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Landtag

Plenarprotokoll

Nordrhein-Westfalen

16/24

16. Wahlperiode

20.03.2013

24. Sitzung

Düsseldorf, Mittwoch, 20. März 2013

Mitteilungen der Präsidentin. 1953

Verpflichtung des
Abgeordneten Ali Bas (GRÜNE) 1953

1   Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1400

Beschlussempfehlungen und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2300

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2347

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2348

dritte Lesung

Und:

Finanzplanung 2012 bis 2016 mit Finanzbericht 2013 des Landes Nordrhein-Westfalen

Drucksache 16/1401

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2121

In Verbindung mit:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2013 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2013 – GFG 2013)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1402

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2301

dritte Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Änderung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1286

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2294

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/2292

zweite Lesung

In Verbindung mit:

Belastungen für Verbraucher und Wirtschaft durch Wasserentnahmeentgeltgesetz reduzieren: Landesregierung muss Forderungen von Naturschutzverbänden, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden umsetzen!

Antrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2261 – Neudruck

In Verbindung mit:

Falsche Berechnung des Flächenansatzes im GFG – Die Landesregierung muss das GFG gesetzeskonform umsetzen

Antrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2247. 1954

Karl-Josef Laumann (CDU) 1954

Norbert Römer (SPD) 1960

Christian Lindner (FDP) 1967

Reiner Priggen (GRÜNE) 1975

Dr. Joachim Paul (PIRATEN) 1981

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft 1986

Armin Laschet (CDU) 1993

Martin Börschel (SPD) 1995

Christian Lindner (FDP) 1996

Reiner Priggen (GRÜNE) 1997

Dietmar Schulz (PIRATEN) 1998

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft 2000

Ergebnis. 2003

Namentliche Abstimmung
zum Änderungsantrag
Drucksache 16/2416
siehe Anlage 1

2   Gute Wissenschaft braucht gute Arbeit: Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformieren

Antrag
der Fraktion der SPD,
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/2276 – Neudruck

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2428. 2008

Karl Schultheis (SPD) 2008

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE) 2009

Dr. Joachim Paul (PIRATEN) 2010

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU) 2011

Angela Freimuth (FDP) 2012

Ministerin Svenja Schulze. 2014

Ergebnis. 2014

3   Gesetz zur Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge

Gesetzentwurf
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2124

erste Lesung. 2014

André Kuper (CDU) 2014

Andreas Becker (SPD) 2015

Mario Krüger (GRÜNE) 2016

Kai Abruszat (FDP) 2016

Stefan Fricke (PIRATEN) 2017

Minister Ralf Jäger 2018

Ergebnis. 2018

4   Neuer Rundfunkbeitrag muss überarbeitet werden – für ein gerechtes und transparentes Beitragssystem!

Antrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2286. 2018

Thomas Nückel (FDP) 2018

Alexander Vogt (SPD) 2019

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU) 2020

Oliver Keymis (GRÜNE) 2021

Frank Herrmann (PIRATEN) 2022

Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren. 2023

Ergebnis. 2024

5   Hochschulfinanzierung transparent gestalten – Benachteiligung von Hochschulen durch leistungsorientierte Mittelvergabe beenden. 2024

Antrag
der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/2281. 2024

Ergebnis. 2024

6   NRW bekennt sich zur grundgesetzlich garantierten Wissenschafts- und Forschungsfreiheit

Antrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2289. 2024

Angela Freimuth (FDP) 2024

Iris Preuß-Buchholz (SPD) 2026

Dr. Stefan Berger (CDU) 2026

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE) 2027

Oliver Bayer (PIRATEN) 2029

Ministerin Svenja Schulze. 2030

Ergebnis. 2030

7   Gesetz zur Stärkung der kommunalen Demokratie

Gesetzentwurf
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/1468

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/2345

Änderungsantrag
der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/2430

Beschlussempfehlung
des Ausschusses
für Kommunalpolitik
Drucksache 16/2268

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/1557

zweite Lesung. 2030

Lisa Steinmann (SPD) 2030

Peter Biesenbach (CDU) 2032

Mario Krüger (GRÜNE) 2033

Kai Abruszat (FDP) 2034

Frank Herrmann (PIRATEN) 2035

Minister Ralf Jäger 2036

Ergebnis. 2036

8   Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1624

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses
für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung
und Verkehr
Drucksache 16/2243

zweite Lesung. 2037

Hubertus Kramer (SPD) 2037

Klaus Voussem (CDU) 2038

Daniela Schneckenburger (GRÜNE) 2039

Holger Ellerbrock (FDP) 2039

Stefan Fricke (PIRATEN) 2040

Minister Michael Groschek. 2040

Ergebnis. 2041

9   Gesetz zur Zweckbindung der dem Land Nordrhein-Westfalen nach dem Entflechtungsgesetz aus dem Bundeshaushalt zustehenden Finanzmittel (Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz – EMZG NRW)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/748

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses
für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung
und Verkehr
Drucksache 16/2244

zweite Lesung. 2041

Reiner Breuer (SPD) 2042

Bernhard Schemmer (CDU) 2042

Rolf Beu (GRÜNE) 2043

Holger Ellerbrock (FDP) 2044

Oliver Bayer (PIRATEN) 2044

Minister Michael Groschek. 2045

Bernhard Schemmer (CDU) 2046

Ergebnis. 2046

10 Gesetz zur Änderung des Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbandsgesetzes – AAVG und zur Änderung wasserverbandlicher Vorschriften

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1821

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses
für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Drucksache 16/2295

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD,
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2431

zweite Lesung. 2046

Frank Sundermann (SPD) 2046

Josef Wirtz (CDU) 2047

Hans Christian Markert (GRÜNE) 2048

Henning Höne (FDP) 2048

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN) 2049

Minister Johannes Remmel 2050

Ergebnis. 2051

11 Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Zensusgesetz 2011

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/2255

erste Lesung. 2051

Minister Ralf Jäger
zu Protokoll (siehe Anlage 2)

Ergebnis. 2051

12 Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und des Polizeiorganisationsgesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/2256

erste Lesung. 2051

Minister Ralf Jäger
zu Protokoll (siehe Anlage 3)

Ergebnis. 2051

13 Gesetz zur Einführung der untergesetzlichen Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (Normenkontrollgesetz)

Gesetzentwurf
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2287

erste Lesung. 2051

Dirk Wedel (FDP) 2052

Sven Wolf (SPD) 2052

Jens Kamieth (CDU) 2053

Dagmar Hanses (GRÜNE) 2054

Dietmar Schulz (PIRATEN) 2054

Minister Thomas Kutschaty. 2055

Ergebnis. 2056

14 Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit erleichtern

Antrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2273. 2056

Jens Kamieth (CDU) 2056

Tanja Wagener (SPD) 2057

Dagmar Hanses (GRÜNE) 2058

Dirk Wedel (FDP) 2059

Dietmar Schulz (PIRATEN) 2060

Minister Thomas Kutschaty. 2060

Ergebnis. 2061

15 Drittes Gesetz zur Änderung der gesetzlichen Befristung in § 29 des Verfassungsschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/2041

Beschlussempfehlung
des Hauptausschusses
Drucksache 16/2260

zweite Lesung. 2061

Ergebnis. 2061

16 Jahresbericht 2012 des Kontrollgremiums gemäß § 23 VSG NRW (PKG)

Unterrichtung
durch das Parlamentarische Kontrollgremium
gemäß § 23 VSG NRW
Drucksache 16/2296. 2061

Ergebnis. 2061

17 Noch nicht genehmigte über- und außerplanmäßige Ausgaben des Haushaltsjahres 2011

Antrag
des Finanzministeriums
gemäß Artikel 85 Absatz 2
der Landesverfassung
Vorlage 16/728

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2298. 2061

Ergebnis. 2061

18 Veräußerung von Liegenschaften des Sondervermögens Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB NRW)

Antrag
des Finanzministeriums
gemäß § 64 Absatz 2 LHO
Vorlage 16/740

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2306. 2062

Ergebnis. 2062

19 Verfassungsgerichtliches Verfahren wegen Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Landtagswahl vom 13. Mai 2012

VerfGH 6/13
Vorlage 16/743

Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses
Drucksache 16/2307. 2062

Ergebnis. 2062

20 In den Ausschüssen erledigte Anträge

Übersicht 6
gemäß § 79 Abs. 2 GeschO
Drucksache 16/2309. 2062

Ergebnis. 2062

21 Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 16/8. 2062

Ergebnis. 2062

Anlage 1. 2063

Namentliche Abstimmung über Änderungsantrag Drucksache 16/2416 (TOP 1 – Haushaltsgesetz 2013)

Anlage 2. 2071

Zu TOP 11 – Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Zensusgesetz 2011– zu Protokoll gegebene Rede

Minister Ralf Jäger 2071

Anlage 3. 2073

Zu TOP 12 – Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und des Polizeiorganisationsgesetzes – zu Protokoll gegebene Rede

Minister Ralf Jäger 2073

Entschuldigt waren:

Minister Garrelt Duin    
(bis 11:30 Uhr)

Minister Guntram Schneider

Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren   
(ab 17:00 Uhr)

Martin Börschel (SPD
(ab 16:00 Uhr)

Josef Neumann (SPD)

Sarah Philipp (SPD)

Bernd Krückel (CDU)    
(bis 13:00 Uhr)

Thomas Kufen (CDU)   
(ab 16:00 Uhr)

Ralf Nettelstroth (CDU)

Norbert Post (CDU)

Rolf Seel (CDU)

Axel Wirtz (CDU)

Mario Krüger (GRÜNE) 
(bis 12:00 Uhr)

Daniel Düngel (PIRATEN)         
(ab 19:00 Uhr)

Daniel Schwerd (PIRATEN)


Beginn: 10:05 Uhr

Präsidentin Carina Gödecke: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich heiße Sie herzlich zu unserer heutigen, 24. Sitzung des Landtags von Nordrhein-Westfalen willkommen. Mein Gruß gilt wie immer ganz besonders unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich acht Abgeordnete entschuldigt; ihre Namen werden wir in das Protokoll aufnehmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor Eintritt in die Tagesordnung möchte ich Ihnen mitteilen, dass mir die Landeswahlleiterin mit Schreiben vom 18. März 2013 mitgeteilt hat, dass für die ausgeschiedene Abgeordnete Barbara Steffens von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Ali Bas Mitglied des Landtags von Nordrhein-Westfalen geworden ist.

Ich darf Herrn Bas zu mir bitten, damit ich die nach § 2 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung vorgesehene Verpflichtung vornehmen kann.

Lieber Herr Kollege Bas, ich bitte Sie, die folgenden Worte der Verpflichtungserklärung anzuhören und anschließend durch Handschlag zu bekräftigen:

„Die Mitglieder des Landtags von Nordrhein-Westfalen bezeugen vor dem Lande, dass sie ihre ganze Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, die übernommene Pflicht und Verantwortung nach bestem Wissen und Können erfüllen und in der Gerechtigkeit gegenüber jedem Menschen dem Frieden dienen werden.“

Herr Kollege Bas, damit sind Sie Mitglied des Landtags geworden. Herzlichen Glückwunsch! Auf gute Zusammenarbeit! Das Hohe Haus freut sich auf Sie.

(Allgemeiner Beifall)

Nachdem wir mit 237 Abgeordneten nun wieder komplett sind, können wir in die heutige Tagesordnung eintreten.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

1   Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplans des Landes Nordrhein-Westfalen für das Haushaltsjahr 2013 (Haushaltsgesetz 2013)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1400

Beschlussempfehlungen und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2300


Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2347

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2348

dritte Lesung

Und:

Finanzplanung 2012 bis 2016 mit Finanz­bericht 2013 des Landes Nordrhein-Westfalen

Drucksache 16/1401

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2121

In Verbindung mit:

Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2013 (Gemeindefinanzierungsgesetz 2013 – GFG 2013)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1402

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2301

dritte Lesung

In Verbindung mit:

Gesetz zur Änderung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes des Landes Nordrhein-West­fa­len

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1286

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2294

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/2292

zweite Lesung

In Verbindung mit:


Belastungen für Verbraucher und Wirtschaft durch Wasserentnahmeentgeltgesetz reduzieren: Landesregierung muss Forderungen von Naturschutzverbänden, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden umsetzen!

Antrag
der Fraktion der CDU und
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2261 – Neudruck

In Verbindung mit:

Falsche Berechnung des Flächenansatzes im GFG – Die Landesregierung muss das GFG gesetzeskonform umsetzen

Antrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2247

Ich weise ferner alle Kolleginnen und Kollegen auf Folgendes hin:

–   die Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/2300 zweite Lesung sowie die Austauschseiten zum Veränderungsnachweis;

–   die Änderungsanträge der Fraktion der Piraten zum Haushaltsgesetz Drucksache 16/2340 bis 16/2344 und 16/2404;

–   die angekündigten Änderungsanträge der Fraktion der CDU zum Haushaltsgesetz, die, wenn sie eingehen, die Drucksachennummern 16/2350 bis 16/2403 und 16/2405 bis 16/2421 erhalten.

Alle Änderungsanträge zum Haushalt werden im Laufe der Plenardebatte rechtzeitig vor den Abstimmungen, die am Ende der Plenardebatte zum Tagesordnungspunkt 1 notwendig werden, gedruckt und hier im Plenarsaal in gehefteter Form verteilt. Sie müssen also nicht Ihre Büros bemühen, alle Änderungsanträge einzeln auszudrucken, sondern werden sie im Laufe des Tages bekommen.

Nach all diesen Vorbemerkungen eröffne ich die Beratung und erteile Herrn Kollegen Laumann für die Fraktion der CDU das Wort.

(Beifall von der CDU)

Karl-Josef Laumann (CDU): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die dritte Lesung unseres Haushalts 2013 steht für mich auch ein bisschen unter dem Eindruck des Urteils des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen vom vergangenen Dienstag.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Frau Ministerpräsidentin, zum dritten Mal hat unser Verfassungsgericht Ihre Haushaltspolitik für verfassungswidrig erklärt. Drei Mal in knapp drei Jahren hat das höchste Gericht deutlich gemacht, dass Ihre Schuldenpolitik sich nicht mit Recht und Gesetz unseres Landes übereinbringen lässt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben es in der Landesregierung schon mit einer denkwürdigen Truppe zu tun, finde ich. Da gibt es einen Justizminister, der unbedingt ein Gesetz machen möchte, um die Abgeordnetenbestechlichkeit besser ahnden zu können, obwohl wir mit der Antwort auf die Kleine Anfrage 588 erfahren haben, dass es keinen einzigen Fall von Abgeordnetenbestechung gibt. Aber was macht ein Justizminister eigentlich mit einer Landesregierung, bei der der Verfassungsbruch in der Haushaltspolitik zu einer Reihengeschichte wird, weil ständig die Verfassung gebrochen wird?

(Beifall von der CDU und der FDP)

In der Urteilsbegründung des Gerichts heißt es – auch schon beim Urteil 2011 –, dass die Abwägung, ob eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt, nicht nur frei von Willkür erfolgen muss, sondern dass die Argumentation, dass eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts vorliegt, auch nachvollziehbar und vertretbar sein muss.

Um es etwas einfacher auszudrücken: Das Gericht hat sehr deutlich gemacht, dass man dann, wenn man mehr Geld braucht, nicht einfach hier im Landtag erklären kann: Wir haben eine schlechte Konjunktur; der Art. 83 unserer Landesverfassung interessiert uns nicht mehr.

Diese Aussage des Gerichts macht deutlich, dass Tricksen und Täuschen mit unserer Landesverfassung nicht geht!

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Das Gericht hat auch deutlich gemacht, dass der Art. 83 Satz 2 der Landesverfassung – ich zitiere – „dem Schutz künftiger Generationen vor unbeschränkter Vorwälzung staatlicher Lasten“ dient. Weiter: „Bürger und Parlamente der Zukunft sollen davor bewahrt werden, den zur Bewältigung dann anstehender Probleme nach ihren Maßstäben benötigten finanziellen Handlungsspielräume zu verlieren …“

Ich bin dankbar, dass wir einen Verfassungsgerichtshof haben, der in dieser Deutlichkeit den Art. 83 Satz 2 als einen Schutz für die zukünftigen Generationen auslegt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Frau Ministerpräsidentin, wenn man sich Ihre Finanzpolitik anschaut, dann muss man sagen, dass dieser Art. 83 Satz 2 mittlerweile zum wichtigsten Kinderschutzartikel unseres Landes und unserer Verfassung geworden ist.

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Um es deutlicher zu sagen: Bei mir zu Hause würde man sagen, dass eine Mutter, die auf Kosten ihrer Kinder gestaltet, eine Rabenmutter und keine Landesmutter ist.

(Beifall von der CDU)

Wir haben diese Verschuldung in den letzten Jahren erlebt. Im Jahre 2011 hat diese Landesregierung rund 3 Milliarden € neue Schulden gemacht, obwohl sie aufgrund der guten Konjunktur 2,7 Milliarden € Mehreinnahmen hatte. 2012 haben Sie 3,7 Milliarden € neue Schulden gemacht, obwohl Sie aufgrund der Konjunktur 5,4 Milliarden € Mehreinnahmen hatten. Und für dieses Jahr planen Sie sage und schreibe 3,4 Milliarden € neue Schulden, obwohl Sie im Vergleich zur Finanzplanung 2010 5,3 Milliarden € Mehreinnahmen haben.

Das heißt, in diesen drei Jahren nehmen Sie rund 10 Milliarden € neue Kredite auf, obwohl Sie gegenüber der alten Finanzplanung 16 Milliarden € Mehreinnahmen haben. Das ist keine solide Politik. Das ist keine nachhaltige Politik. Das ist die alte Verschuldungspolitik, die unser Land jetzt an die Grenzen der Handlungsfähigkeit gebracht hat.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Politik dieser Regierung sollte ja immer die Überschrift haben „Kein Kind zurücklassen“. In der Regierungserklärung vom 15. September 2010 sagte die Ministerpräsidentin:

„Wir stehen für eine nachhaltige Finanzpolitik. … Wir bekennen uns offen und selbstbewusst dazu, dass dies zunächst höhere Ausgaben und gegebenenfalls zusätzliche Schulden bedeutet.“

– Und dann weiter:

„Nur eine mutige Politik, die auf die Stärkung von Familien, auf Prävention, auf beste Bildung von der Kita bis zur Hochschule zielt, führt im zweiten Schritt zu Wirtschaftswachstum, höheren Steuereinnahmen …“

Meine Damen und Herren, mit dieser Aussage soll das Prinzip des Schuldenmachens auch noch ein soziales Aushängeschild bekommen. Mit dieser Aussage soll das Prinzip des Schuldenmachens auch noch als mutige Politik dargestellt werden.

Ich sage Ihnen: Ihre Schuldenpolitik ist nicht mutig, sondern ist der alte sozialdemokratische Schlendrian, der seit 40 Jahren in diesem Land herrscht und uns fast jede Handlungsfähigkeit genommen hat!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie sind nicht bereit, in diesem Land Strukturen zu verändern. Und weil wir keine Strukturen verändern, sind wir nicht in der Lage, eine nachhaltige Haushaltspolitik zu betreiben.

Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass die beste Zukunftsprävention darin besteht, dass wir das, was wir uns heute an öffentlichen Leistungen gönnen, auch heute finanzieren, dass wir immer daran denken, dass wir mit jedem Euro Schulden die Handlungsspielräume der nächsten Generation in diesem Parlament einschränken.

(Beifall von der CDU)

Jede Maßnahme, die wir ergreifen, muss daraufhin geprüft werden, ob sie wirklich so notwendig ist, dass wir deswegen die Handlungsfähigkeit einer uns nachfolgenden Generation in diesem Parlament und in dieser Gesellschaft so einschränken dürfen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich bin der festen Überzeugung, dass diese Politik – Sie haben zu Beginn Ihrer Regierungszeit mit der Bewilligung Ihrer Wahlgeschenke über 1 Milliarde € verplempert – für Nordrhein-Westfalen nicht gut ist, dass diese Politik die Zukunft unseres Landes und der nachfolgenden Generation verfrühstückt.

Das Schlimmste ist aber: Sie tun so, als wäre die Bereitschaft zu neuen Schulden das Erkennungszeichen einer sozialen Politik, einer Politik der Prävention, der Nachhaltigkeit und der Generationengerechtigkeit. „Kein Kind zurücklassen“ – das ist der Spruch, mit dem Sie sich gegen den Vorwurf der Schuldenmacherei wehren.

Sie spielen Haushaltskonsolidierung und Politik für unsere Kinder gegeneinander aus. Sie spielen Haushaltskonsolidierung und Politik für sozial Schwache gegeneinander aus. Und Sie spielen Haushaltskonsolidierung und Armutsbekämpfung gegeneinander aus. Ich sage Ihnen: Das ist unredlich, das ist unsozial, und das ist zutiefst ungerecht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich möchte Ihnen heute in diesem Parlament auch sagen, dass es kein Alleinstellungsmerkmal der Politik der Regierung Kraft ist, dass wir kein Kind zurücklassen wollen. Ich kenne keine ernsthafte Politikerin und keinen ernsthaften Politiker in diesem Landtag, unabhängig von Parteizugehörigkeit und Fraktionszugehörigkeit, der bzw. dem nicht das Wohl der nachfolgenden Generation sehr am Herzen liegt.

(Beifall von der CDU und der FDP – Stefan Zimkeit [SPD]: Sie haben gerade das Gegenteil unterstellt!)

Wir haben hier aber auch eine Verantwortung. Das bedeutet, dass wir alles tun müssen, damit unsere Kinder, egal, in welchen Familien sie geboren werden, welche Förderung sie von zu Hause erhalten können, eine faire Chance haben, in unserem Land einen sozialen Aufstieg und die soziale und gesellschaftliche Integration zu schaffen.

Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu gehört, dass wir auf Dauer einen handlungsfähigen Staat haben. Dazu gehört, dass wir in der Lage sind, das dafür Notwendige zu tun. Und dazu gehört eben nicht, in dem Umfang Wahlgeschenke zu verteilen, wie Sie es nach der Landtagswahl 2010 getan haben.

(Beifall von der CDU)

Ich will Ihnen noch einmal sagen, wofür Sie das Geld ausgegeben haben: Studiengebühren: 250 Millionen €,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

beitragsfreies Kindergartenjahr: 140 Millionen €

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

– jetzt hören Sie mal auf zu klatschen! –,

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Rücknahme der Konsolidierungen: 400 Millionen €. – Im Ganzen haben Sie über 1 Milliarde € ausgegeben, und Sie sind heute nicht mehr in der Lage, die notwendigen Gestaltungen vorzunehmen – darauf komme ich gleich noch zu sprechen –, was Sie auch alle wissen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie sind mit dieser Politik so weit gekommen, dass in diesem Jahr auf unser Land Nordrhein-Westfalen 60 % aller Kredite entfallen, die die 16 Bundesländer insgesamt aufnehmen. Sie sind so weit gekommen, dass 22 % der deutschen Gesamtbevölkerung – die Einwohner unseres Landes – 60 % der Verschuldung aller Länder zu verantworten haben.

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Sie haben darüber hinaus den Menschen im öffentlichen Dienst viel versprochen. Noch im Jahre 2011 sind Briefe von Frau Kraft verschickt worden, in denen es heißt, dass es keine weiteren Einschnitte bei der Beamtenschaft gebe.

Es gibt einen Brief unseres Finanzministers an den Beamtenbund, aus dem ich zitieren möchte:

„Sie wissen, dass die Landesregierung bereits mehrfach verkündet hat, Beamte, Richter, Staatsanwälte und Versorgungsempfänger zukünftig nicht weiter von der Lohnentwicklung abzukoppeln. Dazu gehört, dass gute Arbeit angemessen bezahlt wird.“

Meine Damen und Herren, und was erleben wir jetzt? Was erleben wir in dieser Woche? Da haben Sie im Jahre 2013 einen Haushalt mit den höchsten Steuereinnahmen – und Sie können aufgrund Ihrer Wahlgeschenke die Tariferhöhungen in diesem Bereich nicht, wie Sie es versprochen haben, eins zu eins umsetzen! Das ist doch die Wahrheit!

(Lebhafter Beifall von der CDU und der FDP)

Die Wahrheit ist auch – was hier jeder Parlamentarier weiß –, dass es in einer Demokratie Gott sei Dank nichts Transparenteres gibt als den Haushalt. Wenn eine Regierung neu ins Amt kommt – ich habe es selbst erlebt –, dann wird zunächst immer ein Kassensturz gemacht. Wahr bleibt jedoch: In unserem Landeshaushalt gibt es nichts, worüber nicht jeder Abgeordnete informiert sein könnte. Der Landeshaushalt ist absolut transparent. Keine Landesregierung kann Gelder ausgeben, für die es nicht eine entsprechende Haushaltsstelle gibt.

Frau Kraft, als Sie noch Oppositionsführerin waren und dann 2010 an die Regierung kamen, haben Sie die Finanzsituation dieses Landes genau gekannt. Sie haben sich trotzdem für diese Wahlgeschenke entschieden, weil Sie die Wahl gewinnen wollten. Das kann man ja machen. Dass Sie seinerzeit den Beamten versprochen haben, jede Lohnerhöhung eins zu eins umzusetzen, und dieses Versprechen jetzt nicht halten können, beweist jedoch, dass Sie schon damals in diesen Briefen bewusst getäuscht haben!

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist das, was ich Ihnen vorwerfe.

Natürlich haben Sie bei den Wahlen auch auf die vielen Stimmen aus dem öffentlichen Dienst geschielt. Sie haben aber gewusst, dass das Verteilen von Wahlgeschenken in Höhe von 1 Milliarde € – die Sie vorhin noch so beklatscht haben – Ihnen die Spielräume zum Beispiel für diese Anpassung nimmt.

(Zuruf von der SPD: Wie hieß der Mann noch gleich?)

Trotzdem haben Sie den Leuten etwas anderes gesagt. Und jetzt werden Sie erleben, dass diese Menschen enttäuscht sein werden.

Ich habe davon gehört, dass sogar einige Vertreter Ihrer Partei noch am Montag dem Gewerkschaftsrat gesagt haben, dass eine Lösung gefunden werde, und schon am Dienstag wurde dann das Gegenteil verkündet. So geht ihr miteinander um! Ich bin froh, dass ich kein Genosse bin.

(Zuruf von der SPD: Wir auch!)

Bei uns geht man anders miteinander um.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Lassen Sie mich lhnen nur eines sagen: Ich habe das Ganze selbst schon einmal erlebt. Meine Partei hat den Beamten 2005 ebenfalls versprochen, Lohnerhöhungen und Tarifsteigerungen eins zu eins umzusetzen. Während unserer Regierungszeit haben wir dann einmal eine solche Erhöhung erst ein halbes Jahr später umgesetzt. Ich kann Ihnen sagen: Das haben die Leute uns nie vergessen. Und ich sage Ihnen: Ihnen werden sie es auch nicht vergessen. Bei Ihnen kommt aber noch eines hinzu: Sie haben den Leuten im Jahr 2011 noch ganz bewusst etwas gesagt, von dem Sie wussten, dass Sie es 2013 nicht würden einhalten können.

(Beifall von der CDU)

Ich will noch einer anderen Frage nachgehen. Wir debattieren im Jahr 2013 über einen Haushalt mit den höchsten Steuereinnahmen bei einer guten Konjunktur und einem Höchststand an Beschäftigung. Was wollen Sie den Vertretern des öffentlichen Dienstes eigentlich für 2015 sagen? Glauben Sie, dass Sie 2015 eine finanzielle Situation haben, die Ihnen das Umsetzen von Tarifergebnissen eher ermöglicht als heute, und das vor dem Hintergrund, dass Sie wegen Ihrer Wahlgeschenke sich jedes Jahr wiederholende Belastungen im Haushalt haben?

Wir werden uns auch im Bereich des öffentlichen Dienstes mit der Frage beschäftigen müssen, woher wir bei immer weniger jungen Menschen qualifiziertes Personal für den öffentlichen Dienst bekommen sollen. Wir stehen da mit allen anderen Arbeitsmarktbereichen in Konkurrenz.

Deswegen glaube ich, dass es richtiger wäre, in den nächsten Jahren Strukturveränderungen im Bereich des öffentlichen Dienstes des Landes Nordrhein-Westfalen durchzuführen. Nur einen in Strukturen veränderten öffentlichen Dienst können wir so mit Finanzmitteln ausstatten, dass wir im Wettbewerb mit anderen Bereichen des Arbeitsmarktes unsere Leute angemessen bezahlen können.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Diese Erkenntnis ist übrigens kein Geheimnis. Schon die sogenannte Hartmann-Kommission, die zu Zeiten von Schwarz-Gelb Vorschläge erarbeitet hat, wie man Konsolidierung und öffentlichen Dienst in Übereinstimmung bringen kann, hat damals sehr deutlich gesagt: Es gibt im Grunde nur eine Chance, nämlich durch Strukturveränderung.

Mit ein wenig Stolz möchte ich darauf hinweisen, dass wir bei den Haushaltsberatungen 2013 in Änderungsanträgen Strukturveränderungen vorgeschlagen haben. Wir haben Ihnen Strukturveränderungen bei der Polizei mit Polizeiassistenten, bei der Schule mit Schulassistenten, beim Arbeitsschutz, bei den Demografiegewinnen vorgeschlagen.

(Minister Ralf Jäger: Polizisten entlassen!)

Sie haben sie alle abgelehnt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie wollen keine Strukturveränderungen. Deswegen können Sie die Leute nicht mehr bezahlen. Das ist die Wahrheit!

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

– Schreien Sie ruhig rum. Sie sind jetzt in der finanzpolitischen Sackgasse, aus der Sie nicht mehr herauskommen.

(Beifall von der CDU)

Wenn ein Sozialdemokrat Tariferhöhungen nicht umsetzt, dann ist Matthäus am Letzten. Das weiß doch jeder in diesem Land.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Jetzt will ich Ihnen noch ein paar andere Sachen sagen, die mir in den letzten Wochen aufgefallen sind.

Da gibt es ein Gerichtsurteil, wonach unsere Lehrerinnen und Lehrer jetzt einen Anspruch darauf haben, dass die Kosten, die bei Klassenfahrten entstehen, der Dienstherr bezahlen muss. Ich muss Ihnen ganz offen gestehen: Dass die Lehrerinnen und Lehrer in unserem Land so lange teilweise die Kosten für Klassenfahrten selber getragen haben, sollte man auch einmal anerkennen. Ich war einmal Minister. Hätte ich in meinem Ministerium gesagt, ihr sollt irgendwohin fahren, und hätte die Kosten dafür nicht bezahlt, hätten die meisten mir einen Vogel gezeigt.

(Ministerin Sylvia Löhrmann: Ihre Ministerin hat das genauso gemacht!)

Ich wollte ja nur einmal sagen, dass wir vielleicht einmal anerkennen sollten, dass unsere Lehrerinnen und Lehrer über viele Jahrzehnte und Generationen von Lehrern diese Kosten zum Teil selber übernommen haben. Dafür sollten wir auch einmal Dankeschön sagen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber dass dann, wenn so ein Urteil da ist, eine Landesregierung acht Wochen braucht, um ein paar Millionen für die Finanzierung dieser Angelegenheit zu finden, macht doch deutlich, dass Sie keine Handlungsspielräume mehr haben.

(Beifall von der CDU)

Vor dem Landtag stehen einige Hundert junge Frauen, die in diesem Land PTA werden wollen. Die hatten ja immer schon eine Schulform, bei der es erhebliche Eigenbeteiligungen gab. Das Land will jetzt bei 2.000 PTAs in diesem Haushalt 500.000 € und im nächsten Jahr 700.000 €, also im Ganzen 1,2 Millionen € einsparen. Das Land zieht sich aus der Finanzierung dieser Schulen völlig zurück. Ich sage Ihnen ganz offen, Frau Kraft und die gesamte Landesregierung, ich verstehe die Logik nicht, dass Sie stolz darauf sind, dass ein Apotheker in diesem Land keine Gebühren für sein Studium bezahlen muss, aber seine PTA jetzt einfach im Stich gelassen wird.

(Anhaltender Beifall von der CDU und der FDP)

Wenn das die neue soziale Gerechtigkeit ist,

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

dass der Apotheker sein Studium auf Kosten der Steuern der PTA finanziert und die PTA ihre Ausbildung selber bezahlen muss, dann möchte ich auf diese neue soziale Gerechtigkeit in Nordrhein-Westfalen gerne verzichten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie können sich heute natürlich einfach so darüber hinwegsetzen – das können Sie ja alles machen –, aber dieses Darüberhinwegsetzen und Nichteingehen auf die Argumente der anderen Seite, was das für die Schulen bedeutet, ist an Kaltschnäuzigkeit nicht zu überbieten.

(Beifall von der CDU)

Wenn ich sehe, was Sie gedenken, beim Denkmalschutz anzurichten, wenn ich das bei der Kultur sehe, meine Damen und Herren, dann kann ich nur sagen: Sie sind jetzt in der Situation, nicht mehr gestalten zu können, weil Sie das Geld am Anfang der Wahlperiode verplempert haben. Jetzt müssen Sie wie wild durch den Haushalt schießen. Sie lehnen Strukturveränderungen ab. Und weil Sie das ablehnen, hat Ihr ganzes Konzept keine Hand und keinen Fuß. Das ist Ihr grundlegendes Problem.

(Beifall von der CDU)

Gestern haben Sie, Frau Löhrmann, Ihren Gesetzentwurf zur Inklusion vorgelegt. Im Dezember 2010 gab es die gemeinsame Erklärung aller Fraktionen zur Inklusion. 2012 haben Sie dann einen Referentenentwurf zur Inklusion vorgelegt. Den haben Sie dann später einkassiert. Sie haben das damit begründet, dass Sie eine stärkere Bürgerbeteiligung wollen, dass Sie alles das, was aus der Szene vorgeschlagen wird, ernst nehmen wollen. Das ist ja alles in Ordnung.

Aber ich kann Ihnen nur sagen: Wenn man sich jetzt Ihren Gesetzentwurf anschaut, den Sie gestern vorgestellt haben, dann können Sie diesen Dialog mit der Szene nicht ernst gemeint haben. Denn Ihr Gesetzentwurf enthält ja kaum Änderungen gegenüber dem ersten, den Sie vorgelegt haben. Also ist es doch in Wahrheit in dieser Zeit nur um eines gegangen, was ich auch verstehe und Ihnen nicht einmal vorwerfe: Sie haben während dieser Zeit nach Möglichkeiten gesucht, die Finanzierung der Inklusion hinzukriegen, weil Sie nicht wussten, wie Sie sie bezahlen sollen.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Das Ergebnis ist: Über die Bezirksregierungen ist eine Menge passiert, um die Gemeinden zu zwingen, jetzt schon für dieses Jahr viel in dieser Inklusionsgeschichte zu machen, ohne dass es dafür eine finanzielle Grundlage gibt.

