörungswerks ab 2005 ist nun im Bildungsmonitor und in der IGLU-Studie, die NRW erst kürzlich wieder einen Abstiegsplatz zuwies, zu besichtigen. Meine Damen und Herren, das ist nach wie vor eine traurige Entwicklung.

Nichtsdestotrotz will ich das nicht groß nachtragen. Ich bin froh, dass die schwarz-gelbe Regierung das jetzt erkannt hat und, anders als viele Politiker das tun, eingesehen hat, dass es schwere Fehlentwicklungen gegeben hat. Sie führen die Inklusion wenigstens zum Teil zurück, und zwar nicht aus Menschenfeindlichkeit, wie das die linke Seite in diesem Hause sieht, sondern aus Menschenfreundlichkeit. Das ist zu begrüßen. Sie ordnen das zieldifferente Unterrichten einigen Schwerpunktschulen zu.

Aber auch das ist letztlich nur halbherzig und mutlos. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass nur die Stärkung der Förderschulen in unserem Tableau der verschiedenen Schulformen und die begabungsgerechte Beschulung der Kinder in der für das jeweilige Kind maßgeschneiderten Schulform gleichermaßen human und effizient ist.

(Beifall von der AfD)

Damit würden Sie zugleich ein weiteres Problem lösen, nämlich den Lehrermangel. Denn der Lehrermangel ist durch das mittelmäßige Image, das der Schulalltag mit sich bringt, mit verursacht worden.

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Von der Wirksamkeit der 2 Millionen €, die Sie für eine entsprechende Imagekampagne einsetzen, bin ich nicht überzeugt. Die Menschen, die dafür infrage kommen, den Lehrerberuf zu ergreifen, merken sehr deutlich, ob das, was man ihnen verspricht, nur Luftblasen sind und ob der Schulalltag nicht doch eine Überforderung des Einzelnen bedeutet – eine nervliche Überforderung, eine intellektuelle Überforderung und eine Überforderung in Bezug auf das Unterrichten selbst. Ich würde mir wünschen, dass Sie die 2 Millionen € anderweitig verwenden würden, nämlich zur Stärkung der vorhandenen Schulstruktur.

(Beifall von der AfD)

Ein ganz großes Festhalten an alten Zöpfen bedeuten die 13 Millionen €, die Sie für QUA-LiS einsetzen. Meine Damen und Herren, streichen Sie endlich diese 13 Millionen €! Wir haben zunächst einmal gesagt, man solle davon 6 Millionen € streichen, damit dieses Programm auslaufen kann, aber nun ich sage Ihnen eins: QUA-LiS muss weg. Es müssen andere Möglichkeiten und Instrumente entwickelt werden, um die Qualität von Schulen zu erforschen.

Es gilt auch weiterhin anzuprangern, dass Geld ausgegeben wird, ohne genau die Zielgruppe und die Effektivität zu hinterfragen. Bei dem neu angelegten Programm „FerienIntensivTraining – FIT in Deutsch“ ist die Zielgruppe nicht klar. Wir haben dies in unserem Änderungsantrag auch schon zur Sprache gebracht. Dass Sie bei der Zielgruppe nicht genau hinschauen, liegt daran, dass Sie gar nicht wissen, wer rein formal überhaupt in solch einen Sprachkurs gehört und wer nicht. Sämtliche kleinen Anfragen der AfD-Fraktion zeigen, dass die Landesregierung über keine validen statistischen Erhebungen beispielsweise im Bereich der Zuwanderung verfügt.

Insofern können wir zwar auch diesem Einzelplan nicht zustimmen, sind aber optimistisch, dass in den nächsten Jahren auch mit unserer Hilfe CDU und FDP auf den richtigen bildungspolitischen Weg gebracht und wir dann gemeinsam ein gutes Schulprogramm auflegen werden.

(Beifall von der AfD)

Ich will am Ende noch kurz etwas zum Thema „Medien“ sagen, weil es die Bürger umtreibt. Der Glaubwürdigkeitsverlust ist tatsächlich immens, der Auflagenverlust im Print auch. Bei den privatwirtschaftlich betriebenen Medien hat sich die Politik ohnehin herauszuhalten, aber es stimmt schon nachdenklich, wenn ich nur mal das heutige Thema „Haushalt“ nehme.

Ich lese da ein Interview der „Rheinischen Post“, die ja schon zur Crème de la Crème der Regionalpresse gehört, mit Armin Laschet. Da ist der Journalist nicht faktensicher. Er lässt den Ministerpräsidenten ständig durch rhetorische Tricks entkommen. Das haben Sie gut gemacht, Herr Laschet. Respekt! Er stellt nicht einmal die Frage, was der ausgeglichene Haushalt mit der Niedrigzinspolitik zu tun hat. Da müssen sich die wenigen Bürger, die sich diese Frage stellen, die Informationen dann aus der überregionalen „FAZ“ oder „WeLT“ holen. Aber, wie gesagt, da kann man mal dies oder das kritisieren, aber am Ende wird ja niemand gezwungen, dafür zu bezahlen. Zur Not kündigt der Leser eben das Abo.

Anders sieht es aus, wenn man für etwas bezahlen soll unter Zwang, was man gar nicht nutzt, was man nicht nutzen kann oder nicht nutzen will. Einmal ganz abgesehen davon, dass wir als AfD die Einzigen sind, die dieses illiberale Zwangsmodell der Rundfunkgebühr ablehnen: Solange es gerichtsfest existiert, solange wir als AfD noch nicht die erforderlichen 50 % plus X haben, um diese Zwangsgebühr abzuschaffen, solange muss der Bürger aber doch mindestens erwarten können, dass er fair und ausgewogen informiert wird. Er kann erwarten, dass nicht ständig Kommentar und Meinung miteinander vermischt oder gar verwechselt werden. Er kann und muss erwarten, dass seinen Kindern vom Staatsfernsehen ein Facebookliker der Salafisten nicht als wundervolle Option für seine Töchter dargestellt wird.

(Beifall von der AfD)

Damit will ich es an dieser Stelle, was die Medien angeht, bewenden lassen. Aber ich musste zumindest mal kurz darauf eingehen, denn die Menschen bewegt dieses Thema, da sie zunehmend das Gefühl haben, dem Staatsfunk nicht mehr trauen zu können.

Trauen können sie hingegen meinen Schlussworten zur Einbringung Ihres Haushalts. Sie lauten: Meine Damen und Herren, wir lehnen Ihre Politik ab, wir lehnen Ihren Haushalt ab, und da viele das mit uns tun, nehmen wir Ihnen auch Ihre Wähler ab. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Wagner. – Für die Landesregierung hat Herr Ministerpräsident Laschet das Wort.

Armin Laschet, Ministerpräsident: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute ist ein Tag der Kursbestimmung, ein Tag der Richtungsentscheidung, denn heute gießt die Nordrhein-Westfalen-Koalition ihre politische Agenda, ihre Programmatik, die im Koalitionsvertrag steht, in ein konkretes Haushaltsgesetz.

Zuhören, Entscheiden, Handeln – das war immer unser Leitmotiv. Den Menschen zuzuhören, ihre Sorgen zu verstehen, Probleme der Gesellschaft zu erkennen und dann konkrete Gesetze zu machen, in denen auch das Geld bereitgestellt wird, um das umzusetzen, was man als Idee entwickelt hat, das haben wir uns vorgenommen.

Zu den Wahlversprechen gehörten drei große Themen:

Eines ist: Bildung zu fördern, Aufstiegschancen zu ermöglichen, Bildung besser zu machen – mit sofortigen Entscheidungen bei der Rettung beispielsweise der Förderschulen und jetzt Inklusion zum Erfolg zu machen, in den Schulen gleichzeitig die Situation der Lehrer zu verbessern, gleichzeitig bei den Grundschulen darauf hinzuarbeiten, eine Grundschulgarantie als Erstes zu erreichen, da auch Quereinsteiger mit hereinzunehmen. Herr Römer hat eben kritisch darüber gesprochen. Aber berufsqualifizierte Menschen, die natürlich auf die Schule vorbereitet werden, werden dringend gebraucht.

Unsere Priorität ist, dass der Unterrichtsausfall gestoppt wird.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist das, was damit verbunden ist. Da muss man ein wenig fantasievoll sein. Da kann man nicht sagen: Ja, der hat halt nicht die klassische Qualifikation, die wir uns gedacht haben, und so und so lange das und das studiert. – Der hat vielleicht eine andere Qualifikation. Das war die Idee der Mikätzchen in den 60er-Jahren, berufserfahrene Menschen mit einem verkürzten Studium in den Lehrerberuf zu bringen. Wenn wir heute an einer Berufsschule einen Elektromeister haben, der elektronische Fachkenntnisse hat und die seinen Schülern vermittelt, dann ist mir das genauso recht wie jemand, der etwas anderes studiert hat.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist gemeint, nicht mehr und nicht weniger.

Das zweite Thema ist: Wirtschaft entfesseln. Auch dazu eine Grundsatzbemerkung: Lieber Herr Römer, Sie mühen sich ja tatkräftig ab, mit Marktentfesselung, mit Mitte-Rechts und mit weiß der Teufel was Etiketten hier in die Landschaft zu werfen. Manches empfinden die Leute draußen gar nicht als so schlimm, etwa eine Mitte-Politik zu machen und auch konservative oder liberale Werte in einer Regierung zu haben. Aber das ist Ihr taktisches Problem, wie Sie damit umgehen.

(Beifall von der CDU)

Ich erinnere mich noch an die Woche, in der Sie hier zwei Aktuelle Stunden zu Friedrich Merz gemacht haben. Da hat der Letzte im Land gemerkt, dass jetzt der renommierte Friedrich Merz bei wichtigen Themen mitarbeitet. Das hat uns nur gutgetan.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber der Gedanke war ja ein ganz anderer. Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ hat vor zwei, drei Jahren geschrieben, Nordrhein-Westfalen sei ein wirtschaftlicher, aber gefesselter Riese, sei ein starkes Bundesland, sei die sechst- oder siebtgrößte Volkswirtschaft der Europäischen Union.

Aber wir liegen bei den Werten immer unter dem, wo wir eigentlich liegen sollten. Das liegt daran – das schildern uns viele –, dass es eine Überbürokratisierung gibt durch die Staatsidee, bis in den letzten Winkel des Landes alles zu regeln, beispielsweise wie man in einem Dorf im Sauerland den Landesentwicklungsplan anzuwenden hat, ob da überhaupt noch Entwicklung ermöglicht wird, ob im Tariftreue- und Vergabegesetz bis ins letzte Detail Dinge vorgeschrieben werden, ob wir die Bäcker mit einer Hygieneampel quälen müssen – die inzwischen abgeschafft ist, aber trotzdem schmeckt den Leuten das Brot noch, trotzdem ist immer noch Hygienesicherheit vorhanden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist doch Unsinn gewesen. Es war ja immer gut gemeint, möglichst viel zu regeln. Der muss dreimal die Kühlzeiten messen, und der braucht am besten noch einen Sachbearbeiter, der darauf achtet, ob er das auch alles einhält. – Nein, wir sagen: strenge Lebensmittelkontrolle ja, aber nicht Bürokratie. – Das ist unser Verständnis von Entfesselung.

(Michael Hübner [SPD]: Jetzt ist das Wirtschaftswachstum gestiegen!)

Deshalb brauchen wir als Nächstes Entfesselung bei Genehmigungsverfahren. Da wollen wir die Schnellsten in Deutschland sein. Wenn irgendwo in Deutschland nach Bundesrecht und europäischem Recht ein Genehmigungsverfahren schneller geht, dann wollen wir das auch in Nordrhein-Westfalen haben. Das wird das Ziel des nächsten Entfesselungspaketes sein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im zweiten Paket waren für viele Ehrenamtliche, auch für Krankenhäuser oder für andere, Entfesselungsmaßnahmen enthalten. Denn auch die leiden unter einer Überbürokratisierung. Hier auf den Kern zurückzuführen und trotzdem die Ziele einer nachhaltigen Gesellschaft im Blick zu halten, das ist das Ziel.

Das dritte Ziel ist, die Sicherheit zu verbessern. – Alle drei Ziele finden Sie auch in diesem Haushalt wieder.

Ich erinnere mich noch genau an die Tage, nachdem der Koalitionsvertrag unterschrieben worden war. Da haben sehr viele – auch bei den Grünen und den Sozialdemokraten – gesagt: Das ist ein tolles Programm. Die Ziele stimmen. Das sind gute Ideen. Aber wie wollt ihr das finanzieren? Wie soll das funktionieren – mehr Lehrer, mehr Polizeibeamte, mehr Sicherheit und trotzdem ein ausgeglichener Haushalt?

Wir haben gesagt: Den Beweis, dass diese Koalitionsverhandlungen zu einer tragfähigen Finanzierung – wir haben eine sogenannte F-Liste erstellt – geführt haben, können Sie im Koalitionsvertrag nachlesen. Überall dort, wo steht „Wir werden …“, ist die Position von den Haushältern gegengerechnet worden. Andere Dinge werden wir uns leisten, wenn wir genug Geld erwirtschaftet haben. Aber da, wo steht „Wir werden …“, wird das auch kommen. In diesem Prozess sind wir.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deshalb ist heute dieser Haushalt die erste Umsetzung des „Wir werden ...“ Das, was im Koalitionsvertrag beschrieben war, ist jetzt in Zahlen gegossen. Eine Null steht am Anfang. Keine neuen Schulden macht dieser Finanzminister. Mehr Lehrer, mehr Polizisten, so viel für innere Sicherheit, wie in diesem Land noch nie ausgegeben worden ist, sind im Jahr 2018 zu erwarten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber auch da sage ich: Es reicht nicht, jetzt einfach Polizeistellen zu besetzen. Politik der inneren Sicherheit ist mehr. Die Politik der inneren Sicherheit so, wie sie dieser Innenminister versteht, ist erstens, bis an die maximale Grenze des Möglichen neue Polizeibeamte einzustellen: 2.300. Da sind wir auch mit der SPD einig. Es stand in beiden Wahlprogrammen.

Es hilft aber nichts, dass die Polizeibeamten da sind. Sie müssen – zweitens – auch Recht durchsetzen. Ich bin dem Innenminister dankbar, dass er beispielsweise bei einer vor wenigen Monaten hier stattgefundenen PKK-Demonstration mit verbotenen Symbolen deutlich gemacht hat: Demonstrationsfreiheit ja, aber wenn sich jemand nicht an das Recht hält, wird die Demonstration aufgelöst. Das ist die neue Praxis in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das wird überall im Land zu spüren sein. Recht wird jetzt durchgesetzt. Wir werden rechtsfreie Räume Stück für Stück nicht mehr dulden. Das geht nicht von heute auf morgen.

(Michael Hübner [SPD]: Ist das jetzt das Mehr, das Sie meinen und das es vorher aus Ihrer Sicht nicht gab?)

– Das ist das Mehr.

(Michael Hübner [SPD]: Aha!)

Das Mehr ist, wenn beispielsweise dieser Minister, der jetzt für das Ausländerrecht zuständig ist, § 58a anwendet, wenn ein Gefährder da ist. Er muss raus aus diesem Land.

(Anhaltender Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Es wäre schön, wenn Sie auch sagen würden, was einer Ihrer Kollegen gesagt hat: Wir haben auch etwas falsch gemacht.

(Zuruf von der SPD: Das ist jetzt aber Dünnhäutigkeit!)

Jetzt am Jahrestag des Amri-Anschlags ist noch einmal offenkundig geworden, wie man damals mit diesem Fall umgegangen ist. Der Mann sitzt in der Haft in Baden-Württemberg. Dann sagt Nordrhein-Westfalen: Lasst den frei! – Nein, Ihr hättet damals sagen müssen: Haltet den fest! Wir werden den ausweisen, bevor er irgendeine Straftat begeht. – Das ist doch der Unterschied!

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Darüber brauchen wir heute nicht mehr zu streiten. Sie können weiter sagen: Wir sind bis an die Grenzen des Rechtsstaates gegangen. Es ging nicht anders; wir konnten nicht anders. – Das ist Vergangenheit.

(Zuruf von der SPD: Das ist unwürdig!)

Nur, Sie haben mich gefragt: Was ist das Mehr? – Das Mehr ist, dass wir das nicht mehr so machen werden. Wenn jemand Straftäter und Gefährder ist, wird er des Landes verwiesen, auch mit § 58a. Punkt, Ende der Aussage.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der dritte Punkt ist: Diese Polizisten kann man einstellen. Man muss sie aber auch schützen, wenn sie in einen gefährlichen Einsatz gehen. Wir haben über Vorfälle in Baden-Württemberg gesprochen. Es gab den Durchschuss eines Helmes. Ich habe den Innenminister im Sommer gefragt: Was machen wir dagegen? Er sagte mir seine Idee: Wir brauchen eben eine bessere Schutzausrüstung, wenn wir junge Leute Tag für Tag in einen Einsatz schicken, den sie am Ende mit ihrem eigenen Leben bezahlen könnten.

Das gilt selbst dann, wenn es nur ein Einzeltäter ist, der betrunken war – wie im Fall der jungen Polizistin, die ihr Leben gelassen hat. Sie ist morgens nicht aus dem Haus gegangen in dem Wissen, in eine Gefahrensituation zu kommen, bei der sie am Ende für unser aller Sicherheit ihr Leben gelassen hat. Andere gehen von vornherein in gefährliche Einsätze oder begegnen möglicherweise Terroristen.

Dass sie dann so ausgerüstet und geschützt sind, ist unser Ziel. Deshalb ist der dritte Schwerpunkt bei der inneren Sicherheit im Haushalt 2018: mehr Geld für Schutzwesten, für Helme, für das, was man braucht, wenn man in gefährliche Einsätze geht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das sind diese drei großen Themen.

Jetzt möchte ich im Rahmen meiner kurzen Erwiderung auf die Kritikpunkte eingehen, die im Landtag geäußert worden sind. Es ist ja heute nicht der Tag für eine Grundsatzrede, sondern es ist eine parlamentarische Debatte. Ich habe versucht, mir einige Kritikpunkte von Herrn Römer an der Politik der Landesregierung zum Haushalt aufzuschreiben, um dann im fairen Wettbewerb zu antworten.

Zum einen hat er das Sozialticket genannt. Inzwischen weiß eigentlich jeder im Land, dass das für diese Wahlperiode gesichert ist und auch da drin steht.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Dann wollen wir es auch im Haushalt haben! – Weitere Zurufe)

Das Zweite war irgendeine Bemerkung bei Anne Will in einer Diskussion im letzten August.

Das Dritte ist irgendetwas rund um den Dieselgipfel, wobei ich wirklich nicht verstanden habe, was Sie hier erklärt haben.

Drei Dieselgipfel haben wir inzwischen. Ich war in dieser Zeit im Urlaub. Ich habe aus dem Urlaub heraus mit allen unseren Beteiligten geredet, habe diesen Urlaub unterbrochen. Parallel hat der Chef der Staatskanzlei in einer Schalte anderer Staatskanzleien unsere Positionen deutlich gemacht. Die haben wir dann auf den Gipfel 1 gebracht.

Beim Gipfel 2 habe ich etwas gemacht, was es vorher auch nicht gegeben hat, nämlich die Oberbürgermeister aller Parteien aus Nordrhein-Westfalen eingeladen, um zu sagen: Was ist denn unsere Position beim Dieselgipfel 2?

Da ist unter anderem der Gedanke entstanden, der auch nachher umgesetzt wurde, weil mir nämlich einige Ruhrgebiets-Oberbürgermeister gesagt haben: Das ist ja alles schön und gut, wenn Hamburg und Berlin so viel Geld haben, dass sie demnächst nur elektromobile Busse fahren. Wir können uns mit unserer Stadtkasse nicht leisten, eben mal die gesamte Busflotte auf Elektromobilität umzustellen. Uns würde helfen, wenn man beispielsweise eine Zusatzeinrichtung bei einem alten Dieselbus bekommt, der die Luft in unserer Stadt sauber macht.

Das ist jetzt beim zweiten und dritten Dieselgipfel beschlossen worden. Das sind die Ergebnisse rund um diesen Gipfel. Was da Ihr Problem war, Herr Römer, habe ich nicht ganz verstanden. Wir sind, selbst wenn Urlaub ist, selbst wenn Ferien sind, in diesen Dingen engagiert für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann haben Sie noch irgendetwas von Zwischenständen rund um Jamaika geschildert. – In der Tat wäre eine Koalition mit den Grünen schwieriger als eine Koalition mit Sozialdemokraten. Es ist übrigens eine simple Bemerkung, dass in industrie- und energiepolitischen Fragen mit den Sozialdemokraten leichter ein Kompromiss möglich ist als mit den Grünen. Wenn man eine solche Bemerkung unter Beifall eines ganzen Saales bei der Industrie- und Handelskammer in Düsseldorf macht, führt das bei Herrn Römer schon zu Empörungsausbrüchen: Wie kann der sagen, dass man mit uns Energie- und Industriepolitik gemeinsam machen kann? Wie kann der nur sagen, dass man sich mit Sozialdemokraten versteht?

Lieber Herr Römer, es wird nicht mehr vorkommen, dass ich Sie lobe. Ich habe schlicht und einfach diese eine Sache gesagt. Ihre parteipolitische Strategie verstehe ich da nicht ganz. Ich glaube, es täte auch der SPD gut, wenn die Menschen im Land wieder glauben würden, dass mit Ihnen Industriepolitik zu machen ist. Das war doch auch einer der Gründe, weshalb auch die Wahl verlorenging: weil Sie bei vielen Dingen – Herr Groschek hat es so gesagt: „eine durchgrünte Gesellschaft“ –, fast bei jedem Gesetz immer eher einen erfolgreichen Kollegen Remmel in der letzten Reihe des Saales hatten und nicht so sehr Herrn Duin.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das haben viele Menschen, die um Arbeitsplätze gerungen haben, bedauert. Deshalb glaube ich, dass die Ergebnisse, die jetzt vorliegen, die Chance bieten, dass auch unsere Schwerindustrien in Nordrhein-Westfalen eine Chance haben.

Dann komme ich zur letzten Bemerkung, die ich noch bei Ihnen gefunden habe, Herr Römer. Sie verweigern das Gespräch mit der IG Metall. Wie Sie nun auf diesen Gedanken kommen, ist mir unerklärlich. Bei diesem berühmten Dieselgipfel, den Sie eben zitiert haben, habe ich als Erstes mit dem Vorsitzenden der IG Metall, Herrn Giesler, gesprochen: Was ist denn eure Position zu diesem Diesel- und Automobilskandal? Dann haben wir das formuliert für die Landesregierung – Dieselgipfel 1.

Dann habe ich unzählige Male mit dem Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats thyssenkrupp steel und mit dem Konzernbetriebsrat gesprochen. Bei mir im Büro hat Herr Giesler gesessen. Der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende Markus Grolms hat bei mir im Büro gesessen. Wir haben überlegt: Wie lassen wir uns als Land ein? Die Gewerkschaft ist jetzt auf dem Weg. Das kannte sie übrigens vorher nicht, weil ich vor der Wahl immer gelesen habe, man wolle sich aus diesem Thema – thyssenkrupp und Tata – heraushalten. Plötzlich waren sie Gesprächspartner.

Als die Stahlarbeiter hier im Landtag waren, haben wir unten am Rhein noch über ihre Resolution gesprochen und, und, und. Das Ergebnis ist: Die Arbeitsplätze sind jetzt zugesagt bis 2026. Meine Hoffnung ist, dass die Abstimmung, die derzeit bei der IG Metall läuft, zu einem guten Ergebnis für Nordrhein-Westfalen führt. Für Parteipolitik eignet es sich nicht mehr.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Karl-Josef Laumann war bei der Kundgebung dabei, als die IG Metall demonstriert hat. Gestern war die DGB-Vorsitzende bei mir. Wir haben eine große Palette an Themen, der Kritik, der Nichtübereinstimmung, aber auch der Übereinstimmung festgelegt. Herr Römer, ich verstehe Ihre Verzweiflung angesichts der Stimmung in Ihrer Partei. Aber missbrauchen Sie nicht die Gewerkschaften für Ihren Wahlkampf! Wir reden mit den Gewerkschaften auch in Zukunft und auch intensiv.

(Beifall von der CDU und der FDP)

So, das war jetzt alles, was ich notiert habe: Ihr redet nicht mit den Gewerkschaften, Dieselgipfel, Anne Will und noch irgendetwas. Aber substanzielle Kritik an dem, wie wir die Richtung jetzt angelegt haben, habe ich heute nicht gehört. Ich habe sie gehört bei den Grünen zum Klimaschutz. Dazu werde ich nachher noch einen Satz sagen.

Jetzt will ich Ihnen noch kurz am Beispiel des Haushalts klarmachen, wie man auch auf unterschiedliche Situationen reagiert. Wir haben als Erstes gesagt: Der Nachtragshaushalt war ein Haushalt, der Fehler, die wir vorgefunden haben, korrigieren musste.

Das erste Thema war: Kita-Rettungspaket. Die Kitas haben uns gesagt: Wir können nicht warten. Wir haben sieben Jahre gewartet auf eine Regierung, die gesagt hat, wir machen ein neues KiBiZ. – Ich habe hier wilde Reden gehört. Das Einzige, was aus der Zeit CDU/FDP übrig geblieben ist, war das Kinderbildungsgesetz, weil es nämlich ein gutes Gesetz war, was in der Grundstruktur einen Konsens von Trägern, Kommunen, Kirchen und Landesregierung hatte. Das ist in sieben Jahren nicht abgeschafft worden. – Aber die Kitas haben gesagt: Unsere Finanzsituation ist aber so, dass wir nicht mehr lange durchhalten. Deshalb wurde das Kita-Rettungspaket mit 500 Millionen € direkt im Nachtragshaushalt zur Beruhigung der Lage beschlossen.

Das Zweite waren wesentliche Maßnahmen zur inneren Sicherheit für den Staatsschutz, den Verfassungsschutz, für die Polizei, damit der Zustand der inneren Sicherheit sehr schnell hergestellt wird.

Und das Dritte – die Präsidentin des Rechnungshofs ist gerade nicht da – war die Meinung des Rechnungshofs, diesen Buchungstrick von 885 Millionen € zu korrigieren, den Sie im Haushalt hatten. Jetzt kann man sagen: Das kann man so und so werten. Nur, wenn der Rechnungshof sagt „Ihr müsst das korrigieren“, wird das korrigiert.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Hat er nicht gesagt!)

– Herr Zimkeit, er hat gesagt: Diese Buchung war nicht in Ordnung. – Wir haben es korrigiert. Seien Sie doch froh! Jetzt können Sie sagen: Sie hören auf den Rechnungshof. – Das Ding ist korrigiert. Das war der Nachtragshaushalt.

Jetzt kommt der erste Haushalt für das neue Jahr. Und wir haben beim Nachtragshaushalt eine noch günstigere Entwicklung erlebt, als sie erwartbar war. Deshalb haben die gesagt: Dann lautet die eine Priorität: den Pensionsfonds auffüllen. – Das ist eine Zusage. Die kann man nicht aus dem Ärmel schütteln, wenn man gerade wenige Wochen im Amt ist. Aber wenn man sieht, jetzt ist ein kleiner Spielraum da, zeigt dieser Pensionsfonds, der gleichzeitig eine Zusage an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, an die Beamten in der Landesverwaltung ist: Diese Regierung arbeitet nachhaltig und denkt auch an eure Altersversorgung. – Das ist die erste Zusage, die in den Haushalt aufgenommen worden ist:

(Beifall von der CDU und der FDP)

680 Millionen plus 120 Millionen, die ohnehin schon geplant waren.

Zweitens. 2016 und 2017 sind die Integrationsmittel nicht an die Kommunen weitergegeben worden. Wir haben das im Wahlkampf kritisiert. Wir haben dann allerdings gesagt: Das kriegt man nicht mal eben in einem Nachtragshaushalt korrigiert, weil keine Vorsorge getroffen war. Wenn es neues Bundesgeld geben wird, werden wir das an die Kommunen weitergeben.

Jetzt war durch die gute Entwicklung die erste Chance da, den Kommunen den Anteil, den sie eigentlich einfordern – 23 %, der Verbundsatz beim GFG, ca. 100 Millionen –, zur Verfügung zu stellen.

(Christian Dahm [SPD]: 175 Millionen sind es bei 23 %! Wir brauchen keinen Dreisatz! Das ist Prozentrechnung!)

Deshalb wird der Haushaltsgesetzgeber diese 100 Millionen heute mit der Mehrheit von CDU und FDP an die Kommunen, die Flüchtlinge aufgenommen haben, weitergeben. – Das ist der zweite Teil, den wir dieses Mal umsetzen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Drittens: Schuldensenkung. 500 Millionen sparen wir bei der Nettoneuverschuldung in diesem Jahr ein. In der gesamten Wahlperiode wollen wir gar keine neuen Schulden aufnehmen, und dieser Nachtragshaushalt wird jetzt auch noch einmal um 500 Millionen € gesenkt. – So viel zu diesem Punkt.

Als Letztes gehe ich auf das ein, was Frau Düker zum Klimaschutz – ein wichtiges und ernsthaftes Thema – gesagt hat.

(Zuruf von den GRÜNEN: Immerhin!)

– Ja, immerhin.

Man kann über dieses Thema sprechen, weil es wirklich von großer Bedeutung für jeden ist, der Regierungsverantwortung trägt: Kommunen, Bund, Land, Europa. Aber die Frage ist: Wie macht man es?

Mich ärgert, wie die Grünen in diesen Tagen auftreten. Sie waren bis vor wenigen Monaten in der Landesregierung. Sie treten mit einem Weltpathos auf, dass die Niederlande große Probleme bekommen, dass dieses und jenes stattfindet. Größere Worte kann man kaum wählen. Wenn das so wichtig war, wenn das so wichtig ist, wie es Ihre Rhetorik darstellt, hätten Sie unter keinen Umständen der Leitentscheidung 2016 zustimmen dürfen.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Sie hätten sagen müssen, Frau Düker, wenn es so wichtig ist, wie Sie tun: Wir verlassen diese Landesregierung.

(Beifall von der CDU und der FDP – Widerspruch von den GRÜNEN – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Das haben Sie nicht gemacht. Sie haben an Ihren Posten geklebt. Das ist der erste Teil.

Der zweite Teil ist: Sie haben bei den Verhandlungen mit der SPD ausgehandelt, dass drei Orte aus dem Braunkohleabbaugebiet rauskommen. Ich habe damals an dieser Stelle – das ist anderthalb Jahre her – gesagt: Wenn ihr so beschließt – die Menschen haben Planungssicherheit verdient –, werden wir daran nichts ändern. Das ist gerade bei diesen Braunkohleentscheidungen, die über viele Jahrzehnte gelten, eine wichtige Aussage.

Drei Orte haben Sie damals herausgeholt. Sie hätten auch sagen können, die Orte bleiben drin, aber wir setzen uns für den Hambacher Forst, die Immerather Kirche oder was auch immer ein.

(Zuruf von Monika Düker [GRÜNE])

Deshalb ist es nicht korrekt, Frau Düker, wenn Sie jetzt so tun – jetzt rede ich als amtierender Ministerpräsident –, dass der Abriss der Immerather Kirche oder das, was im Hambacher Forst passiert, irgendetwas mit CDU und FDP zu tun hat. Das sind Ihre Entscheidungen, für die Sie geradezustehen haben und sonst niemand.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Jetzt reden wir über das Klimaschutzziel, das Sie gesetzt haben. Das Klimaschutzziel für Nordrhein-Westfalen lautet: 25 % bis zum Jahre 2020. – Das halte ich für ein realistisches Ziel. An diesem Ziel arbeiten wir, arbeitet der für Energie zuständige Wirtschaftsminister. Wir liegen heute bei ca. 22 %, und wir haben in den nächsten Jahren zu erwarten, dass beispielsweise das eben von Ihnen vorgetragene Kraftwerk Niederaußem in diesem Jahr und Neurath 2019 in die Reserve gehen. Damit werden wir das Ziel aller Voraussicht nach 2020 erreichen.

Die wirtschaftliche Lage ist im Moment besonders gut. In einer besonders guten wirtschaftlichen Lage sind die CO2-Werte höher. Das haben Sie eben karikiert und als Ausrede bezeichnet. Wir streben dieses Ziel trotzdem an. Aber dass es einen Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Entwicklung und CO2 gibt, müsste doch einem Grünen einsichtig sein.

Deutschland rühmt sich der tollen Ziele, die es erreicht hat. Wenn wir ehrlich sind, haben wir einen Großteil unserer CO2-Ziele durch den totalen Zusammenbruch der Wirtschaft in der früheren DDR in den 90er-Jahren erreicht. Da war Deutschland plötzlich ganz stark beim Klimaschutz, weil viel Industrie aus dem Markt herausging und damit die CO2-Werte rasant abgenommen haben.

Es ist aber doch nicht unser Projekt für den Westen Deutschlands, dass die Industrie verschwindet und wir die CO2-Ziele erreichen. Unser Anspruch ist vielmehr, beides zu erreichen: wirtschaftlich stark zu sein und trotzdem die Klimaschutzziele zu erreichen. Auf diesem Weg sind wir derzeit.

Jetzt kann man das so wie der hochbejubelte französische Präsident Macron machen. Seine Europapolitik teile ich. Der kommt zur Bonner Klimakonferenz: Ich bin der König des Klimaschutzes. Bei uns gibt es in absehbarer Zeit keine Kohlekraftwerke mehr. – Ja, was macht der? – Er verlängert die Laufzeit seiner Kernkraftwerke. Ist das das Modell? Kann man denn nicht erkennen, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Verzicht auf Kernenergie und guten CO2-Werten gibt? Großbritannien, Frankreich sind ganz toll dabei.

Aber wir in Deutschland haben uns vorgenommen: Raus aus der Kernenergie! 2019 Abschalten von Philippsburg, 2020 Grohnde, Brokdorf, Gundremmingen. Alles in dieser Wahlperiode. Neckarwestheim, Isar 2, Emsland: Stück für Stück wird herausgenommen. Jetzt sagen die Grünen: Gleichzeitig auch noch bis 2020 möglichst ein Totalausstieg aus der Kohle. Das funktioniert nicht!

(Monika Düker [GRÜNE]: Das hat keiner gesagt!)

– Doch, Sie sagen: Kohleausstieg jetzt sofort, schnell, Weisweiler. Sie haben doch eben die Beispiele genannt.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Quatsch! Mein Gott!)

– Ihre Rhetorik auf den Demonstrationen ist manchmal anders, als wenn man sich mit Ihnen unterhält. Gehen Sie doch mal bei Twitter rein, in welcher Aggressivität da gesagt wird: Kohleausstieg jetzt, und wenn nicht sofort, dann bist du verantwortlich.

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das haben wir doch nicht geschrieben! Red doch keinen Quatsch!)

– Sie lesen Ihre eigenen Twitter-Accounts nicht; das ist Ihr Problem.

(Beifall von der CDU und der FDP – Monika Düker [GRÜNE]: Dann machen wir mal einen Faktencheck, Armin Laschet!)

Wir müssen zu einer Versachlichung kommen und anerkennen, dass wir …

(Arndt Klocke [GRÜNE]: Das ist ein Musterbeispiel für eine sachliche Rede! Das ist ein Musterbeispiel für Sachlichkeit!)

– So ist das.

… Klimaschutz erreichen wollen, 

(Horst Becker [GRÜNE]: Das holt Sie ein! – Gegenruf von Minister Karl-Josef Laumann: Das muss der gerade sagen! – Zuruf von der CDU: Och, Herr Becker! – Zurufe von CDU und FDP)

dass wir Klimaschutzziele erreichen wollen, aber dass wir den Menschen gleichzeitig sagen: Es hat etwas damit zu tun, welche Energieform wir noch haben und wie schnell wir mit dem Ausbau der Erneuerbaren sind.

Das gilt übrigens gleichermaßen beim Diesel; da machen Sie das Gleiche: Dieselfahrverbote, Ausstieg aus dem Diesel. – Wir steigen aus dem Diesel aus, wenn wir Alternativen haben.

(Zuruf von Arndt Klocke [GRÜNE])

– Arndt Klocke, Sie legen das Jahr 2030 für den Dieselausstieg fest. Wir sagen: Wir steigen ein in Elektromobilität. Wir fördern, was in Nordrhein-Westfalen entwickelt wird. Wir wollen 100.000 Elektrofahrzeuge erreichen. Wenn das alles mal erreicht ist, kann man aus einer anderen Technologie aussteigen.

Aber diese Ausstiegsmentalität

(Monika Düker [GRÜNE]: Das macht doch das Gericht!)

bringt uns weder bei der Kohle noch beim Diesel weiter. Man muss Ökonomie und Ökologie in Einklang bringen. Das vermisse ich bei dem, was Sie hier vortragen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Bis 2045 sind die letzten Tagebaue genehmigt. Das ist ein absehbares Ende der Braunkohle, denn neue Tagebaue kann ich mir jedenfalls nicht vorstellen. Jetzt geht es um die Frage: Wie schnell erreichen wir eine sichere Energieversorgung auf anderem Wege? Sie haben karikierend gesagt – das ist auch so eine Methode –: der französische Atomstrom und Ähnliches.

Bei den Papieren, die uns von Herrn Staatssekretär Baake vorgelegt worden sind, der Erklärungen im Namen einer SPD-Ministerin abgibt auf dem Briefpapier des Bundeswirtschaftsministeriums, die sich nachher davon distanziert, der gleichzeitig in dasselbe Briefpapier die Bundesnetzagentur hineinkopiert, wo der Mann der Bundesnetzagentur dabei- sitzt und sagt: Wir können 5 GW vom Netz nehmen. – Auf dem Papier der Bundesnetzagentur stehen aber 7 GW. Bei manchen Methoden wird manipulativ gearbeitet in offiziellen Staatsinstitutionen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das können Politiker letztlich nicht beantworten, aber wenn eine Bundesnetzagentur und ein beamteter Staatssekretär Fakten auf den Tisch legen, erwarte ich, dass die stimmen, und nicht, dass die Ministerin nachher erklärt: Das stimmt alles nicht. Das ist die private Meinung von Herrn Baake. – Das ist nicht akzeptabel im Umgang.

(Monika Düker [GRÜNE]: Lügt denn der Herr Baake? – Gegenrufe von CDU und FDP: Ja!)

– In diesem Papier steht, Frau Düker: Die Versorgungssicherheit steigt, wenn die Kohle herausgenommen wird. Sie können ja sagen: Wir haben genug Versorgungssicherheit.

(Monika Düker [GRÜNE]: Das sage ich doch nicht! Das sagt Frau Kemfert! Die lügt auch? Die lügen also alle?)

– Wenn Sie hier mit bewundernder Stimme Frau Kemfert zitieren, hatte ich den Eindruck, dass Sie sich das zu eigen machen.

(Monika Düker [GRÜNE]: Ich denke nur, dass sie nicht lügt – im Gegensatz zu Ihnen!)

– Frau Düker, wir sind doch in politischen Debatten über Fakten. Es ist ja nicht die heilige Päpstin, die man in ihrer Unfehlbarkeit nicht kritisieren darf. Frau Kemfert noch eine Wissenschaftlerin. Punkt!

(Horst Becker [GRÜNE]: Aha! – Weiterer Zuruf: Die war doch im Schattenkabinett von Ihnen!)

Jetzt komme ich aber zu der Frage. In diesen Papieren hat Herr Baake ausführlich erläutert – das ist für uns in Nordrhein-Westfalen das Entscheidende –: Die Trennung nach nationaler Versorgungssicherheit gibt es eigentlich gar nicht mehr, weil wir jetzt einen europäischen Binnenmarkt haben. Wenn hier Versorgungsengpässe auftreten, können wir in jedem Moment im europäischen Binnenmarkt kontrahieren.

Ich habe gemeinsam mit dem Kollegen Pinkwart und dem Wissen seines Hauses deutlich gemacht: Wenn hier Dunkelflaute ist – Herr Pinkwart kann genau die Daten sagen, wann in Nordrhein-Westfalen Dunkelflaute war –, wenn zwei Wochen lang kein Wind und keine Sonne da sind, ist das überall in Europa so. Dann hilft Ihnen auch nicht der europäische Binnenmarkt. Dann kommen selbst die französischen Kernkraftwerke in Probleme.

Deshalb müssen wir bei der Klimaschutzpolitik mehrere Dinge gleichzeitig im Blick haben: Ausstieg aus der Kernenergie, kein Import von französischem Atomstrom und dafür in Garzweiler und im Rheinischen Revier die Kohle reduzieren – das ist ein falsches Abwägen. Man muss vielmehr Stück für Stück herausgehen, wie es für Arbeitsplätze und die Versorgungssicherheit vertretbar ist, und gleichzeitig in die erneuerbaren Energien einsteigen. Das ist unsere Politik bei diesem Thema.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dieser Punkt ist etwas ausführlicher geworden, weil es der einzige sachliche war, den Frau Düker vorgetragen hat. Über die Sendungen von Anne Will konnte ich jetzt nicht so lange reden. Ich wünsche mir, dass wir die Debatten in diesem Landtag fortsetzen – auch kontrovers, aber im Ringen um gemeinsame Lösungen.

Ich finde, in diesen Tagen merkt man: Die FDP war bei den Jamaika-Verhandlungen dabei, dann war die FDP draußen. Die SPD war bei der Großen Koalition draußen, und jetzt sind wir in ernsthaften Gesprächen.

(Heiterkeit von der SPD)

– Ich finde sie ernsthaft. Ich weiß nicht, ob Sie sie ernsthaft finden, ob Sie das lustig finden. Ich glaube, es steht eine Menge auf dem Spiel,

(Christian Dahm [SPD]: Durchaus!)

übrigens auch für Ihre Partei am Sonntag. Das ist kein Anlass zum Spott.

(Christian Dahm [SPD]: Für die CDU übrigens auch!)

– Für uns auch, für alle, für das Land.

(Sven Wolf [SPD]: Das haben wir verstanden!)

Das hat es seit 70 Jahren in Deutschland nicht gegeben.

(Marc Herter [SPD]: Schöne Grüße an Herrn Dobrindt!)

Der Bundespräsident hat zu Recht gesagt: Parteien sind nicht ihren Wählern alleine verpflichtet, sondern auch dem Gemeinwohl.

(Beifall von der CDU)

Wir merken es doch hier: Vielleicht – es könnte sein – sind demnächst CDU und SPD wieder in einer Koalition. Es hätte sein können, dass Grüne und FDP in einer Koalition gewesen wären. Die Parteien sind heute mehr zu einem Kompromiss verpflichtet als seinerzeit in einem Parlament, in dem es zwei Fronten gab, man nur gegeneinander Wahlkampf machte und bei drei Parteien zwei regierten und eine die Opposition bildete.

Es ist komplizierter. Deshalb finde ich das Abwägen der Argumente und die Suche wichtig, was für uns in Nordrhein-Westfalen unabhängig von der parteipolitischen Herkunft wichtig ist und wofür wir uns in Berlin starkmachen. Wenn wir das in diesem instabilen System hinkriegen, dann kann uns das auch hier im Landtag gut tun. Dann können wir immer noch über Landespolitik streiten. Dann können Sie immer noch sagen, die könnten besser sein, dieser ist schlecht und jener ist schlecht.

Wir sollten in Berlin in der abweichenden Konstellation zusammen auftreten und uns hier im Land über den richtigen Weg auch streitig auseinandersetzen. Das wünsche ich mir über diesen Haushalt hinaus. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Ministerpräsident Laschet. – Nun spricht für die SPD-Fraktion Herr Kollege Zimkeit.

Stefan Zimkeit (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das wäre, Herr Laschet, eine äußerst interessante Rede gewesen, wenn man sich für das Amt des Bundesumweltministers beworben hätte. Das war keine Rede eines Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen zum Haushaltsplan 2018.

(Beifall von der SPD)

Sie haben in Ihren Ausführungen über Fakten gesprochen und Fakten eingefordert. Dann wäre es sehr schön gewesen, wenn Sie bei den Fakten geblieben wären und diese nicht an vielen Punkten ignoriert hätten.

Ich beginne einmal mit Ihren Ausführungen zur Bewertung des Falles Amri. Ich glaube, gerade in diesem Fall sollten wir mit irreführenden Aussagen vorsichtig sein, weil das nur Parteien und Fraktionen nützt, die hier schon merkwürdig aufgetreten sind. Man kann den Fall bewerten wie man will, aber hier so zu tun, als wenn der jetzige § 58a, auf dessen Grundlage Sie gehandelt haben, schon zum Zeitpunkt des Falles Amri in Kraft getreten wäre, ist eine bewusste Irreführung der Menschen in Nordrhein-Westfalen. Bei einem so sensiblen Thema sollten wir das sein lassen.

(Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

– Aber nicht in der Form. Es gab rechtliche Änderungen.

Kommen wir zum Haushalt. Der Kollege Löttgen hat gefordert, wir sollten etwas zum Haushalt sagen. Das will ich sehr gerne tun. Sie haben die haushaltspolitische Wende in Nordrhein-Westfalen angekündigt. Ich muss zugestehen, diese Wende ist Ihnen gelungen.

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist die Entwicklung der Neuverschuldung des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Der Redner hält eine Grafik hoch.)

Sie geht zurück bis zum Jahr 2016. Dann kommt Ihre haushaltspolitische Wende, Herr Laschet, das Ansteigen der Neuverschuldung im Jahr 2017 auf 1 Milliarde €. Das ist Ihre Finanzpolitik. Das beweist vor allem eines: Sie können nicht mit Geld umgehen.

(Beifall von der SPD – Lachen von der CDU)

Sie haben in diesem Zusammenhang von Fakten geredet. Herr Laschet, Herr Löttgen und Herr Rasche, Sie haben die Behauptung wiederholt, der Haushalt 2018 sei der erste Haushalt, der ohne neue Schulden auskomme. Herr Rasche hat von alternativen Fakten gesprochen. Das sind alternative Fakten. Mit dem Haushalt 2016 wurden sogar Schulden abgebaut. Hören Sie doch endlich damit auf, in dieser Frage immer wieder die Unwahrheit zu behaupten! Sie machen mehr Schulden, nicht weniger.

(Beifall von der SPD – Ralf Witzel [FDP]: Nur durch Ihre Buchungstricks!)

– Die Buchungstricks, die Sie in Bezug auf das Programm „Gute Schule 2020“ immer behauptet haben, haben Sie nicht zurückgenommen. Sie sind doch dabei geblieben. Das ist doch die Wahrheit.

(Beifall von der SPD)

Wie vieles, was Sie versprochen haben, haben Sie auch das nicht eingehalten.

(Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Den nächsten Buchungstrick liefern Sie auch noch ab. Sie haben die Zuführung zum Pensionsfonds angesprochen. Da bin ich sehr gespannt, Herr Laschet. Ich würde Sie bitten, sich konkret festzulegen. Im Jahr 2018 werden die ersten 80 Millionen € schon wieder ausgegeben. Dann verbleiben noch 600 Millionen €, die Sie aus Haushaltsresten eingezahlt haben.

Sagen Sie jetzt, dass diese 600 Millionen € nicht auf die Zukunft angerechnet werden? Garantieren Sie, dass in den nächsten drei Jahren jeweils 200 Millionen € eingezahlt werden? Der Finanzminister hat das nicht getan. Vielleicht können Sie hier Klarheit schaffen und die Beamten in dieser Frage nicht weiter in Unsicherheit lassen.

Herr Löttgen – er war es, glaube ich – hat behauptet, die SPD sei nicht konstruktiv. Wir haben eine Menge Vorschläge zum Haushalt gemacht; ich komme noch dazu. Einer war immerhin so konstruktiv, dass Sie ihn als Gegenfinanzierung für Ihre Vorschläge sogar abgeschrieben haben.

Sie haben nämlich keine Ideen gehabt, wie die Ansatzerhöhungen gegenfinanziert werden sollen. Wir haben gesagt, wir können die Zinsausgaben senken. Das haben Sie im Haushalts- und Finanzausschuss noch abgelehnt, und jetzt legen Sie den gleichen Antrag zur Gegenfinanzierung Ihrer Vorschläge vor. Das zeigt doch, dass bei Ihnen das reine haushaltspolitische Chaos herrscht.

(Beifall von der SPD)

Das Schlimmste – Herr Rasche hat irgendwie dafür zu sorgen versucht, dass es nicht deutlich wird – bleibt Ihr Umgang mit der Sozialpolitik und der Umstand, dass Sie die Koalition der sozialen Kälte bleiben.

Wir haben Fehler gemacht. Das hat Herr Börschel gesagt. Einer unserer Fehler war, dass wir den sozialen Arbeitsmarkt nicht früh genug und nicht umfangreich genug auf den Weg gebracht haben. Das korrigieren wir mit unseren Vorschlägen. Aber Sie streichen dort und wollen die Langzeitarbeitslosen nicht so stark unterstützen. Das ist doch der Unterschied.

(Beifall von der SPD)

Zu glauben, Herr Rasche, dass Sie mit Anträgen in der Größenordnung von 100.000 €, die ein paar Betroffenen helfen – deshalb haben wir zugestimmt –, diesen Eindruck von sozialer Kälte verwischen können, ist absurd. Sie wollen durch einen neuen Antrag mit insgesamt 300.000 € zusätzlich Obdachlose unterstützen. Das findet unsere Zustimmung. Aber wer das angesichts der Streichung von 300 Millionen € im sozialen Wohnungsbau nicht zynisch findet, dem ist nicht mehr zu helfen.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Sie bleiben die Koalition der sozialen Kälte. Da Kollege Dahm gleich noch vieles zur Kommunalpolitik und zu Ihren gebrochenen Versprechen sagt, will ich nur noch eines festhalten: Dieser Haushalt 2018, wie er jetzt von Ihnen durchgepeitscht und beschlossen wird, macht nur eines klar: Sie haben keinen Plan für dieses Land.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Kollege Zimkeit. – Für die grüne Fraktion spricht nun Frau Düker.

Monika Düker (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Lieber Ministerpräsident, lieber Armin Laschet, Ihre Aussagen zum Klimaschutz verlangen eine Antwort, erstens auf Ebene eines Faktenchecks – dazu komme ich gleich – und zweitens – und das ist mir persönlich sehr wichtig – auf der Ebene Ihrer Angriffe gegen die Grünen in Verantwortung bzw. Regierungsverantwortung.

Ich finde es ziemlich interessant, welche These Sie hier formulieren und manifestieren. Sie sprechen uns das Recht ab, hier irgendetwas glaubhaft zu unserer parteiprogrammatischen Überzeugung und zu unserer Gründungsidee als ökologische Partei von uns geben zu dürfen, weil wir in Regierungszeiten Kompromisse – zugegebenermaßen schmerzliche Kompromisse – gemacht haben. Was heißt das im Umkehrschluss für eine Demokratie, wenn wir das hier angeblich nicht mehr dürfen, nur weil wir irgendwann einmal Kompromisse gemacht haben? – Dahinter steckt ein besorgniserregendes Demokratieverständnis, finde ich. Kompromisse gehören zur Demokratie.

Beim Thema „Garzweiler/Rheinisches Revier“ waren das für uns keine leichten Geschichten. 1995 standen wir mit dem Regierungseintritt vor einem Sonderparteitag und haben uns entschieden, weiterzumachen. Ja, der Parteitag hat das sehr knapp so entschieden, aber wir haben gesagt, wir stellen uns dieser Verantwortung.

Wir haben dann in realer Regierungsverantwortung versucht, weiter am Thema „Klimaschutz“ zu arbeiten. Was haben wir erreicht?

2014 haben wir einen Kompromiss erreicht, der das Abbaugebiet Garzweiler nachträglich verkleinert. 300 Millionen t Braunkohle bleiben unter der Erde. Sie werden nicht verstromt. Das ist CO2, das nicht in die Luft gepustet wird.

Natürlich kann man uns jetzt vorhalten: Da hättet ihr aus der Regierung gehen müssen. – Ich finde es nett, dass Sie uns Empfehlungen geben, was wir als Partei zu machen gehabt hätten. Aber wir haben uns an dieser Stelle sehr wohl abgewogen der Verantwortung gestellt. Das machen einige in der Parteienlandschaft im Moment nur sehr ungern. Offenbar will niemand mehr dieses Land von Berlin aus regieren. Aber wir haben gesagt: Wir möchten mitgestalten, auch in dieser schwierigen Konstellation.

Offenbar sind wir nur noch die Einzigen, die die Klimaschutzfahne in diesem Land hochhalten.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir möchten auch in der Verantwortung versuchen, den Kohleausstieg weiter voranzubringen. Ja, es ist die Aufgabe des nächsten halben Jahrhunderts, hier weiter voranzukommen.

Uns diese Dinge vorzuwerfen, zeugt von einem merkwürdigen Demokratieverständnis, Herr Laschet, vor allen Dingen, wenn man Ihre Wendemanöver zu dieses Dingen im letzten Jahr anschaut.

Vor einigen Wochen hätten Sie mit uns noch das Einsparziel von 7 GW mitgemacht. Herr Römer hat das schon gesagt. Morgen schaut die Sozialdemokratie Sie einmal bei einem Glas Wein scharf an, und auf einmal ist das alles wieder vergessen.

Nein, wir Grünen werden weiter daran arbeiten, dem Klimaschutz höchste Priorität in unserer Politik einzuräumen. Ich meine, das auch weiterhin glaubwürdig vertreten zu können.