Auch wie Sie jetzt diesen Gesetzentwurf mit Ressourcen ausstatten, macht doch deutlich, dass wir gegenüber dem, wie wir uns Inklusion hier gemeinsam vorgestellt haben, in Wahrheit unser Tempo von Inklusion an der Knappheit der Ressourcen ausrichten müssen. Das will ich hier noch nicht einmal als etwas Falsches darstellen. Aber was mich in dieser Stunde am meisten bewegt, ist: Ich glaube, dass es hier im Landtag keine Kollegin und keinen Kollegen gibt, der nicht sagen würde, dass die Kinder, die einen besonderen Förderbedarf haben, ohne Frage die Kinder sind von den vielen Kindern, die Gott sei Dank unser Land hat, um die wir uns am meisten kümmern müssen.

Aber dass wir jetzt feststellen, dass wir aufgrund Ihrer Verschuldungspolitik, aufgrund der Bezahlung Ihrer Wahlgeschenke nicht mehr in der Lage sind, Inklusion so zu machen, wie wir es uns hier einmal gemeinsam vorgestellt haben, macht doch deutlich, wo Verschuldungspolitik immer endet, nämlich bei Leistungskürzungen für diejenigen, die die Leistungen am nötigsten brauchen. Deswegen ist Verschuldungspolitik unsoziale Politik.

(Beifall von der CDU)

Es gibt eine weitere Baustelle, die in Ihrer Argumentation bei den Haushaltsberatungen zurzeit eine große Rolle spielt. In der zweiten Lesung ist mir aufgefallen, dass es keine Ministerin und keinen Minister gab, der in seinen Beiträgen zum Haushalt nicht am Ende auf das Thema kam: Dass wir nicht mehr machen können, liegt nicht an uns, sondern an Berlin. Wir haben eine Bundesregierung – so wird es von der Landesregierung versucht darzustellen –, die anscheinend nur von einer Frage beseelt ist: Nordrhein-Westfalen zu benachteiligen. – Manche Minister kamen mir in der letzten Debatte hier am Rednerpult so vor wie beim Spielen im Sandkasten – daran erinnere ich mich aus meiner Kindheit –, wenn man jemandem das Förmchen weggenommen hat.

Meine Damen und Herren, ob wir uns in Nordrhein-Westfalen einen Gefallen tun mit einer Landesregierung, die nur noch klagt, die selber sagt: „Ich kann nicht mehr gestalten, das böse Berlin macht uns jede Gestaltung kaputt“, soll jeder für sich selber entscheiden. Wir müssen uns mit den Realitäten auseinandersetzen, und das möchte ich jetzt gerne anhand von ein paar Beispielen machen.

Sie haben in Ihrem Koalitionsvertrag behauptet, durch die Politik der Bundesregierung seien in NRW jährliche Einnahmeverluste von 5 Milliarden € eingetreten. Tatsache ist, dass Nordrhein-Westfalen im Jahre 2012 Zahlungen aus dem Bundeshaushalt in Höhe von fast 7 Milliarden € erhalten hat. Selbst bezogen auf Einwohner bekommt Nordrhein-West­falen Zuweisungen, die denen anderer Flächenländer wie Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder Niedersachsen entsprechen; denn die Bundesrepublik mit ihrem Haushalt ist keine Bananenrepublik. Auch die Zuweisungen an Länder erfolgen nach Recht und Gesetz und nicht frei Schnauze, wie Sie es deutlich machen wollen.

Sie behaupten, Nordrhein-Westfalen werde im Verkehrsbereich besonders benachteiligt, weil keine Verteilung der Bundesmittel über den Königsteiner Schlüssel erfolge. Das ist falsch. Nordrhein-Westfalen erhält rund 25 % der Mittel des GVFG-Programms. In Nordrhein-Westfalen werden derzeit Bauvorhaben mit einem Volumen von rund 2,5 Milliarden € realisiert. Übrigens ist der Königsteiner Schlüssel völlig ungeeignet, die Mittel für Verkehrsinvestitionen zu verteilen. Die Mittel müssen nach Bedarf zugewiesen werden und nicht nach einer starren Quote.

(Stefan Zimkeit [SPD]: Sie verteilen die Mittel gern nach Bayern!)

Sie behaupten, Nordrhein-Westfalen erhalte je Studienanfänger nur 20.000 €, während die ostdeutschen Bundesländer 26.000 € bekommen würden. Sie sind nicht richtig informiert. Alle Länder erhalten vom Bund für jeden zusätzlichen Studienanfänger einen Betrag von 13.000 €. Die Länder selbst legen zu diesem Bundesanteil noch einmal den gleichen Betrag drauf. Lediglich 5 % des Bundesanteils leiten die alten Länder an die ostdeutschen Länder weiter.

Sie behaupten, Rheinland-Pfalz bekomme höhere Bundeserstattungen für die Kosten der Unterkunft. Ja, das ist richtig. Aber daran war Herr Steinbrück schuld, der damals als Bundesfinanzminister

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: Der allein entscheiden durfte!)

Rheinland-Pfalz und Ministerpräsident Beck einen Sonderstatus bei den Verhandlungen eingeräumt hat. Ich selber war damals als Minister auf der anderen Seite beteiligt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Auch diese Nummer also, dass Ihr Elend damit zu tun habe, dass der Bund Nordrhein-Westfalen benachteiligt, stimmt nicht. Ihr Elend haben Sie selber durch die Finanzierung Ihrer Wahlgeschenke angerichtet.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Im Bundestagswahlkampf wollen Sie jetzt natürlich sagen: Wir brauchen mehr Einnahmen. – Sie schlagen die Erhöhung des Spitzensteuersatzes vor, Sie wollen wieder eine Vermögensteuer einführen.

(Beifall von Volker Münchow [SPD])

Wie wollen Sie es hinbekommen, dass wir die Immobilien aufgrund der Verfassungsgerichtsauflage zeitnah im Verkehrswert bemessen müssen? Bei der Durchführung wünsche ich Ihnen noch viel Spaß.

Sie wollen eine höhere Erbschaftsteuer, eine höhere Abgeltungsteuer für Zinsen, die Abschaffung des Ehegattensplittings und was Sie sonst noch alles erklären. Ich kann Ihnen nur sagen: Wenn Rot-Grün im Bund dieselbe Finanzpolitik machen würde wie Sie in Nordrhein-Westfalen, dann würde am Ende die Facharbeiterschaft des Landes die Steuererhöhungen bezahlen müssen;

(Armin Laschet [CDU]: Oh je!)

denn so viel Geld ist allein bei den sogenannten Besserverdienenden nicht zu holen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Deswegen kann ich nur jeden davor warnen, sich auf das Ergebnis einzulassen.

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen zum Haushalt 2013 ein umfangreiches Sanierungskonzept mit 84 Änderungsanträgen vorgeschlagen. Sie haben alle Vorschläge abgelehnt. Damit habe ich gerechnet, weil die Spielregeln oft so sind. In dieser Wahlperiode wird es eben so sein, dass Sie jeden Antrag, der den Briefkopf der CDU trägt, ablehnen. Selbst wenn wir das Grundsatzprogramm der SPD als Antrag einbringen würden, würden Sie es ablehnen, weil es dann unseren Briefkopf hat.

(Beifall von der CDU und Kai Abruszat [FDP] – Marc Herter [SPD]: Käme auf einen Versuch an, Herr Laumann!)

Es wird spannend, wie Sie die nächsten vier Jahre Ihrer Regierungszeit gestalten wollen. Ich sage Ihnen voraus: Wenn Sie keine strukturellen Veränderungen vornehmen, dann werden Sie sich durchwurschteln und nichts mehr gestalten können. Dann wird das, was wir diese Woche an Wortbruch gegenüber PTAs erlebt haben, was Sie dem öffentlichen Dienst zugemutet haben, weiter fortgeführt, weil es keine Ressourcen zur Gestaltung im Land mehr gibt.

Wenn Sie tatsächlich zu Strukturveränderungen kommen wollen – so stark kann sich eine Opposition gar nicht irren –, dann sollten Sie einen Teil unserer Vorschläge ernsthaft prüfen. Wir machen Ihnen auch keine Vorwürfe, wenn Sie sie abschreiben. Um diese Strukturveränderungen werden Sie nicht herumkommen. Diejenigen, die heute noch Mitglied der Grünen-Fraktion sind – Herr Kollege Priggen, Sie können sich daran erinnern, welche Vorschläge Ihre Fraktion 2007 zur strukturellen Veränderung des Landeshaushalts in Nordrhein-Westfalen gemacht hat –, wissen, dass Sie heute auf einem anderen finanzpolitischen Dampfer sind als damals.

(Armin Laschet [CDU]: Das waren Zeiten!)

Ich habe immer noch die Hoffnung, dass Sie dahin zurückkehren.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir werden Ihnen auf jeden Fall in der dritten Lesung noch einmal die Möglichkeit geben, über unsere Änderungsanträge abzustimmen, denn wir werden sie alle wieder einbringen. Wir werden Ihnen diese Abstimmungen heute nicht ersparen können. Ich kündige hier auch schon an, dass wir über die PTA-Schulen selbstverständlich eine namentliche Abstimmung durchführen lassen, damit die Schülerinnen und Schüler wissen, wem sie es zu verdanken haben, wenn sie demnächst ihren Schulbesuch alleine bezahlen müssen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich persönlich bin der festen Überzeugung, dass wir in dieser Wahlperiode – ich will es noch einmal sagen – zu Strukturveränderungen kommen müssen. Wir haben Vorschläge zu diesen Strukturveränderungen gemacht.

Eine Wahrheit in diesem Land ist auch: Wir werden die demografischen Entwicklungen, die wir nun einmal haben, angehen müssen. Es kann nicht sein, dass das Volk kleiner und der öffentliche Dienst größer wird. Das ist nicht zu finanzieren. Wenn wir im öffentlichen Bereich neue Aufgaben sehen, müssen wir sie mit bestehendem Personal bewältigen, wie wir das auch in den fünf Jahren von Schwarz-Gelb bewiesen haben. Das, was wir damals in PEM, in der Transfergesellschaft, gemacht haben, war eine Politik, diese Strukturen zu verändern, und sie ist gelungen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wir haben in diesem Land 8.000 Lehrer zusätzlich eingestellt, ohne das Gesamtbudget des öffentlichen Dienstes anzuheben. Sie wissen nicht mehr – das spüren die Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes –, wie Sie den öffentlichen Dienst an einer angemessenen Einkommensentwicklung unseres Landes beteiligen sollen. Die glauben Ihnen auch nicht, dass das in zwei Jahren von Ihnen gemacht wird. Denn wenn Sie jetzt bei den höchsten Steuereinnahmen dafür kein Geld haben, haben Sie dafür in zwei Jahren auch kein Geld. Wo soll es denn herkommen? Oder Sie machen diese Strukturveränderungen, von denen ich heute gesprochen habe, die die CDU-Fraktion auch konstruktiv begleiten würde.

Ich hoffe, dass Sie die Lehren aus Ihrem jetzigen finanzpolitischen Desaster ziehen und endlich Ihre Verantwortung für eine verändernde Politik in Nordrhein-Westfalen wahrnehmen. – Schönen Dank.

(Langanhaltender Beifall von der CDU – Beifall von der FDP)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Laumann. – Für die SPD-Fraktion hat Herr Kollege Römer das Wort.

Norbert Römer (SPD): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Laumann, ich muss es Ihnen eingestehen: Sie haben alle meine Erwartungen noch übertroffen.

(Beifall von der SPD – Zuruf von der CDU: Das habe ich mir gedacht!)

Ihre Rede, Herr Kollege Laumann, war, wie es auch die Haushaltsanträge der CDU sind, eine einzige Offenbarung. Da steht manches unvermittelt nebeneinander, hier und da im Übrigen auch gegeneinander. Da gibt es keinen roten Faden. Da gibt es keinen Plan, keine Perspektive für die Menschen, keine Alternative, Herr Kollege Laumann.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ja, ja!)

Sie kommen mir vor – ich gebe das gerne zu – wie jemand, der sich mit seiner Rolle ganz schnell abgefunden hat.

(Zuruf von der CDU: Zur Sache! – Weitere Zurufe von der CDU)

Das war die Rede eines Oppositionspolitikers, der es sich in der Opposition warm und gemütlich macht.

(Beifall von der SPD)

Meine Damen und Herren, ich komme zur Sache. Wir sind in der dritten Lesung des Haushalts 2013. Als wir in der ersten Lesung über diesen Haushalt hier diskutiert haben, habe ich an dieser Stelle gesagt: Das ist ein Haushalt, Herr Kollege Laumann, der sich sehen lassen kann,

(Zuruf von der CDU: Das hat das Gericht aber anders gesehen!)

einer mit Maß und Mitte, ein Haushalt, mit dem wir unsere Schwerpunkte fortsetzen: Kinder, Jugendliche, Familien fördern und unterstützen, in die Bildung investieren und unsere Städte stärken.

Weil ich das ja von Ihnen nicht erwarten kann – Sie haben das ja auch gar nicht gemacht –, will ich dann doch noch einmal Kennzahlen dieses Haushalts nennen:

Erstens. Die Gesamtausgaben für Kinder und Jugendhilfe betragen 2,227 Milliarden €, rund 639 Millionen € mehr als 2010, fast 40 % mehr. Das steht in diesem Haushalt.

Zweitens. Für die offene Ganztagsschule im Primarbereich sind 334,11 Millionen € veranschlagt. Das sind 40,4 Millionen € mehr, 14 % mehr als 2010.

(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD] – Karl-Josef Laumann [CDU]: Das sind alles Bundesmittel, die Sie weiterleiten!)

Drittens. Für gesellschaftliche Teilhabe und Integration Zugewanderter, Herr Kollege Laschet: 26,4 Millionen €, 7,6 Millionen €, gut 40 % mehr als im Jahr 2010.

Viertens. Im Landeshaushalt 2013 sind für unsere Kommunen Mittel von insgesamt – Steuerverbund, Lastenausgleich, Kompensationsleistung, Familienleistungsausgleich, Steuervereinfachungsgesetz 2011 und Zuweisungen nach Maßgabe des Haushaltsplans – rund 18,4 Milliarden € einschließlich Bundes- und EU-Mittel vorgesehen. Fast jeder dritte Euro der staatlichen Ausgaben kommt also unseren Kommunen zugute. Das gilt für die gesamte Strecke, für die lange Strecke bis 2017.

Meine Damen und Herren, wir haben – das werden Sie festgestellt haben – den Entwurf an der einen oder anderen Stelle noch verändert. Wir haben Umschichtungen vorgenommen, die im Ergebnis zu weiteren deutlichen Einsparungen, zu einer deutlichen Senkung der Nettokreditaufnahme führen. Politische Gestaltung, Schwerpunkte setzen auch in Zeiten knapper Kassen sind möglich. Wir beweisen das. Denn gerade in einer solchen Situation, Herr Kollege Laumann, ist Politik gefragt. Ich gebe gerne zu: Das erfordert harte Arbeit, viel Konzentration, auch Diskussionen und Ringen um Lösungen. Das ist aber der Unterschied zu der Streitkoalition in Berlin: SPD und Bündnis 90/Die Grünen arbeiten sich nicht aneinander ab, sondern wir arbeiten gemeinsam und erfolgreich an Lösungen. Das lässt sich in diesem Haushalt nachlesen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Das füge ich hinzu, weil es eine harte Arbeit für unsere beiden Fraktionen ist.

Ich bin jedenfalls froh und dankbar dafür, dass wir so lösungsorientiert wie bisher vorangehen. Ich verspreche Ihnen: Es wird das Markenzeichen dieser Koalition bleiben, erfolgreich miteinander an Lösungen der Probleme der Menschen zu arbeiten, damit es ihnen in Nordrhein-Westfalen besser geht. Das ist unsere Aufgabe.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Im Übrigen ist politische Gestaltung notwendig, um Planungs- und Investitionssicherheit zu geben. Denn nichts schadet den Unternehmen und der Wirtschaft insgesamt mehr als Ungewissheit.

(Christian Möbius [CDU]: Datteln! – Zuruf von Armin Laschet [CDU])

– Herr Kollege Laschet, die NRW-CDU – das vernehme ich mit Interesse – ist gerade dabei, ihre dürftige Wirtschaftskompetenz aufzupolieren.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Armin Laschet [CDU]: Ihr macht doch, was die Grünen wollen! – Gegenrufe von der SPD)

Das behaupten Sie zumindest lauthals, wenn Sie Unternehmen besuchen. Allerdings wäre es gut, Herr Kollege Laschet, wenn die CDU auch darauf hören würde, welches Entsetzen in den Betrieben angesichts der Planlosigkeit der Bundesregierung bei der Gestaltung der Energiewende herrscht.

(Zustimmung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – Widerspruch von der CDU)

Herr Kollege Laschet, hören Sie doch einmal den Unternehmen und vor allen Dingen den energieintensiven Betrieben zu, was es bedeutet, dass sie keine Sicherheit haben.

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

In diesem Land bleiben Investitionen liegen – auch in Deutschland insgesamt.

(Zuruf von Lothar Hegemann [CDU])

Das ist das Ergebnis Ihrer Planlosigkeit in der Bundesregierung, Herr Kollege Laumann. Dafür haben Sie selbstverständlich Mitverantwortung zu tragen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zurufe von der CDU)

Ich füge hinzu: Die größte Investitionsunsicherheit und das größte Investitionshemmnis kommen aus Berlin.

(Christian Möbius [CDU]: Deshalb geht es auch der deutschen Wirtschaft so schlecht! – Zurufe von der CDU: Oh!)

Das größte Investitionshemmnis ist diese Bundesregierung. Deshalb, meine Damen und Herren, ist es gut, dass ihre Zeit zu Ende geht. Am 22. September ist sie vorbei.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Lachen von der CDU und der FDP)

Welche Schwerpunkte setzen wir? Wie finanzieren wir das? Und vor allem: Wohin wollen wir in diesem Land? Das wollen die Menschen wissen. Darauf geben wir klare Antworten. Herr Kollege Laumann, bei Ihnen habe ich klare Antworten vermisst. Sie fallen wieder in alte Verhaltensmuster zurück.

(Lachen von Dr. Wilhelm Droste [CDU])

Sie sind gegen jede Einsparung. Sie stellen sich an die Spitze von Protesten gegen solche Einsparungen.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ja!)

Dann verlangen Sie wie gerade mehr Ausgaben in diesem Land, und anschließend beklagen Sie, dass nicht genug gespart werde. Damit kommen Sie nicht durch – auch nicht bei den Menschen. Denn sie haben Sie dorthin gewählt, wo Sie jetzt sitzen. Da gehören Sie zu Recht hin.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch von Karl-Josef Laumann [CDU] – Widerspruch von der CDU und der FDP – Karl-Josef Laumann [CDU] hält eine Broschüre hoch.)

Meine Damen und Herren, dieser Haushalt ist solide und auf Zukunft ausgerichtet. Er wird den Herausforderungen unserer Zeit gerecht. Zielgerichtete Investitionen und Einsparungen mit Augenmaß machen diesen Haushalt aus. Damit unterscheidet er sich klipp und klar von den unausgegorenen, manchmal auch ideologiegesteuerten Änderungsanträgen der Oppositionsparteien CDU und FDP.

Wir haben jetzt über einen Entwurf zu entscheiden, der um gut 107 Millionen € unter dem ursprünglichen Plan liegt. Das haben wir durch eine Reduzierung der Steinkohlesubventionen, eine deutliche Senkung der Zinsausgaben und den Wegfall des Belastungsausgleichs für die U3-Betreuung erreicht.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Wir haben aber auch – darauf will ich Sie hinweisen – zum Beispiel die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur erhöht.

(Beifall von Jochen Ott [SPD])

Wir haben den Kulturetat deutlich weniger als ursprünglich geplant abgesenkt. Und wir haben einen Schwerpunkt bei Prävention und bei Armutsbekämpfung gesetzt.

(Christian Lindner [FDP]: Wodurch denn genau?)

Die Oppositionsparteien haben sich zu unseren Vorschlägen geäußert. Herr Lindner hat die Themen „Personalabbau“ und „Entfesselung der Wirtschaft“ inszeniert.

(Christian Lindner [FDP]: Richtig!)

Das war eine Vorstellung, bei der man an der blankpolierten Oberfläche nicht kratzen darf, weil da sonst wenig übrigbleibt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Lachen von Christian Lindner [FDP])

Herr Lindner, Sie haben als heimlicher Oppositionsführer

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

in der vorigen Woche die großen Erfolge der abgewählten schwarz-gelben Landesregierung bei der Haushaltskonsolidierung in Ihrer Verantwortungszeit hervorgehoben.

(Christian Lindner [FDP]: Aber hallo!)

Ich füge hinzu: Sie haben fast 30 Milliarden € auf die Schulden draufgesetzt. Auch das gehört zu Ihrer Verantwortung dazu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie haben in der vorigen Woche hervorgehoben, dass mehr als 14.000 Stellen von Schwarz-Gelb eingespart worden seien, exakt: 14.305. – Ja, richtig.

(Christian Lindner [FDP]: Lehrerstellen schaffen! – Weitere Zurufe von der CDU und von der FDP)

In derselben Zeit, Herr Kollege Lindner, sind knapp 12.000 neue Stellen – genau: 11.899 – hinzugekommen.

(Christian Lindner [FDP]: Lehrerstellen schaffen! – Gegenrufe von der SPD)

5.000 der 14.305 abgebauten Stellen wurden im Rahmen der Arbeitszeitverlängerung erwirtschaftet.

(Christian Lindner [FDP]: Polizei und Lehrer – das ist vorsorgende Sozialpolitik! – Lachen von der SPD)

Sie wurden also, um im Sprachgebrauch des Kollegen Laumann zu bleiben, auf den Schultern der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwirtschaftet.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Lindner, rechnet man das ehrlicherweise heraus, bleibt am Ende ein Plus von 2.548 Stellen. Also im Klartext: Unter Schwarz-Gelb sind 2.548 Stellen dazugekommen. Das haben Sie allerdings vergessen zu sagen, Herr Kollege Lindner. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ferner haben Sie, Herr Kollege Lindner, gefordert, die Wirtschaft müsse entfesselt werden.

(Zuruf von der SPD: Das ist sein Lieblingssatz! – Weitere Zurufe von der SPD)

In der Tat gibt es – das gebe ich gern zu – einen ganz gravierenden Unterschied zwischen Ihnen und uns. Jetzt muss ich einmal in die Reihen der FDP-Fraktion schauen, denn ich verstehe nicht – es gibt auch Vernünftige in Ihrer Fraktion –, dass Sie so einen ökonomischen Blödsinn zulassen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Lachen von Armin Laschet [CDU])

Wir haben doch in der Weltfinanzkrise gerade erst erfahren, was diese entfesselten Märkte anrichten können, wenn es keine klare Regeln, keine Kontrolle und keine staatlichen Einschränkungen gibt.

(Lebhafter Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Wir haben uns hautnah und knapp an einer Weltwirtschaftskrise vorbeischlittern sehen, Herr Kollege Lindner. Und wir haben erlebt, wohin doch Ihre Einfachstpolitik „Privat vor Staat“ führt. Dann aber auch noch in einem Änderungsantrag zu behaupten, dass die von der FDP so entfesselten Kräfte mit einem Entfesselungsimpuls für Mehreinnahmen von 25 Millionen € sorgen würden, wenn die Landesregierung – der schieben Sie das ja zu – die Verantwortung dafür übernehmen würde, Herr Kollege Lindner, das ist schlicht und einfach dreist.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Dieser Antrag, meine Damen und Herren, ist eine intellektuelle Zumutung. Mit Verlaub, Herr Kollege Lindner, damit würde die FDP-Fraktion noch nicht einmal die Aufnahmeprüfung in die berühmte Klippschule bestehen.

(Dietmar Brockes [FDP]: Gut, dass Sie das nur sagen!)

So viel zu Ihrem Antrag.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir setzen dagegen auf die Kompetenz der vielen Tausend Unternehmen, vor allem der kleinen und mittleren. Unser Mittelstandsgesetz ist ein Segen für diese Unternehmen. Die brauchen wir, um das Land voranzubringen; und die allermeisten wissen auch um ihre soziale Verantwortung.

Deshalb geht es nicht um Entfesselung, sondern es geht nach meinem Verständnis um Kooperation auf Augenhöhe, um Kooperation zwischen Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften und Gesellschaft. Es geht darum, unser Land weiter nach vorn zu bringen mit neuen Ideen, bei der Entwicklung von neuen Produkten, von neuen Produktionsverfahren, von Dienstleistungen, ob im Maschinenbau, in der Energiewirtschaft oder beim Klimaschutz. Da muss nichts entfesselt werden.

Unsere Unternehmen brauchen Planungssicherheit, um zu investieren. Dabei braucht es staatliche Hilfestellung und Organisation, die der Bund, dieser hilflose Bundeswirtschaftsminister und der dampfplaudernde Bundesumweltminister bis heute schuldig bleiben, meine Damen und Herren. Das gehört zur Realität.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Apropos Minister Rösler! Das will ich Ihnen nicht ersparen: Seine Begründung für die Verweigerung der FDP zu einem NPD-Verbotsvertrag hat mir – ich gebe das gern zu – erst die Schamröte und dann die Wut ins Gesicht getrieben. Wer wie Philipp Rösler, meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang davon spricht, dass Dummheit nicht verboten werden könne, der hat nichts, aber auch gar nichts aus unserer Geschichte gelernt und der verkennt in verantwortungsloser Weise die braune Gefahr für unsere Demokratie.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Herr Kollege Laumann, ich will einmal auf Sie eingehen. Sie sagten unlängst in der Öffentlichkeit: Zum Lernen gehöre auch, sich ordentlich quälen zu müssen. Bei der Durchsicht der Anträge wird offenbar: Sie und die FDP haben weitgehend deckungsgleiche sogenannte Sparvorschlägen vorgelegt. Wer da von wem abgeschrieben hat, muss man noch einmal überlegen, und dann muss man zu dem Ergebnis kommen: nicht genug gequält.

Dann noch zu wagen, das als Erfolg oder sogar als finanzpolitische Alternative zur Regierung unserer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft darzustellen, das als Sanierungskonzept der CDU oder als Konsolidierungsstrategie der FDP zu verkaufen, das ist ein Täuschungsversuch, Herr Kollege Laumann, der in der Schule zum Prüfungsausschluss führen würde. Schauen Sie sich das noch einmal an! Da werden Sie schamrot werden.

(Beifall von der SPD)

Herr Lindner, an Ihrer sogenannten Konsolidierungsstrategie, die Sie vorige Woche mit viel Brimborium vorgestellt haben, ist allein – das will ich einräumen –

(Christian Lindner [FDP]: Brimborium?)

die Überschrift richtig: Sparen, um neue Chancen zu schaffen. – Der Unterschied zwischen Ihnen und uns ist allerdings: Wir machen das tatsächlich. Sie jedoch kleben es nur als Tapete vor Ihre eigentlichen Absichten. Das ist der Unterschied zwischen einer verantwortlichen Regierung unter Rot-Grün und dem, was Sie als Opposition uns an Anträgen zumuten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Mit dieser Tapete wollen Sie doch nur verdecken, dass Sie nichts anderes im Kopf haben als die Wiederbelebung Ihrer gescheiterten Einfachstpolitik „Privat vor Staat“. Damit sind Sie schon einmal vor die Wand gefahren, und damit bleiben Sie, Herr Kollege Lindner, eine Anekdote in der politischen Geschichte unseres Landes.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich verstehe die CDU wirklich nicht, dass sie immer noch Hand in Hand mit dieser FDP geht und sich auch noch verulken lässt.

Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten einmal den sogenannten Spitzenmann im Bundestagswahlkampf der FDP, Herrn Brüderle, vom 10. März 2013 vom Bundesparteitag der FDP:

„Ja, es soll einige in der Union geben, die halten uns, die FDP, für eine göttliche Prüfung. Aber, meine Freunde, das Gegenteil ist richtig: Uns hat der Himmel geschickt!“

Herr Kollege Laumann, ich beglückwünsche Sie ausdrücklich zu diesem Himmelsgeschenk. Sie haben es wahrlich verdient, meine Damen und Herren von der CDU.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie, Herr Kollege Laumann, haben gesagt, wir sollten uns mit Ihren Anträgen beschäftigen. Das mache ich.

Rücknahme des beitragsfreien Kindergartenjahrs, Wiedereinführung der Studiengebühren. – Herzlichen Glückwunsch! Je nachdem, wie Sie es für richtig halten, wie es in Ihren Kram passt, ändern Sie Ihre Meinung. Mal sind Sie für Studiengebühren, mal sind Sie dagegen. Jetzt sind Sie wieder dafür. Mal sind Sie gegen eine Beitragsbefreiung für das Kindergartenjahr, mal sind Sie dafür, mal sind Sie wieder dagegen.

(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Herr Kollege Laumann, da ähneln Sie im Übrigen ganz der Haltung der Bundeskanzlerin. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hat vor Kurzem einen Artikel über die Politik der Bundeskanzlerin mit der Überschrift „Die Jenachdemerin“ versehen. Frei nach Wilhelm Busch.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Je nachdem, wie es Ihnen in den Kram passt, ändern Sie Ihre Politik, schlagen Sie Volten. So kann man nicht ernsthaft mit Haushaltsanträgen umgehen. Sie werden nicht erwarten, dass ich dazu noch mehr sage, meine Damen und Herren von CDU und FDP.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

– Wenn Sie das gern möchten, erinnere ich Sie daran, dass Sie jetzt bei der Wiedereinführung der Studiengebühren natürlich ein Alleinstellungsmerkmal haben. Selbst die bayerische CSU ist inzwischen aus Angst vor einem Volksentscheid davon abgewichen, und die FDP hat zugestimmt.

(Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Sie hat zugestimmt, weil sie sich einkaufen konnte, Beitragsbefreiung in den Kindertagesstätten hinzubekommen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das war das Geschäft, was dort gemacht worden ist.

Aber weil ich an dieser Stelle bin, will ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass wir, die Koalition, uns darüber freuen, dass wir bei der frühen Förderung von Kindern erfolgreiche Schritte nach vorn gemacht haben. Ministerin Ute Schäfer hat das der Öffentlichkeit gestern nach der Hereingabe der Daten aus den Jugendämtern noch einmal deutlich gemacht.

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Ja, meine Damen und Herren, obwohl von Ihnen immer wieder angezweifelt, haben wir es mit einer großen Gemeinschaftsleistung geschafft, dass Nordrhein-Westfalen die vorgegebene Quote von mehr als 144.000 Plätzen für Kinder unter drei Jahren erfüllen wird. Das ist eine große Gemeinschaftsleistung, für die wir viel Geld in die Hand genommen haben.

(Beifall von der SPD)

Dazu gehört auch, denjenigen zu danken, die es hinbekommen haben: der Ministerin, der Landesregierung, den Kommunen und den Trägern solcher Einrichtungen. – Sie haben nicht wie Sie nur herumgekrittelt. Sie haben die Ärmel aufgekrempelt und sich daran gemacht, dieses Ziel gemeinsam zu erreichen. Das ist unser gemeinsamer Erfolg. Dafür sage ein Dankeschön all denjenigen, die daran beteiligt sind.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zuruf von der SPD)

Ich will noch etwas zu einigen Anträgen von CDU und FDP sagen. Herr Kollege Laumann, Herr Kollege Laschet, den sogenannten Schulkonsens haben wir gemeinsam beschlossen. Sich jetzt vom Acker machen zu wollen, indem Sie Demografieeffekte abziehen – obwohl Sie genau wissen, dass wir diese Effekte dringend brauchen, um das durchzuführen, was wir gemeinsam verabredet haben –, das ist eine dreiste Politik, Herr Kollege Laumann, die lassen wir Ihnen nicht durchgehen!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie haben die Streichung der Mittel für das Sozialticket vorgeschlagen. Ich will gar nicht all Ihre tollen Sparvorschläge erwähnen, die einzig und allein darauf ausgerichtet sind, diejenigen zu treffen, die sich kaum wehren können und das dringend brauchen, meine Damen und Herren von der CDU.

(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Das ist ja wohl keine ernsthafte und vernünftige Politik, die Sie meinen uns vorschlagen zu können.

Die FDP setzt dem Ganzen die Krone auf. Herr Kollege Lindner, sagen Sie es doch offen: Sie wollen in Nordrhein-Westfalen die Mitbestimmung im öffentlichen Dienst wieder in einer Weise schleifen, dass wir weit zurückgeworfen werden.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Ich sage Ihnen dazu: Wir haben Nordrhein-Westfalen wieder zum Mitbestimmungsland Nummer eins gemacht. Das bleibt so. Darauf können sich die Kolleginnen und Kollegen und die Gewerkschaften verlassen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Herr Kollege Laumann, völlig überrascht hat mich Ihr Hinweis, wir sollten bei den Förderprogrammen 116 Millionen € einsparen. Sie haben das natürlich überhaupt nicht titelscharf benannt. Sie wollen mit dem Rasenmäher drübergehen, damit Sie bloß niemanden erschrecken. Herr Kollege Laumann, weil diese Landesregierung Kürzungen im Umfang von 150 Millionen € vorgeschlagen und haushaltstitelscharf benannt hat, habe ich erwartet, dass Sie uns sagen, wo wir nicht kürzen sollen, damit wir an Ihre 116 Millionen € herankommen. Auch das sind Sie uns schuldig geblieben. Herr Kollege Laumann, das ist doch Klamauk, den man nicht mehr ernst nehmen kann!

(Beifall von der SPD)

Selbstverständlich tut die Kürzung von solchen Förderprogrammmitteln denjenigen weh, die es direkt angeht, nämlich den Betroffenen, den Verbänden, den Einrichtungen und den Personen, um die es dabei geht. Ja, selbstverständlich sind auch bei uns in diesem Zusammenhang Proteste angekommen. Ich habe mit all denen geredet, die sich davon zu Recht betroffen fühlen.

Geben Sie das Herrn Röttgen doch endlich einmal mit: Es gibt keine Möglichkeit zu sparen, ohne dass es wehtut. Auch das ist doch eine Erkenntnis, die wir gemeinsam haben müssten, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir stellen uns aber der Aufgabe, bei den Betroffenen dafür zu werben, dass es auch Zustimmung gibt in dieser schmalen Gratwanderung zwischen notwendiger Haushaltskonsolidierung, Investitionen in die Zukunft und vor allen Dingen Einsparungen nach Augenmaß.

Herr Kollege Laumann, bei allem Verständnis für diejenigen, die als Auszubildende im PTA-Bereich hier stehen: Ich erwarte von den Apothekerinnen und Apothekern, dass sie sich ein Beispiel an der Bauwirtschaft und am Handwerk nehmen, die über eine Umlagefinanzierung für Berufsausbildung und deren Finanzierung sorgen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Auch das muss man denen sagen können, meine Damen und Herren!

(Beifall von der SPD)

Wir gucken nicht auf den Absender, wenn es um vernünftige Anträge geht.

(Heiterkeit von der CDU)

Nein, wir schauen nicht auf die Absender. Die Piratenfraktion hat sich an uns gewandt – ein bisschen spät, das gebe ich gerne zu. Über manches war schon nicht mehr zu entscheiden. Aber über einen ihrer Anträge werden wir nachher hier entscheiden können, und wir werden ihm zustimmen. Wo es vernünftige Vorschläge gibt, machen wir so etwas doch. Das ist doch eine vernünftige und konstruktive Arbeit. – Ich lade Sie ausdrücklich dazu ein, so etwas zu machen. Aber das geht nicht mit Klamauk meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN – Christian Lindner [FDP]: Ich bin gespannt, was das sein wird! Bestimmt Mehrausgaben!)

Herr Kollege Laumann, Sie haben vorhin eine richtige Realitätsverweigerung betrieben.

(Christian Lindner [FDP]: Oh je!)

Deshalb will ich Sie auf einen Punkt hinweisen, der für unser Land und vor allen Dingen für die Menschen im Land enorm wichtig ist. Allein in Nordrhein-Westfalen gibt es rund 300.000 sogenannte Aufstocker. Das sind Menschen, die staatliche Unterstützung brauchen, weil ihr Lohn zum Leben nicht reicht. Hätten wir, Herr Kollege Laumann, einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 €, würden wir an dieser Stelle die öffentlichen Kassen allein in Nordrhein-Westfalen um gut eine Milliarde Euro entlasten.

Herr Kollege Lindner, Sie schwadronieren so viel über Subventionsabbau. Wenn wir uns mit der FDP endlich einig wären, dass wir an dieser Stelle einmal beginnen könnten, dann lassen Sie uns gemeinsam dafür sorgen, dass dieses Subventionsangebot zugunsten privater Unternehmen ein für alle Mal beendet wird! Herr Kollege Lindner, für ein Geschäftsmodell mit Niedriglöhnen zulasten der Gemeinschaft darf in der sozialen Marktwirtschaft kein Platz sein.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Deshalb sind wir für einen flächendeckenden Mindestlohn und nicht für eine Lohnuntergrenze.

Ich will noch eines hinzufügen. Ja, es geht um gerechte Bezahlung. Das ist keine Frage. Es geht aber auch um Würde. Es ist schlicht unwürdig, wenn Menschen Vollzeit arbeiten und nach der Entlohnung noch um Aufstockung betteln müssen. Das ist weder gerecht noch sozial. Mit Blick auf das, was Sie immer propagiert haben, füge ich hinzu: Sozial ist eben nicht, was nur Arbeit schafft. Sozial ist, was gute Arbeit schafft. Und zu einer guten Arbeit gehört auch eine gerechte Entlohnung, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Das ist der Unterschied zwischen uns und Ihnen.

Ja, auch mit diesem Haushaltsentwurf machen wir deutlich: Uns geht es vor allen Dingen darum, mit den Mitteln der Landespolitik für mehr soziale Gerechtigkeit, für Chancengleichheit zu sorgen. Deshalb hat unsere Ministerpräsidentin doch völlig Recht, wenn sie die Politik dieser Regierung unter die Leitlinie stellt „Wir lassen kein Kind zurück“. Aus diesem Grunde findet Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin, mit dieser Regierung und mit dieser Koalition so viel Unterstützung bei den Menschen. Die wissen ganz genau, bei Rot-Grün steht der Mensch im Mittelpunkt und nicht der Markt. Das unterscheidet uns von Schwarz-Gelb, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, wir haben uns vorgenommen, bis zum Ende der Legislaturperiode 1 Milliarde € strukturell zu sparen. Das ist ein ambitioniertes Ziel, keine Frage, weil wir auch beim Sparen an unseren Grundsätzen festhalten. Die bleiben für die Menschen auch nachvollziehbar. Sparen ist kein Selbstzweck. Gerade in Zeiten knapper Mittel muss gelten: Wir sorgen vor, Herr Kollege Laumann, um zu sparen, und wir sparen, um vorzusorgen.

Deshalb ist auch völlig klar, dass es für uns bei den Kostenblöcken im Landeshaushalt überhaupt keine Tabus gibt. Denn, Herr Kollege Laumann, wir machen etwas ganz anders als Sie. Es war doch das Alleinstellungsmerkmal der schwarz-gelben Regierung unter Rüttgers, dass sie ihre Haushaltspolitik zulasten anderer finanziert hat, dass sie einen Raubzug durch die kommunalen Kassen veranstaltet hat, der seinesgleichen sucht. Mehr als 3 Milliarden € haben Sie denen weggenommen, vorenthalten oder durch neue Lasten aufgebürdet. Das können die doch nicht verkraften. Darunter leiden die bis heute noch, Herr Kollege Laumann! Auch das gehört zur ehrlichen Bestandsaufnahme.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, wir laden Sie ausdrücklich dazu ein. Deshalb wollen wir die landespolitische Umsetzung der Schuldenbremse so gestalten, dass Städte und Gemeinden nicht zu Ausfallbürgen des Landes bei der Erreichung dieses Ziels der Haushaltskonsolidierung werden. Es gibt also keine Tabus, vor allen Dingen gibt es aber keine Verschiebung von Lasten auf andere. Darauf kommt es an: keine Verschiebung von Lasten auf andere, wie Sie das jahrelang, Herr Kollege Papke, gemacht haben.

(Zurufe von der FDP)

Ich habe die Liste dabei, die ich Ihnen vorlesen könnte, die enthält, was Sie denen alles aufgebürdet und weggenommen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD)

Der Kollege Laumann hat sich heute ja gedrückt. Vor einigen Tagen hat er es öffentlich gemacht, dass es, Herr Kollege Laumann, wie Sie sich ausgedrückt haben, zu viele Beamtinnen und Beamte geben würde. Demgegenüber sagen wir klipp und klar – ich habe das gerade schon an Ihren tollen Personaleinsparungsmaßnahmen in Ihrer Regierungszeit deutlich gemacht –: Wir haben nicht zu viele Beamtinnen und Beamte in Nordrhein-Westfalen, die wir zur Erfüllung der Aufgaben für das Land und für die Menschen brauchen. Wir haben – Sie wissen das auch, und Ihre Anträge atmen doch diese Gewissheit aus – eher zu wenige bei der Polizei, eher zu wenige in den Schulen und eher zu wenige in der Justiz. Das ist doch alles das, was auch Sie selbst immer wieder beklagen. Dann müssten Sie das hier auch eingestehen.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Weil wir allerdings, Herr Kollege Laschet – ich gebe das doch gerne zu –, auch die Personalkosten im Blick behalten müssen, da sie fast 40 % des Landeshaushaltes ausmachen,

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Jetzt wissen wir es! Das wussten Sie 2011 auch!)

weil sie 22,9 Millionen € im Landeshaushalt binden und weil wir die Schuldenbremse einhalten, werden wir das tun, was wir immer deutlich gemacht haben, Herr Kollege Laumann: Auch der Personalkostenblock ist kein Tabu. Wir gehen aber nicht mit dem Rasenmäher über die Personalkosten, wie Sie das gemacht haben, sondern wir sagen den Beamtinnen und Beamten klipp und klar, auch bei der Übernahme dieses Tarifergebnisses für die Beamtinnen und Beamten, die wir sozial gestaffelt vornehmen werden: Wir werden in den zwei Jahren auch dafür sorgen und dafür die Garantie übernehmen werden, dass es keinen Personalabbau gibt. Auch das gehört mit zur Wahrheit, wenn es hier über die Frage eine Diskussion gibt, wie der Tarifvertrag übernommen wird.

(Beifall von der SPD)

Ich füge eines hinzu: Ich habe ein paar Jahre als Gewerkschaftssekretär gearbeitet, ein paar Jahrzehnte, Herr Kollege Laumann. Ich habe viel Erfahrung im Umgang damit, wie schmal der Grat ist zwischen notwendiger Beschäftigungssicherung und Einkommenszuwachserwartungen und Einkommenserhöhungen. Wenn wir uns umsehen im Land, wo gerade solche tariflichen und betrieblichen Auseinandersetzungen laufen mit dem Ziel, Beschäftigung zu sichern, dann wissen wir, wovon wir reden.

Ich weiß ganz genau, dass dieser schmale Grat auch nur deshalb verantwortlich von den Gewerkschaften, den Betriebsräten und den Personalräten bei der Frage der Gestaltung von Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen eingehalten worden ist, weil es eine Balance gegeben hat. Deshalb sage ich dazu mit allem Freimut: Das, was wir an Übertragung des Tarifergebnisses im öffentlichen Dienst für die Beamtinnen und Beamten vorschlagen, ist sozial ausgewogen und vor diesem Hintergrund auch zu verantworten. Ich habe kein Problem damit, das auch den Kolleginnen und Kollegen zu sagen, meine Damen und Herren

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Auf den letzten Punkt möchte ich gerne hinweisen, weil die Frage der Übernahme eines Tarifvertrages das eine ist. Aber sie macht natürlich auch deutlich, dass der öffentliche Dienst in unserem Land es auch verdient hat, dass wir uns mit ihm gemeinsam darüber klar werden, wie wir ihn zukunftsfest und wie wir ihn auch attraktiv für junge Leute bekommen. Da gehört vieles auf den Prüfstand. Selbstverständlich gehören die Aufgaben auf den Prüfstand, die vom öffentlichen Dienst zu erledigen sind. Selbstverständlich gehören auch die Leistungen auf den Prüfstand, die vom Land an die Bediensteten erbracht werden.

Deshalb füge ich hinzu: Ja, wir wollen und werden das, was wir große Dienstrechtsreform nennen, gemeinsam mit den Personalräten und mit den Gewerkschaften auf den Weg bringen, weil es uns darum geht, einen zukunftsfesten, eine attraktiven öffentlichen Dienst hier im Land zu haben, den die Kolleginnen und Kollegen, die darin arbeiten, auch als solchen empfinden.

Von daher ist eines ganz wichtig – das ist auch an die Adresse derjenigen gerichtet, die im öffentlichen Dienst Verantwortung haben: Wir bleiben bei dem, was wir zugesagt haben.

(Lachen von der CDU und der FDP)

Dazu gehören auch die Leistungen, auf die dringend gewartet wird. Sie kennen das noch nicht im Einzelnen. Ich sage es Ihnen, damit Sie es wissen. Dazu gehört beispielsweise die Frage der Ruhegehaltsfähigkeit von Zulagen. Dazu gehören auch die Frage von Sonderzahlungen, die Einarbeitung in Grundgehälter und anderes mehr. Das machen wir sehr vernünftig, sehr zielorientiert und vor allen Dingen auf Augenhöhe mit denjenigen, die in den Gewerkschaften und in den Betrieben Verantwortung tragen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich fasse zusammen: Dieser Haushalt wird den Herausforderungen unserer Zeit gerecht. Er enthält wichtige Zukunftsinvestitionen, die unser Land, die die Menschen dringend brauchen, Einsparungen nach Augenmaß und vor allen Dingen eine Perspektive weit über das Jahr 2013 hinaus. Ich bitte um Zustimmung zu diesem Haushalt. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Langanhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Römer. – Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Herr Abgeordneter Lindner.

Christian Lindner (FDP): Herr Präsident! Verehrte Damen, meine Herren! Herr Kollege Römer, Sie haben in Ihrer Rede gemahnt, keine Lasten auf andere zu verschieben. Das ist bemerkenswert für den Redner einer Partei, die alle Lasten auf die Zukunft verschiebt und damit auf künftige Generationen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das sind Menschen, die auch ein Recht auf einen handlungsfähigen Staat haben.

(Zuruf von Reiner Priggen [GRÜNE])

Die Kontraste in der Haushaltspolitik sind in der vergangenen Woche gewissermaßen symbolhaft deutlich geworden. Während hier in Nordrhein-Westfalen zum dritten Mal in Folge ein Landeshaushalt für verfassungswidrig erklärt wird, hat die schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin die Weichen für den strukturellen Haushaltsausgleich im Jahr 2014, für den Stopp der Neuverschuldung im Jahr 2015 und für einen erwarteten Haushaltsüberschuss von 9,4 Milliarden € im Jahr 2017 gestellt.

(Beifall von Walter Kern [CDU])

Während fast alle Länder inzwischen einen Fahrplan zum Erreichen der Schuldenbremse vorgelegt haben, während der Bund große und schnellere Fortschritte beim Einhalten der Schuldenbremse vorweisen kann,

(Widerspruch von der SPD)

gibt es aus Nordrhein-Westfalen nichts dergleichen zu vermelden. Frau Kraft, mit dieser Art des Wirtschaftens sind Sie inzwischen die finanzpolitische Geisterfahrerin der Republik geworden.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Bei Rot-Grün hat das im Übrigen System über dieses Land hinaus. Auf der europäischen Ebene verniedlicht der Herausforderer von Angela Merkel, wenn Frankreich wiederum die Defizitkriterien des Maastricht-Vertrags verletzt. Im Bundesrat hat die rot-grüne Landesregierung von Nordrhein-Westfalen mit dafür gesorgt, dass Deutschland den Fiskalvertrag, der Schuldenbremsen in alle europäischen Verfassungen bringen soll, nicht ratifizieren kann.

(Zuruf von der SPD: Bravo!)

In der Bundespolitik wollen Sie mit Ihren Wahlprogrammen die historisch beispiellose Steuererhöhung von 40 Milliarden € durchsetzen – aber nicht, um die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren, sondern um beispielsweise mit 7,4 Milliarden € – nach Forderung der Grünen – die Hartz-IV-Regelsätze zu erhöhen. Hier in Nordrhein-Westfalen verstoßen Ihre Versprechungen auf Pump gegen den ökonomischen Sachverstand und die Verfassung, Frau Kraft.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Auf keiner politischen Ebene haben Sozialdemokraten und Grüne die Konsequenzen aus der europäischen Staatsschuldenkrise gezogen.

(Beifall von der FDP)

Bei diesem Landeshaushalt kann man das wie unter einem Brennglas sehen. Sie verfügen in diesem Jahr 2013 über 8 Milliarden € Steuereinnahmen mehr, als Schwarz-Gelb es bei der letzten mittelfristigen Finanzplanung im Jahr 2010 erhoffen konnte. Sie haben ein historisch beispiellos niedriges Zinsniveau und einen außerordentlich robusten Arbeitsmarkt. Trotzdem müssen Sie in diesem Jahr 3,4 Milliarden € neue Schulden aufnehmen, weil Sie die erfolgreiche Konsolidierungspolitik der Jahre 2005 bis 2010 beendet und mit dem Landeshaushalt planlos Geld verteilt haben, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist der Grund dafür, dass Sie jetzt diese historisch günstige Lage nicht nutzen können.

Der Finanzminister bemüht sich, die Folge dieser Politik auch noch zu beschönigen. Er sagt beispielsweise laut Bonner „General-Anzeiger“ vom 17. Januar – ich zitiere –: Schulden seien kein Drama. Das Problem löse sich über die Geldentwertung.

(Lachen von der FDP)

Herr Finanzminister, für wie naiv halten Sie eigentlich die Bürgerinnen und Bürger?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wann soll der Staat denn mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler auskommen können? Wann, wenn nicht jetzt in einer historisch einmaligen Lage? Möglicherweise werden wir auf lange Zeit nicht mehr so günstige Bedingungen vorfinden, um nachhaltige Fortschritte bei der Sanierung der öffentlichen Finanzen zu machen. Diese günstige Gelegenheit verspielen Sie. Das ist fahrlässig und verantwortungslos gegenüber zukünftigen Generationen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Weil Sie den Konsolidierungspfad verlassen haben, Herr Finanzminister und Frau Kraft, kommen Sie jetzt zunehmend in Probleme der Prioritätensetzung Ihrer Politik. Sie werden in den nächsten Jahren immer öfter vor die Wahl gestellt werden, entweder die Verfassung zu brechen, weil Sie Ihre Versprechen auf Pump finanzieren, oder Ihr Wort zu brechen, weil Sie trotzdem an Grenzen stoßen. Am Ende wird beides zusammenfallen – der Verfassungs- und der Wortbruch –, weil Sie nämlich im größten Bundesland eben nicht nachhaltig wirtschaften, weil Sie Chancen verbrauchen, statt Chancen zu schaffen!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Meine Damen und Herren, das neuerliche Urteil des Verfassungsgerichts hat der Finanzminister mit einer Nonchalance aufgenommen, die uns zum Erstaunen gebracht hat.

(Zuruf von der CDU: Das ist ein Skandal!)

Man muss sich Folgendes vor Augen führen, Herr Finanzminister: Ihnen ist ein Bruch der Verfassung, auf die Sie einen Eid geschworen haben, nachgewiesen worden. Jetzt laden Sie uns ein, in einer Verfassungskommission darüber nachzudenken, eine Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen. Warum sollen wir uns einer solchen Debatte mit Ihnen stellen, wenn für Sie unsere Landesverfassung ohnehin nur so eine Art unverbindliche Preisempfehlung ist? Was haben wir eigentlich von einer Schuldenbremse in der Landesverfassung zu erwarten,

(Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

wenn Sie schon die bisherigen Regeln in der Landesverfassung missachten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Im Übrigen, Herr Finanzminister: Mit welcher moralischen Autorität können Sie eigentlich persönlich noch über Steuerstraftäter urteilen, wenn Sie selber ein Wiederholungstäter beim Verfassungsbruch sind?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Aus der moralischen Perspektive sind der Steuersünder und der Schuldensünder auf einer Stufe, Herr Walter-Borjans.

Ich rege im Übrigen vor diesem Hintergrund an – wir führen ja jetzt Gespräche über die Verfassungskommission und ihren Auftrag –, dass wir in diesen Beratungen – wir waren ja auch bei anderen Fragen der Rechtsetzung Pioniere in Nordrhein-Westfalen –, darüber nachdenken, welche wirksamen Sanktionsmechanismen wir in unsere Landesverfassung aufnehmen können, damit der Bruch der Verfassung durch die Landesregierung nicht dauerhaft folgenlos bleibt. Eine Schuldenbremse jedenfalls, die nur auf dem Papier besteht, eine Schuldenbremse im Belieben des Finanzministers, eine solche Schuldenbremse brauchen wir nicht in der Verfassung. Dazu reichen wir nicht die Hand.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, was hat sich seit der ersten Lesung des Landeshaushalts verändert? Der Finanzminister hat Einsparungen konkretisiert. Er spart im 60-Milliarden-€-Etat 152 Millionen €. Dazu schreiben die „Aachener Nachrichten“, dies seien – Zitat – Einsparungen im „kleinkalibrigen Format einer Portokasse“. Bei diesen Einsparungen von 152 Millionen € ist nun bemerkenswert, wo und wie Sie diese Einsparungen erbringen.

Zum Beispiel muss die Kinder- und Jugendministerin Konsolidierungsbeiträge erbringen, im Straßenbau wird gespart, bei der Kultur und beim Denkmalschutz wird gespart. Frau Kraft, das war Ihr erster Wortbruch; denn Sie haben noch in Ihrem Koalitionsvertrag den Kulturschaffenden, der Szene im Land versprochen, genau da werde nicht gekürzt.

Trotz steigender Studierendenzahlen in Nordrhein-Westfalen bleiben die Kompensationsmittel nach der Abschaffung der Studienbeiträge konstant. Die Bildungssituation verschlechtert sich also an unseren Hochschulen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Geld haben Sie aber für anderes. Ihre Konsolidierungsbemühungen muss man ja mit den Vorhaben, für die es zusätzliches Geld gibt, vergleichen. Um nur ein Beispiel zu nennen: Aus dem Kleingedruckten Ihres Haushalts werden mal eben so für die Landesministerien 76 zusätzliche Stellen für die Apparate geschaffen, und zwar nicht nach Bedarfsprüfung und Aufgabenkritik, sondern sie werden quotal über die Ministerien verteilt. Das ist jetzt Ihre „vorsorgende Sozialpolitik“, Frau Kraft.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Investieren in die Apparate, Sparen bei Köpfen, Kindern und Kultur – das ist das genaue Gegenteil der vorsorgenden Sozialpolitik, die da lauten sollte: Sparen bei den Apparaten und Investieren in Kinder, Köpfe und Kultur, meine Damen und Herren.

(Fortgesetzt Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist zumindest die Prioritätensetzung, die wir Ihnen vorgeschlagen haben.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Alles nur eine Inszenierung! Und wo bleibt die Substanz?)

– Sehr verehrte Frau Beer, es ist ein großes Paar Schuhe, das Johannes Remmel als der empörungspolitische Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Ihnen hinterlassen hat. Aber ich konstatiere Ihnen: Langsam wachsen Sie mit Ihren Zwischenrufen da hinein.

(Marc Herter [SPD]: Die Rolle steht Ihnen besonders gut, Herr Lindner!)

Meine Damen und Herren, wir haben Ihnen vorgeschlagen – und das, Kollege Römer, heißt Sparen, um neue Chancen zu schaffen –, im Landeshaushalt die zahlreichen Umverteilungsvorhaben und den zum Teil erheblichen Stellenaufwuchs – ich komme später noch einmal dazu – zurückzunehmen, um mit diesem Geld eine zusätzliche Zukunftspauschale in das Gemeindefinanzierungsgesetz aufzunehmen. 100 Millionen € für Köpfe, Kinder, Kultur und Konjunktur in Kommunen. Da, wo konkret in Kultur, in Kinderförderung investiert werden kann, wo gemeindliche Infrastruktur erhalten werden muss, wollen wir investieren, nicht in Apparate, nicht in Umverteilungsprogramme im Landeshaushalt. Ich bin sicher: Unser Programm, das konkret vor Ort die kommunale Selbstverwaltung stärkt, ist auch hinsichtlich seiner sozialen Rendite all Ihren Maßnahmen überlegen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Römer hat eben gerühmt, dass Sie sich zusammengesetzt und den Haushalt ausgepresst hätten. Auf der Zielgeraden haben Sie noch einmal 168,5 Millionen € erwartbare Minderausgaben etatisiert,

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Erwartbar!)

indem Sie beispielsweise die Ersparnisse durch das niedrige Zinsniveau aufgenommen haben. Die Frage, die ja Ihre Ernsthaftigkeit bei der Konsolidierung des Haushalts beantworten soll, lautet nun: Was ist mit diesen 168,5 Millionen € passiert? Die wurden dazu genutzt, um ursprüngliche Sparvorhaben in Höhe von 60 Millionen € zu reduzieren. Dazu schreibt „wdr.de“ – Zitat –: „Rot-Grün spart weniger als ursprünglich beabsichtigt“. In meinen Worten: Am Ende der Beratungen ist Rot-Grün noch unsolider, als ursprünglich befürchtet!

(Beifall von der FDP und der CDU)

Seit der ersten Lesung des Landeshaushalts haben wir auch neue Entwicklungen bei der Portigon AG, für die der Finanzminister seit 2010 die strategische Verantwortung übernommen hat.

Wir werden jetzt nicht über die WestLB in ihrer langen Zeitreihe debattieren müssen. Dazu haben wir einen Untersuchungsausschuss. Aber seit 2010 stehen Sie, Herr Finanzminister, in der politischen Verantwortung. Die FDP-Fraktion hat als einzige Fraktion dieses Hauses sowohl Ihrem Eckpunktepapier als auch dem Gesetz im vergangenen Jahr nicht zugestimmt, weil wir hinsichtlich der Tragfähigkeit des Geschäftsmodells Bedenken hatten, weil wir es nicht verstanden haben, Herr Finanzminister, dass Sie und das Land als Minderheitseigentümer der WestLB trotzdem für 90 % des Personals Verantwortung übernehmen wollten. Das waren die Gründe dafür, warum wir nicht zugestimmt haben. Das ist nicht lange her.

(Beifall von der FDP)

Jetzt können wir feststellen: Alle Ihre Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Für den Umgang mit dem Personal verfügen Sie über keinerlei Konzept, Herr Finanzminister.

(Beifall von der FDP)

Haben Sie in der Frage der WestLB überhaupt noch die Kontrolle? – Ich nenne zwei Beispiele: Der Betriebsrat und ver.di beklagen, dass für ein Viertel der Beschäftigten keine sinnvolle und produktive Beschäftigungsmöglichkeit im Unternehmen besteht. 90 % wollten Sie haben. Jetzt stellen wir fest: Sie sind nicht in der Lage, alle sinnvoll im Geschäftsmodell der Portigon zu beschäftigen.

(Lachen von Minister Dr. Norbert Walter-Borjans)

– Darüber lachen Sie, aber das ist die Realität.

Es gibt jetzt Personalanpassungen, die sogar über die ursprünglichen Pläne hinausgehen. Sie haben die Überlegung angestellt, 450 ehemalige Landesbankbeamte, die im Durchschnitt gut 86.000 € verdienen und noch zwölf bis 17 Jahre produktiv tätig sein können, hochbezahlt in den Ruhestand zu entlassen, während Sie im Landeshaushalt Neueinstellungen vornehmen. Vor dem Hintergrund der Finanzlage des Landes ist das bizarr und gegenüber den Beschäftigten unverantwortlich.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Lage bei Portigon erhellt noch mehr. Kollege Römer, Sie haben eben wieder das hohe Lied der – wie Sie es mit Ihrem Terminus bezeichnen – „guten Arbeit“ angestimmt. Auch in Ihrem Koalitionsvertrag und Ihren Wahlprogrammen sprechen Sie sich gegen prekäre Beschäftigung aus. Wer könnte etwas dagegen haben? – Aber hier geht es ja nicht um soziale Rhetorik, sondern es geht um soziale Ergebnisse. Auch bei Hannelore Kraft vergeht kein Sonntag, an dem sie nicht als soziales Gewissen der Republik auftritt. Immer wenn ein Unternehmen in Nordrhein-Westfalen Beschäftigung abbauen muss, kann man sich sicher sein, dass der sozialpolitische Bannstrahl aus Düsseldorf auf dieses Unternehmen gerichtet wird. Das ist Ihre Kulisse.

Aber wie verhält es sich eigentlich, wenn das Land Nordrhein-Westfalen als Arbeitgeber selber in der Verantwortung steht? – Bei Portigon gibt es 400 Beschäftigte mit einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 20 Jahren. Denen war damals über eine Betriebsvereinbarung zugesagt worden, dass sie wie im öffentlichen Dienst unkündbar sind. Aber jetzt, Herr Finanzminister, sagen Sie, dass Sie sich daran nicht mehr gebunden fühlen, sondern betriebsbedingte Kündigungen für diese 400 Beschäftigten prüfen wollen. Dagegen klagen der Betriebsrat und ver.di. Ich sage voraus, dass das nach Bettensteuer und Landeshaushalt Ihre dritte Niederlage werden wird.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vor allen Dingen geht es um eine Frage der Glaubwürdigkeit: Wie können denn Sozialdemokraten hier auftreten und über „gute Arbeit“ sprechen, private Arbeitgeber kritisieren, wenn Sie selber als Arbeitgeber Beschäftigte wie die ostelbischen Junker ihre Stiefelknechte behandeln? Das ist doch Ihr Glaubwürdigkeitsproblem!

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Nein, diesen Menschen wollen und müssen wir Beschäftigungsperspektiven bieten. Die werden ohnehin vom Land bezahlt. Also müssen Möglichkeiten geschaffen werden – vielleicht auch nach dem Vorbild des früheren und von Ihnen abgeschafften Personaleinsatzmanagements –, diese Beschäftigten sinnvoll in der Landesverwaltung einzusetzen. Es gab Vorschläge unserer Fraktion beispielsweise für den Bereich der Finanzverwaltung. Das wäre ein humaner Umgang mit diesen Menschen, die die Misere und das schlimme Schicksal der WestLB persönlich nicht zu verantworten haben.

(Beifall von der FDP – Widerspruch von Reiner Priggen [GRÜNE])

– Herr Priggen, Sie schütteln wieder mit dem Kopf. Ich weiß genau, was gleich wieder kommt. Ich sage dem staunenden Publikum dort oben: Der Kollege Priggen schreibt nie eine Rede, in der er konzeptionell über den Landeshaushalt spricht, sondern der macht sich während der gesamten Debatte nur Notizen, um anschließend mit spöttischen Bemerkungen zu reagieren. Das kann ich schon voraussehen. Aber wissen Sie, Herr Priggen, gerade in der Frage des Arbeitsmarktes sollte ihre nordrhein-west­f­älische Partei mit ganz viel Demut argumentieren. Ich habe es genau verfolgt, dass Sie in Ihren Wahlprogrammen immer für einen Mindestlohn von 8,50 € eintreten, aber bei Bärbel Höhn ein Praktikant für den Wahlkampf für 4 € beschäftigt werden sollte.

(Beifall von der FDP – Demonstrativer Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Offensichtlich ist Ausbeutung dann gut, wenn sie grüner Ideologie dient. Aber diese Form der Doppelmoral werden wir Ihnen nicht durchgehen lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am Montag wurden die Ergebnisse und Folgen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst für den Haushalt 2013 dargelegt. In der Verlautbarung der Landesregierung vom Montag heißt es – ich zitiere –: „Die SPD-grüne-Landesregierung hält einen massiven Personalabbau auch deshalb nicht für vertretbar, da Nordrhein-Westfalen im Vergleich mit anderen Ländern bereits eine schlanke Landesverwaltung hat. Mit 16,08 Stellen pro 1.000 Einwohner sind bei uns im Verhältnis weniger Menschen in der Landesverwaltung beschäftigt als im Durchschnitt der anderen Flächenländer.“ – Zitat Ende.

Was wollen Sie uns mit dieser Statistik eigentlich sagen? Was besagt diese Statistik eigentlich genau? – Um nur einmal ein Beispiel zu nennen: In Nordrhein-Westfalen kommen auf einen Minister 1,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger. In Rheinland-Pfalz kommen auf einen Minister 500.000 Bürgerinnen und Bürger. Das sind ganz normale Größeneffekte, die keine Aussagekraft für die Effizienz der Landesverwaltung haben.

Herr Finanzminister, wenn Sie diese Art des Benchmarking ernst nehmen würden, müsste Nordrhein-Westfalen als größtes Bundesland bei dieser Statistik an der Spitze aller Bundesländer stehen, weil die anderen Länder diese Größeneffekte nicht nutzen können.

(Minister Dr. Norbert Walter-Borjans: Bayern!)

– Sie fragen: Was ist denn mit Bayern? Genau darauf komme ich jetzt zu sprechen. Wenn wir einen echten Vergleich machen, müssen wir die Ausgabenseite der öffentlichen Haushalte betrachten. Dann müssen wir im Übrigen auch die Länder mit ihren Gemeinden gemeinsam betrachten, Herr Finanzminister; denn in den Ländern gibt es ganz unterschiedliche Kommunalisierungsgrade. In Nordrhein-Westfalen ist der Kommunalisierungsgrad bekanntlich außerordentlich hoch – höher als in anderen Bundesländern.

Wenn wir die Ausgaben der Länder vergleichen, ergibt sich eine ganz andere Betrachtung. Die Pro-Kopf-Ausgaben nahezu aller Flächenbundesländer inklusive ihrer Gemeinden liegen unterhalb derer in Nordrhein-Westfalen. Herr Finanzminister, Sie haben „Bayern“ zugerufen. Bayern gibt pro Einwohner 453 € weniger aus als Nordrhein-Westfalen. Sachsen gibt pro Einwohner 671 € weniger aus als Nordrhein-Westfalen. Das sind 8 bzw. 12 % weniger Ausgaben pro Kopf bei Ländern und Gemeinden als in Nordrhein-Westfalen.

(Heike Gebhard [SPD]: Weil sie niedrigere Soziallasten haben!)

Wenn Sie wissen wollen, warum Bayern und Sachsen im Gegensatz zu Ihnen bereits Altschulden tilgen können, dann liegt hier der Grund: Dort gibt es Ausgabendisziplin. Ausgabendisziplin brauchen wir in Nordrhein-Westfalen auch endlich wieder.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Allerdings gestehe ich Ihnen zu, dass Sie zumindest in einer Hinsicht die Kosten im Blick behalten haben, nämlich bei der Übertragung der Tarifabschlüsse auf die Beamtinnen und Beamten. Da wird Ihnen jetzt aber zu Recht Wortbruch vorgeworfen, Frau Kraft.

(Heike Gebhard [SPD]: Falsch!)

Ich sage Ihnen: Wir haben historisch die höchsten Steuereinnahmen. Wir haben eine außerordentlich gute Wachstumsperiode hinter uns. Daran haben alle Menschen einen fairen Anteil verdient, egal ob sie in der privaten Wirtschaft beschäftigt sind oder im öffentlichen Bereich.

Sie verweigern den Menschen diesen fairen Anteil mit folgender Begründung – ich zitiere –: Die vorgeschlagene Abstufung folgt dem Leitgedanken, dass stärkere Schultern mehr tragen können als schwache.

Wieder die starken Schultern! Dieses Argument kennen wir von Ihnen. Wir kennen es aus der Debatte, die wir hier über die Dämpfung der kalten Progression geführt haben. Da hat Herr Mostofizadeh gesagt: Nein, das können wir nicht machen; das würde die starken Schultern begünstigen; das wollen wir nicht. – Bei der Frage von Steuererhöhungen im Bund sprechen Sie ebenfalls davon, dass die starken Schultern mehr tragen müssen. Diese Art der Argumentation ist also nicht neu.

Neu ist, dass wir jetzt endlich wissen, wen exakt Sie mit den starken Schultern meinen. Starke Schultern beginnen bei Ihnen ab A13. Starke Schultern hat man, wenn man in Nordrhein-Westfalen ab 3.234,59 € im Monat verdient.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: So sind sie!)

Ab etwas über 3.000 € gerät man bei Ihnen ins Visier der Umverteilung – weg vom privaten Portemonnaie, hin zum Staat.

Wenn Sie aber bereits Leute mit so einem durchschnittlichen Einkommen als die Objekte Ihrer Umverteilungspolitik begreifen, zeigt das nur, wie weit Sie sich von der Lebenswirklichkeit der Mittelschicht in Deutschland entfernt haben. Sie sparen nur an einem, nämlich an Leistungsgerechtigkeit. Das werden wir Ihnen in der Wahlauseinandersetzung dieses Jahres nicht durchgehen lassen.

(Lebhafter Beifall von der FDP und der CDU)

Frau Kraft, Herr Finanzminister, bei Ihrer Pressekonferenz haben Sie weiter ausgeführt – ich zitiere –: Stellenabbau wollen wir nicht.

Das war ehrlich, aber eine Untertreibung; denn seit 2010 haben Sie 2.000 zusätzliche Stellen geschaffen. Auf 76 Stellen, die quotal auf die Ministerien verteilt werden, hatte ich hingewiesen. Sie setzen 442 kw-Vermerke in diesem Landeshaushalt mal eben so ab. Das zeigt: Von Personalabbau kann bei Ihnen keine Rede sein. Sie bauen Personal auf.