Das Nächste ist der Faktencheck. Es ist bemerkenswert, dass Sie hier verkünden, im Rheinischen Revier würden morgen Kohlemeiler abgeschaltet. Das ist nur die halbe Wahrheit. Ich glaube, es sind vier Blöcke, die perspektivisch abgeschaltet werden oder schon abgeschaltet sind. Sie wissen ganz genau, dass diese Blöcke die sogenannte Sicherheitsreserve bilden sollen.

(Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

– Moment, Moment.

Das ist das, was Herr Gabriel auf Bundesebene der Braunkohlelobby zugestanden hat. Sie kann hier ein paar Meiler als sogenannte Sicherheitsreserve behalten,

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Wird hinterhergeworfen!)

wohlwissend, dass ein Braunkohlekraftwerk unflexibel ist und gar nicht schnell genug hoch- und heruntergefahren werden kann, wenn diese berühmten Flauten kommen, um dieses Netz tatsächlich funktionsfähig zu halten.

Herr Pinkwart, Sie wissen ganz genau, dass die Kohlekraftwerke dafür nicht geeignet sind.

(Beifall von den GRÜNEN)

Hierfür bedarf es effiziente Gaskraftwerke. Genau diese werden behindert und laufen nicht, weil diese Kohlekraftwerke weiter künstlich am Leben gehalten werden.

Richtig ist, der Klimaschutz braucht mehrere Dinge. Da haben Sie natürlich völlig recht. Er braucht Netzsicherheit, Speichertechnologie und Transportmöglichkeiten. Für schwankende Lasten, wenn die erneuerbaren Energien also nicht gleichmäßig fließen, braucht es eben solche Sicherheitsreserven, aber doch bitte nicht diese alten Dreckschleudern, die man gar nicht schnell genug hoch- und herunterfahren kann.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Was der Klimaschutz eben nicht braucht, sind diese Braunkohlekraftwerke, die weiter am Netz sind. Sie laufen für den Export und für sonst gar nichts. Für die Versorgungssicherheit sind sie nachweislich nicht nötig. Das sagt nicht nur Herr Baake.

Ich finde es schon bemerkenswert, wie Sie hier Leute wie Herrn Baake oder Frau Kemfert einfach in eine Ideologieecke stellen und unterstellen, dass diese Aussagen schlicht falsch sind. Das finde ich schon ziemlich anmaßend, Herr Laschet.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von Ministerpräsident Armin Laschet)

Es ist ziemlich anmaßend, dass Sie ihnen quasi Lügen unterstellen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Mit der Wahrheit haben sie Schwierigkeiten!)

Ich bleibe dabei: Diese Experten sagen deutlich: Die Versorgungssicherheit ist nicht gefährdet, wenn diese Meiler vom Netz gehen. Wir brauchen sie in den nächsten Jahren nicht mehr.

Sie weigern sich, diese Wahrheiten zu erkennen und einen verbindlichen Fahrplan dafür vorzulegen,

(Horst Becker [GRÜNE]: Das ist das Entscheidende!)

wann Sie gedenken, endlich die schmutzigsten Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Sie sind so schädlich für unser Klima, dass wir unsere Klimaschutzziele damit nicht erreichen werden. Diese Aussage hätte ich von Ihnen erwartet.

(Beifall von Horst Becker [GRÜNE])

Das wäre Mut und vor allem Verantwortung. Man kann so lange an der Vergangenheit kleben bleiben und Beharrungsvermögen zeigen, bis man die Zukunft für dieses Land verspielt hat.

In Sachen Klimaschutz haben wir von Ihnen heute nichts dazu gehört, wie Sie die Zukunft hier in NRW gestalten wollen. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Düker. – Für die AfD hat sich nochmals Herr Wagner zu Wort gemeldet.

Markus Wagner (AfD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Jetzt habe ich noch acht Minuten Zeit. Diese Zeit sollte man auch nutzen, um weiterhin über Ihren Griff in die Taschen des Steuerzahlers zu referieren.

Sie selbst umgehen das gerne wie den heißen Brei und glauben, dass unter Tagesordnungspunkt 2, wenn es um das Fraktionsgesetz geht, ausreicht, fünf Minuten pro Fraktion vorzusehen, um zum Teil darüber zu sprechen, dass Sie gestern Nachmittag beschlossen haben – in Einigkeit, wie sich das für sich demokratisch nennende Fraktionen gehört –, 14 Millionen € des Steuerzahlers dafür zu verwenden, Ihr Personal aufzustocken.

Nur: Das Problem ist zum Beispiel, dass Sie, Herr Zimkeit, davon sprechen, dass der Haushalt von den regierungstragenden Fraktionen durchgepeitscht worden ist. Damit haben Sie auch vollkommen recht. Aber Sie selbst peitschen 14 Millionen € des Steuerzahlers durch, um Ihre Anzahl an Mitarbeitern zu erhöhen, ohne eine Grundlage dafür zu benennen.

Seit 2010 werden laut Bund der Steuerzahler die Mittel für die Abgeordnetenmitarbeiter nicht voll ausgeschöpft. Aber Sie glauben, Sie müssten noch 89 % draufsatteln – auf Kosten derjenigen, die jeden Tag dafür arbeiten, dass dieses Land läuft.

(Beifall von der AfD)

Wenn die „Rheinische Post“ anfragt, wie viele Mitarbeiter die eine oder andere Fraktion überhaupt beschäftigt, haben Sie gar keine Antwort darauf; denn Sie wissen es nicht.

(Bodo Löttgen [CDU]: Sie wissen es aber ganz genau!)

Sie wissen es nicht einmal. Das Einzige, was Sie wissen, ist, dass Sie 89 % mehr für Abgeordnetenmitarbeiter brauchen.

(Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD]: Woher wissen Sie, was wir wissen?)

Meine Damen und Herren, das ist nahezu skandalös.

Hinzu kommt noch Folgendes: Es ist kein Klischee mehr, wenn man Ihnen vorwirft, Sie machten sich den Staat zur Beute. Hiermit erbringen Sie den Beweis, sich den Staat schon lange zur Beute gemacht zu haben.

(Beifall von der AfD)

Meine Damen und Herren, wie geht diese sogenannte Gemeinschaft der Demokraten eigentlich mit Kritikern um? Sie versucht, Kritiker mundtot zu machen, sie zu beschimpfen oder in die rechte Ecke zu stellen. Ganz typisch dafür ist das Beispiel, wie die Grünin Frau Schäffer auf die Kritik des Bundes der Steuerzahler an diesem unverschämten Griff in die Taschen der Steuerzahler reagierte: Das sei AfD-Rhetorik. – Insinuieren wollte sie damit: Das gehöre sich nicht; das sei rechtspopulistisch.

(Verena Schäffer [GRÜNE]: Ist es ja auch!)

Klar; wenn der Chef des Bundes der Steuerzahler die Wahrheit sagt oder wenn Bürger die Wahrheit sagen, die den alten Parteien nicht passt, müssen sie von der Meinungsgouvernante Schäffer natürlich zur Räson gerufen werden. Aber, meine Damen und Herren, nicht mit uns! Nicht mit der AfD! Wir werden Sie wieder zur Räson rufen – zu Demokratie und Meinungsfreiheit und zur Sparsamkeit mit dem Geld der Steuerzahler.

(Beifall von der AfD)

Wir und immer mehr Bürger lassen es uns und sich nicht mehr gefallen, wie die alten Parteien im Verbund mit den alten Medien die Meinungsfreiheit beschneiden und die Wahrheit verbiegen.

Was ist eigentlich mit den Medien? – Man kann sie nicht alle über einen Kamm scheren. Aber ich möchte die Berichterstattung des „Kölner Stadt-Anzeigers“ exemplarisch hervorheben. Da darf Frau Schäffer von den Grünen praktisch den Artikel schreiben. Wenn Sie sich das durchlesen, stellen Sie fest, dass diesen Artikel quasi Frau Schäffer geschrieben haben könnte.

Eine Stellungnahme der AfD holt die Postille sowieso nicht ein. Stattdessen taucht die AfD nur deshalb in dem Artikel auf, weil Frau Schäffer den Chef des Bundes der Steuerzahler zu kritisieren und mundtot zu machen versucht, indem sie ihm vorwirft, er bediene sich des Sprachgebrauchs der AfD. Nur: Dieser Sprachgebrauch ist im Zusammenhang mit dem, was Sie hier durchzupeitschen versuchen, absolut richtig; davon einmal abgesehen.

Weiter meint Frau Schäffer – jetzt halten Sie sich fest –: Das finde ich verantwortungslos. – Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Die Altparteien, vertreten von Frau Schäffer, halten den Chef des Bundes der Steuerzahler für verantwortungslos, weil er die Wahrheit sagt.

Meine Damen und Herren, verantwortungslos ist hier nur eine, nämlich Frau Schäffer mit ihrer Selbstbereicherungsabsicht

(Andreas Kossiski [SPD]: Jetzt reicht es aber!)

und ihrem Versuch, diejenigen, die das sehen und kritisieren, in die rechte Ecke stellen zu wollen. Das ist verantwortungslos.

(Beifall von der AfD)

Falls hier im Raum ein Journalist des „Kölner Stadt-Anzeigers“ herumschwirren sollte: Meine Kontaktdaten finden Sie im Netz. Wenn Sie demnächst einmal ausgewogen Bericht erstatten wollen, anstatt grüne Meinung zu machen, dürfen Sie mich gerne anrufen.

Ich will die Zeit nutzen, um mit einer weiteren Unwahrheit dieser selbsternannten Gemeinschaft der Demokraten aufzuräumen, nämlich der Unwahrheit, die gerne von den Grünen verbreitet wird, aber auch von anderen, wir würden nicht mitarbeiten. Ich habe einmal aufstellen lassen, wie denn in diesem Haus die Leistungsbilanz aussieht.

Da sind die alten Fraktionen, die hier seit Jahrzehnten mit eingearbeiteten und eingespielten Kräften sitzen und ihre Büros und Arbeitsplätze hatten, und da sind wir, die jungen Neuen von der AfD, die zum Teil wochenlang nicht einmal Büros hatten,

(Zurufe: Oh!)

die erst Mitarbeiter einstellen mussten und sich überhaupt einmal einarbeiten mussten. Wie ist denn nun die Bilanz nach sieben Monaten bei diesen ungleichen Startbedingungen?

Große Anfragen: SPD null, CDU null, FDP null, Grüne eine, AfD zwei. Kleine Anfragen: CDU und FDP null. Die SPD mit 69 Abgeordneten hat 339 Kleine Anfragen gestellt, also 4,9 pro Kopf. Die Grünen mit 14 Abgeordneten haben 160 Kleine Anfragen gestellt; das sind 11,4 pro Kopf. Die AfD mit 13 Abgeordneten hat 196 Kleine Anfragen gestellt, also 15,1 pro Kopf.

(Nic Peter Vogel [AfD]: Die SPD alle doppelt und dreifach!)

– Das kommt noch dazu, dass Kleine Anfragen der SPD zum Teil nur Copy-and-paste waren.

Es bleiben noch die Gesetzentwürfe. Von den Grünen kam einer, von FDP und CDU kamen zwei, von der SPD kamen auch zwei, und von der AfD kamen sieben.

Jetzt wird mir auch klar, warum Sie auf die Idee kommen, sich noch mehr Geld zuschanzen zu wollen. Aber glauben Sie mir: Das ist gar nicht nötig. Sie brauchen nicht mehr Geld, sondern Sie brauchen motivierte Leute und die richtigen Ideen – so wie wir. Ihre alte Politik wird auch mit noch mehr Geld und noch mehr auf Steuerzahlers Kosten eingestellten Referenten und Parteifreunden nicht besser werden, meine Damen und Herren. Das wird Ihnen auch damit nicht gelingen.

(Beifall von der AfD)

Ich habe es bereits erwähnt: Sie haben den Beweis erbracht, sich den Staat zur Beute gemacht zu haben. Sie peitschen ein Programm von 14 Millionen € für Ihre kleine Wellnessoase im Büro durch das Parlament. Der Steuerzahler wird es schon richten.

Mit uns wird das nicht passieren, meine Damen und Herren. Mit uns nicht, mit der AfD nicht! Das kann ich nur so oft wiederholen, bis es bei Ihnen im Kopf endlich angekommen ist. – Danke schön.

(Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Vielen Dank. – Herr Wagner, ich darf Sie an dieser Stelle insoweit noch einmal ermahnen, als dass Sie eben in direktem Zusammenhang mit dem Namen der Abgeordneten Schäffer eine Wortwahl verwendet haben, die diesem Hause nicht angemessen ist. Ich darf Sie bitten, sich zukünftig nicht mehr in einer solchen Weise auszudrücken.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Für die SPD erteile ich Herrn Dahm das Wort.

Christian Dahm (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach einer solchen Rede fällt es schon schwer, wieder zur Sache zurückzukommen, nämlich zur Haushalts- und Finanzpolitik des Landes.

(Markus Wagner [AfD]: Das fällt mir sowieso schwer!)

Wir reden nicht nur über die Finanzen, sondern auch über das Gemeindefinanzierungsgesetz in dritter Lesung. Schließlich haben wir zum GFG und zum Haushalt zahlreiche Anträge eingebracht, die es wert sind, auf den einen oder anderen noch kurz einzugehen. Im Übrigen haben Sie von der Mitte-rechts-Koalition alle diese Anträge abgelehnt.

Der Ministerpräsident hat zu Beginn der Woche gemeinsam mit dem stellvertretenden MP Regierungspläne für 2018 vorgestellt. Ich darf mit Erlaubnis des Präsidenten dazu kurz dpa zitieren:

„Sie wollen vor allem die Kommunen entlasten und mehr in die Innere Sicherheit investieren.“

Meine Damen und Herren, darauf sind wir gespannt. Ihren Worten müssen jetzt Taten folgen. Denn bisher ist das Gegenteil der Fall. Es bleibt nämlich bei den eklatanten Schieflagen im Gemeindefinanzierungsgesetz 2018.

Sie, meine Damen und Herren, wollen die Abundanz-umlage in Höhe von insgesamt 91 Millionen € ersatzlos abschaffen. Dadurch entlasten Sie steuerstarke Kommunen, die nicht auf Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich angewiesen sind. Alle übrigen Kommunen – und das ist die Mehrzahl –, mehr als 300 Städte und Gemeinden,

(Henning Höne [FDP]: Die sich verschuldet haben!)

werden nach wie vor belastet und erst in drei Schritten entlastet. Das ist nicht gerecht. Das ist nicht solidarisch.

(Michael Hübner [SPD]: Ganz genau!)

Das spaltet die kommunale Familie, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Vielmehr nehmen Sie den Städten und Gemeinden noch Geld weg. Das haben wir heute schon gehört. Beim GFG haben Sie eine Bereinigung auch für die Einnahmen aus der Integrationspauschale des Bundes vorgenommen. Hier hätten den Kommunen nach der Verbundmasse 175 Millionen € zugestanden.

(Bodo Löttgen [CDU]: Und wie viel hätte ihnen in 2016 und 2017 zugestanden?)

– 175 Millionen € hätten ihnen zugestanden, Herr Löttgen. Gemeinsam mit der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen haben wir den Antrag gestellt, die Rücknahme des Vorwegabzugs vorzunehmen.

(Bodo Löttgen [CDU]: Und wie viel hätte ihnen in 2016 und 2017 zugestanden?)

Das haben Sie in der vergangenen Woche abgelehnt. Heute stellen Sie sich hierhin und feiern sich ab, weil Sie den Städten und Gemeinden 100 Millionen € zur Verfügung stellen, obwohl diese einen Anspruch auf 175 Millionen € hätten. Das ist Ihre Milchmädchenrechnung, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Unter dem Strich: Versprochen, gebrochen.

Wir haben in den Haushaltsberatungen weitere Haushaltsmittel für die Städte und Gemeinden eingebracht und 400 Millionen € für die Integration der Flüchtlinge – Stichwort „Duldung nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz“ gefordert. Auch das wurde von Ihnen, meine Damen und Herren, abgelehnt.

Auch die dauerhafte Senkung des Anteils der Kommunen an der Krankenhausförderung von 40 auf 20 % sowie die Entlastung der Städte und Gemeinden in Höhe von 115 Millionen € wurden von Ihnen abgelehnt.

Die Erstattung für die Kommunen in Höhe von 80 Millionen € für Planungskosten im Rahmen der Bundes- und Landesförderprogramme wurde von Ihnen ebenfalls abgelehnt. Hierzu haben der WDR und auch die Schulministerin heute Morgen berichtet, dass die Mittel kaum verbaut werden können.

All das sind kommunalfreundliche Maßnahmen mit einem Umfang von allein 810 Millionen €. Sie alle wurden von Ihnen abgelehnt. Das verstehen Sie unter Kommunalfreundlichkeit. Ist das die Entlastung, die der Ministerpräsident angekündigt hat? Ist das Ihr neuer partnerschaftlicher Umgang mit den Städten und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen?

Festzustellen bleibt: Sie von der Mitte-rechts-Koalition sind Europameister im Ankündigen von Wohltaten und bleiben Weltmeister bei den gebrochenen Versprechen.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren der Mitte-rechts-Koalition, wir dürfen gemeinsam feststellen: Verlierer des GFG und der Haushaltsberatungen sind die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen. Diese haben einen Anspruch darauf, deutlich mehr Mittel zu erhalten. Das haben Sie jedoch abgelehnt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Dahm. – Für die Landesregierung hat nun Frau Ministerin Scharrenbach das Wort. Bitte.

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Tat: Im Zusammenhang mit der Landeshaushaltsberatung beraten wir auch immer die Gemeindefinanzierung für das jeweilige Jahr.

Wir haben Ihnen als Landesregierung ein Gemeindefinanzierungsgesetz vorgelegt, das mit 11,7 Milliarden € für die Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen aufwartet. Das ist ein Wert, der sich auch in der Geschichte des Landes sehen lassen kann; denn noch nie war der absolute Betrag, den das Land Nordrhein-Westfalen unseren Städten und Gemeinden überweist, so hoch.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Wegen der guten wirtschaftlichen Entwicklung!)

Ein Großteil dieses Betrages von 11,7 Milliarden € resultiert aus der bundesdeutschen Wirtschaftsentwicklung. Im Gegensatz zu Ihnen, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, haben CDU und FDP das von vornherein immer transparent dargestellt.

Das unterscheidet uns in der Variante, wie wir Politik machen, und in der Art, wie wir auch im Rahmen der kommunalen Familie miteinander umgehen. Wir haben als CDU und FDP von Beginn an einen politischen Paradigmenwechsel in der Frage eingeleitet, wie wir mit Städten und Gemeinden umgehen.

(Sven Wolf [SPD]: Das haben wir bei der Krankenhausfinanzierung gemerkt! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Wir vertrauen den Städten und Gemeinden in dem, was sie tun. Das merken Sie an den wenigen Änderungen, die wir in der Gemeindefinanzierung vorgenommen haben. Denn – und das wissen Sie – die Gemeindefinanzierung 2018 entspricht in wesentlichen Teilen der Gemeindefinanzierung 2017 und der Gemeindefinanzierung 2016, um eine verlässliche Planungsgrundlage für die Haushalte der Kommunen für dieses laufende Haushaltsjahr zu bieten.

Mit den Änderungen, die wir vorgenommen haben, haben wir unseren Politikansatz praktisch umgesetzt.

Als eine der ersten Maßnahmen machen wir die Investitionspauschalen im Rahmen der Gemeindefinanzierung gegenseitig deckungsfähig. Wir lösen die goldenen Zügel, die Sie den Kommunen angelegt haben. Wir vertrauen Räten und Kreistagen in der Frage, wie sie Investitionsmittel vor Ort verwenden. Nicht wir aus Düsseldorf bestimmen, wohin das Geld geht. Vielmehr wird das vor Ort bestimmt. Dort findet nämlich die kommunale Selbstverwaltung statt. Sie ist nicht nur grundgesetzlich garantiert, sondern wird von uns als Landesregierung auch im Besonderen geachtet.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Des Weiteren haben wir das erste Mal seit 2009 die Mindestbeträge in der Schul- und Bildungspauschale und in der Sportpauschale angehoben. Das kommt insbesondere – das betonen wir auch immer – den kleinen kreisangehörigen Gemeinden zugute, die vor dem Hintergrund zurückgehender Zahlen von Kindern und Jugendlichen viel mehr in die Unterhaltung ihrer Infrastruktur investieren müssen. Deswegen haben gerade die kleinen kreisangehörigen Gemeinden hiermit ein erstes deutliches Zeichen von der Landesregierung bekommen.

Wir haben Sie immer dafür kritisiert, dass Sie durch Ihre Art der Politik gegenüber den Kommunen dazu beigetragen haben, in eine Steuerspirale zu kommen, und zwar nicht nach unten, sondern nach oben. Sie haben als Vorgängerregierung über mehrere Gutachten ins Stammbuch geschrieben bekommen, dass Nordrhein-Westfalen das Hochsteuerland in der Bundesrepublik ist. Wir machen Schluss mit dieser Politik.

Im Rahmen der Gemeindefinanzierung 2018 haben wir deswegen die fiktiven Hebesätze eingefroren und damit de facto eine Steuerbremse eingezogen,

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Marc Herter [SPD]: Das ist doch lächerlich! – Sven Wolf [SPD]: Welche Kommunen benachteiligen Sie denn? Alle Stärkungspaktkommunen benachteiligen Sie damit!)

weil ein NRW-Hochsteuerland nicht nur die Wirtschaftsfähigkeit und Macht Nordrhein-Westfalens beeinträchtigt, sondern insbesondere Bürgerinnen und Bürger in ihrer Fähigkeit schmälert, vor Ort zu konsumieren und selbst Vorsorge zu treffen. An Ihrer Reaktion merkt man auch, dass wir recht haben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Darüber hinaus – das ist der Ausblick, den wir als Landesregierung geben – haben wir immer formuliert, dass wir handlungsfähige Städte und Gemeinden brauchen und wollen, weil die Bürgerschaft vor Ort an der Frage, wie sich die eigene Stadt in der Zukunft weiterentwickelt, teilhaben soll. Denn es sind ihre Städte, und sie entscheiden das. Das setzt voraus, dass sie handlungsfähig sind.

Deswegen haben wir uns für dieses Jahr drei große Themen vorgenommen:

Das ist erstens die Gemeindefinanzierung der Zukunft. Diese beraten wir mit Ihnen transparent anhand eines Gutachtens, das noch von der Vorgängerregierung in Auftrag gegeben wurde, des sofia-Gutachtens. Wir setzen weiterhin auf einen sehr ernsthaften Dialog auch im Fachausschuss.

Zum Zweiten beschäftigen wir uns sehr intensiv mit der Frage, wie der Haushaltsausgleich im Ergebnis gelingen wird. Auch darüber werden wir absehbar miteinander in den Dialog kommen.

(Sven Wolf [SPD]: SPD und Grüne haben auch daran gearbeitet!)

Das Dritte – und das drängt uns insgesamt, wie wir im letzten Plenum hier auch diskutiert haben – ist die Frage der kommunalen Kassenkredite und der Begegnung von Zinsänderungsrisiken.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Daran merken Sie: Die Landesregierung stellt sich im Rahmen der Kommunalfinanzierung solide und pragmatisch auf. Die Kommunen können auf unser Handeln und unser Verständnis bauen.

Herr Kollege Dahm, Sie haben auf Ihre Anträge der SPD Bezug genommen. Deshalb gestatten Sie mir, dass ich zu den Anträgen noch kurz etwas erläutere.

Sie haben beantragt, 175 Millionen € über das Gemeindefinanzierungssystem im Zusammenhang mit der Integration auszukehren.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Eine Forderung der kommunalen Spitzenverbände!)

– Hören Sie doch erst einmal zu. – Der Ansatz von CDU und FDP ist,

(Zuruf: Der Fraktionen!)

es eben nicht über die Gemeindefinanzierung zu machen, sondern per Haushaltsantrag 100 Millionen € auf einen neuen und anderen Verteilungsweg zu geben. Sie wissen doch genau, dass sich die Gemeindefinanzierung nicht eignet, um im Besonderen den Herausforderungen, die im Zusammenhang mit der Integration von anerkannten Asylsuchenden stehen, adäquat zu begegnen.

(Sven Wolf [SPD]: Das ist aber nicht die Idee des Vorwegabzugs!)

Deswegen werden wir an einer neuen Gesetzesgrundlage arbeiten, um dann diese 100 Millionen € in Nordrhein-Westfalen adäquat zu verteilen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihr zweiter Antrag ist spannend. 80 Millionen € wollen Sie zur Verfügung stellen, um die Planungskosten zur Abwicklung von Bundes- und Landesförderprogrammen der Kommunen zu finanzieren. Man fragt sich ernsthaft, warum Sie das eigentlich sieben Jahre lang nicht gemacht haben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sven Wolf [SPD]: Deshalb ist es jetzt schlecht?)

Sie haben sich sieben Jahre lang auch mit dieser Frage konfrontiert gesehen und darauf eine Antwort gefunden: weil nämlich eine direkte Finanzierung von Planungskosten bzw. Planungsleistungen in den Kommunen durch die Bundesförderprogramme nicht abgedeckt ist.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Seit wann läuft das Programm denn?)

Sie wissen, dass dies vor dem Hintergrund der Kautelen des Bundes in dieser Fragestellung nicht geht. Sie haben es ja noch nicht einmal in dem eigenen Landesförderprogramm „Gute Schule 2020“ möglich gemacht. Da hätten Sie diese Frage beantworten können. Sie haben das aber nicht getan, weil Sie wissen, dass es nicht geht und nicht sachgerecht ist.

Wir haben als Landesregierung den kommunalen Verantwortlichen Wege aufgezeigt, wie sie zur Entlastung ihrer Haushaltsrechnung im Zusammenhang mit Planungsleistungen kommen können.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Warum kritisiert Frau Gebauer dann die Kommunen?)

Die Kämmerer machen davon Gebrauch. Deswegen setzen wir da auf einen verständigen, gemeinsamen pragmatischen Ansatz.

Auch zur Krankenhausinvestition gestatten Sie mir noch einen Hinweis. Natürlich können Sie im Jahr eins nach dem Verlust der Landtagswahl formulieren, dass plötzlich alles anders ist und das, was Sie sieben Jahre vorgetragen, verantwortet, beschlossen, beraten und verteidigt haben, nun in der Erkenntnis alles Unfug war. Das können Sie tun.

Sie haben aber sieben Jahre lang die Kommunen mit 40 % der Leistungen an der Pauschalfinanzierung der Krankenhäuser beteiligt. Rechnen Sie einfach einmal die Summe zusammen, die Sie über diesen Weg bei Städten und Gemeinden eingesammelt haben.

(Beifall von der CDU und der FDP – Sven Wolf [SPD]: Schlussfolgerung?)

In der Tat werden wir uns – das haben Sie auch mit dem Kollegen Laumann schon beraten – mit folgenden Fragen auseinandersetzen: Wie stellen wir denn die Krankenhausfinanzierung der Zukunft auf? Wie geht es auch im Zusammenhang mit dem KHGG weiter? – Alle diese Fragen werden wir natürlich transparent miteinander diskutieren.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Ja, wie denn? Machen Sie doch einmal eine Aussage!)

– Das habe ich Ihnen doch gerade gesagt. Wir sind in der Diskussion, Herr Mostofizadeh.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Sehr transparent!)

– Das sind wir immer. Das wissen Sie.

(Zuruf von der SPD: Partnerschaftlich und transparent!)

– So sind wir. Es ist schön, dass Sie das erkennen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Inhaltslos!)

Deshalb gestatten Sie mir noch einen sachlichen Hinweis zu dem Programm „Gute Schule 2020“.

Wenn die Kommunen im ersten Jahr 2017 von den 500 Millionen €, die hier zur Verfügung gestellt worden sind, 50 % abgerufen haben, bleiben die anderen 50 % bis zum Ende 2018 verfügbar. So ist es im Gesetz angelegt. Das heißt: Diese Mittel verfallen nicht.

Sie wissen, dass die Städte und Gemeinden – das können wir als Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung zu Recht sagen – derzeit mit der Abarbeitung einer Vielzahl von Förderprogrammen konfrontiert sind. Die Gemeinden arbeiten mit Hochdruck daran. Vor diesem Hintergrund verfallen die 2017 nicht abgerufenen Mittel nicht. Keine Sorge!

Insofern ist die Gemeindefinanzierung 2018 solide und pragmatisch vorbereitet. In diesem Sinne gehen wir in den weiteren Dialog mit den Städten und Gemeinden für die Handlungsfähigkeit unserer Städte und Gemeinden. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Für die Grünen hat noch einmal Herr Mostofizadeh um das Wort gebeten. Bitte.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Auftritt der Ministerin war aus meiner Sicht in mehrerlei Hinsicht beeindruckend und auch überprüfenswert. Sie hat erneut, wie schon in der letzten Plenarsitzung, zumindest in einem Teil ihrer Rede offenkundig nicht für die Landesregierung gesprochen, sondern für die Koalition. Sie ist aber nicht Abgeordnete.

(Zuruf: Oh!)

Warum die Ministerin Anträge der Koalitionsfraktionen hier im Plenum erklärt, bleibt ihr Geheimnis.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Weil sie es nicht können!)

Das entspricht meines Erachtens nicht den Regeln unseres Hauses.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte mit einem Punkt anfangen, der erst dadurch für den Haushalt relevant geworden ist, dass die Koalitionsfraktionen dazu einen Antrag gestellt haben. Da geht es um das Gutachten zur Sperrklausel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte an dieser Stelle noch einmal sehr deutlich sagen, weil das möglicherweise nicht ganz herübergekommen ist, dass ich die Stellungnahme, die Innenminister Reul als Verfassungsminister abgegeben hat, eigentlich nicht angemessen und fast schon diffamierend gegenüber einigen Abgeordneten finde.

Für die grüne Fraktion möchte ich hier sehr klar erklären: Wir haben dem Gutachten im Haushaltsausschuss zugestimmt. Ich finde aber das Vorgehen der Landesregierung, hier zu handeln, ohne mit den Fraktionen zu sprechen und ohne ein Konzept auf den Tisch zu legen, wohin es denn gehen soll, völlig inakzeptabel.

Für meine Fraktion erkläre ich, dass wir uns an Spielchen, die nicht vernünftig vorbereitet sind, keineswegs beteiligen werden. Wir sollten das Urteil des Landesverfassungsgerichts sehr wohl ernst nehmen und auch relativ kurzfristig die Konsequenzen daraus ziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier ist die Landesregierung eine absolute Leerstelle. Hier muss es ganz deutlich anders werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Lassen Sie mich einen zweiten Punkt ansprechen, weil die Ministerin auf die Wohltaten in Bezug auf die Gemeindefinanzierung eingegangen ist. Ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass sowohl die Schulministerin als auch die Kommunalministerin heute das Programm „Gute Schule 2020“ in den höchsten Tönen als Partnerschaft für die Kommunen gelobt haben. Das ist richtig und angemessen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Allerdings ist das eine relativ späte Einsicht. Denn die Fraktionen von FDP und CDU haben dieses Programm bis zuletzt bis aufs Messer bekämpft. Klar ist: Das Programm „Gute Schule 2020“ ist offensichtlich geeignet, das umzusetzen, was Sie versprochen haben und was wir vorher schon angefangen haben, nämlich die Sanierung der kommunalen Schulbauten. Das ist gut so. Es ist aber nicht Ihr Verdienst.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Frau Ministerin, zum Stichwort „Integrationspauschale“ kann ich Ihnen nur zurufen: Gucken Sie bitte einmal sehr genau in die Haushalte hinein. Im Haushalt 2016 hat dieses Land noch 1,5 Milliarden € mehr für die Unterbringung und Integration der Geflüchteten in diesem Land ausgeben müssen, als das jetzt der Fall ist.

(Sven Wolf [SPD]: Ganz genau!)

Es hier als Wohltat darzustellen, dass man von diesen 1,5 Milliarden € jetzt 100 Millionen € bereitstellt, nachdem man vorher erst von uns dazu getrieben werden musste, finde ich geradezu peinlich und lächerlich.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Weil der Ministerpräsident dem Dreisatz offensichtlich schlicht nicht gewachsen ist, will ich an dieser Stelle noch einmal die Stellungnahme von Landkreistag und Städte- und Gemeindebund referieren, in der auf Seite 5 von 11 Folgendes steht:

„Äußerst hilfsweise für den Fall, dass eine Weitergabe des NRW-Anteils der Integrationspauschale in Höhe von ca. 434 Mio. Euro an die Kommunen oder jedenfalls eines Teils dieser Mittel auch durch die neue Landesregierung – entgegen entsprechender Kritik in Oppositionszeiten (vgl. Antrag der Fraktion der CDU vom 22.11.2016, Drucksache 16/13533) – unterbleiben sollte, wäre zumindest sicherzustellen, dass die über den Landesanteil an der Umsatzsteuer fließende Entlastung ungeschmälert bei der Ermittlung der Finanzausgleichsmasse berücksichtigt wird und den Kommunen so indirekt in Höhe des Verbundsatzes zugutekommen kann.“

Und jetzt kommt es. Das bedeutet umgerechnet:

„An diesem Anteil müssten die Kommunen nach der Systematik des kommunalen Finanzausgleichs regulär in Höhe des Verbundsatzes – d. h. in Höhe von knapp 175 Millionen Euro – beteiligt werden.“

175 Millionen € sind nicht 100 Millionen €, sondern 175 Millionen €. Diese 175 Millionen € sind heute hier zu beschließen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auf einen letzten Punkt, der den Paradigmenwechsel betrifft, möchte ich noch eingehen. Da kann ich Ihnen, liebe Frau Ministerin und liebe Landesregierung, nur Folgendes sagen:

Wenn das, was bei der Krankenhausfinanzierung und bei anderen Dingen passiert ist, ein Paradigmenwechsel sein soll, dann will ich das gerne zugestehen. Erst erfahren die Kommunen aus der Zeitung, dass sie sich an den erhöhten Krankenhauskosten beteiligen sollen. Dann wird im Jahr 2017 die Krankenhausfinanzierung wieder zurückgezogen. Jetzt erfahren sie wieder aus der Zeitung, dass sie von der 1 Milliarde € weiterhin 400 Millionen € bezahlen sollen. Wir lesen in der „Rheinischen Post“, dass der Krankenhausminister gegenüber der Kommunalministerin offensichtlich nicht ein einziges Wort darüber verloren hat.

(Zuruf von der SPD: Genau!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Paradebeispiel dafür, dass Sie eben nicht vernünftig mit den Kommunen umgehen und nicht einmal untereinander vernünftig miteinander umgehen.

(Zuruf von Sven Wolf [SPD])

Das lehnen wir ganz entschieden ab, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Nächster Punkt: Nur weil Sie es immer wieder predigen, wird es nicht richtiger. Sie haben ja gesagt, Sie würden den Kommunen nicht vorschreiben, was sie zu tun haben. Bei der Frage der Festlegung der Investitionspauschalen suggerieren Sie zwei falsche Dinge.

Erstens tun Sie so, als würde die Festlegung der Bildungspauschale und der Sportpauschale zumindest einen einzigen Cent mehr in die kommunalen Kassen bringen. Das ist mitnichten der Fall. Sie nehmen aus einem bestehenden Kuchen bestimmte Kuchenstücke heraus und schreiben den Kommunen, ohne dass sie es ändern können, haargenau vor, wie viel sie davon für diese Zwecke ausgeben müssen.

Zweitens behaupten Sie auch noch, damit würde mehr Geld kommen. Auch das ist falsch.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Landesregierung macht Schattenspielerei und keine vernünftige Politik. Das stößt bei uns auf entschiedenen Widerstand. Deswegen lehnen wir diesen Haushalt auch ab. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Für die FDP hat der Abgeordnete Höne das Wort.

Henning Höne (FDP): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf zwei Aspekte muss ich dann doch noch einmal eingehen.

Nummer eins, Herr Mostofizadeh, ist das Programm „Gute Schule 2020“. Sie müssen sich schon ehrlich machen und möglicherweise noch einmal nachlesen, wie die Debatten dazu hier gelaufen sind. Die Wahrheit ist, dass weder von der FDP- noch von der CDU-Opposition zum damaligen Zeitpunkt jemals kritisiert wurde, dass mehr Geld für Bildung zur Verfügung gestellt werden soll – niemals. Über dieses grundsätzliche Ziel bestand Einigkeit hier im Haus.

Kritisiert haben wir insbesondere zwei Punkte:

Erstens. Sie haben es in sieben Jahren rot-grüner Regierungszeit nicht geschafft, nicht vermocht, nicht den politischen Willen dazu gehabt, die Bildungspauschale für die Kommunen

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

zu erhöhen und damit an die aktuellen Gegebenheiten und Bedürfnisse der Kommunen anzupassen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zweitens, Herr Kollege Dahm: Weil Sie das selbst gemerkt haben, haben Sie dann kurz vor der Wahl öffentlichkeitswirksam einen Ausweg gesucht, haben den dann aber nicht direkt über den Landeshaushalt finanziert, sondern sind den Umweg über die NRW.BANK gegangen.

Genau diese beiden Punkte haben wir damals kritisiert. Zu dieser Kritik stehen wir übrigens heute noch. Sie haben es damals nicht vermocht, den Kommunen zusätzliches Geld aus dem eigenen Haushalt für die Bildung zur Verfügung zu stellen.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Warum machen Sie das dann nicht? Dann machen Sie es doch selbst! Wo ist der Haushaltsantrag?)

Das ist der zentrale Unterschied zwischen der Vorgängerregierung und der aktuellen Landesregierung.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Nummer zwei ist die Integrationspauschale. Herr Kollege Mostofizadeh, man kann es sich als Opposition einfach machen – ich habe das gerade bei den GFG-Debatten schon öfter gesagt –, indem man erklärt: Alles muss noch ein bisschen höher, ein bisschen schneller und ein bisschen weiter sein. Die Wahrheit ist: Wäre die rot-grüne Landesregierung nicht abgewählt worden, hätten die Kommunen nach Ihrer beschlossenen Planung aus der Integrationspauschale 0 € erhalten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Mit der neuen Landesregierung gibt es 100 Millionen €, und die kommen vor Ort an. Auch das ist ein deutlicher Unterschied zwischen der Vorgängerregierung und der neuen Regierung.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Ich habe jetzt keine weitere Wortmeldung mehr. Somit schließe ich die Aussprache. Jetzt kommen wir zu den Abstimmungen. Es wird ein Abstimmungsmarathon.

Wir kommen zu den Abstimmungen über die beiden Gesetzentwürfe zum Haushaltsgesetz und zum GFG in dritter Lesung. Das Beratungsverfahren wird hiermit abgeschlossen. Es handelt sich somit jeweils um die Schlussabstimmung gemäß § 78 Abs. 3 der Geschäftsordnung.

Erstens stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1752 zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und die Grünen. Wer ist dagegen? – Die CDU, die FDP und die beiden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth sind dagegen. Wer enthält sich? – Das sind die Abgeordneten der AfD. Damit ist der Änderungsantrag 17/1752 abgelehnt.

Zweitens stimmen wir ab über das Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindever­bände im Haushaltsjahr 2018 – es handelt sich hierbei um das Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 – und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 17/1701, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/802 in der Fassung nach der zweiten Lesung unverändert anzunehmen.

Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der Fassung nach der zweiten Lesung selbst und nicht über die Beschlussempfehlung zur dritten Lesung. Wer entsprechend diesem Antrag abstimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU und die FDP. Wer ist dagegen? – Das sind die SPD, die Grünen und die AfD. Wer enthält sich? – Das sind die beiden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/802 in dritter Lesung angenommen und das Gemeindefinanzierungsgesetz 2018 verabschiedet.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Drittens stimmen wir ab über die Änderungsanträge der Fraktionen zum Haushaltsgesetz.

Als Erstes stimmen wir ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1732. Die Fraktion der AfD hat gemäß § 44 unserer Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung zu diesem Änderungsantrag beantragt.

Nach Abs. 2 dieses Paragrafen erfolgt die namentliche Abstimmung durch Aufruf der Namen der Abgeordneten. Die Abstimmenden haben bei Namensaufruf mit Ja oder mit Nein zu antworten oder zu erklären, dass sie sich der Stimme enthalten. Ich bitte nun Herrn Abgeordneten Nückel, mit dem Namensaufruf zu beginnen.

(Der Namensaufruf erfolgt. [Abstimmungsliste siehe Anlage 1])

Präsident André Kuper: Meine Damen und Herren, haben alle Abgeordneten ihre Stimme abgegeben? Frau Paul?

(Josefine Paul [GRÜNE]: Ja!)

– Frau Paul mit Ja.

Herr Bolte-Richter ist nach wie vor noch nicht hier.

Frau Wermer hat ihre Stimme abgegeben; das haben wir hier vorne vernommen. Mit Ja? – Gut.

Somit haben alle Abgeordneten ihre Stimme abgegeben. Ich schließe die Abstimmung und bitte die Schriftführer, nun die Auszählung vorzunehmen.

(Die Stimmen werden ausgezählt.)

Meine Damen und Herren, ich gebe Ihnen das Ergebnis der namentlichen Abstimmung bekannt. Ihre Stimme haben 193 Abgeordnete abgegeben. Mit Ja stimmten 179 Abgeordnete, mit Nein stimmten zwölf Abgeordnete, zwei Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1732 angenommen.

Ich darf dann zu weiteren Abstimmungen aufrufen. Insgesamt sind jetzt 35 Abstimmungen vorzunehmen.

Ich fange an mit dem Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1733. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Dafür sind SPD, Grüne, CDU, FDP und die beiden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth. Wer ist dagegen? – Die Abgeordneten der AfD. Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1733 mit der eben festgestellten Mehrheit angenommen.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drucksache 17/1734. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Das sind SPD, CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer ist dagegen? – Das ist niemand. Wer enthält sich? – Das sind die Abgeordneten der Grünen. Somit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1734 entsprechend angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Das ist die Drucksache 17/1735. Wer dieser Drucksache zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – Das sind die CDU, die FDP, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1735 mit dem eben festgestellten Ergebnis abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drucksache 17/1736. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Das sind die SPD, die CDU, die FDP und die AfD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Grünen und der beiden fraktionslosen Abgeordneten ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1736 mit dem festgestellten Ergebnis angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP. Das ist die Drucksache 17/1737. Wer dieser Drucksache zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die CDU, die Grünen, die SPD, die FDP und die AfD. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Die beiden Fraktionslosen enthalten sich. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1737 angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1738. Wer möchte diesem Änderungsantrag der Grünen zustimmen? – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – Die CDU, die FDP, die AfD und die beiden Fraktionslosen sind dagegen. Enthaltungen? – Somit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1738 mit dem festgestellten Ergebnis abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1739. Wer möchte dieser Drucksache zustimmen? – Das sind die Grünen. Wer ist dagegen? – Das sind die CDU und die FDP und die beiden Fraktionslosen. Wer enthält sich? – Die SPD und die AfD enthalten sich. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1739 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1740. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – Die CDU, die FDP, die AfD und die beiden Fraktionslosen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1740 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1741. Wer möchte da zustimmen? – Das sind die SPD, die Grünen, die CDU, die FDP, die AfD und die beiden Fraktionslosen. Somit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1741 einstimmig angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1742. Wer möchte dem zustimmen? – Das sind die SPD, die Grünen und die beiden fraktionslosen Kollegen. Wer stimmt dagegen? – Die CDU und die FDP. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der AfD ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1742 gleichwohl abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1743. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Gibt es Enthaltungen? – Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1743 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1744. Wer stimmt dem zu? – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Somit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1744 einstimmig angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drucksache 17/1745. Wer ist dafür? – Das sind SPD, CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Wer ist dagegen? – Die Grünen. Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1745 angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1746. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Grünen. Wer ist dagegen? – Die SPD, die CDU, die FDP und die beiden Fraktionslosen. Wer enthält sich? – Die AfD. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1746 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1747. Wer möchte dem Antrag zustimmen? – SPD, Grüne und AfD. Wer ist dagegen? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Die beiden Fraktionslosen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1747 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1748. Wer möchte diesem Änderungsantrag zustimmen? – Das sind SPD, Grüne, CDU, FDP und die beiden Fraktionslosen. Wer ist dagegen? – Die AfD. Enthaltungen? – Somit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1748 angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1749. Wer diesem Änderungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – Das sind CDU, FDP und die beiden Fraktionslosen. Wer enthält sich? – Die AfD. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1749 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1750. Wer ist für diesen Antrag? – Das sind die SPD, die Grünen, die CDU, die FDP und die beiden Fraktionslosen. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Das ist die AfD. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1750 angenommen.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1754. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die SPD, die Grünen und die AfD. Wer ist dagegen? – Die CDU und die FDP. Wer enthält sich? – Die beiden Fraktionslosen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1754 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1755. Wer stimmt dem zu? – Das sind SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU und FDP und die beiden Fraktionslosen. Wer enthält sich? – Enthaltung der AfD. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1755 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1756. Wer stimmt ihm zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Wer enthält sich? – Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1756 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1757. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das ist die SPD. Wer stimmt dagegen? – Das sind CDU und FDP. Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Grünen, der AfD und der beiden Fraktionslosen ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1757 abgelehnt.

Ich darf jetzt in der Sitzungsleitung wechseln.

(Heiterkeit)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Wir sind nun bei der Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1758. Wer stimmt zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1758 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1760. Ich bitte auch hier um die Zustimmung. – SPD und Grüne und die AfD. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP. Enthaltungen? – Die beiden Fraktionslosen. Damit ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Änderungsantrag Drucksache 17/1760 abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1761. Wer stimmt hier zu? – Die SPD. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP. Enthaltungen? – Bündnis 90/Die Grünen, AfD und die beiden Fraktionslosen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1761 ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1762. Wer stimmt hier zu? – Die SPD-Fraktion. Gegenstimmen? – CDU und FDP und die beiden Fraktionslosen. Enthaltungen? – Bündnis 90/Die Grünen und die AfD. Damit ist auch der Änderungsantrag Drucksache 17/1762 abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1763. Wer stimmt diesem Änderungsantrag zu? – SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP. Stimmenthaltungen? – Demzufolge bei der AfD und den beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1763 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1764. Wer stimmt hier zu? – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Bei den beiden Fraktionslosen. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Änderungsantrag Drucksache 17/1764 abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1765. Wer stimmt zu? – Das ist die AfD. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Bei den beiden Fraktionslosen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1765 ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1766. Wer stimmt hier zu? – Das sind die AfD-Fraktion und die beiden Fraktionslosen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Demzufolge keine Enthaltungen. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1766 ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1767. Wer stimmt hier zu? – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Bei den beiden Fraktionslosen. Dann ist auch der Änderungsantrag Drucksache 17/1767abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1768. Wer stimmt hier zu? – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Bei den beiden Fraktionslosen. Damit ist mit der Änderungsantrag Drucksache 17/1768 ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1769. Wer stimmt hier zu? – Die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Ebenfalls bei den beiden fraktionslosen Abgeordneten. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist auch der Änderungsantrag Drucksache 17/1769 abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1770. Wer stimmt hier zu? – Das sind die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Gegenstimmen? – CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen – sehe ich keine im Haus. Dann ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1770 ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der FDP Drucksache 17/1771. Wer stimmt hier zu? – Das sind CDU, FDP, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete Neppe. Enthaltung? – Demzufolge beim Kollegen Langguth. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist der Änderungsantrag von CDU und FDP Drucksache 17/1771 angenommen.

Wir sind, wenn ich jetzt nichts ausgelassen habe, am Ende der Einzelabstimmung über die Änderungsanträge.

Wir kommen zur vierten Abstimmung, nämlich über das Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 17/1700, das Haushaltsgesetz 2018, Drucksachen 17/800 sowie 17/1500 bis 17/1516, in der Fassung nach der zweiten Lesung in der Fassung seiner Beschlüsse zur Vorbereitung der dritten Lesung anzunehmen.

Wir kommen daher zur Abstimmung nicht über den ursprünglichen Gesetzentwurf, sondern die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 17/1700 unter Berücksichtigung der gerade in dritter Lesung angenommenen Änderungsanträge.

Wer also der Beschussempfehlung inklusive der angenommenen Änderungen zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Bei den beiden fraktionslosen Abgeordneten.

(Anhaltender lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Damit es nicht nur für das Protokoll, sondern auch formaljuristisch komplett abgeschlossen ist, stelle ich fest, dass damit die Beschlussempfehlung Drucksache 17/1700 inklusive der angenommenen Änderungen angenommen und das Haushaltsgesetz 2018 in dritter Lesung verabschiedet worden ist.

Wir kommen damit gleich zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1751 zum Haushaltsgesetz 2018. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das sind Bündnis 90/Die Grünen und die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Demzufolge gibt es keine Enthaltungen. – Das ist dann auch so. Damit ist der Entschließungsantrag Drucksache 17/1751 mit dem eben festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1759. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die CDU, die FDP, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Ich frage auch hier nach Enthaltungen. – Das ist nicht der Fall. Dann ist der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1759 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1553 zum Haushaltsbegleitgesetz 2018. Wer möchte hier zustimmen? – Das ist die SPD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer enthält sich? – Das sind die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und die AfD. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Änderungsantrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1753 abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über das Gesetz zur Änderung haushaltswirksamer Landesgesetze und zur Überleitung der vorhandenen Konrektorinnen und Konrektoren von Grundschulen und Hauptschulen, Haushaltsbegleitgesetz 2018, Drucksache 17/1111.

Die Abstimmung nach der zweiten Lesung wurde im Dezember 2017 zurückgestellt.

Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in Drucksache 17/1518, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/1111 in der Fassung nach der zweiten Lesung unverändert anzunehmen.

Wir kommen somit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf und nicht über die Beschlussempfehlung zur zweiten Lesung. Wer also dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. Das sind CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD. Wer stimmt dagegen? – Die SPD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Bei den beiden fraktionslosen Abgeordnete. Damit ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Gesetzentwurf angenommen und das Haushaltsbegleitgesetz 2018 Drucksache 17/1111 in zweiter Lesung verabschiedet.

Damit sind wir am Ende des Tagesordnungspunktes 1 und den vielen Abstimmungen, die der Präsident als Abstimmungsmarathon bezeichnet hat. Ich bedanke mich im Namen des Präsidiums für die sehr zügige und konzentrierte Abstimmung.

Ich rufe auf:

2   Gesetz zur Änderung des Abgeordnetengesetzes und des Fraktionsgesetzes

Gesetzentwurf
der Fraktion der CDU,
der Fraktion der SPD,
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1117

Beschlussempfehlung und Bericht
des Hauptausschusses
Drucksache 17/1655 – Neudruck

Änderungsantrag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1721

Änderungsantrag
der Fraktion der CDU,
der Fraktion der SPD,
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1731

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Kerkhoff jetzt das Wort.

Matthias Kerkhoff (CDU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit den Änderungen im Abgeordneten- und Fraktionsgesetz setzen wir die Beschlüsse der Verfassungskommission der letzten Wahlperiode um. Wir konkretisieren Formulierungen, bieten neue rechtliche Grundlagen für notwendig gewordene Regelungen von Sachverhalten.

Die weitgehend technischen Veränderungen will ich nur exemplarisch erwähnen. Es geht hierbei um Regeln zur Aussagegenehmigung von Abgeordneten. Es geht um die Rechnungslegung der Fraktionen, die Pfändbarkeit der Amtsausstattungen, den Liquidationszeitraum der Fraktionen. All dies war in der Sachverständigenanhörung Thema und wurde einhellig als nachvollziehbar und gut begründet angesehen.

Das gilt gleichermaßen für den politischen Teil. Wir schaffen die rechtliche Basis für die Bildung von Gruppen, also für Abgeordnete, die sich zusammenschließen wollen, ohne die Fraktionsmindeststärke zu erreichen. Hier sieht das Gesetz vor, dass eine Gruppenbildung möglich ist, wenn auf sie bei der gegebenen Größe der Ausschüsse und auf Grundlage des Proportionalverfahrens ein oder mehrere Ausschusssitze entfallen. Bei diesem Landtag und bei unseren Ausschussgrößen ist dieser Anspruch bei fünf Abgeordneten erreicht.

Bezüglich des Themas „Gruppe“ wurde uns in der Anhörung weiterhin bestätigt, dass die Regelungen zur Mindestgröße überzeugend und verfassungskonform sind. Gleiches gilt für das Finanzierungsmodell.

Bezüglich der Rolle des Landtagspräsidenten ist herauszustellen, dass dieser eine Art Notarfunktion hat und prüft, ob die Voraussetzungen des Gesetzes vorliegen. Die Aberkennung des Gruppenstatus bedarf einer klarstellenden Formulierung – so das Ergebnis der Anhörung. Liegen die Voraussetzungen für die Bildung einer Gruppe nicht mehr vor, entfällt dieser Status wieder, und das Aberkennungsprozedere folgt dem der Anerkennung.

Meine Damen und Herren, ich will aber auch zur Anpassung der Mitarbeiterpauschale und der Mittel für die Fraktionen Stellung beziehen. Das ist eben schon Thema gewesen. Herr Wagner, hätten Sie nicht hierüber sprechen können, wüsste ich gar nicht, wie Sie heute Ihre Redezeit hätten ausfüllen wollen.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Aber ich will Ihnen auch Dinge noch mal erläutern. Es handelt sich ja bei den Mitteln, die für die Mitarbeiter zur Verfügung stehen, um einen Verfügungsrahmen. Das heißt, nicht abgerufene Mittel verbleiben im Landeshaushalt. So, wie Sie sich bei diesem Thema eingelassen haben, ist für mich völlig klar, dass die AfD diese Dinge nicht in Anspruch nimmt. Alles andere wäre im Übrigen auch unaufrichtig.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Insofern entsteht an dieser Stelle überhaupt kein Problem.