Weiter heißt es – das ist allerdings beachtenswert; das ist eine Delikatesse, wie ich finde – im Zusammenhang mit den Personalausgaben – Zitat –, Aufgabenkritik und Effizienzverbesserungen bei einzelnen Behörden seien nicht ausgeschlossen.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP)

Ich muss sagen: Damit machen Sie dem Effizienzteam wirklich ehrgeizige Vorgaben. Denen werden bei dieser ambitionierten Ansage der Landesregierung jetzt die Schweißperlen auf der Stirn stehen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Finanzminister, genau in diesem Punkt unterscheiden wir uns aber. Während Sie Aufgabenkritik und Effizienzverbesserung bei einzelnen Behörden nicht ausschließen, wollen wir als Freie Demokraten Effizienzsteigerung und Aufgabenkritik bei allen Landesbetrieben und allen Landesbehörden. Das macht den Unterschied aus. Für uns ist es nicht die Kür, sondern die Pflicht, die Effizienz öffentlicher Aufgabenerfüllung zu verbessern. Bei dieser Frage versagen Sie. Da haben Sie noch nicht einmal den Willen, etwas zu tun.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir haben deshalb beantragt, wieder 2 % im Kernhaushalt des Landes einzusparen, also etwa 600 Stellen in jedem Jahr. Als wir das in der Zeit unserer Regierungsverantwortung von 2005 bis 2010 gemacht haben, hat sich niemand darüber beklagt, in Nordrhein-Westfalen gebe es plötzlich zu wenig Bürokratie. Breite Proteste gegen die Verschlankung der Landesverwaltung gab es nicht.

(Norbert Römer [SPD]: Wo haben Sie gewohnt? – Marc Herter [SPD]: Sie sind immer in die Tiefgarage gefahren und haben das nicht mitgekriegt!)

So etwas gab es nicht. Das zeigt: Wir haben dort noch Reserven, die zu heben Sie sich weigern.

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Es ist unglaublich, wie Sie sich die Welt zurechtbiegen!)

Ich dachte immer, es sei Common Sense, dass die Bürokratie verschlankt werden muss. Inzwischen habe ich den Eindruck, dass das bei Ihnen gar nicht mehr ohne Weiteres der Fall ist. Darauf bin ich gekommen, als ich die Einladung zu einer Veranstaltung aus dem Aufgabenbereich des Innenministers gesehen habe, die vor wenigen Tagen stattgefunden hat. Da gab es tatsächlich ein Herner Gespräch mit dem Titel „Mehr Bürokratie wagen – Beiträge zu einer affirmativen Bürokratiekritik“.

(Heiterkeit von der FDP)

Das haben noch nicht alle verstanden. Ich wiederhole: „Mehr Bürokratie wagen – Beiträge zu einer affirmativen Bürokratiekritik“, eine Veranstaltung aus dem Bereich des Innenministeriums.

Bei dieser Veranstaltung durfte Frau Düker von den Grünen, die einzige aktive Politikerin, bei Häppchen über das parlieren, was die Grünen am liebsten haben, nämlich Apparate und die Bevormundung der Bürgerinnen und Bürger. Dafür gibt es in diesem Landeshaushalt Geld.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Für solche Veranstaltungen geben Sie Geld aus.

Ich sage Ihnen: Sie leisten etwas für den weltweiten Klimaschutz und für die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte, wenn Sie uns zukünftig solche heiße Luft ersparen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Im Übrigen – vielleicht kann Herr Remmel das beantworten –: Herr Remmel, war diese Veranstaltung, die ich gerade genannt habe, eigentlich schon klimafreundlich? Das müssen Sie beantworten können, denn Ihr Haus entwickelt ja gerade einen Leitfaden für die klimafreundliche Veranstaltung der Landesregierung.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP)

In diesem Leitfaden wird – das ist keine Fiktion, sondern es ist die harte Realität des Landes Nordrhein-Westfalen –

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

zukünftig bei jeder Veranstaltung der Landesregierung abgefragt, mit welchen Verkehrsmitteln denn die Besucher anzureisen gedenken. Ich kann den Bürgerinnen und Bürgern nur empfehlen – wenn Sie sich zukünftig für eine solche Veranstaltung zurückmelden, weil sie sie besuchen wollen, und wenn Sie etwas für den Landeshaushalt tun wollen –, anzukreuzen: „Ich bin zu Fuß gekommen“, selbst wenn Sie aus Bielefeld angereist sind. Denn sonst werden CO2-Zertifikate auf Pump für Sie, für Ihre Teilnahme gekauft.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

In Landeshaushalt sind jetzt bereits 115.000 € für den Kauf von Klimazertifikaten etatisiert.

(Minister Johannes Remmel: Das hat doch Ihre Regierung entschieden! – Lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

– Herr Remmel!

(Minister Johannes Remmel: Das ist nicht von mir! Das ist eine Schweinerei! Das haben Sie entschieden! – Fortgesetzt lebhafte Gegenrufe von der CDU und der FDP)

– Herr Minister Remmel, bitte zügeln Sie sich etwas auf der Regierungsbank. Aus Ihrer Aufregung, Herr Remmel, spricht das schlechte Gewissen nach Ihrer Japan-Reise.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist doch der Grund. 115.000 € Klima-Zertifikate, 115.000 Klima-Zertifikate für Dienstreisen der Landesregierung. Und diese 115.000 € werden zu Ihrer Gewissensberuhigung auf Pump finanziert. So stellen wir uns Generationengerechtigkeit nicht vor, meine Damen und Herren, dass zukünftige Generationen für Ihr schlechtes Gewissen zahlen müssen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Verzichten Sie lieber auf solche Veranstaltungen und auf diese Zahlungen! Dann haben Sie wirklich etwas für die Nachhaltigkeit im Land Nordrhein-Westfalen getan.

(Minister Johannes Remmel: Unglaublich! – Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Ich will eine weitere überflüssige Ausgabe exemplarisch nennen. Frau Löhrmann, wir haben im Landeshaushalt 7 Millionen € für Vorhaben zur Vorbereitung der leistungslosen Schule in Nordrhein-Westfalen gefunden.

(Zuruf von Sigrid Beer [GRÜNE])

Zahlreiche Projekte, Stellen, Vorhaben, um Ihr Ziel der leistungslosen Schule umzusetzen.

Die Debatte hat in den vergangenen Wochen eine gewisse Prominenz erfahren, auch durch Äußerungen, die Sie getätigt haben. Sie haben ja gesagt: Sitzenbleiben sei Zeitverschwendung. Überraschenderweise, auch für uns überraschend, sagen 85 % der Schülerinnen und Schüler und der Studierenden, dass sie das überhaupt nicht als eine Zeitverschwendung empfinden. Es widerspricht deren Gerechtigkeitsempfinden, dass auch diejenigen weiterkommen, die sich überhaupt nicht anstrengen. Sie betrachten die Klassenwiederholung gelegentlich auch als eine zweite Chance.

Frau Löhrmann, das, was Sie hier vorhaben, leistungslose Schule ohne Ziffernnote, ohne Prüfung, ohne Sitzenbleiben führt in Ihrem Weltbild vielleicht zu mehr Humanität, in der Praxis aber zu Frustration.

(Beifall von der FDP)

Deshalb sammeln Sie das Geld ein und investieren Sie es am besten in Bildungsqualität konkret!

(Ministerin Sylvia Löhrmann: Ein Blick in die Schulgesetze würde helfen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Kraft, ein zentrales Element Ihrer Haushaltspolitik ist die Suche nach Einnahmeverbesserungen. So haben Sie bei Ihrer Pressekonferenz am Montag wieder geschrieben: Einnahmeverbesserungen. Was heißt das im Einzelnen? Sie spielen Lotterie beim Ankauf der Steuer-CDs und hoffen da auf das große Los. Sie wetten auf niedrige Zinsen. Und in der Bundespolitik pokern Sie und setzen alles auf die eine Karte: Steuererhöhungen.

Auch die einzige Maßnahme der aktiven Wirtschaftsförderung, an die ich aus dem vergangenen Jahr erinnere, passt in dieses Programm, nämlich die zusätzliche staatliche Spielbank in Köln. Das mögen Sie Finanzpolitik nennen. Aus unserer Sicht ist das aber eine Art des Glückspiels.

Herr Finanzminister, Sie sollten wissen: Wie beim Roulette gewinnt immer die Bank. Es ist nicht seriös, was Sie hier machen. Es ist Spekulation.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Im Bund gibt es jetzt breitflächige Vorschläge zu Steuererhöhungen – ich hatte es eingangs gesagt –: 40 Milliarden €. Peer Steinbrück sagt, bei der Vermögensteuer sollen die Betriebsvermögen ausgenommen werden. Gleichzeitig will er aber 10 Milliarden € mit dieser einen Maßnahme erlösen. Herr Finanzminister, das steht …

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Woher haben Sie denn die Zahlen?)

– Von der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag. 10 Milliarden € will er erlösen. Wie geht das?

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

– Wie viel wollen Sie denn erlösen, Frau Kraft? Wie lautet denn die Zahl, wenn Sie nur die Privatvermögen nehmen? Wenn Sie sich schon in die Debatte einschalten, dann erläutern Sie uns bitte einmal rechtlich, wie es denn geht, dass bei der Erbschaft­steuer die Trennung zwischen Privat- und Betriebsvermögen laut Bundesverfassungsgericht problematisch ist, wenn Sie das bei der Vermögensteuer aber machen, alles unproblematisch sein soll?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Erläutern Sie uns mal Ihre rechtliche Expertise! Dann bekommen Sie von uns einen Ehrendoktor. Gerade bei der Erbschaftsteuer will ich hier eine Feststellung unterstreichen: Einen aktuellen Handlungsbedarf bei der Erbschaftsteuer gibt es in meinen Augen nicht. – Zitat Garrelt Duin, drei Tage her!

(Beifall von der FDP)

Vor drei Tagen hat der Wirtschaftsminister dieses Landes diese bemerkenswerte und zutreffende Feststellung in einem Interview mit dem „handelsjournal“ gemacht.

Sehr verehrter Herr Duin, wir beglückwünschen Sie zu dieser Erkenntnis, müssen Sie aber fragen, in welchem Verhältnis Ihre Erkenntnis zum SPD-Wahlprogramm und zur Politik dieser Landesregierung steht.

(Beifall von der FDP)

Wir wünschen uns von Ihnen Aufklärung, wie Sie Ihren Worten Taten folgen lassen wollen.

Um keinen Zweifel aufkommen zu lassen: Auch wir Freien Demokraten halten Einnahmeverbesserungen in Nordrhein-Westfalen für nötig und möglich. Wir haben eine Wachstumslücke, Herr Römer, von 0,3 Prozentpunkten auf den Länderdurchschnitt.

Aus dieser Wachstumslücke ergibt sich auch ein Wohlstandsgefälle. In Nordrhein-Westfalen stehen den Bürgerinnen und Bürger jährlich 20.132 € an Kaufkraft zur Verfügung. In Bayern liegt die jährliche Kaufkraft aber bei 21.758 €.

Das ist eine Wachstums- und Wohlstandslücke, die wir schließen wollen, indem wir nämlich Handel, Handwerk, Industrie und Mittelstand in Nordrhein-Westfalen die bestmöglichen Rahmenbedingungen geben wollen. Wir wollen sie, Herr Römer, von überflüssiger Bürokratie entfesseln.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Dadurch können wir eine zusätzliche Wachstumsdynamik erreichen.

Wo aber sind die Initiativen des dafür zuständigen Wirtschaftsministers? Herr Duin, die anderen Minister des Kabinetts sind ja die Ausgabeminister. Als Wirtschaftsminister sind Sie der Einnahmeminister, der darauf achten muss, dass die Menschen in der Lage sind, zu erwirtschaften, was Ihre Kabinettskollegen verteilen wollen.

Wo sind denn Ihre Initiativen? Wo waren Sie, Herr Duin, als hier das Tariftreuegesetz verabschiedet worden ist, das für Kommunen und Mittelstand zusätzliche Belastungen bedeutet?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Da werden Stellen gebunden in Unternehmen, aber auch in der öffentlichen Verwaltung.

Wo waren Sie, Herr Wirtschaftsminister, bei der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes? Dieses Gesetz ist ökologisch unwirksam und gefährdet Investitionen in Nordrhein-Westfalen.

Herr Wirtschaftsminister, wo sind Sie bei newPark? Im Emscher-Lippe-Raum kann ein ökologisches Industriegebiet entstehen mit möglicherweise 10.000 Beschäftigten. Alle sind dafür: Gewerkschaften, Industrie- und Handelskammern, Arbeitgeberverbände, die dortigen der SPD angehörenden Bürgermeister und Landräte. Die einzigen, die dagegen sind, sind Bündnis 90/Die Grünen.

Jetzt müssen Sie eine Landesbürgschaft prüfen. Das dauert mutmaßlich so lange, bis die laufende EFRE-Förderperiode beendet ist. Diese Sorgfalt hätten wir uns von der Landesregierung bei der Prüfung von Bürgschaften für Opel und Schlecker gewünscht.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Bei diesem Projekt aber sollten Sie handeln, Herr Wirtschaftsminister. 10.000 Arbeitsplätze!

Wo waren Sie, Herr Wirtschaftsminister? Sie haben ja gegenüber der „Rheinischen Post“ gestanden, Ihre Aufgabe sei – Zitat – tatsächlich vor allem rhetorisch. Von Ihnen werde es keine großen Gesetze geben. – Ja, wenn Sie dann doch wenigstens die großen und falschen Gesetze Ihrer Kabinettskollegen verhindern würden, Herr Duin! Die siebzehntgrößte Volkswirtschaft braucht endlich wieder einen Wirtschaftsminister.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Römer, weil Sie dieses Thema angesprochen haben, will ich es auch tun: die Energiepolitik, die aktuell auf der Tagesordnung auch ganz oben steht. Sie ist für die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes von zentraler Bedeutung.

Was aber liegt von der Landesregierung in dieser Frage vor? Herr Duin hat am 8. Juli des vergangenen Jahres zum ersten Mal einen Masterplan der Landesregierung zur Energiewende angekündigt. Bis dato liegt jedoch nichts vor. Das liegt möglicher­weise daran, Herr Römer, dass Sozialdemokraten und Grüne in dieser Frage vielleicht doch nicht so harmonisch übereinstimmen, wie Sie das hier eben dargestellt haben.

Nur so kann ich mir auch erklären, dass Herr Duin gegenüber der „Rheinischen Post“ einen Stoßseufzer losgelassen hat – Zitat –: Wenn der SPD-Bundeskanzler alle Sinne beisammen hat, bekommen die Grünen das Energieministerium nicht.

(Heiterkeit und Beifall von der FDP und der CDU)

Dann reagiert der grüne Landesvorsitzende auf Twitter – Zitat –: „Wundere mich etwas über Äußerungen von … Duin. Er weiß doch aus NRW, dass Energiewende bei Minister Remmel am besten aufgehoben ist.“

(Heiterkeit und Beifall von der FDP)

Das zeigt: In der Energiepolitik hat der rote Wirtschaftsminister nach wie vor nichts und der grüne Umweltminister alles zu sagen. Und es ist Ihre Verantwortung, Herr Römer, dass Sie das zulassen!

(Zuruf von der SPD: Bullshit!)

Das zeigt sich exemplarisch auch bei der tagesaktuellen Diskussion über die Senkung der Stromsteuer, Herr Römer. Hannelore Kraft im „Handelsblatt“ – Zitat –: Es geht um Entlastungen bei den Strompreisen. Das kann über eine Senkung der Stromsteuer erreicht werden. – Die Grünen lehnen das ab. Herr Priggen fordert stattdessen eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze.

(Zuruf von der Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

– Ich rede jetzt vom Januar. Ich komme auch noch zur Gegenwart, keine Angst.

Herr Priggen, nur mal nebenbei: Was haben eigentlich die Menschen von Ihnen, von der grünen Partei, zu erwarten, die nicht Hartz IV beziehen und keine Solaranlage auf dem Dach haben?

(Beifall von der FDP)

Was haben diese Menschen von Ihnen zu erwarten? Sie zahlen zu Hause den höheren Strompreis, fahren zur Arbeit mit dem höheren Spritpreis, um dann, wenn sie am Arbeitsplatz angekommen sind, festzustellen, dass dieser durch grüne Politik gefährdet worden ist.

Das ist eine sehr verkürzte Sichtweise von Gemeinwohl, die Sie hier vertreten, Herr Priggen, die auf einen ganz schmalen Bereich der Gesellschaft und der Profiteure Ihrer Politik zugeschnitten ist.

(Beifall von der FDP)

Zurück zur Stromsteuer! Der neue niedersächsische Ministerpräsident Stefan Weil – Zitat –: „Deshalb betrachte ich die Senkung der Stromsteuer an dieser Stelle in der Tat als einen Königsweg.“

Nicht mit Jürgen Trittin! Der sagt: Das ginge nur in die Gewinne der Konzerne. – Gestern hieß es – Zitat –: Duin pocht auf Senkung der Stromsteuer.

Zwischen Rot und Grün geht es in dieser Frage zu wie zwischen Laschet und Laumann:

(Heiterkeit von der FDP)

Während der eine die Stromsteuersenkung hier im Landtagsplenum ablehnt – Herr Laumann nennt das populistisch –, fordert der neue Industriekapitän Laschet im „Spiegel“ genau das, nämlich die Senkung der Stromsteuer.

Frau Kraft, ich sage Ihnen eines: Wir werden die SPD – so, wie wir das hier im Landtag getan haben – auch in Berlin beim Vorhaben „Senkung der Stromsteuer“ unterstützen; denn es ist richtig, dass sich der Staat nicht auch noch an der steigenden EEG-Umlage bereichert.

(Beifall von der FDP)

Da können Sie auf uns zählen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen.

Das Land Nordrhein-Westfalen verschenkt die außerordentlich gute konjunkturelle Lage und nutzt sie nicht zur Haushaltskonsolidierung. Das Land Nordrhein-Westfalen – Ihre Politik – entfesselt nicht die Wachstumskräfte von Mittelstand und Industrie, sondern schafft neue bürokratische Hürden. Sie verzetteln sich in Pepita-Projekten. Und Sie brechen nicht nur Ihr Wort, sondern notorisch auch die Verfassung.

In Ihrer Pressekonferenz, Frau Kraft, haben Sie eine Überschrift gewählt – Zitat –: „Wir halten in NRW Kurs“. Wir betrachten das als eine Drohung. Deshalb werden wir Ihrer Haushaltspolitik nicht die Hand reichen. – Vielen Dank.

(Langanhaltender Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Danke schön, Herr Lindner. – Nun spricht für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen der Fraktionsvorsitzende Herr Priggen.

Reiner Priggen (GRÜNE): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Lieber Christian Lindner, Sie müssen sich keine Sorgen machen, wie ich meine Reden vorbereite. Ich beschäftige mich vorher schon etwas länger damit. Ich habe nur die Angewohnheit, Ihnen und den anderen, die vor mir reden, sehr konzentriert zuzuhören. Das halte ich auch für einen Akt der Höflichkeit. Aber ich sage Ihnen auch: Ich habe mir ganze zwei Notizen zu dem gemacht, was Sie gesagt haben. Die will ich Ihnen jetzt auch nicht vorenthalten.

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Das Erste ist mit einem Fragezeichen „Iffland-Ring“. Der Iffland-Ring ist die Auszeichnung für den würdigsten und bedeutendsten Bühnenkünstler im deutschsprachigen Raum. Fragezeichen heißt: Ich bin mir nicht sicher, ob Sie ihn verdienen. – Aber das, was Sie hier permanent machen, hat wenig zu tun mit den Problemen des Landes, sondern ist eine reine Showveranstaltung. – Das ist die eine Notiz.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Auch die zweite Notiz, die ich gemacht habe, will ich Ihnen nennen. Sie haben eben gesagt: Die SPD ist die Partei, die alle Lasten auf die Zukunft verschiebt. – Das ist genau die billige Nummer, mit der Sie Politik machen. Sie tun so, als ob Sie noch nie in irgendeiner Regierung Verantwortung gehabt hätten, als ob Sie als FDP und auch Sie persönlich noch nie in irgendeiner Regierung Schulden aufgenommen hätten. Es sind immer die anderen gewesen. So bedienen Sie billige Klischees und drücken sich – das ist aber Ihr Markenzeichen – vor der eigenen Verantwortung.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Uns, den Fraktionen von Sozialdemokraten, den Fraktionen von Grünen, ist sehr wohl klar, wie bedrohlich die finanzielle Situation in den Kommunen, im Land ist und auch, dass der Bund nicht rosig dasteht.

Ich habe das beim letzten Mal schon gesagt: Ich werde am Ende dieser Legislatur 17 Jahre Koalitionsausschuss Sozialdemokraten/Grüne in Nordrhein-Westfalen mitgemacht haben, 17 Jahre Verantwortung mitgetragen haben. Wir haben 17 Jahre lang jedes Jahr neue Schulden aufgenommen. Das wissen wir.

Ich habe auch gesagt: Jeder von Ihnen, CDU oder FDP, der jemals hier oder im Bund Verantwortung hatte, könnte nichts anderes sagen, nichts anderes.

Wenn Sie sagen: „Der Bund bereitet vor, dass nach der Bundestagswahl keine neuen Schulden mehr aufgenommen werden“, muss man darauf hinweisen: Das wäre das erste Mal nach 44 Jahren. Insofern besteht für Großkotzigkeit – um es wirklich böse zu sagen –, für Übermut null Anlass an der Stelle.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich habe den Eindruck: Wir haben zwei Fraktionen, die sehr hart arbeiten, die sich bemühen, in einer schwierigen Situation den Karren zu ziehen. Ich weiß, was Koalitionsarbeit heißt. Ich kenne das aus vielen Dialogen. Wir sind nicht eine Partei – dann könnten wir fusionieren –, wir sind zwei Parteien. Also ringen wir manchmal auch miteinander um Sachen. Das tragen wir aber vernünftig miteinander aus. Das gehört dazu. Aber es wird hart gearbeitet.

Mein Eindruck nach den beiden verantwortungslosen Debattenbeiträgen von Herrn Laumann und von Herrn Lindner ist:

(Christof Rasche [FDP]: Respektlos!)

Es gibt zwei Fraktionen, die machen uns hier das Kunststück vor, wie man mit zwei toten Pferden, zwei toten Gäulen den Karren zieht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Dietmar Brockes [FDP])

– Ja, ja, die Kritik müssen Sie sich jetzt schon gefallen lassen.

Ich bin an der Stelle schon – um das ganz klar zu sagen – etwas angefressen über die Art, wie Sie mit den realen Problemen, die wir im Haushalt haben, umgehen, wie verantwortungslos Sie das darstellen.

CDU und FDP haben immer zwei Vorschläge herausgestellt; das sind die beiden toten Pferde.

Bei einem Vorschlag geht es um die 249 Millionen € Studiengebühren, die Sie wieder einführen wollen, haushaltswirksam noch dieses Jahr. Das geht fachlich nicht; denn Sie hätten dazu ein Gesetz einbringen müssen. Wir hätten dem nicht zugestimmt – um das zu sagen. Aber Sie müssten es einbringen, um draußen wirklich deutlich zu machen, dass Sie das wollen. Aber dieses Gesetz könnte gar nicht mehr wirksam werden, wenn Sie es demnächst noch einbrächten. Sie müssten das ja bis zum Sommer absolviert haben. Sie machen das also aus reinem Populismus. Sie machen es wissend, dass, nachdem Sie in Bayern – an der Stelle FDP und CSU – die noch dieses Jahr abschaffen, die Studiengebühren in allen Bundesländern der Bundesrepublik Deutschland abgeschafft sind. Das heißt, es gibt dann keine Studiengebühren mehr.

Ich könnte Ihnen jetzt eine Seite mit Zitaten vorlesen. Herr Laumann, es gibt diesen berühmten Lothar-Hegemann’schen Taumelkäfer. Der hat zwei lange Fühler, geht immer auf eine bestimmte Weise durch den Raum. Dann stößt er irgendwo an und ändert den Kurs. Genau das haben Sie persönlich auch bei den Studiengebühren gemacht. Ich könnte es Ihnen vorlesen:

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Für Studiengebühren – gegen Studiengebühren – wir führen sie nicht wieder ein – jetzt erzählen Sie es wieder. – Dann bringen Sie das Gesetz auch ein, damit alle im Land auch genau wissen, wohin Sie wollen. Sie machen das auch an anderen Stellen. Ich komme gleich noch darauf.

Dann haben beide vorgeschlagen – die CDU sogar mit einer Einnahmeerwartung für dieses Jahr –: Einnahmen aus Steuerabführungen der Schweiz mit 569 Millionen €. Dieses Jahr! Etwas Unseriöseres habe ich hier in der Haushaltspolitik noch nie gehört.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Um es ganz klar zu sagen: Ich bin, wir sind überhaupt nicht gegen ein Steuerabkommen mit der Schweiz –

(Christian Lindner [FDP]: Eben!)

aber dann mindestens zu den gleichen Konditionen wie bei den Amerikanern: volle Transparenz und nicht dieses Schweizer Bankenmodell der Bereicherung am deutschen Staat auch noch sanktionieren. Das ist der entscheidende Punkt!

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

– Herr Lindner, ich weiß, die FDP hat diese Einnahmen erst für 2014 eingetragen – weil Sie mit Steuersündern ja notorisch etwas nachsichtig sind. Insofern kommt das bei Ihnen ein Jahr später. Trotzdem kann es doch nicht sein, dass das die Finanzierungsvorschläge der CDU für den Haushalt dieses Jahres sind. Was soll man denn damit machen?

Herr Laumann, der nächste Taumelkäfer: Sie sind heroisch gegen das beitragsfreie dritte Kindergartenjahr. Aber Sie fordern als CDU gleichzeitig ein beitragsfreies kostenloses Vorschuljahr. Drittes Kindergartenjahr, Vorschuljahr – das ist in der Sache das Gleiche, das sind die gleichen Kinder. Und das kriegen Sie nicht für 150 Millionen €. Insofern: Was soll das?

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Lassen Sie mich einen kleinen Exkurs machen. Das Bemerkenswerte an den beiden Reden von Herrn Laumann und Herrn Lindner war doch eigentlich das, was sie nicht gesagt haben. Man möge sich mal vorstellen, Ute Schäfer hätte gestern nach den Meldungen aus allen nordrhein-westfälischen Kommunen bilanzieren müssen: Wir haben leider nur 120.000 U3-Plätze. – Was meinen Sie, was wir hier für Reden erlebt hätten?

(Zuruf: Die waren schon geschrieben!)

– Die waren mit Sicherheit schon geschrieben.

Und jetzt sieht die Situation in dem Bereich folgendermaßen aus: 2011 lag die Ausbauleistung bei 12.237 Plätzen, 2012 bei 16.178, und durch die unglaublichen Anstrengungen kommen zum 1. August 2013 noch 27.804 U3-Plätze dazu – gemeldet von den einzelnen Kommunen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen auf einmal Schweigen – kein Dankeschön, keine Anerkennung, das würde auch schwerfallen –, weil 144.883 U3-Plätze erreicht sind. Das entspricht einer Versorgungsquote von einem Drittel.

Wir wissen, dass damit nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist. Man erlebt es selber, wenn man in einem Alter ist, in dem man absehbar Großvater werden könnte und sich darauf freut. Man erlebt seine Patenkinder, die junge Eltern geworden sind. Die Frauen und die Männer wollen wieder arbeiten. Der Bedarf ist also vorhanden.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, als wir für unsere Kinder nach einem Kindergartenplatz gesucht und die Betteltour gemacht haben, wo wir sie unterbringen können. In dem Bereich besteht der Rechtsanspruch seit Langem.

Jetzt gibt es ihn auch für U3. Wenn wir wollen, dass junge Frauen – meistens sind sie betroffen –, aber auch junge Männer, die sich zeitweise der Kindererziehung widmen, wieder in den Beruf gehen, dann müssen wir diesen Prozess weiterführen. Dazu gibt es keine Alternative. Dann müssen Sie uns nicht kritisieren, dass wir in den Bereich Geld hineinstecken.

Ich sage ganz ehrlich, Ute, dass ich manchmal auch gedacht habe, als wir um mehr Geld gerungen haben, ob es noch so viel mehr sein muss. Jetzt sage ich: Respekt für die Arbeit, die ihr in der Taskforce geleistet habt! Respekt auch für die Fachpolitikerinnen, die das unterstützt haben! Das ist der richtige Weg. Und wir gehen ihn konsequent weiter.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn die beiden Fraktionen, die sonst immer kritisieren, nun schweigen, dann spreche ich ein klares Dankeschön an Dich und auch an die Kollegen und Kolleginnen im Haus aus, die nachgehakt haben, damit der Prozess weiter vorangeht.

(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Dann will ich auf den Vorschlag der CDU eingehen, alle Programme des Landes und die freiwilligen gesetzlichen Leistungen pauschal um 4 % zu kürzen, fünfmal hintereinander 20 % einzusparen, 580 Millionen € Einsparvolumen. Das ist eine Überlegung, der man punktuell nähertreten könnte. Aber die Pauschalität, in der Sie das machen, während Sie uns gleichzeitig angreifen, dass unsere Kürzungen im Kulturbereich und anderswo in Höhe von 150 Millionen € völlig unangemessen seien, ist doch unehrlich.

(Beifall von den GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Dann müssen Sie Ross und Reiter nennen und sagen, wo genau gekürzt werden soll. So geht es nicht. Pauschal mehr als eine halbe Milliarde vorzusehen, ist jedenfalls aus meiner Sicht nicht seriös.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie so viele Änderungsanträge eingebracht haben. Es ist auch nicht alles falsch. Dabei ist eine Reihe von Punkten, die man sich sehr sorgfältig ansehen muss, die man prüfen kann. Aber es sind auch viele Dinge darunter, die vorne und hinten nicht zusammenpassen, wenn man korrekt nachrechnet.

Zum nächsten Vorschlag: Schulverwaltungsassistenten. Es ist vom Prinzip her nicht falsch, zu überlegen, Lehrer und Lehrerinnen, die 50.000 € im Jahr kosten, durch Schulverwaltungsassistenten zu ersetzen, die 30.000 € kosten. Genau das haben Sylvia Löhrmann, Sigrid Beer und ich uns in Finnland angeguckt. Dort werden diese Leute eingesetzt und arbeiten sehr gut im Kollegium mit.

Wenn man aber das möchte, was Herr Laumann aufgeschrieben hat, nämlich 300 Millionen € bis 2017 einsparen, dann muss man 15.000 Lehrer durch 15.000 Schulverwaltungsassistenten ersetzen, jedes Jahr 3.000. Herr Laumann, da sind wir vertragstreuer als Sie. Wir haben mit Ihnen zusammen ein Gesetz gemacht und Regelungen vereinbart, wie wir in den nächsten Jahren mit den Schulen umgehen: mit dem Personalschlüssel in den neuen Sekundarschulen, mit den Klassengrößen. Dazu brauchen wir einige Jahre lang demografische Gewinne. Dann können wir nicht in einem solchen Ausmaß umschulen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das spricht nicht gegen den Grundversuch, aber auf jeden Fall gegen die unseriöse Darstellung von 300 Millionen € Einsparungen.

Ich will noch einen Satz zu den Apothekern und den PTA sagen – eben ist wieder so getan worden, als ob dadurch die Welt unterginge –: Es kostet jede Apotheke im Jahr 290 €, um die Ausbildung zu finanzieren. Das ist ein Betrag, den eine Apotheke aufbringen kann.

Die Grundunterschiedsmelodie zwischen Ihnen und uns – auch bei den Studiengebühren, um das ganz klar zu sagen – ist: Wir sind dafür, dass jemand studiert, eine gute Ausbildung macht, auch gutes Geld verdient und dann ordentlich Steuern zahlt. So soll der Weg sein.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Der Apotheker zahlt dann einen höheren Steuersatz, aber wir belasten nicht diejenigen, die am Anfang stehen, mit Studiengebühren und anderen Dingen.

(Beifall von den GRÜNEN und Heike Gebhard [SPD])

Ich habe vorhin gesagt: Es gibt zwei Fraktionen, die an der Stelle das tote Pferd vor den Karren spannen wollen, und zwei Fraktionen, die sich sehr sorgfältig und sehr engagiert mit viel Arbeit bemühen, den Haushalt auch in einer schwierigen Situation hinzubekommen.

Weil mich Herr Dr. Paul ansieht: Es gibt eine weitere Fraktion, die zehn Monate hier ist, die eine gewisse Facette an Themen abdeckt, die an bestimmten Stellen Vorschläge macht, über die wir auch diskutieren; wir werden nachher auch einem Vorschlag zustimmen.

Ich will mich aber gerne auf die beiden konzentrieren, die im Bund Verantwortung tragen, die hier lange verantwortlich waren und immer so tun, als ob alles ganz anders sei, nur weil sie nicht mehr in der Verantwortung stehen. Deswegen liegen die beiden im Fokus.

Unsere Haushaltssituation – das ist uns selber klar – ist nicht schön, was die Schuldenaufnahme angeht; ich habe es eben schon geschildert. Aber seitdem wir in der Minderheitsregierung tätig waren – wir verabschieden heute den vierten Haushalt –, gibt es eine fallende Linie.

Die Neuverschuldung betrug 6,5 Milliarden € im Jahr 2010, 4,8 Milliarden € in 2011, 4,3 Milliarden € in 2012, und für dieses Jahr stehen 3,4 Milliarden € im Ansatz. Das Ergebnis hat sich jedes Mal noch deutlich verbessert, weil die Haushaltsführung sparsam war. Auch in diesem Jahr ist es das Ziel, deutlich besser zu werden.

In der mittelfristigen Finanzplanung von Finanzminister Linssen, CDU, lag die Neuverschuldung 2010 bei 6,7 Milliarden €, 2011 bei 6,7 Milliarden €, 2012 bei 6,6 Milliarden € und 2013 bei 6,5 Milliarden € – nicht bei null.

Ich weiß, dass die Steuereinnahmen – zum Glück! – besser geworden sind. Aber das, was wir zusätzlich in den Haushalt geben, bei rund 2 Milliarden € Mehrausgaben, ist fast zu 99 % gesetzlich begründet und notwendig. Es sind durchlaufende Bundesmittel. Das erhöht den Etat, was an der Stelle auch in Ordnung ist. Es sind viele Millionen für die Versorgung, für die Beihilfen, für die Pensionen.

Bei den Kommunen haben wir allein in diesem Haushalt 413 Millionen € zusätzlich eingestellt. Damit – auch die Anmerkung sei gestattet – bezahlen wir unter anderem die Verfassungsklagen, die Sie verloren haben, weil Sie den Kommunen das Geld weggenommen haben.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Das Verfassungsgericht ist eine wichtige Einrichtung, es korrigiert uns Politiker immer wieder. Sie aber haben acht Verfassungsklagen in fünf Jahren verloren und sollten vorsichtig sein, mit dem Finger nur auf andere zu zeigen. Wir müssen die Entscheidung hinnehmen. Ich sage Ihnen: Wir sind besser geworden. Gegen den 2012er-Haushalt haben Sie schon nicht mehr geklagt. Ich glaube auch nicht, dass eine Klage gegen den 2013er erfolgreich wäre. Insofern muss man die Konsequenzen daraus ziehen.

Wir haben dieses Jahr also rund 413 Millionen € mehr, die wir an die Kommunen ausschütten können. Wir haben im Bereich der Hochschulen, weil wir den doppelten Abiturjahrgang haben, 175 Millionen € zusätzlich: 66 Millionen € für das BAföG und 109 Millionen € für andere gesetzliche Verpflichtungen. Das sind alles Sachen, die wir leisten müssen.

530 Millionen € haben wir extra für den doppelten Abiturjahrgang. Fairerweise eingestanden: Die Hälfte kommt vom Bund. Es sind aber auch 265 Millionen €, die wir als Land aufbringen. Auch das sind zusätzliche Mittel, die wir an der Stelle abdecken.

Außerdem haben wir 112 Millionen € für den Aufwuchs bei den U3-Plätzen. Das habe ich eben schon mal erzählt.

Wir haben 150 Millionen € Einsparungen. Ich kann mich noch gut an die Beifallsorkane seitens der CDU und anderer für jeden einzelnen dieser Einsparvorschläge erinnern. Die Kritik ist zum Teil sehr massiv und unangemessen. Ich will nur eine einzige erwähnen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann, CDU, Berlin, hat wegen 2 Millionen € Einsparungen bei den Denkmalpflegemitteln gesagt – ich zitiere –: „Letztlich schädigen die Kürzungen das Ansehen Deutschlands als Kulturnation.“ Geht es auch ein bisschen kleiner? 2 Millionen € Einsparungen schädigen das Ansehen Deutschlands als Kulturnation – wenn in der Art auf jede Einsparung reagiert wird, darf man sich nicht wundern, dass wir keine Chance haben.

(Beifall von den GRÜNEN und Norbert Römer [SPD])

Dann, Herr Kollege Laumann, will ich doch noch mal zu dem Taumelkäfer kommen. Bei Herrn Goebels – seriöse Quelle – ist von Ihnen zu lesen – Zitat –:

„Man kann den Haushalt nicht sanieren, wenn man das Problem nicht löst, dass 40 % des Haushalts für Personalkosten aufgewendet werden.“

Karl-Josef Laumann! Und in den letzten Tagen sagen Sie: Die CDU ist dafür, dass der Tarifabschluss eins zu eins übernommen wird. – Dann frage ich mich natürlich, wie die CDU den Personalabbau denn erreichen will. Dann kommt sie mit dem originellen Vorschlag: 1,5 % jährlich auf alle Stellen. Ich habe mir eben den Antrag angeguckt, der von Ihnen noch gekommen ist. Darin ist die Ausnahme nicht mehr enthalten. So raffiniert sind Sie ja. Öffentlich haben Sie gesagt: Mit Ausnahme folgender Bereiche: Schulen 160.000 Stellen, Polizei 50.000 Stellen ...

(Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

 – Die sind ja ausgenommen. Ich nenne nur die Zahlen, damit man sich ein Bild macht, auf welchen Nucleus Sie die Einsparungen konzentrieren wollen.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Das muss man doch zusammen betrachten!)

Justiz 30.000, Finanzen 25.000! Dann verbeiben in allen Ministerien – und die Zahl ist klein – zusammen 4.462 Stellen. Es verbleiben in den fünf Bezirksregierungen knapp 7.000 Stellen. Dann gibt es noch Eichämter, Forstverwaltungen und anderes.

Das heißt, mit 1,5 % Einsparungen in diesen Bereichen – das sind rund 30.000 Stellen im ganzen Land – wollen Sie den Haushalt sanieren. Da reden wir über 450 Stellen pro Jahr – mehr nicht. Das ist nicht zu schaffen. Wir können den Haushalt nicht sanieren, indem wir Zehntausende von Leuten entlassen.

Außerdem haben Sie vergessen, dass wir über das Land 116.000 Personen in den Hochschulen bezahlen. Und wir wissen: Im Jahr des doppelten Abiturjahrgangs können wir in den Hochschulen nicht Tausende von Stellen einsparen.

(Beifall von Sigrid Beer [GRÜNE])

Wenn das alles so ist, dann ist das, was Sie an der Stelle gemacht haben, in keinem Fall seriös.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Jetzt haben wir – und da machen Sie sich einen schlanken Fuß – einen Tarifabschluss mit 2,65 % für 2013 und 2,95 % für 2014. Das verursacht bei einer Eins-zu-eins-Übernahme, Herr Laumann, Kosten für die Angestellten in Höhe von 355 Millionen €, für die Beamten in Höhe von 640 Millionen € und für die Pensionäre in Höhe von 320 Millionen €. Das heißt in toto: 1,32 Milliarden € müssten wir Ende 2014 aufgebracht haben, um den Tarifabschluss eins zu eins zu erwirtschaften.

Ich sage Ihnen: Wir können das nicht! Es ist kein böser Wille. Es ist schöner, wenn man jedem, der arbeitet, sagen kann: Du bekommst auch eine Erhöhung. – Aber wir können es nicht an der Stelle. Wir müssten die Neuverschuldung noch mal um 700 Millionen € erhöhen oder, Herr Laumann, 14.000 Stellen streichen. Das geht nicht! Auch Sie liefern keinen Beleg dafür, wie das gehen soll. Deswegen ist Ihre gesamte Argumentation aus meiner Sicht nicht korrekt.

Ich will gerne noch ein paar Worte zur FDP sagen, weil die FDP die Anträge, die die CDU hat, was die Studiengebühren angeht, was die Schweiz angeht, ebenfalls stellt. Es gibt einen Antrag, der meines Erachtens den ganzen ökonomischen Voodoo, den die FDP immer wieder über Begriffe veranstaltet, deutlich macht, und zwar ist das der Antrag mit dem Entfesselungsimpuls.

(Heiterkeit von den GRÜNEN)

Ich habe es früher schon einmal gesagt: Es gibt Sekten, die haben einen eigenen kodierten Sprachgebrauch und erkennen sich gegenseitig an diesen Codes. Alle anderen verstehen das nicht, aber für die FDP ist Entfesselungsimpuls etwas, bei dem sie ganz glücklich gucken und strahlen, denn sie wissen, was gemeint ist. Aber einen derart lächerlichen Antrag zu stellen, 25 Millionen € Einnahmen in diesem Jahr zu fordern und zugleich die Landesregierung zu beauftragen, die entsprechenden Schritte zur Entlastung der Wirtschaft einzuleiten:

(Heiterkeit von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Liebe Leute, da ist Voodoo seriöser als Anträge von der FDP.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Und das bleibt ja nicht bei den 25 Millionen €. Das ist ja aufwachsend: 70 Millionen, 85 Millionen, 100 Millionen! Ich frage mich: Warum haben Sie nicht viel früher entfesselt? Warum entfesseln Sie nicht im Bund?

(Christian Lindner [FDP]: Haben wir doch!)

– Nein! Jetzt kommen wir genau an die gleiche böse Stelle, die eben schon Herr Römer angesprochen hat. Sie Entfesselungskünstler sind im Bund gerade dabei, reihenweise industrielle Projekte hier im Land kaputtzumachen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Christian Lindner [FDP]: Das sagen ausgerechnet Sie!)

– Ja, ausgerechnet ich! Gehen Sie mal ein paar Meter weiter zu den Stadtwerken Düsseldorf und fragen Sie den Vorstand, ob er vor wenigen Tagen ein Projekt im Volumen von 50 Millionen € hat kippen müssen, weil Sie die Rahmenbedingungen dafür gefährden. Und das tun Sie in bösartigster Weise mit Ihrer Energiepolitik in Berlin, dass solche Projekte jetzt reihenweise kaputtgehen.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Und Sie machen das mit Absicht! Ich kenne viele dieser Projekte.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Sie brauchen heutzutage, wenn Sie einen Windpark bauen, drei bis vier Jahre. Ein Windpark mit zehn Windrädern liegt heute bei 50 Millionen € Investitionsvolumen. Eine Bundesregierung, die ankündigt, dass sie rückwärts die Einspeisekonditionen verschlechtern will, die bricht Wort. Das ist wirklicher Wortbruch, weil Leute auf diese gesetzlichen Zusagen vertraut haben.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Sie sind eine Partei, die das rückwärts kaputtmachen will und nach vorne kein anderes Ziel hat, als genau diese Investitionen abzuwürgen, gleichzeitig aber in der Bundesregierung ist und sagt: Wir machen die Energiewende, wir tragen die Klimaschutzziele mit. – Das ist nicht entfesseln, das ist auch nicht einmal mehr fesseln, das ist ganz gezielt das Kaputtmachen von Bereichen, die sich hervorragend entwickelt haben. Das ist Ihre Strategie.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Sigrid Beer [GRÜNE]: Christian Houdini! – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Herr Kollege Lindner, aber was will ich von einer Partei erwarten, die in bösartigster Tradition von Verhältnissen, die weit im Osten geherrscht haben, ausgeht und Wahrheiten nicht mehr ausdrücken lassen will?

Es gab ein Desaster um den Armutsbericht der Bundesregierung. Da stand drin: „Die Privatvermögen in Deutschland sind sehr ungleich verteilt.“ Da stand auch drin: „Die Einkommensspreizung hat zugenommen.“

(Christian Lindner [FDP]: Stimmt ja nicht!)

Veto: Rösler, FDP. Jetzt steht drin: „Die Ungleichheit der Einkommen nimmt derzeit ab.“

(Christian Lindner [FDP]: So ist es! Seit 2006 stimmt das! – Dietmar Bell [SPD]: Selektive Wahrnehmung! – Weitere Zurufe von der SPD)

Das ist die FDP. So macht sie sich die Wahrheit zurecht, und so unterdrückt sie das, was tatsächlich passiert.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Letzte Anmerkung zur FDP – das verspreche ich –: Herr Rösler, der Bundesvorsitzende der FDP – ich habe eben den stellvertretenden Bundesvorsitzenden gehört, herzlichen Glückwunsch zum neuen Arbeitsauftrag –,

(Christian Lindner [FDP] nickt.)

hat gesagt, man solle keinen Verbotsantrag für die NPD stellen, denn man könne Dummheit nicht verbieten. Ich lese jetzt die ersten Sätze aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor, in denen sich Michael Bertrams, ehemaliger Präsident des Verfassungsgerichtshofs Nordrhein-Westfalen, dazu äußert:

„‚Dummheit kann man nicht verbieten‘, sagt der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler und begründet damit die ablehnende Haltung seiner Partei zu einem NPD-Verbotsantrag. Doch diese Begründung verkennt das Problem, diese Begründung ist abwegig.

Beim NPD-Verbotsantrag geht es nicht um das Verbot von ‚Dummheit‘, sondern darum, einer Partei das Handwerk zu legen, deren neonazistische Programmatik ganz wesentlich von Rassismus, Antisemitismus und Ausländerfeindlichkeit geprägt ist und die darauf zielt, die freiheitlich demokratische Grundordnung unseres Landes zu beseitigen. Eine solche Programmatik ist nicht ‚dumm‘, eine solche Programmatik ist menschenverachtend, demokratiefeindlich und verfassungswidrig.“

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Sie können über die Aussicht eines Verbotsantrags streiten – das ist in Ordnung –,

(Christian Lindner [FDP]: Das ist doch ein Grund!)

aber die Qualifizierung der NPD als „dumm“ missachtet in ganz grober Weise, was angerichtet worden ist. In NRW ist jemand durch die NSU umgebracht worden. Das kommt aus dem Sumpf. Das wollen Sie nicht wahrhaben. Deswegen hat sich Ihr Bundesvorsitzender da disqualifiziert.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Sie hätten das eben als stellvertretender Bundesvorsitzender klarstellen und dazu ein klärendes Wort sagen können.

Ich kann den beiden Fraktionen, die die Bundesregierung stellen, Folgendes nicht ersparen: Wir können uns in den nächsten Jahren anstrengen. Was wir jetzt mit dem Haushalt gemacht haben, wird nicht das Ende sein, sondern wir werden in der weiteren Arbeit da noch mehr tun müssen – auch mit Blick auf die Einsparungen. Das wird nicht einfach sein; das ist uns klar.

Aber klar ist doch auch: Die strukturelle Benachteiligung des Landes Nordrhein-Westfalen vor allen Dingen im Verkehrsbereich ist mittlerweile auch durch die Industrie- und Handelskammern sowie die Wirtschaftsverbände anerkannt.

(Ralf Witzel [FDP]: Rot-Grün sorgte doch dafür, dass es keine baureifen Projekte zu finanzieren gibt!)

Auch sie sagen, dass NRW mit 500 Millionen € pro Jahr unterfinanziert sei. Wir werden darum kämpfen müssen, unsere hervorragende bestehende Infrastruktur zu erhalten und minimal – dafür ist kaum Geld da – auszubauen.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

Dazu gibt es auch bei der Industrie die Erkenntnis, dass der Bund an dieser Stelle dieses große Transitland entsprechend der Notwendigkeiten und dem Königsteiner Schlüssel nicht ausreichend unterstützt. Da hätten Sie Unterstützung leisten sollen, haben das aber nicht getan.

(Ralf Witzel [FDP]: Sie verhindern doch jedes neue Verkehrsprojekt! Das ist doch absurd!)

Folgendes will ich ganz klar sagen: Es wird notwendig sein, im Bund den Soli Ost in eine Regelung zu überführen, die nicht mehr an Himmelsrichtungen, sondern tatsächlich an Notwendigkeiten gebunden ist.

Heute las ich in der Agenturmeldung von Herrn Lindner die Kritik daran, dass in NRW überproportional vor allem Schulden in den Kommunen bestünden. Das hat mit lang anhaltenden Strukturproblemen in Nordrhein-Westfalen zu tun. Bei uns sind vor allen Dingen im Ruhrgebiet und im Bergischen Dreieck etwa 1,5 bis 2 Millionen Arbeitsplätze in einem ganz langen Strukturwandel verlorengegangen.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Damit haben wir zu kämpfen. Dafür brauchen wir Unterstützung und keine Minderbeteiligung an dem, was der Bund ansonsten für Länder in Süddeutschland macht.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will etwas sagen, das meine Fraktion vielleicht erstaunt, weil ich viele Jahre lang Energiepolitik gemacht habe. Für mich ist bei der Bundestagswahl nicht die energiepolitische Frage ganz entscheidend, sondern für mich ist diese Bundestagswahl – sie wird für uns wichtig sein – eine ganz entscheidende Auseinandersetzung um die Frage der sozialen Gerechtigkeit. Das ist der entscheidende Punkt.

(Lebhafter Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich sage ehrlich: In der Bundesregierung Schrö­der/Fischer ist Hartz IV beschlossen worden; auch andere Reformen sind gemacht worden wie die Zusammenführung von Arbeitslosengeld und Sozialhilfe. Das war richtig.

(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Andere Sachen sind nicht gemacht worden. Man kann solche Reformen machen. Man kann von Menschen Opfer verlangen, wenn man gleichzeitig klarmacht, dass sie sozial, gerecht und ausgewogen sind und dass die, die ein breiteres Kreuz haben, mehr tragen. Das haben wir in der Bundesregierung nicht gemacht. Wir haben den Spitzensteuersatz gesenkt, der unter Kohl noch viel höher war. Wir müssen an diesen Stellen korrigieren, weil wir sonst die vor uns liegenden Zukunftsaufgaben nicht hinbekommen.

Deswegen ist es so wichtig, dass wir Sie in der Bundesregierung ablösen und dass tatsächlich in Berlin ein anderer Wind weht, der uns bei dem Bemühen unterstützt, die Schuldengrenze 2020 einzuhalten und die Neuverschuldung wie in den letzten vier Haushalten jedes Jahr weiter zu verringern.

(Zuruf von der FDP: Ein Ostwind!)

Ich kann mich nur bei beiden Fraktionen für die Zusammenarbeit in den letzten Jahren bei der Haushaltserstellung bedanken. Wir werden genauso weitermachen. Ich will auch ein Dankeschön in Richtung Regierung sagen sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Häusern danken. Es ist eine schöne Aufgabe. Sie ist nicht immer einfach. Sie wird auch nicht immer Lob geben. Aber wir machen sie, während andere sich davor drücken. – Herzlichen Dank und Glück auf!

(Langanhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Herzlichen Dank, Herr Priggen. – Nun spricht für die Fraktion der Piraten ihr Fraktionssprecher, Herr Dr. Paul.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und daheim!

(Christian Lindner [FDP]: Im Stream!)

Wir alle wissen: Die konkreten Investitionen von heute sind im Ergebnis der gesellschaftliche Reichtum von morgen. Hier sprechen wir insbesondere von notwendigen Ausgaben für die Zukunftsvorsorge, die sich mittelfristig selbst finanzieren, und hier würde es sicherlich auch Gemeinsamkeiten mit den beiden die Landesregierung tragenden Fraktionen geben.

Es ist klar, dass unsere Vorstellungen, auf die ich gleich noch näher eingehen werde, nicht kurzfristig in einem einzigen Haushaltsjahr zu verwirklichen sind. Aber Politik muss den Anspruch haben, in einer Legislaturperiode zu verändern und zu gestalten. Für diesen Ansatz müssen Schritt für Schritt Finanzierungswege erschlossen werden. Sonst kann Politik ihren Gestaltungsanspruch gleich aufgeben.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir halten auch nichts von den marktwirtschaftlichen Glücksphilosophen nach dem Motto: Der Markt ist gut, und der Staat ist schlecht. – Es ist ja klar, wie dort argumentiert wird. Man macht ein bisschen rhetorischen Oregano darüber und hofft dann, dass der Kuhfladen als Pizza durchgeht.

(Beifall von den PIRATEN)

Das stinkt und ist uns zu eindimensional.

Ich hatte es schon einmal gesagt. Die Moral und Ethik der Märkte beginnt bei uns selbst und in unserem sozialen Handeln. Die Länder müssen deshalb zur Erfüllung ihrer Aufgaben selbstverständlich mit ausreichender Finanzkraft ausgestattet werden.

Im Grunde haben die Bundesländer keine nennenswerte Finanzautonomie, und sie sind auf den gemeinsamen Steuerverbund mit dem Bund angewiesen. Für durchgreifende Verbesserungen auf der Einnahmeseite liegen bekanntermaßen die Entscheidungskompetenzen ausschließlich in den Händen der CDU/CSU-FDP-geführten Bundesregierung. Auf diesen Sachverhalt muss hier einmal klipp und klar hingewiesen werden.

Das Land Nordrhein-Westfalen schiebt große aufgelaufene Schuldenberge in Höhe von rund 135 Milliarden € vor sich her. Die finanziellen Handlungsspielräume sind demzufolge immer enger geworden, und zwar in Sonderheit durch eine reichlich kurzsichtige Steuersenkungspolitik auf Bundesebene. Die finanziellen Handlungsspielräume sind aber auch enger geworden durch den hier im Land zu verantwortenden Schuldenaufbau in den vergangenen Legislaturperioden.

Ich möchte hier und jetzt nicht einen Schuldigen für die Schulden suchen oder gar benennen. Aus unserer Sicht geht es darum, wie man es langfristig besser machen kann. Aus unserer Sicht geht es vor allem darum, wie man systematisch und nachhaltig die Zukunft für die Menschen in Nordrhein-Westfalen verbessern kann. Denn die kurzfristigen Rezepte sind alle gescheitert, und mit großen Worthülsen verliert die Politik ihren letzten Rest an Glaubwürdigkeit.

Ich möchte an dieser Stelle erneut einige einfache Fragen stellen, deren Beantwortung eher kompliziert ausfallen würde:

Wer will eigentlich vorsätzlich und ohne Not Schulden machen? Wohl kaum jemand, den man unvoreingenommen befragt.

Warum haben wir dann in Nordrhein-Westfalen diese hohen aufgelaufenen Schuldenberge in Höhe von 135 Milliarden €? Aus Dummheit oder Sorglosigkeit im Umgang mit Geld?

Warum liegt der Bund bei einer Gesamtverschuldungsquote von etwa 80 % im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt? Aus Verschwendungssucht?

Wer hat diese Schulden verursacht, und ist deren Höhe im Verhältnis zur jährlichen Produktion von Gütern und Dienstleistungen volkswirtschaftlich und gesellschaftlich eigentlich vertretbar?

Viele Politiker, die heute vehement und in der ersten Reihe den Abbau der Schulden fordern, haben in der Vergangenheit lange Zeit in Abstimmungen immer wieder für eine Kreditfinanzierung der Länder und Bundeshaushalte votiert, auch hier in Nordrhein-Westfalen. Haben diese gewählten Politiker das leichtfertig und ohne triftigen Grund gemacht?

Wir als Piratenfraktion sind jedenfalls der Auffassung, die Pflicht zum Abbau von Schulden darf eine Entlastung der Bürger und neue politische Schwerpunktsetzungen zugunsten einer Gemeinwohlorientierung für alle nicht verhindern.

(Beifall von den PIRATEN)

Ein ausgeglichener Staatshaushalt kann jedoch kein Selbstzweck sein und sagt zudem überhaupt nichts aus über die allgemeine Wohlstandsentwicklung. Die Entstehung von Staatsschulden ist immer auch eine Folge wirtschaftlicher Entwicklungen oder politischer Entscheidungen. Starke konjunkturelle Krisen führten in Deutschland immer zu deutlichen Defiziten der öffentlichen Gesamthaushalte.

Ich möchte es hier einmal besonders betonen: Nicht nur eine verfehlte Ausgabenpolitik führt zu strukturellen Haushaltsdefiziten. In gleicher Weise ist auch eine verfehlte Einnahmenpolitik die Ursache für ein strukturelles Defizit.

Die Finanzierungsgrundlagen, die Steuer- und Abgabenpolitik rücken immer mehr in den Mittelpunkt der sozialen Auseinandersetzungen. Vor allem vor dem Hintergrund der Globalisierung und der Entkopplung der Finanzmärkte von der Realwirtschaft stehen für die staatlichen Ausgleichs- und Regulationsfunktionen immer weniger finanzielle Ressourcen zur Verfügung.

Für die Veränderungsnotwendigkeiten in Wirtschaft und Politik, zum Beispiel im Rahmen einer Steuerung des Strukturwandels, einer regulativen Industrie- und Investitionspolitik, bleibt immer weniger Raum. Die Neujustierung der staatlichen Finanzen hat immer mehr zum Ergebnis, dass die Sozialsysteme auf ein Niveau zurechtgeschnitten werden, das gerade noch ausreicht, um die politische Stabilität zu erhalten. Der Steuerzahler wird ständig zur Kasse gebeten.

Die systematische Verarmung der öffentlichen Kassen ist auf allen Ebenen unübersehbar. Wenn sich aber die Politik als unfähig erweist, diese in der Gesellschaft offensichtlichen Missstände zu beseitigen und nachhaltig zu lösen, wird sich der Unmut der Bürgerinnen und Bürger gegen die Politik insgesamt richten.

In diesem Zusammenhang sind wir der Auffassung, dass die zunehmende staatliche Verschuldung die Handlungsspielräume von Bund, Land und Kommunen einschränkt und daher mittelfristig auf ein finanzwirtschaftlich vertretbares Maß reduziert werden muss. Aber es gibt Möglichkeiten, selbst in Zeiten verengter finanzieller Spielräume, und diese bemessen sich gerade nicht an der Höhe der Investitionen, sondern an deren Qualität.

Am Horizont ist ein Silberstreif – ich möchte sagen: ein Silberstreifchen – erkennbar. Wir sehen hier im Landtag von Nordrhein-Westfalen, dass unsere Vorschläge zumindest ernsthaft diskutiert werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir nehmen wahr – das sage ich in aller Bescheidenheit –, dass wir Piraten mit unseren Ideen gebraucht werden, und zwar um einen Beitrag zu leisten, unser Land zukunftsfähig zu machen.

(Beifall von den PIRATEN)

Kreativ und zukunftsorientiert – das sind die beiden Grundsätze, die unser Konzept zum aktuellen Haushalt am besten beschreiben, kreativ deshalb, weil wir einige neue Ideen in Anträge umgesetzt haben, und zukunftsorientiert, weil wir frischen Wind hineinbringen und uns nicht nur von der Vergangenheit leiten lassen wollen. Langfristigkeit ist der Königsweg zur Nachhaltigkeit. Es könnten, ja, es müssen jetzt die Weichen für eine Erneuerung, eine Weiterentwicklung von Demokratie, Infrastruktur und kostenfreiem Zugang zu Wissen in Nordrhein-Westfalen gestellt werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Unsere Schwerpunkte liegen daher in diesem Jahr in den Bereichen Bildung, öffentlicher Personennahverkehr und Open Government. Wir setzen auf Modellprojekte.

Natürlich gibt es im Land noch viele weitere wichtige und auch große Themen. Aber wir arbeiten das Stück für Stück ab und setzen dabei verschiedene Schwerpunkte.

Zunächst etwas Allgemeines zu unseren Haushaltsanträgen: Die quantitativen Grenzen ökonomischer und ökologischer Besonnenheit sind längst überschritten. Wir alle sind mit der Endlichkeit unserer materiellen Ressourcen konfrontiert. Geld allein ist kein Äquivalent mehr für einen gesellschaftlichen Wert. Wir haben es mit einer qualitativen Geldentwertung, mit einer Verselbstständigung des Geldes zu tun. Das Geld hat keine wirkliche Rückbindung mehr zu den realen Bedürfnissen der Menschen.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Investitionen von heute sind der Wohlstand von morgen. Gesamtgesellschaftlich ist zu beobachten, dass der Wachstumsbegriff und seine Grenzen kontrovers diskutiert werden. Bei Wissen und Bildung zum Beispiel ist Wachstum nicht begrenzt. Aber dieses Wachstum ist nicht ausschließlich in monetären Kategorien zu fassen. Es vermittelt sich nicht über den Markt. Das heißt, wir können hier von einem qualitativen Wachstum sprechen.

Die Qualität eines Antrags bemisst sich nach unserer Auffassung daher folgerichtig nicht nur an der Höhe der Ausgaben. Interessant ist hingegen die Wirkung, die eine Ausgabe erzielen kann, die Qualität jedes einzelnen investierten Euros.

Teilhabe ist das Stichwort für den ersten Bereich – Open Government. Hier machen wir einen Aufschlag mit dem Projekt „Kommune 2.0“. Damit wollen wir Lösungen aufzeigen, wie wir gemeinsam mit den Bürgern Demokratie erneuern und erneut zum Leben bringen können. Wir verbinden dabei mehrere bereits existierende Softwarelösungen, um die Kommunikation zwischen Verwaltung, Politik und Zivilgesellschaft zu stärken. Das ist nicht nur Politik für die Bürger, das ist Politik mit den Bürgern.

(Beifall von den PIRATEN)

Ein weiterer Schwerpunkt ist Bildung. Dazu gehört der kostenfreie Zugang zu Wissen. Bildung ist für uns keine Ware. Sie ist vielmehr ein Grundbedürfnis und darüber hinaus das wesentliche Element für qualitatives Wachstum. Ob während der Schule, der Ausbildung oder der Hochschule: Zu jedem Zeitpunkt muss Wissen frei zugänglich sein.

(Beifall von den PIRATEN)

Gerade diese Anträge erscheinen im Vergleich zum Gesamthaushalt betrachtet sehr klein. Aber genau hierin liegt ein enormes gesellschaftliches Potenzial versteckt, das unser Land zu bieten hat. Unser Kapital in Nordrhein-Westfalen sind die Menschen, die hier leben. Ihnen müssen wir Zugang zu Bildung bieten.

Wir wollen dazu beitragen, dass die Menschen in Nordrhein-Westfalen auch mehr am gesellschaftlichen Leben teilhaben können. Daher machen wir uns Gedanken zu einem ganz neuen Mobilitätskonzept der Zukunft. Gegenstand ist der öffentliche Personennahverkehr. Wir betrachten Mobilität als ein Grundrecht. Zugleich ist Mobilität Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Deswegen ist der fahrscheinlose öffentliche Personennahverkehr ein weiterer Schwerpunkt. Wir brauchen zudem neue Wege, die nachhaltig und sparsam mit unseren Ressourcen umgehen. Wir sprechen nicht vom kostenlosen ÖPNV. Der Bürger soll sehr wohl mit einer pauschalen Umlage an den Kosten für Bus und Bahn beteiligt werden.

Es ist auch klar, dass so weitgehende Konzepte nicht von heute auf morgen umgesetzt werden können. Aber wir wollen, dass die Bürger noch in diesem Jahr spürbare und konkrete Maßnahmen erfahren. Die Menschen dürfen mit Recht Lösungen für die zukunftsfähige Gestaltung unseres Gemeinwesens erwarten. Jetzt ist es an der Zeit, anzupacken. Weitere Maßnahmen müssen folgen. Daher sind unsere Anträge als beispielhaft zu betrachten. Uns geht es nämlich auch um eine Veränderung des politischen Blickwinkels. Unsere Anträge führen nicht zu einer zusätzlichen Neuverschuldung. Politik muss ihre Handlungs- und Gestaltungsspielräume effektiv nutzen.

Wir haben Haushaltsänderungsanträge gestellt, die beispielhaft aufzeigen, wie Schritte in eine zukunftsweisende Politik eingeleitet werden können. Die Änderungsanträge beziehen sich auf die genannten drei Bereiche Open Government, Bildung und Infrastruktur.

Daneben schlagen wir vor, dass die privaten Eigentümer des Atomkraftwerks Hamm-Uentrop vollständig für die Finanzierung des Rückbaus aufkommen und damit das Land im aktuellen Haushalt um 4 Millionen € und zukünftig um 32,2 Millionen € entlasten.

(Beifall von den PIRATEN)

Heute stellen wir beispielhaft noch einmal einige unserer Anträge im Plenum zur Abstimmung.

Ich möchte mit dem Bereich Open Government beginnen. Wir wollen, dass das Land einen Wettbewerb für die „Kommune 2.0“ ausschreibt. Warum? – Wir denken, dass Open Government in der Demokratie der Kommune seinen Ursprung hat. Hier treffen Politiker direkt auf den Bürger. Die Probleme sind sehr konkret, und Anliegen sind leichter kommunizierbar.

Zudem liegt ein Großteil des nordrhein-westfälischen Datenschatzes bei den Kommunen selbst. Genau deshalb kann man die Potentiale des Open Government am besten auf kommunaler Ebene erschließen und den Bürgerinnen und Bürgern den Mehrwert verdeutlichen. Die „Kommune 2.0“ setzt dabei die ganze Bandbreite von Open Data – offenen Daten – und Open Government ein. Das ist eine Investition in die Zukunft der Demokratie.

(Beifall von den PIRATEN)

Wer aber wie die Bundesregierung Daten im Netz unter einer neuen Deutschlandlizenz veröffentlich, dabei bestehende Standards ignoriert und zusätzlich vergisst, die neue Deutschlandlizenz in weitere Sprachen zu übersetzen, der hat das Internet bis heute nicht verstanden,

(Beifall von den PIRATEN)

mehr noch, der hat Zukunft nicht verstanden.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir möchten die Landesregierung bitten, diesen Fehler nicht auch zu begehen. Setzen Sie die international bereits anerkannten Creative-Commons-Lizenzen ein und versuchen Sie nicht, das Rad neu zu erfinden.

Ein weiteres Zukunftsthema sind digitale Bildungsmedien. Letzte Woche hatten wir eine sehr interessante Expertenanhörung zu unserem Antrag zu freien Lernmaterialien. Der Tenor war ganz klar: Digitale Medien sind aus der Bildung nicht mehr wegzudenken. – Mit der Bildungssuchmaschine des Landes „learn:line NRW“ hat das Land schon ein gutes Angebot eingerichtet. Hier sind tausende hochwertige digitale Lernmaterialien verzeichnet, die für alle Schulen des Landes kostenlos zur Verfügung stehen. Um die Suche in dieser Vielfalt zu erleichtern, wollen die Entwickler in diesem System das sogenannte Social Tagging und Open Review implementieren. Das heißt, die Nutzer dieser Medien, die Lehrerinnen und Lehrer, können Bemerkungen dazu machen, welche Unterrichtserfolge sie damit erzielt haben. Konkret ist die Suchmaschine damit auch eine Kommunikationsplattform, ein Vernetzungsinstrument für die 160.000 Personen große Lehrerschaft in diesem Lande.

Außerdem wäre es dann leicht möglich, zusätzliche Informationen zum Beispiel zur Urheberschaft – diese sind wichtig, wenn man die Medien nutzen will – und zu den Herausgebern der Lernmedien zur Verfügung zu stellen. Das bedeutet ein Mehr an Transparenz im Einsatz von Bildungsmedien. Diese Idee gefällt uns sehr gut. So nutzt man die Möglichkeiten des Internets und die viel beschworene Schwarmintelligenz. Man gibt den Nutzern die Möglichkeit, am Angebot mitzuwirken. So werden Nutzbarkeit und Funktionalität insgesamt gemeinsam verbessert. Deshalb haben wir noch einen Änderungsantrag zum Einzelplan 05 gestellt. Wir wollen, dass diese Mittel zur Verfügung gestellt werden, um das Projekt umzusetzen. Es geht dabei um 100.000 € im diesjährigen Haushalt und um eine Verpflichtungsermächtigung von 50.000 € für den Haushalt 2014.

Wir Piraten wollen Nordrhein-Westfalen noch schöner, noch attraktiver und noch lebenswerter machen, als es sowieso schon ist. Wir wollen auch dafür sorgen, dass es so bleibt. Dazu haben wir verschiedene Anträge im Bereich Infrastruktur entwickelt, die alle gemeinsam haben, dass sie umsetzbar sind, wenn wir uns nur darauf verständigen.

So haben wir unter anderem den öffentlichen Personennahverkehr identifiziert. Ein leistungsstarker öffentlicher Personennahverkehr ist für uns die Grundbedingung für ein zukunftsfähiges Nordrhein-Westfalen. Mit unserem Antrag zur Auslobung eines Ideenwettbewerbes „Fahrscheinlose Kommune“ wollen wir ein Zeichen setzen – ein Zeichen, dass wir eine kreative Umsetzung der Zukunftsaufgabe nachhaltige und faire Mobilität brauchen und dass dies auch möglich ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Mit fahrscheinlosem Personennahverkehr meinen wir nicht etwa eine Art elektronisches Ticket. Wir meinen damit, dass die Benutzung des öffentlichen Personennahverkehrs gänzlich ohne Fahrschein möglich sein soll und Bus und Bahn finanziert werden über eine Umlage, die von allen Bürgern getragen wird. Wir nennen es nicht „kostenlos“, weil wir den Bürgern gegenüber ehrlich sind. Bus und Bahn können nicht kostenlos sein, aber fahrscheinlos.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir wollen darüber hinaus Bedingungen für eine nachhaltige und faire Mobilität schaffen, über die Erarbeitung kreativer Ideen für einen öffentlichen Personennahverkehr für alle Menschen und über die planerische und gegebenenfalls technische Vorbereitung der Verkehrsinfrastruktur für einen leistungsfähigen Bus- und Bahnverkehr.