Natürlich wissen wir, wie viele Mitarbeiter die Fraktion hat. Das ist doch völlig selbstverständlich. Aber es ist uns nicht im Einzelnen bekannt, welche Mitarbeiter die Abgeordneten im Einzelnen beschäftigen, weil diese Arbeitsverhältnisse nicht mit der Fraktion, sondern mit dem einzelnen Abgeordneten bestehen und über die Landtagsverwaltung abgewickelt werden.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mit der Neuregelung stellen wir sicher, dass jeder Abgeordnete in der Lage ist, eine Sekretariatskraft und einen wissenschaftlichen Mitarbeiter zu beschäftigen.

Mit der Orientierung am Deutschen Bundestag – Sie wissen, zwei Landtagswahlkreise bilden ungefähr einen Bundestagswahlkreis – sorgen wir dafür, dass die Fraktionen und Abgeordneten dieses Parlaments ihren Aufgaben und den Erwartungen, die an sie gerichtet sind, auch künftig gerecht werden.

(Beifall von der CDU, der SPD und der FDP – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Markus Wagner [AfD]: Das haben Sie geschafft!)

Diese Regelung ist auch im Vergleich mit anderen Bundesländern vergleichbarer Größe angemessen und nachvollziehbar. Wenn die Aufgaben der Abgeordneten durch eine Erhöhung der gesetzgeberischen Kompetenzen des Landes größer werden, sich parallel das Kommunikationsverhalten verändert, ist es nur folgerichtig, dass wir Anpassungen vornehmen.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Unser Bild des Abgeordneten ist ein souveränes und selbstbewusstes. Deshalb statten wir ihn so aus, dass er auch im Alltag zeigen kann, dass er arbeitsfähig ist und sich den veränderten Herausforderungen stellen kann.

Dabei ist mir noch ein anderer Aspekt wichtig. Die Arbeit der Landtagsabgeordneten findet nicht nur in diesem Gebäude, in diesem Plenarsaal statt, sondern auch in der Fläche, in ganz Nordrhein-Westfalen. Unsere Wahlkreise sind unsere Heimat, und auch dort müssen wir präsent sein.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Das gilt für die Abgeordneten ganz persönlich, aber auch für die Wahlkreisbüros, die Anlaufstellen vor Ort sind. Das ist eine Stärkung der Demokratie, ein Ausdruck von Bürgernähe. Auch diesen Gedanken wollen wir stärken, und zwar gerade in Zeiten wie diesen und besonders gegenüber Populisten wie Ihnen, die dieses Parlament nur als Bühne für ihre Provokationen missbrauchen.

(Zuruf von Andreas Keith [AfD])

Sie haben nicht nur in dieser Debatte, sondern auch bei Anträgen in den vergangenen Wochen und Monaten gezeigt, dass Ihnen die eigentliche Arbeit dieses Parlament herzlich egal ist.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Kerkhoff. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Herter.

(Zuruf von Andreas Keith [AfD] – Gegenrufe)

Marc Herter (SPD): Ich habe nur einen kurzen Moment gewartet, damit der Austausch vonstattengehen kann. – Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Präsidentin! Wir sind in der Beschlussfassung zu den Änderungen des Abgeordnetengesetzes und des Fraktionsgesetzes. Herr Kerkhoff hat, wie ich finde, richtigerweise darauf hingewiesen, welche Änderungen dort dem Grunde nach vorgenommen werden.

Nachdem wir in der letzten Wahlperiode die Verfassungskommission hier hatten, die gute Beschlüsse herbeigeführt hat, was die Situation der Arbeit im Parlament angeht, vollziehen wir heute die Frage der Technik – so will ich das mal benennen – im Abgeordnetengesetz und im Fraktionsgesetz nach.

Wir regeln auch den Rechtsstatus einer Gruppe – rechtssicher. Bisher konnte man sich darauf verlassen, am Ende Auslegungssituationen vorzufinden. Darauf wollen wir hier im Landtag gemeinsam nicht weiter setzen, sondern klarstellen, wann eine Gruppe vorliegt. Meiner Fraktion war besonders wichtig – deshalb bin ich froh, dass wir uns heute auf den entsprechenden Änderungsantrag haben einigen können –, festzulegen, wann keine Gruppe mehr vorliegt. Das kann man hier im Hause wahrscheinlich genauso wenig voraussagen wie die Stabilität von einzelnen Fraktionen.

Herr Kerkhoff hat auch schon in die Frage der Änderungsanträge der Fraktionen von CDU, FDP, SPD und Grünen eingeleitet. Auch ich will mich da nicht wegducken und Ihnen sagen, dass die SPD-Fraktion das nicht nur mitträgt, sondern heute auch – das haben Sie gerade in der Abstimmung schon gesehen – geschlossen dafür stimmen wird, weil wir die Anpassung für notwendig halten. Denn in der Wahlperiode vor 2005 wurde letztmalig an dieser Fragestellung der Zuweisungen der persönlichen Budgets und der der Fraktionen gearbeitet. Seitdem sind die Aufgaben gestiegen; sie haben sich verändert. Darauf hat Herr Kerkhoff hingewiesen.

An der Stelle will ich Ihnen eine konkrete Situation schildern. Früher, vor 2005 und dann abnehmend, war es für viele von uns möglich, gleichzeitig dieselbe Person damit zu befassen, ein Wahlkreisbüro offen zu halten und uns hier in unserer fachlichen Arbeit zu begleiten. Vielen Kolleginnen und Kollegen und auch mir selber geht es so, dass beides nicht mehr gemeinsam möglich ist. Die fachliche Begleitung hat in den letzten Jahren immer mehr zugenommen. Diese Zunahme der fachlichen Begleitung ist auch allzu oft zulasten der Situation im Wahlkreis gegangen.

Deshalb haben wir hier die Kraft miteinander, das personell nachzuvollziehen – das ist nicht einfach und auch nicht populär –, um die beiden Anforderungen, die an uns als Abgeordnete gestellt werden, nämlich Bürgernähe im Wahlkreis mit einer guten fachlichen Arbeit zu verbinden, die natürlich durch wissenschaftliche Referenten begleitet werden muss, zu erfüllen. Ich kann daran nichts Schlechtes finden.

(Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Zweitens. Wir halten die Anpassung für maßvoll,

(Lachen von Markus Wagner [AfD] und Andreas Keith [AfD])

wenn einem Bundestagsabgeordneten 20.800 €, einem Abgeordneten im Landtag Baden-Württemberg 8.800 € und in Bayern 10.900 € zur Verfügung stehen. Da nimmt sich Nordrhein-Westfalen mit 8.300 € nicht vergleichsweise vorsichtig, aber angemessen aus.

Mit Blick auf die monatlichen Kosten pro Einwohner zeigt sich übrigens, dass Nordrhein-Westfalen zu den sechs Bundesländern gehört, die den geringsten Kostenaufwand verursachen, nämlich 9,3 Cent pro Einwohner. Ja, es ist eine hohe Steigerung, aber im Ergebnis ein angemessener Wert.

Meine Fraktion stimmt auch deshalb zu, weil ein Kommentator heute Morgen recht hatte: Es hat immer einen Beigeschmack, wenn man über eigene Angelegenheiten entscheiden muss. Das hat uns das Bundesverfassungsgericht aufgetragen; da können wir uns nicht wegducken. Aber wir können, wie wir es bei den Abgeordnetenbezügen auch haben, entweder einen Index oder einen Vergleichswert nehmen. Wir haben uns hier für Vergleichswerte entschieden, nämlich die Werte des Deutschen Bundestages. Diese systematische Regelung war für meine Fraktion besonders wichtig.

Ein Wort zur AfD und ihrer Haltung. Der Alte Fritz hat mal über Maria Theresia gesagt, als es um die erste polnische Teilung ging: Sie weinte, doch sie nahm. – Ob das auch auf Sie zutrifft, werden wir dann sehen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Danke, Herr Kollege Herter. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Kollege Höne.

Henning Höne (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen heute zum Abschluss eines Beratungsprozesses zu einem Gesetzentwurf, den CDU, SPD, Grüne und FDP im vergangenen November vorgelegt haben. Die Vorredner haben schon angesprochen, dass es um zahlreiche technische – so will ich das auch mal nennen – Konkretisierungen und Anpassungen geht, was zum Beispiel Aussagegenehmigungen, die Pfändbarkeit der Amtsausstattung, Verweise auf andere Gesetze, die mittlerweile so nicht mehr existieren oder schlicht und ergreifend anders heißen, betrifft.

Außerdem bestand hier auch eine Regelungslücke – auch das ist gerade schon angeklungen; darum kann ich es kurz machen – in Bezug auf die Rechte von Gruppen in Abgrenzung von Einzelabgeordneten und von Fraktionen. Kollege Kerkhoff hat es eben noch einmal gesagt: Wir haben hier eine gute Lösung gefunden, die sich an bestehender Rechtsprechung orientiert und an der Größe und der Sitzverteilung der Fachausschüsse orientiert.

Die Expertenanhörung zu diesem Gesetzentwurf hat uns sowohl bei den technischen Änderungen als auch bei der Frage der Gruppen bestätigt. Zwei kleinere Hinweise aus dieser Anhörung nehmen wir als Änderungsantrag heute auf.

Darüber hinaus, meine Damen und Herren, legen wir auch Änderungen für die Frage der finanziellen Ausstattung der Fraktionen sowie der Mitarbeiterbudgets der Abgeordneten vor. Im Zuge der Debatte um den Gesetzentwurf kam bei uns auch die Frage der zukünftigen Arbeitsfähigkeit des Parlaments auf – auch das ist gerade schon angesprochen worden –: Seit 2005 wurde diese Ausstattung nicht mehr systematisch überprüft. Dabei steht unweigerlich fest, dass es in den letzten zwölf Jahren Weiterentwicklungen gegeben hat, ein Mehr an Aufgaben, ein Mehr an Verantwortung.

Mit dem Vertrag von Lissabon zum Beispiel wurden den Ländern und den Regionen in Europa weitere Aufgaben und mehr Beachtung geschenkt – zum Glück. Im Zuge der Föderalismusreform haben die Bundesländer mehr Kompetenzen bekommen. Wir haben die Zahlen gestern vorgestellt: Im Vergleich der 16. Wahlperiode zur 14. Wahlperiode sind es 20 % mehr Gesetzgebungsvorhaben und 40 % mehr Anhörungen und Stellungnahmen.

(Zuruf von Iris Dworeck-Danielowski [AfD])

Wer das wirklich qualitativ nachvollziehen will, kann das nicht mit einem immer gleich bleibenden Mitarbeiterstab, mit der immer gleich bleibenden Ausstattung.

Meine Damen und Herren, die antragstellenden Fraktionen wollen ein starkes Parlament. Wir wollen ein souveränes Parlament, ein informiertes Parlament, also ein arbeitsfähiges Parlament. Das ist umso wichtiger, als sich die Zusammensetzung des Parlaments und die Rolle der Fraktionen regelmäßig ändern, es aber trotzdem einer Landesregierung gegenübersteht, die es kontrollieren muss, die über Jahre und Jahrzehnte – ich sage auch ganz deutlich: zum Glück – Fachwissen und Expertise aufbaut. Aber auch da müssen wir natürlich mithalten.

Es gibt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dabei nicht die eine richtige Formel, die objektiv genau den exakten Bedarf oder die richtige Summe ausspuckt. Auch bei sehr gründlicher Presselektüre heute stellen wir fest, dass eine solche Formel dort ebenfalls nicht vorgeschlagen wird.

Wir haben uns darum die systematische Frage gestellt: Wie können wir uns dem Thema nähern? Die gefundene Systematik hat der Kollege Herter gerade schon angesprochen: Wir orientieren uns am Deutschen Bundestag, und zwar in einer angemessenen Relation und Art und Weise. Wir stehen zu diesem Vorschlag, der inhaltlich ausgewogen ist. Genau darum haben wir das gestern auch in einem Pressegespräch vorgestellt und uns den zahlreichen Rückfragen der Journalistinnen und Journalisten gestellt.

Mit diesem Gesetzentwurf, meine Damen und Herren, tragen wir den zu Recht gestiegenen Ansprüchen an die Politik Rechnung. Wir stärken und sichern die Arbeitsfähigkeit des nordrhein-westfälischen Landtags, die Arbeitsfähigkeit eines informierten und souveränen Parlaments und damit auch die Fähigkeit, gesellschaftliche Debatten im politischen Raum angemessen abzubilden. Wir empfehlen darum die Zustimmung zum Änderungsantrag und natürlich auch zum Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Höne. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Schäffer.

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit diesem Gesetz schaffen wir – neben vielen kleineren, teils redaktionellen Änderungen – die Grundlage zur Anerkennung von Gruppen. Wir ändern aber eben auch durch den Änderungsantrag, den wir interfraktionell stellen, die Höhe der Mitarbeiterpauschale und der Geldleistung für die Fraktionen. Mit diesem Punkt möchte ich auch beginnen.

Unsere Aufgaben als gewählte Landtagsabgeordnete sind die Verabschiedung von Gesetzen und die Kontrolle des Handelns der Landesregierung. Genau so ist die Beschreibung unserer Aufgaben in der nordrhein-westfälischen Landesverfassung. Wir erarbeiten parlamentarische Initiativen. Wir bewerten die Gesetze und Vorlagen der Landesregierung.

Aber als gewählte Vertreterinnen und Vertreter der Menschen in Nordrhein-Westfalen diskutieren und erläutern wir unsere Entscheidungen, die wir hier im Landtag treffen, eben auch mit den Menschen in den Wahlkreisen und vor Ort. Von dort nehmen wir auch die Anliegen, die Sorgen und die Themen der Bürgerinnen und Bürger auf, um mögliche Lösungen zu finden. Es gibt zu Recht eine Erwartungshaltung vor Ort gegenüber uns Abgeordneten, die wir zu erfüllen haben und die wir erfüllen wollen.

Aber wir alle wissen auch, dass genau diese Aufgaben niemals von uns allein zu stemmen wären. Ohne unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter könnten wir diese Aufgaben so nicht erledigen. Ich denke, dass wir zu Recht den Anspruch an unsere eigene Arbeit im Landtag stellen, dass wir fachlich gut und qualifiziert sowohl im Plenum, vor allem aber auch in den Ausschüssen arbeiten.

Daneben wollen wir vor Ort in den Wahlkreisen präsent sein. Ich glaube, dass die allermeisten von uns genau diesen Anspruch haben und diesen Anspruch erfüllen wollen. Wenn wir diesen Anspruch haben und ihm auch in Zukunft gerecht werden wollen, dann brauchen wir die entsprechende Ausstattung und die Zuarbeit von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Wir erleben tagtäglich bei unserer Arbeit, dass die Anforderungen an die Parlamentsarbeit zunehmen und komplexer werden. Das liegt an zusätzlichen Aufgaben, das liegt an zusätzlichen Herausforderungen auf Landesebene. Die Beispiele sind bereits genannt worden, das Thema „EU“, aber auch die Übertragung von Bundeszuständigkeiten durch die Föderalismusreform auf das Land.

Die zusätzlichen Anforderungen ergeben sich nicht nur für die Landesverwaltung und für die Ministerien. Das wirkt sich vielmehr auch auf das Parlament und seine Abgeordneten aus. Wenn wir unsere Kontrollfunktion angemessen ausüben wollen – und das wollen wir –, dann müssen wir dem gerecht werden und benötigen die Zuarbeit durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

Die Höhe der Mittel, die wir durch unseren Änderungsantrag beantragen, ist nicht irgendwie ausgedacht oder aus der Luft gegriffen. Wir haben vielmehr eine Systematik gefunden, die sich am Deutschen Bundestag orientiert. Unsere Wahlkreise sind etwa halb so groß wie die Bundestagswahlkreise. Die Entfernung, die bei uns natürlich geringer ist, haben wir schon entsprechend berücksichtigt.

Auch wenn man den Vergleich zu anderen Bundesländern zieht, kann man zu dem Ergebnis kommen – zu diesem Ergebnis kommen wir hier gemeinsam –, dass wir eine angemessene und ausgewogene Regelung gefunden haben, die zu einer Stärkung des Parlaments und der parlamentarischen Demokratie beiträgt.

Ich möchte gern noch ein paar Sätze zu der Regelung zu den Gruppen sagen, die in diesem Gesetz getroffen wird und die sehr wichtig ist. Denn wir schaffen erstmals in Nordrhein-Westfalen eine gesetzliche Regelung zur Anerkennung und zur Finanzierung von Gruppen. Voraussetzung für eine Gruppe ist, dass die Mitgliederzahl so hoch ist, dass sie Anspruch auf einen Sitz in einem Ausschuss hat. Das ist derzeit bei fünf Abgeordneten in einem 27er-Ausschuss der Fall.

In der Anhörung ist noch einmal sehr deutlich geworden, dass der Präsident bei der Entscheidung über die Anerkennung einer Gruppe keinen Ermessensspielraum hat. Das Wort „können“ in diesem Absatz eröffnet keinen Ermessensspielraum, sondern bringt lediglich zum Ausdruck, dass der Präsident eine Zuständigkeit übertragen bekommt. Insofern ist der Änderungsantrag der AfD an dieser Stelle schlicht überflüssig.

Mit unserem Änderungsantrag regeln wir nun auch die Aberkennung und die Notwendigkeit gemeinsamer politischer Ziele sowohl für die Gründung von Fraktionen als auch für die Anerkennung von Gruppen.

Ich finde, dass wir insgesamt mit diesem Gesetzentwurf und mit dem Änderungsantrag eine ausgewogene, eine angemessene und eine verhältnismäßige Regelung geschaffen haben. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die AfD spricht Herr Kollege Wagner.

Markus Wagner (AfD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche heute vor einem Parlament, in dem sich Schwarz, Rot, Grün und Gelb erneut demaskiert haben.

CDU, SPD, Grüne und FDP bereichern sich heute auf Kosten der Bürger und der Steuerzahler, meine Damen und Herren. 14 Millionen € wollen sich die alten Parteien heute von ihren Steuergeldern zusätzlich in die Tasche stecken.

Dazu müssen wir wissen, dass sich die alten Parteien sehr gern mit einem moralisch überheblichen Unterton als sogenannte Gemeinschaft der Demokraten bezeichnen. Das ist natürlich eine Täuschung. Denn die alten Parteien und Medien benutzen die großen Worte von Demokratie, Toleranz und Anstand oft nur, um davon abzulenken, wie undemokratisch, intolerant und unanständig manche von ihnen sind.

(Beifall von der AfD)

Um 89 % – ich wiederhole: 89 % – wollen sich die Selbstbediener der alten Parteien die Gehälter für die Abgeordnetenmitarbeiter erhöhen. Erfahren haben wir als AfD das gestern am späten Nachmittag aus der Presse. Denn der Antrag dazu wurde in einer Nacht-und-Nebel-Aktion durch diese Gemeinschaft der Abzocker ausgeheckt, ganz demokratisch, versteht sich.

(Zuruf von der CDU: Hee, hee!)

Aus Angst vor der AfD und aus Angst vor dem Volk soll diese Selbstbereicherung heute innerhalb von weniger als 24 Stunden durchgepeitscht werden.

Fragen Sie doch mal das Volk, Sie ach so anständige Gemeinschaft der Demokraten und der Demokratiesimulanten, ob es Ihnen ein Gehaltsplus von 89 % spendieren will. Sie kennen die Antwort. Die Bürger würden Ihnen einen Vogel zeigen.

Weil Sie das wissen, fragen Sie lieber gar nicht erst nach. Genau deswegen beteiligen Sie uns auch hier im Parlament nicht, weil Sie genau wissen, die AfD macht bei Ihrer Abzocke der Steuerzahler nicht mit. Ich habe noch gestern Abend in Auftrag gegeben zu prüfen, ob wir auch rechtlich gegen Ihre unverschämte Inanspruchnahme der nordrhein-westfälischen Steuerzahler vorgehen können.

(Beifall von der AfD)

Ich frage Sie, die Abgeordneten von CDU, SPD, Grünen und FDP: Wollen Sie die Renten auch um 89 % erhöhen? Legen Sie den Arbeitern und Angestellten auch 89 % drauf? Wer Sie das fragt, den lachen Sie in der Regel hämisch aus. Nein, eine Erhöhung um fast das Doppelte beschließen Sie natürlich nur für sich selbst.

Meine Damen und Herren, es ist erbärmlich, wie Sie als angeblich anständige Demokraten wirklich alles tun, um die Vorurteile der Bürger gegen Politiker zu Urteilen zu machen. Ihre hohlen Phrasen von Demokratie, Toleranz und Anstand können Sie sich schenken. Denn wer soll Ihnen das jetzt noch glauben?

(Beifall von der AfD)

Wir lehnen daher nicht nur Ihre Anträge zur annähernden Verdoppelung der Gehälter der Abgeordnetenmitarbeiter ab. Wir lehnen Ihren ganzen heuchlerischen Stil ab. Denn wir stehen an der Seite der Bürger und Steuerzahler und nicht an der Seite der Abzocker. Da können Sie gern unter sich bleiben.

Meine Damen und Herren, wir haben gerade viel von dem Verfügungsrahmen gehört, der heute nicht einmal ausgeschöpft wird. Sie schöpfen seit 2010 nicht einmal den jetzt zur Verfügung stehenden Verfügungsrahmen aus. Das sollten Sie vielleicht erst einmal tun, bevor Sie hier um 89 % erhöhen.

(Zuruf von Bodo Löttgen [CDU])

Dann spricht der Kollege davon, dass die Anforderungen gewachsen sind, und nennt als Beispiel den Vertrag von Lissabon. Meine Damen und Herren, wie lange gibt es den denn schon? Und dann fiel Ihnen gestern ein, dass Sie jetzt ganz schnell noch die Bezüge erhöhen müssen, die Sie als Abgeordnete Ihren Mitarbeitern zahlen können?

(Zuruf von Rainer Schmeltzer [SPD])

Das ist lachhaft, das ist unglaubwürdig, das ist Verarsche, meine Damen und Herren. Nicht mehr und nicht weniger!

(Beifall von der AfD)

Sie hätten ein herkömmliches, transparentes und vernünftiges Verfahren wählen und über den Haushalts- und Finanzausschuss gehen können. Sie hätten die Möglichkeit gehabt – die Zeit hatten Sie jedenfalls –, Ihr Ansinnen gründlich prüfen zu lassen, statt aufgrund irgendwelcher Annahmen, von denen Sie glauben, dass sie richtig sein könnten, hier nahezu eine Verdoppelung zu beschließen. Das erwarte ich zumindest nicht von einem qualitativ hochwertigen Parlament, auf das Sie sich ja so viel einbilden.

Wenn Sie sagen, Sie müssen die Regierung kontrollieren, fragt man sich bei dem Beschluss, den Sie heute fällen, wer eigentlich die Abgeordneten kontrolliert. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Das war Herr Wagner für die AfD-Fraktion. – Damit es keine Irritationen gibt: Ich habe mindestens zwei rügenswerte

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Ja!)

Ausdrücke in der Rede erkannt.

(Beifall von der SPD)

Vorsichtshalber lasse ich nach Rücksprache mit den beiden Schriftführerinnen aber die komplette Rede auf rügenswerte Ausdrücke und Formulierungen überprüfen. Wir werden nachher oder spätestens morgen vor Eintritt in die Tagesordnung entsprechend dazu berichten und eventuell handeln.

Wir sind aber nach diesem Redebeitrag am Ende der Debatte zu Tagesordnungspunkt …

(Henning Höne [FDP] meldet sich zu Wort.)

– Entschuldigung, Herr Kollege Höne. Ja, Sie haben noch Redezeit.

Henning Höne (FDP): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Die Rede von Herrn Wagner provoziert geradezu, dass man noch einmal ein, zwei Punkte richtigstellen muss.

Herr Wagner, Sie sprechen von „bereichern“, von „in die eigene Tasche stecken“. Es kann nur zwei Gründe haben, warum Sie davon sprechen. Entweder wollen Sie populistisch Stimmung machen,

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Stimmt!)

oder – vielleicht aber auch beides, Herr Wagner – Sie haben nicht verstanden, was hier passiert

(Bodo Löttgen [CDU]: So ist es! – Rainer Schmeltzer [SPD]: Beides!)

und wie die Systematik der Mitarbeiterpauschale funktioniert. Eines von beidem muss es sein.

(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Wagner, Sie werfen den vier antragstellenden Fraktionen Intoleranz vor und fragen sich, warum die AfD weder hier noch bei anderen Punkten eingebunden wird. Ich kann Ihnen eine Antwort darauf geben.

(Roger Beckamp [AfD]: Ja, bitte!)

Sie sind in einer Partei, deren Landtagsfraktion in anderen Bundesländern beantragt, Gelder zu streichen, mit denen Schülerinnen und Schüler zu KZ-Gedenkstätten fahren. Das ist die DNA dieser Partei.

(Beifall von der FDP, der CDU und der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Sie sind die Partei, die den Hobbyrassekundler Höcke – ob er jetzt Bernd oder Björn mit Vornamen heißt – in den Bundesvorstand wählt.

(Markus Wagner [AfD]: Sie haben überhaupt keine Ahnung! – Weitere Zurufe von der AfD)

Mit einer solchen Partei, die das in der DNA trägt, kann und will eine demokratische Partei niemals zusammenarbeiten!

(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Höne.

(Markus Wagner [AfD]: Sie sind nicht einmal sachkundig! Stattdessen erzählen Sie hier Lügen! Sie erzählen Lügen! – Weitere Zurufe von der AfD)

Henning Höne (FDP): Oh, Herr Wagner, oh, Herr Wagner! Das können wir dann ja einmal prüfen.

(Zurufe von der AfD)

Die Anträge liegen ja vor.

(Weitere Zurufe von der AfD)

Ich kann ja noch weitere Anträge nennen, mit denen Ihre AfD-Kollegen in Thüringen beantragen, homosexuelle Menschen zu zählen. Das ist Ihre DNA!

(Erneut Zurufe von der AfD)

Wahnsinn ist das!

(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Höne.

(Unruhe – Glocke)

Henning Höne (FDP): Getroffene Hunde …

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Höne.

Henning Höne (FDP): Welchen Tages- und Nachtrhythmus man hat, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn man ein Pressegespräch um 13:30 Uhr unter „Nacht und Nebel“ abspeichert, muss jedem Einzelnen überlassen werden.

(Zuruf von Christian Loose [AfD] – Gegenruf von Dr. Günther Bergmann [CDU])

Nach Ihren Äußerungen schließe ich mich nur der Bemerkung meiner Vorredner der mitantragstellenden Fraktionen an: Wenn Sie das wirklich durchziehen wollen und glauben, dass Ihre Arbeit jetzt schon Ihrem eigenen Anspruch oder dem Anspruch der Bürgerinnen und Bürger draußen genügt, dann gehe ich fest davon aus, dass Sie nicht einen Euro oberhalb der bisherigen Finanzmittel ausschöpfen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Höne, Sie haben wahrscheinlich überhaupt nicht mitbekommen können, dass ich mehrfach versucht habe, Sie erstens zu unterbrechen und Sie zweitens darauf aufmerksam zu machen, dass Ihre Redezeit überschritten ist. Demzufolge konnte ich Sie drittens auch nicht darauf aufmerksam machen, dass es den Wunsch nach Zwischenfragen gibt.

Jetzt haben wir folgende Situation: Sie haben Ihre Redezeit um 1:53 Minuten überzogen.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Aber gut überzogen! – Bodo Löttgen [CDU]: Davon war doch schon eine Minute Beifall!)

Ich werde jetzt allen Fraktionen das gleiche Recht zugestehen, weil ich davon ausgehe – ich habe eben mit den beiden Schriftführerinnen abgestimmt, dass wir so handeln –, dass es ein öffentliches Interesse an der Debatte gibt. Das sollten wir nicht durch formale Einschränkungen der Redezeit erschweren, wenn ein Kollege die Redezeit in der Weise überzogen hat.

Von daher frage ich jetzt, ob es den Wunsch nach weiteren Wortmeldungen gibt. – Von der AfD-Fraktion meldet sich Herr Beckamp.

Roger Beckamp (AfD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nachdem sich Herr Höne hier als kräftiger antifaschistischer Kämpfer und Partisan deutscher Herkunft geriert hat

(Unruhe)

und in seiner Stakkato-Rede leider nicht vernommen hat,

(Guido van den Berg [SPD]: Was soll das heißen?)

dass man eine Zwischenfrage stellt, …

(Guido van den Berg [SPD]: Was heißt das denn? Was soll das heißen?)

– Ich komme zum Punkt. Lassen Sie mich ausreden.

… frage ich einfach mal, ob er es bei seinem ganzen Kampf angemessen findet,

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Ist das angemessen, was Sie hier sagen?)

dass die FDP zusammen mit der Antifa …

(Zurufe)

– Herzlichen Glückwunsch, die Grünen kennen es ganz gut.

… brutal gegen die AfD vorgeht. Das zum Ersten.

(Zurufe)

– Ganz ruhig.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Sie sagen uns nicht, wer hier ruhig ist!)

Zweitens, zur Sache: Haben Sie einfach mal genau das ermittelt, was ich heute mehrmals erfragt habe? Haben Sie einfach mal ermittelt, welchen Bedarf Sie haben? Darum ging es in der Sache heute.

(Zurufe)

Haben Sie ermittelt, wie viele Mitarbeiter die Abgeordneten haben? Das ist alles nicht passiert. Aber Sie können, ohne es zu wissen, frei von jeder Ahnung die Meinung haben,

(Nadja Lüders [SPD]: Nein, das weiß man!)

dass Sie ganz viel zusätzliches Geld brauchen. Knapp 90 %! Das ist der erste Vorwurf.

(Bodo Löttgen [CDU]: Mal ins Abgeordnetengesetz geguckt?)

Dieses Nichteinbinden ist der zweite Vorwurf.

Für dieses Schmierentheater, das Sie hier vorführen, bekommen Sie vielleicht Schulterklopfen und Händeschütteln von Ihrer Fraktion. Aber ganz ehrlich: Schauen Sie einmal hin, wie weit Sie gekommen sind. Die Antifa steht an Ihrer Seite. Glückwunsch!

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Der nächste Redner ist für die SPD-Fraktion Herr Kollege Herter.

Marc Herter (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens. Niemand, kein demokratischer Abgeordneter und erst recht nicht Herr Höne muss sich hier als Partisan beschimpfen lassen.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Frei gewählte Abgeordnete sind mit offenem Visier unterwegs und vertreten die Dinge, die wir hier gemeinschaftlich zu vertreten haben, um das Land nach vorne zu bringen.

Zweitens. Wenn Sie der Auffassung sind, dass es in irgendeiner Form anrüchig ist, mit Antifaschistinnen und Antifaschisten

(Zurufe von der AfD)

in einem Atemzug genannt zu werden, dann haben Sie ein größeres Problem als diejenigen, die in einer Reihe mit Antifaschistinnen und Antifaschisten stehen.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Erneut Zurufe von der AfD)

Vielleicht sollten Sie einfach mal überlegen – jetzt haben Sie Sendepause –, was der Faschismus über dieses Land gebracht hat und wogegen sich Antifaschistinnen und Antifaschisten wenden.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Fortgesetzt Zurufe von der AfD)

Drittens. Ich habe den Eindruck, dass Sie leider weiterhin der Auffassung sind, dass dieses Parlament kein Arbeitsparlament ist, sondern eine Laberbude. Das ist Ihre Auffassung.

(Markus Wagner [AfD]: Dieses Parlament ist ein Selbstbedienungsladen, Herr Kollege!)

Unsere Auffassung ist, dass es ein Arbeitsparlament ist, dass es ein Parlament der Bürgerinnen und Bürger ist, und darauf sind wir stolz.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Danke schön. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich an dieser Stelle die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 2.

Wir kommen zu den Abstimmungen.  Wir stimmen erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der AfD Drucksache 17/1721 ab. Wer möchte hier zustimmen? – Das ist die AfD-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Änderungsantrag der AfD Drucksache 17/1721 abgelehnt.

Wir kommen zur zweiten Abstimmung, nämlich über den Änderungsantrag der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1731.

Hier mache ich darauf aufmerksam: Die Fraktion der AfD hat zu diesem Antrag Einzelabstimmung beantragt. Da die AfD aber nicht Antragstellerin ist, muss ich gemäß § 42 Abs. 1 unserer Geschäftsordnung feststellen, ob gegen den Antrag der AfD auf Einzelabstimmung Bedenken erhoben werden. – Das ist nicht der Fall. Das heißt, wir führen jetzt die Einzelabstimmung über den eben genannten Änderungsantrag Drucksache 17/1731 durch. Die Einzelabstimmung bezieht sich auf die Ziffern 1 bis 7. Demzufolge sind es sieben Einzelabstimmungen.

Ich rufe auf die Ziffer 1. Wer möchte dieser Ziffer zustimmen? – Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist die Ziffer 1 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über die Ziffer 2. Wer möchte dort zustimmen? – Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD. Stimmenthaltungen? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist auch die Ziffer 2 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Ich rufe auf die Abstimmung über die Ziffer 3. Wer stimmt hier zu? – Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Ich frage aber formal korrekt, ob es Gegenstimmen gibt. – Das ist nicht der Fall. Enthaltungen? – Auch nicht. Dann ist die Ziffer 3 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf die Abstimmung über die Ziffer 4. Wer möchte hier zustimmen? Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Ich frage auch hier: Gibt es Gegenstimmen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Stimmenthaltungen? – Auch das ist nicht der Fall. Dann ist auch die Ziffer 4 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf die Abstimmung über die Ziffer 5. Wer möchte hier zustimmen? – CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Dann ist die Ziffer 5 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ebenfalls angenommen.

Ich rufe auf die Abstimmung über die Ziffer 6. Wer möchte hier zustimmen? – CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD-Fraktion. Stimmenthaltungen? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist auch die Ziffer 6 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die Ziffer 7. Wer möchte hier zustimmen? – Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, die AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt dagegen? – Niemand. Stimmenthaltungen? – Auch keine. Damit ist die Ziffer 7 ebenfalls einstimmig angenommen.

Wir kommen damit zur Gesamtabstimmung über den Änderungsantrag, den ich hiermit mit den eben festgestellten Änderungen aufrufe. Wer dem Änderungsantrag so zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind CDU, SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP. Wer stimmt dagegen? – Die AfD stimmt dagegen. Wer enthält sich? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 17/1731 mit den soeben beschlossenen Änderungen angenommen.

Wir kommen damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1117. Der Hauptausschuss empfiehlt in Drucksache 17/1655 in der Fassung des Neudrucks, den Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 17/1117 unverändert anzunehmen.

Unter Berücksichtigung der gerade vorgenommenen Änderungen kommen wir damit zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in der soeben geänderten Fassung und nicht über die Beschlussempfehlung.

Wer dem eben geänderten Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind CDU, SPD, FDP, Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – Die AfD stimmt dagegen. Enthaltungen? – Die beiden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/1117 in der soeben geänderten Fassung angenommen und in zweiter Lesung verabschiedet worden.

Wir sind am Ende von Tagesordnungspunkt 2. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt und rufe auf:

3   Nordrhein-Westfalen in Europa II: Grenzüberschreitende Vernetzung mit den Niederlanden und Belgien in den Bereichen Arbeitsmarkt und Hochschulen intensivieren und strukturelle Verknüpfungen ausbauen

Antrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1661

Ich eröffne die Aussprache, und als erster Redner hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Krauß das Wort.

Oliver Krauß (CDU): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, Sie wären arbeitsuchend und lebten unweit der etwa 500 km langen Grenze zwischen NRW, den Niederlanden und Belgien. Wenn Sie dort Ihre zuständige Arbeitsagentur aufsuchen, dann würden Sie doch wohl erwarten, dass diese Ihnen nicht nur offene Stellen in Nordrhein-Westfalen und den anderen Bundesländern benennen kann, sondern auch entsprechende Kontakte zu der niederländischen und der belgischen Arbeitsbehörde hat.

In unserem ersten Euregio-Antrag zu Sprache und Bildung haben wir uns mit den etwa 2.850 Berufen befasst, die nicht reglementiert sind. Das heißt, in 2.850 unterschiedlichen Berufen können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ohne zusätzliche Qualifizierung auf beiden Seiten der Grenze arbeiten.

Bei reglementierten Berufen, vor allem in den Bereichen Bildung, Erziehung und im Gesundheitswesen, hingegen dauern die Verfahren zur Anerkennung akademischer Abschlüsse unserer Nachbarländer oftmals Monate und sind dann im Ergebnis für die Beteiligten, Arbeitnehmer einerseits und die das Fachpersonal suchenden Arbeitgeber andererseits, bisweilen noch nicht einmal nachvollziehbar.

Wenn es uns also gelingt, die Bürokratie bei den häufig zu komplizierten und langwierigen Übersetzungs- und Bescheinigungskosten abzubauen, können wir viele Potenziale, die in unserer einzigartigen europäischen Grenzregion liegen, entscheidend besser nutzen.

Es gibt Studien, die besagen, dass ein Abbau der Hemmnisse das Bruttoinlandsprodukt um bis zu 8 % steigert. Also, meine Damen und Herren, diese Chance müssen wir nutzen.

Wir alle kennen die bislang realisierten Kooperationsmaßnahmen in den Grenzregionen, doch – und hier liegt das eigentliche Problem – man scheint die Best-Practice-Beispiele in ihrer lokalen Wirksamkeit zu belassen und bislang nicht flächendeckend umzusetzen. Dieser Herausforderung nehmen wir uns nun an.

Zu den Best-Practice-Beispielen: Am Grenzinfopunkt in Herzogenrath/Kerkrade arbeiten Niederländer, Belgier und Deutsche Hand in Hand unter einem Dach. Die gemeinsamen Büros ermöglichen einen stetigen Austausch. Wenn der Arbeitsuchende also bereit ist, auch auf der anderen Seite der Grenze zu arbeiten, geht er einfach eine Bürotür weiter zur niederländischen oder belgischen Kollegin oder dem Kollegen, und so kommen dann Angebot und Nachfrage zusammen.

Genauso ist es übrigens auch mit dem Euregio Jobroboter. Der Jobroboter übersetzt Berufsbezeichnungen und kann so maßgeblich dazu beitragen, dass die grenzüberschreitende Stellensuche ein Erfolg wird.

Es sind, wie Sie jetzt vielleicht merken, recht einfache Verbesserungen, die doch entscheidend sein können. Wir müssen die verschiedenen Ansätze bewerten, die besten Optionen ausmachen und dann flächendeckend umsetzen.

Meine Damen und Herren, unser Ziel steht fest. Wir wollen Menschen in Beschäftigung bringen und Arbeitsplätze sichern. Dabei sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ihr Recht auf Freizügigkeit, gerade innerhalb der Grenzregion, optimal nutzen können, egal ob jemand in Kranenburg, Geldern, Brüggen oder Alsdorf wohnt.

Zur Stärkung der Vermittlungsmöglichkeiten bieten sich verschiedene Optionen an.

Da sind die bereits erwähnten gemeinsamen Büros, die einen ständigen Austausch ermöglichen.

Wichtig ist darüber hinaus aber auch der Ausbau des Onlineinformationsangebots der Grenzinfopunkte. Grenzinfopunkte sind das Kernstück der von der EU geförderten grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung. Niederländer, Belgier und Deutsche erhalten hier Informationen, Beratung und Unterstützung. Wir alle wissen, dass Menschen bei offenen Fragen gerne erst einmal googeln. Dort müssen wir also auch die Informationen für potenzielle Grenzarbeiter optimieren.

Meine Damen und Herren, dem Arbeitnehmer, dem Arbeitgeber oder auch dem Studenten, der überlegt, im Nachbarland zu studieren oder zu arbeiten, schwirren unzählige Fragen im Kopf umher: Wo zahle ich meine Steuern und welche Steuern? Wie funktionieren die Sozialversicherungen? Wie sieht es mit der Altersvorsorge aus? Wie sieht es mit dem Arbeitsrecht im Nachbarland aus?

Neben einem adäquaten Onlineangebot an Informationen ist es also auch wichtig, die Möglichkeiten der persönlichen Beratung im Fokus zu behalten. Hier wurde bereits mit EURES eine Plattform zur beruflichen Mobilität eingerichtet, auf der wir aufbauen müssen. Die angestoßenen Maßnahmen werden auch unseren Auszubildenden und Studenten zugutekommen. Digitale Plattformen werden die Optionen grenzüberschreitender Studienprojekte aufzeigen oder auf euregionale Berufsschulpraktika aufmerksam machen.

Meine Damen und Herren, es sind sehr viele Einzelaspekte, die Menschen zu überzeugten Europäern machen. Diese Verbesserungen sind ein Teil davon. Lassen Sie uns gemeinsam dazu beitragen, dass immer mehr Hemmnisse abgebaut werden und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit gelingt. – Vielen herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Krauß. – Für die FDP spricht Herr Kollege Brockes.

Dietmar Brockes (FDP): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir legen heute seitens der NRW-Koalition den zweiten Antrag zum Thema „grenzüberschreitende Zusammenarbeit“ vor.

Ich weiß, dass in Oppositionskreisen schon gelästert wird, wir würden hier in einen Wettstreit mit dem Wirtschaftsministerium eintreten, ob mehr Entfesselungspakete oder Euregio-Anträge vorgelegt werden. Ich kann Sie beruhigen: Diesen Wettstreit gibt es offiziell nicht.

Es ist aber in beiden Bereichen notwendig, dass nach sieben Jahren rot-grünem Stillstand sowohl in der Wirtschaftspolitik als auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit deutlich aufgeholt wird.

(Beifall von der FDP)

Deshalb ist es richtig, hier diesen zweiten Antrag vorzulegen, nachdem wir bei dem ersten Antrag einen klaren Schwerpunkt gerade auf die jungen Menschen gelegt hatten. Wir wollten damit den Austausch fördern. Wir wollten fördern, dass mehr junge Menschen die Sprache des Nachbarn erlernen und merken, wie schön, wie wichtig und wie hilfreich Europa ist. Deshalb war das meiner Ansicht nach ein wichtiger und richtiger erster Schritt.

Jetzt legen wir mit diesem Antrag den Schwerpunkt auf den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt, und zwar unter Nutzung der Digitalisierung, um hier für mehr Transparenz zu sorgen. Denn anders, als ich es bei dem ersten Antrag formuliert habe – beim Einkaufen weiß ja jeder, welche Produkte im Nachbarland günstiger sind bzw. welche es nur dort und im Heimatland nicht gibt –, ist diese Transparenz auf dem Arbeitsmarkt nicht gegeben. Viele Bürgerinnen und Bürger beobachten eben nicht, wie die Arbeitsplatzsituation im Nachbarland aussieht.

(Gabriele Walger-Demolsky [AfD]: Sie sprechen die Sprache nicht!)

Hier ist es dringend geboten, für mehr Transparenz zu sorgen. Immer wieder erlebe ich es selbst im Grenzland, dass Menschen in der Region auf Arbeitsplatzsuche sind, aber nicht den ganzen Umkreis in Betracht ziehen, sondern nur einen Halbkreis, weil sie nicht wissen, welche Möglichkeiten es im Nachbarland überhaupt gibt, welche Stellenangebote dort vorliegen und wie es mit ihren Kranken-, Renten- oder Pflegeversicherungen weitergeht, wenn sie im Nachbarland tätig sind. Viele andere Fragen sind dort offen. Hier fehlt die entsprechende Transparenz.

Meine Damen und Herren, nur wenige Zehntausend Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer von insgesamt über 4,5 Millionen Menschen in den Grenzregionen nutzen derzeit die Möglichkeiten der Arbeitsaufnahme im Nachbarland.

Hier setzen wir mit unserem Antrag an. Wir wollen für mehr Transparenz, mehr Informationen und mehr Aufklärung sorgen. Dabei wollen wir die Digitalisierung nutzen.

Dies ist gut für die Menschen, gut für die Unternehmen und gut für unser Land. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Brockes. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD Herr Abgeordneter Watermeier das Wort.

Sebastian Watermeier (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist nun innerhalb von zwei Monaten der zweite Antrag zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, den Sie hier vorlegen – diesmal mit den Schwerpunkten Arbeitsmarkt, Hochschulen und Digitalisierung.

Ich kann hier nur das wiederholen, was mein Kollege Weiß Ihnen bereits im November 2017 ins Stammbuch geschrieben hat: Ihrem Antrag fehlt es erneut an Innovation und Präzision. Es stellt sich die Frage, ob die Regierungsfraktionen denn in der Lage sind, hier eine stimmige, in sich geschlossene Strategie zu erarbeiten, oder ob Sie uns jetzt in jedem Plenum einen Antrag dazu vorlegen wollen.

Mir erscheint das mehr als Aktionismus denn als wirklich gehaltvoller Beitrag zur notwendigen Weiterentwicklung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, für die es ja genug gute Best-Practice-Beispiele gibt, wie die beiden Kollegen, die vor mir gesprochen haben, schon ausgeführt haben.

Sie lassen es auch hier an der notwendigen Schärfe fehlen. Im Kern besteht Ihr Antrag daraus, dass lauter neue digitale Plattformen geschaffen werden sollen – ohne eine Evaluierung dessen, was nun wirklich notwendig ist, tatsächlich einen Mehrwert schafft oder schon besteht.

Auch hier soll gestärkt, gefördert und vernetzt werden, ohne dass es tatsächlich mit Geld hinterlegt ist, ohne klare Struktur und ohne klare Zielformulierung.

Natürlich ist unbestreitbar, dass im Bereich des grenzüberschreitenden Arbeitsmarktes noch deutlich Luft nach oben ist. Mir wäre es aber lieber, wir würden die Ergebnisse der Neuauflage der Studie von IT.NRW und dem niederländischen Partner CBS aus 2015 abwarten, um genau zu sehen, wo es hakt und wo wir als Land zum Handeln aufgefordert sind. Soweit ich weiß, sollen im Laufe des Jahres die Ergebnisse dazu vorliegen.

Was die Hochschulen betrifft, stehen wir gerade, was den Komplex der Digitalisierung angeht, auch in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vor neuen Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt.

Ob dieser Antrag die richtige Antwort ist, ist zweifelhaft. Gerade im Bereich der Hochschulkooperation verstricken Sie sich in Widersprüche. Es passt einfach nicht zusammen, wenn Sie einerseits immer wieder die Autonomie der Hochschulen fordern, sie aber per Antrag anweisen wollen, eine gemeinsame digitale Plattform zu entwickeln, ohne dass Sie dabei die Digitale Hochschule NRW erwähnen. Solche Modelle können nur mit den Hochschulen entwickelt werden und müssen natürlich in eine Gesamtstrategie eingebunden werden.

Ich bin sicher, dass unsere Hochschulen sehr genau wissen, wie sie ihre grenzüberschreitende Zusammenarbeit organisieren können und müssen. Durch immer weitere Plattformen wird nach unserer Einschätzung nicht mehr Transparenz geschaffen, sondern eher mehr Unübersichtlichkeit, die dem Ziel der grenzüberschreitenden Kooperation im Hochschulsektor eher entgegenwirkt.

Sie sehen also, dass es viel zu diskutieren gibt. Deshalb freue ich mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Watermeier. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Remmel das Wort.

Johannes Remmel (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mir zwei Dinge vorgenommen – zum Ersten, nicht ständig, wenn ich an der Reihe bin, zu reden, aber im Grunde die gleiche Meinung zu vertreten wie die Vorredner und deren Argumente zu wiederholen. Deshalb kann ich an dieser Stelle nur die Unterstützung meiner Fraktion für den Antrag signalisieren.

Schön wäre es natürlich gewesen, wenn Sie uns vorher mit einbezogen hätten. Vielleicht kann man das im Ausschuss noch nachholen. Der Grundargumentation, dass die Grenzen auch in vielen kleinen Hürden nach wie vor bestehen und abgebaut werden sollen und dass die Zusammenarbeit gerade bei Bildung und Arbeitsmarkt vertieft werden muss, ist aber eigentlich nichts hinzuzufügen.

Als Zweites hatte ich mir vorgenommen – das setzt allerdings voraus, dass andere auch mitmachen –, sich nicht jedes Mal wechselseitig, ich sage einmal, ins Förmchen zu machen; nach dem Motto: Mein Antrag ist jetzt besser als die Arbeit, die die Vorgängerregierung geleistet hat. – Das brauchen wir nicht, glaube ich. Sie bauen auf gute Vorleistungen auf, die in der Tradition des Hauses und aller nordrhein-westfälischen Landesregierungen, die es vorher gegeben hat, stehen.

Insofern freue ich mich auf die Diskussion im Ausschuss und würde mir für zukünftige Anträge wünschen, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen könnten, gerade wenn es darum geht, in Europa mit unseren Nachbarinnen und Nachbarn besser und vertiefter umzugehen.

Meine restliche Redezeit würde ich Ihnen dann gerne zur Verfügung stellen – es sei denn, der national-völkische Teil des Parlaments

(Sven Werner Tritschler [AfD]: Es gibt keine völkische Partei!)

wird gleich wieder Anlass geben, entsprechend zu erwidern. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Remmel. – Für die Fraktion der AfD hat der Abgeordnete Tritschler das Wort. Bitte.

Sven Werner Tritschler (AfD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Remmel, ich war auch versucht, meine letzte Rede zu recyceln, weil das Thema vor zwei Monaten schon einmal kam. Sie haben es jetzt gemacht.

Ich gehe auf das „national-völkisch“ hier nicht weiter ein; dazu habe ich beim letzten Mal schon genug gesagt.

Was die Sache angeht, dass Sie nicht gefragt und nicht einbezogen werden, fühle ich als AfD-Abgeordneter mit Ihnen. Ich kenne das.

(Heiterkeit von Christian Loose [AfD])

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der vorliegende Antrag setzt durchaus wichtige Akzente für grenzübergreifende Zusammenarbeit, die wir ausdrücklich begrüßen. Die regionalen Partnerschaften, um die es hier geht, sind eine sehr gute Alternative für die ansonsten schädliche Zentralisierung aus Brüssel. Die AfD-Fraktion wird ihn daher wohlwollend begleiten und freut sich auf die Debatten in den Ausschüssen.

Gestatten Sie mir aber noch einige Bemerkungen zur vermeintlichen Ausgangslage, wie sie von den Antragstellern dargestellt wird. Zunächst einmal freuen sich die Antragsteller darüber, dass die Grenze – Zitat – „kaum mehr wahrnehmbar“ sei. – Das wird auch niemand bestreiten. Denn stellenweise ist man schon so europäisch, dass man gleich keine Grenzschilder mehr aufstellt.

Das klingt erst einmal fürchterlich nett. Es ist ja schön, wenn man ohne Kontrolle in Urlaub fahren kann.

Aber was heißt es denn konkret? Das heißt ganz konkret, dass Kriminelle völlig unbehelligt quer durch Europa gondeln können. Das heißt ganz konkret, dass die Menschen im Grenzraum erhöhter Kriminalität ausgesetzt sind, die die Landesregierung sicherheitshalber gar nicht erst erfasst; schließlich passt es nicht ins EU-besoffene Weltbild. Das heißt ganz konkret, dass todbringende Terroristen wie Anis Amri und die Vergewaltiger der Kölner Neujahrsnacht einen großen, grenzenlosen Vergnügungspark EU vorfinden. Währenddessen kann man in Deutschland keinen Weihnachtsmarkt mehr besuchen und keine Silvesternacht mehr feiern ohne Mauern, ohne Maschinenpistolen und ohne Leibesvisitationen.

Wenn Ihnen Ihre EU so sehr am Herzen liegt, wie Sie immer wieder betonen, sollten Sie, statt wohlfeile Anträge zu stellen, lieber einmal diese Probleme ernsthaft adressieren und aus Ihrem Elfenbeinturm herabsteigen.

Weiterhin zitieren Sie eine Studie im Auftrag der EU, die vermeintliche Wohlstandsverluste durch Grenzbürokratie thematisiert. – Ich will jetzt gar nicht weiter darüber spekulieren, ob eine von der EU bezahlte Studie hier besonders glaubwürdig ist. Sie geht nämlich schon im Ansatz am Ziel vorbei. Denn die Gutachter errechnen zwar allerlei Vorzüge einer weiteren Harmonisierung. Die Kosten dieser Politik haben sie aber natürlich nicht erfasst. Sie errechnen nicht, welche enormen Kosten die völlig unbegrenzten Migrantenströme dank offener Grenzen verursachen. Sie errechnen nicht die Kosten für die Inanspruchnahme unseres Sozialstaats, der jedem Bürger irgendeines EU-Landes nach kurzem Aufenthalt zur Verfügung steht. Sie errechnen nicht den gewaltigen Wohlstandsverlust durch die katastrophale Euro- und Zinspolitik der vergangenen Jahre.

Was sie hier vorlegen, ist keine Bilanz; denn eine Bilanz hat bekanntlich immer zwei Seiten. Sie legen uns einen wahrscheinlich recht teuren EU-Werbe-prospekt vor und tun so, als sei das eine objektive Betrachtung der Tatsachen.

Welchen Schluss sollen wir jetzt daraus ziehen, dass die Vielfalt in Europa einem gesteigerten BIP im Wege steht? Bedingungslose Zentralisierung und das Glattwalzen aller nationalen und regionalen Unterschiede? Wenn das das Ziel sein soll, meine Damen und Herren, sollten wir vielleicht erst einmal bei uns selbst anfangen und gleich die Bundesländer auflösen. Denn wenn man der Logik dieser Studie folgt, hemmen sie auch nur die Effizienz. Warum nicht lieber einen Nationalstaat, der alles zentral durchreguliert? Das müsste dann doch effizienter sein.

Da sieht man wieder, wie schizophren Ihre Politik manchmal ist, meine Damen und Herren. Vor 20 Minuten haben Sie sich eine großzügige Erhöhung der Mitarbeiterpauschale genehmigt, weil Subsidiarität und starke Bundesländer und starke Landesparlamente ja so wichtig sind. Kurz darauf zitieren Sie Studien, die am liebsten nicht nur die Länder, sondern gleich auch noch den Nationalstaat abschaffen wollen.

Das ist verlogen, meine Damen und Herren. Das ist unglaubwürdig. Aber es fügt sich in das Bild, das die demokratischen Parteien hier im Allgemeinen und heute im Besonderen abgeben.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tritschler. – Als Nächster hat für die Landesregierung Herr Minister Holthoff-Pförtner das Wort. Bitte schön, Herr Dr. Holthoff-Pförtner.

Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die Kooperation mit dem gesamten Beneluxraum, darin eingeschlossen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern, ist Kernanliegen der Europapolitik – und jetzt, Herr Remmel, habe ich meinen Text geändert – auch dieser Landesregierung.

Der Plan einer engeren grenzüberschreitenden Vernetzung mit den Niederlanden und Belgien in den Bereichen Arbeitsmarkt und Hochschulen ist ein wesentlicher Gesichtspunkt. Die Bedeutung der grenzüberschreitenden Arbeitsmobilität steht bei der Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern im Fokus.

Mit den Niederlanden legen wir zurzeit den Grundstein für eine Neustrukturierung der Zusammenarbeit. Gemeinsam mit dem niederländischen Commissaris van de Koning, Herrn Bovens, haben wir festgelegt, dass wir mit vier Punkten beginnen. Das sind der Arbeitsmarkt, die Bildung, der Verkehr und die Sicherheit. Wir werden Bürokratie abbauen und die Innovationskraft im Grenzgebiet effektiv nutzen. Dabei werden wir vor allem den Akteuren vor Ort zuhören sowie deren Kenntnisse und Problembewusstsein aufnehmen und stärker berücksichtigen.

In dem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt müssen persönliche Beratungsangebote und die digitale Plattform zur Information Hand in Hand gehen. Bei unserer Digitalisierungsstrategie wollen wir über Landesgrenzen hinaus arbeiten. Wir müssen unsere Nachbarn einbeziehen, wenn wir Mobilität über die Grenze hinaus nachhaltig fördern wollen.

Der grenzüberschreitende Arbeitsmarkt sollte selbstverständlich nicht erst bei fertig Ausgebildeten beginnen, sondern – der vorliegende Antrag greift das auf – vor allen Dingen auch schon bei der Ausbildung. Binationale und trinationale Abschlüsse in Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern Belgien und den Niederlanden sind daher sehr erstrebenswert.

Bei allen engen Beziehungen müssen wir eine bestimmte Sonderstellung des Grenzraums beachten. Es gibt möglicherweise rechtliche Überlegungen, dass wir nicht die Grundsätze des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes verletzen.

Alles, was wir in den grenzüberschreitenden Regionen gemeinsam machen, ist Vorreiter für eine stärkere Integration der EU. Wir beginnen das mit Belgien und den Niederlanden in großer Offenheit.

Es gab bei dem ersten Gespräch des Ministerpräsidenten mit dem Präsidenten in Den Haag einen Satz, der mich sehr beeindruckt hat. Die niederländischen Freunde haben gesagt: Wir machen jetzt keinen Katalog von 40 Punkten, sondern einen Katalog von vier Punkten. Diese vier Punkte arbeiten wir ab. Anschließend nehmen wir die nächsten vier Punkte.

Herr Tritschler, es ist mein Beitrag für den Frieden in der Welt, dass ich auf Sie nicht eingehe.

(Beifall von der CDU und Michael Hübner [SPD])

Grenzen abbauen, Chancen nutzen und voneinander lernen nutzen unseren Bürgerinnen, unseren Bürgern, unserer Gemeinschaft und Europa. Ich stimme mit dem Inhalt des Antrags völlig überein und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Minister Dr. Holthoff-Pförtner. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen mir zu diesem Tagesordnungspunkt nicht vor. – Das bleibt auch nach einem Blick in die Runde so. Insofern sind wir am Schluss der Aussprache.

Damit kommen wir zur Abstimmung über die Überweisungsempfehlung des Ältestenrats, den Antrag Drucksache 17/1661 an den Ausschuss für Europa und Internationales – federführend –, an den Ausschuss für Arbeit, Gesundheit und Soziales, an den Wissenschaftsausschuss, an den Ausschuss für Wirtschaft, Energie und Landesplanung sowie an den Ausschuss für Digitalisierung und Innovation zu überweisen. Die abschließende Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen.

Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Dann ist diese Überweisungsempfehlung mit Zustimmung aller Abgeordneten der Fraktionen bei Nichtanwesenheit der fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir kommen zu:

4   100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland – Würdigung der Errungenschaft und zugleich Selbstverpflichtung zur Stärkung der Rechte für Frauen

Antrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1664

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Abgeordneter Kopp-Herr das Wort. Bitte schön.

Regina Kopp-Herr (SPD): Frau Präsidentin! „Meine Herren und Damen!“ Mit diesen Worten begann die SPD-Politikerin und gewählte Abgeordnete der Weimarer Nationalversammlung, Marie Juchacz, ihre Rede. Sie war die erste Frau, die im Februar 1919 in der demokratisch gewählten Nationalversammlung sprach. Vier Monate zuvor, im November 1918, war das Frauenwahlrecht in Kraft getreten. Mit ihrer ungewöhnlichen Anrede „Meine Herren und Damen!“ löste sie laut Protokoll „Heiterkeit“ aus.

In den Dokumenten des Deutschen Bundestages lässt sich nachlesen, dass der Präsident der Nationalversammlung, Constantin Fehrenbach, kurz, sachlich und ohne Hinweis auf die Bedeutung des Augenblicks Marie Juchacz das Wort erteilte.

Dennoch war es ein besonderer Moment. Auch das lässt sich in den Dokumenten nachlesen. Der Präsident musste mit der Glocke eingreifen und wird folgendermaßen zitiert:

„Die Unterhaltung wird hinter dem Präsidialtische mit einer derartigen Lebhaftigkeit geführt, daß es dem Präsidium nicht möglich ist, die Rednerin zu verstehen. … Ich kann das nicht weiter dulden. Ich bitte, hier Ruhe zu halten!“

So tadelte Fehrenbach.

Diese Lebhaftigkeit zeichnet bis heute manche Diskussion um gleichstellungspolitische Themen aus.

Marie Juchacz hielt in ihrer Rede unter anderem fest:

„Ich möchte hier feststellen, und glaube damit im Einverständnis vieler zu sprechen, dass wir deutschen Frauen dieser Regierung nicht etwa in dem althergebrachten Sinne Dank schuldig sind. Was diese Regierung getan hat, das war eine Selbstverständlichkeit: Sie hat den Frauen gegeben, was ihnen bis dahin zu Unrecht vorenthalten worden ist.“

Anzumerken sei an dieser Stelle, dass die Frauen am Wahltag im Januar 1919 ihr Wahlrecht deutlich ausübten. 82 % der wahlberechtigten Frauen beteiligten sich an der Wahl zur Nationalversammlung.

Auch wenn Marie Juchacz das aktive und passive Wahlrecht für Frauen „selbstverständlich“ nennt – es war ein langer, harter, von Rückschlägen und Neuanfängen gekennzeichneter Kampf, dessen Beginn in der Zeit der französischen Revolution liegt. Jedoch erst zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Stimmen für ein Frauenwahlrecht deutlicher und lauter. Die Sozialdemokratische Partei forderte 1891 als erste Partei in Deutschland das Frauenwahlrecht. Auch die bürgerliche Frauenbewegung machte sich dafür stark.

Diesen Einsatz gab es ebenfalls in weiteren europäischen Ländern. Die nordeuropäischen Staaten Finnland, Norwegen, Dänemark und Island waren die ersten Staaten, die zwischen 1906 und 1915 das Frauenwahlrecht einführten. 1918 folgten Deutschland, Österreich, Polen und Luxemburg. Es folgten erst 1971 die Schweiz und 1984 Liechtenstein.

Während der NS-Herrschaft wurde das passive Frauenwahlrecht abgeschafft. Frauen wurden systematisch von politischen Funktionen und Ämtern ausgeschlossen.

Erst mit Inkrafttreten des Grundgesetzes 1949 erhielten Frauen die vollwertigen demokratischen Rechte.

Doch trotz Frauenwahlrecht und grundgesetzlich verankerter Gleichberechtigung sind Frauen in den Parlamenten auf Bundes- und Länderebene und auf kommunaler Ebene unterrepräsentiert, obwohl der Frauenanteil an der Bevölkerung 51 % beträgt.

Ein Blick auf die Zusammensetzung des Deutschen Bundestags in der aktuellen Legislaturperiode zeigt, dass der Frauenanteil dort bei 31 % liegt. Dabei weisen die einzelnen Fraktionen sehr unterschiedliche Werte auf. So hat die AfD-Fraktion gerade einmal 11 % Frauen in ihrer Fraktion. Bei Bündnis 90/Die Grünen sind es dagegen 58 %.

Auch die Frauenanteile in den 16 Landtagen bewegen sich zwischen 24,5 % in Baden-Württemberg und 40,6 % in Thüringen. Hier im Landtag Nordrhein-Westfalen beträgt der Frauenanteil in der 17. Legislaturperiode 27,1 %.

24 von 69 Abgeordneten der SPD-Fraktion sind weiblich. Das entspricht einem Anteil von 34,8 %. Das ist zwar der zweithöchste Frauenanteil aller im Landtag vertretenen Fraktionen. Den höchsten Anteil weist allerdings die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen mit 50 % auf.

Auch wenn die SPD-Fraktion den zweithöchsten Frauenanteil hat, betrachte ich dies keineswegs als einen Grund zum Jubeln. Selbst in der Partei, die maßgeblich an der Einführung des Frauenwahlrechts und des Gleichberechtigungsartikels mitgearbeitet hat, ist da noch viel Luft nach oben. Das merke ich als Mitglied meiner Fraktion und der Partei ganz selbstkritisch an. Wir arbeiten daran. Auch das sei angemerkt.

Wenn wir dann in die Kommunalpolitik schauen, sehen wir, dass der Frauenanteil dort ähnlich gering ist wie im Landtag. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe, wie das Gutachten von Professor Bogumil aufzeigt.

Als ein wesentlicher Grund wird der hohe Zeitaufwand eines kommunalpolitischen Amtes genannt, der neben dem Beruf die Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Politik erschwert. Diese erschwerte Vereinbarkeit hält Frauen – Mütter – oftmals davon ab, ein kommunalpolitisches Ehren- und auch Spitzenamt zu übernehmen. Als weitere Gründe werden genannt: die Rolle der Partei im Aufstellungsverfahren, die Netzwerkkompetenz und die noch immer vorhandenen geschlechterstereotypischen Rollenbilder.

Dabei brauchen wir gerade in der Kommunalpolitik mehr Frauen. Denn es geht um die Gestaltung des unmittelbaren Lebensumfeldes aus sozial-, umwelt-, stadtentwicklungs- und kulturpolitischen Gesichtspunkten.

Der Gender-Mainstreaming-Ansatz ist ein gutes Instrument hin zu mehr Chancengleichheit. Das heißt nichts anderes als: Es gibt keine geschlechtsneutrale Wirklichkeit. Bei allen gesellschaftlichen Vorhaben sind die unterschiedlichen Lebenssituationen und Interessen von Frauen und Männern von vornherein und regelmäßig zu berücksichtigen.

Darüber hinaus verdient das kommunalpolitische Ehrenamt Wertschätzung und Anerkennung, ob es nun von Frauen oder Männern ausgeübt wird; denn neben dem Zeitaufwand ist die Bereitschaft, sich in komplexe Themen einzuarbeiten und die Repräsentationstermine wahrzunehmen, deutlich anzuerkennen.

Aber wir müssen die strukturellen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so verändern, dass die grundgesetzlich verankerte Gleichberechtigung von Frauen und Männern umgesetzt werden kann. Dafür brauchen wir Mut – den Mut, den Frauen und auch Männer seit mehr als 100 Jahren auf dem Weg zu Gleichberechtigung und Gleichstellung immer wieder unter Beweis gestellt haben.

Beispielhaft für diesen Weg seien hier genannt:

–   das Namensrecht. Erst seit 1994 dürfen nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Frauen wie Männer ihren Namen bei der Eheschließung behalten.

–   das Eherecht. Erst seit 1977 ist die bis dahin gesetzlich verordnete Hausfrauenehe abgeschafft. Davor konnte der Ehemann, ohne seine Frau zu fragen, ihre Arbeitsstelle kündigen, wenn er befand, dass sie ihre familiären Verpflichtungen vernachlässigte.

–   das Scheidungsrecht. Seit 1977 gilt das Zerrüttungsprinzip. Bis dahin galt das Schuldprinzip. Das bedeutete: Wenn eine Frau ihren Mann verließ, war sie die Schuldige. Sie hatte dann kein Anrecht auf Unterhalt oder das Sorgerecht.

1994 wurde der Art. 3 Abs. 2 des Grundgesetzes um folgenden Satz ergänzt:

„Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.“

Nicht unerwähnt bleiben soll auch der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab drei Jahren ab dem Jahr 1996. 2013 folgte der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz bzw. Kitaplatz für Kinder unter drei Jahren.

Diese Beispiele belegen, dass sich vieles im Sinne der Gleichberechtigung verändert hat. Jedoch wurden diese Veränderungen oftmals hart erkämpft und waren keineswegs selbstverständlich. Das ist bis heute so.

Als gleichstellungs-, gender- und diversity-orientierte Politikerin fühle ich mich – und ich denke, dass es vielen Politikerinnen und Politikern so geht – als Hüterin und Bewahrerin dessen, was seit Jahrhunderten für Frauen – meist durch Frauen – erreicht wurde. Gleichzeitig ist der Einsatz für mehr gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen Auftrag und Motivation für die weitere gleichstellungspolitische Arbeit.

Eine moderne, zukunftsfähige Gesellschaft braucht mehr Frauen in Führungspositionen, Aufsichtsräten und Politik. Wir brauchen auch mehr Männer, die bereit sind, sich die Erwerbs- und Fürsorgearbeit in ihren Familien zu teilen. Das ist unser Anspruch. Dahinter treten wir nicht zurück.

Es wäre begrüßenswert, wenn wir gemeinsam die dafür nötigen Rahmenbedingungen erarbeiten und umsetzen würden. Ich sehe mit Spannung der Debatte in den Ausschüssen entgegen, freue mich auf weitere Aktivitäten im Jubiläumsjahr des Frauenwahlrechts und würde mich freuen, wenn wir eine breite Zustimmung für unseren Antrag bekämen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und Dr. Ralf Nolten [CDU])

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kopp-Herr. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der CDU Frau Kollegin Troles das Wort. Bitte schön.

Heike Troles (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kollegen Abgeordnete!

„Auch Frauenrechte sind Menschenrechte. Ist es nicht eine Schande der Menschheit, wenn wir das immer noch betonen müssen?“

Dieses Zitat von Angela Merkel ist auch im Jahr 2018, wenn wir stolz und dankbar die einhundertjährige Geburtsstunde des Frauenwahlrechts in Deutschland feiern, aktuell. Bedauerlich, nicht wahr?

Umso mehr sind wir den Kämpferinnen von 1918 und den vorhergehenden Jahren für ihren unermüdlichen Kampf gegen das Unrecht, das den Frauen die Wahlen verwehrte, dankbar.

Stolz sind wir auf die Errungenschaften, die sich als Konsequenz der Einführung des Frauenwahlrechts feststellen lassen.

Bemerkenswert ist hier in der Folge des Frauenwahlrechts die Wahl von Frau Angela Merkel zur Bundeskanzlerin im Jahr 2005.

Auf diesen Erfolgen ruhen wir uns jedoch nicht aus.

Niemand stellt heute die Tatsache in Frage, dass Frauen in allen Berufen und Lebensbereichen eine bedeutende Rolle spielen. Diese Rolle spiegelt sich jedoch nicht in der Hierarchie aller Lebensbereiche wider. Daher ist es aus meiner Sicht wichtig, dass uns die Bedeutung der Errungenschaft des Frauenwahlrechts bewusst ist und dass wir das sich daraus ergebende Erbe annehmen.

Die Bedeutung liegt in der Selbstverständlichkeit, dass Frauen wählen dürfen, dass Frauen und Männer gleichgestellt sind. Sie liegt in der Einsicht, dass die Verwehrung des Wahlrechts für Frauen eine Ungerechtigkeit war. Sie liegt in der Einsicht, dass die Gleichstellung von Männern und Frauen ein angeborenes Recht für alle ist – schlicht und einfach.

Die Frauen, die das Wahlrecht vor 100 Jahren erkämpft haben, würden heute sagen: Wir sind noch nicht am Ziel. Dieses Erbe gilt es daher weiterhin zu erfüllen. Hier ist die Feststellung, dass Frauen in politischen Ämtern sowie in Führungspositionen in Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur nach wie vor unterrepräsentiert sind, zutreffend. Es geht um Gleichberechtigung und Selbstbestimmung. Das Frauenwahlrecht war der öffentlichkeitswirksame Anfang der tatsächlichen Gleichstellung.

Zurückblickend sehen wir, dass jeder Aspekt der Gleichstellung Schritt für Schritt erkämpft werden musste. So wurde zum Beispiel das Alleinentscheidungsrecht des Mannes in Ehe- und Familienangelegenheiten mit dem Gesetz über die Gleichberechtigung von Mann und Frau erst 1958 aufgehoben. Das war ein nennenswerter Fortschritt; hier wurden neue Wege beschritten. Für uns ist das heute selbstverständlich, damals war es eine bahnbrechende Innovation.

Heute sind die Ungerechtigkeiten oft nicht mehr auf den ersten Blick erkennbar. Daher haben viele Frauen das falsche Gefühl, für nichts mehr kämpfen zu müssen. Die damals gesellschaftlich tief verwurzelte Diskriminierung der Frau, insbesondere vor 1918, war der nachvollziehbare Antrieb, um für Gleichheitsrechte für Frauen zu kämpfen.

Die einst errungenen Rechte sind uns sicher. Wir müssen sie aber auch in ihrer Bedeutungstiefe zu schätzen wissen. Allerdings stellt sich beim vorliegenden Antrag der SPD-Fraktion die Frage, ob die Forderungen gerade im Zusammenhang mit dem 100-jährigen Jubiläum des Frauenwahlrechts erhoben werden müssen.

Meiner Ansicht nach offenbart der vorliegende Antrag vielmehr die versäumten Anstrengungen der Vorgängerregierung unter Frau Kraft; denn dieser Antrag wäre eigentlich nicht notwendig gewesen. Wenn wir unserer Fantasie freien Lauf gewähren und uns vorstellen, dass Rot-Grün in der Zeit von 2012 bis 2017 die Landesregierung gebildet hätte, hätte Rot-Grün alle Forderungen selbst erfüllen können. Ach ja, Sie haben die Regierung gebildet! Warum also, frage ich mich, ist all das, was die SPD-Fraktion jetzt für die Gleichstellung fordert, noch nicht umgesetzt?

(Josefine Paul [GRÜNE]: Weil Sie es teilweise zurückgedreht haben!)

Richtig ist, dass die Arbeit an der tatsächlich gelebten Gleichstellung nicht beendet ist. Niemand hat behauptet, dass die gewünschte und grundsätzlich verankerte Gleichstellung vollkommen erreicht ist. Wir arbeiten weiterhin daran.

Richtig ist, dass Frauen in politischen Ämtern trotz aller Erfolge unterrepräsentiert sind.

Richtig ist, dass Frauen auch in Führungspositionen der Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur unterrepräsentiert sind.

Nicht zielführend sind hingegen die geforderten Ansätze der SPD-Fraktion, um diese Ungerechtigkeiten zu beseitigen.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Was wären denn Ihre Ansätze? – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Den Gemeinden vorschreiben zu wollen, wie sie die Sitzungszeiten ihrer kommunalen Vertretungen organisieren sollen, ist aufgrund entgegenstehender Vorschriften der Landesverfassung und des Grundgesetzes nicht möglich und daher der falsche Weg.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Was ist denn dann überhaupt ein Weg?)

Die von der neuen Landesregierung gerade initiierten Maßnahmen, zum Beispiel Expertenworkshops, die Website „vaeter.nrw“ oder auch die Förderung der Fachstelle und der Landesarbeitsgemeinschaft Väterarbeit in NRW zur Erhöhung des Anteils der Väter in Elternzeit, neu zu fordern, ist logischerweise obsolet.

Die Forderung nach einer Verbesserung der Kinderbetreuung geht ebenfalls ins Leere; denn das von Schwarz-Gelb beschlossene Kita-Träger-Rettungspaket im ersten Schritt und die folgende Neustrukturierung des Finanzsystems, um eine auskömmliche Finanzierung der Kitaträger zu gewährleisten, in einem zweiten Schritt führen zielgerichtet zu der geforderten verbesserten Kinderbetreuung.

(Britta Altenkamp [SPD]: Na, da sind wir ja gespannt!)

Abschließend bleibt festzustellen, dass Frauen in der Politik in den vergangenen Jahrzehnten beachtlich aufgeholt haben. Ihr Anteil in Parteien und Parlamenten ist stets gewachsen,

(Josefine Paul [GRÜNE]: Nein, er ist aktuell zurückgegangen!)

und ihre Position verfestigt sich zunehmend. Dieser Umstand ist einem Bewusstseinswandel bzw. einem gesamtgesellschaftlichen Umdenken zu verdanken, welches bei Weitem noch nicht abgeschlossen ist.

Dieses Bewusstsein zu stärken und dessen vorhandenes Fundament auszubauen, ist der richtige und konsequente Weg, um das Erbe des Frauenwahlrechts anzunehmen. Eine zielführende und bahnbrechend innovative Forderung der SPD fehlt hier noch.

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

In dieser Hinsicht fehlt dem Antrag der SPD der fortschrittliche Antrieb. Aber keine Sorge: Dieser Antrieb ist bei der CDU-Fraktion reichlich vorhanden.

(Lachen von Anja Butschkau [SPD])

Deshalb werden wir der Überweisung in die Ausschüsse gerne zustimmen und freuen uns auf die Diskussionen dort. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und von Andreas Terhaag [FDP])

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Troles. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Abgeordnete Schneider das Wort.

Susanne Schneider (FDP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das 100-jährige Jubiläum des Frauenwahlrechts im November dieses Jahres darf sicherlich als Meilenstein unserer Demokratie gefeiert werden.

Den Kollegen von der SPD muss ich aber etwas Nachhilfe geben: Die erste Frau, die jemals in einem deutschen Parlament – einem Landesparlament – sprach, war am 15. Januar 1919 Marianne Weber. Sie war eine Liberale.

(Beifall von der FDP – Zuruf von Regina Kopp-Herr [SPD])

Als sie im badischen Landesparlament das Wort ergriff, waren viele Männer irritiert. Sie sagte:

„Wir Frauen können nur unserer hohen Freude und Befriedigung darüber Ausdruck geben, daß wir zu dieser Aufgabe mitberufen sind, und ich glaube sagen zu dürfen, daß wir für sie besser vorbereitet sind, als vielleicht die meisten von Ihnen glauben.“

So eine meiner liberalen Vorkämpferinnen.

Sie aber, liebe SPD-Fraktion, nehmen das Jubiläum heute zum Anlass, um über die Förderung des Frauenanteils in politischen Gremien zu debattieren. Beiläufig tangieren Sie mit Ihrem Antrag die mangelnde Repräsentanz von Frauen in unternehmerischen Führungspositionen und auch die unterschiedliche Bezahlung von Frauen und Männern.

(Sarah Philipp [SPD]: Ja! Wichtige Themen!)

Ich bedaure es sehr, dass Sie unter Gleichstellungspolitik noch immer eine reine Frauenförderpolitik verstehen.

(Beifall von der FDP)

Die NRW-Koalition hingegen betreibt eine Gleichstellungspolitik, die das Geschlecht in besonderen Lebenslagen und Rollen fördert, welches tatsächlich Unterstützung benötigt. Wir machen eine Gleichstellungspolitik für alle Mitglieder unserer Gesellschaft.

Ihr Antrag erweckt jedoch den gegenteiligen Anschein. Der plump gewählte Übergang von sozialdemokratischer Erinnerungskultur zur Repräsentanz von uns Frauen in dieser Wahlperiode im Landtag macht mehr als deutlich, dass Ihr politischer Wille nicht allein im Feiern von Erreichtem besteht, wie es Ihr Antragstitel suggeriert. Vielmehr führen Sie teilweise fadenscheinige Argumente für einen politischen Handlungsdruck zur deutlichen Erhöhung der weiblichen Repräsentanz in künftigen politischen Gremien, also Landtag, Kreistag und Stadtrat, auf.

So hinkt Ihr Vergleich des Frauenanteils im Landtag von 27 % in dieser Legislaturperiode mit dem Frauenanteil in Höhe von 35 % in der 13. Legislaturperiode. Ich habe einmal nachgeschaut, wie der Frauenanteil dazwischen verteilt war. Dabei habe ich festgestellt, dass er schwankt. So lag der Frauenanteil in der 15. Legislaturperiode ebenfalls bei 27 % und in der 16. höher als 30 %. Es gibt also keine gefährliche Abwärtstendenz des Frauenanteils im nordrhein-westfälischen Landtag.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Es gibt aber leider auch keine Aufwärtstendenz! – Sarah Philipp [SPD]: Das ist doch zu wenig!)

Die Abgeordnetenkonstellation des Landtags hängt vom Wahlverhalten der Bürgerinnen und Bürger ab. Diese können ihren Favoriten auf dem Wahlzettel ankreuzen, egal ob Mann oder Frau.

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Das Ganze nennt man dann gelebte Demokratie.

Im Übrigen bin ich der Ansicht, dass jede Partei bei der Listenaufstellung selbst und eigenständig darüber entscheiden sollte, ob sie sich eine Frauenquote auferlegt oder nicht. Das darf keiner Partei zur Kommunal-, Landtags-, Bundestags- oder Europawahl aufgezwungen werden. Das gilt im Übrigen auch für die Wahl von hauptamtlichen kommunalpolitischen Wahlbeamten, also unserer Beigeordneten, Bürgermeister und Landräte.

Liebe SPD-Fraktion, Ihr Antrag ist für mich enttäuschend, da Ihre Forderungen weitgehend darauf abzielen, wie Frauen gestärkt werden sollen. Im Übrigen kann ich keine Selbstverpflichtung in Ihrem Antrag erkennen. Ihre Forderungen beziehen sich auch nur auf Frauen, die in der Mitte der Gesellschaft leben. Deshalb frage ich Sie: Was ist mit den Frauen am gesellschaftlichen Rand bzw. in irgendwelchen sogenannten Parallelgesellschaften?

Es gibt auch nirgendwo eine Anregung, die den derzeit stattfindenden gesellschaftlichen Rollenwandel fördert. Hübsch verpackte Einzelmaßnahmen zur Stärkung von Frauenrepräsentanzen insbesondere in politischen Gremien können nicht erfolgversprechend sein. Sie laufen an der Realität vorbei. Deshalb können nur Maßnahmen erfolgreich sein, die in ein Gesamtkonzept zur chancengerechten Förderung des gesellschaftlichen Wandels von allen Geschlechtern aus jeder Gesellschaftsschicht gegossen werden.

Ihr Antrag erweckt auch den Eindruck, dass im Bereich kommunalpolitischen Engagements bisher nichts passiert ist. Ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis in politischen Gremien, also ein Spiegel der Gesellschaft, wird auch von uns Liberalen gewünscht. Unsere Demokratie lebt schließlich vom Engagement der kommunalen Amtsträger in Räten und Ausschüssen.

(Beifall von der FDP)

Im SPD-Antrag wird der niedrige Frauenanteil in den kommunalen Gremien kritisiert. Das Gutachten von Professor Bogumil aus dem Sommer 2017 stellt in der Tat fest, dass 30 % der Mandatsträgerinnen weiblich sind. Aber es wird auch festgestellt, dass der Frauenanteil in den letzten Jahrzehnten deutlich angestiegen ist. Diese Entwicklung verschweigen Sie in Ihrem Antrag.

Ebenso verschweigen Sie, dass eine neue Generation von Mandatsträgern heranwächst. Denn Professor Bogumil stellt in seinem Gutachten auch fest, dass es wenig ältere weibliche Mandatsträgerinnen gibt. Also wächst hier eine gesunde Mischung von männlichen und weiblichen Mandatsträgern heran.

(Zuruf von der SPD: Das sieht man gerade bei der FDP-Fraktion!)

Viele Ihrer Forderungspunkte passen nicht zu den Anstrengungen, die bereits unternommen werden. So erwähnen Sie an keiner Stelle, dass weibliche bzw. alle Mandatsträger während ihres kommunalpolitischen Engagements die entstehenden Kinderbetreuungskosten erstattet bekommen. Das Gleiche gilt bei pflegebedürftigen Angehörigen. Wir sollten uns in den Ausschüssen oder in der Ehrenamtskommission eher überlegen, warum das so wenig in Anspruch genommen wird.

Weiterhin erwähnen Sie nicht, dass die Ehrenamtskommission fortgesetzt wird, geschweige denn, dass eines ihrer Ziele gute Rahmenbedingungen für kommunalpolitisches Engagement sind.

Wir Liberale schätzen die kommunale Selbstverwaltung und werden diese weiterhin unterstützen. Es wird mit uns sicher auch kein Diktat an die Kommunen für familiengerechte Sitzungszeiten geben.

Sie fordern in Ihrem Antrag, dass der öffentliche Dienst mit gutem Beispiel vorangehen solle und gleichstellungspolitische Ziele viel konsequenter zu verfolgen seien. Das ist kalter Kaffee und auch starker Tobak vor dem Hintergrund, dass Sie vor gut einem Jahr das Landesgleichstellungsgesetz nach jahrelanger Ankündigung endlich auf den Weg gebracht haben und es dann noch nicht einmal verfassungskonform war.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Das wissen Sie doch gar nicht! Das ist doch schlicht Ihre Behauptung!)

An dieser Stelle darf ich im Namen meiner Fraktion erklären, dass wir eine einseitige Frauenförderung nach wie vor ablehnen und dazu stehen, dass wir unmittelbar nach Regierungsübernahme das Dienstrechtsmodernisierungsgesetz geradegerückt haben, also um verfassungswidrige Bestandteile bereinigt haben.

(Beifall von der FDP)

Zum Abschluss noch ein Hinweis: Liebe SPD, wenn man Ihren Antrag liest, könnte man meinen, dass sich nur die Sozialdemokraten für das Frauenwahlrecht eingesetzt haben. Dabei waren es ebenso die Liberalen, die sich engagiert und mit Überzeugung für die Gleichstellung von Frauen einsetzten. Es war die Deutsche Demokratische Partei, der auch Friedrich Naumann, Theodor Heuss und Thomas Dehler angehörten, die das Frauenrecht als eines ihrer Hauptziele bezeichnete.

Vergessen wir auch nicht die Leistungen liberaler Frauenrechtlerinnen wie der Westfälin Gertrud Bäumer, der Anwältin aller Frauenfragen, oder von Marie-Elisabeth Lüders, der zweimaligen Alterspräsidentin des Deutschen Bundestages.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, gerne feiert die FDP-Landtagsfraktion mit Ihnen 100 Jahre Frauenwahlrecht. Ich freue mich auf die Diskussionen zu den anderen Forderungen in den Ausschüssen und danke Ihnen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Schneider. – Als nächste Rednerin hat nun die Kollegin Paul für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Josefine Paul (GRÜNE): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Wenn man hier in das weite Rund schaut, dann ist der erfreuliche Aspekt, den man bemerken kann: Der Frauenanteil ist vergleichsweise hoch. Ein bisschen unerfreulich ist dagegen – das muss ich auch für meine eigene Fraktion zähneknirschend feststellen –: Allgemein ist die Beteiligung an dieser Debatte nicht so hoch, wie es dem Thema angemessen wäre.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

100 Jahre Frauenwahlrecht sind nicht nur eine entscheidende Errungenschaft für Frauen, sondern eine entscheidende Errungenschaft für die Demokratie an sich. Frauen machen immerhin die Hälfte der Bevölkerung aus.

Dass sie so lange von demokratischer Teilhabe – in Politik und Gesellschaft – ausgeschlossen waren und sich diese so mühsam erkämpfen mussten, dazu sollten wir alle gemeinsam – nicht nur die Frauen, sondern auch die Männer – sagen: Das ist ein wichtiger Aspekt der Demokratie, der uns viel wert sein sollte.

Als die ersten Frauen am 6. Februar 1919 in die verfassungsgebende Versammlung in Weimar einzogen, da blickte die Frauenbewegung bereits auf einen langen Kampf für das Stimmrecht zurück. Schon Hedwig Dohm schrieb den Frauen 1876 ins Stammbuch: „Fordert das Stimmrecht! Denn nur über das Stimmrecht geht der Weg zur Selbstständigkeit und Ebenbürtigkeit, zur Freiheit und zum Glück der Frau.“

Doch vor dem Einzug in die Parlamente lag überhaupt erst einmal das Erkämpfen des Rechtes, sich politisch beteiligen zu dürfen. Denn wir dürfen nicht vergessen, dass es Frauen nach der Revolution von 1848 überhaupt nicht erlaubt war, sich politisch zu betätigen. Sie durften sich nicht in politischen Vereinen zusammentun, und sie durften auch nicht Mitglied in Parteien werden.

Erst durch die Veränderung des Vereinsgesetzes 1908 wurde ihnen der Eintritt in Parteien und damit die politische Betätigung überhaupt ermöglicht. Ein erster Schritt zur politischen Mündigkeit von Frauen war damit also getan.

Frauen konnten nun auch offen und nicht mehr nur geheim und verschwurbelt für die Gleichberechtigung, die Menschenrechte und das Wahlrecht streiten. „Menschenrechte haben kein Geschlecht“, sagte schon Hedwig Dohm. „Frauenrechte sind Menschenrechte“ lautet ein Slogan der Frauenbewegung, der heute noch Gültigkeit hat, der heute noch genauso wichtig ist wie vor 100 und vor 50 Jahren.

Schaut man sich die internationale Situation von Frauen und Mädchen an, müssen wir leider feststellen: Noch allzu oft herrscht die Unterdrückung von Frauen und Mädchen vor. Noch viel zu oft sind sie geschlechtsspezifischer Gewalt ausgesetzt. Nicht in allen gesellschaftlichen Bereichen sind Gleichberechtigung und Teilhabe durchgesetzt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im November 1918 erhielten die Frauen endlich das Wahlrecht, und fast 90 % der Wählerinnen gaben bei den Wahlen am 12. Januar 1919 ihre Stimme ab. Bei der Eröffnung der verfassunggebenden Versammlung waren dann auch fast 10 % der Abgeordneten Frauen, ein Anteil – das finde ich ganz interessant –, der im Deutschen Bundestag erst 1983 wieder erreicht wurde.

Da bereits alle Rednerinnen die Errungenschaften der eigenen Partei gewürdigt haben, möchte ich sagen: Aus dem Datum 1983 würde ich schließen, dass das vielleicht etwas mit dem Eintreten der Grünen in den Bundestag zu tun haben könnte.

(Beifall von den GRÜNEN)

Aktuell ist der Frauenanteil im Bundestag allerdings wieder auf den Stand des letzten Jahrtausends zurückgefallen. Bei den Bundestagswahlen von 1998 lag der Frauenanteil zuletzt bei knapp 31 %. Das ist leider auch momentan so.

Wenn wir uns den Frauenanteil des Landtags Nordrhein-Westfalen anschauen, dann ist das frauenpolitisch auch kein Anlass zum Jubeln. Frau Schneider und Frau Troles, wenn Sie hier sagen, in den letzten Jahren hätte sich alles so wunderbar entwickelt, man könne das auch nicht mit anderen Wahlperioden vergleichen usw., dann möchte ich darauf hinweisen: Der aktuelle Frauenanteil von 27,6 % ist nicht nur mager, sondern aus meiner Sicht sogar beschämend.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das aber hält die regierungstragenden Fraktionen nicht davon ab, diesen Frauenanteil noch zu unterbieten. In der CDU-Fraktion sind aktuell 23,6 % der Abgeordneten weiblich, in der FDP-Fraktion sind es gar nur 17,9 %. Aber nein, Frau Schneider und Frau Troles: Wir brauchen keine gesetzlichen Regelungen zur gerechten Beteiligung von Frauen. Das wird sich schon von alleine regeln.

Ich muss Ihnen aber sagen: Wir Frauen haben weder Geduld noch haben wir die Zeit, darauf zu warten, dass sich hier irgendetwas – was auch immer – von alleine regelt.

Schaut man sich die Entwicklung in den Kommunalparlamenten der bundesdeutschen Großstädte an, wie es das Gender-Ranking der Böll-Stiftung immer wieder untersucht, dann kommt man leider zu dem Schluss, dass es noch 128 Jahre dauern wird, bis Frauen und Männer gleichberechtigt in den Parlamenten deutscher Großstädte sitzen. Das gilt auch nur, wenn es keinerlei Schwankungen gibt wie jetzt – der Frauenanteil ist gesunken – oder wie bei den letzten Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen. Das wird nur dann passieren, wenn sich der Frauenanteil auch in den kommenden vier Jahren jeweils um moderate 0,5 % steigert.

Ich möchte Ihnen allerdings sagen: 100 Jahre nachdem die Frauen ihr Recht zu wählen erkämpft haben, ist es aus meiner Sicht vielleicht Zeit, darüber nachzudenken, ob wir uns jetzt nicht auch das Recht auf paritätische Teilhabe erkämpfen sollten. Das ist wahrlich kein weiches Thema; Frau Schneider hat es gerade erwähnt. Kaum etwas ist in den letzten Monaten in diesem Haus so hart diskutiert worden wie die Frage der Quote.

Ich möchte Ihnen sagen, Frau Schneider, weil Sie das hier schon wieder vorgetragen haben: Weder Sie noch Ihre Fraktion noch die CDU noch die Landesregierung stellen fest, ob etwas verfassungskonform ist oder nicht. Das macht immer noch das Verfassungsgericht. Dort haben Sie es gar nicht mehr zur Entscheidung kommen lassen. Dementsprechend wissen wir nach wie vor nicht, ob die Quotenregelung für den öffentlichen Dienst verfassungskonform war oder nicht. Wir gehen weiterhin davon aus, dass sie es war.

Aus Ihren Redebeiträgen wird einmal mehr deutlich, dass das Gleichstellungsgebot des Grundgesetztes in diesem Haus eben nicht von allen Fraktionen gleichermaßen als Auftrag verstanden wird – als Auftrag, endlich dafür zu sorgen, dass Macht und Verantwortung in diesem Land gleich verteilt sind.

Wenn man sich den aktuellen Gleichstellungsbericht der Bundesregierung anschaut, dann wird deutlich, dass Frauen ihren Anteil an der Verantwortung mehr als erfüllen. Denn Frauen leisten täglich mehr als die Hälfte mehr unbezahlter Sorgearbeit als Männer. Das heißt, sie übererfüllen ihren Anteil an der gesellschaftlichen Verantwortung, an der Sorgearbeit.

Doch wenn es um das Geld und um die Macht geht, dann liegen Frauen abgeschlagen zurück. Sie bekommen nach wie vor 21 % weniger Lohn. Im durchschnittlichen Gesamterwerbseinkommen über die Lebensverlaufsperspektive sind es schon 49 % weniger. Bei der Rente ist das Loch bereits bei 53 %.

Das alles sind doch keine guten Nachrichten, die einen zurücklehnen und sagen lassen: Es ist nicht mehr die Zeit, über Frauenförderung nachzudenken, davon müssen wir uns endlich abwenden. – Nein, es ist nach wie vor die Zeit, darüber zu sprechen, dass Frauen in diesem Land nicht gleichberechtigt sind.

Allerdings hoffe ich – weil der Antrag überwiesen wird –, dass wir vielleicht doch noch zu einem gemeinsamen Antrag und zu einem gemeinsamen Signal kommen werden.

Frau Ministerin Scharrenbach hat gemeinsam mit der LAG der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten aufgefordert, unter dem Hashtag „#100 Jahre Frauenwahlrecht“ Initiativen zu posten und sichtbar zu machen, welche Frauen sich für das Frauenwahlrecht engagiert haben. Es wäre doch schön, wenn dieses Parlament unter dem Hashtag „#100 Jahre Frauenwahlrecht“ eine gemeinsame Initiative starten, einen gemeinsamen Antrag einbringen würde, der deutlich macht, dass wir Frauen in der Politik stärken wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, nachdem Sie alles abgelehnt haben, was die SPD in ihren Antrag geschrieben hat, und nachdem ich erläutert habe, dass Sie unsere Quotenregelung abgeschafft haben, würde mich interessieren – Sie haben gesagt, bei Ihnen sei alles in guten Händen –, was Sie nun konkret vorschlagen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Nach wie vor haben Sie keinen Vorschlag auf den Tisch gelegt, wie Sie den Frauenanteil im öffentlichen Dienst erhöhen wollen. Wie wollen Sie denn, wenn unsere Vorschläge alle schlecht sind, den Anteil von Frauen in den Kommunalparlamenten erhöhen?

Wir sind sehr gespannt auf die Antworten. Vielleicht hat die Ministerin ja endlich ein paar Antworten im Gepäck. Ich verliere die Hoffnung nicht. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Kollegin Paul. – Für die Fraktion der AfD spricht der Abgeordnete Röckemann.

Thomas Röckemann (AfD): Einer der sympathischsten Gedanken des deutschen Philosophen Friedrich Nietzsche lautet schlicht: Man soll seinen Mitmenschen Beschämung ersparen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe mir diesen Gedanken bewusst zur Maxime meines bürgerlichen Lebens gemacht und wollte es in meinem neuen Betätigungsfeld, der Politik, eigentlich genauso halten. Aber als ich den hier zur Debatte stehenden Antrag der SPD-Fraktion gelesen habe, wusste ich: Es ist die Zeit gekommen, eine Ausnahme von meiner Maxime zu machen.

Der Volksmund sagt: „Jeder ist zu etwas nütze, und sei es nur als abschreckendes Beispiel.“ Das trifft auf diesen Antrag in besonderer Weise zu. Denn er ist schon formal – im Schriftbild, in der Wortwahl und auch im Reichtum orthografischer Extravaganzen – schlicht eine Beleidigung für das Ansehen und die Reputation unseres Parlamentes und Landes.

Da werden Zitate kursiv geschrieben, was ja in Ordnung ist, aber in der Folge dann auch ganz normale Textteile. Das irritiert und erschwert das Lesen. Da werden unvermutet und sinnlos die Schriftgrößen gewechselt. Da werden mitten in Sätzen Präpositionen überraschend großgeschrieben.

Wer hat bei der Entwicklung dieses Antrags eigentlich mitgewirkt? Opfer der hausgemachten SPD-Bildungsmisere oder schon Fachkräfte und Ingenieure aus der aktuellen Völkerwanderung?

Sie, liebe Kollegen der SPD, agieren mit Ihrem Antrag weit unter den bei Ihnen eigentlich vermuteten Möglichkeiten; denn auch inhaltlich ist Ihr Antrag ein Lehrstück dafür, wie man es nicht machen sollte.

Es fängt an mit der gedanklichen Engführung, die Etablierung des Frauenwahlrechts in Deutschland ausgerechnet an der sozialistischen Säulenheiligen Clara Zetkin und an internationalen Frauentagen festmachen zu wollen. Hat nicht das sozialdemokratische Denken den Ansatz „Männer machen Geschichte“ bislang mit Abscheu von sich gewiesen? Aber jetzt soll gelten: „Frauen machen Geschichte“?

Wollen Sie damit einen weiteren Teil Ihrer Wählerschaft, nämlich den der Männer, der AfD zutreiben? Wäre es nicht zielführender und erhellender, auf den soziokulturellen Wandel in den europäischen Gesellschaften hinzuweisen und auf große Frauen wie die kongeniale Lise Meitner an der Seite Otto Hahns oder auf Madame Curie – Frauen, die exemplarisch dafür stehen, dass eine Zeit gekommen war, in der sie sich aufmachten, den öffentlichen Raum in Wissenschaft, Wirtschaft und Politik zu erobern?

Man könnte auch reden von der nachlassenden Prägekraft religiöser Weltentwürfe, von der Überwindung des paulinischen „Mulier taceat in ecclesia“ – das Weib möge in der Gemeinde schweigen;

(Zurufe von der SPD)

Sie werden es vielleicht nicht kennen –, das die Frauen in der europäischen Geschichte für viele Jahrhunderte aus dem öffentlichen Raum ausgeschlossen hatte. All dies hätte eigentlich zu der Darstellung gehört, warum wir heute das Frauenwahlrecht haben. Das hätte erhellender gewirkt als Ihre Aufzählungen.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht noch schlimmer. Die SPD nimmt diesen wichtigen Gedenktag zum Anlass, noch einmal in der Werkzeugkiste sozialistischer Zwangsmaßnahmen zu kramen. Denn was fällt ihr aus diesem Anlass beim Blick in die Zukunft ein? Man ahnt es schon: Die SPD strebt auch hier unverbesserlich und unverdrossen nach der idealen Gesellschaft, die sich ja seit ihrer Gründung in Gestalt des Lassalle‘schen Arbeitervereins partout nicht von alleine einstellen will.

Nun bin ich nicht der Meinung von Margaret Thatcher, die – notabene: Frau und Politikerin – einmal konstatiert hat: So etwas wie Gesellschaft gibt es nicht. – Die gibt es für mich und in der Anschauung unserer Partei, der AfD, sehr wohl. Für uns ist Gesellschaft das, was als Summe entsteht, wenn die Menschen in freier Selbstbestimmung als Souverän ihres Lebens ihre Prioritäten im Rahmen der geltenden Rechtsordnung selbst und autonom bestimmen können.

(Beifall von der AfD)

Wir nennen das freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat. Schon mit dem freien Willen hat es die Nach-Willy-Brandt-SPD der Heiko Maas‘ und Ralf Stegners nicht mehr so und in Zeiten des Gender-Schwachsinns auch nicht mehr mit wahrer Wissenschaft.

Allerdings: Der Hit in der Schlagerparade ranzig gewordener Gassenhauer der Partei, in der alle gern die alten Lieder singen, ist die Umformung der Gesellschaft hin zu idealen Formen und Ausprägungen, also die Zwangsbekehrung zur sozialen Gerechtigkeit, zur Generationengerechtigkeit, zur Frauengerechtigkeit, zur Kindergerechtigkeit, zur Asylbewerbergerechtigkeit, quasi zur Gerechtigkeit der Gerechtigkeiten. Das heißt im Klartext: zur allein seligmachenden Gleichmacherei durch Politik.

Und wie gedenkt man, die gesellschaftliche Gerechtigkeit und Gleichheit herzustellen? Die Antwort lautet: auf gut sozialistische Weise in gut sozialistischer Tradition, also nach dem bekannten Masterplan des Sozialismus in allen Ländern der Erde.

Erst macht man sich den Staat und seine Institutionen zur Beute. Dann nutzt man dessen Machtmittel in Exekutive, Schule und Wissenschaft durch Planwirtschaft im Wirtschaftsleben dazu, den ersehnten „neuen Menschen“ herzustellen. Schließlich macht man aus dem Souverän der demokratischen Grundordnung eine Marionette, die sich nach der Blaupause von Gleichmacherei und Gender-Religiosität zu bewegen hat und dazu verdammt ist, unter diesen Zwängen Glücklichsein heucheln zu müssen –

(Beifall von der AfD)

ein Glücklichsein wie bei Stalins Holodomor, Maos Großem Sprung, Pol Pots Reinigung des Volkes durch Abschlachten und wie bei den Venezolanern, bei denen die Gleichheit der Unterversorgung nahezu erreicht und verwirklicht ist.

Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen, zum Abschluss: Die sogenannten Feststellungen unter Punkt 2 des Antrags sind zumeist unsinnig und eine Beleidigung des Intellekts eines der Logik verpflichteten Menschen.

Die Forderungen unter Punkt 3 propagieren den intervenierenden „Nanny-Staat“ und sind nicht nur in meinen Augen ein frontaler Angriff auf Freiheit und Selbstbestimmung von Frauen und Männern. Sie sind ein Affront gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

(Beifall von der AfD)

Nicht nur die Form des Antrags ist beschämend, beschämend ist auch, dass eine Partei mit großer demokratischer Tradition sich versteigt, in höchstem Maße undemokratische Wege vorzuschlagen, um Zustände herbeizuführen, vor denen uns George Orwell und Aldous Huxley so eindringlich gewarnt haben.

Meine Damen und Herren Kollegen, wir werden den Antrag der SPD im Ausschuss kritisch begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Das war der Abgeordnete Röckemann für die Fraktion der AfD. – Als Nächstes hat für die Landesregierung Frau Ministerin Scharrenbach das Wort.

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 19. Januar 1919 war es endlich so weit: Frauen durften das erste Mal wählen und sich auch wählen lassen. Dem voraus ging ein Beschluss vom 12. November 1918, also in diesem Jahr zum hundertsten Mal, dass Frauen das aktive und passive Wahlrecht bekommen.

„100 Jahre Frauenwahlrecht“ fällt in diesem Jahr mit „100 Jahre Ende Erster Weltkrieg“ zusammen. Man darf nicht aus den Augen verlieren, was das vor 100 Jahren bedeutet hat. Denn der Erste Weltkrieg war ein Wendepunkt für die Bewegung insgesamt. Die radikale Frauenrechtsbewegung, im Besonderen die Suffragetten in Großbritannien, wich dem Patriotismus im Rahmen des Ersten Weltkriegs, und Frauen mussten und durften Arbeiten verrichten, die früher nur für Männer vorgesehen waren.

Im Jahr 1918 waren die Frauen nicht mehr dieselben wie 1914 bei Kriegsausbruch, sagt die französische Historikerin Françoise Thébaud. Manche Frauen sind als Krankenschwestern, als Arbeitskräfte in der Rüstungsindustrie in den Krieg gezogen. Bäuerinnen mussten ihren Mann auf dem Feld ersetzen, und alle Frauen lebten in einem Land, in dem der Krieg tobte und ihr Leben im Alltag veränderte. Im Jahr 1918 waren die Frauen nicht mehr dieselben wie 1914.

Man darf sich einmal vergegenwärtigen, was das bedeutet, wenn ein Weltkrieg tobt. Auch wenn wir in der Bundesrepublik Deutschland den Zweiten Weltkrieg immer eher im Fokus der Debatten und der historischen Betrachtung haben, so war doch gerade der Erste Weltkrieg der, der im Besonderen für unsere europäischen Freunde die Urkatastrophe des vergangenen Jahrhunderts war. In diesen Zeiten der Wirren eines Weltkriegs machen sich Frauen auf, werben und kämpfen dafür, dass ihnen das Recht zuteilkommt, wählen zu dürfen und selbst gewählt zu werden. Das an sich ist eine besondere Betrachtung wert.

Wir haben Sie als Landesregierung im vergangenen Jahr sehr früh darüber informiert, dass wir in diesem Jahr anlässlich des Internationalen Frauentages am 13. März eine Veranstaltung durchführen werden, die wir unter den Titel „100 Jahre Frauenwahlrecht“ stellen. Ich kann mich gut an Ihre Reaktionen erinnern, als mein Haus Ihnen das im Ausschuss unter „Verschiedenes“ mitgeteilt hat. Es kamen Reaktionen wie etwa: Oh, ist Ihnen nichts Besseres eingefallen?

(Josefine Paul [GRÜNE]: Das stimmt nicht!)

Ich habe geantwortet: Feste muss man feiern, wie sie fallen. – So soll es auch sein.

Ich hätte mich, liebe Frau Kopp-Herr, wenn Sie für Gemeinsamkeit werben, darüber gefreut, wenn Sie versucht hätten, einen Antrag auch gemeinsam einzubringen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Denn, offen gesagt, lohnt sich aus meiner Sicht der Streit darüber nicht, wer vor 100 Jahren wie was wo initiiert hat, welche Partei es gewesen ist. Denn am Ende war es eine breite Frauenrechtsbewegung aller Couleur, die dafür Sorge getragen hat, dass hier gleiche Rechte zur Durchsetzung gelangen.

Wir haben in diesem Jahr nicht nur 100 Jahre Frauenwahlrecht, sondern wir haben in diesem Jahr auch 60 Jahre Gleichberechtigungsgesetz. Das bedeutet: Bis 1958 konnten die Ehemänner noch einen Arbeitsvertrag ihrer Frauen kündigen – fristlos, anlasslos. Das ist gerade mal 60 Jahre her. Und bis 1977 – das ist gerade mal 41 Jahre her – mussten Frauen ihre Ehemänner um Erlaubnis fragen, wenn sie überhaupt berufstätig werden wollten.