Wer heute sagt, dass das nicht geht, darf sich in 20 Jahren nicht beschweren, wenn wir immer noch alle im Stau stehen – dann vielleicht nicht mehr auf zwei oder drei Spuren, sondern auf vier oder fünf. Verlierer sind die Menschen, die Umwelt und die Wirtschaft. Wir Piraten positionieren uns hier eindeutig zugunsten des öffentlichen Personennahverkehrs. Der Wert des öffentlichen Personennahverkehrs ist seine gesellschaftliche Nachhaltigkeit, nicht seine Exklusivität.

(Beifall von den PIRATEN)

Neben den geschilderten Mehrausgaben wollen wir Piraten nicht, dass der Staat Subventionen für Atomanlagen zahlt. Bei diesem Antrag geht es konkret um die Entsorgung des Atomkraftwerks THTR-300 in Hamm-Uentrop. Im Moment laufen die Verhandlungen über die sogenannte dritte Ergänzungsvereinbarung, in der das Land zu konkreten Zahlungen verpflichtet wird. Der Verhandlungsrahmen wird vorgegeben von einem entsprechenden Rahmenvertrag. Die Piratenfraktion hat die Landesregierung gebeten, den Rahmenvertrag und alle Ergänzungsvereinbarungen zu veröffentlichen. Das ist bis heute nicht geschehen. Die rot-grüne Landesregierung hat im aktuellen Haushalt 4 Millionen € eingestellt und holt sich gleichzeitig die Ermächtigung vom Parlament, in den kommenden Jahren insgesamt weitere 32,2 Millionen € für das Atomkraftwerk zu zahlen. Ob es dabei bleibt, ist auch noch die Frage. Gerade bei Verträgen mit derartiger Reichweite sind wir Piraten nicht bereit, die Katze im Sack zu kaufen.

(Beifall von den PIRATEN)

Deshalb lehnen wir auch die Ausgaben für die Entsorgung des Atomkraftwerks ab.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch einen kleinen Hinweis auf den Koalitionsvertrag der Regierungsfraktionen. Auch darin ist festgeschrieben, dass – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten – „insbesondere im Hinblick auf die ungeklärte Finanzierung des Rückbaus des THTR“ die Eigentümer in die finanzielle Verantwortung genommen werden sollen. Das steht im rot-grünen Koalitionsvertrag auf Seite 41.

So weit zu konkreten Einzelheiten der Landespolitik.

Das heißt aber nicht, dass wir die Augen vor großen Zusammenhängen verschließen. Wir können mit unserem wachstumsfixierten Wirtschaftsmodell die gesellschafts- und finanzpolitischen Probleme schon lange nicht mehr nachhaltig lösen. Die quantitativen Grenzen des Wachstums mögen ja noch nicht erreicht sein, dagegen ist die Grenze der ökonomischen und ökologischen Besonnenheit schon lange überschritten.

Was bedeutet es eigentlich, wenn wir davon sprechen, dass die Wirtschaft wächst? Was wächst da eigentlich konkret? Ursprünglich war der Begriff „Wirtschaften“ einmal eingebettet in ein soziales Umfeld. Das kann man von der heutigen Wirtschaft schon lange nicht mehr behaupten. Wirtschaft und Wachstum sind ohne das synthetische Medium Geld nicht denkbar. Alles wird vermittelt über die Märkte. Wirtschaften vollzieht sich über Kaufen und Verkaufen. Jenseits der Märkte befindet sich Niemandsland. Geld ist der alleinige Maßstab. Das in Geld ausgedrückte Wirtschaftswachstum einer Volkswirtschaft, dass Bruttoinlandsprodukt – auch BIP genannt –, sagt immer weniger darüber aus, ob und in welcher Weise sich die Lebensbedingungen der Menschen verbessert haben. Geld hat in unserer Gesellschaft aber nur dann eine sinnvolle Funktion, wenn es jeden Einzelnen in die Lage versetzt, damit das zu erwerben, was man zum Leben braucht. Wenn Geld dazu missbraucht wird, sich selbst zu vermehren, stiftet es Unheil und führt auch zu gesellschaftlicher Unzufriedenheit.

Wir haben es deshalb auch mit einer zunehmenden Skepsis in der Gesellschaft zu tun, ständig neue Wachstumsrekorde erzielen zu wollen. Es gibt ein sehr weit verbreitetes Unbehagen in der Bevölkerung, dass die Versprechen, die mit wirtschaftlichem Wachstum verbunden waren, nämlich dass es einen sozialen Ausgleich gibt, dass wir unsere Umweltprobleme damit lösen werden, nicht mehr geglaubt werden, weil sie sich de facto als Illusion erwiesen haben.

Wir brauchen ein tragfähiges Zukunftskonzept für ein solidarisches Gemeinwesen und für den inneren Zusammenhalt in Nordrhein-Westfalen. Dafür stehen wir Piraten.

(Beifall von den PIRATEN)

Solidarität ist jedoch nur herstellbar durch eine gerechte Lastenverteilung und eine Verbesserung der Einnahmenseite, damit die öffentliche Daseinsvorsorge, die öffentlichen Ressourcen und die Versorgungsstandards gepflegt, verbessert und auch finanziert werden können. Für uns ist die marktkonforme Demokratie und die viel beschworene Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit eben nicht Leitbild des politischen Handelns.

Immer wieder wird die Formel gepredigt, dass Wachstum und Konsolidierung der Staatsfinanzen Hand in Hand gingen und auf diese Weise das Vertrauen zurückgewonnen werden müsse. Da drängt sich schnell die Frage auf, um wessen Vertrauen es eigentlich geht. Geht es um das Vertrauen der Märkte, oder geht es um das Vertrauen der Menschen? Geht es um den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen? Geht es um eine gerechte Verteilung des in unserer Gesellschaft produzierten Wohlstandes?

Herr Römer, ich möchte Sie jetzt einmal ansprechen. Sie haben vorhin den Satz gesagt: Sozial ist, was Arbeit schafft.

(Norbert Römer [SPD]: Gute Arbeit!)

– Gute Arbeit, ja. Vor 15 Jahren hätte ich das noch unterschrieben. Wir müssen in einen Diskurs kommen und umdenken. Nach unserer Auffassung ist sozial, was Teilhabe schafft.

(Beifall von den PIRATEN – Widerspruch von der SPD)

Das ist eine längerfristige Diskussion; das ist völlig klar. Wir müssen darüber aber in einen Diskurs kommen. Wenn man sich die weltweiten Steigerungen der Produktivitätsraten ansieht, kann man schnell auf die Idee kommen, dass wir uns eigentlich in der Übergangsphase von einer Arbeitsgesellschaft in eine Tätigkeitsgesellschaft befinden. Und dann geht es um den Wert der Tätigkeit und nicht mehr um den Wert der Arbeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Wollen wir mit ungebremstem Wachstum die regionalen Gerechtigkeitsdefizite ausgleichen, oder müssen wir uns nicht andere Wege erschließen? Wir brauchen darüber hinaus eine wesentlich stärkere Verbindung von technischen Innovationen mit sozialen Innovationen. Technik trifft auf Kultur, und Kultur trifft auf Technik – eine wirklich innovative Mischung.

Eine höhere Besteuerung derjenigen, die sich finanziell keine großen Sorgen machen müssen, ist nicht nur vertretbar, sondern nach unserer Auffassung aus Gerechtigkeitsgründen geboten. Für uns als Piratenfraktion geht es deshalb auch darum, die Ungleichheit in unserem Land aktiv zu bekämpfen. Das hätte vor allem steuerrechtliche Konsequenzen. Denn über das Steuersystem wurde die Ungleichheit am gröbsten verschärft. Veränderungen müssen bei der Wiedereinführung der Vermögensteuer ansetzen, einer höheren Erbschaftsteuer, und natürlich muss endlich eine wirkliche Finanztransaktionssteuer eingeführt werden – und nicht dieses EU-Merkel-Ding, dieser steuerpolitische Rohrkrepierer.

(Beifall von den PIRATEN)

Konjunkturell wären diese Veränderungen der Besteuerung in keinem Falle schädlich. Die Finanz- und Wirtschaftspolitik in Deutschland ist ganz generell gesprochen nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Sie läuft den Krisenentwicklungen hoffnungslos hinterher. Wir sind sicherlich dafür, dass man finanzpolitisch vernünftig agiert. Es geht also nicht darum, dass der Staat möglichst viel Geld zum Fenster hinauswirft. Im Gegenteil: Wir wären wesentlich härter, was Steuersenkungen anbelangt, als es die Wirtschaftspolitik der letzten zehn bis 15 Jahre war. Wir sind auch gegen unspezifische Ausgabenprogramme.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Die Piratenfraktion ist aber vor allem dafür, dass die Wirtschaftspolitik endlich eines erkennt: Das Wirtschaftssystem ist aus sich heraus instabil. Es bedarf eines gemeinwohlorientierten politischen Gegenparts, um es insgesamt stabil zu halten. Wenn dieser Gegenpart nicht in hinreichender Stärke vorhanden ist, bleibt es bei genau den krisenhaften Entwicklungen, wie wir sie heute in ganz Europa und auch hier in Nordrhein-Westfalen vorfinden.

Ich möchte nicht schließen, ohne einen Appell an die regierungstragenden Fraktionen von Rot-Grün zu richten, die wenigen von uns gestellten Anträge – insbesondere zu Open Government, zum ÖPNV und zur Bildung – mitzutragen. Geben Sie sich doch einfach mal einen Ruck! Gegebenenfalls wären wir dann unsererseits vielleicht auch bereit, den Haushalt mitzutragen.

(Lachen von der SPD)

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Paul. – Für die Landesregierung erteile ich nun der Ministerpräsidentin Frau Kraft das Wort.

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir befinden uns in der Debatte über den Haushalt 2013. Bevor ich zu dem komme, was ich mir ursprünglich vorgenommen hatte, eine kurze Replik auf das, was vorhin in der Debatte gesagt worden ist.

Lieber Herr Kollege Lindner, ich finde, Sie müssten sich gut überlegen, ob Sie sich auf ein solch moralisch hohes Ross setzen. Der Kollege der Grünen hat gerade schon in Bezug auf die Klage gegen den Landeshaushalt gesagt: Die Regierung von CDU und FDP, die fünf Jahre lang hier regiert hat, hat zehn Klagen vor dem Verfassungsgericht verloren. Acht davon haben Sie selbst entgegengenommen, zwei haben wir an Ihrer statt entgegengenommen. Wir zahlen heute noch Hunderte von Millionen Euro für das, was das den Landeshaushalt an zusätzlichen Belastungen kostet.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Lieber Herr Kollege Lindner, man darf auch daran erinnern, dass es ein FDP-Minister dieser Landesregierung war, der sogar eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht verloren hat. Das war ziemlich einmalig für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Warum spreche ich von einem moralisch hohen Ross? Zum einen sind Sie wie immer ungenau. Das habe ich Ihnen in den letzten Sitzungen schon mehrfach vorgeworfen.

(Christian Lindner [FDP]: Sagen Sie konkret, wo!)

– Ich sage Ihnen, welche Stelle ich meine. Sie haben gerade ein Zitat des Finanzministers aus dem Bonner „General-Anzeiger“ gebracht, ohne es wortwörtlich vorzulesen, wenn ich mich richtig erinnere. Sie haben dabei außer Acht gelassen, dass der Kollege interveniert hat und dieses Zitat richtiggestellt worden ist. Das ist keine saubere Vorgehensweise in diesem Parlament, werter Herr Kollege.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

– Ich habe Ihnen doch geduldig zugehört. Vielleicht hören Sie mir auch zu.

(Christian Lindner [FDP]: Wie lautet denn das Zitat im Original?)

– Er hat es doch klargestellt; das können Sie gerne nachlesen.

(Christian Lindner [FDP]: Wie lautet es denn?)

Wirklich perfide ist, dass Sie dieser Landesregierung wiederum vorwerfen, Klimazertifikate auszugeben. Diese Entscheidung hat die Rüttgers-Regierung in Nordrhein-Westfalen getroffen, die Sie mitverantworten müssen – ob Ihnen das passt oder nicht, lieber Herr Kollege.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf: Da war er auch noch da!)

– Da waren Sie auch noch hier im Landtag. Erst danach sind Sie ja Richtung Berlin entfleucht.

Wirklich Sorgen macht mir aber die Wortwahl, die Sie an den Tag legen. Sie sprechen davon, wir hätten Stellen in die Apparate verteilt. Der Begriff „Apparate“ – was ist das für ein Bild vom öffentlichen Dienst des Landes Nordrhein-Westfalen

(Minister Ralf Jäger: Wo Menschen arbeiten!)

und der Menschen, die dort arbeiten? Was ist das für ein Bild, was Sie hier an den Tag legen?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dazu sage ich Ihnen. Zu jeder einzelnen dieser Stellen stehe ich. Denn wir sind Schritt für Schritt auf dem Weg, endlich damit Schluss zu machen, dass Menschen von einer Befristung in die nächste gehen. Wir wollen, dass sie ordentliche Stellen haben. Dazu steht diese Landesregierung. Das ist in diesem Paket enthalten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch von Karl-Josef Laumann [CDU] und Christian Lindner [FDP])

Dass Sie das Ganze immer noch unter der Überschrift „Privat vor Staat“ sehen, wissen wir. Dieser Irrweg hat das Land schon verdammt viel Geld gekostet. Ich erinnere nur an das, was Sie an strukturellen Veränderungen vorgenommen haben.

Herr Kollege Laumann, wir sollen die Strukturen verändern. Wir nehmen uns kein Beispiel an Ihnen, der Sie kommunalisiert haben, was das Zeug hielt, wozu wir hinterher den Kommunen die Zeche bezahlen mussten, weil Sie es nicht getan haben! Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch von der CDU)

Lieber Herr Kollege Lindner, was mich wirklich irritiert – offensichtlich liegt das an Ihrem letzten Wahlparteitag –: Bei der Energiewende und der Stromsteuer sind Sie einfach nicht auf der Höhe der Zeit. Es ist eine gemeinsame Position von Rot und Grün,

(Christian Lindner [FDP]: Ach!)

die wir morgen in der Konferenz der Ministerpräsidenten diskutieren wollen. Offensichtlich sind Sie inzwischen von Berlin abgekoppelt und wissen nicht mehr, was in den Verhandlungsrunden auf den Tisch gelegt worden ist. Das ist die Wahrheit, die heute ans Licht kommt: Sie haben zu Berlin offensichtlich keinen Draht mehr.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dass Sie uns in den Ländervergleich stellen und auch noch das Beispiel Sachsen nehmen, kreide ich Ihnen nicht an. Aber ich möchte, dass dann auch hier die ganze Wahrheit, für diejenigen, die uns zuhören, verfügbar ist: Sachsen hat 2013 ein Haushaltsvolumen von knapp über 16 Milliarden €. Davon sind über 6 Milliarden € aus dem Finanzausgleich, aus Bundesergänzungszuweisungen und aus Sonderzahlungen des Bundes. Das gehört auch zur Wahrheit. Das sollten Sie uns nicht als leuchtendes Beispiel vorhalten; denn das wäre für Nordrhein-Westfalen strukturell nicht gut.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, wir halten hier in Nordrhein-Westfalen Kurs.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das ist ja das Schlimme!)

Wir haben die fallende Linie fortgesetzt. Ich weiß, das bringt Sie zur Verzweiflung. Wir haben 2012 mal wieder besser abgeschlossen als geplant. Eine sparsame Haushaltsführung und eine Konsolidierung sind wichtig, und wir nehmen die Schuldenbremse sehr ernst.

Herr Laumann, Sie hatten ja in der ersten Lesung ein Problem mit dem Vergleich der Plan- und Ist-Zahlen. Bei den jetzigen 3,4 Milliarden € ist sowohl weniger im Plan 2012 als auch im Ist 2012. Auch das nur an dieser Stelle.

Wir sparen weiter: Die Neuverschuldung wird auch 2014 weiter nach unten gehen: 2,4 Milliarden € zuzüglich einer nicht strukturwirksamen Belastung von 900 Millionen € für den WestLB-Umbau. Unsere mittelfristige Finanzplanung zeigt: Wir sind auf einem guten Weg. Wir werden diesen Weg verantwortungsvoll weitergehen. Das ist das Merkmal dieser Landesregierung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das heißt für uns: Wir bleiben bei dem Dreiklang. Wir sparen, aber mit Augenmaß. Im Haushalt 2013 haben wir rund 1 Milliarde € eingespart. Davon sind rund 150 Millionen € strukturell, also dauerhaft.

(Bernhard Schemmer [CDU]: Wo denn?)

– Das können Sie gerne nachlesen. Ich stelle Ihnen den Text gerne noch einmal zur Verfügung, falls er bei Ihnen nicht angekommen ist. – Also: 150 Millionen € strukturell und dauerhaft durch Kürzungen, Umstrukturierungen bei den Förderprogrammen.

Wir haben es uns nicht leicht gemacht – das ist eben schon in der Debatte angesprochen worden –, aber wir bleiben bei unserem Ziel, bis 2017 aufwachsend strukturell 1 Milliarde € einzusparen.

In der „Welt am Sonntag“ las ich am 13. Januar 2013 – mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich –:

Unter vier Augen gestehen auch führende Christdemokraten, man könne nicht viel mehr als 1 Milliarde € allein in NRW sparen, sofern man nicht gerade ein Schlachtfest unter Polizisten, Richtern, Erziehern und Lehrern und damit an der öffentlichen Sicherheit, der Bildung und dem Rechtsstaat anrichten wolle.

Herzlichen willkommen im Club! Dann sind wir ja auf einer Größenordnung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir bleiben auch dabei, dass wir investieren. Wir investieren seit 2010 in Bildung, in Kitas, in Vorbeugung und insbesondere in die Kommunen. Das ist die Grundlage dafür, dass wir in Zukunft höhere Einnahmen erwarten können und geringere Ausgaben haben werden.

Ja, wir investieren weiter in die Kommunen. Schon die Finanzausgleichsmasse im Gemeindefinanzierungsgesetz 2012 umfasste ein Rekordniveau. Nie zuvor hat das Land mehr Geld an die kommunale Familie überwiesen. Mit dem Gemeindefinanzierungsgesetz 2013, um das es heute geht, erhöht sich diese Summe noch einmal um 235 Millionen €. Rund 8,7 Milliarden € wird die Finanzausgleichsmasse in diesem Jahr betragen. Der Rekord des vergangenen Jahres wird noch einmal gebrochen. Das ist zum Wohle der Kommunen, aber vor allem zum Wohle der Menschen, die dort leben und die Sie in der Vergangenheit sträflich vernachlässigt haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Auch in finanzpolitisch schwierigen Zeiten sparen wir die Kultur nicht kaputt. Schwerpunkte im Kulturhaushalt spiegeln den Stellenwert wider, den die Kultur für uns, für die Landesregierung, und die Fraktionen besitzt.

(Prof. Dr. Thomas Sternberg [CDU]: 10 % weniger! – Gegenruf von Mehrdad Mostofi­zadeh [GRÜNE])

– Ich sage Ihnen jetzt die Summe. Warten Sie doch! Wenn Sie mir zuhören, klärt sich das vielleicht auf.

Der Kulturhaushalt umfasst rund 182 Millionen €. Bereinigt um Sondereffekte sind das 5 Millionen € mehr als bei der Regierungsübernahme 2010.

(Zuruf von der SPD: Hört, hört!)

So weit dazu, wer Wort hält, lieber Kollege.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Auch hier sind die Konsolidierungsmaßnahmen hart. Sie betreffen zum großen Teil Projektförderungen, in denen es Spielräume gab, oder Projekte, die nicht mehr so stark nachgefragt worden sind. Gekürzt wird weder dort, wo Institutionen im Bestand gefährdet werden, noch beim Personal der Einrichtungen. Eine Gefahr, dass bestehende Strukturen zerstört werden, besteht nicht. So bedauerlich die Kürzungen sind – sie verursachen keine strukturellen Beeinträchtigungen und sind daher verkraftbar und zu verantworten.

Die großen Kulturförderprogramme für unsere Kinder und Jugend, werter Herr Kollege Lindner – Kulturrucksack und JeKi –, werden fortgeführt. Wir alle wissen, wie wichtig kulturelle Bildung gerade für die Persönlichkeitsentwicklung junger Menschen ist. Da geht es in der Tat um Teilhabe. Gerade in diesem Alter entwickeln junge Menschen eigene kulturelle Interessen. Wir müssen ihnen alle Chancen geben, die Kreativität zu erproben und sich mit Kunst und Kultur vertraut zu machen.

Die Angebote müssen kostenfrei bzw. kostengünstig, leicht zu erreichen, attraktiv und altersgemäß sein. Der Kulturrucksack, den Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, abgelehnt haben, lädt 10- bis 14-Jährige ein, am kulturellen Leben teilzunehmen und dabei eigene Ideen und Vorstellungen zu entwickeln. 130 Kommunen packen diesen Rucksack bisher, und das ist eine hervorragende Arbeit im Sinne der Kinder in unserem Land.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich nenne an dieser Stelle auch ausdrücklich den Sport. Sport ist ein Bereich, in den wir weiter investieren werden. Einen zentralen Stellenwert hat für uns der „Pakt für den Sport“. Wir wollen deshalb auch hier eine längerfristige, stabile finanzielle Basis schaffen. Wir wissen alle: Wegen der Unsicherheiten und Risiken bei den Wetterträgen, die auch nach dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags noch nicht gebannt sind, konnten wir leider noch nicht zu einer abschließenden Lösung kommen.

Ich sage es hier sehr deutlich: Uns ist es wichtig, dass der Sport möglichst schnell finanzielle Planungssicherheit erhält. Es ist unser Ziel, das noch im Sommer hinzubekommen. Eine faire Verständigung, eine Verstetigung der Mittel bis zum Ende der Legislaturperiode ist zugesagt. Auch dabei werden wir Wort halten. Denn es geht um die Vereine, die Trainierfinanzierung, darum, dass auch das den Menschen in diesem Land zugutekommt. Auch dabei geht es um Teilhabe, werte Kolleginnen und Kollegen der Piraten.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, wir setzen auch weiter auf Einnahmeverbesserungen. Wir haben die Grunderwerbsteuer erhöht. Wir tun das, was wir als Land leisten können. Wir streiten auch in Zukunft für die Wiedereinführung der Vermögensteuer sowie eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes. Ja, starke Schultern können und müssen mehr tragen als schwache. Finanziell starke Mitglieder unseres Gemeinwesens müssen mehr Verantwortung übernehmen. Deshalb brauchen wir in diesem Bereich Korrekturen.

Aber ich sage Ihnen auch: Zur Gerechtigkeit in diesem Feld gehört für uns genauso, dass wir Schwarzgelder auch in Zukunft aufdecken werden. Wir wollen, dass die, die Steuern zahlen müssen, das in diesem Land auch tun. Daran werden wir weiter arbeiten.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist nicht nur ein Gewinn für den Fiskus. Für uns ist das Gerechtigkeit.

Sprechen wir doch einmal ein bisschen über das, was sich im Moment mit Blick auf die Bundestagswahl abzeichnet: Wir stehen sehr offen dazu, dass der Staat insbesondere auf der kommunalen Ebene, auf der Länderebene, für Bildung und Infrastruktur mehr Einnahmen braucht. Das sind die großen Themen unserer Zeit, zu denen Sie überhaupt keine Lösungen anbieten. Stattdessen überhäufen sich CDU, CSU und FDP mit Wahlversprechen.

(Widerspruch von der CDU)

– Doch! Sie überbieten sich im Wettbewerb der Wahlversprechen: Mütterrente – aber erst nach der Bundestagswahl. Soli abschaffen! Das ist übrigens die Wahllüge 2.0, die sich gerade bei der FDP anbahnt. Das haben Sie 2009 schon einmal versprochen. Die einzigen, die von Ihren Steuersenkungen profitiert haben, waren die Hoteliers. Das gehört zur Wahrheit dazu.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Lebhafter Widerspruch von Dr. Joachim Stamp [FDP])

Ein dritter Punkt – dazu trägt auch die CSU bei –: Die Eigenheimzulage soll wiederhergestellt werden. – Das sind alles wunderbare Versprechen. Man kann im Einzelnen durchdiskutieren, was weniger oder mehr sinnvoll ist. Dazu will ich mich gar nicht äußern. Aber Sie können sich doch nicht auf der anderen Seite hinstellen und sagen: Der Schuldenabbau ist wichtiger! – Die aktuelle Bundesregierung hat zwischen 2010 und 2013 100 Milliarden € neue Schulden gemacht. Das ist die Wahrheit in der Bundesrepublik Deutschland in diesem Jahr. Sie wollen 40 Milliarden € mehr ausgeben!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Damit, meine Damen und Herren, bin ich bei den Anträgen der Opposition. Ich habe sie mir alle angeschaut, Herr Laumann. Einiges ist schon erwähnt worden.

Ich halte diese Anträge entweder für unsozial, für unklar, unbezahlbar oder für unrealistisch.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ach so!)

Ich meine die Anträge von Ihnen beiden und sage Ihnen auch, warum: Ich nehme einmal ein paar Anträge heraus:

Die CDU will ab 2013 pro Jahr 200 Polizeiverwaltungsassistenten einstellen, und zwar fünf Jahre lang, bis 2017, also insgesamt 1.000. Dafür veranschlagen Sie in diesem Jahr 500.000 €. In der Endstufe 2017 sollen es 5 Millionen € sein. Pro Stelle und Jahr ergibt das exakt 5.000 €. Das heißt 420 € pro Monat. Der Hartz-IV-Satz liegt bei 382 €. Im Klartext: Sie wollen qualifizierte Polizeibeamtinnen und -beamte durch Beschäftigte entlasten, die auf 450-€-Basis mit einem Stundenlohn – berechnet auf 158 Arbeitsstunden – von 2,65 € arbeiten. Ist das Ihre Lohnuntergrenze, Herr Laumann? Ist das das, was Sie wollen?

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Widerspruch von Karl-Josef Laumann [CDU])

Und dann zu Ihren tollen Gegenfinanzierungen: Zu den Studiengebühren ist schon einiges gesagt worden. Sie sind die letzten schwarz-gelben Mohikaner an dieser Front. Interessant fand ich, als sich die Bayern entschlossen haben, die Studiengebühren abzuschaffen. Mit Erlaubnis des Präsidenten zitiere ich aus einer dpa-Meldung vom 14. März. Dort wird Herr Söder zitiert. Das Zitat beginnt:

„Die Abschaffung der Studiengebühren oder die Reduzierung der Kindergartengebühren sind nicht einfach Mehrausgaben. Das sind weiche Standortfaktoren, die uns helfen, die besten Köpfe nach Bayern zu holen. Das bringt uns eine gesellschaftliche Rendite. Wenn wir die Qualität der Kinderbetreuung jetzt verbessen, sparen wir uns in der Zukunft soziale Reparaturkosten.“

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN: Hey!)

Willkommen im Club!

(Anhaltender lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Minister Ralf Jäger: Guter Mann!)

Die Zeit läuft mir ein bisschen weg. Ich würde aber trotzdem gerne noch den einen oder anderen Punkt nennen. Unter „unsozial“ fällt noch das, was im Schulbereich geplant ist, und auch das Sozialticket, das Sie als „Konsum“ werten. Ich sage Ihnen: Das ist kein Luxuskonsum, sondern wir geben Menschen, die es sich ansonsten nicht leisten können, die Möglichkeit, ein Grundbedürfnis – nämlich das auf Mobilität – zu erfüllen. Das ist konkrete Sicherung von Teilhabe in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zur Rubrik „unklar“, Herr Kollege Laumann. Medizinische Fakultät der Universität Bielefeld: Sie sagen selbst, dass Sie nicht so genau wissen, was das kostet. Ich kann Ihnen sagen, was der laufende Betrieb einer medizinischen Einrichtung an der Ruhr-Universität Bochum kostet. Es geht nur um den laufenden Betrieb; in Labore und vieles andere, was dazu gehört, haben wir dann noch nicht investiert: Allein schon der Betrieb beläuft sich auf 37 Millionen € jährlich.

Sagen Sie klar, was Sie wollen, was es kostet und wie Sie es finanzieren wollen! Wir sind auf Ihre Vorschläge gespannt.

Unklar ist für mich allerdings auch: Sie wollen als CDU das „Projekt Prävention Jugendkriminalität“ für überflüssig erklären und etatisieren ein Minus von 7,5 Millionen €. Entschuldigung, dazu müssen Sie mir einiges erklären: Das Projekt fußt nämlich auf den Handlungsempfehlungen der Enquetekommission zur Erarbeitung von Vorschlägen für eine effektive Präventionspolitik. Ich erinnere mich gut: Die Ergebnisse dieser Kommission hat damals Ihre Kollegin Gabriele Kordowski am 25. März 2010 dem Landtag als einstimmigen Beschluss vorgelegt.

Einen Teil der Empfehlungen haben wir bereits mit dem „Projekt Prävention Jugendkriminalität“ aufgegriffen und für die Umsetzung die entsprechenden Mittel bereitgestellt, insbesondere für das Präventionsprogramm „Kurve kriegen“. Im Rahmen dieses Programms betreuen seit 2011 Teams aus Polizei und neu eingestellten pädagogischen Fachkräften gefährdete Kinder und Jugendliche. Derzeit sind das über 200 Kinder und Jugendliche sowie deren Familien. Wollen Sie wirklich, dass wir dieses Programm stoppen? Dann sagen Sie das den Menschen in diesem Land, Herr Laumann!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wie ich sehe, diskutieren Sie gerade. Vielleicht lag da auch eine Verwechselung vor. Möglicherweise meinten Sie die Errichtung der Landespräventionsstelle. Das ist aber ebenfalls eine Empfehlung der Enquetekommission – die wir übrigens derzeit prüfen. Und Sie wollen schon Mittel streichen! Das ist eine interessante Variante.

Ich komme zur Rubrik „unbezahlbar“. Sie brauchten ja Gegenfinanzierungsvorschläge. Ich hatte Ihnen vorher schon drei gesagt – sie sind auch von Ihnen gemacht worden –, nämlich Kitagebühren, Studiengebühren und die Pauschale, auf die ich gleich zu sprechen komme. Dann brauchten Sie auch noch etwas Konkretes. Daher wollen Sie mal eben das Wasserentnahmeentgelt abschaffen – verbunden mit einem Einnahmeausfall von 100 Millionen € im Jahr. Meine Damen und Herren, das kann der Landeshaushalt schlicht und einfach nicht verkraften.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Jetzt kommen wir zu dem, was etwas klarer auf dem Tisch liegt, dafür aber schlicht unrealistisch ist, nämlich zu Ihrem Vorschlag, im Jahr 2013 durch Kürzung aller Förderprogramme 116 Millionen € und bis zum Jahr 2017 sogar 580 Millionen € einzusparen.

Lieber Herr Laumann, seien Sie in diesem Haus doch ehrlich! Die Einsparpotenziale, die Sie da vorgaukeln, existieren nicht. Offenbar beherrschen Sie die Grundrechenarten nicht. Sie schlagen vor, die Förderprogramme in fünf Schritten um je 4 %, also insgesamt 20 %, nach der Rasenmähermethode zu kürzen. Die Summe aller Landesförderprogramme im Haushaltsentwurf 2013 beträgt aber nur knapp 1,3 Milliarden €. 4 % davon sind genauso wenig 116 Millionen €, nämlich nur etwas weniger als die Hälfte, wie 20 % im Endausbau 580 Millionen € sind.

Um die von Ihnen behauptete Summe auch nur annähernd zu erreichen, müssten Sie an den Ganztag, die Kulturförderung und den U3-Ausbau herangehen. Wenn Sie das wollen, dann stellen Sie sich hierhin und stehen Sie dazu! Machen Sie dann dafür den Rücken breit!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Das ist genauso unrealistisch wie die Annahme der FDP, es ließe sich kurzerhand eine globale Mehreinnahme von 25 Millionen € ansetzen. Diese soll durch einen – ich zitiere – „Entfesselungsimpuls für die Wirtschaft“ erwirtschaftet werden.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Ja, natürlich!)

Dass Sie manchmal vor dem Spiegel den Eindruck haben, eine solche Wirkung entfalten zu können, mag ja sein.

(Heiterkeit von der SPD)

Ich halte das für Voodoo-Ökonomie. So geht konkrete Haushaltspolitik in Nordrhein-Westfalen nicht!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Was mich bei der Durchsicht schier sprachlos gemacht hat, war Folgendes: Rechnet man die mit allen Anträgen von CDU und FDP verbundenen Mehrkosten zusammen – wenn man dazu überhaupt präzise genug in der Lage ist, weil manches im Vagen bleibt –, kommt man auf eine Summe von 560 bis 900 Millionen €. Das Ganze ist also ein teurer Strauß von Vorschlägen,

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Ein guter Strauß!)

den niemand geschenkt haben will: Unkraut, Plastikblumen, Zierblüten, Giftpflanzen. Ihre Vorschläge sind unrealistisch, unsozial, unklar bzw. unbezahlbar. Mit einem Wort: Sie sind unbrauchbar.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Sie verhalten sich so wie vorhergesagt: Während Sie unbrauchbare eigene Vorschläge machen, bekämpfen Sie alle unsere Vorschläge –

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Sie haben ja keine!)

egal an welcher Stelle, egal wo wir beispielsweise Strukturen überprüfen wollen. Wenn wir sagen, wir wollen die Denkmalpflege demokratisieren, sind Sie erst einmal dagegen und bauen sich auf. Schauen wir doch einmal auf die Details!

Vor dem Landtag stehen die vom Auslaufen der Förderung der PTA-Lehranstalt Betroffenen. Ja, wir werden diese Förderung mit dem Ausbildungsjahr 2013 einstellen, wobei die laufenden Kurse noch ausfinanziert werden. Sie wollen das Gleiche auch, wie ich aus den Debatten höre, glauben aber, dass man das noch drei Jahre hinauszögern sollte –

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Quatsch!)

mit der Begründung, es müsse eine einvernehmliche schrittweise Lösung gefunden werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, nach alternativen Lösungen haben alle Beteiligten seit Monaten in zahlreichen Gesprächen gesucht – aber leider erfolglos.

Aufgrund des großen Interesses der Apotheken an gut ausgebildeten Fachkräften – der Kollege Römer hat auf die Umlagesysteme in anderen Bereichen hingewiesen – ist es aus unserer Sicht gerechtfertigt, wenn die Apotheken demnächst ihren Beitrag übernehmen. Würden sie den kompletten Betrag der bisherigen Landesförderung übernehmen, wäre das eine jährliche Zusatzbelastung von rund 290 € pro Apotheke.

(Oskar Burkert [CDU]: Bildung für alle!)

Angesichts der Finanzsituation des Landeshaushalts finde ich das verkraftbar, meine Damen und Herren. Das ist verkraftbar.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ja, alle diese Dinge, die wir uns vorgenommen haben, die wir umgesetzt haben und die wir auch weiter vollbringen müssen, um unser Ziel, null Neuverschuldung in 2020, zu erreichen, sind nicht einfach. Wir machen es uns auch nicht einfach, weder in der Regierung noch mit den Fraktionen.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Sie machen es sich sehr einfach!)

Wir waren damit konfrontiert, das Tarifergebnis umzusetzen. Ja, das ist uns nicht leichtgefallen. Die Daten und Fakten sind hier eben angesprochen worden. Eine komplette Umsetzung des Tarifergebnisses, das ja für die Angestellten des Landes umgesetzt wird, auf den Bereich der Beamtinnen und Beamten sowie der Pensionäre hätte bis 2014 Mehrausgaben von mehr als 1,3 Milliarden € bedeutet – über 1,3 Milliarden € bei einem Gesamthaushalt von 60 Milliarden €! Wir glauben, dass das nicht geht. Da machen wir in der Tat den Rücken breit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von FDP und CDU, wir waren da auch immer klar, und wir bleiben klar. Wir haben an keiner Stelle gesagt, dass der Personalbereich, der 43 % unseres Haushalts ausmacht, bei den Konsolidierungen nicht einbezogen wird. Wir haben nie davon gesprochen, dass er ausgenommen werden soll. Sie können gerne nachlesen, was in unserem Koalitionsvertrag zu diesem Thema steht. Dort steht unter dem Kapitel „Finanzen“, Seite 125:

„Betrachtet man diese Entwicklung“

– also die Verschlechterung der finanziellen Situation der Haushalte –

„im Zusammenhang mit der im Grundgesetz festgeschriebenen Schuldenbremse, sind sowohl grundlegende als auch strukturelle Veränderungen in allen Bereichen und Ressorts auf der Ausgabenseite sowie massive Einnahmeverbesserungen im Hinblick auf die Bund-Länder-Beziehungen unausweichlich.“

So weit der Koalitionsvertrag. Zitate ähnlicher Art finden Sie auch in den sogenannten Wahlprüfsteinen.

Ich sage Ihnen etwas zu den Zitaten, die im Moment durch die Gegend kursieren. Herr Laumann, eines vorweg: Wenn Sie schon sagen, was Sie in den fünf Jahren nicht gemacht haben – vielleicht erinnern Sie sich nur nicht mehr –, so haben Sie auch im Jahre 2009 und 2010 die Einmalzahlungen nicht realisiert und den Sockelbetrag halbiert. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.

Aber eines vergessen Ihnen die Beschäftigten sowieso nicht, nämlich dass Sie die Mitbestimmung rasiert haben. Das werden die Beschäftigten nachhaltig nicht vergessen. Machen Sie sich keine Sorgen!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Kommen wir jetzt zu den Zitaten, die von Ihnen in Presseerklärungen benutzt werden. Sie sind einem Briefwechsel zwischen der Landesregierung und dem Vorsitzenden des Deutschen Beamtenbundes entnommen. Der erste Brief von Herrn Guntermann kam am 25.10.2011. Er ist vom Finanzminister beantwortet worden. Daraus ist ein Zitat allerorten zu lesen. Ich lese jetzt ein Stück weiter – weil es immer aus dem Zusammenhang gerissen wird – ein Zitat, das deutlicher nicht sein kann. Der Finanzminister antwortet – ich zitiere –:

Zu einem vertrauensvollen Umgang zwischen Landesregierung, Beamtenschaft und dbb gehört aber auch, dass man den Beschäftigten im öffentlichen Dienst klar sagt, was geht und was nicht.

Weiter unten: Die Landesregierung sieht im Rahmen einer nachhaltigen Politik Konsolidierungsmaßnahmen als unausweichlich an. Das erfordert eine zurückhaltende Ausgabenpolitik in allen Bereichen. Auch die Personalausgaben als größter Ausgabenblock können bei den Konsolidierungsmaßnahmen deshalb nicht außen vor bleiben. – So weit das direkte Antwortschreiben des Finanzministers.

Ich habe dann auch noch einmal geantwortet und mich auf dieses Schreiben inhaltlich bezogen und deutlich gemacht, dass wir – der Brief stand unter der Überschrift „Weihnachtsgeld“; darum ging es in diesem Briefwechsel – diese Einschnitte nicht vollziehen wollen.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Das glaubt Ihnen keiner!)

Wenn uns eines unterscheidet bei dem, was da unterstellt wird, dann Folgendes: Uns unterscheidet, dass bei den schmerzlichen Maßnahmen, die wir auf den Weg bringen müssen, keiner morgen weniger Geld im Portemonnaie hat als heute. Das unterscheidet uns von dem, was manchmal in der Vergangenheit passiert ist.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Nur dass Sie aktiv getäuscht haben, das unterscheidet uns!)

– Ich habe Ihnen gerade dargelegt, dass ich das nicht getan habe. Zeigen Sie mir doch ein Zitat, wonach ich das getan habe. Zeigen Sie es mir doch! Und dass wir in diesem Bereich sozial gestaffelt umsetzen mussten und dass einige nur 1 % pro Jahr und einige nichts bekommen, ist etwas, was uns wehtut, weil wir wissen, dass wir eine leistungsstarke Verwaltung in diesem Land haben.

Wir reden eben nicht von Apparaten und Apparatschiks, sondern wir wissen, dass es nicht nur darum geht, Beschäftigung zu sichern, sondern auch die Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger zu sichern. Und dieses Versprechen halten wir ein. Das steht für uns als oberste Maxime im Raum. Und dazu machen wir auch den Rücken breit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Josef Hovenjürgen [CDU]: Wir finden das alles im Wahlkampf wieder!)

– Ja, wir stehen zu dem. Wir haben es im Wahlkampf nicht anders gesagt. Ich habe mit vielen Kolleginnen und Kollegen von Ihnen auf Podien gesessen. Zeigen Sie mir irgendeine Stelle, wo ich gesagt haben sollte, der Personalbereich werde nie in Konsolidierungsmaßnahmen einbezogen. Das haben wir nicht getan. Behaupten Sie hier nichts Falsches.

Wir werden uns dieser Debatte stellen. Wir sind offen auch im Vorfeld damit umgegangen. Wir stehen zu dem, was wir tun müssen, um eine verfassungskonforme Einhaltung der Null-Schuldengrenze 2020 zu erzielen. Dazu stehen wir. Und dazu werden wir in die Diskussion gehen, auch mit den Kolleginnen und Kollegen.

Aber wir stehen auch zu dem, was wir auf der anderen Seite an Investitionen getätigt haben, in Bildung, in Kommunen und in Vorbeugung. An dieser Stelle sage ich noch einmal: Ich freue mich darüber, dass wir es allen Unkenrufen zum Trotz gemeinsam mit den Kommunen, die man nicht vergessen darf, geschafft haben, die Zahl der Kita-Plätze zu erreichen. Dass Ihnen das nicht so ganz in den Kram passt, merkt man daran, wie Sie damit umgehen.

(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Herr Tenhumberg – wo ist er? –, Sie geben allen Ernstes eine Presseerklärung heraus, in der Sie sagen: Die Jubelbilanz der rot-grünen Landesregierung geht zulasten der Qualität, wobei Sie wissen, dass die Qualitätsstandards gleich geblieben sind.

(Zuruf von Bernhard Tenhumberg [CDU])

Sie wissen das. Und dann geht es weiter, nur mit Notverordnungen und Provisorien werde die Hürde statistisch genommen.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Wo er recht hat, hat er recht!)

Ich glaube, man muss Sie einmal daran erinnern, was der Duktus einer Notverordnung war. Auch da sind Sie geschichtsvergessen. Ich finde es schändlich, dass Sie einen solchen Begriff in einem solchen Zusammenhang nutzen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Aber natürlich haben Sie das nicht erwartet. Das konnte man auch nachlesen: 09.01., Bericht aus der Jahres-Pressekonferenz – Zitat –:

„Beim Ausbau der Kita-Plätze signalisiert Laumann die Bereitschaft der CDU zu pragmatischen Lösungen. Zuvor müsse Familienministerin Ute Schäfer (SPD) aber eingestehen, dass bis zum Beginn des Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz im August nicht alle nötigen Plätze zur Verfügung stehen.“

Zitat Laumann, 09.01.:

„Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche.“

(Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

– Herr Laumann, Sie haben unrecht gehabt. Entschuldigen Sie sich bitte bei der Kollegin Schäfer! Das hätte Größe, wenn Sie das tun würden.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU] – Josef Hovenjürgen [CDU]: Frau Schäfer heißt mit zweitem Namen Mogelpackung!)

Wie immer noch eine Drehzahl höher der Kollege Lindner, nachzulesen in „derwesten.de“ am 09.01., Bericht vom Neujahrsempfang der FDP: Bei U3 sei Nordrhein-Westfalen zudem Schlusslicht. Wörtlich:

„Die Familien, die sich dabei auf Rot-Grün verlassen, sind dann die Verlassenen.“

Nein, Herr Kollege Lindner, sind sie nicht, weil wir das nachholen, was Sie in fünf Jahren Regierung auf diesem Themenfeld haben liegen lassen. Das ist der entscheidende Punkt.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Der Gipfel der Unverfrorenheit ist das, was ich heute lesen konnte, dass nämlich Bundesministerin Schröder die Zahlen aus Nordrhein-Westfalen anzweifelt.

Ich sage Ihnen: Die Ministerin soll vernünftig ihre Hausaufgaben machen – für die Kinder in diesem Land, damit der Ausbau schneller vorankommt – und nicht das Betreuungsgeld unterstützen. Das wäre die richtige Politik für Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Abschließend, Herr Laumann, noch ein Wort zur Inklusion: Bei diesem Thema gilt für uns nach wie vor: Der Elternwille zählt. Wir haben gesagt, dass wir Schritt für Schritt vorgehen, dies aber vernünftig.

In den zwei Jahren unserer Regierung haben wir mehr erreicht als Sie – auch als zuständiger Minister – in fünf Jahren vorher. Die Inklusionsquote ist seitdem um zehn Prozentpunkte gestiegen, von 14,6 % auf 24,6 %. Dafür haben wir die Zahl der Lehrerinnen- und Lehrerstellen mehr als verdoppelt, von 532 auf 1.215 in 2012.

Sie meinen, das ginge alles ohne Ressourcen. Dazu sage ich Ihnen nur eines: Wir haben für die Ausweitung des gemeinsamen Lernens bis 2017 noch einmal 2.000 Stellen für Lehrerinnen und Lehrer zur Verfügung gestellt. Das ist verantwortungsvoller Umgang mit diesem Thema. Hierfür danke ich auch meiner Kollegin Sylvia Löhrmann. – Vielen Dank.

(Langanhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. – Für die CDU-Fraktion, meine Kolleginnen und Kollegen, erteile ich nun Herrn Kollegen Laschet das Wort. Bitte.

Armin Laschet (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Ministerpräsidentin hat …

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Gute Rede!)

– Sie lobt sich selbst und sagt, sie habe eine gute Rede gehalten. Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie sonst keiner lobt, ist es gut, dass die Regierungsbank sich wenigstens selbst lobt.

(Zuruf von der SPD: Keine Sorge, Sie lobt keiner!)

Frau Löhrmann lobt also Frau Kraft.

(Zuruf von der SPD: Sie stellt die Wirklichkeit fest!)

Die Ministerpräsidentin hat unter anderem über die Bundespolitik gesprochen. Zu dem wichtigen Energiegipfel, der morgen stattfindet und der für das Industrieland Nordrhein-Westfalen sehr wichtig ist, hat sie einen einzigen Halbsatz verloren.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

– Sie haben doch darüber gesprochen. Sie haben zu Christian Lindner gesagt, Rot-Grün habe für morgen Ideen, Christian Lindner würde diese aber nicht kennen. – Der ganze Landtag kennt diese Ideen nicht, weil Sie sie hier nicht vorgetragen haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Eines aber spüren wir, trotz allem, was Sie hier entgegnet haben: Sie haben uns etwas vorgerechnet, mit Förderprogrammen von 2, 3 oder 4 Millionen €; Sie haben Briefwechsel hin und her zitiert. Es gibt jedoch ein paar ganz einfache Botschaften: Sie haben den Beamten gesagt: Es wird keine Einschnitte geben. Wir übertragen das, was wir verhandeln.

(Zurufe von der SPD: Das ist nicht wahr! Das stimmt doch gar nicht!)

Die Menschen draußen haben das genau verstanden. Sie sind wortbrüchig. Da können Sie Briefe zitieren, wie Sie wollen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Idee ist doch nicht falsch. Ich prophezeie Ihnen:

(Zuruf von der SPD: Wie ist denn Ihre Meinung dazu?)

Sie werden noch im Laufe dieses Jahres, spätestens beim Haushalt 2014, genau dieses Argument des Kollegen Laumann aufgreifen. Wir brauchen Strukturveränderungen in der öffentlichen Verwaltung. Wenn Sie mit Ihrem Tempo – 2.000 neue Stellen seit 2010 – weitermachen, werden Sie demnächst von den „Reichen“ nicht erst ab A13 sprechen, sondern Sie werden noch viel weiter unten ansetzen müssen. Es ist doch völlig absurd, bei A11 mit den Einschnitten anzusetzen und von „Reichen“ zu sprechen, bei denen man Einsparungen vornehmen kann, und dann bei A13 voll zuzuschlagen!

(Zurufe von der SPD)

Sie treffen den Mittelstand der Gesellschaft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Sie wissen das. Die Frau Kollegin Löhrmann, die neben Ihnen sitzt, weiß das auch.

Wir stehen mit 15 anderen Bundesländern in einem Wettbewerb um die Lehrer. In den nächsten Jahren wollen wir die besten Lehrer für uns gewinnen. Glauben Sie eigentlich, dass jemand, der sein Lehramtsstudium beendet hat und überlegt, wo er berufstätig werden soll, sich einen Job in Nordrhein-Westfalen suchen wird, wenn er genau weiß, dass er in den nächsten zwei Jahren nicht mehr verdienen wird?

Das ist unverantwortlich für das Bildungssystem und für die Kinder in diesem Land. Wir brauchen gute Lehrer, und die müssen wir anständig bezahlen. Das ist Ihr Problem.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich darf noch einmal auf Ihre Bemerkung von vorhin zurückkommen. Wir kennen die Position, die Sie morgen vortragen werden, noch nicht. Sie sagen, die Stromsteuer solle gesenkt werden. Es ist natürlich immer einfach, zu fordern, dass der Bund die Kosten übernehmen soll. Ich hege eine gewisse Sympathie dafür, dass der Staat nicht nur verdienen kann, dass man bei der Industrie Geld wegnimmt und Rückgriffe bei den Regenerativen macht.

Die Kernfrage jedoch – und Sie koordinieren die A-Länder – beantworten Sie nicht: Wie kann dieser maßlose Ausbau der regenerativen Energien gestoppt werden?

(Zuruf von der SPD: Maßlos?)

Sie bezahlen Strom, der gar nicht abgenommen wird, Sie unterstützen ein völlig unmarktwirtschaftliches System. Wie kann das verändert werden? Darauf müssen Sie morgen eine Antwort geben. Das berührt die Industrie in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU)

Sie verweigern sich. Sie sagen, der Bund soll das alles machen. Aber diese Aufgabe können nur Bund und Länder gemeinsam bewältigen. Das ist die größte Herausforderung für den Föderalismus, die wir je gehabt haben. Wie stemmen wir diese Energiewende? Wenn eine A-Koordinatorin sich zurücklehnt und keine Vorschläge macht

(Zurufe von der SPD: Was sagt denn Herr Altmaier? Weiß das Herr Altmaier?)

und die Grünen selbst sogar behaupten, es gibt nicht einmal ein Problem bei den steigenden Stromkosten, dann geht das an der Realität der Menschen und der Industrie in Nordrhein-Westfalen vorbei.

(Beifall von der CDU)

Dass ich damit recht habe, können Sie der morgigen, aber der heute schon getickerten Ausgabe der „Zeit“ entnehmen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Das ist ganz spannend.

(Zuruf von der SPD: Darf man das denn vorher veröffentlichen? – Weitere lebhafte Zurufe von der SPD)

– Sie haben die abbestellt.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

– Keine Aufregung. Hören Sie sich das doch einfach an.

(Weitere Zurufe von der SPD)

– Sie sind schon unruhig, weil Sie genau wissen, was ich jetzt zitiere. Da sagt Ihr Parteivorsitzender Sigmar Gabriel – ich zitiere das einmal wörtlich –: Die Grünen werden nie verstehen, wie eine Verkäuferin bei Aldi denkt. Mit einem B3-Gehalt versteht man auch nicht, warum es einer Krankenschwester nicht egal ist, wie viel der Strom kostet. Grüne werden nie verstehen, wenn es billige Flüge nach Mallorca gibt. Grüne Ideen vom bedingungslosen Grundeinkommen seien für arbeitende Menschen ein Affront.

(Zurufe von der SPD)

Das ist exakt das Problem. Sie verstehen die kleinen Leute nicht, weil die Grünen in Nordrhein-Westfalen die Politik diktieren. Das ist das Problem, das auch morgen bei diesem Gipfel zur Sprache kommen sollte.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Frau Ministerpräsidentin, wir brauchen gar nicht Duin, wir haben auch Gabriel. Sie profitieren bei diesem Haushalt von einer Politik der Bundesregierung, die den höchsten Beschäftigungsstand seit der Wiedervereinigung erreicht hat. Das ist die Lage, die Ihnen die hohen Steuereinnahmen in die Kasse gesprudelt hat.

Aber es wird auch der Zeitpunkt kommen, wo Sie regieren müssen, wo Sie Schwerpunkte setzen müssen und wo Sie sagen müssen, was Ihre Politik ist.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Ab September!)

Die PTA-Demonstranten vor der Tür haben das doch offenkundig gemacht. Sie haben keine Idee. Sie schaffen die Studiengebühren ab und zitieren jetzt zur Begründung Herrn Söder. Ich bin nun nicht immer ein Freund von Herrn Söder, wie Sie wissen.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Aber eines ist der Unterschied in Bayern. Bayern hat die Studiengebühren, wie ich finde, fälschlicherweise abgeschafft.

(Zurufe von Christian Lindner [FDP] und Jochen Ott [SPD])

Aber die Bayern haben gesagt: Wir erstatten den Universitäten in vollem Umfang das, was wegfällt. Die Qualität in Bayern wird erhalten. – Bei uns in Nordrhein-Westfalen werden Tutorien gestrichen und die Qualität verschlechtert. Das ist der Unterschied zwischen Nordrhein-Westfalen und Bayern.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Die Bayern haben auch gesagt: Wir stecken mehr Geld in die frühkindliche Bildung. Das hat die FDP durchgesetzt. Bayern hat dazu gesagt: Wenn wir schon die Studiengebühren abschaffen, dann werden wir 480 Millionen € zusätzlich in die Tilgung von Schulden einbringen. – Das ist der Unterschied: einen Schwerpunkt für Bildung setzen, die Universitäten nicht alleine lassen und trotzdem Haushaltskonsolidierung machen.

Vielleicht reden Sie einmal, Herr Walter-Borjans, mit Herrn Söder darüber, wie man so etwas macht. Nachdem die Ministerpräsidentin ihn zitiert, darf der Ihnen sogar Vorbild sein. Dann verlieren Sie auch nicht im nächsten Jahr und im übernächsten Jahr vor dem Landesverfassungsgericht.

(Beifall von der CDU und der FDP)

In der Haushaltspolitik brauchen wir mehr Söder und weniger Walter-Borjans. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Laschet. – Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Börschel das Wort.

Martin Börschel (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind jetzt Zeuge eines eindrucksvollen Spektakels geworden. Die CDU wollte offensichtlich den Beautycontest um den wahren Oppositionsführer noch in eine weitere Runde drehen. Herr Lindner hat gesprochen. Herr Laumann hat gesprochen. Herr Laschet hat gesprochen. Sind wir jetzt klüger?

(Zurufe von der CDU)

Ich weiß jedenfalls nicht genau, was Sie uns mit diesem Auftritt am Ende noch sagen wollten. Herr Laumann hat jedenfalls über weite Strecken betreten zu Boden geschaut. Ehrlich gesagt, ich kann es verstehen.

Herr Kollege Laschet, Ihr Fraktionsgeschäftsführer Lienenkämper konnte sich eben während der Rede von Frau Ministerpräsidentin Kraft gar nicht lautstark genug von Herrn Söder distanzieren. Ich habe mir den Zwischenruf von ihm hier genau mitgeschrieben. Er hat gesagt: Den Söder wollen wir uns nicht zurechnen lassen, den auf keinen Fall!

(Lachen von der SPD)

Er nickt. Insofern kann man das hier noch einmal festhalten.

Das kann ich zwar in vielerlei Hinsicht verstehen, aber wo der Söder recht hat, hat er recht. Ich finde, das müssen Sie sich hier vorhalten lassen.

Es geht in der Tat um die Frage: Was ist die langfristige Folge unseres Tuns? Wenn Sie hier kritisieren, dass die Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen abgeschafft sind, was Sie mit einer wirklichen Wortvolte in Bayern loben, dann versteht das nun wirklich gar kein Mensch mehr.

Was Sie hier noch sagen wollen, machen Sie noch nicht einmal richtig. Ich verweise auf Ihren Antrag, den Sie heute hier in das Parlament zum Haushalt einbringen. Wenn Sie die Studiengebühren wieder einführen wollten – wir sind dagegen, das ist hier völlig unstreitig –, dann müssten Sie ein Gesetz ändern. Was machen Sie aber heute? Sie stellen einen Haushaltsantrag.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Weil wir heute eine Haushaltsdebatte haben!)

– Herr Lienenkämper, vielen Dank für den Zwischenruf. Sie sagen: Weil wir heute eine Haushaltsdebatte haben! – So klug war ich auch. Man muss es trotzdem richtig machen. Was tun Sie mit Ihrem heutigen Haushaltsantrag? Sie tun nicht mehr und nicht weniger, als den Hochschulen 249 Millionen € Kompensationsmittel zu streichen. Das ist Ihr heutiger Antrag zu den Hochschulen und den Studiengebühren – nicht etwa die Wiedereinführung, sondern die Streichung von 249 Millionen € Kompensationsmitteln für die Hochschulen.

(Beifall von der SPD)

Das müssen Sie einmal erklären. Das, was Sie hier veranstalten, ist unlauter und nicht in Ordnung.

Die Ministerpräsidentin hat Ihre Anträge im Übrigen schon mit dem Skalpell seziert. Als es um die Polizeiverwaltungsassistenten ging, habe ich in Ihrer vorderen Bank hektische Betriebsamkeit ausgemacht in der Annahme, Sie würden jetzt eifrig Dinge suchen, um widerlegen zu können, was Ihnen die Ministerpräsidentin vorgehalten hat. – Herr Laschet, dazu habe ich keinen Satz gehört.

(Armin Laschet [CDU]: Ist zu banal!)

– Sie hatten doch die Chance. Sie sind doch ans Rednerpult getreten, um erstens den besseren Oppositionsführer zu mimen und zweitens der Ministerpräsidentin zu antworten. Wenn die Ministerpräsidentin Ihnen den schwerwiegenden Vorwurf macht, dass Sie mit den Polizeiverwaltungsassistenten nicht nur haushalterisch Lug und Trug betreiben,

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Das ist gar nicht wahr!)

sondern prekären Arbeitsverhältnissen das Wort reden, hätten Sie das klarstellen müssen, wenn Sie es gekonnt hätten. Sie haben es nicht gemacht, also bleibt wahr, was die Ministerpräsidentin gesagt hat, und das ist ein sozialpolitischer Skandal.

(Beifall von der SPD)

Schon der ehemalige Ministerpräsident Rüttgers ist kläglich mit dem Versuch gescheitert, die CDU als soziale Alternative des Landes zu profilieren und rot anzustreichen. Das nimmt Ihnen niemand ab. Mit diesen Paar-Euro-Kräften, die Sie im Polizeidienst etablieren wollen, ist es einmal mehr eindrucksvoll bestätigt worden, dass Sie für prekäre Arbeitsverhältnisse eintreten und sich eben nicht mit Themen wie Mindestlohn und Co. auseinandersetzen.

(Karl-Josef Laumann [CDU]: Sie spinnen!)

– Das wollte ich hören. Herzlichen Dank!

(Achim Tüttenberg [SPD]: Unverschämtheit! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wenn das alles ist, was Herr Laumann beizutragen hat, dann ist mir nicht bange. Wer sich so selbst entlarvt, der zeigt, dass er keine Rezepte für das Land anzubieten hat, sondern nur in die Runde blöken kann.

(Beifall von der SPD)

Wir bleiben bei Ihren Einsparvorschlägen zu den Förderprogrammen – das hat der Kollege Römer vorhin schon dargelegt –: Sie schlagen im Wege einer globalen Minderausgabe vor, sage und schreibe 116 Millionen € in Förderprogrammen zu streichen. Die rot-grüne Landesregierung, die regierungstragenden Fraktionen sparen titelscharf, Maßnahme für Maßnahme, etwa 150 Millionen €.

(Armin Laschet [CDU]: Das ist auch eine globale Minderausgabe!)

Jetzt frage ich mich: Wo kommen denn die 34 Millionen € hin, die Sie weniger sparen wollen als wir? Das ist doch wieder eine Milchmädchenrechnung, die Sie aufmachen. Nicht einmal rechnen können Sie, und glauben noch, Sie könnten das als Großtat verkaufen. Es ist und bleibt eine Unverschämtheit, was Sie in diesem Rund versuchen deutlich zu machen.

(Beifall von der SPD)

Ich will mich ein letztes Mal der FDP widmen, weil der Lieblingsantrag von Frau Ministerpräsidentin …

(Zuruf von der SPD)

– Ich habe heute nur noch diese Rede. Für heute das letzte Mal, einverstanden. Ich werde es so präzisieren.

Sie haben 25 Millionen € Mehreinnahmen für Ihren Entfesselungsimpuls eingestellt. Das ist mein absoluter Lieblingsantrag; das muss ich zugeben. Sie haben nicht nur kein eigenes Konzept,

(Christian Lindner [FDP]: Natürlich! Klar!)

sondern die viel spannendere Aussage ist – ich darf aus Ihrem eigenen Antrag zitieren –, wie Sie den Entfesselungsimpuls lostreten, wie Sie die 25 Millionen € generieren wollen. Sie schreiben in Ihrem Antrag: Die Landesregierung wird beauftragt, entsprechende Schritte einzuleiten.

(Heiterkeit von der SPD)

Das heißt, der Entfesselungsimpuls der FDP ist ein Appell an die rot-grüne Landesregierung. – Herzlichen Dank. Das können wir maßgeblich unterstützen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich darf mit dem Thema „Personal“ schließen: Wenn wir von jemandem keine Belehrungen brauchen – ich habe es eben schon bei den Polizeiverwaltungsassistenten gesagt –, wie man ehrlich, lauter, gerecht und sinnvoll mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Landes umgeht, dann von Ihnen. Sie haben gesagt – in dem Fall richte ich mich zunächst an die FDP, die CDU hat das aber inhaltlich übernehmen wollen –, Sie möchten jährlich 2 % der Ausgaben für Personal einsparen. Ausgenommen werden sollen Schule, Polizei, Justiz und Finanzverwaltung. Das bedeutet im Ergebnis, dass Sie wahrscheinlich alle Bezirksregierungen abschaffen wollen, am liebsten noch die Ministerien dazu. Ich bleibe dabei: So, wie Sie regiert haben, kann ich verstehen, dass Sie die Ministerien abschaffen wollen. So, wie wir regieren, brauchen wir sie dringend.

Eines ist dabei allerdings noch viel entscheidender. Ihr zentraler Satz lautete: Die jährliche Produktivitätssteigerung der Mitarbeiter reicht aus, um die Qualität der Leistungserbringung konstant zu halten. – Das ist Ihr wahres Gesicht. Sie wollen Arbeitsverdichtung, Sie wollen die Konsolidierung des Landeshaushalts auf dem Rücken aller Beschäftigten, indem Sie ihnen schwierigere Arbeitsbedingungen zumuten. In einer schwierigen Abwägung ist doch der Weg, den die Regierung jetzt vorgeschlagen hat und den die regierungstragenden Fraktionen mitgehen wollen, allemal richtiger.

Insofern ist es pure Heuchelei, was CDU und FDP zum Thema „Personal“ an die Adresse der Landesregierung richten. All Ihre Vorschläge brechen wie ein Kartenhaus zusammen. Sie haben einmal mehr bewiesen, dass Sie es nicht können. Ihre Konzepte sind schädlich für unser Land. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Börschel. – Für die FDP-Fraktion hat sich noch einmal Herr Kollege Lindner zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Christian Lindner (FDP): Herr Präsident, vielen Dank. – Ich habe nur sehr wenig Redezeit, deshalb will ich mich auf fünf Punkte konzentrieren.

Erstens. Frau Ministerpräsidentin, Sie haben sehr lange gesprochen, haben Gegenkritik geäußert, in Ihrer langen Entgegnung aber nicht mit einem Satz erläutert, wie Sie die Schuldenbremse des Grundgesetzes bis 2020 einhalten wollen. Dazu haben Sie beredt geschwiegen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Zweitens. Sie haben mir eben vorgeworfen, ich hätte den Finanzminister falsch zitiert. Ich will Ihnen und auch den Kolleginnen und Kollegen die angebliche Klarstellung der Sprecherin von Herrn Walter-Borjans aus dem „Bonner General-Anzeiger“ vom 18. Januar vortragen – Zitat –:

Unwidersprochen ließ seine Sprecherin hingegen, dass er den Berg aus alten Landesschulden im Volumen von 130 Milliarden € als nicht dramatisch bezeichnet hatte. – Frau Ministerpräsidentin, die Landesregierung ist hier im Landtag zu Gast. Seien Sie vorsichtig bei ehrabschneidenden Unterstellungen gegenüber Abgeordneten. Das verbitte ich mir.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Drittens. Ich finde es außerordentlich gut, was Sie uns über die angebliche Verständigung zwischen Sozialdemokraten und Grünen mit Blick auf die Stromsteuer haben wissen lassen. Dass das möglicherweise mit der Bundesregierung zusammengebracht werden kann, finde ich vorzüglich. Nur, Frau Ministerpräsidentin: Herr Priggen hat noch vor Kurzem gesagt, wenn die SPD mit der FDP gemeinsam für die Abschaffung der Stromsteuer sei, dann befände sich die SPD in schlechter Gesellschaft. Ich finde es gut, dass Sie sich gegen diese Position der Grünen haben durchsetzen können.

(Beifall von der FDP)

Meine Redezeit geht schon zu Ende. Daher ein letzter Satz mit Erlaubnis des Präsidenten – ich komme zum Schluss der kurzen Intervention –

(Minister Johannes Remmel: Das waren aber nur drei Punkte!)

zum Thema „NPD-Verbot“. Dass Sie Philipp Rösler wegen einer Formulierung hier so kritisieren,

(Minister Ralf Jäger: Zu Recht!)

erstaunt mich wirklich vor dem Hintergrund, dass Ihr Kanzlerkandidat Peer Steinbrück heißt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Was ist denn Peer Steinbrück für ein Diplomat? In der Sache muss die Auseinandersetzung geführt werden. Das Problem ist doch nicht, dass wir diese Partei nicht verbieten lassen wollten. Wir haben aber Befürchtungen, was die Rechtssicherheit des Verfahrens angeht. Wenn Sie jetzt einen Verbotsantrag stellen und der vor dem Verfassungsgericht scheitert, oder er wird auf dem Wege des verfassungsgerichtlichen Verfahrens zwar bestätigt, dann aber von europäischen Gerichten verworfen,

(Beifall von der CDU)

was ist dann für ein Schaden für die Demokratie entstanden? Dann bekommt die NPD sogar noch das Siegel „verfassungskonform“. Das hätten Sie dann zu verantworten. Wir wollen diese Verantwortung nicht übernehmen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Lindner. – Jetzt spricht Herr Kollege Priggen für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Reiner Priggen (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Ich möchte auf das, was Herr Laschet eben gesagt hat, reagieren.

Herr Laschet, Sie haben den maßlosen Ausbau der Erneuerbaren angesprochen. Ich verstehe überhaupt nicht, wie man sich – wenn man in der Bundesregierung seit Jahren die Verantwortung für das EEG hat und wenn man ein derart dilettantisches Arbeiten, wie es Röttgen und Altmaier mit Rösler gemacht haben, wenn man wirklich dafür verantwortlich ist, dass Sachen ein Stück weit aus dem Ruder laufen – dann hierhin stellen und darüber beschweren kann. Wenn es irgendwo eine klare Verantwortung gibt, dann in Berlin.

Sie können doch nun wirklich nachvollziehen, was passiert, wenn ich ankündige, die Fotovoltaikförderung in drei, vier, fünf Monaten um 30 oder 40 % zu kürzen. Was passiert dann? Normalerweise fahren die Firmen dann Überstunden bis zum Gehtnichtmehr. Wenn ich mir dann in der Bundesregierung nicht einig bin und im Bundesrat keine Mehrheit bekomme, weil eigene, CDU-regierte Länder das nicht mitmachen, weil sie es als unausgegoren, als falsch ansehen, dann erzeuge ich eine solche Welle, dass wir, seitdem diese drei genannten Herren dafür verantwortlich sind, wirklich Runde um Runde Rekordausbauzahlen haben. Dann haben wir nicht das, was vernünftig ist, nämlich eine Degression, die man immer wieder anpassen kann.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

Wir Grüne schlagen schon seit Langem – ich bin ja zusammen mit Hermann Scheer im Vorstand der EUROSOLAR gewesen – die Diskussion um einen sogenannten „atmenden Deckel“ vor: Jeden Monat 1,5 % Absenkung, damit man nicht genau diese hohe Dynamik bekommt, dass zum Jahresende alles ans Netz muss.