Die große Reform des Bürgerlichen Gesetzbuchs mit den Punkten, die von Ihnen auch breit angesprochen worden sind, aus den demokratischen Parteien zeigt die Werdegänge von Rechten für Frauen in der Bundesrepublik.

Das, was viele Generationen, die jünger sind als ich und als viele in diesem Parlament, heute in der Frage der Gleichstellung, aber auch der Gleichberechtigung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik als Selbstverständlichkeit empfinden, ist über viele Jahre und Jahrzehnte hart erkämpft worden. Es ist wichtig, dass wir uns in einem möglichst breiten Konsens der demokratischen Parteien darauf verständigen, diese Rechte zu verteidigen. Denn wir halten sie nicht für selbstverständlich, sondern wollen betonen, dass hier ein harter Einsatz vorausgegangen ist.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Lassen Sie mich nichtsdestotrotz auf die einzelnen Forderungen Ihres Antrags eingehen.

Im ersten Punkt fordern Sie, im Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden geeignete Maßnahmen zu Verbesserung der Rahmenbedingungen für eine familien- und fürsorgegerechte Vereinbarkeit von Mandat und Beruf zu entwickeln, beispielsweise durch familiengerechte Sitzungszeiten.

Sie wissen, dass wir das auch im Rahmen der Ehrenamtskommission in der letzten Legislatur diskutiert haben. Wenn ich mich richtig erinnere – aber da lasse ich mich auf Diskussionen ein –, haben wir gesagt, dass die Fraktionen in einem Stadtrat und in einem Kreistag alle Rechte und alle Möglichkeiten haben, familiengerechte Sitzungszeiten festzulegen. Das erfolgt auch in Nordrhein-Westfalen mit Rücksicht auf die, die mit ihrem Mandat ehrenamtlich unterwegs sind. Ich habe jedenfalls keine andere Erkenntnis. Man darf es dann eben auch vor Ort ansprechen und einfordern. Dafür sind die Ältestenratssitzungen da.

Im zweiten Punkt fordern Sie, geeignete Maßnahmen für die Erhöhung des Anteils von Vätern in Elternzeit zu entwickeln, damit eine Grundlage für die partnerschaftliche Aufteilung der Kinderfürsorge geschaffen wird.

Sie wissen, dass das eine gemeinsame Aufgabenstellung zwischen Bund und Land ist, und Sie haben sich in der Vorgängerregierung noch über eine Aktionswebsite „Väter werden“ – ich hoffe, ich zitiere richtig – dieses Themas angenommen. Dieses Thema wird auch in Zukunft weiter Bedeutung haben.

Sie wissen, wenn Sie die Situation in Nordrhein-Westfalen nehmen, dass die Beteiligung von Vätern, in Elternzeit zu gehen, sehr unterschiedlich ist – in Abhängigkeit von Regionen. Es gibt Regionen, in denen Väter überwiegend im industriellen Bereich tätig sind, für die es anscheinend schwieriger ist, in Elternzeit zu gehen, als für Väter, Arbeitnehmer, die in Dienstleistungsberufen unterwegs sind. Auch das ist aus meiner Sicht eine Frage für die beiden Tarifparteien: Arbeitgeber und Gewerkschaften.

Sie fordern drittens eine auskömmliche Finanzierung der frühkindlichen Bildung und eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten. Sie wissen, dass das im Koalitionsvertrag von CDU und FDP vereinbart ist, und Sie wissen auch, dass die Landesregierung im Zuge des Kita-Rettungspaketes – 500 Millionen € – mit dem Nachtragshaushalt 2017 zugesagt hat, sich sehr intensiv mit der Auskömmlichkeit und der Finanzierungsstruktur der Kindertageseinrichtungen und der Kindertagesbetreuung in Nordrhein-Westfalen auseinanderzusetzen. Insofern ist dieser Punkt, den Sie fordern, schlichtweg in Arbeit und damit obsolet.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Na ja!)

Sie fordern viertens, in Kooperation mit kommunalen Gleichstellungsbeauftragten Mentoringprogramme zu entwickeln. Das wissen Sie insbesondere in der SPD, weil ich im Gleichstellungsausschuss des nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebundes im vergangenen Jahr vorgetragen und dann auch mit den dort vertretenen ehrenamtlichen Fraktionsvertretern aus ganz Nordrhein-Westfalen erörtert habe, wie wir das machen können. Wir werden das als Landesregierung tun.

Sie fordern fünftens ein Aktionsprogramm zur Stärkung der Repräsentanz von Frauen in Ämtern in der Politik und einen landesweiten Aktionstag „Frauen in der Politik“. Auch das wird die Landesregierung leisten. Dazu ist bereits am 5. Januar in meinem Hause im Nachgang zur Sitzung des Gleichstellungsausschusses beim nordrhein-westfälischen Städte- und Gemeindebund ein entsprechender Auftrag ergangen.

Sie fordern des Weiteren die Etablierung verbindlicher Zielvorgaben für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in politischen Gremien. Sie wissen – Sie haben es noch auf den Weg gebracht –, dass das Landesgleichstellungsgesetz Nordrhein-Westfalen in § 12 eine Zielquote von 40 % Frauen in den wesentlichen Gremien vorsieht. Wir haben dazu zusammen mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Arbeitspapier entworfen, ein Frequently Asked Questions, weil genau dieser § 12 in der Praxis viele Fragen aufwirft: Was heißt das für die Besetzung politischer Gremien? Dieses FAQ-Paper befindet sich derzeit in der Veröffentlichung.

Das heißt aber nicht, dass es damit getan ist; das sage ich in aller Ausdrücklichkeit. Natürlich ist die Beteiligung von Frauen und Männern in politischen Gremien im Ehrenamt und im Hauptamt eine Daueraufgabe. Darüber brauchen wir gar nicht zu sprechen; das ist in der Tat so. Zum einen erlebe ich in kommunalen Fraktionen sehr häufig eine ungeheure Offenheit, auch Frauen im Mandat zu gewinnen und zuzulassen. Gleichsam sind wir mit den Kommunen darüber im Gespräch, wie es im Hinblick auf die nächste Kommunalwahl 2020 gelingen kann, den Anteil von Frauen im Haupt- und Ehrenamt weiter zu erhöhen. Auch das ist ein Ziel, was die demokratischen Parteien eint.

Zum Schluss fordern Sie vom öffentlichen Dienst, mit gutem Beispiel voranzugehen und gleichstellungspolitische Ziele stärker konsequent zu verfolgen. Auch das tun wir. Sie haben mehrfach abgehoben auf die Quote im Zusammenhang mit dem Landesbeamtengesetz, § 19 Abs. 6, die durch den Beschluss des Landtages vom Sommer 2017 derart aufgehoben wurde, dass wieder die alte Rechtslage in Kraft getreten ist. Bei der Beförderung von Beamten gilt wieder die gleiche Eignung, Befähigung und Qualifikation und eben nicht die wesentlich gleiche.

Die Fraktionen von CDU und FDP haben die Landesregierung aber beauftragt, kurzfristig zu evaluieren, wie es denn weitergehen kann. Das tun wir. Wir arbeiten daran. Wir sitzen daran, liebe Frau Paul; das habe ich Ihnen schon im letzten Gleichstellungsausschuss gesagt.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Wie lang ist bei Ihnen denn kurzfristig? Kommt da noch was?)

– Wie definieren Sie denn kurzfristig, Frau Paul?

(Josefine Paul [GRÜNE]: Das ist ja die Frage an Sie! Wir warten jetzt schon ein halbes Jahr!)

– Normalerweise heißt kurzfristig bis zu zwölf Monaten, mittelfristig heißt bis zu fünf Jahren, und langfristig heißt über fünf Jahre.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Dann ist also von Ihnen in dieser Legislaturperiode wenig zu erwarten?)

Es wäre mir jetzt neu, dass Sie plötzlich eine anderweitige Definition von „kurzfristig“ haben, zumal ich gerne daran erinnere, dass es von Ihrer Seite immer hieß, der Landesaktionsplan zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen kommt kurzfristig. Bedauerlicherweise brauchte er, glaube ich, fünf Jahre, bis er dann mal vorlag. – Wir arbeiten daran.

Dass die Landesregierung, Frau Paul, ein hohes Maß an Beteiligung von Frauen auch innerhalb der Landesregierung gerne sieht, merken Sie zum Beispiel daran, dass mein Haus in der Hausspitze und in den Abteilungsleitungen paritätisch besetzt ist. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Ministerin Scharrenbach. – Nun spricht für die CDU-Fraktion noch Frau Kollegin Wendland.

Simone Wendland (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als das Kabinett Kraft im Sommer seine Arbeit beendete, stellte die SPD die Ministerpräsidentin und die Spitzen von acht Ministerien. Sie stellte aber nur drei Ministerinnen und fünf Minister. Darüber hinaus stellte sie elf Staatssekretäre. Unter diesen befand sich keine einzige Frau.

(Rainer Schmeltzer [SPD]: Das stimmt nicht!)

Heute, ein halbes Jahr später, will die SPD-Landtagsfraktion die Landesregierung auf verbindliche Zielvorgaben für die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen in politischen Gremien verpflichten, und der öffentliche Dienst des Landes soll dabei mit gutem Beispiel vorangehen. Was Sie in Ihrer Regierungsverantwortung also nicht selbst geschafft haben, verlangen Sie nun vollmundig von der Nachfolgeregierung. Insofern fügt sich Ihr Antrag lückenlos in Ihre Anträge zur Finanzierung der Betreuungseinrichtungen für Kinder oder für den Ausbau der Infrastruktur in Nordrhein-Westfalen ein.

Angela Merkel, unsere bisher einzige Bundeskanzlerin, hat einmal gesagt: Es ist keine vollkommene Gesellschaft, wenn ganze Bereiche nur von Männern besetzt werden. – Und dann kommt der Nachsatz: oder nur von Frauen. – Damit hat sie völlig recht.

(Heike Gebhard [SPD]: Davon sind wir noch weit entfernt!)

Deshalb haben Sie auch mit dem Grundanliegen Ihres Antrags recht: Wir brauchen in der Tat mehr Frauen in der Politik, in der Wirtschaft, in den Medien und in der Kultur. Wir brauchen vor allen Dingen junge Frauen, vor allem brauchen wir Mütter, wir brauchen aber auch Frauen mit Lebenserfahrung. In diesem Punkt pflichten wir Ihnen bei.

Doch Ihr Antrag hat den falschen Adressaten. Wie so häufig bei der SPD ist auch dieser Antrag von oben nach unten und damit in die falsche Richtung gedacht. Natürlich wäre es schön, wenn es in den Kommunen, in den Stadträten, in den Kreistagen möglich wäre, dass Frauen ein Mandat in solchen Gremien ganz leicht übernehmen könnten.

In meiner Heimatstadt Münster hat die Stadtverwaltung vor einigen Wochen eine Umfrage unter den Mandatsträgern gemacht, um den Bedarf für die Kinderbetreuung während der Gremiensitzungen zu erfragen. Ich finde, das ist ein ganz guter Ansatz. Wir alle kennen die Wirklichkeit. Wenn wir ehrlich sind, ist es doch so, dass die Parteien nach wie vor männerdominierte Strukturen haben. Parteiveranstaltungen mit einem parallelen Kinderbetreuungsangebot gibt es nur recht selten.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Bei uns!)

Ich bin mir auch sicher, dass auf den wenigsten Checklisten für die Organisation von Parteiveranstaltungen solche Fragen auftauchen. Ich bin auch ganz sicher, dass die Locations für Parteiveranstaltungen oder Klausurtagungen eher aufgrund des Inhalts der Speisekarte oder des Vorhandenseins von Parkplätzen ausgesucht werden als nach dem Kriterium, ob es ein Spielzimmer oder Wickelmöglichkeiten gibt.

Wenn man über die Zeiten nachdenkt, zu denen man Parteiveranstaltungen terminiert, dann ist es doch immer noch so, dass man dabei eher den Terminkalender der Fußballnationalmannschaft der Männer im Blick hat als den einer ganz normalen Familie.

(Regina Kopp-Herr [SPD]: Da sind wir gar nicht auseinander!)

Wenn eine Frau ein politisches Mandat anstrebt, dann muss sie sich nach wie vor auf diese vornehmlich von Männern geschaffenen Rahmenbedingungen einstellen. Denn in allen Parteien gibt es auf irgendeine Art und Weise die sogenannte Ochsentour, bei der man sich überall vorstellen und präsentieren muss.

Man könnte es auch zynisch so ausdrücken: Eine Frau, die ein kommunales Mandat erringt, hat zwangsläufig ihr Leben schon vorher so organisiert, dass sie die Unterstützungsmöglichkeiten, die Sie einfordern, gar nicht mehr braucht.

Deshalb meine ich, dass Ihr Antrag falsch adressiert ist. Sie sollten ihn an sich selbst, an die Verantwortlichen in Ihrer Partei stellen. Denn ich bin ganz sicher, wenn sich die Parteien selbst frauenfreundlicher aufstellen, kommt alles andere von allein und muss nicht von oben verordnet werden.

Denn das ist das Problem mit Ihrem Antrag. Sie wollen mal wieder mit verbindlichen Zielvorgaben arbeiten. Das Verfassungsdebakel mit dem von Ihnen beschlossenen Landesbeamtengesetz war Ihnen keine Lehre.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Sie wissen, dass es kein Verfassungsdebakel gab! Das müssen Sie besser wissen!)

– Das war ein Debakel, Frau Paul. – Wenn eine Frau nur aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau ist, ein Amt oder eine Funktion erhält – und das ist der Kern des Ganzen –, dann bringt das keinem etwas. Es ist weder im Sinne der Aufgabe, die erfüllt werden muss, noch im Sinne der Frau selbst.

(Josefine Paul [GRÜNE]: Bei Ihnen können nur Männer die Aufgaben erfüllen, während die Frauen in der CDU das nicht können!)

Wir brauchen auch in den noch männerdominierten Bereichen eine weitere Verbreitung der Erkenntnis, dass Frauen über besondere und spezielle Fähigkeiten, über Talente und Kenntnisse verfügen, von denen alle profitieren könnten.

Man kann das an vielen kleinen Dingen festmachen. Ich bin zum Beispiel der festen Überzeugung, dass Gebäude und Wohngebiete ganz anders geplant und konzipiert würden, wenn man männlichen Planern mal einen Tag lang einen Kinderwagen in die Hand drücken würde. Wir würden uns alle wundern, wo auf einmal Barrieren verschwinden, Aufzüge eingebaut oder Kinderspielplätze konzipiert würden.

Aber wir Frauen wissen: Bei Männern dauert es manchmal etwas länger, bis der Groschen fällt. Und manchmal brauchen sie dazu auch den Anstoß von uns Frauen.

Wie wirkungsvoll der sein kann, hat Angela Merkel bei ihrer Neujahrsansprache 2005 gezeigt, als sie darauf hingewiesen hat, dass die deutschen Fußballfrauen gerade Weltmeister geworden seien und es eigentlich keinen Grund geben sollte, warum Männer nicht das Gleiche leisten könnten. Acht Jahre später haben die Männer dann gleichgezogen. Das sollte uns doch allen Hoffnung geben.

Wir bleiben dabei: Von oben verordnete Zielvorgaben, eine Top-down-Politik, das bringt überhaupt nichts. Die Belege und Beispiele dafür sind zahlreich. Wir müssen bei uns selbst anfangen, bei unseren Verbänden, Vereinigungen und Institutionen.

(Zuruf von Josefine Paul [GRÜNE])

Ich glaube, wir Frauen in der CDU sind auf einem sehr guten Weg. Der von mir eingangs erwähnte Blick auf das Kabinett Kraft zeigt, dass Sie in der SPD noch viel Arbeit vor sich haben. Sie sollten sie bitte nicht auf uns abwälzen.

(Zuruf von der SPD: Ha, ha!)

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Wendland. – Für die SPD-Fraktion hat nun Frau Kollegin Butschkau das Wort.

Anja Butschkau (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich ehrlich bin, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ich konzentriere mich aber auf die Äußerungen und Einlassungen der Abgeordneten der AfD, weil diese mich doch wirklich sehr entsetzt haben. Viele, nein, eigentlich alle Äußerungen müssten kommentiert und richtiggestellt werden. Aber dazu reicht die Zeit leider nicht aus.

Ich finde es unerträglich, Herr Röckemann, wie Sie die Errungenschaften der Frauenbewegung in Ihren Ausführungen mit Füßen treten.

(Andreas Keith [AfD]: Hat er doch gar nicht gemacht!)

Aber nach den bisherigen Einlassungen der Herrschaften zur Rechten in diesem Hohen Hause hätte man eigentlich nichts anderes erwarten dürfen. Sie können noch so laut von „Genderwahn“ und „sozialistischem Gedankengut“ sprechen – das zeigt alles nur, welches überkommene Rollenverständnis Sie eigentlich haben.

(Beifall von der SPD)

Sie wollen doch, dass die Frauen zu Hause den Haushalt schmeißen und die Kinder hüten, während sich der Mann selbst verwirklicht.

(Zurufe von der AfD)

Das zeigt, dass Frauen bei Ihnen mehrheitlich von politischen Prozessen ausgeschlossen werden. Beides – da können Sie ganz sicher sein – werden sich die Frauen in diesem Land jedoch nicht gefallen lassen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Gleichstellungspolitik erlebt gerade eine ganz schwierige Zeit. In Teilen unserer Gesellschaft werden Frauenrechte und die Gleichstellung aller Geschlechter zur Disposition gestellt. Erfolge, die die Frauenbewegung über viele Jahrzehnte errungen hat, werden von konservativen Kreisen infrage gestellt.

Ein Zurück in frühere Zeiten, in denen Frauen Menschen zweiter Klasse waren, dürfen und werden wir aber nicht zulassen.

(Beifall von Regina Kopp-Herr [SPD])

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im November wird das Frauenwahlrecht in Deutschland 100 Jahre alt. Frauen dürfen seitdem nicht nur aktiv wählen, sondern auch selbst gewählt werden. Im Erfolgsfall vertreten sie Frauen und Männer in einem Parlament.

Ich bin stolz darauf, dass diese Errungenschaft von Sozialdemokratinnen für die Frauen in unserem Land erstritten wurde. Sie haben damit die Umsetzung eines fundamentalen Menschenrechts erreicht, eines Rechts, das ihnen in nationalkonservativen Zeiten versagt wurde.

Frau Kopp-Herr hat in ihrer Rede die großartige Marie Juchacz zitiert. Dabei fiel ein Wort, das ich noch einmal erwähnen möchte. Es war das Wort Selbstverständlichkeit.

Genauso selbstverständlich wie das Wahlrecht für Frauen sein sollte, ist es, dass Frauen und Männer in den Parlamenten paritätisch vertreten sein sollten. Dies ist bis heute leider nicht der Fall. Frau Kopp-Herr hat die Zahlen genannt. Wir haben hier ein deutliches Demokratiedefizit.

Da verwundert auch nicht die Empörtheit der AfD über unseren Antrag. Denn bei Ihnen beträgt der Frauenanteil bescheidene 12,5 %. Von daher muss man doch die berechtigte Frage stellen: Wen vertreten Sie eigentlich hier im Landtag? Die deutsche Frau scheint das nicht zu sein.

(Roger Beckamp [AfD]: Viele SPD-Wähler!)

Es sind zwei überwiegende Gründe, warum Frauen in den Parlamenten unterrepräsentiert sind. Immer noch kämpfen Frauen gegen vorherrschende Rollenbilder und Ellenbogenmentalität. Ein Blick nach rechts offenbart dabei die Extrembeispiele.

Es ist aber auch die schlechte Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Mandat, die es gerade jüngeren Frauen schwer macht, ein politisches Mandat zu übernehmen. Hier kann der Einsatz von Gender-Mainstreaming-Instrumenten nützlich sein, um die Chancen von Frauen zu steigern, auch wenn das für die AfD schon wieder Genderwahn-Humbug ist.

Halten wir fest: Frauen haben spezifische Interessen, egal ob in der Arbeitswelt, bei der Gestaltung des öffentlichen Lebens oder in der Familienpolitik. Oberstes Ziel unserer Frauenpolitik muss es sein, dass Frauen frei und unabhängig ihr eigenes Leben gestalten können. Daher appelliere ich: Frauen in Deutschland, nehmt eure Interessen selbst in die Hand und lasst euch dabei nicht beirren, von nichts und niemandem! – Herzlichen Dank und Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Kollegin Butschkau. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 17/1664 an den Ausschuss für Gleichstellung und Frauen – federführend –, an den Ausschuss für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen, an den Ausschuss für Familie, Kinder und Jugend sowie an den Hauptausschuss. Die abschließende Abstimmung soll im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer stimmt diesem Verfahren zu? – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Das ist beides nicht der Fall. Damit ist einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

5   Waldwirtschaft in NRW nachhaltig gestalten!

Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1670

Für die grüne Fraktion begründet nun Herr Kollege Rüße den Antrag.

Norwich Rüße (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Fraktion stellt heute diesen Antrag zur Waldpolitik und zur Zukunft des Landesbetriebs Wald und Holz, weil wir der Meinung sind, dass wir die Debatte über dieses wichtige Thema, das für die Zukunft des Waldes in Nordrhein-Westfalen von hoher Bedeutung ist, hier im Landtag führen müssen.

Wir sind der Meinung, dass der Landesbetrieb ein wichtiger Baustein in Nordrhein-Westfalen ist, um unsere Wälder auch in Zukunft gut nutzen zu können, nachhaltig aufzustellen und auch Fragen wie Klimawandel und Waldnutzung bewältigen zu können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Nordrhein-Westfalen haben wir grundsätzlich eine andere Waldbesitzerstruktur als in anderen Bundesländern. Im Ausschuss haben wir es auch schon manchmal diskutiert; wir wissen das. Wir haben vergleichsweise wenig Staatswald, wir haben wenig Wald in Kommunalbesitz, wir haben auch wenig privaten Großwald. Wir haben einen sehr hohen Anteil an sogenanntem Bauernwald- und Kleinwaldbesitz. Es ist für eine Landespolitik eine große Herausforderung, diesen Wald vernünftig betreut und im Sinne der Landeswaldpolitik aktiviert zu bekommen.

Wir wissen, dass viele der Kleinwaldbesitzer den Wald eher passiv und teilweise gar nicht nutzen. Wir haben immer das Problem, aus diesem großen Kleinwaldbesitz die Holzvorräte zu gewinnen, die wir ernten wollen und die als nachhaltiger Rohstoff genutzt werden sollen.

Wir brauchen eine Aktivierung dieser Wälder. Diese ist in der Vergangenheit gerade durch die Förster des Landesbetriebs immer hervorragend geleistet worden. Wir brauchen die Beratung durch die Försterinnen und Förster vor Ort. Es gibt Schätzungen, wonach etwa ein Drittel der Holzeinschläge, die wir im Wald in Nordrhein-Westfalen haben, von den Förstern des Landesbetriebs angeregt werden. Sie gehen auf Waldbesitzer zu und sagen: Hör mal, ich sehe, in deinem Wald ist der Holzzuwachs da. Jetzt müssen wir da herangehen. Mach‘ das mal; da muss Einschlag passieren. – Ich glaube, wir alle wollen das. Wir wollen den nachhaltigen Rohstoff Holz nutzen. Von daher können wir das alle gemeinsam nur positiv sehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wir wissen, durch die Einheitsforstverwaltung hat der Förster zum einen hoheitliche Aufgaben, zum anderen übernimmt er die Beratung und Betreuung der Waldbesitzer und bündelt zurzeit eben auch noch den Holzverkauf für die Waldbesitzer. Dieser Förster ist in hohem Maße eine Vertrauensperson. Ich glaube, es gibt nur wenige staatliche Beschäftigte, die einen so hohen Vertrauensvorschuss vor Ort haben wie gerade die Försterinnen und Förster.

Unsere Förster besitzen vor Ort die notwendigen Kenntnisse. Sie sind langjährig am Ort ansässig. Sie haben dort ihren Dienstsitz. Sie kennen die Wälder. Sie wissen, wann man das Holz aus Wäldern holen kann, wo man den Wald befahren kann usw. Sie haben die notwendigen Fachkenntnisse, um auch den anstehenden Umbau der Wälder zu bewältigen. Den Klimawandel habe ich eben schon genannt.

Ich will zwei Beispiele erwähnen, an denen wir sehen konnten, wie gut diese Betreuung in den letzten Jahren funktionierte: Wir hatten eine Debatte über dramatisch überhöhte Wildbestände im Revier Kleinenberg. Wir hatten auch eine Debatte rund um die Weihnachtsbaumkulturen im Sauerland. In beiden Fällen gab es einen lokalen Konflikt um die Thematik. Die Förster vor Ort waren Mediatoren und haben den Prozess moderiert. Sie waren an der Stelle wichtig.

Wir sind der Meinung, dass es gilt, diese besondere Rolle, die Förster an der Stelle haben, in die Zukunft zu tragen. Wir wollen, dass sie auch zukünftig diese Beratungsleistung erbringen können und nicht nur rein hoheitlich tätig sind. Ich glaube, dann würden wir vor Ort etwa verlieren.

Gefährdet ist das Ganze durch das Kartellrechtsverfahren. Das wissen wir durch die Debatte im Ausschuss. Es gibt schon seit einigen Jahren einen Schwebezustand. Dieser schwebt wie ein Damoklesschwert sowohl über die Waldbesitzer, die sich fragen, wie es mit der Holzvermarktung weitergeht, als auch über die Beschäftigten im Landesbetrieb, die sich fragen: Wie werden wir weiter beschäftigt? Wo wird unser Arbeitsplatz sein? Wie können wir die Struktur erhalten und gewährleisten?

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE])

Es ist deshalb auch wichtig, dass wir diese Debatte hier im Landtag führen, um mehr Öffentlichkeit in dieser Frage herzustellen. Die Entscheidungen stehen an. Ich halte es auch für wichtig, dass der Landesbetrieb und die Mitarbeiterschaft noch intensiver in diesen Prozess eingebunden werden.

Wir wollen das jetzt mit diesem Antrag ändern. Dabei geht es ausdrücklich nicht um parteipolitische Profilierung. Es geht darum, diese Debatte gemeinsam miteinander zu führen, und darum, wie wir es hinbekommen, gemeinsam die Zukunft des Landesbetriebs gut aufzustellen und eine gute Zukunft gewährleisten.

Ich würde mich freuen, wenn wir im Ausschuss gemeinsam zielgerichtet diskutieren. Besonders würde ich mich freuen, wenn wir am Ende noch einen gemeinsamen Antrag in dieser Sache hinbekämen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Rüße. – Nun spricht Herr Deppe für die CDU-Fraktion.

Rainer Deppe (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rüße, sieben Jahre lang haben Sie die Kartellrechtslage einfach negiert.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Nein!)

Sie wussten, dass die Praxis der Holzvermarktung und die indirekte Förderung der Betreuung durch den Landesbetrieb kartellrechtswidrig waren, und Sie haben nichts unternommen.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist das ja nicht!)

Warum haben Sie eigentlich wider besseres Wissen über Jahre die Waldbesitzer, die Sie eben genannt haben, die Forstbetriebsgemeinschaften und die Mitarbeiter des Landesbetriebs schlichtweg getäuscht?

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch nicht!)

Die Verunsicherung der Betroffenen, die Sie auch mit Ihrem Antrag hier beklagen, haben Sie doch selbst herbeigeführt.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Nein!)

Noch schlimmer, Herr Rüße: Die rot-grüne Verzögerungstaktik hat dazu geführt, dass sich inzwischen findige Anwälte und sogenannte Prozessfinanzierer gute Chancen ausrechnen, Schadenersatzansprüche aus Kartellrechtsverstößen in Höhe von dreistelligen Millionenbeträgen gegen das Land durchsetzen zu können. Sie wissen, dass sie unterwegs sind und Leute sammeln, die mit ihnen die Prozesse führen.

Sie haben wertvolle Zeit für den Aufbau leistungsfähiger Vermarktungs- und Betreuungsstrukturen einfach verstreichen lassen. Die Gutachten, wie es gehen müsste, haben Sie doch selbst in Auftrag gegeben. So hat Herr Professor Schraml schon 2013 festgestellt – ich zitiere –, dass die mit den Pilotprojekten verfolgten Ziele trotz der damals noch kurzen Anlaufphase in Teilen bereits erreicht werden konnten und die eigenständige Betreuung nach einer Phase intensiver Unterstützung der Forstbetriebsgemeinschaftsführungsebene zu funktionierenden Strukturen geführt hat.

Und noch kurz vor Ihrer Abwahl im April hat Ihnen der beauftragte Gutachter Ludwig Lehner nicht nur bestätigt, dass die forstwirtschaftlichen Vereinigungen in Zusammenarbeit mit den Forstbetriebsgemeinschaften und der Vermarktungsgesellschaft WaldHolz Sauerland GmbH grundsätzlich in der Lage sind, das bereitgestellte Holz – Zitat – aus dem Privatwaldbesitz kosten-, konkurrenz- und wettbewerbsfähig zu bündeln und zu vermarkten, sondern auch ganz konkrete Handlungsempfehlungen gegeben, wie man weiter vorgehen soll.

Es bleibt festzuhalten: Die Pilotprojekte haben gezeigt: Eine kartellrechtskonforme Organisation der Betreuung und Vermarktung ist durchaus gut in der Lage, unsere Wälder gut und nachhaltig zu bewirtschaften und zu betreuen. Auch in einer kartellrechtskonformen Organisation soll und wird nach Meinung der CDU der Landesbetrieb Wald und Holz NRW eine wichtige Rolle spielen.

Deshalb macht es auch gar keinen Sinn, hier einen Gegensatz aufzubauen oder Zukunftsängste zu schüren. Wir brauchen auch weiterhin gut ausgebildete Förster, und zwar in allen Beschäftigungsverhältnissen: beim Staat, in der Privatwirtschaft und auch als Selbstständige.

Meine Damen und Herren, fast zwei Drittel des Waldes in Nordrhein-Westfalen sind in Privatbesitz. Das ist gut so. Wir stehen zum privaten Eigentum am Wald.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Wer tut das nicht? Das ist doch gar keine Frage!)

Die Zeiten, in denen der staatliche Wald der gute Wald und der private der schlechte war, sind mit dem Start der NRW-Koalition vorbei.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das hat noch nie jemand behauptet in diesem Land!)

Unser Leitbild ist der Waldeigentümer – egal, wie groß sein Wald ist –, der weiß, dass er Eigentum hat, und deshalb verantwortungsvoll mit seinem Eigentum umgeht. Ihre Skepsis gegen alles Private, wie sie auch in Ihrem heutigen Antrag wieder zum Ausdruck kommt, ist völlig unangebracht.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

In Sachen Nachhaltigkeit brauchen die Waldeigentümer, die es gewohnt sind, in generationenübergreifenden Zyklen zu handeln, mit Sicherheit keinen Nachhilfeunterricht,

(Beifall von der CDU und der FDP )

und schon gar nicht von den Grünen.

Auch die Eigentümer kleiner Waldflächen brauchen diesen Nachhilfeunterricht nicht. Sie sind für uns genauso Eigentümer wie die anderen, und ich kann diesen hier versichern, dass ihre Belange berücksichtigt werden. Schließlich haben wir ein Interesse daran, dass sie ihren Wald nicht nur behalten, sondern auch nachhaltig nutzen.

Alle vorliegenden Gutachten bestätigen, dass den nah am Waldbesitz agierenden, lokal aktiven Forstbetriebsgemeinschaften und den regional in der Vermarktung tätigen fortwirtschaftlichen Vereinigungen zukünftig eine ganz wichtige Bedeutung zukommen wird. Diese sollten gestärkt werden.

Wir sind froh, dass die Ministerin nach den Jahren des Aussitzens jetzt einen strukturierten Beratungsprozess in die Wege geleitet hat und das Ziel verfolgt, eine rechtskonforme und vor allem zukunftsfähige Organisation der Waldwirtshaft in Nordrhein-Westfalen im Konsens mit den Beteiligten sicherzustellen.

Wir freuen uns auf die Debatte und die Diskussion im Ausschuss.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Kollege Deppe. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Watermann-Krass.

Annette Watermann-Krass (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Deppe, ich glaube, ich muss die Historie ein bisschen bemühen. Also, schon seit 15 Jahren beschäftigten wir uns in NRW mit der Kartellklage.

(Rainer Deppe [CDU]: Genau!)

Seit 2005 bin ich im Parlament. Jede Regierung – das müssen wir doch ehrlich sagen –

(Rainer Deppe [CDU]: 2011!)

hat sich bisher dieses Themas angenommen. Es wurden Modellversuche gemacht. Allerdings wissen Sie auch, dass bis heute gewisse Unsicherheiten bestehen.

(Rainer Deppe [CDU]: Was haben Sie seit 2010 gemacht? – Nichts!)

Selbst die WaldHolz Sauerland GmbH sagt uns, dass sie es noch nicht komplett ohne Unterstützung machen könne. Die Entgeltordnung ist angepasst worden, und schließlich gibt es auch die Verpflichtungszusage, dass wir in dem Bereich weiterkommen wollen.

Auch die jetzige Regierung ist dabei, sich dem Kapitel „Kartellbeschwerde“ zu stellen. Dabei ist doch klar: Die bewährte Bewirtschaftung durch den Landesbetrieb Wald und Holz NRW wird durch das Verfahren des Bundeskartellamts infrage gestellt, und der Landesbetrieb wird sich schrittweise aus der Betreuung und Beratung des privaten und auch des Körperschaftswaldes zurückziehen müssen. Das führt doch jetzt zu dieser Unsicherheit, und daraus resultiert der Antrag, der darauf abzielt, dass wir in dieser Angelegenheit in diesem Jahr vorankommen müssen.

Ich weiß nicht, wie es bei Ihnen ist, Herr Deppe, aber unsere Fraktion erreicht jede Menge an Zuschriften und Bitten um Gespräche, gerade von Forstbetriebsgemeinschaften. Denn diese haben Angst davor, dass es zukünftig schwierig sein wird, gerade im Bereich Rat und Anleitung ohne die Unterstützung durch den Landesbetrieb klarzukommen.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: So ist es!)

Auch in Richtung Waldbauernverband sage ich: Auch da gibt es immer wieder die Klage, dass sie sich von diesem Verband nicht genug unterstützt fühlen, um für sich erkennbar eine Perspektive zu haben, wie es weitergehen soll.

Hinzu kommt die Beschwerde über mutmaßlich rechtswidrig staatliche Beihilfen bei der EU-Kommission. Auch hier herrscht Verunsicherung,

(Rainer Deppe [CDU]: Alles bekannt!)

und zwar aufseiten der Waldbesitzer und aufseiten unserer Forstbediensteten. Die waren neulich noch bei uns und sagten: Wir wissen doch gar nicht, ob diese indirekte Förderung, die dort heute noch drinsteht, womöglich zurückgezahlt werden muss. Wer muss das machen? – Insofern ist das berechtigt.

(Rainer Deppe [CDU]: Ja, was haben Sie denn sieben Jahre gemacht? – Augen zu!)

Aber was heißt das denn jetzt für das Land Nordrhein-Westfalen? Das ist ja eine riesige Wertschöpfung, das ganze Cluster Holz. Der Umsatz beträgt 40 Milliarden €, und in dem Bereich sind 163.000 Beschäftigte tätig. Das heißt, 7 % des Gesamtumsatzes des Landes Nordrhein-Westfalen stammen aus dem Cluster Holz.

Die Besonderheit ist zudem der hohe Privatwaldanteil von 64 %. Es gibt 130.000 Waldbesitzer. Das muss uns auch klar sein. Diese haben einen Besitz von unter 5 ha Wald. Deswegen ist es wichtig, zu wissen, dass diese das nicht privat bewältigen können. Es rechnet sich nicht für sie, für Rat und Anleitung marktübliche Preise bezahlen zu müssen. Es rechnet sich auch nicht, einen Sägewerker in den Wald zu schicken, der dort ein, zwei oder drei Bäume herausholt. Gerade deswegen ist es wichtig, sich diesbezüglich zu verständigen.

Im Oktober letzten Jahres haben wir eine Information aus dem Umweltministerium bezüglich der kartell- und beihilferechtlichen Problematik in der forstlichen Betreuung bekommen. Daraus ist hervorgegangen, dass es ein erstes Gespräch mit dem Kartellamt gegeben hat. Inzwischen sind Fragebögen verschickt worden, und wir wissen noch nicht, an wen diese eigentlich gegangen sind. Man will ja Strukturdaten zum Holzverkauf haben.

Das Bundeskartellamt möchte eine kartellrechtskonforme Lösung gemeinsam mit den Bundesländern erreichen. Aber es bleiben viele Fragen offen. Ein Drittel des Holzes wird zurzeit über den Landesbetrieb auf den Markt gebracht.

Wer macht das demnächst? Wie kann die hohe Wertschöpfung in dem Cluster erhalten bleiben, wenn Holz aus den Privatwäldern nicht mehr zur Verfügung steht? Wie will diese Landesregierung Rat und Anleitung für Kleinst- und Kleinwaldbesitzer sicherstellen? Und was wird mit dem Landesbetrieb Wald und Holz NRW – Herr Rüße hat darauf hingewiesen –, wenn vielleicht nur noch die Hoheit überbleibt? Wer übernimmt zu welchen Konditionen Rat und Anleitung, um genau diese Aufgaben, die jetzt der Landesbetrieb übernimmt, zu erfüllen, nämlich einen klimaverträglichen, artenreichen und gut strukturierten Wald in Nordrhein-Westfalen zu erhalten?

Ganz zum Schluss – und hier bin ich auf die Ausführungen von Frau Schulze Föcking gespannt – stellt sich noch die Frage: Wer leistet Hilfe beim nächsten großen Sturm – wie bei Kyrill?

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Tja, das wüsste ich auch gerne!)

Wer soll das denn eigentlich leisten, wenn wir dann nicht mehr auf einen Landesbetrieb zurückgreifen können?

Deswegen – ich komme zum Schluss – fordern wir, dass das Wettbewerbsrecht und die Waldbewirtschaftung in Einklang zu bringen sind. Aus diesem Grund liegt dieser Antrag vor, den wir unterstützen. Wir freuen uns auf die Diskussion im Fachausschuss. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und Norwich Rüße [GRÜNE])

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Watermann-Krass. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Diekhoff.

Markus Diekhoff (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW hat eine herausragende Bedeutung für die Bewirtschaftung des Waldes in Nordrhein-Westfalen und natürlich auch für die vielen kleinen Waldbesitzer. Selbstverständlich hat er auch eine herausragende Bedeutung für die Weitergabe und Weiterentwicklung von forstwirtschaftlichem Fachwissen.

Um die NRW-Koalition daran zu erinnern, braucht es aber keinen Antrag. Wir wissen das, und wir haben das auch immer betont.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Sind Sie sich da sicher? – Gegenruf von Henning Höne [FDP]: Ja, sehr sicher!)

Aus diesem Grund ist niemand glücklich mit der Situation, in die wir durch das Kartellrechtsverfahren mit dem Landesbetrieb rutschen. Natürlich ist das Kartellrechtsverfahren in der Sache richtig, aber es stellt uns vor schwierige Herausforderungen, weil niemand auf die starke Arbeit der Mitarbeiter des Landesbetriebes Wald und Holz NRW verzichten möchte.

Wegducken, so wie es die rot-grüne Landesregierung und der zuständige Minister Remmel in den vergangenen Jahren getan haben, hat keines der Probleme gelöst.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das stimmt doch gar nicht!)

Im Gegenteil: Dadurch wächst die Unsicherheit sowohl bei den Mitarbeitern des Landesbetriebes Wald und Holz NRW als auch bei den 150.000 Waldbesitzern in Nordrhein-Westfalen und den privaten Anbietern. Das hat die NRW-Koalition auch ohne Antrag schon bei den Koalitionsverhandlungen erkannt. Ich darf einmal zitieren:

„In den letzten Jahren wurde es versäumt, eine tragfähige kartellrechtskonforme Beratung und Holzvermarktung sicherzustellen. Diese wollen wir im Dialog mit den maßgeblichen Beteiligten erzielen. Es gilt, den Wettbewerb zu stärken und mit einer zielgerechten Förderung die reichhaltigen Privatwaldstrukturen zu bewahren und zu entwickeln.“

(Beifall von der FDP)

„Die private Vermarktung und Beförsterung wollen wir stärker unterstützen und entsprechende Modellprojekte fortführen, um den Wettbewerb zu stärken. Hohe Qualitätsstandards in der Beförsterung müssen stets garantiert sein.“

Deutlicher kann man es bei einem schwebenden Verfahren gar nicht machen. Sie müssen uns deshalb nicht auf die Sprünge helfen. Im Gegenteil: Wir sind schon auf dem Weg, die Versäumnisse Ihrer Regierungszeit zu beheben.

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Rüße?

Markus Diekhoff (FDP): Gerne.

Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist sehr nett von Ihnen, Herr Kollege. – Herr Rüße, bitte schön.

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank, Herr Kollege Diekhoff. – Weil Sie eben die Untätigkeit der vorherigen Landesregierung angeprangert haben, wüsste ich gerne von Ihnen, ob Ihnen bekannt ist, dass die vorherige Landesregierung mit dem damaligen Umweltminister Johannes Remmel in der Periode sehr wohl tätig war. Die Pilotprojekte sind bereits angesprochen worden. Sind Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es ein abgestimmtes Vorgehen gab, und zwar mit den anderen von dem Kartellverfahren betroffenen Bundesländern?

Markus Diekhoff (FDP): Es gab die Pilotprojekte, und es gab sicherlich auch Gründe, mit bestimmten Teilen zu warten. Fakt ist aber: Es liegt am Ende keine Lösung vor. Lange Zeit ist nichts passiert. Wir haben jetzt etwas Offenes übernommen und stehen vor der gleichen Herausforderung, vor der auch Sie im Prinzip vor sieben Jahren standen.

(Henning Höne [FDP]: Wenn Sie das gestartet hätten, bräuchte es den Antrag nicht!)

Wie gesagt, wir wollen jetzt die tragfähige Lösung mit dem Kartellamt zum Wohle der Mitarbeiter des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, des Waldes und auch – das wollen wir bei der Debatte nicht vergessen – der privaten Anbieter, denn die haben schließlich ein Recht darauf, zeitnah zu erfahren, ob und welche Chance sie auf dem Markt in NRW haben.

Bei dieser Gelegenheit finde ich es übrigens sehr süß, wenn die antragstellende grüne Fraktion in bester sozialistischer Diktion bereits jetzt Sorge darum hat, dass bei der Erbringung von Beratungsleistungen durch private Anbieter das Zurückbleiben ökologischer Kriterien hinter ökonomischen Kriterien befürchtet wird.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Das ist nicht sozialistisch, das ist Erfahrung!)

Verehrte Grüne, so viel ökonomischen Geist, wie Sie mit Ihren Plänen zur industriellen Windkrafterzeugung im Wald in den Forst getragen haben, können auch Förster ohne Beamtenstatus gar nicht erzeugen.

(Beifall von der FDP und Thorsten Schick [CDU])

Fazit: Wir packen an, was jahrelang versäumt wurde. Unsere Ministerin muss niemand zum Handeln auffordern. Die Mitarbeiter des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, die privaten Anbieter und der Wald selbst können sich auf die NRW-Koalition verlassen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Diekhoff. – Für die AfD-Fraktion spricht nun Herr Beckamp.

Roger Beckamp (AfD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielen Dank für die Beiträge. Wir können im Wesentlichen folgen, dass der Landesbetrieb, dass die Waldbewirtschaftung wichtig sind. Was aber nicht ganz eingängig war, Frau Watermann-Krass, und ich daher – ehrlich gesagt – nicht verstanden habe, ist Folgendes:

Der Beschluss des Bundeskartellamtes besagt doch, dass nur die davon betroffen sind, die einen Wald von über 100 ha haben. Das heißt, diese große und ganz überwiegende Zahl von Kleinstwaldbesitzern bis 100 ha sind doch gar nicht betroffen. Das ist eine ganz ehrliche Frage. So lese ich diesen Kartellamtsbeschluss. Dort steht ausdrücklich, dass die Grenze bei 100 ha liegt. Das sind dann 20 % der Betroffenen. 100 ha sind 1 Million m². Das sind Waldbesitzer, die einen ganz anderen Zugang zu privaten Beratungsleistungen haben.

Gerne werden wir uns die Sache im Ausschuss ansehen. Wir haben selber einen Forstwirt und sogar einige Waldbesitzer in der Fraktion. Daher können wir in der Tat einiges dazu beitragen. Aber die große Tragweite des Problems, die von allen irgendwie dargestellt wurde, habe ich für meinen Teil, jedenfalls aus dem Beschluss des Kartellamtes, noch nicht entnehmen können.

Wir fanden es jedoch etwas sehr wundersam, dass Sie vonseiten der Grünen eine Waldstrategie analog zur Biodiversitätsstrategie anregen und da einen gesellschaftlichen Grundkonsens voraussetzen, dass das alles so möglich wäre.

Das sehen wir nicht so. Was meinen Sie denn mit dem gesellschaftlichen Grundkonsens? Man müsste eher überlegen, ob Sie damit wieder irgendwelchen Verbänden, die selbst ernannt mitreden wollen, die Tür öffnen.

Da sagen wir: Nachhaltige Holzwirtschaft von denen, die es unmittelbar betrifft, erfolgt in erster Linie durch die Waldbesitzer, und die sollten das entscheidende Wort mitzureden haben.

Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss und sind guter Dinge. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Beckamp. – Für die Landesregierung spricht nun Frau Ministerin Schulze Föcking.

Christina Schulze Föcking, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, es gibt vielfältige Herausforderungen, die sich aus der aktuellen Kartellrechtsproblematik ergeben. Insofern sehe ich, wie auch im Antrag formuliert, Handlungsbedarf. Denn es werden viele etablierte Abläufe in unserem Landesbetrieb und der Betreuungsstruktur in den Fokus genommen.

Es ist an dieser Stelle aber auch wichtig, zu beruhigen. Soweit es uns die rechtlichen Vorgaben ermöglichen, spreche ich mich klar für den Erhalt unserer Einheitsforstverwaltung mit ihrer professionellen Arbeit und Expertise aus.

Ferner ist mir daran gelegen, gerade den Waldeigentümern, die kleinere Flächen in ihrem Besitz haben, eine Möglichkeit zu bieten, diese Flächen auch weiterhin angemessen zu bewirtschaften bzw. bewirtschaften zu lassen. Besonders wichtig ist mir hier die Zukunft der Forstbetriebsgemeinschaften. Ich kann deren derzeitige Sorge sehr gut nachvollziehen. Grundsätzlich ist es mein Ziel, weiterhin verlässlich und kalkulierbar unsere holzverarbeitenden Betriebe mit unserem heimischen Rohstoff zu versorgen.

Aber anders als es der Antrag vermuten lässt, tun wir bereits einiges. Wir haben die Initiative ergriffen und erste Richtungsentscheidungen gefällt. Wir haben den Dialog mit dem Bundeskartellamt wieder intensiviert.

Dabei wurde deutlich: Das Bundeskartellamt strebt eine einvernehmliche Regelung mit dem Land an. Das Gespräch mit dem Bundeskartellamt im September brachte insbesondere zwei klare Erkenntnisse: Erstens. Die kooperative Holzvermarktung ist zeitnah zu beenden. Zweitens. Die indirekte Förderung der Betreuung forstlicher Zusammenschlüsse ist ebenfalls zu beenden. Eine zukünftige Förderung muss rechtskonform erfolgen.

Meine Damen und Herren, natürlich würden es viele Waldbesitzer und die Forstverwaltung begrüßen, wenn die Betreuung so wie bisher weiterliefe. Aber, die gesamte Sparte muss sich, ob wir es wollen oder nicht, den generellen Regeln des Wettbewerbsrechts anpassen, und das ist allen Beteiligten sehr wohl bewusst.

Fakt ist nämlich: Es werden umfassende Veränderungen für die forstlichen Zusammenschlüsse, die Holzabnehmerseite, aber auch in dem Bereich Dienstleistung des Landesbetriebs Wald und Holz NRW notwendig sein.

Wir haben diesen Sachverhalt nach dem Gespräch unverzüglich transparent an die Kolleginnen und Kollegen des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, an private und kommunale Waldbesitzer, an deren Verbände, an die Holzwirtschaft und an den Ausschuss weitergegeben.

Zur Umsetzung der notwendigen Konsequenzen wurde eine Struktur entwickelt, um die umfassenden Veränderungsnotwendigkeiten mit allen Beteiligten möglichst gemeinsam zu gestalten.

Der Prozess hat erst begonnen. Wir lassen dabei die Betroffenen nicht alleine. Entsprechend eingerichtete gemeinsame Arbeitskreise haben schon getagt. Der eingeforderte Dialog wird somit bereits umfassend geführt, und wir werden ihn weiter intensivieren.

Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW leistet hervorragende Arbeit und hat in der Betreuung eine sehr wichtige Rolle – unbestritten. Rat und Anleitung, Frau Watermann-Krass, sind im Übrigen kostenlos. Das ist Gesetzesgrundlage. Aber wir müssen die vom Bundeskartellamt angebotenen Spielräume im Betreuungssektor ausloten und entsprechend verhandeln. Maßgeblich ist daneben die Entscheidung des Bundesgerichtshofs im Frühsommer. Eine Bestätigung des neuen § 46 des Bundeswaldgesetzes würde unsere Verhandlungsposition deutlich stärken.

Eine Einschätzung über Art und Umfang der Möglichkeiten des Landesbetriebs Wald und Holz NRW m Betreuungsbereich ist aktuell leider noch nicht möglich. Sollte sich aber der Landesbetrieb aus diesem Bereich zurückziehen müssen, werden wir andere Wege finden, die privaten Waldbesitzer bei der Betreuung ihrer Waldflächen zu unterstützen. Wir werden die Waldbauern nicht im Regen stehen lassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zu möglichen Veränderungen im Personalbereich des Landesbetriebs kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nichts sagen. Die Ausbildungsumfänge für den gehobenen und höheren Forstdienst zurückzufahren, ist aber nicht angedacht.

Die Landesregierung sieht die Herausforderungen und ist aktiv. Ich nehme die Sorgen der Betroffenen ernst. Zudem binden wir den gesamten Cluster Wald und Holz mit in den Prozess ein. Dabei werden wir den eingeleiteten Weg konsequent und ruhig weitergehen. Ja, wir brauchen dabei Unterstützung, aber treiben muss man uns nicht. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze Föcking. – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wir kommen damit zum Abschluss dieser Beratung und zur Abstimmung.  Der Ältestenrat empfiehlt auch hier die Überweisung des Antrags Drucksache 17/1670 an den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, abschließende Beratung dort in öffentlicher Sitzung. Wer hat etwas dagegen? – Niemand. Gibt es Enthaltungen? – Auch nicht. Dann ist der Antrag einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

6   Invasive Arten in NRW breiten sich aus, es besteht Handlungsbedarf. Natürliche Biodiversität erhalten, einheimische Flora und Fauna schützen.

Antrag
der Fraktion der AfD
Drucksache 17/1658

Für die AfD begründet Herr Vogel den Antrag.

Nic Peter Vogel (AfD): Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der britische Sozialphilosoph Herbert Spencer prägte einst den Begriff „Survival of the Fittest“, also das Überleben des Anpassungsfähigsten. In der Tat, diese naturgemäße Gesetzmäßigkeit zieht sich wohl durch alle Facetten irdischen Lebens.

Seien die Umstände auch noch so widrig oder das Umfeld noch so feindlich, das Leben möchte sich immer seinen Weg bahnen. Das führt auf der einen Seite zu einer unglaublichen Diversität an Arten. Auf der anderen Seite sind die Ökosysteme auf unserem Planeten äußerst fragil, denn es gibt eine Komponente: den Menschen.

Früher mussten sich Pflanzen und Tierarten ihren Weg noch selbst bahnen. Das war ein langsamer und mühevoller Prozess, der aber den heimischen Arten die Chance gab, sich an die Neuankömmlinge zu gewöhnen. Heute verschifft der Mensch seine Waren in Rekordzeit – mit Flugzeug, Schiff oder Lkw. So bleibt es nicht aus, dass der eine oder andere blinde Passagier an Bord gerät.

Hier in Deutschland gibt es ungefähr 800 gebietsfremde Arten. Das ist per se nicht problematisch, denn die meisten von ihnen sind sogenannte Neobiota. Diese sind von den Menschen eingeführt worden, und das Ganze geschah auch relativ kontrolliert. Umgangssprachlich nennen wir Neobiota auch Exoten; das werden Sie schon gehört haben.

Aber es gab auch Fälle, in denen Leben unbeabsichtigt eingeführt wurde, beispielsweise Verschleppung von Samen in Handelsgütern oder Larvenstadien im Ballastwasser von Schiffen.

Für die Manifestation von Neobiota ist menschlicher Handel und Verkehr äußerst essenziell. So wurde das Jahr 1492, also die Entdeckung Amerikas und der daraufhin einsetzende transkontinentale Handel, zum Stichtag für die Einführung von Neobiota erklärt.

Von den 800 gebietsfremden Pflanzen- und Tierarten hier in Deutschland gelten ungefähr 10 bis 15 % als invasiv. Was bedeutet das? – Das Bundesamt für Naturschutz erklärt es Folgendermaßen:

Gebietsfremde Arten gelten als invasiv, wenn sie mit einheimischen Arten konkurrieren, wenn sie unerwünschte Nebeneffekte auf Lebensformen und Biotope haben.

Mit anderen Worten: Wenn sich eine gebietsfremde invasive Art erst einmal hier festgesetzt hat, erfolgt dadurch – wie soll man sagen? – eine Art Artensterben bzw. ein Verlust von Biodiversität.

Aus diesem Grund hat die EU 2016 erstmals eine Liste der gebietsfremden Arten erstellt, deren Management auf der gesamten europäischen Ebene zu erfolgen hat. Dieses Management umfasst unter anderem die Lokalisierung der priorisierten Einbringungs- und Ausbreitungspfade und Informationen, wie diese unschädlich gemacht werden können, sowie Zoll- und Handelshemmnisse, um den Import zu untersagen.

Und jetzt sind wir hier in Nordrhein-Westfalen gefragt, eventuell zu prüfen, ob diese Liste der invasiven Arten für uns hier in Nordrhein-Westfalen nicht noch um einige Pflanzen ergänzt werden sollte, nämlich gerade um Pflanzen, die unglaubliche Schäden an unserer Verkehrsinfrastruktur ausrichten.

Ich denke beispielsweise an den Japanischen Flügelknöterich, der neben seiner hohen Konkurrenzkraft leider die Angewohnheit hat, Gebäude, Deichanlagen oder Uferbefestigungen zu beschädigen. Es gibt aber auch andere Arten, auf die wir unser Augenmerk lenken sollten, beispielsweise die Goldrute, der Feinstrahl oder die Robinie, welche immer mehr unser Landschaftsbild prägen. Diese müssen an allen Bundesstraßen, Landstraßen und Bundesautobahnen entfernt werden.

Die Bekämpfung und Eindämmung invasiver Arten ist essenziell für Natur und Mensch. Wir sollten mit äußerster Sorgfalt darauf achten. Vor allen Dingen gehört Prävention dazu. Da aber Prävention hier noch nicht besonders ausgeprägt ist, beantragen wir neben der Erweiterung der Liste von 2016 auch, dass bei der Pflege des Begleitgrüns von Straßen und Uferbefestigungen sehr intensiv auf invasive Arten geachtet wird, um sie notfalls einzudämmen und zu bekämpfen. Präventation ist am Ende immer günstiger. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Vogel. – Für die CDU-Fraktion spricht nun Herr Blöming.

Jörg Blöming (CDU): Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der AfD-Fraktion ist wohl eher ein sehr exotisches Thema für den Verkehrsausschuss. In dem Antrag geht es um einen angeblich bestehenden Handlungsbedarf aufgrund der Ausbreitung sogenannter invasiver Arten in Nordrhein-Westfalen. Diese verdrängen die heimische Flora und Fauna. Sie können sowohl für die heimische Artenvielfalt als auch für den Menschen problematisch sein. Im AfD-Kontext gesprochen: Es handelt sich um pflanzliche und tierische Neubürger, die einfach unerwünscht sind.

(Vereinzelt Beifall von der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Sie von der AfD setzen sich nun für Biodiversität ein. Damit widersprechen Sie Ihrem eigenen Verständnis von Politik.

(Nic Peter Vogel [AfD]: Warum das denn?)

Biodiversität steht als Sammelbegriff für die Vielfalt des Lebens auf unserer Erde und gerade nicht für die rechtsideologisch ausgerichtete Politik der AfD.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der AfD)

Weiterhin stellen Sie das Thema „invasive Arten“ zunächst so dar, als sei es weitestgehend neu. Dem ist selbstverständlich nicht so.

(Zuruf von Markus Wagner [AfD])

Gebietsfremde und invasive Arten gibt es in Deutschland und in Europa schon seit vielen Jahrhunderten. So ist die Einführungsgeschichte von Pflanzen eng mit der Kulturgeschichte der Menschen verbunden. Je nach Reichweite und Intensität von Handel und Verkehr gelangen mal mehr und mal weniger neue gebietsfremde Arten nach Europa.

Manche von ihnen wurden sogar als Nutzpflanzen eingeführt – zum Beispiel die Kartoffel. Nur ganz wenige Arten stellen eine Gefahr für die heimischen Pflanzen dar. Nur diese werden auch als invasiv bezeichnet.

Sie weisen auf einen angeblich bestehenden Handlungsbedarf hin. Dass aber bereits ein rechtlich verbindliches Regelungssystem für den Umgang mit diesen Arten existiert, erwähnen Sie nur ganz am Rande.

Die entsprechende EU-Verordnung hierzu schafft ein umfassendes EU-weites System, um dem Problem begegnen zu können. Sie hatten es ja angesprochen, Herr Vogel. Dieses System wird unter Mitwirkung der Mitgliedsstaaten fortlaufend überarbeitet und auch ergänzt.

Deutschland ist nach der EU-Verordnung verpflichtet, folgende Maßnahmen umzusetzen: erstens Prävention, zweitens Früherkennung und rasche Beseitigung, drittens Management von bereits verbreiteten invasiven Arten.

Diesen unionsrechtlichen Verpflichtungen ist Deutschland bereits nachgekommen. Das Bundesnaturschutzgesetz ist dementsprechend schon vor einiger Zeit an die EU-Verordnung angepasst worden. Der § 40a des Bundesnaturschutzgesetzes legt den Maßnahmenkatalog gegen invasive Arten fest. Bereits verbreitete invasive Arten sind danach zum Schutz der biologischen Vielfalt zu bekämpfen. Die sich aus der EU-Verordnung und aus § 40a des Bundesnaturschutzgesetzes ergebenden Verpflichtungen werden schon jetzt durch die zuständigen Behörden umgesetzt.

Im Übrigen ist die Bedrohung unserer heimischen Pflanzenwelt nicht allein auf die Ausbreitung invasiver Arten zurückzuführen. Vor allem der Klimawandel sowie die Erhöhung des Personen- und Warenverkehrs sind dabei wichtige Aspekte. Auch die Flächennutzung durch den Menschen und stoffliche Einträge in unsere Gewässer sind hierbei ein Problem.

Vor diesem Hintergrund müsste selbst Ihnen einleuchten, dass Ihr sogenanntes Maßnahmenmanagement viel zu kurz gedacht ist.

Zielführender ist es aus meiner Sicht, etwaige Maßnahmen auf dem vorhandenen dreistufigen Ansatz aufzubauen. Dieser beinhaltet Prävention, Früherkennung und rasche Beseitigung sowie ein wirksames Management invasiver Arten. Dabei ist eine Umsetzung mit Augenmaß meiner Meinung nach zwingend erforderlich.

(Beifall von der CDU und Norwich Rüße [GRÜNE] – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Blöming. – Für die SPD-Fraktion hat nun Herr Kollege Börner das Wort.

Frank Börner (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Für Straßen.NRW gilt der Leitfaden für Grünpflege seit 2014. Der Schwerpunkt liegt auf der Verkehrssicherungspflicht. Das ist effizient, gut und richtig so. – Glück auf!

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Börner. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Middeldorf.

Bodo Middeldorf (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Dass invasive Pflanzenarten ein Thema sind, das man ernst nehmen muss, ist, glaube ich, vollkommen unbestritten. Die Argumente sind hier zum Teil auch schon genannt worden. Diese Pflanzenarten stellen zumindest teilweise ein Gefahrenpotenzial für die Gesundheit von Menschen dar, sie können wirtschaftliche Schäden verursachen, und sie bedrohen auch heimische Biotope. Eine Bekämpfung – darüber müssen wir gar nicht diskutieren – dieser Arten ist also klar geboten.

Die Frage ist vielmehr: Braucht es einen solchen Antrag wie den von der AfD? Fakt ist doch: Das Problem ist längst erkannt. Die EU hat eine entsprechende Verordnung erlassen. Das ist auch erwähnt worden. Die EU-Vorgaben sind im Juli 2017 in nationales Recht umgesetzt worden. Das Bundesamt für Naturschutz hat ein Forschungsvorhaben auf den Weg gebracht. Auf Bundes- und Landesebene ist die Bekämpfung in Handlungspläne eingeflossen. Natürlich gehen die zuständigen Behörden, etwa Straßen.NRW und die Träger der Straßenbaulast, im kommunalen Bereich routinemäßig gegen diese Pflanzen vor. – Die Ziele, die mit dem Antrag der AfD verfolgt werden, sind also längst erfüllt.

Über Anfragen und Anträge hat sich meine Fraktion übrigens auch bereits vor Jahren intensiv in diese Debatte eingebracht. Sie sehen also, dass die Thematik in diesem Hause sehr wohl schon seit Langem präsent ist.

Jetzt so zu tun, sehr geehrte Damen und Herren von der AfD, als würde die Überfremdung durch einfallende Horden von Neobiota unsere heimische Flora und Fauna bedrohen, ist im Übrigen auch schlichtweg falsch. Fakt ist, dass invasive Arten sehr unterschiedlich verbreitet sind.

Deswegen sind Gegenmaßnahmen zwar erforderlich; das ist gar keine Frage. Sie müssen aber im Hinblick auf Kosten, auf Nutzen und auf Nebeneffekte sehr sorgfältig abgewogen werden.

(Zuruf von Helmut Seifen [AfD])

Dass sich nun ausgerechnet die AfD dazu aufschwingt, die Natur zu schützen, und sich dabei auch noch auf EU-Verordnungen beruft, entbehrt nicht einer gewissen Ironie.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Entlarvend ist schon allein die Tatsache, dass Sie diesen Antrag für den Verkehrsausschuss stellen. Es geht Ihnen erkennbar nicht um einen umfassenden Ansatz, sondern einzig und allein darum, das Problem dort anzugehen, wo Sie es sehen und wo Gegenmaßnahmen den größten politischen Effekt versprechen.

Entscheidend ist doch, dass wir stattdessen besonnen und klug mit diesem Thema umgehen. Jedem muss klar sein, dass wir es mit einem dynamischen Prozess zu tun haben. Die zuständigen Umweltbehörden müssen fortlaufende Kontrollen vornehmen und geeignete Maßnahmen empfehlen. Das ist die Grundlage einer angemessenen Bekämpfung. Genau das werden wir als NRW-Koalition auch weiter begleiten.

Deswegen freuen wir uns auf die Beratung dieses Themas im Ausschuss, meine Damen und Herren. Aber schon jetzt kann ich Ihnen sagen: Schauanträgen werden wir nicht zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Middeldorf. – Für die grüne Fraktion spricht nun Herr Rüße.

Norwich Rüße (GRÜNE): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn eine Partei wie die AfD, deren Äußerungen man ja sonst auch mitbekommt, sich zur Frage von invasiven Arten und dem Umgang damit äußert und einen Antrag dazu stellt, hat das für uns schon einen ziemlichen Beigeschmack. Dass Sie in Ihrem Antrag die Problematik vollkommen überdramatisieren – Sie übertreiben völlig; denn die Problematik ist bei Weitem nicht so groß, wie Sie sie darstellen –, zeigt aus unserer Sicht allenfalls, dass Sie in Fragen von Einwanderung ein massives irrationales Problem und völlig unbegründete Ängste haben.

(Beifall von Monika Düker [GRÜNE] – Zuruf von der AfD)

– Das gehört bei Ihnen, glaube ich, zum Thema dazu.

(Zuruf von der AfD)

Ich will Ihnen noch etwas sagen: Wenn Sie sich die Mühe gemacht hätten und einmal auf die Webseiten des Ministeriums oder des LANUV gegangen wären, hätten Sie feststellen können, dass all das, was Sie fordern, längst in Gang gesetzt ist; denn es gab auch schon vor der AfD im Landtag, im Bundestag, im Europaparlament und überall Politiker, die diese Dinge auf den Weg gebracht haben. Deshalb braucht es Ihren Antrag an dieser Stelle überhaupt nicht.

Wir stimmen der Überweisung zur Beratung im Ausschuss zu. Mehr ist dazu nicht zu sagen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rüße. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Schulze Föcking das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Christina Schulze Föcking, Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Weltweit nimmt die Zahl der Tier- und Pflanzenarten zu, die sich zeitweise oder dauerhaft außerhalb ihres ursprünglichen Verbreitungsgebiets neu etablieren. Diese Arten werden Neobiota genannt. Ihr Zuwachs hängt in erster Linie mit der weltweiten Zunahme des Personen- und Warenverkehrs, aber auch mit dem Klimawandel zusammen.

Nur ein kleiner Teil der verschleppten Arten, die sich in ihrer neuen Heimat vermehren können, ist jedoch als invasiv zu bezeichnen. Das sind diejenigen, die heimische Arten oder Biotope gefährden, die menschliche Gesundheit bedrohen oder wirtschaftliche Schäden hervorrufen.

Um einmal kurz die Relation zu verdeutlichen: Von den gut 2.000 in Nordrhein-Westfalen vorkommenden Pflanzenarten sind beispielsweise etwa 10 %, also 200, eingebürgerte, in unserer heimischen Flora etablierte Neophyten. Darunter befinden sich so vertraute Gehölze wie die Robinie, aber auch Flieder und Schmetterlingsstrauch, außerdem zahlreiche Gartenflüchtlinge oder aus Teichen entkommene Wasserpflanzen. Hinzu kommen noch einmal etwa 100 nur sporadisch vorkommende, also nicht dauerhaft heimisch gewordene, Arten. Von diesen zusammen etwa 300 Pflanzenarten schätzt das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz noch nicht einmal 20 als invasiv ein.

Nun gibt es seit 2014 eine einschlägige EU-Verordnung, die vorschreibt, wie mit derzeit 49 namentlich genannten invasiven Tier- und Pflanzenarten umzugehen ist. Danach sollen die Einbringungs- und Ausbreitungspfade dieser Arten ermittelt und ausgeschaltet werden. Risikobezogene Zoll- und Warenkontrollen sollen die Einbringung und Ausbreitung dieser Arten auch verhindern. Weiterhin sind für alle Arten durch die Mitgliedsstaaten Aktionspläne zu erarbeiten und Maßnahmen zur Verhinderung der unbeabsichtigten Einschleppung zu benennen.

Die bereits etablierten, zum Teil weit verbreiteten Arten sollen, soweit möglich, eingedämmt sowie ihre negativen Auswirkungen auf Flora und Fauna nach Möglichkeit gemindert werden. Alle Maßnahmen müssen aber im Hinblick auf Kosten, Nutzen und mögliche nachteilige Wirkungen sorgfältig abgewogen werden.

Unter den aufgeführten Arten ist auch die in Nordrhein-Westfalen an Straßenrändern und Gewässerufern verbreitete Herkulesstaude, die inzwischen landesweit vorkommt. Der Straßenbetriebsdienst von Straßen.NRW führt auf dem Straßennetz in seiner Zuständigkeit regelmäßig Streckenkontrollen durch. An Strecken, an denen invasive Arten wie beispielsweise die Herkulesstaude vorgefunden werden, wird der Turnus der Pflege- und Schnittarbeiten zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit wie auch zum Schutz der Mitarbeiter erhöht.

Entsprechendes gilt für die Träger der Straßenbaulast im kommunalen Bereich. Die Herkulesstaude wird wegen ihres gesundheitsgefährdenden Potenzials unter anderem auch an Radwegen, Wanderwegen, in städtischen Grünanlagen, an Kanuanlandungsstellen, in der Nähe von Kindergärten und Schulen aus Gründen der Gesundheitsvorsorge bekämpft. Grundlage hierfür ist übrigens das Ordnungsrecht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die in dem Antrag genannten Ziele werden durch Straßen.NRW und andere auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene zuständige Behörden bereits jetzt verfolgt. Ein darüber hinausgehender Aktionsplan des Landes Nordrhein-Westfalen ist somit nicht erforderlich.

Zum aktuellen Kenntnisstand möchte ich gerne auf das Neobiota-Portal des LANUV verweisen, welches alle relevanten in NRW vorkommenden invasiven Arten dokumentiert. Dort wird auch über deren Auswirkungen auf Flora und Fauna sowie die menschliche Gesundheit und über wirtschaftliche Auswirkungen informiert. Dementsprechend können Sie sich dort umfassend informieren. – Danke.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Ministerin Schulze Föcking. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen zur Aussprache liegen mir nicht vor, sodass wir am Schluss derselben sind.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt uns die Überweisung des Antrags Drucksache 17/1658 an den Verkehrsausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Die abschließende Abstimmung soll dann im federführenden Ausschuss in öffentlicher Sitzung erfolgen. Darf ich die Zustimmung der Fraktionen zu dieser Überweisung feststellen? – Gibt es Enthaltungen? – Neinstimmen? – Dann ist sie mit den Stimmen aller Fraktionen in Abwesenheit der fraktionslosen Abgeordneten angenommen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich rufe auf:

7   Zweites Gesetz zur Änderung des WDR-Gesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1415

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Kultur und Medien
Drucksache 17/1569

zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die Fraktion der CDU dem Abgeordneten Schick das Wort. Bitte schön.

Thorsten Schick (CDU): Besten Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Nach der sehr ausführlichen Debatte im Fachausschuss möchte ich es heute kurz machen. Bei dem vorliegenden Gesetzentwurf geht es um die Verlängerung der Amtszeit für die WDR-Verwal-tungsräte um ein Jahr. Dieses Jahr benötigen wir, um das sehr komplexe Verfahren etwas zu entbürokratisieren und zu vereinfachen.

Denn dieses Verfahren beschränkt die Wahlfreiheit der WDR-Rundfunkräte in ganz erheblichem Maße. Im Gesetz der alten Landesregierung ist festgeschrieben, was an beruflichen Qualifikationen notwendig ist, wie viel Berufserfahrung vorhanden sein muss und einiges mehr.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Selbstverständlich ist es wichtig, dass die WDR-Verwaltungsräte entsprechend qualifiziert sind. Sie sind wichtig bei Personalentscheidungen, sie sind wichtig bei Investitionsentscheidungen, und sie kontrollieren die Finanzen. Daher darf man durchaus hohe Anforderungen stellen. Darauf hat der Rundfunkrat in der Vergangenheit aber auch geachtet.

Es handelt sich allerdings um ehrenamtliche Mitglieder. Ich bin der Meinung, dass man bei ehrenamtlichen Mitgliedern nicht höhere Hürden aufbauen muss, als es beispielsweise – um ein aktuelles Beispiel zu nennen – bei der Besetzung der Direktorenstelle bei der Landeszentrale für Medien und Kommunikation Rheinland-Pfalz der Fall gewesen ist.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich denke, wir können uns die Zeit nehmen und die Amtszeit um ein Jahr verlängern, sodass wir zu einem Verfahren kommen, das die notwendige Qualität sicherstellt. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Schick. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Vogt das Wort. Bitte schön.

Alexander Vogt (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der WDR ist – da sind wir uns, glaube ich, einig – wichtig für unser Land. Hervorragende Journalistinnen und Journalisten leisten seit Jahrzehnten ihren Beitrag zur publizistischen Vielfalt in Nordrhein-Westfalen.

In der letzten Legislaturperiode haben wir im Landtag ein Gesetz beschlossen, das mehr Akzeptanz, mehr Transparenz bei Entscheidungsprozessen und mehr Transparenz bei der Kontrolle der Gremien innerhalb des WDR schaffen soll.

Bei diesem derzeit bestehenden Gesetz haben wir die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts entsprechend dem Urteil zum ZDF-Staatsvertrag berücksichtigt. Wir haben dafür gesorgt, dass der Rundfunkrat als eines der beiden Aufsichtsgremien staatsferner organisiert ist; vorher waren 31 % der Mitglieder staatsnah, jetzt sind es nur noch 22 %. Außerdem haben wir dafür gesorgt, dass der Rundfunkrat öffentlich tagt und dass Dokumente vermehrt veröffentlicht werden müssen.

Ferner haben wir in der Tat beim Thema „Verwaltungsrat“ festgeschrieben, dass bestimmte Qualifikationsanforderungen berücksichtigt werden müssen, damit es zu einer Professionalisierung kommt. Der Verwaltungsrat hat vielfältige Aufgaben. Der WDR verfügt über einen Etat von rund 1,4 Milliarden € pro Jahr.

Nach unserer Auffassung haben wir mit dem bestehenden Gesetz aus der letzten Legislaturperiode zu einer Stärkung des Rundfunk- und auch des Verwaltungsrats beigetragen.

Wir sind uns sicherlich einig, dass mehr Transparenz wichtig ist, um die Akzeptanz bei den Beitragszahlern zu gewährleisten.

Sie haben nun mit dem von Ihnen gestellten Antrag mehr Zeit gefordert. Sie brauchen mehr Zeit, um die Gremienbesetzung zu entbürokratisieren. Wir sind gespannt darauf, welche Vorschläge Sie vorbringen werden. Mehr Zeit brauchen Sie ja bei vielen Vorhaben, die Sie zuvor vollmundig angekündigt haben.

(Thorsten Schick [CDU]: Dann müssen wir nicht ständig nachbessern, so wie Sie!)

Wir wollen Ihnen in diesem Fall die Zeit einräumen und werden uns bei der Abstimmung über Ihren Gesetzentwurf enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogt. – Für die Fraktion der FDP hat nun der Abgeordnete Nückel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Thomas Nückel (FDP): Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Vorredner, lieber Alexander Vogt, vielen Dank dafür, dass man uns diese Zeit gewährt. Wir wollen einfach vermeiden, dass wir Ihre Fehler der Vergangenheit wiederholen und sehr viele Korrekturgesetze – ob beim Landesmediengesetz oder beim WDR-Gesetz – dann wieder in die Röhre schieben müssen.

(Alexander Vogt [SPD]: Ja, ja!)

Denn das nagt dann wieder etwas an der Glaubwürdigkeit.

Der Drang in früheren Zeiten war, den Medienbereich etwas an das Gängelband zu nehmen und ihm enge Zügel anzulegen. Das führte oft zu Regulierungswut im Detail, bei der man ab und an über das Ziel hinausgeschossen ist. Ein Einsehen scheint aber da zu sein. Deswegen geht es bei diesem Gesetzentwurf auch vergleichsweise friedlich zu.

Beim Verwaltungsrat des WDR wurde, um bei diesem konkreten Fall zu bleiben, durch kleinste Detailvorgaben das ganze Verfahren so bürokratisiert, dass es eigentlich nicht mehr handhabbar ist. Das hören wir ja auch aus dem Rundfunkrat. Bei den im noch geltenden Gesetz eingeforderten Fachkenntnissen wurde zu sehr auf die formale Qualifikation des einzelnen Mitglieds abgestellt. Ich als Liberaler würde es vorziehen, das Kompetenzprofil des gesamten Gremiums ins Auge zu nehmen.

Sie erwähnten vorhin das Urteil zum ZDF. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sagt aber etwas anderes aus. Deshalb hatten wir es damals auch kritisiert. Das Gericht sagt – ich zitiere –:

„Die Zusammensetzung der Aufsichtsgremien der öffentlich-rechtlichen Anstalten ist … am Gebot der Vielfaltsicherung auszurichten. Danach sind Personen mit möglichst unterschiedlichen Perspektiven und Erfahrungshorizonten aus allen Bereichen des Gemeinwesens einzubeziehen.“

Ein Verwaltungsgremium, wie es im alten, zu novellierenden WDR-Gesetz vorgesehen wurde, entspricht mit Sicherheit nicht diesen Kriterien einer möglichst unterschiedlichen Perspektive und eines unterschiedlichen Erfahrungshorizonts.

Mit dem heutigen Gesetz gewinnen wir die Zeit, dies nun sorgfältig zu korrigieren. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Nückel. – Als nächster Redner hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Abgeordnete Keymis das Wort. Bitte schön.

Oliver Keymis (GRÜNE): Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Ich kann es ganz kurz machen. Es handelt sich aus meiner Sicht um einen sehr formalen Vorgang: Die Regierung bittet um mehr Zeit.

Als rot-grüne Regierung haben wir auch gerne die Möglichkeit genutzt, mehr Zeit zu haben, wenn sie eingeräumt wurde. Ich erinnere mich daran, dass wir auch einmal einen Beschluss hatten, bei dem wir gesagt haben, dass wir etwas Übergangszeit brauchen.

Sie wollen das verändern. Das ist Ihre Sache. Die inhaltlichen Aspekte würde ich dann diskutieren, wenn wir die Vorschläge kennen, die Sie dazu machen wollen. Für heute jedenfalls kann ich für meine Fraktion sagen, dass wir dem jetzt so zustimmen. Denn wir sagen einfach: Das soll jetzt in Ihrer Hand liegen. Zur gegebenen Zeit werden wir uns dann mit den Inhalten beschäftigen, die Sie vorschlagen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Keymis. – Als nächster Redner hat für die Fraktion der AfD der Abgeordnete Tritschler das Wort.

Sven Werner Tritschler (AfD): Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch wenn es hier auf den ersten Blick lediglich um eine Formalie geht, lohnt es sich, etwas genauer hinzuschauen.

Im Gesetzentwurf heißt es:

„Die Landesregierung strebt an, die Gremienbesetzungen beim WDR zu entbürokratisieren.“

Wenn man sich das Vergabeverfahren anschaut, muss man sagen – da stimme ich Ihnen zu –, dass tatsächlich auch entsprechender Bedarf besteht. Wir würden es beispielsweise begrüßen, wenn die leistungsfeindliche Geschlechterquote dorthin kommt, wo sie hingehört, nämlich auf den Müllhaufen.

Nur wissen wir leider gar nicht, was die Landesregierung hier vorhat. Angeblich war es nicht möglich, so kurzfristig einen Alternativvorschlag zu unterbreiten. Daran haben wir aber Zweifel. Sie regieren jetzt immerhin seit gut sechs Monaten und nicht erst seit sechs Wochen. Meine Damen und Herren, diese Ausrede funktioniert langsam nicht mehr.

Aber schauen wir uns den aktuellen Verwaltungsrat, dessen Amtszeit jetzt verlängert werden soll, einmal an. Da haben wir den Vorsitzenden Dr. Ludwig Jörder, SPD, den stellvertretenden Vorsitzenden Walter Probst, CDU, Ilka von Boeselager, CDU und bis letztes Jahr MdL, Lothar Hegemann, CDU und ebenfalls bis letztes Jahr MdL, Michael Kroemer, SPD, Doris Ludwig von den Gewerkschaften, Claudia Schare, SPD, und zwei Damen vom Personalrat, beide natürlich gewerkschaftsangehörig.

Das, meine Damen und Herren, ist eines der höchsten Gremien einer sogenannten politikfernen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt. Dieses Gremium ist, so heißt es, an allen wichtigen Personalentscheidungen beteiligt.

Nun können wir uns leicht ausrechnen, dass dieses Gremium, das während der Regierungszeit von Frau Kraft ins Amt kam, eine gewisse Färbung hat. Auf den ersten Blick kann man sich nur wundern, warum die CDU jetzt nicht, wie sie es an anderen Stellen auch tut, schnell ihre eigenen Leute dort platziert. Darüber können wir nur spekulieren. Muss der Rundfunkrat erst noch ein bisschen umbesetzt werden, damit die richtigen Stimmverhältnisse bestehen? Müssen die beiden Personalräte weg, weil sie für eine rote Mehrheit sorgen? Muss die Begrenzung auf maximal zwei Parlamentarier abgeschafft werden? Oder hat man sich mit der FDP noch nicht über die Verteilung geeinigt? Wir wissen es nicht.

Aber wir wissen eines: Schwarz-Gelb möchte am Zwangsgebührenstaatsfunk nicht rütteln, obwohl er immer teurer wird und immer weniger Vertrauen in der Bevölkerung genießt.

Meine Damen und Herren von der CDU, Sie wollen ja gar nicht umbauen. Sie wollen nur die Tapete wechseln. Das wird immer klarer. Wir konnten gerade lesen, dass Sie sich bereits von Ihrem Wahlversprechen verabschiedet haben, die Werbung im WDR erheblich zu reduzieren. Insofern dürfen sich die Hofberichterstatter über ein neues millionenteures Geschenk auf Kosten der privaten Rundfunkanbieter freuen. Da kann man sich wieder nur fragen: Was ist die Gegenleistung? Wohlwollende Berichterstattung? Wir wissen es nicht.

Uns von der AfD ist es jedenfalls herzlich egal, ob wir mit unseren Gebühren nun rote oder schwarze Hofberichterstattung finanzieren. Wir werden ganz sicher keinem Antrag zustimmen, dessen Zielrichtung offenbar geheimes Herrschaftswissen der Landesregierung und vielleicht auch der restlichen Opposition ist, und werden uns daher heute enthalten.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tritschler. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen in Vertretung von Herrn Ministerpräsident Laschet das Wort. Bitte schön.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Mit dem zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf soll die Amtszeit des aktuellen Verwaltungsrats beim WDR um ein Jahr verlängert werden. Demnach bleibt der derzeit amtierende Verwaltungsrat noch bis Mitte Dezember 2019 im Amt.

Der Ausschuss für Kultur und Medien hat dem Gesetzentwurf zugestimmt, und zwar ohne Gegenstimmen.

Auch wenn in diesem Ausschuss keine Kritik gegenüber dem Gesetzentwurf geäußert wurde, möchte ich Ihnen ganz kurz die Hintergründe für die vorgesehene Verlängerung der Amtszeit erläutern.

Wir haben uns vorgenommen, die Gremienbesetzungen beim WDR zu entbürokratisieren. Dies ist auch so im Koalitionsvertrag festgehalten.

So, wie die Neubesetzung des WDR-Verwaltungs-rats im geltenden WDR-Gesetz geregelt ist, erfordert sie ein wirklich sperriges und sehr bürokratisches Verfahren. Demnach soll der Verwaltungsrat unter anderem mit sieben Sachverständigen aus sieben unterschiedlichen Bereichen besetzt werden. Für jeden Bereich sieht das Gesetz dabei eigene Anforderungen vor, die eine Bewerberin oder ein Bewerber erfüllen muss. Es ist aber nicht damit getan, dass der WDR-Rundfunkrat nach diesen Regeln für jeden Bereich jeweils eine entsprechend qualifizierte Person wählt. Von den Gewählten sollen zugleich mindestens drei Männer und drei Frauen sein, und maximal zwei Personen dürfen einem Parlament angehören.

Die Amtszeit des amtierenden WDR-Verwaltungs-rats endet nach derzeitiger Regelung Ende dieses Jahres. Die Stellen für die Sachverständigen müssten aber schon deutlich früher ausgeschrieben werden.

Nun eignen sich die Regeln zur Besetzung des Verwaltungsrates unserer Überzeugung nach nicht dafür, sie in einer Hauruckaktion zu reformieren. Ist aber das Bewerbungsverfahren erst einmal angelaufen, soll in dieses nicht durch eine Gesetzesänderung eingegriffen werden. Deshalb soll zunächst die Amtszeit des aktuellen Verwaltungsrats verlängert werden. So besteht dann genügend Zeit, um eine ausgewogene neue Regelung zu entwerfen und umzusetzen.

Deswegen bitte ich Sie um Zustimmung zum Gesetzentwurf und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Kultur und Medien empfiehlt in der Drucksache 17/1569, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 17/1415 anzunehmen. Somit kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf selbst und nicht über die Beschlussempfehlung.

Ich darf fragen, wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte. – Das sind die Abgeordneten der Fraktion der CDU, der Fraktion der FDP und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Gibt es Enthaltungen? – Es enthalten sich die Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Fraktion der AfD sowie die fraktionslosen Kollegen Neppe und Langguth. Liebe Kolleginnen und Kollegen, damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/1415 angenommen und in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir kommen als Nächstes zu:

8   Digitale Bildung als Chance für Teilhabe begreifen! Wann beginnt die Landesregierung mit der Förderung der technischen Infrastruktur an unseren Schulen?

Antrag
der Fraktion der SPD
Drucksache 17/1667

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 17/1774

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellende Fraktion der SPD Frau Abgeordneter Kampmann das Wort. Bitte schön.

Christina Kampmann (SPD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Digitale Bildung war eines der großen Themen des Wahlkampfes der SPD. Ich glaube, wir alle erinnern uns an den Slogan: „Das Digitalste an den Schulen darf nicht die Pause sein“.

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

Knapp ein Jahr nach der Wahl ist es doch an der Zeit, zu schauen, was daraus geworden ist, zumal ich in einem der zahlreichen Tweets von Herrn Hafke neulich gelesen habe, dass Christian Lindner erklärt hat: Das Schönste im Jahr 2017 war das Gestalten in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und Josef Hovenjürgen [CDU])

Es ist also Zeit, zu gucken: Was ist daraus geworden? Was ist von diesem tollen Wahlkampfslogan am Ende übrig geblieben? Ich habe mich auf die Suche gemacht und die Schwerpunktpressekonferenz von Frau Ministerin Gebauer daraufhin überprüft, ob das Thema „digitale Bildung“ eine Rolle spielt. Das Wort „Digitalisierung“ kam dort zwar vor, zu dem, was aber tatsächlich und ganz konkret getan werden soll – Fehlanzeige!

Ich habe mir die Homepage des Ministeriums angesehen und bin auf einen großartigen Kongress mit dem Titel „Lernen im Digitalen Wandel“ mit einem tollen Foto von Sylvia Löhrmann gestoßen. Das war ein Kongress der rot-grünen Landesregierung. Das ist das, was auf der Homepage des Schulministeriums zum Thema „digitale Bildung“ steht.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Danke. – Ich habe einen Bericht angefordert, in dem steht, dass das Thema „Gute Schule 2020“ unglaublich hilfreich für die digitale Bildung und die digitale Infrastruktur an den Schulen ist. Ich möchte heute daran erinnern, dass auch das eines der großen und wichtigen, vor allem der guten und erfolgreichen Projekte der rot-grünen Landesregierung war.

Ich habe im Ausschuss gefragt. Da wurde mir gesagt: Wir haben erst einmal andere Schwerpunkte, liebe Frau Kampmann.

(Ministerin Yvonne Gebauer: Das stimmt doch nicht!)

– Sie waren nicht da, Frau Gebauer. Es stimmt. Ich war da und kann das Ihnen bestätigen.

Wir können heute also feststellen: Vom Wahlkampf-slogan „Das Digitalste an den Schulen darf nicht die Pause sein“ ist nichts übrig geblieben. Ich würde das hier nicht ansprechen, wenn Sie nicht als selbst ernannte Digitalisierungspartei die Messlatte an der Stelle ganz weit nach oben gelegt hätten, wenn wir heute nicht feststellen müssten: Bei dem Thema ist bisher nichts Konkretes passiert. – Das möchte ich heute ganz deutlich kritisieren, liebe Frau Gebauer.

(Beifall von der SPD)

Ich möchte aber positiv herausstellen, dass Herr Minister Professor Dr. Pinkwart – ich bin mir sicher, daran sind auch Sie beteiligt – die Anbindung von Schulen an schnelles Internet zur Priorität erhoben hat. Das ist richtig und wichtig. Das sagen Sie auch in Ihrem Entschließungsantrag.

Sie sagen aber ebenfalls: Das ist nur die Grundlage, da muss noch mehr passieren. Wir können feststellen: Konkrete Maßnahmen, wie Sie dieses Thema voranbringen wollen, können wir bis heute nicht erkennen.

Sie können noch so viel entfesseln und deregulieren: Wenn der Nachwuchs fehlt, wenn wir Schülerinnen und Schülern nicht heute mit auf den Weg geben, welche Kompetenzen sie in der digitalen Welt benötigen, dann müssen Sie nicht von Entfesseln und Deregulieren sprechen. Dann fehlen nämlich die Grundlagen für dieses Thema. Deshalb müssen Sie hier noch ganz entscheidend nachbessern.

Schauen wir uns die Finanzierung an, die in diesem Bereich feststeht. Denn eine gute Finanzierungsgrundlage kann auch die Grundlage für schnelle Handlungen und Maßnahmen sein.

Im Entschließungsantrag von FDP und CDU steht, dass Sie auf den Digitalpakt von Bundesbildungsministerin Wanka setzen. Da kann ich nur laut lachen. Diesen DigitalPakt soll es nämlich schon seit Oktober 2016 geben. Dummerweise hat Frau Ministerin Wanka aber vergessen, das mit Herrn Schäuble abzusprechen. Das heißt, die darin vorgesehenen 5 Milliarden € liegen bis heute nicht vor.

Ich verstehe nicht, wie das die Grundlage – laut Koalitionsvertrag – für ein FDP-geführtes Schulministerium sein kann, wenn selbst die Generalsekretärin der FDP laut Homepage der FDP nicht mehr an ein Zustandekommen glaubt.

Das heißt, Ihre Finanzierungsgrundlage im Bereich der digitalen Bildung ist ein einziges Luftschloss. Für mich steht das exemplarisch für die Seifenblasenpolitik der FDP, deren Versprechungen immer schillernd aufsteigen und denen man so gerne Glauben schenken möchte, die aber immer dann zerplatzen, wenn sie den Boden der Tatsachen berühren. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kampmann. – Für die CDU erhält nun Herr Abgeordneter Braun das Wort. Bitte schön.

Florian Braun (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Als Kölner bin ich zurzeit auf der einen und anderen Karnevalssitzung unterwegs. Ich habe gestern von einem Büttenredner gelernt: Jedes Pro und Kontra hat sein Für und Wider. – Ich vermute, nach diesem Prinzip hat auch Rot-Grün Regierungspolitik betrieben. Man hat es hin und her üvverlaat, und am Ende hätt man nix jemaht.

Liebe Kollegin Kampmann, die vollmundige Kritik anhand des Slogans hat durchaus überrascht. Sie haben ja recht: Es besteht Handlungsbedarf bei der digitalen IT-Infrastruktur und der Ausstattung an den Schulen Nordrhein-Westfalens.

Es ist allerdings erstaunlich, dass Sie mit Ihrem Antrag den Anschein erwecken wollen, dass diese Erkenntnis brandneu sei und – ich zitiere – „jüngst“ durch eine Studie der Deutschen Telekom Stiftung ermittelt worden sei.

Ich darf freundlichst darauf hinweisen, dass der Erhebungszeitraum zwischen Januar und März 2017 lag. Jetzt mögen Sie sich darauf zurückziehen, dass Sie nur noch bis Mai Regierungsverantwortung hatten. Das ist richtig. Ich darf aber ebenso darauf hinweisen, insbesondere Sie als ehemalige Ministerin von 2015 bis 2017, dass die Deutsche Telekom Stiftung diese Studie ebenso in den Jahren 2015 und 2016 bereits erhoben hatte. Man höre und staune: Der Bedarf an digitaler Infrastruktur und Ausstattungen an den Schulen NRWs wurde bereits 2015 und 2016 angemahnt und bestätigt.

Die bescheidenen Ergebnisse aller drei Studien fallen somit komplett in die rot-grüne Regierungszeit und in Ihre rot-grüne Verantwortung.

(Beifall von der CDU)

Sehr geehrte Damen und Herren, die NRW-Koalition nimmt diese Studie ernst. Uns ist der Handlungsbedarf bewusst. Dass der SPD allerdings offenbar auch das Gesamtverständnis für digitale Bildung fehlt, zeigt der Antrag.

Sie sprechen von digitaler Teilhabe und fordern statt Lehrerfort-, Lehrerausbildungs- und Lehrkonzepten lediglich technische Infrastruktur.

Sie sprechen von technischer Infrastruktur und fordern statt WLAN-Anschlüssen, Smartboards und Endgeräten lediglich Breitbandanschlüsse.

Sie reden von Breitbandanschlüssen und meinen schmalbandige 50 MBit/s.

So kurz springt die NRW-Koalition nicht. Wir arbeiten diese Versäumnisse auf. Wir denken vom Lehramtsstudenten über die digitalen Inhalte, über die Gigabit-Anschlüsse bis zum Tablet. Wir investieren mit dem Haushalt 2018 in die Lehrerfort- und -ausbildung und in die Infrastruktur.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Da haben wir ein ganzes Bündel parat. Wir werden die Förderbedingungen für das junge Programm „Gute Schule 2020“ präzisieren und administrative Unterstützung leisten. Das bisherige Verfahren scheint nämlich die Schulträger durchaus ein Stück zu überfordern.

Das zeigt auch der bisherige Mittelabruf. Die Ministerin hat heute mitgeteilt, dass nur 50 % der für 2017 vorgesehenen 500 Millionen € durch die Kommunen beantragt worden sind. Das ist gut, aber nicht gut genug.

Hinzu kommt, dass von den abgerufenen Mitteln gerade einmal rund 14 % für digitale Infrastruktur verwendet wurden. Das ist ebenso nicht zufriedenstellend. Diesen Anteil wollen wir in den nächsten Jahren durch zentrale Unterstützungsleistungen erhöhen.

Des Weiteren, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir uns bereits im vergangenen Sommer erfolgreich bei der Bundesregierung dafür eingesetzt, dass in mithilfe des Bundesförderprogramms „Breitband“ angeschlossenen Gebieten auch Schulanschlüsse gefördert werden, selbst wenn diese bereits über 30 MBbit/s verfügen. Damit ermöglichen wir reale Gigabit-Anschlüsse mit Glasfaser bis ins Schulgebäude.

Weil wir wissen, dass dieser Bedarf so dringend ist und dass die großen Projekte über das Bundesprogramm intensiver Planung bedürfen, haben wir unseren Schulen heute Morgen mit dem Haushalt 2018 weitere 60 Millionen € für ein eigenes Ausbauprogramm zur Verfügung gestellt. Das Ziel: NRW-Schulen prioritär und flächendeckend mit Glasfaser zu versorgen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Zusätzlich werden wir uns dafür einsetzen, dass sich der Bund durch ein mögliches Bundesprogramm „DigitalPakt#D“ an der Finanzierung von IT-Infrastruk-tur, Breitband, WLAN, Hardware beteiligt. Anstatt diesen Pakt in Ihrem Antrag und auch hier am Pult zu kritisieren, täte die SPD gut daran, dieses Programm auf Bundesebene zu unterstützen. Das werden wir sicherlich in den nächsten Wochen erleben, vielleicht auch erst in den nächsten Monaten.

Ich komme zum Schluss noch einmal zurück auf die Studie. Wenn wir uns die Ergebnisse anschauen, dann stellen wir fest: Es gibt in der Tat Anlass zum Handeln, aber eben nicht nur in der Infrastruktur, sondern auch in der pädagogischen Arbeit und Ausbildung. Über die Hälfte aller Lehrkräfte benutzen laut dieser Studie digitale Medien seltener als einmal wöchentlich, und ebenso viele vermissen ein Konzept zur methodischen Anwendung.

Wir starten eine gezielte Fort- und Ausbildungsoffensive mit 16 Millionen €; denn die Qualifizierung der Lehrkräfte und ein pädagogisches Konzept sind maßgeblich, wie es in der Studie heißt.

Während der SPD-Antrag bei der Infrastruktur beginnt und endet, nimmt die NRW-Koalition mit ihrem Entschließungsantrag notwendige Ergänzungen und Konkretisierungen vor – für eine bildungspolitische Digitalpolitik aus einem Guss. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Braun. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion der FDP Frau Abgeordnete Müller-Rech das Wort.

Franziska Müller-Rech (FDP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ende November habe ich den Kongress von lehrer nrw in Mülheim besucht, und zwar zusammen mit dem geschätzten Kollegen Jochen Ott, der leider gerade nicht im Raum ist, was ein bisschen schade ist; denn dort auf dem Podium hat er eingeräumt, dass die SPD das Thema „Bildung“ während ihrer Regierungszeit besser hätte begleiten müssen. Er sprach von einem Reset der Bildungspolitik der SPD.

Darüber habe ich mich sehr gefreut, denn das hat mir gezeigt, dass Sie großes Interesse an einer konstruktiven Zusammen- und Mitarbeit haben, wenn es um die Zukunft unserer Schülerinnen und Schüler geht. Ich hatte auch gedacht, damit wäre dann meine Frage gestorben, die ich hier schon ein paarmal gestellt habe: Warum haben Sie es nicht selber gemacht?

Noch trauriger ist es, dass Sie, liebe Kollegen der Sozialdemokraten, heute wieder einen Antrag vorlegen, der auf Ihre eigenen Verfehlungen der letzten sieben Jahre hinweist. Vielleicht sollten Sie in dieser Haltungsfrage lieber Ihrem schulpolitischen Sprecher folgen.

Gleich der erste Satz Ihres Antrags zeigt das Armutszeugnis Ihrer Schulpolitik. Zitat:

„Die Digitalisierung nahezu aller Bereiche des täglichen Lebens sorgt für einen stetigen Wandel der Gesellschaft. Diese Entwicklung wird in unseren Schulen jedoch viel zu wenig widergespiegelt.“

Genau das ist es, und das ist doch richtig bitter für Sie. Frau Kampmann, Sie heben hier lobend einen Kongress hervor, der offenbar keine Ergebnisse gebracht hat, weil Sie nichts geschafft haben.

(Zuruf von Eva-Maria Voigt-Küppers [SPD])

Noch bitterer ist: Uns Freien Demokraten ist das schon in der letzten Legislaturperiode aufgefallen. Wir hatten schon einen Antrag gestellt, um die Digitalisierung an den Schulen voranzutreiben.

Darin forderten wir die alte Landesregierung unter anderem dazu auf, sich dafür einzusetzen, dass bundesweit fächerübergreifende verbindliche Bildungsstandards zur digitalen Medienbildung beschlossen und in den Lehrplänen des Landes für die Schulen in NRW verankert werden.

Wir forderten Sie auf, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass Bund und Länder einen Staatsvertrag zur Finanzierung der digitalen Infrastruktur an Schulen abschließen.

Was haben Sie gemacht? Sie haben den Antrag abgelehnt. Jetzt erwarten Sie sich nach sechs Monaten von uns, dass wir Ihre Verfehlungen schon vollständig korrigiert haben? Das ist eine Farce.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wir alle wissen, dass die Sozialdemokratie in NRW dieses Wochenende am Scheidepunkt steht. Zu dem Anlass habe ich mir einmal das Sondierungspapier der „GroKo reloaded“ angeschaut. Ganze 15-mal findet man darin das Wort „Digitalisierung“, zum Beispiel im Zusammenhang mit digitaler Verwaltung, bei der Unterstützung von Unternehmen durch steuerliche Anreize. Sogar die Digitalisierung des Kartellrechts hat ihren Weg in dieses kleine Absichtspapier gefunden.

Im Bildungsbereich ist es aber nur ein Stichwort in einem Nebensatz ohne weitere Ausführungen. Der „DigitalPakt#D“ oder ein von Ihnen gewünschtes Pendant werden nicht erwähnt. Das finde ich sehr schade, und es passt nicht zu Ihrer Antragsinitiative, in der Sie hier vorgeben, wie wichtig Ihnen doch diese Thematik sei.

(Zuruf von Matthi Bolte-Richter [GRÜNE])

Was haben wir vor? Wir gehen bei der Umsetzung der Digitalisierung mit Konzept und Bedacht vor. Wir werden nicht die Fehler der rot-grünen Landesregierung bei der Inklusion wiederholen. Wir werfen jetzt nicht einfach iPads in jede Klasse und sagen: Seht zu, wie ihr klarkommt; ab morgen ist hier Digitalisierung.

Wir werden sorgfältig, strukturiert und schrittweise die digitale Schule schaffen.

Konkret: In den Haushalt 2018 sind schon deutlich mehr finanzielle Mittel als in der letzten Legislaturperiode eingestellt; sechs neue Stellen für IT-Fachleute an den Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung. Wir wollen die Digitalisierung in der Lehrerausbildung an den Universitäten fest verankern sowie für eine umfassende Fortbildung der Lehrerinnen und Lehrer sorgen, damit sie die schon bestehenden Möglichkeiten der digitalen Bildung optimal nutzen können. Wir wollen die Lehrpläne bedarfsgerecht anpassen und natürlich auch den Aufbau der Infrastruktur vorantreiben.

Meine Damen und Herren, die Infrastruktur ist nur ein Teil, aber längst nicht die hinreichende Bedingung für das Gelingen digitaler Bildung. Sie muss in ein schlüssiges pädagogisches Handlungskonzept eingebettet sein, damit sie Wirkung entfaltet. Das werden wir parallel anstoßen; darauf können Sie sich verlassen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bereits in meiner letzten Rede habe ich betont, dass sich die NRW-Koalition hohe Ziele gesetzt hat. Wir halten, was wir versprechen, und werden die digitale Bildung vorantreiben. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Müller-Rech. – Als nächste Rednerin hat für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Abgeordnete Beer das Wort.

Sigrid Beer (GRÜNE): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen wir den ganzen Pulverdampf mal beiseite und gucken uns an, was es für die Schulen wirklich bringen könnte. Ich kann für meine Fraktion nur sagen: Wir können uns bei beiden Anträgen leider nicht zur Zustimmung aus vollem Herzen entscheiden. Wir werden uns enthalten. Ich sage Ihnen auch, warum.

Der SPD-Antrag ist einfach nur auf das Thema „Technik und Infrastruktur“ begrenzt. Das ist zu wenig; das geht so nicht.

Dann habe ich mich eigentlich über Ihren Entschließungsantrag dazu gefreut. Aber auch da fehlt mir noch eine Komponente. Das will ich Ihnen gerne erläutern. Sie haben pädagogische Konzepte aufgenommen: Lehrerfortbildung und ‑ausbildung, auch die Ausstattung der Seminare. Aber es ist einfach zu wenig, zu sagen: Wir übergeben die Aufgabe an die Medienberater und ‑beraterinnen. – Das muss weiter gehen.

Erlauben Sie mir, dass ich in diesem Zusammenhang ein bisschen von meiner Heimatstadt erzähle. Das halte ich für gut, weil wir da die gleiche Einschätzung haben. Paderborn hat sich im Wettbewerb „Digitale Stadt“ bundesweit auf Platz zwei behauptet. Auch Professor Pinkwart hat sehr deutlich gemacht, dass die Bewerbung Paderborns herausragend gewesen ist und es in der Modellregion OWL eine weitere Förderung geben soll.

In der Tat hat Paderborn eine sehr lange Tradition, über das Projekt „Lernstatt“ nachhaltig Mittel zu investieren. Ich möchte uns alle daran erinnern, was damals mit der E-Initiative passiert ist, in die viel Geld geflossen ist. Aber es waren nicht immer nachhaltige Konzepte, sowohl was die Hardware als auch andere Investitionen betrifft.

Wir haben in Paderborn die Tradition, dass die Schulen sich schulformübergreifend darauf verständigen, welche Software auf zentrale Server eingespielt wird. Das ist zum Beispiel ein Punkt, den ich in beiden Anträgen vermisse. Wie sieht es mit dem Service aus? Es ist nicht nur mit Technik getan. Es ist nicht nur mit Fortbildung getan. Es geht auch darum, die Schulen hinterher weiter in die Lage zu versetzen, mit den Dingen möglichst unaufwendig zu arbeiten, dass Lehrerinnen und Lehrer nicht die Servicetechniker in den Schulen sind. Das hat Paderborn sehr früh erkannt, da investiert und ein Konzept vorgelegt.

An der Universität gibt es einen Antrag zur wissenschaftlichen Begleitung. Ich weiß, dass er der Ministerin vorliegt. In Paderborn werden jetzt alle Kollegien Schritt für Schritt mit Tablets ausgestattet. Sobald das Kollegium die Hardware bekommt, beginnt parallel die Fortbildung für die Kolleginnen und Kollegen, sodass das Implementieren sehr zielgerichtet erfolgt.

Ich würde mir sehr wünschen, wenn es gelänge, das auf das Land zu übertragen, und vielleicht auch in einem Beirat, an dem die kommunalen Spitzenverbände beteiligt sind, solche Transferkonzepte und eine prozessorientierte wissenschaftliche Begleitung hinzubekommen.

In Paderborn wird zurzeit ein Antrag vorbereitet, um die informatische Grundbildung an Grundschulen zusammen mit anderen universitären Standorten in einem weiteren Entwicklungsschritt voranzubringen. Das sind die Zukunftskonzepte, die wir brauchen. Dann haben wir wirklich an allen Stellen vernünftig angesetzt.

Lassen Sie uns die Dinge nachhaltig entwickeln, damit die Finanzen gut eingesetzt und direkt genutzt werden. Das geht nur, wenn das mit begleiteter Fortbildung direkt in den Prozess hinein passiert. Denn es nutzt niemandem, wenn die Geräte zwar da sind, aber nicht oder nicht in angemessener Weise genutzt werden.

Auch die Fragen des Datenschutzes sind längst noch nicht alle geklärt – auch im Umgang mit digitalen Medien in der Schule und im Unterricht.

Deswegen möchte ich der Ministerin noch einmal ans Herz legen, genau diese Dinge aufzunehmen. Ich hoffe, dass wir möglichst bald sogar einen Termin haben, um das noch einmal zu präsentieren.

Dann bin ich sehr dabei, diese Zukunftsaufgabe anzugehen und das Geld, das jetzt von allen Ebenen – die Einsicht ist da – bereitgestellt wird, zielgerichtet und nachhaltig zu investieren. Die Zukunft wird uns immer wieder Innovationszyklen bescheren, die ein strukturelles Konzept brauchen. Dafür werbe ich. Ein solches Konzept fehlt leider in beiden Anträgen.

Lassen Sie uns darüber in Zukunft noch einmal gemeinsam diskutieren und gegebenenfalls in einem gemeinsamen Antrag darlegen. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Frau Abgeordnete Beer. – Für die Fraktion der AfD hat Herr Abgeordneter Seifen das Wort.

Helmut Seifen (AfD): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der gesamte Antrag der SPD – es tut mir leid, das sagen zu müssen – atmet den Geist der bildungspolitischen Ahnungslosigkeit und der Pseudomodernität, der Modernitätsmimikry, der den ahnungslosen Zeitgenossen beeindrucken mag, jedoch den Kenner der Materie nur fassungslos den Kopf schütteln lässt.

Zum einen ist da die Chuzpe, mit der Sie nun als ehemalige Regierungspartei das fordern, was Sie längst auf den Weg hätten bringen können. Die SPD ist als ehemalige Regierungspartei mitverantwortlich dafür, dass sich die Ausstattung der Schulen mit digitalen Medien und die Anlage der digitalen Infrastruktur verzögert haben.

Wie viel Geld musste in den Kommunen ausgegeben werden, um die bildungspolitischen Experimente von Rot-Grün umzusetzen? Die Inklusion und die Umwandlung des gegliederten Schulwesens in ein Einheitsschulsystem verschlangen hohe Summen, welche den Kommunen für infrastrukturelle Aufgaben fehlen. Die Zuwanderung von Millionen Menschen und die schulische Versorgung ihrer Kinder tat noch ein Übriges.

Trotz dieser erschwerten Situation ist an den unterschiedlichen Schulen voller Verantwortung das Nötige durch die Kommunen passiert. Mit dem „Nötigen“ ist eine maßvolle Ausstattung mit digitalen Instrumenten gemeint.

Die naturwissenschaftlichen Fachräume der einzelnen Schulen und besonders der Gymnasien weisen ein zufriedenstellendes bis gutes Maß an digitaler Technik auf, und die Berufskollegs sind von ihren Schulträgern, den Kreisen, überwiegend hervorragend ausgestattet; zumindest ist das im Münsterland so.

Schritt für Schritt werden auch Klassenräume mit interaktiven Tafeln ausgestattet und Internetverbindungen hergestellt. Es ist also keineswegs so, dass sich Deutschland und NRW in einer digitalen Wüste befinden.

In den Schulen werden diese Dinge für die Informationsbeschaffung, für die Veranschaulichung von Sachverhalten in allen Fächern und für die Präsentation von Ergebnissen sowie deren Sicherung genutzt. Darin werden Schülerinnen und Schüler geschult. Ich weiß nicht, in welcher Zeit Sie leben. Besuchen Sie doch einfach mal eine Schule.

(Beifall von der AfD)

Wo die Breitbandanbindung fehlt, muss sie natürlich hergestellt werden. Das ist sicherlich in einigen Schulen noch nicht der Fall. Aber für die unterschiedlichen Anwendungen braucht man nicht immer ein riesiges Equipment. Häufig genügt – wahrscheinlich werden Sie jetzt lachen, aber es ist so – eine Dokumentenkamera, deren Verwendung in vielen Fällen wesentlich effektiver ist als das interaktive Whiteboard.

Ich bitte, noch einen Punkt zu berücksichtigen: Was meinen Sie, wie schnell diese Technik veraltet? Interaktive Tafeln – ich weiß das aus Erfahrung –, die 2012 in meiner Schule angebracht worden sind, sind heute veraltet. Schulen, die damals besonders schnell modern sein wollten, hinken heute technisch hinterher, wenn die jeweilige Kommune nicht schon wieder Geld in die Hand genommen hat, um die alten Tafeln gegen neue auszutauschen. Was das an Kosten für die Zukunft bedeutet, wenn wir die Digitalisierung so vorantreiben, wie Sie es hier im Antrag befeuern, kann man kaum ermessen.

Insofern kommt mir Ihr „Panikdigitalisierungsprogramm“ vor wie ein verdecktes Investitionsgeschenk an Bertelsmann und Co.: 2,8 Milliarden € jährlich. Das ist ein ordentliches Investitionsprogramm. Dagegen ist die sogenannte Rechtschreibreform nichts. Es gibt doch nicht etwa jemanden bei Ihnen oder in Ihrer Umgebung, der einen Beratervertrag mit Bertelsmann hat?

(Markus Wagner [AfD]: Nein!)

Oder glauben Sie den Vertretern der Digitalisierungsindustrie unkritisch, dass Lernen ohne deren Produkte kaum noch gelingen kann? Wenn das so wäre, müssten wir tatsächlich schleunigst handeln. Es ist aber nicht so. Die Digitalisierung wird das Lernen selbst nicht erweitern oder vertiefen.

Selbstverständlich gehören heute digitale Instrumente zur Arbeitswelt und auch zur Schule dazu. Aber Lernen als solches geschieht ausschließlich analog; denn die Natur, der Mensch und alles das, was in ihm geschieht, beruhen auf analogen Signalen. Deshalb werden Sie bei vielen Lernprozessen in der Schule noch Lern- und Lehrformen finden, in denen die Lehrkraft und die Lerngruppe in geistiger Auseinandersetzung miteinander stehen und der handgeschriebene Gedanke in seiner geistigen Entwicklung betrachtet, analysiert und erweitert wird.

Die Vereinzelung des Schülers beim Lernprozess, seine Degradierung zum selbstständigen alleingelassenen Lerner, wie es im Antrag angestrebt wird, und die Umwandlung des Lehrers zum Moderator entmenschlichen einen Prozess, der wie kein anderer auf das mitmenschliche Miteinander angewiesen ist.

Ihr Antrag ist abzulehnen, während der Entschließungsantrag von CDU und FDP schon wirklichkeitsnäher ist.

Sehr geehrte Kollegen von der CDU, Sie beugen sich zwar auch dem Zeitgeist und meinen, die Digitalisierung als Instrument von Lernvereinzelung begründen zu müssen, aber Ihre Beschlussvorschläge sind wenigstens maßvoll und machen Entscheidungen von überprüften Notwendigkeiten abhängig. Dem wollen wir uns nicht ganz verschließen und hoffen, dass in der Planungssituation die Vernunft siegt. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Seifen. – Als nächste Rednerin hat für die Landesregierung Frau Ministerin Gebauer das Wort.

Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Bildung: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau Kampmann, ich finde es schon bemerkenswert, wie Sie, wie die SPD nach ihrer eher mageren Schulbilanz, gerade auch im Bereich der Digitalisierung, hier Aktivitäten einfordert, die Sie in den vergangenen sieben Jahren schlicht und ergreifend verschlafen haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ihr Antrag zeigt auch, dass Sie leider nicht auf der Höhe der Zeit sind. Sie sprechen den DigitalPakt an. Ich meine, mich vage erinnern zu können, dass Sie zusammen mit der CDU in den vergangenen Jahren in der Verantwortung gewesen sind. Da lag es doch an Ihnen, diesen DigitalPakt entsprechend anzugehen bzw. das umzusetzen, was Frau Wanka verkündet hat.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Sie haben jetzt am Wochenende zudem die Chance, mit dem Beschluss auf Ihrem Parteitag das Ganze in der Zukunft Realität werden zu lassen. Ich bin gespannt, wie sich die SPD dazu verhält.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Angela Freimuth: Frau Ministerin, entschuldigen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Frau Abgeordnete Kampmann würde Ihnen gerne eine Zwischenfrage stellen.

Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Bildung: Nein, ich würde gerne mit meinem Vortrag fortfahren, weil ich glaube, dass sich die Frage am Ende dann vielleicht erledigt hat.

Meine Damen und Herren, mit einer Vereinbarung zwischen Land und kommunalen Spitzenverbänden haben sich die Schulträger zur Schaffung eines leistungsfähigen Breitbandanschlusses und zur Verbesserung der digitalen Ausstattung ihrer Schulen verpflichtet. Das Land NRW hat in dieser Vereinbarung die Unterstützung zugesagt; das gestalten wir jetzt aktiv.

Dazu gehört natürlich das Programm „Gute Schule 2020“. Dazu gehören 1,2 Milliarden € nach dem Kommunalinvestitionsfördergesetz. Dazu gehört die von uns jetzt angehobene Bildungspauschale von 609 Millionen € pro Jahr. In der Summe stehen in den nächsten Jahren knapp 6 Milliarden € zur Verfügung. Natürlich müssen wir schauen, dass dieses Geld entsprechend zielgerichtet vor Ort eingesetzt wird.

Die SPD spricht in ihrem Antrag zu Recht von digitaler Bildung als Chance für Teilhabe. Wer so etwas aber dezidiert feststellt, muss hier und heute auch erklären, warum nach sieben Jahren Rot-Grün nur 12,5 % aller Schulen in NRW über einen direkten Glasfaseranschluss verfügen. Das müssen Sie mir dann auch erklären.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Meine Vorrednerinnen und mein Vorredner haben es schon auf den Punkt gebracht: Digitale Bildung ausschließlich auf die Infrastruktur zu reduzieren, zeigt, wie wenig die SPD die Chancen, aber eben auch die Herausforderungen dieser Zukunftsaufgabe in der Vergangenheit kannte bzw., was noch viel schlimmer ist, jetzt immer noch nicht kennt.

Ich kann Ihnen sagen: Wenn Sie aufmerksam unseren Haushalt gelesen haben – das werden Sie sicherlich getan haben –, dann werden Sie erkannt haben, welche Maßnahmen wir schon auf den Weg gebracht haben, zum Beispiel die Aufstockung der Zahl der schon angesprochenen Medienberater, damit wir noch mehr in die Fläche gehen können und die Schulen vor Ort beraten können.

Es gibt eine Arbeitsgruppe bestehend aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern meines Hauses, dem Wirtschaftsministerium und dem Kommunalministerium, um genau zu schauen, wie alle Akteure so beteiligt werden, dass sie an einem Strang ziehen und miteinander arbeiten, um das Vorhaben zeitnah umzusetzen.

Wir haben eine Arbeitsgruppe mit dem Wissenschaftsministerium eingerichtet, um gemeinsam die Lehrerausbildung in den Fokus zu rücken. Es geht hier auch um die Frage, was in Bezug auf die Digitalisierung getan werden muss.

Für das erste halbe Jahr sind also schon einige Maßnahmen auf den Weg gebracht worden. Ich weiß, es müssen noch weitere kommen. Aber zu sagen, dass ich lediglich Dinge angekündigt hätte, ist doch ein bisschen arg übertrieben.

Sie werfen mir vor, dass ich Dinge ankündige. Sie haben das in der Vergangenheit auch getan. Das tut wahrscheinlich jeder. Der gravierende Unterschied ist allerdings, dass wir im Gegensatz zu Rot-Grün die Dinge dann auch angehen bzw. bereits angegangen sind. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Damit sind die Wortmeldungen abgearbeitet. Wir sind am Schluss der Aussprache.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Wir stimmen erstens ab über den Antrag der Fraktion der SPD Drucksache 17/1667. Die antragstellende Fraktion der SPD hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Inhalt des Antrags Drucksache 17/1667.

Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD. Wer ist dagegen? – Das sind CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Wer enthält sich der Stimme? – Das sind die Grünen. Damit ist der Antrag Drucksache 17/1667 mit der festgestellten Mehrheit abgelehnt.

Zweites stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Fraktionen von CDU und FDP Drucksache 17/1774. Wer diesem Entschließungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, FDP, AfD und die beiden Fraktionslosen. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Bei Enthaltung der Grünen und der SPD, nehme ich an.

(Zuruf von der SPD: Wir sind dagegen!)

– Okay. Dann wiederhole ich die Abstimmung insoweit. Die SPD möge bitte klären, ob sie dagegen ist oder sich der Stimme enthalten will. – Ich stelle fest, die SPD ist dagegen. Gleichwohl kann ich feststellen, dass der Entschließungsantrag Drucksache 17/1774 angenommen ist.

Ich rufe dann auf:

9   Rechte der Studierenden schützen und Rechtssicherheit wahren: Keine Ausweitung der Anwesenheitspflicht an Hochschulen

Antrag
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1406

Beschlussempfehlung und Bericht
des Wissenschaftsausschusses
Drucksache 17/1656

Ich eröffne die Aussprache. Laut dem mir vorliegenden Hinweis würde als Erster für die CDU Herr Sträßer reden. Herr Bolte war schon auf dem Weg nach hier, aber er ist noch nicht an der Reihe. Herr Sträßer hat das Wort.

Martin Sträßer (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstellt der NRW-Koalition aus CDU und FDP, bei der Änderung des Hochschulgesetzes durch die Hintertür die generelle Anwesenheitspflicht für alle Lehrveranstaltungen einführen zu wollen. Um das gleich vorweg klarzustellen: Das stimmt nicht.

Leider haben die Antragsteller den ganz anderen Grundsatz unserer Hochschulpolitik gar nicht verstanden. Wir wollen gerade nicht mehr Bevormundung der Hochschulen, sondern weniger. Wir wollen den Hochschulen die Freiheit zurückgeben, die sie verdient haben. Denn was in den Hochschulen passiert und wie es passiert, kann am besten vor Ort entschieden werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wie schwierig, unübersichtlich und bürokratisch es werden kann, wenn aus dem Landtag heraus versucht wird, den Hochschulen hinsichtlich der Frage der Anwesenheitspflichten oder deren Verbot Vorschriften zu machen, hat uns die Debatte im Wissenschaftsausschuss gezeigt. Die beiden Fraktionen, die die gegenwärtige Regelung zu verantworten haben, waren sich selbst nicht im Klaren darüber, was sie für die Anwesenheitspflicht in Seminaren tatsächlich bedeutet.

Diese Verwirrung kann ich verstehen. Sie zeigt aber auch, dass eine Änderung des Hochschulgesetzes notwendig ist.

Vielleicht schauen wir deshalb einmal auf die Begründung zu § 64 Abs. 2a Ihres Hochschulgesetzes. Darin ist mehrfach von einem Verbot die Rede. Gleichzeitig werden aber hochkomplexe, bürokratische und kaum zu durchblickende Partikularbestimmungen getroffen. Ich zitiere nur einen einzigen Satz und muss dazu tief Luft holen:

„Nur im Falle von Seminaren, die auf eine Teilnahme von weniger als 20 bis 30 Studierenden angelegt sind und bei denen mit Blick auf diesen Umstand erst die tatsächlichen Voraussetzungen dafür bestehen, einen wissenschaftlichen Diskurs einzuüben, kann ausnahmsweise und bei Anlegung eines strengsten Maßstabes eine vergleichbare Lehrveranstaltung im Sinne des Absatzes 2a Halbsatz 2 vorliegen, wenn ohne Anwesenheitsobliegenheit das Lernziel nicht oder nur mit einem sehr erheblichen Mehraufwand erreicht werden könnte.“

Das, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, ist ein abschreckendes Musterbeispiel für Bürokratie und ein von politischem Misstrauen und politischer Besserwisserei geprägter Eingriff in die Hochschulautonomie.

(Beifall von der CDU – Matthi Bolte-Richter [GRÜNE]: Nur weil Sie es nicht verstehen, ist es noch lange keine Bürokratie!)

Das ist eben nicht unsere Auffassung von Hochschulautonomie. Wir halten das Subsidiaritätsprinzip hoch. Die Hochschulen wissen selbst am besten, was gut für sie ist. Viele Zuschriften von und Gespräche mit Hochschulvertretern, darunter übrigens auch viele Studierende, bestärken uns sehr in diesem Bestreben.

Was wollen wir also? Wir wollen bestehende Einschnitte in die Hochschulautonomie zurücknehmen, quasi die Fortsetzung unserer Entfesselungsoffensive für den Bereich der Hochschulen. Wir wollen das Hochschulgesetz verschlanken. Es bleibt unsere Überzeugung, dass es für die Hochschulen, die Studierenden und unser Land gut ist, wenn wir den Hochschulen möglichst große Spielräume geben – ganz im Sinne der Freiheit von Lehre und Forschung, die schon unsere Verfassung als Grundrecht vorgibt.

Die Überregulierung muss und wird ein Ende haben.

Das bedeutet aber nicht, wie der hier diskutierte Antrag zu Anwesenheitspflichten unterstellt, dass am Ende der Freiheit für die Hochschulen die vollständige Unfreiheit der Studierenden steht. Im Gegenteil: Wir vertrauen darauf, dass die Hochschulen mit dieser Freiheit sehr verantwortungsvoll umgehen.

Deshalb sei auch dieser Hinweis erlaubt, ohne als Bevormundung der Hochschulen missverstanden zu werden: Eine Anwesenheitspflicht mag etwa für Seminare, die vom wissenschaftlichen Diskurs und dem gemeinsamen Erlernen und Erproben wissenschaftlicher Methoden leben, durchaus sinnvoll sein. Das sehen übrigens viele Studierende genauso. Dies gestehen Sie von SPD und Grünen letztlich auch in Ihrem Hochschulgesetz ein, wenn auch derart kompliziert, unglücklich formuliert und mit vielen Fallstricken, sodass das Gesetz in der jetzigen Form einfach untragbar ist.

Ich komme zum Schluss. Wir lehnen den Antrag der Grünen ab. Er enthält in doppeltem Sinne eine falsche Botschaft.

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

Die eigentliche Aufgabe wird sein, das Hochschulgesetz mit dem Ziel größerer Autonomie rechtssicher zu reformieren und dabei auch eine rechtssichere und handhabbare Regelung zur Frage der Anwesenheitspflichten zu treffen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, geben Sie sich einen Ruck und lösen Sie sich von alten Vorurteilen. Setzen Sie bei der Hochschulreform gemeinsam mit uns ein Zeichen des Vertrauens in die Autonomie unserer Hochschulen! Es wäre ein gutes Zeichen für die Freiheit von Forschung und Lehre in unserem Land. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege Sträßer. – Für die SPD hat der Kollege Bell das Wort.

Dietmar Bell (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Sträßer, ich habe mir Ihre Rede gerade sehr aufmerksam angehört, weil es immer interessant ist, wenn hier ein neuer Kollege redet. Man versucht dann, eine Einschätzung zu bekommen, wie man damit umgehen kann.

Ich will Ihnen aus meiner Sicht sagen: Ich glaube, Sie haben das Thema im Kern nicht in der Tiefe durchdrungen. Denn mit der Entfesselungsrhetorik, mit der Entbürokratisierung, von der Sie immer reden, treffen Sie das Element der Auseinandersetzung, um das es hier wirklich geht, überhaupt nicht.

Sie haben sich erlaubt, aus der damaligen Begründung des Gesetzes zu zitieren. Deshalb will ich die aus meiner Sicht einschlägige Passage ebenfalls zitieren. Ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten:

„Mit der Regelung soll auf die zunehmend beobachtbare Praxis der Hochschulen reagiert werden, in zahlreichen Lehrveranstaltungen Anwesenheitsobliegenheiten zumeist auf der Grundlage einer Regelung der Prüfungsordnung anzuordnen. Oftmals wurden Regelungen getroffen, die allgemein und unabhängig von den Besonderheiten der einzelnen Lehrveranstaltung, insbesondere unabhängig von ihrem jeweiligen Lernziel und dem Grad an notwendiger kommunikativer Interaktivität, den Besuch einer Mindestzahl von Veranstaltungsterminen zur Voraussetzung für die Teilnahme oder das Bestehen einer Prüfung machen.

Eine derartige Praxis ist weder hochschulpolitisch sinnvoll noch verfassungs- und hochschulrecht-lich weiter hinnehmbar.“

Im Kern geht es um die Abwägung von Grundrechten. Das hat die Ministerin im Ausschuss ausgeführt. Es geht nicht darum, dass Sie gerne entfesseln oder Bürokratie abbauen wollen. Es geht um die Abwägung von Grundrechten und an dieser Stelle übrigens auch um die Grundrechte der Studierenden.

Wenn Sie den Freiheitsbegriff zum Ziel Ihres politischen Engagements machen, warum spielt dann eigentlich die Freiheit der Studierenden, entscheiden zu können, ob sie zu einer Veranstaltung gehen oder nicht, in Ihren Ausführungen überhaupt keine Rolle? Überhaupt keine Rolle! Sie machen sich hier allein zum Sachwalter einer angeblich objektiven Haltung der Hochschulen, die das schon allein regeln werden.

Aber im Kern lag der Gesetzesnovelle die vielfache Erfahrung von Studierenden zugrunde, dass Prüfungsordnungen eine Pflichtteilnahme festgelegt haben und damit aus unserer Sicht – übrigens auch aus Sicht der Entscheidungen, die Grundlage des Antrags der Grünen sind – gegen die Abwägung der Grundrechte verstießen und deshalb auch sehr problematisch waren.

Eines will ich deutlich machen, weil Sie sagten, wir wären nicht klar gewesen. Herr Dr. Berger hat die ganze Zeit behauptet, bei Seminaren sei generell keine Anwesenheitspflicht möglich. Ich persönlich habe Herrn Dr. Berger in der Debatte gefragt, ob er bereit ist, auf die entsprechende Gesetzesinitiative zu verzichten, wenn ich ihm nachweise, dass eine Anwesenheitspflicht bei Seminaren durchgesetzt werden kann. Das hat er nicht getan.

Die Ministerin hat auf Anraten ihres Hauses auf die Begründung verwiesen. Aber den einschlägigen Begründungsteil haben Sie vorhin vorgelesen. Danach gibt es nämlich durchaus auch für Seminare Ausnahmetatbestände, die die Möglichkeit schaffen, eine Anwesenheitspflicht durchzusetzen, wenn sie qualitativ geboten ist.

Wir haben damals Rechtssicherheit hergestellt. Ich will noch einmal einen Punkt aufgreifen, der aus meiner Sicht nicht vernachlässigt werden kann. Wir haben bei dem Gesetz auch die Frage im Blick gehabt: Wollen wir eigentlich in der Perspektive gute Lehre stärken? – Zum Teil gab es die Erfahrung, dass schlechte Lehre mit Anwesenheitspflicht hinterlegt war. Deswegen will ich auch hierzu noch einmal aus der Gesetzesbegründung zitieren:

„Mit dem Verbot werden schließlich zugleich die Hochschulen besser in die Lage versetzt, durch die insbesondere didaktische Qualität ihrer Lehrveranstaltungen eine Teilnahme an derselben zu generieren und damit zugleich Informationen über die Güte ihres Lehrgeschehens zu erhalten. Es gilt die Vermutung, dass eine qualitativ hochwertige Lehre eine Anwesenheit der Studierenden von selbst bewirken wird. Anwesenheitsobliegenheiten verhindern daher systematisch, dass die Hochschulen derartige Rückmeldungen erhalten und diese Rückmeldungen gegebenenfalls zum Anlass nehmen, die Qualität ihrer Lehre zu stärken.“

Ich finde, das sind starke Sachargumente, die Sie einfach beiseite wischen. Ich würde mir wirklich wünschen, Hochschulpolitik würde stärker in einem Abwägungsprozess stattfinden, der es erlaubt, die unterschiedlichen Grundrechte, die hier zu berücksichtigen sind, stärker gegeneinander abzuwägen, statt immer in diese billige Kampfrhetorik zu verfallen. Das langweilt und ödet mittlerweile ein wenig an. Deswegen empfehle ich, dem Antrag der Grünen zuzustimmen.

(Beifall von der SPD)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege Bell. – Nun darf ich unserer Kollegin Frau Freimuth das Wort erteilen.

Angela Freimuth (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Na ja, mit dem Öden ist das immer so eine Sache. Es ist sicherlich auch nicht immer ein spannungsgeladenes Element, wenn immer wieder mit den gleichen Unterstellungen und Vorurteilungen hier an der Stelle gearbeitet wird.

(Dietmar Bell [SPD]: Wir sind schon alle entfesselt, Frau Kollegin!)

Dieser Antrag, der hier von den Kollegen der Grünen vorgelegt worden ist, bezieht sich auf ein Urteil, das aus meiner Sicht für die Diskussion, die wir auf Landesebene führen, allenfalls einen Hinweis geben kann, aber, wenn man die Urteilsbegründung einmal nachliest, in unserer Debatte für nichts herangezogen werden kann.

Klar ist, dass wir didaktisch gute Lehrveranstaltungen wollen. Alle, die das Vergnügen hatten, eine Hochschule zu besuchen, haben sicherlich in Erinnerung, dass es mal mehr, mal weniger spannende Lehrveranstaltungen an der Hochschule gab und dass man mal mehr, mal weniger freiwillig und gerne in die entsprechende Lehrveranstaltung gegangen ist. Klar, gute Didaktik, gute Lehre ist etwas, was wir alle miteinander wollen, und wir arbeiten dafür, dass unsere Hochschulen und Lehrenden auch in der Lage sind, diese zu bieten.

Ich bin auch mit Ihnen auch völlig d'accord, dass – und das ist eine Diskussion, die wir lange geführt haben – nur die reine Anwesenheit weder eine aus- noch hinreichende Prüfungsleistung sein kann. Deswegen ist diese Unterstellung, es würde hier immer um generelle Anwesenheitspflichten und um die Gängelung der Studierenden gehen, völlig absurd.

Natürlich respektieren wir auch die Freiheit der Studierenden, und natürlich müssen wir uns die Mühe machen, auch die Abwägung von Grundrechten vorzunehmen. Auf der einen Seite steht das Grundrecht auf Freiheit der Lehre aus der Perspektive des Lehrenden, auf der anderen das Grundrecht auf Freiheit der Lehre aus der Perspektive des Lernenden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt gucken wir uns einmal die Regelung an, die in Ihrem Hochschulgesetz steht. Dabei ist eben das Seminar einer der Streitpunkte. Wir haben das schon damals an verschiedenen Stellen in der Debatte um die Hochschulgesetznovelle ausgetragen, und wir haben uns auch letzte Woche im Ausschuss dazu ausgetauscht:

Das Seminar ist eine Lehrveranstaltung, die insbesondere davon lebt – jedenfalls ist das in den allermeisten Fällen so –, dass es dort zu einem wissenschaftlichen Diskurs, zu einem Streit, zu einem Austausch von Argumenten kommt. Der Diskurs kann aber nur stattfinden, wenn diejenigen, die sich für dieses Seminar eingeschrieben haben, auch anwesend sind.

Die Regelung, die Sie in dem Hochschulgesetz geschaffen haben, ist aber eine, die eine Bürokratie aufbaut und unter gar keinem Gesichtspunkt sachangemessen ist.

Der Antrag bezieht sich auf einen Nebensatz der Ministerin in der kleinen Regierungserklärung, in dem es darum ging, das Hochschulgesetz zu entfesseln, unnötige Bürokratie zurückzufahren und es im Sinne der Freiheit der Hochschulen, im Sinne der Freiheit von Lehre und Forschung weiterzuentwickeln. Darüber können und werden wir gerne diskutieren.

Ich sage Ihnen aber auch ganz klar für die FDP-Fraktion und auch für unseren Koalitionspartner: Das generelle Verbot von Anwesenheitspflichten ist genauso wenig notwendig wie das generelle Gebot, Anwesenheit als eine prüfungsrelevante Leistung anzuerkennen. Beides – das habe ich schon eingangs gesagt – ist aus meiner Sicht völlig absurd.

Deswegen freue ich mich darauf, dass wir in der Beratung über die Hochschulgesetznovelle in aller Sachlichkeit die unterschiedlichen Vorschläge diskutieren können, um zu einer unbürokratischen Regelung zu kommen, die es den Hochschulen in den Fachbereichen unter Einbeziehung der Studierenden ermöglicht, eine sachangemessene Lösung zu finden, mit der dann tatsächlich gute, qualitativ hochwertige Lehre stattfinden kann, sodass unsere Studierenden die Lehrveranstaltungen dann auch gerne besuchen. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, liebe Kollegin Freimuth. – Nun ist für die Grünen der Kollege Bolte-Richter am Start. Bitte schön.

Matthi Bolte-Richter (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Herr Sträßer, Sie haben aus der Gesetzesbegründung von 2014 zitiert. Die Begründung eines Gesetzes liest sich immer relativ komplex. Das liegt daran, dass eine Gesetzesbegründung dazu dient, Rechtssicherheit zu schaffen, und genau die haben wir mit dem Hochschulzukunftsgesetz in dieser Frage geschaffen.

Aber nicht nur das: Wir haben den Hochschulstandort Nordrhein-Westfalen insgesamt vorangebracht. Wir haben ihn zukunftsfähig gemacht. Wir haben ganz besonders auch die Rechte der Studierenden in den Blick genommen. Wir haben die Rechte der Studierenden mit diesem Gesetz gestärkt. Wir haben grundsätzlich Gruppenparität in den Senaten eingeführt, Studierenden durch Studienbeiräte eine starke Mitbestimmungsmöglichkeit für die Prüfungsordnung gegeben. Wir haben die Hochschulen zum Studienerfolg verpflichtet, die allgemeine Anwesenheitspflicht abgeschafft, Interessensvertretungen für studentische Hilfskräfte gebildet und Möglichkeiten geschaffen, um die Prüfungsbelastung zu reduzieren und damit die Studierbarkeit von Studiengängen zu erhöhen.

All diese Verbesserungen wollen CDU und FDP zurückschrauben. Das finden wir unerhört.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, beim aktuellen Beispiel sprechen wir über die Ausweitung der Anwesenheitspflicht. Wer sich die Debatten der letzten zehn Jahre vor Augen führt, der konnte eigentlich davon ausgehen, dass die Anwesenheitspflicht endlich tot ist. Aber mit Schwarz-Gelb erwacht dieser politische Zombie jetzt wieder.

Wir sind nicht einfach so davon ausgegangen, meine Damen und Herren, sondern mit besten Gründen. Es gibt klare rechtliche Auffassungen, die gegen die Ausweitung von Anwesenheitspflichten stehen. Wir haben sie in unserem Antrag alle zitiert.

Da ist die juristische Fachausarbeitung der Universität Duisburg-Essen vom 8. Dezember 2009. Da ist auch eine Ausarbeitung aus dem damaligen Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie vom 5. Februar 2010, die direkt an die Hochschulen im ganzen Land gegangen ist.

Der heutige Nebenerwerbswissenschaftsminister Pinkwart – damals noch im Haupterwerb – hat seinerzeit klargestellt, meine Damen und Herren, dass Anwesenheitspflichten einen klaren Eingriff in die Studierfreiheit darstellen.

Wenn Sie noch mehr juristische Ausarbeitungen benötigen, dann schauen Sie in die Gesetzesbegründung zum Hochschulzukunftsgesetz, wie es der Kollege Sträßer gerade getan hat.

(Beifall von den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn das Gutachten einer Universität, die Rechtsauffassung eines FDP-Wissenschaftsministers und das durch den Landtag beschlossene Gesetz für Sie nicht ausreichen, um die rechtliche Situation zu belegen, die mehrfach und über Jahre mit Eindeutigkeit dargelegt wurde, frage ich mich wirklich, worauf Sie dann warten. Warten Sie auf eine päpstliche Enzyklika, oder worauf warten Sie?

(Beifall von den GRÜNEN)

Dieser Anwesenheitszwang, den Sie ausweiten wollen, bedeutet weniger Freiheit für die Studierenden, und er bedeutet mehr Bürokratie für die Hochschulen. Das alles, liebe Kolleginnen und Kollegen, macht der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in seinem Urteil klar. Anwesenheitspflichten sind ein Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der Studierenden. Ihre Festlegung und Ausgestaltung müssen verhältnismäßig sein. Sie können nicht nach Belieben erfolgen, sondern brauchen einen eindeutigen und nachvollziehbaren rechtlichen Rahmen.

Wenn in Zukunft eine Regelung auf Landesebene nicht mehr besteht, dann muss jede Hochschule für sich in ihren Prüfungsordnungen für Klarheit sorgen, was letzten Endes dazu führt, dass es an allen Hochschulen fast gleichlautende Regelungen geben muss, um diese Rechtsklarheit darzustellen. Das wird einen gigantischen bürokratischen Aufwand nach sich ziehen. Da wird nichts entfesselt, da wird nur noch verknotet.

(Beifall von den GRÜNEN)

Herr Kollege Sträßer, Herr Kollege Dr. Berger hat in der Ausschussdebatte von der Sinnhaftigkeit gesprochen, davon, dass man sich mit Professoren darüber unterhält, eine Regelung komplett zu kippen und eine andere Regelung zu finden. In dem Wortbeitrag des Kollegen fehlten jedoch die entscheidenden Worte, nämlich Rechtsprechung, Rechtssicherheit, Grundrechte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Ausschussdebatte ist nicht umsonst so ausgegangen, wie sie ausgegangen ist. Sie können ja bis heute nicht die konkrete Regelungslücke benennen. CDU und FDP wollen Freiheit für die Militärforschung, für die Wirtschaft, für die Rektorate, für Professoren, für alles Mögliche, aber eben nicht für die Studierenden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Freiheit an Hochschulen muss auch für Studierende gelten. Jede Studentin, jeder Student hat eigene Lernstrategien, hat auch private Verpflichtungen neben dem Studium. Wir wollen die Studierfreiheit bewahren und Studierende selbst entscheiden lassen, wie sie ihr Ziel erreichen. Uns liegt bei der Hochschulfreiheit auch die Freiheit der Studierenden sehr am Herzen, und daher bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Bolte. – Für die AfD hat Herr Seifen das Wort.

Helmut Seifen (AfD): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Auch dieser Antrag der Grünen kommt wieder als menschenfreundliches Anliegen daher, wie wir es bereits von dieser Seite gewohnt sind.

Meine beiden Vorredner, Herr Bolte-Richter und Herr Bell, haben im Grunde genommen schon sehr deutlich gezeigt, dass es sich scheinbar um ein technokratisch-organisatorisches Problem handelt.

In Wirklichkeit geht es um einen fundamentalen Unterschied im Weltbild, im Menschenbild, das wir hier im Hause vertreten. Es ist ein Menschenbild, ein Gesellschaftsbild, das die bürgerlichen Parteien ursprünglich von den Parteien unterschieden hat, die man politisch eher links verortet.

Nun hat sich die CDU dieser bürgerlichen Vorstellungen weitgehend entledigt und kommt jetzt langsam wieder auf den Pfad der Tugend zurück, möglicherweise auch angeleitet durch uns.

(Norwich Rüße [GRÜNE]: Hört, hört!)

Es geht hier tatsächlich um den Freiheitsbegriff, Herr Bolte-Richter; da haben Sie vollkommen recht. Aber im Gegensatz zu Ihnen rücken wir nicht nur die individuelle Freiheit in den Fokus. Die muss natürlich auch gegeben sein, aber es gibt auch so etwas wie die Freiheit des Kollektivs, die Freiheit von Menschen, die miteinander vereinbart haben, sich in einer Gemeinschaft verpflichtet haben, dort zu wirken und teilzunehmen, und die brauchen auch ihre Freiheit.

Das Hochschulzukunftsgesetz vom 16.09.2014 erhielt mit dem § 64 Abs. 2a eine Präzisierung der Vorgaben für die Prüfungsordnung, die zwar das individuelle Freiheitsrecht der Studenten absolut setzte, nämlich selbst entscheiden zu können, an welchen Veranstaltungen sie teilnehmen oder nicht – mit einigen Ausnahmen, die darin verortet waren –, aber letztlich war damit die gesamte Organisation des Studiums innerhalb eines Fachbereichs betroffen.

Denn die Anwesenheitspflicht berührt ja nicht nur den einzelnen Studenten. In Mithaftung für die jeweilige Entscheidung des Einzelnen über seine Anwesenheit werden alle Seminarteilnehmer genommen. Ist die Fluktuation der Teilnehmer von Woche zu Woche sehr stark und ist die Seminargruppe in jeder Woche sehr unterschiedlich zusammengesetzt, ist eine kontinuierliche, in sich logisch schlüssige, auf progressiven Erkenntnisgewinn angelegte intellektuelle Auseinandersetzung mit einem komplexen geistigen Sachverhalt nur erschwert möglich.

Das war ein langer Satz voller Hypotaxe, und ich hoffe, Sie konnten folgen.

Darunter leiden dann vor allem die Seminarteilnehmer, welche die Lerngruppe als Plattform ihrer eigenen Lernprozesse benötigen und die geistige Auseinandersetzung dazu führen wollen. Die mögliche Unzuverlässigkeit Einzelner geht hier zulasten anderer. Und was sagen Sie denn, Herr Bell und Herr Bolte-Richter, zu deren Freiheit?

Hier ist die Fraktion der AfD der Meinung, dass die Freiheit des Einzelnen auf keinen Fall zulasten der Freiheit anderer gehen darf.

(Beifall von der AfD)

Die Anmeldung zu einer Seminarveranstaltung muss mir die Sicherheit geben, dass ich auch das bekomme, was mir dort rechtens zusteht. So ist gerade die Anwesenheitspflicht zu Seminarveranstaltungen und überhaupt zu Veranstaltungen, die von der gedanklichen Auseinandersetzung getragen werden, eine Gewähr für die Rechtssicherheit und den Schutz der jeweiligen Studenten.

Es gibt nicht nur ein Recht auf individuelle Freiheit, nein, Freiheit steht auch dem Einzelnen eines Kollektivs zu, das auf der Grundlage verbindlicher Vereinbarungen besteht und nur bestehen kann.

Ihr Antrag bedeutet jedoch, die Entscheidung über die Anwesenheit in Seminaren dem Einzelnen zu überlassen ohne Rücksicht auf die Bedürfnisse der anderen Seminarteilnehmer.

Besonders ärgerlich kann die Abwesenheit einer größeren Anzahl von Seminarteilnehmern für die Studenten sein, die gemäß § 59 Hochschulfreiheitsgesetz zu der von Ihnen gewünschten Lehrveranstaltung nicht zugelassen werden. Sie müssen sich nun wirklich veralbert vorkommen, wenn sie feststellen müssen, dass vergebene Plätze in dem von ihnen begehrten Seminar nicht eingenommen werden. – Das muss man sich vielleicht auch einmal vorstellen.

Schließlich schränkt dieser Artikel 2a des § 64 Hochschulfreiheitsgesetzes in unzulässiger Weise die Selbstbestimmung der Universitäten ein. Trauen wir doch den einzelnen Hochschulen und den jeweiligen Gremien, Professoren und den Vertretern der Studenten getrost zu, eine Regelung zu finden, welche die individuellen und die kollektiven Freiheitsrechte in gleicher Weise sichert.

Das ist auch wieder ein Beispiel für den Freiheitsgedanken, den Sie, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen von SPD und Grünen, pflegen. Sie möchten gerne die Freiheit für andere Leute bestimmen. Ist Ihnen das eigentlich schon einmal aufgefallen? Ich meine das gar nicht irgendwie bösartig. Sie wollen wirklich immer bestimmen, wie frei die anderen sein müssen. Lassen Sie von diesem Tun ab. Leben Sie endlich in einer freiheitlichen Bürgergesellschaft und ändern Sie in diese Richtung Ihre Gesinnung. – Vielen Dank.

(Beifall von der AfD)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Kollege Seifen. – Ich erteile für die Landesregierung der Ministerin Frau Pfeiffer-Poensgen das Wort.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte am Ende dieser Debatte zum Thema „Anwesenheitspflichten“ die Gelegenheit nutzen, noch einmal die Fakten zusammenzufassen.

Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hatte im November 2017 im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens über eine Bestimmung in der Prüfungsordnung für einen Bachelor-Studiengang der Universität Mannheim zu entscheiden und diese aus verfassungsrechtlichen Gründen für unwirksam erklärt. Die fragliche Prüfungsordnung sah die Möglichkeit vor, als prüfungsrelevante Studienleistung auch eine Anwesenheitspflicht festzusetzen. Seit vergangener Woche liegt auch die schriftliche Urteilsbegründung vor. Demnach hält das Gericht die Anordnung einer Anwesenheitspflicht in der Prüfungsordnung grundsätzlich für rechtlich vertretbar, sofern bestimmte Voraussetzungen wie beispielsweise eine Fehlzeitenregelung erfüllt sind und damit die Verhältnismäßigkeit des Grundrechtseingriffs gewährleistet ist.

An dieser Stelle möchte ich noch einmal den Hinweis geben: Es geht bei einer solchen Entscheidung um die Frage der Verhältnismäßigkeit. Und die Verhältnismäßigkeit in Bezug auf Grundrechtseingriffe gilt natürlich für alle Mitglieder der Hochschule, für Studierende, aber natürlich genauso für die Hochschullehrer. Das war in der beanstandeten Prüfungsordnung nicht der Fall, weshalb die Regelung nach Auffassung des Gerichts der verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsanforderung nicht gerecht wird.

Auf einen Aspekt der Debatte möchte ich noch einmal etwas näher eingehen, da hier wohl ein grundsätzliches Missverständnis vorzuliegen scheint. Dabei geht es um die Frage der Anordnung von Anwesenheitspflichten in Seminaren. Wir hatten das gerade schon in mehreren Beiträgen zum Thema.

Es hat mich ein bisschen verwundert, dass im Wissenschaftsausschuss in Teilen die Auffassung vertreten wurde, dass nach der derzeit geltenden Regelung des Hochschulgesetzes auch in Seminaren Anwesenheitspflichten vorgesehen werden dürfen. In der amtlichen Begründung zum derzeit geltenden Hochschulgesetz steht es anders:

Bei Seminaren dürfe nur ausnahmsweise und bei Vorliegen besonders eng definierter Voraussetzungen eine Anwesenheit angeordnet werden.

Konkret heißt das in der Begründung zu der einschlägigen Norm:

„Das Seminar stellt daher grundsätzlich keine vergleichbare Lehrveranstaltung im Sinne § 64 Abs. 2a Halbsatz 2 dar.“

In seiner Urteilsbegründung setzt sich der VGH Mannheim auch mit der Regelung im nordrhein-westfälischen Landesrecht auseinander. Dabei sind zwei Dinge entscheidend, die in der aktuellen Diskussion jedoch nicht immer hinreichend klar getrennt wurden:

Erstens. Der VGH Mannheim würdigt die juristische Ausgestaltung der Norm, da sie nach seinem Verständnis dem Bestimmtheitsgebot Rechnung trägt.

Zweitens. Der VGH Mannheim spricht sich aber mitnichten dafür aus, diese Norm in ihrem konkreten Regelungsgehalt zukünftig als Muster für mögliche Verbotsnormen anzusehen, wie das bisweilen dargestellt wurde, sondern er qualifiziert diese Norm eher als Ermächtigungsnorm. In seinem Urteil formuliert er die Anforderungen an eine verfassungskonforme Regelung. – Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Mit dem Urteil bekommen die Hochschulen eine weitere, in diesem Falle obergerichtliche Handreichung, um zukünftig vor Ort in Kenntnis der Verhältnisse an der eigenen Hochschule Anwesenheitspflichten rechtsstaatlich korrekt, das heißt eben verhältnismäßig …

Präsident André Kuper: Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Beer?

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft: Jetzt rede ich erst einmal zu Ende. Gleich.

… und unter Achtung der Grundrechte aller Beteiligten zu regeln. Ich bin der Überzeugung, dass Fragen der Anwesenheitspflicht in den entsprechenden Hochschulgremien vor Ort entschieden werden müssen.

Ich bin auch davon überzeugt, dass die Hochschulen dabei rechtsstaatlich handeln. Zu der schlechten Lehre, die hier immer als Keule aus der Kiste gezogen wird, kann ich nur sagen: Schwarze Schafe gibt es immer, und die gibt es in jedem Lebensbereich. Aber das kann nicht der Grund sein, durch solche Überregularien auf solche schlechten Lehrer, die es leider überall gibt, zu reagieren.

Hier mit Verbotsvorschriften zu operieren, halte ich im Sinne der Hochschulautonomie für grundlegend falsch.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: An dieser Stelle erteile ich Frau Beer für die Zwischenfrage das Wort.

Sigrid Beer (GRÜNE): Ganz herzlichen Dank, Frau Ministerin. – Nein, es geht nicht um schwarze Schafe in der Lehre, aber Sie haben natürlich Recht, wir müssen auf die Lehre gucken. Und das ist mir bisher viel zu kurz gekommen. Sie kennen auch die Aussage von Jürgen Handke, dem Marburger Professor, der eine Menge Preise für seine Lehre erhalten hat. Wir haben im Ausschuss auch das Zitat aus der „SZ“ besprochen. Er sagt:

Wenn ich nur auf Anwesenheitspflicht setze, dann stelle ich mir selbst eigentlich ein Armutszeugnis aus. Ich habe meine Veranstaltungen so vorbereitet, dass 80 % der Studierenden vorbereitet kommen, und habe damit Erfolg.

Können Sie nicht diese Art von Selbstverantwortung der Lehrenden und der Studierenden dann auch wirklich unterstützen? Darum geht es doch wirklich im Kern.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft: Ich glaube, da sind wir überhaupt nicht auseinander. Nur das sind natürlich auch die wunderbaren Fälle. Das würde ich mir von jedem wünschen, dass er aus der Uni rausgeht und sagt: Ich habe einfach nur solche Lehrer, da gehe ich zu Fuß hin, weil sie so fantastisch unterrichten. – Aber wir beide wissen auch, dass dies ein Wunsch und die Realität eben einfach sehr gemischt ist.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Ich denke, dass wir jetzt einfach einen zweiten Punkt sicherstellen müssen. Die Lehrsituation besteht eben nicht nur aus den Studierenden, sondern auch aus den Lehrenden. Ich weiß nicht, ob Ihnen nicht auch schon eine Menge enttäuschter, manchmal auch frustrierter Hochschullehrer begegnet ist, die gesagt haben: Wir machen ein Seminar, es kommen 20 Studierende, jeder macht ein Referat – so ist ja ein ganz übliches, klassisches Format –, und beim Halten des Referats sind leider nicht sehr viel andere Studierende da. Es kommt eben nicht zu dem wissenschaftlichen Gespräch, das sehr wünschenswert wäre.

– Frau Beer, wenn Sie meine Antwort hören wollen, könnten Sie auch zuhören!

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von den GRÜNEN)

Nur noch ein Satz dazu, dann können Sie sich ja mit den anderen weiter unterhalten.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Ich habe 15 Jahre an der Universität gearbeitet.)

– Ich auch übrigens. Insofern wissen wir beide, worüber wir reden. Das ist ja auch wunderbar.

(Beifall und Heiterkeit von der CDU und der FDP)

Diese Diskussion, die wir hier führen, können wir jetzt stundenlang weiterführen. Aber warum lassen wir nicht die Universitäten und Hochschulen darüber entscheiden, wie sie es halten wollen? Das ist der Wunsch.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der CDU: Genau!)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Ich habe keine weitere Wortmeldung mehr vorliegen. Wir sind damit am Schluss der Aussprache.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Wissenschaftsausschuss empfiehlt in Drucksache 17/1656, den Antrag der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 17/1406 abzulehnen. Wir kommen somit zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 17/1406 und nicht über die Beschlussempfehlung. Wer diesem Antrag folgen möchte, den bitte ich ums Handzeichen. – Das sind SPD und Grüne. Wer ist dagegen? – Das sind CDU, FDP, AfD und die Fraktionslosen. Damit ist der Antrag Drucksache 17/1406 entsprechend abgelehnt.

Ich rufe auf:

10 Aufnahme der Rheinischen Martinstradition in die Liste des immateriellen Kulturerbes der
UNESCO unterstützen

Antrag
der Fraktion der CDU,
der Fraktion der SPD,
der Fraktion der FDP und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 17/1663

Ich eröffne die Aussprache. Für die CDU hat der Kollege Schmitz das Wort. – Bitte sehr.

Marco Schmitz (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Martinsbrauchtum im Rheinland hat sich vom Mittelalter bis in die Gegenwart erhalten, indem es seine Form und Inhalte der jeweiligen Zeit angepasst hat, und das ohne seinen ureigensten Kern zu verlieren, nämlich Nächstenliebe zu üben.

Der Festinhalt wird mit allen Sinnen verbreitet. Man erzählt von Martin, man isst ihn symbolisch als Weckmann, man spielt die Mantelteilung, indem man mit dem Heiligen durch die Straßen zieht, und man gestaltet sein Leben im Fackelbau nach.

Zielgruppe des Brauchtums sind vor allem die Kindergarten- und Grundschulkinder und über diese hinaus die Geschwister, Eltern und Großeltern und damit die gesamte Gesellschaft. Dieses originäre katholische Brauchtum grenzt andere Christen und andere Gläubige nicht aus, vereinnahmt aber auch niemanden gegen seinen Willen. Wer mitfeiern will, ist herzlich eingeladen.

Im gesamten Rheinland und am Niederrhein ist das Martinsfest stark verbreitet und im Jahreskalender verankert. Generationenübergreifend und überkonfessionell gehört der Martinsbrauch fest zur Kultur und wird mit großem Engagement praktiziert.

Die Sankt-Martins-Vereine sind besonders in kleinen Orten und in den Stadtteilen tragende Säulen des kulturgesellschaftlichen Lebens. Neben eigenen Vereinen wird der Martinsbrauch aber auch noch von Schützenbruderschaften, Kirchengemeinden, Schulen und anderen getragen.

Vor gut 150 Jahren verbreiteten sich innerhalb weniger Jahrzehnte die Sankt-Martins-Vereine flächendeckend in der Region. Eines trägt alle Martinsvereine: Sie gehen mit einem bemerkenswerten Engagement an die Sache heran. Dies zeigt sich auch heute Abend wieder, denn die Initiatoren und auch einige Mitglieder von Martinsvereinen sind selbst um diese Uhrzeit noch gekommen, um der Debatte heute von der Tribüne aus live im Landtag zu folgen.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP und der AfD)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, ich spreche heute zu Ihnen als Vertreter der CDU-Fraktion, aber ich spreche auch als St. Martin, der seit über 13 Jahren die Rolle des Ritters innehat und das Ganze auf die Straße bringt.

(Beifall von der CDU, der FDP und der AfD)

Auch mein eigener Sankt-Martins-Verein hat an der Gründungsversammlung in Brüggen teilgenommen, als 73 Vereine sich zusammengetan und die Initiative begleitet haben, die heute zu diesem Antrag geführt hat, der den Antrag zur Aufnahme in die Liste des immateriellen Weltkulturerbes unterstützen soll.

Ich weiß, seitdem ich das Ganze mache, welche Arbeit die Organisation der Martinstradition für die beteiligten Vereine macht: das Spendensammeln im Vorfeld, die Organisation der Fackelausstellungen, die Absprachen mit den beteiligten Schulen und Kitas, mit Polizei, Rettungskräften und weiteren. Viele Menschen beteiligen sich an der Vorbereitung, und es ist ein großartiges ehrenamtliches Engagement, mit dem diese Tradition aufrechterhalten wird.

Als NRW-Koalition unterstützen wir daher den Antrag der Martinsvereine, den Martinsbrauch in die Liste des immateriellen Kulturerbes aufzunehmen.

Sehr geehrter Herr Präsident, mit Ihrer Erlaubnis zitiere ich den ehemaligen Staatskulturminister Bernd Neumann:

„Der Beitritt Deutschlands zu dem UNESCO-Übereinkommen drückt die besondere Wertschätzung für die immateriellen Kulturformen und Kulturschätze aus. Mit Blick auf zunehmende Globalisierungseinflüsse haben wir ein fundamentales Interesse daran, die über Generationen überlieferten und gepflegten Kenntnisse und Bräuche zu bewahren, die einen bedeutenden Teil unserer kulturellen Vielfalt und Identität ausmachen.“

Dies alles trifft auch und vor allem auf den Martinsbrauch zu. Ich freue mich, dass wir diesen interfraktionellen Antrag heute hier im Plenum beschließen werden. Es ist eine Anerkennung der vielen Ehrenamtler, die sich für diesen Brauch engagieren.

Ich würde mich freuen, wenn die Kommission unserem heutigen Beschluss folgen würde und die rheinische Martinstradition zum immateriellen Weltkulturerbe erhoben wird. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Kollege Schmitz. – Für die SPD hat nun Herr Abgeordneter Bialas das Wort.

Andreas Bialas (SPD): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Worum geht es? – Es geht um einen Martin, es geht um einen Heiligen Martin. Und es geht um einen Mantel, um einen – hier ist die Geschichte mitunter different – möglicherweise roten Mantel. Es geht um ein Teilen, ein hälftiges Teilen, ein gerechtes Teilen, ein Teilen, das dazu führt, dass dem Geholfenen auch wirklich geholfen ist.

Diese im Kern barmherzige Haltung und soziale Handlung wird seit langer Zeit Jahr für Jahr gefeiert, unter anderem als Umzug und – das ist besonders bemerkenswert – mit vielen Kindern. Wie könnten wir Sozialdemokraten dagegen sein, dass diese Form kultureller und politischer Bildung eine entsprechende Aufmerksamkeit und Wertschätzung als immaterielles Kulturgut erhält?

Mit dieser Anerkennung würden auch die vielen ehrenamtlichen Helfer, die Ausrichter der Umzüge anerkannt und wertgeschätzt. Vielen Dank für die jährlich immer wieder neue Mühe und Arbeit für die Durchführung dieser Umzüge. Ganz herzlichen Dank!

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der AfD)

Lassen Sie mich aber noch ein, zwei Gedanken dazu äußern. Die Beschäftigung mit Fragen und Antworten, wie wir einander helfen, wie wir einander auch im Herzen zugetan sind, wie wir nicht nach Trennendem, Spaltendem und Invasivem suchen, sondern Bedürftigkeit erkennen und Leid im besten Falle abstellen, ist zentral für unsere abendländische, christliche und soziale Tradition.

Hinwendung zum anderen, Barmherzigkeit ist nichts Lächerliches, die, die sich hinwenden, keine weltfremden Spinner, die Häme über sich ergehen lassen müssen – es sind die, die wir in der Figur des Sankt Martins Jahr für Jahr feiern, und zwar zu Recht. Und das ist gut so.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Einige suchen die Antworten auf die aufgeworfenen Fragen einer gerechten Aufteilung von Mänteln und Geldern, von Wertsachen, von Reichtum. Sie suchen diese Aufteilung in Rechten und Gesetzen, einige im Marktgeschehen, einige in der Moral oder der ethischen Bindung, die meisten in verschieden stark gelagerten Anteilen aus all diesen Bereichen.

Die Frage nach der Handlungsweise von Sankt Martin und seine Motivation sind aktueller denn je, übrigens auch die Frage nach dem jeweiligen anderen, nach dem Bittsteller. Wem reichen wir denn heute die Hälfte unseres Mantels? Wen wollen wir wärmen. Wen lassen wir erfrieren? Unser Mantel ist ziemlich groß, und unser Mantel ist ziemlich warm, und er ist es selbst dann noch, wenn es einige gibt, die diesen Mantel nur noch als winzigen dünnen und dürren Lappen darstellen wollen, um den sich angeblich zu viele balgen.

Im Hinblick auf die Liste des immateriellen Kulturgutes können wir hier nichts entscheiden; das tun andere. „Aufnahme der Rheinischen Martinstradition in die Liste des immateriellen Kulturgutes der UNESCO unterstützen“, so lautet der Titel des Antrags. Das tun wir gern. Wir begleiten gern ideell gemeinsam mit den demokratischen Fraktionen in diesem Haus diesen Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD, der CDU, der FDP und den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Herr Bialas. – Für die FDP hat nun Herr Kollege Nückel das Wort.

Thomas Nückel (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich finde es gut, dass die Vorredner gerade deutlich gemacht haben, dass sie Praktiker der Martinsidee sind, aktiv bei den Aktivitäten. Auch ich habe manchen Pferderücken gestreichelt, manche Römerrüstung geknüpft und manchen Mantelklettverschluss mit einem Schwertstreich geteilt, aber ich gebe zu, nicht vielleicht in der originär rheinischen Martinstradition. Ich komme eher vom Flügel der westfälischen Ruhrgebiets-Sankt-Martins.

(Beifall von der FDP)

Und ich gebe zu: Vor 50 Jahren habe ich auch manche Laterne durch – ich nenne es mal so – zu enthusiastischen Gebrauch in Asche transformiert.

Trotzdem hat die Initiative natürlich meine Unterstützung. Bräuche, Rituale, Ausdrucksformen, aber auch Handwerkspraktiken – alles das kann man als immaterielles Kulturerbe identifizieren.

Der Begriff „Kulturerbe“ ist sicherlich vielen verständlich. Das immaterielle Kulturerbe ist bei den Bürgern manchmal schwieriger zu vermitteln, weil es natürlich nicht so richtig greifbar ist. Man kann es nicht an die Wand hängen, aber es ist irgendwie doch erlebbar. Immaterielle Kulturgüter dokumentieren Bräuche, Traditionen und das Verhalten und den Umgang mit der Welt.

Die „Rheinische Post“ schrieb – ich finde das sehr richtig –:

„Die Liste des immateriellen Kulturerbes ist kein historischer Reiseführer. Vielmehr beschreibt sie geradewegs uns und unsere Art zu leben.“

Auf der nationalen Liste findet man bereits einen bunten Reigen von allbekannten Dingen – Tanz, Theater, Brotkultur, Sternsingen –, was anderen Menschen wichtig ist und einem die Antwort auf die Frage gibt, was einem selbst lieb und teuer ist. Und vielen Kleinen wie Großen ist der Martinstag lieb und teuer. Deswegen streichen sie diesen Tag im Kalender auch groß an.

Doch landauf, landab haben es die Sankt-Martins-Feierlichkeiten natürlich im Schatten der vielfältigen Eventkultur immer schwerer. In seltenen Fällen fällt manchmal sogar der Name weg, was, wie ich finde, nicht in Ordnung ist. Während man dem Mainstream mit Halloween und anderen Untoten eher oft und leichter huldigt, entsteht manchmal ein ungleicher Eventkampf. Aber die Sankt-Martins-Idee – davon bin ich überzeugt – wird bestehen und auch noch viele Jahre weiter leben.

Mit der Idee, als immaterielles Kulturerbe anerkannt zu werden, erhoffen wir eine Stärkung der langen Tradition. Wenn Bräuche und Traditionen unser Verhalten und den Umgang mit der Welt nach außen tragen, dann ist dies allein schon ein erstrebenswerter Grund, die Martinsidee von Teilen und Nächstenliebe so auch zu betonen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU, der SPD und den GRÜNEN)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Kollege Nückel. – Für die Grünen hat der Kollege Keymis das Wort.

Oliver Keymis (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als gebürtiger Düsseldorfer Jung‘ bin ich natürlich diesem Brauch sehr nahe. Mein zweiter Vorname ist Martin.

(Heiterkeit)

Aber das hilft letztlich nicht. Ich kann nicht mitreden beim Mitreiten und bin daher froh, dass Kollege Schmitz sozusagen als Leibhaftiger hier am Pult stand.

(Beifall von den Grünen – Heiterkeit von der CDU)

Für mich jedenfalls stimmt der schöne Satz unseres rheinischen Philosophen und Kabarettisten: „Meine Heimat ist meine Kindheit.“ – Heimaterfahrung, Bräuche und Tradition erfahren Kinder von frühester Jugend an. Wenn solche Bräuche besonders konsequent gepflegt werden, dann bleibt einem das in Erinnerung. Und womöglich – so geht es mir – geht man auch heute noch gucken, wenn es stattfindet, weil man das Gefühl hat, man gehört irgendwie immer noch dazu.

Dass also die im vorigen Jahr 150 Jahre alt gewordene rheinische Martinstradition zu unserem kulturellen Erbe im Rheinland zählt, ist ebenso unbestreitbar wie – ich bin froh, dass es schon angeklungen ist – die Tatsache, dass die schöne alte Geschichte von der Mantelteilung, also davon, dass, wer hat, aus freien Stücken auch denen gibt, die weniger haben, sich natürlich auch in anderen Landesteilen, in Westfalen, in Ostwestfalen und auch möglicherweise in Lippe, finden lässt. Ich bin froh, dass es in anderen Ländern unserer Republik gefeiert wird, und wir wissen, dass auch innerhalb Europas dieser Brauch seine Bedeutung hat, 1621 Jahre nach der Grablegung des Bischofs von Tours. Das ist, glaube ich, schon eine kleine Rede wert.

Kurz zur Geschichte des Antrags: Es war am 15. Oktober 2017, da reichten René Bongartz aus Brüggen und Jeyaratnam Caniceus aus Kempen den Antrag ein, die rheinische Martinstradition als immaterielles Kulturerbe anzuerkennen. Das haben sie getan, wie es sich gehört, beim zuständigen Referat Koordination Kultur und Recht des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Ich möchte – ich darf das hoffentlich im Namen aller hier im Haus tun – den beiden Initiatoren sehr, sehr herzlich für diese ausdrückliche Initiative danken.

(Allgemeiner Beifall)

Wenn ich es richtig sehe, sind sie auch anwesend. Schön, dass Sie das betrieben haben, und danke für diese Initiative, die wir hier alle gemeinsam – davon gehe ich aus – unterstützen werden.

Wir haben mit diesem Brauch sozusagen eine lange Tradition, die wir alle gemeinsam pflegen. Wir Grüne begrüßen ausdrücklich, dass es nun zu einem gemeinsamen Antrag gekommen ist. Das hatte ja einen kleinen Vorlauf, den wir jetzt nicht im Einzelnen wieder aufreißen wollen, denn wir wollen es nicht politisieren, sondern gemeinsam beschließen.

Tradition, Heimat, Identität: In einer globalisiert agierenden Welt wollen die Menschen sich zu Recht heimisch fühlen – da, wo sie leben. Und so erinnere ich auch sehr gerne an die klaren Aussagen muslimischer Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Düsseldorf, die sich laut „Rheinischer Post“ vom 13. Oktober 2015 klar und bekennend zu Sankt Martin geäußert und bekannt haben. Dort hieß es – ich zitiere das gerne noch einmal –:

Gerade unsere muslimischen Eltern schätzen die traditionelle Überlieferung. Sie wollen Martinszüge veranstalten und auch Sankt Martin feiern. Dabei wird es bleiben. Das sagt Kornelius Knettel, der Leiter der Gemeinschaftsgrundschule Sonnenstraße im Stadtteil Oberbilk. Mehr als 90 % seiner Schüler stammen aus Migrantenfamilien

– Zitat Ende. – Das finde ich wichtig. Es ist nämlich wichtig, dass wir wissen, dass wir das alle gemeinsam feiern, dass wir das auch nicht umbenennen müssen. Auch darüber hatten wir mal unselige Debatten, ob man das alles umbenennen muss. Das muss man nicht. Wir nennen das Sankt-Martins-Fest, und dabei bleibt es. Das finden ich und meine Fraktion auch gut.

(Allgemeiner Beifall)

Deshalb – und damit komme ich zum Schluss – ist in unserem gemeinsamen Antrag der Satz so wichtig – ich zitiere aus unserem Antrag:

„Die Bewahrung christlicher Traditionen führt zu größerer Toleranz gegenüber denjenigen anderer Religionen. Denn das Wissen um die eigene Kultur fördert das Verständnis für andere.“

Schön, dass wir auch das heute so gemeinsam beschließen. – Danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der SPD und der FDP)

Präsident André Kuper: Vielen Dank, Kollege Keymis. – Für die AfD hat Frau Dworeck-Danielowski das Wort. Bitte sehr.

Iris Dworeck-Danielowski (AfD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wie Sie sich sicher denken können, schätzen auch wir die rheinische Martinstradition sehr. Wir teilen auch die Auffassung, dass die rheinische Martinstradition ein schützenswertes immaterielles Kulturerbe ist. Eigentlich ein sehr schönes Thema!

Wenn ich an meine eigene Kindheit denke, dann fällt mir vor allem Sankt Martin ein. In diesem kleinen Kaff am Niederrhein war das ganze Jahr über – ehrlich gesagt – kaum etwas los. Aber an Sankt Martin war das ganze Dorf auf den Beinen, der Spielmannszug, der legendäre Laternenwettbewerb und natürlich die Fackeln. Heute als Mutter erlebe ich diesen Zauber aus einer anderen Perspektive und in einer anderen Stadt, in Köln am Rhein, und somit auch mit leicht abweichendem Brauch. Aber meine Kinder sind genauso aufgeregt und begeistert, wie ich es damals war.

Ich könnte regelrecht ins Schwärmen geraten. Heimat, Brauchtum, christliche Tradition – bei diesen Themen schlägt jedem AfDler bekanntermaßen das Herz höher, und die meisten von uns setzen sich auch im Privatleben dafür ein, Selbiges zu pflegen und zu bewahren.

Und deshalb fragen wir uns, warum wir nicht mit unter diesem Antrag stehen. Diese Frage haben wir uns ja schön öfter gestellt.

(Allgemeine Unruhe)

Bevor Sie uns gleich wieder engagiert erklären, warum das ein Ding der Unmöglichkeit ist, möchte ich noch etwas zu Herrn Höne sagen.

(Zurufe)

Ich habe großes Verständnis dafür, dass Sie nicht wissen, wer in unserer Partei im Bundesvorstand ist. Ich weiß auch nicht, wer bei der FDP im Bundesvorstand ist.

(Zuruf von der FDP)

– Ja, das stimmt, aber die Medien greifen das so selten auf bei Ihnen.

Aber wenn ich das nicht weiß, dann halte ich zu diesem Thema auch den Mund. Das ist das Entscheidende. Das würde ich Ihnen auch an der Stelle empfehlen.

(Zuruf von der SPD)

– Genau. Das gilt auch für noch so ein paar andere unflätige Äußerungen zum Thema „Landesverband Thüringen“ und der vermeintlichen Zählung von Homosexuellen. Es gibt Medien, die sich dafür eine einstweilige Verfügung eingefangen und eine Unterlassungserklärung unterschrieben haben, weil diese Äußerung justiziabel ist.

(Unruhe)

Nachdem also die CDU und die FDP vorgeprescht sind und von den Initiatoren einen kleinen Dämpfer erhalten haben, liegt uns der Antrag nun ein zweites Mal vor.

Es leuchtet ein, dass der Ausschussvorsitzende des Kulturausschusses mit ins Boot geholt wird, um gemeinsam mit dem Verein einen Antrag in dessen Sinne einzubringen. Es geht ja schließlich um Kultur.

Das leuchtet vor allen Dingen dann ein, wenn man keinen parteipolitischen Nutzen aus der Sache ziehen möchte, sondern wenn der Landtag, wie es der Kollege von den Grünen betont hat, gemeinsam als ganzes Parlament seine Unterstützung zum Ausdruck bringen möchte. Das ist ein Zeichen der Wertschätzung. So ist es erfreulicherweise auch bei den Initiatoren angekommen.

(Zuruf von Hans-Willi Körfges [SPD])

Der Landtag als Ganzes: Was meinen Sie eigentlich damit? Sie meinen damit vermutlich den eigentlichen Landtag – den echten, den wahren Landtag, die selbsternannten demokratischen Fraktionen und nicht diesen Irrtum vorne rechts. Wie diese Abgeordneten auch immer dorthin gekommen sein mögen – mit Demokratie hat das Ihrer Auffassung nach anscheinend nichts zu tun.

Wir sind sehr besorgt darüber, welcher Habitus sich hier verselbstständigt.

(Dr. Günther Bergmann [CDU]: Wir auch!)

Es geht hier nicht um uns persönlich als Mitglieder der AfD-Fraktion. Wir haben ein verdammt dickes Fell, und wir sind Ausgrenzungen gewohnt.

(Britta Altenkamp [SPD]: Das machen wir deshalb, weil Sie selber ausgrenzen! – Gegenruf von Helmut Seifen [AfD]: Lesen Sie einmal die Bibel!)

Aber Sie, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen – das meine ich jetzt ohne jede Häme –, machen sich mit diesem Verhalten auf Dauer lächerlich. Sie wollen vermutlich das Gegenteil bezwecken. Aber Sie beschädigen sich vor allem selbst und somit auch die Demokratie in diesem Land.

(Beifall von der AfD)

Das ist dieses Hohen Hauses auf Dauer nicht würdig.

(Andreas Bialas [SPD]: Wir haben heute ja schon einiges erlebt, was des Hauses nicht würdig war!)

Dem Antrag stimmen wir selbstredend zu. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Natürlich freue ich mich darüber, dass dem Landtag die Würdigung unseres kulturellen Reichtums ein so breit unterstütztes politisches Anliegen ist.

Die Landesregierung spricht der persönlichen Initiative und dem Engagement der Sankt-Martins-Vereine noch einmal ausdrücklich ihren Dank aus. Das gilt auch für die übrigen Anträge aus Nordrhein-Westfalen, die sich in diesem Jahr um das UNESCO-Label bewerben.

Immaterielles Kulturerbe stärkt das Bewusstsein für unsere kulturellen Wurzeln und fördert ihre Überlieferung an nachfolgende Generationen, und zwar eingebettet in einen internationalen Kontext. Ohne Zweifel genießt die bemerkenswert vielfältige Tradition der Martinsbräuche eine hohe identitätsstiftende Wirkung in der Bevölkerung und wird auch weit über die Grenzen des Rheinlands hinaus Jahr für Jahr gelebt.

Nach dem UNESCO-Übereinkommen können solche lebendigen kulturellen Ausdrucksformen unter besonderen Schutz gestellt werden. Eine Anerkennung als immaterielles Kulturerbe verpflichtet den Staat völkerrechtlich zu dessen Erhaltung. Dazu zählen Dokumentation und Forschung, Sicherung, Aufwertung und Weitergabe in schulischer und außerschulischer Bildung sowie die Neubelebung der verschiedenen Aspekte.

Für die Aufnahme in die Inventarlisten des Landes, des Bundes und der UNESCO ist ein mehrstufiges Juryverfahren vorgesehen, dessen Empfehlungen für die Landesregierung maßgeblich sind.

Für die erste Stufe, das Landesverfahren, liegen in diesem Jahr neben dem Antrag zur rheinischen Martinstradition 13 weitere Bewerbungen vor. Eine unabhängige externe Fachjury prüft gegenwärtig diese Bewerbungen. Mit einer Empfehlung rechne ich im Laufe des Frühjahrs.

Sollte die Landesjury die Weitergabe des Antrags zur Sankt-Martins-Tradition auf die Bundesebene empfehlen, wird die Landesregierung das natürlich unterstützen.

Tatsächlich weiterleiten kann das Land Nordrhein-Westfalen jährlich maximal vier Bewerbungen – es sei denn, aus anderen Ländern gibt es weniger Anträge; dann kann man es etwas ausweiten.

Kommt es zu einer Weiterleitung auf Bundesebene, wird dort ebenfalls ein unabhängiges externes Expertenkomitee dafür votieren, welche Kulturformen in das nationale Inventar aufgenommen oder für die repräsentative Liste des kulturellen Erbes der Menschheit gemeldet werden sollen.

Sollte die rheinische Martinstradition diese Ebene erreichen, wird die Landesregierung die Empfehlung des Expertenkomitees selbstverständlich annehmen und in der Kultusministerkonferenz die Weitergabe an die UNESCO unterstützen.

Über die entsprechenden Beschlüsse auf Bundes- und Landesebene werden wir den Ausschuss für Kultur und Medien fortlaufend informieren. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, schließe ich die Aussprache zu Tagesordnungspunkt 10.

Wir kommen zur Abstimmung. Die antragstellenden Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben direkte Abstimmung beantragt. Wer dem Inhalt des Antrags Drucksache 17/1663 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die antragstellenden Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen sowie die AfD-Fraktion und der einzige im Plenarsaal befindliche fraktionslose Abgeordnete Neppe. Gibt es Gegenstimmen? – Nein. Enthaltungen? – Auch nicht. Damit ist der Antrag Drucksache 17/1663 einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

11 Gesetz zur Zustimmung zum Einundzwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Einundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) und zur Änderung weiterer Gesetze (16. Rundfunkänderungsgesetz)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1565

erste Lesung

Die Einbringungsrede wird zu Protokoll gegeben. (Anlage 2)

Eine weitere Aussprache ist nicht vorgesehen.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1565 an den Ausschuss für Kultur und Medien – federführend –, an den Innenausschuss sowie an den Hauptausschuss. Möchte jemand dieser Überweisungsempfehlung widersprechen? – Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? – Das ist auch nicht der Fall. Damit haben wir den Gesetzentwurf einstimmig so überwiesen.

Ich rufe auf:

12 Siebtes Gesetz zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1671

erste Lesung

Auch diese Einbringungsrede wird zu Protokoll gegeben, und zwar von Herrn Minister Reul. (Anlage 3) – Im Namen des Hohen Hauses herzlichen Dank für diese spontane Entscheidung, Herr Minister Reul!

Dann kommen wir auch hier direkt zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1671 an den Innenausschuss. Möchte jemand dieser Überweisung widersprechen? – Nein. Möchte jemand sich enthalten? – Auch nicht. Damit ist auch diese Überweisungsempfehlung einstimmig angenommen.

Ich rufe auf:

13 Zuständigkeitsbereinigungsgesetz

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 17/1672

erste und zweite Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs in erster Lesung erteile ich für die Landesregierung Frau Ministerin Pfeiffer-Poensgen in Vertretung für Herrn Ministerpräsidenten Armin Laschet das Wort.

Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Bei dem heute zur ersten und zweiten Lesung anstehenden Zuständigkeitsbereinigungsgesetz handelt es sich insofern um einen untypischen Akt der Gesetzgebung, als mit seinen Regelungen grundsätzlich weder neues Recht gesetzt noch bestehendes Recht geändert wird. Gleichwohl ist dieses Gesetz notwendig.

Gegenstand des Gesetzes sind die Geschäftsbereiche der Landesministerien. Diese sind, wie mit dem Amtsantritt einer neuen Landesregierung üblich, in gewissem Umfang neu zugeschnitten worden. Nach dem Landesorganisationsgesetz geschieht dies durch den Ministerpräsidenten und ist damit bereits mit dessen Organisationserlass vom 13. Juli des letzten Jahres vollzogen worden.

Zugleich bestimmt das Landesorganisationsgesetz, dass die in den Gesetzen den bisher zuständigen obersten Landesbehörden zugewiesenen Zuständigkeiten auf die nach der Neuabgrenzung der Geschäftsbereiche neu zuständigen obersten Landesbehörden übergehen, ohne dass es dazu einer Anpassung der gesetzlichen Regelungen an neue Geschäftsbereiche und Bezeichnungen von Ministerien bedürfte.

Genau diese Anpassung mitunter seit Jahrzehnten überholter Zuständigkeitsbezeichnungen soll nun aber mit dem vorliegenden Zuständigkeitsbereinigungsgesetz erfolgen. Denn auch wenn sie zur Anpassung der Rechtslage nicht erforderlich ist, dient sie der Transparenz und Rechtsklarheit. Sie erleichtert auf diese Weise die Rechtsanwendung und erhöht die Verständlichkeit der Gesetze für die Bürgerinnen und Bürger, die sich in ihrer Mehrzahl mit den Einzelheiten des Landesorganisationsgesetzes vermutlich nicht auskennen werden.

Ich darf Ihnen hier als Beispiel das nordrhein-westfälische Ausführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch nennen. Dort ist bis heute vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Rede, obwohl es diese Bezeichnung bereits seit über 30 Jahren gar nicht mehr gibt.

Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf will die veralteten Bezeichnungen aber nicht einfach durch die gegenwärtig gültigen ersetzen, im Beispiel also durch die neue Bezeichnung Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz. Vielmehr wird mit der Bereinigung auf Politikfelder verwiesen. So soll im Beispiel des Ausführungsgesetzes zum BGB die zuständige oberste Landesbehörde zukünftig als das für Landwirtschaft zuständige Ministerium bezeichnet werden.

Auf diese Weise werden etwaige zukünftige Umressortierungen die Verständlichkeit der Gesetze nicht verwässern und möglichst wenig Bereinigungsbedarf auslösen. Zugleich wird sichergestellt, dass die Zuständigkeit für einen Bereich dort angesiedelt ist, wo sich auch der größte Sachverstand befindet.

Im Hinblick auf die vormals beim Ministerium für Inneres angesiedelte Zuständigkeit für die Anstalt des öffentlichen Rechts d-NRW ist dies das für Digitalisierung zuständige Ministerium. Zu diesem bestehen die engsten Bezüge hinsichtlich des Auftrags, die öffentliche Verwaltung beim Einsatz von Informationstechnik zu unterstützen.

So viel als erste Erläuterung. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Damit wir alle uns das Verfahren noch einmal vergegenwärtigen: Wir sind in der ersten Lesung. Die Ministerin hat für die Landesregierung das Zuständigkeitsbereinigungsgesetz eingebracht.

Die fünf im Landtag vertretenen Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, dass nun die Aussprache im Rahmen der ersten Lesung stattfindet. Diese Aussprache werde ich gleich eröffnen. Am Ende der Aussprache wird dann die Abstimmung über den Gesetzentwurf in erster Lesung erfolgen.

Danach werden wir gleich ohne weitere Überweisung die zweite Lesung durchführen, die dann ohne eine weitere Aussprache verabredet ist.

Eingebracht ist der Gesetzentwurf jetzt. Nun eröffne ich die Aussprache. Als erster Redner hat für die CDU-Fraktion Herr Kollege Hagemeier das Wort.

Daniel Hagemeier (CDU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Zuständigkeitsbereinigungsgesetz, dessen Entwurf uns mit der Drucksachennummer 17/1672 vorliegt, umfasst auf 99 Seiten in der gebotenen Sorgfalt in erster Linie sprachliche Anpassungen. Diese sind notwendig, weil der Ministerpräsident im Zuge der Neubildung der Landesregierung Veränderungen innerhalb der Geschäftsbereiche der obersten Landesbehörden vorgenommen hat. Beispielsweise wird das Wort „Innenministerium“ durch die Wörter „für Kommunales zuständige Ministerium“ ersetzt.

Sie werden mir beipflichten: Wir debattieren hier über eine Formalie. Deshalb sollten wir diese Debatte so kurz wie möglich halten, damit dieser erste Plenartag des Jahres 2018 für uns alle nicht unnötig in die Länge gezogen wird.

Zur Zustimmung sehe ich aus rein logischen Gründen keine Alternative. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Hagemeier. – Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Müller-Witt für die SPD-Fraktion.

Elisabeth Müller-Witt (SPD) Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie werden sehen: Es gibt Alternativen.

Beim vorliegenden Zuständigkeitsbereinigungsgesetz könnte man auf den ersten flüchtigen Blick meinen, es handele sich bei der heutigen Befassung im Plenum lediglich um eine formale Angelegenheit.

Die Vorlage beschäftigt sich unter der Überschrift „Zuständigkeitsbereinigungsgesetz“ damit, dass in den Gesetzesblättern die neuen Zuschnitte und Titel der Landesministerien nachvollzogen werden.

Diese Betrachtung greift aber zu kurz. Denn diese formale Angelegenheit reiht sich in eine Folge von Maßnahmen zur Umsetzung des teuersten Regierungswechsels aller Zeiten in unserem Bundesland ein. Ein solcher Vorgang darf deshalb nicht einfach durchgewunken werden.

(Beifall von der SPD)

Es ist zwar richtig, dass auch andere Regierungen Umzüge vorgenommen haben. Allerdings hat zum Beispiel die letzte Landesregierung die entsprechenden finanziellen Mittel aus dem laufenden Haushalt entnommen und keine zusätzlichen Kosten verursacht.

Selbstverständlich hat die neue Landesregierung das Recht, Ministerien neu zu ordnen, was Umzüge zur Folge haben kann. Dann stellt sich aber die Frage nach der Notwendigkeit und den entstehenden Kosten. Die jüngste Umstrukturierung der Ministerien unter der neuen Mitte-rechts-Regierung verursachte Umzugskosten in Höhe von knapp 1 Million €; davon waren 787.000 € nicht gedeckt.

Mit der Ernennung der neuen Landesregierung hat man sich für die Umbenennung veränderter, aber eben auch nicht veränderter Ministerien entschieden. Dies betrifft das bisherige Justizministerium und das bisherige Finanzministerium, welche nun Ministerium der Justiz und Ministerium der Finanzen heißen. Die Folge sind eine Reihe zusätzlicher Maßnahmen. Eine Begründung für diese überflüssigen Namensänderungen wurde bis heute nicht gegeben.

Schließlich muss man sich angesichts der gerade zu Ende gegangenen Haushaltsberatungen schlichtweg fragen, ob es notwendig war, dass die Landesregierung diese Bereinigung so rigoros vorgenommen hat, dass sie mal eben 139 zusätzliche Stellen unter dem Deckmantel des Regierungswechsels geschaffen hat. So etwas ist in der Geschichte unseres Landes beispiellos. Deshalb gehört es auch zum vollständigen Hintergrund des vorgelegten Gesetzentwurfs.

Angesichts der geschilderten Kostenexplosion der Bereinigung der Zuständigkeiten verwehrt die SPD-Fraktion dem Gesetzentwurf in Drucksache 17/1672 ihre Zustimmung und stimmt gegen den Gesetzentwurf. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Müller-Witt. – Für die FDP-Fraktion hat Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Angela Freimuth (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ursprünglich wollte ich mich nur zu Wort melden, um zu sagen: Der Gesetzentwurf spricht für sich; deswegen werden wir ihm zustimmen.

Jetzt muss ich leider doch eine Anmerkung an meine geschätzte Vorrednerin machen. Ich habe gerade noch einmal kurz quergelesen.

Die Umzugskosten und alle anderen Punkte, die Sie angesprochen haben und über die Sie ja durchaus diskutieren können, wurden hier in diesem Hause im Zusammenhang mit dem Haushalt und in allgemeinen Debatten schon mehrfach ausgiebig diskutiert.

Bei dieser Anpassung geht es aber darum, in den Gesetzen die Zuständigkeiten richtig zu benennen – Sie selber haben zugestanden, dass es die originäre Zuständigkeit der Landesregierung ist, ihre Zuständigkeiten und ihre eigene Organisation zu regeln –, damit Transparenz besteht. Das hat mit dem, was Sie hier vorgetragen haben, sehr geschätzte Kollegin, überhaupt nichts zu tun.

(Zuruf von der CDU: Überhaupt nichts!)

Deswegen werden wir diesem Zuständigkeitsbereinigungsgesetz zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Michael Hübner [SPD]: Wir bleiben dabei: Wir werden dem nicht zustimmen!)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt Frau Kollegin Schäffer.

Verena Schäffer (GRÜNE): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieses Zuständigkeitsbereinigungsgesetz – das ist ja auch ein schöner langer und bürokratischer Titel – ist aus meiner Sicht und aus der Sicht meiner Fraktion nachvollziehbar. Es vollzieht den Regierungswechsel und die geänderten Zuständigkeiten nach. Insofern werden wir diesem Gesetzentwurf auch zustimmen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU und der FDP)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die AfD-Fraktion hat jetzt Herr Kollege Beckamp das Wort.

Roger Beckamp (AfD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wir finden das alles nachvollziehbar.

Ein kleiner Punkt – ich denke, das ist wirklich nur nebensächlich –: Sie haben „Gleichstellung von Mann und Frau“ durch „Gleichstellung“ ersetzt – aber wahrscheinlich nur wegen der sprachlichen Kürze. Wir gehen davon aus, dass nicht irgendwelche Fantasiegeschlechter mit aufgenommen werden sollen, wenn

 

„Mann und Frau“ wegfallen. Das mag mit der sprachlichen Kürze zusammenhängen. Falls es anders sein sollte, bitten wir um einen Hinweis. Denn das wäre sehr interessant. Dann würden wir es uns noch einmal überlegen.

Aber ansonsten: Zustimmung. – Danke.

(Beifall von der AfD)

Vizepräsidentin Carina Gödecke: Danke schön, Herr Kollege Beckamp. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit sind wir am Schluss der Aussprache.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Gesetzentwurf Drucksache 17/1672 in erster Lesung. Wer diesem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und die beiden anwesenden fraktionslosen Abgeordneten Neppe und Langguth. Wer stimmt dagegen? – Das ist die SPD-Fraktion. Wer möchte sich enthalten? – Eine Enthaltung bei der SPD-Fraktion. Dann ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Gesetzentwurf Drucksache 17/1672 in erster Lesung angenommen.

(Unruhe)

Wir kommen jetzt, wie gerade schon einmal dargestellt, unmittelbar im Anschluss zur zweiten Lesung, weil sich alle fünf im Landtag vertretenen Fraktionen darauf verständigt haben.

Ich rufe die zweite Lesung des Gesetzentwurfs Drucksache 17/1672 auf und verbinde damit den Hinweis, dass eine Aussprache nicht vorgesehen ist. – Das bleibt auch so.

Dann kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf der Landesregierung eines Zuständigkeitsbereinigungsgesetzes Drucksache 17/1672 in zweiter Lesung. Wer diesem Gesetzentwurf in zweiter Lesung zustimmen möchte, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Das sind wieder CDU, FDP, Bündnis 90/Die Grünen, AfD und die beiden fraktionslosen Abgeordneten. Wer stimmt dagegen? – Das ist die SPD. Enthaltungen? – Diesmal gibt es keine Enthaltungen. Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 17/1672 in zweiter Lesung angenommen und verabschiedet.

Ich rufe auf:

14 Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 17/8
gemäß § 97 Abs. 8
der Geschäftsordnung

Gemäß § 97 Abs. 8 unserer Geschäftsordnung sind die Beschlüsse des Petitionsausschusses mindestens vierteljährlich dem Landtag zur Bestätigung vorzulegen.

Ihnen liegen hier mit der Übersicht 17/8 Beschlüsse zu Petitionen vor, über deren Bestätigung wir abzustimmen haben.

Eine Aussprache ist ebenfalls nicht vorgesehen – es sei denn, jemand würde sie jetzt wünschen. – Das ist nicht der Fall.

Dann kommen wir zur Abstimmung. Möchte jemand gegen die Bestätigung stimmen? – Nein. Möchte jemand sich enthalten? – Auch nicht. Dann sind die Beschlüsse des Petitionsausschusses in Übersicht 17/8 einstimmig bestätigt.

Damit sind wir am Ende der heutigen Tagesordnung angekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Das Plenum berufe ich wieder ein für morgen, Donnerstag, 18. Januar 2018, 10 Uhr.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 20:23 Uhr

_______________________________________

*)    Von der Rednerin bzw. dem Redner nicht
überprüft (§ 102 GeschO)

Dieser Vermerk gilt für alle in diesem Plenarprotokoll so gekennzeichneten Rednerinnen und Redner.

 

 

Anlage 1

Namentliche Abstimmung zu TOP 1 – Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2018 (Haushaltsgesetz 2018) – Drucksache 17/1732

 


Lfd.
Nr.


Name des Abgeordneten


Fraktion

Abstimmung


ja


nein

Stimm-
ent-
haltung

1

 Frau Altenkamp

SPD

X

 

 

2

 Frau Aymaz

GRÜNE

X

 

 

3

 Herr Baran

SPD

X

 

 

4

 Herr Beckamp

AfD

 

X

 

5

 Herr Becker, Andreas

SPD

X

 

 

6

 Herr Becker, Horst

GRÜNE

X

 

 

7

 Frau Beer

GRÜNE

X

 

 

8

 Herr Bell

SPD

X

 

 

9

 Herr van den Berg

SPD

X

 

 

10

 Herr Dr. Berger

CDU

X

 

 

11

 Herr Berghahn

SPD

X

 

 

12

 Herr Dr. Bergmann

CDU

X

 

 

13

 Herr Bialas

SPD

X

 

 

14

 Herr Biesenbach

CDU

X

 

 

15

 Herr Bischoff

SPD

X

 

 

16

 Herr Dr. Blex

AfD

entschuldigt

17

 Herr Blöming

CDU

X

 

 

18

 Herr Blondin

CDU

X

 

 

19

 Herr Börner

SPD

X

 

 

20

 Herr Börschel

SPD

X

 

 

21

 Herr Bolte-Richter

GRÜNE

abwesend

22

 Herr Bombis

FDP

X

 

 

23

 Frau Bongers

SPD

X

 

 

24

 Herr Boss

CDU

X

 

 

25

 Herr Prof. Dr. Bovermann

SPD

X

 

 

26

 Herr Braun

CDU

X

 

 

27

 Frau Brems

GRÜNE

X

 

 

28

 Herr Brockes

FDP

X

 

 

29

 Herr Brockmeier

FDP

X

 

 

30

 Frau Dr. Büteführ

SPD

X

 

 

31

 Frau Butschkau

SPD

X

 

 

32

 Herr Dahm

SPD

X

 

 

33

 Herr Deppe

CDU

X

 

 

34

 Herr Déus

CDU

X

 

 

35

 Herr Deutsch

FDP

X

 

 

36

 Herr Diekhoff

FDP

X

 

 

37

 Herr Dudas

SPD

X

 

 

38

 Frau Düker

GRÜNE

X

 

 

39

 Frau Dworeck-Danielowski

AfD

 

X

 

40

 Frau Erwin

CDU

X

 

 

41

 Herr Fortmeier

SPD

X

 

 

42

 Herr Franken

CDU

X

 

 

43

 Frau Freimuth

FDP

X

 

 

44

 Herr Freynick

FDP

X

 

 

45

 Herr Frieling

CDU

X

 

 

46

 Frau Fuchs-Dreisbach

CDU

X

 

 

47

 Herr Ganzke

SPD

X

 

 

48

 Frau Gebauer, Katharina

CDU

X

 

 

49

 Frau Gebauer, Yvonne

FDP

X

 

 

50

 Frau Gebhard

SPD

X

 

 

51

 Herr Dr. Geerlings

CDU

X

 

 

52

 Herr Göddertz

SPD

X

 

 

53

 Frau Gödecke

SPD

X

 

 

54

 Herr Goeken

CDU

X

 

 

55

 Herr Golland

CDU

X

 

 

56

 Herr Hafke

FDP

X

 

 

57

 Herr Hagemeier

CDU

X

 

 

58

 Frau Hammelrath

SPD

X

 

 

59

 Frau Hannen

FDP

X

 

 

60

 Herr Haupt

FDP

X

 

 

61

 Herr Herter

SPD

X

 

 

62

 Herr Höne

FDP

X

 

 

63

 Herr Hoppe-Biermeyer

CDU

X

 

 

64

 Herr Hovenjürgen

CDU

X

 

 

65

 Herr Hübner

SPD

X

 

 

66

 Herr Jäger

SPD

X

 

 

67

 Herr Jahl

SPD

X

 

 

68

 Herr Jörg

SPD

X

 

 

69

 Herr Kämmerling

SPD

X

 

 

70

 Herr Kaiser

CDU

X

 

 

71

 Herr Kamieth

CDU

X

 

 

72

 Frau Kampmann

SPD

X

 

 

73

 Frau Kapteinat

SPD

X

 

 

74

 Herr Dr. Katzidis

CDU

X

 

 

75

 Herr Kehrl

CDU

X

 

 

76

 Herr Keith

AfD

 

X

 

77

 Herr Kerkhoff

CDU

X

 

 

78

 Herr Keymis

GRÜNE

X

 

 

79

 Herr Klenner

CDU

X

 

 

80

 Herr Klocke

GRÜNE

X

 

 

81

 Herr Körfges

SPD

X

 

 

82

 Herr Körner

FDP

X

 

 

83

 Frau Kopp-Herr

SPD

X

 

 

84

 Frau Korte

CDU

X

 

 

85

 Herr Korth

CDU

X

 

 

86

 Herr Kossiski

SPD

X

 

 

87

 Frau Kraft

SPD

X

 

 

88

 Herr Kramer

SPD

entschuldigt

89

 Herr Krauß

CDU

X

 

 

90

 Herr Krückel

CDU

X

 

 

91

 Herr Kuper

CDU

X

 

 

92

 Herr Kutschaty

SPD

X

 

 

93

 Herr Langguth

fraktionslos

 

 

X

94

 Herr Laschet

CDU

X

 

 

95

 Herr Lehne

CDU

X

 

 

96

 Herr Lenzen

FDP

X

 

 

97

 Herr Lienenkämper

CDU

X

 

 

98

 Herr Löcker

SPD

X

 

 

99

 Herr Löttgen

CDU

X

 

 

100

 Herr Loose

AfD

 

X

 

101

 Frau Lück

SPD

 

 

 

102

 Frau Lüders

SPD

X

 

 

103

 Herr Lürbke

FDP

X

 

 

104

 Frau Lux

SPD

X

 

 

105

 Herr Dr. Maelzer

SPD

X

 

 

106

 Herr Mangen

FDP

X

 

 

107

 Herr Matheisen

FDP

X

 

 

108

 Herr Middeldorf

FDP

X

 

 

109

 Herr Moritz

CDU

X

 

 

110

 Herr Mostofizadeh

GRÜNE

X

 

 

111

 Herr Müller, Frank

SPD

X

 

 

112

 Herr Müller, Holger

CDU

X

 

 

113

 Frau Müller-Rech

FDP

X

 

 

114

 Frau Müller-Witt

SPD

X

 

 

115

 Herr Dr. Nacke

CDU

X

 

 

116

 Herr Neppe

fraktionslos

 

 

X

117

 Herr Nettekoven

CDU

X

 

 

118

 Herr Neumann

SPD

X

 

 

119

 Herr Dr. Nolten

CDU

X

 

 

120

 Herr Nückel

FDP

X

 

 

121

 Frau Oellers

CDU

X

 

 

122

 Herr Dr. Optendrenk

CDU

X

 

 

123

 Herr Ott

SPD

X

 

 

124

 Herr Panske

CDU

X

 

 

125

 Frau Paul, Josefine

GRÜNE

X

 

 

126

 Herr Paul, Stephen

FDP

X

 

 

127

 Frau Dr. Peill

CDU

X

 

 

128

 Herr Petelkau

CDU

X

 

 

129

 Herr Dr. Pfeil

FDP

X

 

 

130

 Frau Philipp

SPD

X

 

 

131

 Frau Plonsker

CDU

X

 

 

132

 Herr Pretzell

fraktionslos

abwesend

133

 Herr Preuß

CDU

X

 

 

134

 Frau Quik

CDU

X

 

 

135

 Herr Rasche

FDP

X

 

 

136

 Herr Rehbaum

CDU

X

 

 

137

 Herr Remmel

GRÜNE

X

 

 

138

 Herr Reuter

FDP

X

 

 

139

 Herr Ritter

CDU

X

 

 

140

 Herr Rock

CDU

X

 

 

141

 Herr Röckemann

AfD

 

X

 

142

 Herr Römer

SPD

X

 

 

143

 Herr Prof. Dr. Rudolph

SPD

X

 

 

144

 Herr Rüße

GRÜNE

X

 

 

145

 Frau dos Santos Herrmann

SPD

X

 

 

146

 Frau Schäffer

GRÜNE

X

 

 

147

 Herr Schick

CDU

X

 

 

148

 Frau Schlottmann

CDU

X

 

 

149

 Herr Schmeltzer

SPD

X

 

 

150

 Herr Schmitz

CDU

X

 

 

151

 Herr Schneider, René

SPD

X

 

 

152

 Frau Schneider, Susanne

FDP

X

 

 

153

 Herr Schnelle

CDU

X

 

 

154

 Herr Scholz

CDU

X

 

 

155

 Herr Schrumpf

CDU

X

 

 

156

 Herr Schultheis

SPD

abwesend

157

 Frau Schulze

SPD

X

 

 

158

 Frau Schulze Föcking

CDU

X

 

 

159

 Herr Seifen

AfD

 

X

 

160

 Herr Sieveke

CDU

X

 

 

161

 Frau Spanier-Oppermann

SPD

X

 

 

162

 Herr Dr. Stamp

FDP

X

 

 

163

 Frau Steffens

GRÜNE

entschuldigt

164

 Herr Stinka

SPD

X

 

 

165

 Frau Stock

SPD

X

 

 

166

 Frau Stotz

SPD

X

 

 

167

 Herr Sträßer

CDU

X

 

 

168

 Herr Strotebeck

AfD

 

X

 

169

 Frau Stullich

CDU

X

 

 

170

 Herr Sundermann

SPD

X

 

 

171

 Herr Terhaag

FDP

X

 

 

172

 Herr Tigges

CDU

X

 

 

173

 Herr Tritschler

AfD

 

X

 

174

 Frau Troles

CDU

X

 

 

175

 Herr Dr. Untrieser

CDU

X

 

 

176

 Herr Dr. Vincentz

AfD

 

X

 

177

 Herr Voge, Marco

CDU

X

 

 

178

 Herr Vogel, Nic Peter

AfD

 

X

 

179

 Herr Vogt, Alexander

SPD

X

 

 

180

 Frau Vogt, Petra

CDU

X

 

 

181

 Frau Voigt-Küppers

SPD

X

 

 

182

 Frau Voßeler

CDU

X

 

 

183

 Herr Voussem

CDU

X

 

 

184

 Herr Wagner

AfD

 

X

 

185

 Frau Walger-Demolsky

AfD

 

X

 

186

 Frau Watermann-Krass

SPD

X

 

 

187

 Herr Watermeier

SPD

X

 

 

188

 Herr Weiß

SPD

X

 

 

189

 Frau Wendland

CDU

X

 

 

190

 Frau Weng

SPD

X

 

 

191

 Frau Wermer

CDU

X

 

 

192

 Herr Weske

SPD

X

 

 

193

 Frau Winkelmann

CDU

X

 

 

194

 Herr Witzel

FDP

X

 

 

195

 Herr Wolf

SPD

X

 

 

196

 Herr Wüst

CDU

X

 

 

197

 Herr Yetim

SPD

X

 

 

198

 Herr Yüksel

SPD

X

 

 

199

 Herr Zimkeit

SPD

X

 

 

 

Ergebnis

 

179

12

2

 

Anlage 2

Zu TOP 11 – „Gesetz zur Zustimmung zum Einundzwanzigsten Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Einundzwanzigster Rundfunkänderungsstaatsvertrag) und zur Änderung weiterer Gesetze (16. Rundfunkänderungsgesetz) – zu Protokoll gegebene Rede

Armin Laschet, Ministerpräsident:

Wir haben den Entwurf eines 16. Rundfunkänderungsgesetzes vorgelegt. Darin sind Änderungen an den Mediengesetzen unseres Landes vorgesehen – also dem WDR-Gesetz, dem Landesmediengesetz und dem Landespressegesetz. Zudem sieht er die Zustimmung des Landtags zum 21. Rundfunkänderungsstaatsvertrag vor.

Sie könnten sich fragen, warum alle diese Regelwerke gebündelt abgeändert werden sollen.

https://www.landtag.nrw.de/portal/Grafiken/Logos/pp_wappen.jpgDie Antwort: Wir wollen auch über den 25. Mai 2018 hinaus die freie – vor allem auch investigative – journalistische Arbeit absichern. Und freie journalistische Arbeit findet sowohl in der gedruckten Presse als auch im öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk statt.

Der 25. Mai 2018 ist insofern bedeutsam, als an diesem Tag die Datenschutz-Grundverordnung der EU wirksam wird. Mit dieser Verordnung wird in Europa ein einheitliches Datenschutzniveau geschaffen. Sie stellt ohne Frage einen Meilenstein in der europäischen Gesetzgebung dar und ist für den Datenschutz in Europa von entscheidender Bedeutung.

Aber auch für die Medien ist dieser Tag entscheidend. Seit Jahren gelten in Deutschland für die journalistische Arbeit der Presse und des Rundfunks weitgehende Ausnahmen vom Datenschutz. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Freier und investigativer Journalismus wäre schwer möglich, wenn die Medien personenbezogene Informationen nur mit Zustimmung der betroffenen Person veröffentlichen dürften. Auch der Informantenschutz wäre erheblich gefährdet.

Hierzu ein Beispiel: Stellen Sie sich vor, dass eine Redaktion auf rechtswidrige Vorgänge innerhalb der Geschäftsführung eines Unternehmens hingewiesen wird. Datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche der Geschäftsführer gegen die Redaktion könnten zur Enttarnung des Informanten führen.

Um dies zu verhindern, gibt es in Deutschland bislang Medien- und Presseprivilegien. Auch die Datenschutz-Grundverordnung sieht vor, dass der Datenschutz und die Medienfreiheiten in Einklang zu bringen sind. Die Mitgliedstaaten dürfen und sollen hierzu Abweichungen von der Verordnung für die journalistische Tätigkeit vorsehen.

Diesem Abwägungsauftrag wird auf staatsvertraglicher Ebene durch den 21. Rundfunkänderungsstaatsvertrag nachgekommen. Der Staatsvertrag wurde von den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder bereits unterzeichnet und wird Ihnen – sehr verehrte Abgeordnete – nun zur Zustimmung vorgelegt.

Mit dem Rundfunkänderungstaatsvertrag werden Medienprivilegien für alle Rundfunkveranstalter verankert.

– Die Internetangebote der Presseunternehmen werden im Rundfunkstaatsvertrag weiterhin privilegiert. Das System der Selbstregulierung durch den Deutschen Presserat wird beibehalten.

– Zudem erfolgt im ZDF- und im Deutschlandradio-Staatsvertrag eine staatsferne Ausgestaltung der Datenschutzaufsicht.

Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, müssen aufgrund der Datenschutz-Grundverordnung aber auch die Mediengesetze in NRW geändert werden:

– Für den WDR und die privaten Rundfunkveranstalter in NRW ist eine unabhängige und staatsferne Datenschutzaufsicht vorgesehen.

– Der reine Onlinejournalismus wird durch ein neues Medienprivileg im Landesmediengesetz gestärkt.

– Im Pressegesetz NRW wird sichergestellt, dass auch für die gedruckte Presse weitgehende Ausnahmen vom Datenschutz gelten.

Als Zwischenfazit möchte ich festhalten: Der vorgelegte Gesetzesentwurf ist ein klares Bekenntnis zur Presse- und Medienfreiheit in NRW und über unsere Landesgrenzen hinaus.

Nun habe ich schon recht ausführlich zur Umsetzung der Datenschutz-Grundverordnung gesprochen; diese nimmt im Gesetzesentwurf ja auch einen erheblichen Raum ein.

Wir haben allerdings für die Mediengesetze in NRW noch weitere, kurzfristig machbare Änderungen vorgesehen. Hiervon möchte ich zwei erwähnen, da wir hiermit schon zwei Ziele aus dem Koalitionsvertrag realisieren können.

Zum einen haben wir uns im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Regelungen zur Werbezeitenreduzierung beim WDR zu evaluieren. Entsprechend enthält der Gesetzentwurf eine Regelung, dass die Auswirkungen der Anfang 2017 in Kraft getretenen „ersten Welle“ der Werbezeitenreduzierung untersucht werden sollen.

Wie hat sich diese erste Welle zum Beispiel auf die Einnahmen der Lokalradios ausgewirkt? Wie hat sich dies auf den Radio-Werbemarkt insgesamt ausgewirkt? Dies wissen wir nicht sicher und möchten es deshalb untersuchen. Doch eine verlässliche und solide Evaluierung benötigt Zeit. Daher wird nach dem Gesetzesentwurf zugleich der Eintritt der „zweiten Welle” der Werbezeitenreduzierung um zwei Jahre verschoben.

Das zweite Ziel des Koalitionsvertrages, das wir jetzt schon umsetzen möchten, betrifft die Stiftung „Vor Ort NRW“. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Landesanstalt für Medien die bisherigen Aufgaben der Stiftung künftig selbst wahrnimmt. Damit wird die Stiftung „Vor Ort NRW“ aufgelöst. Dies stärkt die Gestaltungsmöglichkeiten der LfM und die Entscheidungskompetenz der Medienkommission.

Jetzt liegt es an Ihnen, den Gesetzentwurf weiter zu beraten, um das Gesetz zu einem guten Abschluss zu bringen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

Anlage 3

Zu TOP 12 – „Siebtes Gesetz zur Änderung des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen – zu Protokoll gegebene Rede

Herbert Reul, Minister des Innern:

Diese Landesregierung hat die „Innere Sicherheit“ zu einem ihrer Hauptthemen gemacht.

Ein sicheres NRW braucht neben einer starken Polizei auch einen starken Verfassungsschutz. Einen Verfassungsschutz, dem zeitgemäße Werkzeuge zur Verfügung stehen. Damit es gelingt, Gefahren für die freiheitlich-demokratische Grundordnung frühzeitig zu erkennen.

Um diese Werkzeuge einsetzen zu können, benötigt der Verfassungsschutz die erforderlichen gesetzlichen Befugnisse. Drei dieser Befugnisse sind gesetzlich befristet bis zum 31. Mai 2018.

Konkret geht es dabei zunächst um das Beobachten von Kommunikationsinhalten in zugangsgesicherten Bereichen des Internets. Ich will betonen: Das ist keine Onlinedurchsuchung.

Es handelt sich vielmehr darum, dass der Verfassungsschutz den Austausch von Extremisten auch in geschlossenen Chats oder Foren im Internet beobachten dürfen muss.

Weiter geht es um das Durchführen von Finanzermittlungen. Dies ist eine Standardbefugnis der Verfassungsschutzbehörden von Bund und Ländern.

Wir müssen wissen, wie sich extremistische Bestrebungen finanzieren, um dann ggf. auf Basis dieser Informationen handeln zu können.

Schließlich müssen wir auch erfahren können, welcher Verfassungsfeind wann mit welchem anderen Verfassungsfeind telefoniert oder welche Internetdienste er nutzt.

Deshalb benötigt der Verfassungsschutz auch weiterhin die Befugnis, Auskünfte über Telekommunikationsverbindungen und die Nutzung von Telemedien bei den Anbietern abzufragen.

Bei einem Teil dieser Befugnisse handelt es sich um Befugnisse der deutschen Verfassungsschutzbehörden, die sich bereits seit dem Jahr 2002 im VSG befinden.

Der vom Gesetz geforderte und gemeinsam mit der Wissenschaft erstellte Bericht zur Evaluation dieser Befugnisse ist im Mai 2017 vorgelegt worden. Mit diesem empfiehlt auch der wissenschaftliche Sachverständige Professor Dr. Wolff die Aufhebung der Befristung.

Dadurch stärken wir die Fähigkeit des Verfassungsschutzes NRW, Informationen über verfassungsfeindliche Bestrebungen zu sammeln und auszuwerten.

Die Befugnisse sollen selbstverständlich weiterhin unter enger parlamentarischer Kontrolle ausgeübt werden.

Die Entfristung ist dabei nur der erste Schritt, um ein Mehr an Sicherheit zu schaffen. Derzeit prüfen wir auch die Aufnahme weiterer zeitgemäßer Befugnisse für den Verfassungsschutz NRW in das Gesetz. Dabei feuern wir jedoch keine Schnellschüsse ab, sondern prüfen sorgfältig und auf Basis einer Abstimmung mit dem Bund und den anderen Ländern die konkrete Ausgestaltung.

Rechtssicherheit geht hier vor Schnelligkeit.

Vielen Dank!