Die Bundesregierung hat dilettantisch agiert. Entschuldigen Sie bitte, aber Ihre Bundeskanzlerin hat schon in der Großen Koalition mit richtigen Klimaschutzzielen seitens der Bundesregierung angefangen, hat dann mit der FDP ihre Ziele fortgesetzt und den Ausbau der Erneuerbaren zu einem der Leitziele erklärt. Insofern sind wir noch weit unter dem, was Ihre Bundesregierung als Ziel hat. Das passt doch alles nicht, was Sie da erzählen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich muss als Grüner gar nicht ambitioniert jedes Mal 10 % auf das Ziel der Bundesregierung drauflegen. Ich müsste nur sagen: Setzt es um – mit allen Effekten, mit dem Aufbau neuer wirtschaftlich starker industrieller Bereiche bei uns. Wir haben über 400.000 Arbeitsplätze im Bereich der Erneuerbaren; das ist sehr stark mittelständisch. Wir haben eine der leistungsfähigsten Industrien im Bereich Windkraft, im Bereich Energieeffizienz. Wir exportieren die Technik. Wir machen diesen Bereich durch so ein dilettantisches Vorgehen kaputt.

(Beifall von Norbert Römer [SPD] – Widerspruch von Armin Laschet [CDU])

– Doch, Herr Laschet, genau das machen wir. Wir machen es kaputt. In dem Moment, in dem Ihre Regierung nicht vernünftig, mit Maß den Prozess steuert, sondern über rein radikale Ankündigungen Kürzungen von 40 % in den Raum stellt, bricht etwas zusammen. Sie sind es doch gewesen, der Herrn Lindner hinterhergelaufen ist, als Sie in Ihrer neuen Rolle angefangen haben, sich für Energiepolitik zu interessieren.

(Lachen von Norbert Römer [SPD])

Da hat er nach draußen geblasen, es müsse ein Moratorium für Offshore geben. Dann sind Sie zusammen an die Presse gegangen. Dann mussten Sie lernen: Ein Moratorium für Offshore – Offshore ist die teuerste Art, Windstrom zu machen – heißt, dass die Firmen, die im Vertrauen auf Bundesgesetze Investitionen gemacht haben, diese komplett abschreiben können.

Ein Moratorium heißt zum Beispiel für unsere Trianel in Aachen: 800 Millionen Investitionen vor Borkum beschlossen, 350 Millionen in die Hand genommen – vorbei, abgebrochen.

Das ist bei RWE das Gleiche. Ich bin nun kein Freund von RWE. Aber wenn ich Firmen sage: „Geht raus auf das Meer, probiert das aus, weil das ein Beitrag zum Klimaschutz sein kann“, dann muss ich die Bedingungen doch auch fairerweise einhalten, dann kann ich doch nicht nachträglich die Konditionen ändern.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich will das ganz klar sagen: Es gibt viele Diskussionen darüber, ob es sinnvoll ist, weiter offensiv draußen auf dem Meer auszubauen. Man kann sehr wohl darüber diskutieren, wenn die Kilowattstunde da vorne 15, 16 Cent kostet, an der Küste 5 bis 6 Cent und bei uns im Binnenland an guten Standorten mittlerweile 8 bis 9 Cent bei 4.000 Stunden im Jahr. Das hätten wir vor Jahren nicht geschafft. Die Anlagen sind besser geworden, weil sie höher geworden sind, weil wir in der Bundesrepublik eine Technik herstellen, die im Binnenland die gleiche Volllaststundenzahl fährt wie draußen auf dem Meer. Dann kann ich nach vorne diskutieren und sagen: Diejenigen, die investiert haben, die geplant haben, die baureife Projekte haben, bekommen das verlässlicherweise zu den alten Konditionen. Und das, was neu kommt, machen wir lieber im Binnenland, damit der Netzausbau dort etwas weniger Belastungen erzeugt: in Bayern, in Baden-Würt­tem­berg und auch bei uns. Nach vorne kann ich das diskutieren, aber doch nicht mit Wortbruch.

Dann sind Sie einer derjenigen, die durch das Fordern maßlosen Ausbaus nicht mithelfen, einen Industriebereich, der mit über 400.000 Beschäftigten sehr, sehr leistungsstark ist, angesichts der Herausforderungen, die da sind, vernünftig zu steuern. Sie fahren ihn leichtfertig und unsinnigerweise vor die Wand, ohne zu wissen, was Sie als Alternative wollen. Das ist doch das Hauptproblem. Es gibt so viel zu tun im Energiebereich: die Kapazitätsmärkte, die hergestellt werden müssen, die ganzen Parameter, der ständige Ausbau der Erneuerbaren in Kombination mit Zuverlässigkeit, mit Versorgungssicherheit, sodass das eine zum anderen passt.

Das, worauf wir uns in zwei Koalitionsverhandlungen verständigt haben, was unser Markenzeichen ist, sind der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung, der Ausbau von Nah- und Fernwärmenetzen, so wie er hier in Düsseldorf passiert, wie er in Köln passiert, wie er in Krefeld kommen soll, wie er über die STEAG und über die Stadtwerke im Ruhrgebiet kommen soll. Das ist das, was gemacht werden muss. Das alles untergraben Sie, ohne dass Sie wissen, wo Sie hinwollen. Das ist energiepolitische Geisterfahrt statt verantwortungsvollem Regieren in Berlin.

(Beifall von der SPD und Sigrid Beer [GRÜNE])

Lassen Sie mich als Letztes sagen: Bei allen Differenzen, die wir mit den Sozialdemokraten immer wieder haben mögen – Sigmar Gabriel ist nicht mein engster Freund –, haben wir einen wesentlich vernünftigeren Ansatz hier, das zu machen, was für das Land notwendig ist. Wir brauchen uns nicht auf solche Spiegelfechtereien zu konzentrieren.

Das, was in Berlin zu verhandeln ist, wird zu geeigneter Zeit in Berlin vernünftig verhandelt werden. Aber das, was Sie machen, nämlich in Berlin Verantwortung tragen und hier energiepolitisch mit dem Kopf vor die Wand fahren, ist gegenüber denen, die da arbeiten, nicht zu verantworten.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Priggen. – Für die Piratenfraktion spricht jetzt der Kollege Schulz.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Vielen Dank. – Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal!

(Günter Garbrecht [SPD]: Kollege, reden Sie lauter! – Weitere Zurufe)

– Ich rede lauter und fange noch einmal an.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer oben auf der Tribüne und zu Hause am Stream! Ich hoffe, das ist laut genug.

(Beifall von Karl Schultheis [SPD])

Wir müssen gar nicht so laut sein. Heute war es hier ja schon sehr laut. Folgendes habe ich zum Verständnis der Bürgerinnen und Bürger, die auch oben auf den Tribünen sitzen, ganz klar festgestellt: Ich habe meine Zweifel, dass alle verstanden haben, was in diesem Hohen Hause bei einer dritten Lesung zum Haushalt teilweise abläuft.

(Zurufe von Eva Voigt-Küppers [SPD] und Christian Lindner [FDP])

Normalerweise würden wir jetzt, wenn wir auf einer Veranstaltung der Piraten wären, ein Meinungsbild dazu einholen. Leider deckt sich das nicht mit der Geschäftsordnung dieses Hauses.

Ich greife das auf, was Herr Kollege Priggen eben als einen Vorwurf der Showveranstaltung formulierte; ich glaube, das war auf die CDU gemünzt. Er hat dazu das Beispiel des Taumelkäfers gewählt. Dem wollte, glaube ich, Herr Kollege Lindner einen Ring, eine Auszeichnung für künstlerische Darbietung, verpassen. Ich meine, da nimmt sich hier im Saal niemand etwas,

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Das müssen Sie gerade sagen! – Marc Herter [SPD]: Der Ring ist schon weg! – Weitere Zurufe)

ohne ganz klar zu machen, worum es hier eigentlich geht.

Es geht hier um das Wohl dieses Landes, und es geht um das Wohl der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

(Fortgesetzt Zurufe)

– Ich höre so viele Zwischenrufe. Das finde ich großartig. Sie kommen hier aber gar nicht an. Die Akustik ist so miserabel, dass ich sie einfach nicht höre.

Was wir hier machen, ist für die meisten Menschen, die uns zuhören, nicht verständlich. Es kommt gar nicht an. Wir alle hier glauben, wir sind die Experten, und machen irgendetwas für die Bürger.

Unser Fraktionsvorsitzender hat das eben schon in seiner Rede erwähnt: Wir wollen keine Politik für die Bürger machen – natürlich auch –, aber vor allen Dingen wollen wir Politik mit den Bürgern machen. Wenn wir die Bürger bei der Entwicklung dessen, was wir glauben das im Rahmen der Repräsentativität für die Bürger gut ist, mit ins Boot holen wollen, müssen wir sie fragen – nicht nur alle vier oder fünf Jahre an den Wahlurnen, sondern permanent.

Auch dies tun wir. Wir sind dazu übergegangen, die Bürger aufzufordern, zu bitten und zu fragen, uns mitzuteilen, welche Defizite sie im Land Nordrhein-Westfalen sehen, welche Wünsche, Anregungen und Vorstellungen sie haben, wie Politik zu sein hat, und zwar nach der Wahl, nicht vor der Wahl.

Wir befinden uns jetzt in einer Zeit des Wahlkampfs auf Bundesebene. Im September sind Wahlen. Das merkt man in diesem Hause natürlich deutlich. Entsprechend dem jeweiligen Lager werden jetzt Vorwürfe laut, wer was gut macht und wer was schlecht macht. Natürlich: Immer diejenigen, die an der Regierung sind, machen aus Sicht der Opposition alles schlecht.

Wir sind der Auffassung: Alles ist gestaltbar. Wir sind dazu da, Politik zu gestalten, und das nach Möglichkeit sogar fraktionsübergreifend, wenn wir im Blick haben, dass wir etwas für dieses Land und vor allen Dingen für die Bürger dieses Landes bewirken wollen.

Wir zeigen Zukunft und neue Wege auf. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn alle Kräfte in diesem Hause – wir haben es in den Ausschüssen teilweise erlebt – gemeinsam versuchen würden, Wege zu finden, die uns allen ermöglichten, am Ende zu sagen: Wir finden einen Konsens, damit in diesem Hause nach Möglichkeit übergreifende Anträge gestellt werden können.

(Beifall von den PIRATEN)

Konsens ist die Frage. Konsens ist das Ziel – meines Erachtens nicht im Sinne von politischem Lagerdenken 1.0 mit permanenten Rollen von Regierung und Opposition, sondern beides …

(Nadja Lüders [SPD]: Das ist im Parlamentarismus schon mal so!)

– Bitte? Was?

(Nadja Lüders [SPD]: Das ist im Parlamentarismus schon mal so!)

– Das ist im Parlament schon mal so. Genau, Frau Kollegin!

(Nadja Lüders [SPD]: Parlamentarismus!)

– Das ist im Parlament schon mal so. Ich habe auch nichts gegen die Kontroverse. Im Gegenteil: Ich bin sogar ein Freund derselben, wenn sie am Ende zu einem Kompromiss bzw. zu einem Konsens zu führen geeignet ist, der nicht von ideologischen Grabenkämpfen überlagert wird bzw. der nicht darin ausgetragen wird. Kontroversen sollten – das haben wir schon mehrfach erlebt – mit dem Ziel ausgefochten werden, dass am Ende ein Konsens auf dem Tisch liegt.

Nun kommen wir zum wechselseitig vorgeworfenen Wortbruch. Als ich heute Morgen in den Landtag fuhr, wurde mir von Polizeibeamten ein Zettel in die Hand gedrückt. Darauf steht „Wortbruch“. Es geht um den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst, der auf die Beamten dieses Landes übertragen werden soll oder auch nicht. Nun ist dieser Zettel von der Gewerkschaft der Polizei, die nicht gerade im Verdacht steht, in Bezug auf die regierungstragende Koalition nicht regierungsfreundlich zu sein.

Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Wenn da drauf steht …

(Minister Ralf Jäger: Das ist nicht wahr, was da draufsteht!)

– Das ist nicht wahr, was da drauf steht?

(Minister Ralf Jäger: Das habe ich Ihnen vorhin doch erklärt! Das kann ich auch noch mal tun!)

– Ja, ja. Das können wir noch ein paar Mal erklären. Wenn nicht wahr ist, was da darauf steht, müsste man der Gewerkschaft der Polizei und den vielen Beamten natürlich auch noch – was soll ich sagen? – Unwissenheit oder Lüge unterstellen. So weit möchte ich weiß Gott nicht gehen.

Verehrter Herr Minister Jäger, wenn Sie sagen, dass die Polizisten, die diesen Zettel gemacht haben,

(Der Redner hält ein Schriftstück hoch.)

lügen, dass das nicht stimmt, was hier draufsteht, möchte ich nicht sehen, was Sie in der nächsten …

(Minister Ralf Jäger: Das habe ich doch überhaupt nicht gesagt!)

– Bitte?

(Minister Ralf Jäger: Das habe ich doch überhaupt nicht gesagt!)

– Sie haben gesagt: Es ist nicht wahr, was da draufsteht.

(Minister Ralf Jäger: Das ist keine Lüge!)

– Na ja, was nicht wahr ist, ist eine Lüge! Meine Herrschaften, also bitte!

(Vereinzelt Beifall von der CDU – Christian Lindner [FDP]: Interessant! – Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU] – Weitere Zurufe von CDU und FDP)

– Sei es drum!

Wenn hier im Hause oder auch außerhalb des Hauses von der Landesregierung oder auch von den die Regierung tragenden Fraktionen Versprechungen gemacht werden wie im Koalitionsvertrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, dann ist das sehr wahrscheinlich die Wahrheit – Zitat –:

„Wir wollen einen starken öffentlichen Dienst ... Hierfür brauchen wir motivierte und qualifizierte Beschäftigte, denen wir in den letzten Jahren einen großen und zum Teil spürbaren Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte abverlangt haben. Diesen geleisteten Beitrag der Beschäftigten erkennen wir ausdrücklich an.“

Das ist wahrscheinlich die Wahrheit, da es aus dem Koalitionsvertrag stammt.

Wenn dann dort steht: „Ausschluss von 60 % der Polizistinnen und Polizisten von den Tariferhöhungen, zusätzlich 710 Millionen € Sonderopfer des öffentlichen Dienstes, hohle Worte statt Wertschätzung, Landesregierung am 18.03.“, dann können Sie natürlich sagen: Das ist nicht wahr. – Nur dann muss das, was hier angekündigt worden ist im Land Nordrhein-Westfalen, nämlich die Umsetzung des Tarifs auf die Ebene der Beamten, auch tatsächlich umgesetzt werden.

Jetzt sind wir bei den Haushaltsberatungen in der dritten Lesung, wissen im Prinzip, dass dieser Tarifabschluss in irgendeiner Form kommt – es war ja schon im letzten Jahr klar, dass er kommen würde –, und reden dann davon, dass er umgesetzt werden muss. Wir haben im Haushalt eine globale Minderausgabe von fast 1 Milliarde €, eine dreiviertel Milliarde. Herr Minister Walter-Borjans, korrigieren Sie mich: Ist es fast eine Milliarde? – Ja. Das sind im Großen und Ganzen die Kürzungen, die sich im laufenden Haushalt in irgendeiner Form realisiert sehen wollen.

Die Zahlen liegen ja auf dem Tisch. Sie zeigen, was es kostet, die Tariferhöhungen umzusetzen, auch auf der Ebene der Landesbeschäftigten, der Beamten dieses Landes. Ob das nun Polizisten, Richter, Staatsanwälte etc. pp. sind – alle sind davon betroffen.

Ich denke, da ist noch Luft. Ich glaube auch, es wird darauf hinauslaufen, dass die Landesregierung das entsprechend umsetzen wird, dass diese vielen Menschen, die uns allen, den Bürgern in diesem Lande, wirklich zu dienen bereit sind und dieses auch tun, nicht im Regen stehen gelassen werden sollten.

Von daher bin ich bereit, zu sagen: All das, was wir hier an sozialer Teilhabe immer gern nicht nur verkünden, sondern auch propagieren und nach vorne bringen, das gehört nicht nur in die Zukunft gedacht, sondern das gehört hier an Ort und Stelle auch einmal ausgesprochen. Wir müssen die Menschen, die in unserem Lande arbeiten und wirklich daran orientiert sind, das Gemeinwohl zu stärken und alles dafür zu tun, dass es uns in diesem Lande gutgeht, mitnehmen. Dazu gehört selbstverständlich auch eine gute Bezahlung. Und dazu gehören auch die Beamten unseres Landes. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung hat noch mal Frau Ministerpräsidentin Kraft das Wort.

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Schulz! Ich würde mit Ihnen ganz gerne mal diskutieren, was ein Versprechen ist.

Ich lese das noch mal vor:

„Wir wollen einen starken öffentlichen Dienst ... Hierfür brauchen wir motivierte und qualifizierte Beschäftigte, denen wir in den letzten Jahren einen großen und zum Teil spürbaren Beitrag zur Konsolidierung der öffentlichen Haushalte abverlangt haben. Diesen geleisteten Beitrag der Beschäftigten erkennen wir ausdrücklich an.“

Wo ist da ein Versprechen? Vielleicht sagen Sie es mir einmal. Ich verstehe es nicht.

Wenn Sie dann hier den Eindruck erwecken, im Haushalt wäre Luft in einer Größenordnung von 710 Millionen €, dann kann ich Ihnen nur sagen: Sehen Sie die Realitäten! Wenn ich diese Summe erwirtschaften muss – es sei denn, Sie sagen mir, wie es anders geht – über den Personalbereich, dann bedeutet das 14.300 Stellen weniger innerhalb eines Jahres.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Das geht schon technisch nicht. Aber das kann ich auch in Bezug auf die Leistungen der Menschen, die dann die Arbeit der anderen mit übernehmen sollen, nicht verantworten. Das kann ich nicht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

Zu Herrn Lindner. Wenn Sie hier jetzt auch noch gutheißen, was Herr Rösler zur NPD gesagt hat, dann will ich mit meiner Meinung nicht hinterm Berg halten. Man kann unterschiedlicher Auffassung sein, was die Erfolgsaussichten eines NPD-Verbotsverfahrens angeht.

(Christian Lindner [FDP]: Genau das habe ich hier ausgeführt! – Jochen Ott [SPD]: Eben! – Karl-Josef Laumann [CDU]: Herr Lindner hat recht! Sie brauchen das nicht zu verstehen! – Zuruf von Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE])

Man kann unterschiedlicher Auffassung sein, was die Erfolgsaussichten angeht.

(Armin Laschet [CDU]: Zu Recht!)

Aber sich vor die Presse zu stellen und die NPD und ihre Mitglieder in die Schublade „Dummheit“ zu packen

(Christian Lindner [FDP]: Jetzt wollen wir mal jede Aussage von Herrn Steinbrück auf die Goldwaage legen!)

vor dem Hintergrund, dass die NPD eine Gefahr für die Demokratie ist, dass sie eine Basis bildet

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

– nach allem, was wir im Moment wissen –

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

auch für gewalttätigen Extremismus, das ist eine Verniedlichung des Rechtsextremismus in Deutschland!

(Jochen Ott [SPD]: Das passt zu dem 23. März, Herr Lindner! Unmöglich!)

Deshalb darf man das nicht tun!

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Im Übrigen möchte ich noch eines hinzufügen:

(Christian Lindner [FDP]: Unmöglich! – Weitere Zurufe – Rainer Schmeltzer [SPD]: Das kann nicht wahr sein!)

– Bitte nicht von meiner Zeit.

Die Entscheidung des Bundesrats in dieser Frage haben wir uns auch nicht leicht gemacht. Die Innenminister der Länder haben umfangreiche Daten gesammelt und bewertet. Wir haben sie in diesem Kreis noch mal miteinander bewertet.

Eines ist für mich nach wie vor auch wichtig: Ich möchte nicht, dass die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler solche Strukturen in diesem Land mitfinanzieren müssen. Das ist für mich ein ganz wesentlicher Punkt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: Wenn das scheitert, haben Sie das zu verantworten!)

Zu Herrn Laschet. Wie die Schuldenbremse einzuhalten ist, dafür gibt es eine mittelfristige Finanzplanung, der Sie entnehmen können, dass wir diesen Pfad der fallenden Neuverschuldung weitergehen. Das Ziel ist 2020. Das ist nach wie vor in unserem Visier. Das wollen und das werden wir auch erreichen.

Eines noch, Herr Kollege Lindner: Sie haben eben aus dem „General-Anzeiger Bonn“ zitiert. Das geht gar nicht. Er hat einen Teil, sozusagen das Wichtigste, über seine Sprecherin zurückgeholt. Sie können denen nicht dauernd sagen, was sie nicht hätten schreiben dürfen. Er hat überhaupt nicht davon gesprochen. Der Kollege des „General-Anzeiger Bonn“ hat ihn in dieser Veranstaltung völlig missverstanden. Das sagen übrigens auch andere Teilnehmer.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Was ich hier angeprangert habe, ist, dass Sie das wissen und dass Sie hier nur das eine Interview, das korrigiert worden ist, vorstellen. Das ist schofelig, auch im Umgang in diesem Hause! Das geht so nicht! Das prangere ich an!

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Den Rest machen wir mit dem „Bonner General-Anzeiger“ alleine.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich glaube, es war Herr Laschet: Thema „Bayern“.

(Zurufe von der CDU)

– Dass es Sie stört, wenn ich hier Herrn Söder zitiere, kann ich mir gut vorstellen. Aber Vorsicht, wenn Sie loben, wie Bayern es jetzt mit den Studiengebühren macht. Seien Sie ganz vorsichtig!

(Armin Laschet [CDU]: Wieso? – Zuruf von Karl-Josef Laumann [CDU])

– Was Sie vielleicht nicht wissen und nicht mitbekommen haben: Damit sie das finanzieren können, haben sie die Rückstellungen für die Pensionen der Beamtinnen und Beamten, den Versorgungsfonds in Bayern aufgelöst! Wollen Sie das für Nordrhein-Westfalen auch? Ich frage Sie!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU – Unruhe)

Wir brauchen Strukturveränderungen, sagt Herr Laschet. Ich sage Ihnen: Die Strukturveränderungen, die wir bei Ihnen fünf Jahre lang kennengelernt haben, machen wir nicht.

(Unruhe)

– Vielleicht können wir mal Ruhe bekommen, das wäre schön! – Die Strukturänderungen, die Sie vorgenommen haben, haben wir nicht gemacht: die Verlagerung der Lasten auf die Kommunen ohne finanziellen Ausgleich, das Vorgehen mit dem Rasenmäher. Genau das machen wir nicht.

Wenn Sie so tolle Ideen für Strukturveränderungen haben, dann präsentieren Sie die in einem solchen Haushaltsverfahren. Pauschale Kürzungen in Höhe von 1,5 % sind unrealistisch, wie ich Ihnen nachgewiesen habe. Sie haben hier keine solide Politik für Nordrhein-Westfalen präsentiert!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von Karl-Josef Laumann [CDU] und Lutz Lienenkämper [CDU])

Noch mal zum Kollegen Laschet: Ja, morgen findet die Ministerpräsidentenkonferenz statt. Die Kanzlerin kommt anschließend hinzu. Deshalb kann ich morgen leider nicht hier sein. Übermorgen ist eine Bundesratssitzung; dann werde ich der Plenarsitzung hier leider auch nicht beiwohnen können.

Das Thema „Energiewende“ ist in der Tat wichtig. Ich sage Ihnen: Es wird schwierig sein, miteinander nach vorne zu kommen. Das, was Herr Altmaier vorgeschlagen hat, ist eine Katastrophe für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Eine Katastrophe!

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es gibt drei Stellschrauben: die Stellschraube bei den Erneuerbaren, die Stellschraube bei der Industrie und die steuerliche Stellschraube. Über die letzte Stellschraube redet eine Bundesregierung nicht gerne.

Ich habe von vornherein gesagt: Ich bin der Auffassung, dass wir an die Stromsteuer herangehen müssen. Inzwischen besteht auch Einigkeit darüber, dass man den Stromsteuerteil der Erneuerbaren, der sowieso systemwidrig ist, herausnehmen könnte. Dann hätte man schon mehr als 1 Milliarde € zusammen, um eine Senkung hinzubekommen, wie Herr Altmaier sie wollte.

Stattdessen will er die Industrie in diesem Land belasten. Er will an Bestandsregelungen herangehen. Wenn Unternehmen in diesem Land etwas von der Politik brauchen – das müssen Sie bei Unternehmensbesuchen doch gelernt haben! –, dann ist das die Sicherheit unserer Entscheidungen und nicht das Herangehen an etwas, was man irgendwann schon mal gesetzt hat, und es wieder über Bord werfen! Das ist das Fatale für den Standort Deutschland!

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

Wir haben unser Vorschlagspaket auf den Tisch gelegt. Sowohl bei den Erneuerbaren als auch bei der Industrie müssen wir an bestimmte Teilbereiche heran. Dass ein Golfplatz finanziert wird, will kein Mensch. Aber bisher ist Herr Altmaier nicht in der Lage, konkrete, vernünftige Vorschläge vorzulegen. Branchenlösungen sind nicht das richtige Instrument.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Vernünftig muss man vorgehen: indem man diese Auswüchse bekämpft, indem man deutlich macht, dass es Unternehmensgründungen nicht nur mit dem Ziel geben darf, in eine solche Ausnahmeregelung hineinzukommen. An dieser Stelle ist der Umweltminister bisher ein Totalausfall.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir bleiben dennoch im Gespräch.

Vizepräsident Daniel Düngel: Frau Ministerpräsidentin, würden Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Nein, ich bin jetzt fertig. – Ich halte es für richtig und wichtig, dass wir uns dem Thema „Energie“ widmen. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir das Thema „Preise“ in den Blick nehmen. Ich halte es für noch wichtiger, dass wir das Thema „Energieversorgungssicherheit“ nicht so weit in den Hintergrund geraten lassen. Wir werden mit unseren verabredeten rot-grünen Vorschlägen in die Diskussion gehen.

Ich bin etwas überrascht, dass offensichtlich weder die CDU von ihrem Umweltminister noch die FDP von ihrem Wirtschaftsminister über das informiert worden ist, was die Bundesregierung diskutiert. Es gab in dieser Woche mehrere Sitzungen und mehrere Informationen. An diesem Punkt war ich überrascht. – Vielen Dank.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin Kraft. – Mir liegen jetzt keine weiteren Wortmeldungen mehr vor.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

– Ich habe Sie nicht verstehen können, Herr Lindner. Das macht aber nichts. Wir machen einfach weiter.

(Heiterkeit und Beifall)

Ich bitte Sie, ein bisschen zur Ruhe zu kommen. Wir haben die eine oder andere Abstimmung vor uns. Damit das alles ordnungsgemäß läuft, brauchen wir sicher ein wenig Konzentration.

Wir stimmen über den Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2247 ab. Die antragstellende Fraktion der CDU hat direkte Abstimmung beantragt. Wir kommen damit zur Abstimmung über den Inhalt dieses Antrags. Wer möchte für diesen Antrag stimmen? – Das ist die Fraktion der CDU. Wer ist gegen diesen Antrag? – Das sind die Piraten, die SPD und die Grünen. Wer enthält sich? Das sind die FDP-Fraktion und ein Abgeordneter der Piratenfraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU zum GFG Drucksache 16/2349 ab. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, die SPD und die Grünen. Wer enthält sich? – Die FDP. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir stimmen über das Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2013 Drucksache 16/1402 ab. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2301, den Gesetzentwurf der Landesregierung in der Fassung nach der zweiten Lesung mit den sich aus der Drucksache 16/2301 ergebenen Änderungen anzunehmen. Wer möchte dieser Beschlussempfehlung Folge leisten? – Das sind die SPD und die Grünen. Wer ist gegen diese Beschlussempfehlung? – CDU und FDP. Wer enthält sich? – Die Piraten. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und das Gemeindefinanzierungsgesetz in dritter Lesung verabschiedet.

Wir stimmen über den Antrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP Drucksache 16/2261 – Neudruck – ab. Die antragstellenden Fraktionen haben direkte Abstimmung beantragt. Damit verfahren wir so. Wer möchte diesem Antrag zustimmen? – Die CDU und die FDP. – Wer ist gegen diesen Antrag? – Piraten, SPD und Grüne. – Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir stimmen – fünftens – ab über das Gesetz zur Änderung des Wasserentnahmeentgeltgesetzes des Landes NRW Drucksache 16/1286. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2294, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wer möchte dieser Beschlussempfehlung Folge leisten? – Das sind die Piraten, SPD und Grüne. Wer ist gegen diese Beschlussempfehlung? – CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und das Wasserentnahmeentgeltgesetz in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir kommen – sechstens – zur Abstimmung über die Änderungsanträge der Fraktionen der CDU und der Piraten zu den Einzelplänen gemäß vorliegender Auflistung. Ich rufe jetzt die einzelnen Änderungsanträge mit der Drucksachennummer auf. Wir stimmen dann darüber ab.

Wir fangen an mit dem Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2350. Wer ist für diesen Änderungsantrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2351. Wer ist für diesen Änderungsantrag? – Die CDU. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? – Piraten, SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Zum Einzelplan 03 haben wir den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/2340. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Das sind die Piraten. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? – SPD, Grüne, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall.

(Zuruf von der CDU: Doch!)

In der Piratenfraktion gibt es eine Enthaltung. Die nehmen wir dann auch zu Protokoll. Das ändert nichts am Ergebnis, dass der Änderungsantrag abgelehnt ist.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2352. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Änderungsantrag? – SPD, Grüne und FDP. Wer enthält sich? – Die Piraten. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2353. Wer ist für diesen Änderungsantrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? – Piraten, SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2354. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Änderungsantrag? – Piraten, SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2355. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer enthält sich? – Die FDP. Wer ist gegen diesen Antrag? – Piraten, SPD und Grüne. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen bei Einzelplan 04 zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2356. Wer stimmt für diesen Änderungsantrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Piraten, SPD, Grüne und FDP. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2357. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU und die FDP. Wer ist gegen diesen Antrag? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2358. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD, Grüne und die FDP. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2359. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD, Grüne und die FDP. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2360. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Piraten, SPD, Grüne und FDP. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2361. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD, Grüne und die FDP. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir sind dann beim Einzelplan 05 und dem Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/2341. Wer ist für diesen Antrag? – Die Piraten, SPD und Grüne. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die CDU und die FDP. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Änderungsantrag angenommen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2362. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Eine Enthaltung bei den Piraten. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2363. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD, Grüne und FDP. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2364. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir sind zum Einzelplan 06 beim Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2365. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – Die Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2366. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir stimmen ab über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2367. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – Die Fraktionen von SPD und Grünen. Wer enthält sich? – Die Piraten. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir sind dann zum Einzelplan 07 beim Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2368. Wer ist für diesen Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen diesen Antrag? – Die Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2369. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer stimmt gegen den Antrag? – Grüne und SPD. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion. Damit ist auch dieser Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung über den Änderungsantrag der CDU-Fraktion Drucksache 16/2370. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die Piratenfraktion. Wer ist gegen den Antrag? – Die Fraktionen von SPD und Grünen. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Damit kommen wir zum Einzelplan 09 und zunächst zum Änderungsantrag Drucksache 16/2371. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2372: Wer ist für den Antrag? – Die Fraktionen von CDU und FDP. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2373: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2374: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion und die Fraktion der Piraten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2375: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion und die Fraktion der Piraten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2376: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2342: Wer ist für den Antrag? – Die Piraten. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, CDU, Grüne und die FDP. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2377: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2378: Wer ist für den Antrag? – Die Fraktionen von CDU, FDP und den Piraten. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2379: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die Fraktion der Piraten. Wer ist gegen den Antrag? – Die Fraktionen von SPD und Grünen. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2380: Wer ist dafür? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist dagegen? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Piraten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2381: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion und die Piraten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2382: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Fraktion der Piraten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2383: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2384: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2385: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion und die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2386: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2387: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion und die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2388: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion und die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2389: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2390: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Einzelplan 10 und zum Änderungsantrag Drucksache 16/2392. Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2393: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2394: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2395: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2396: Wer ist für den Antrag? – CDU und FDP. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2397: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und ein Teil der Piratenfraktion. Wer enthält sich? – Es gibt einzelne Enthaltungen in der Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2398: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2399: Wer ist für den Antrag? – CDU und FDP. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Piraten. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2400: Wer ist für den Antrag? – Die CDU und die FDP. Wer ist gegen den Antrag? – SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die Piratenfraktion. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2401: Wer ist für den Antrag? – Die CDU-Fraktion und die FDP-Fraktion. Wer ist gegen den Antrag? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2402: Wer ist dafür? – Die CDU-Fraktion. Wer ist dagegen? – Grüne, SPD und Piraten. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2403: Wer ist dafür? – Die CDU-Fraktion. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2405: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD, Grüne. Wer enthält sich? – Niemand. Damit abgelehnt.

Wir kommen zum Einzelplan 11. Änderungsantrag Drucksache 16/2406: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2407: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2408: Wer stimmt dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2409: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2410: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2411: Wer ist dafür? – Die CDU-Fraktion. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2412: Wer ist dafür? – CDU und Piraten. Wer ist dagegen? Grüne und SPD. Wer enthält sich? – Die FDP-Fraktion. Damit abgelehnt.

Änderungsantrag Drucksache 16/2413: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit abgelehnt.

Einzelplan 14! – Änderungsantrag Drucksache 16/2414: Wer stimmt dem zu? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Einzelplan 15! – Änderungsantrag Drucksache 16/2415: Wer ist dafür? – CDU und FDP. Wer ist dagegen? – Piraten, SPD und Grüne. Enthält sich jemand? – Nein. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Damit es ein bisschen spannend wird: Zu dem Änderungsantrag Drucksache 16/2416 hat die Fraktion der CDU gemäß § 43 unserer Geschäftsordnung eine namentliche Abstimmung beantragt.

Nach Abs. 2 dieses Paragrafen erfolgt die namentliche Abstimmung durch Aufruf der Namen der Abgeordneten. Die Abstimmenden haben bei Namensaufruf mit Ja oder Nein zu antworten oder zu erklären, dass sie sich der Stimme enthalten.

Ich bitte Frau Abgeordnete Scharrenbach mit dem Namensaufruf zu beginnen und darf um Ruhe bitten.

(Der Namensaufruf erfolgt. [Abstimmungsliste siehe Anlage 1])

(Vorsitz: Präsidentin Carina Gödecke)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Scharrenbach. – Gibt es Kollegen oder Kolleginnen, die ihre Stimme noch nicht abgegeben haben? – Das scheint nicht der Fall zu sein.

Dann schließe ich die Abstimmung und bitte die Schriftführerinnen und Schriftführer, die Auszählung vorzunehmen.

(Die Stimmenauszählung erfolgt.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir waren und sind beim Änderungsantrag Drucksache 16/2416 und haben dazu eine namentliche Abstimmung durchgeführt, deren Ergebnis ich jetzt bekanntgeben kann. Abgegeben wurden insgesamt 226 Stimmen. Mit Ja haben gestimmt: 101 Abgeordnete. Mit Nein haben gestimmt: 125 Abgeordnete. Damit ist der Änderungsantrag Drucksache 16/2416 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis in namentlicher Abstimmung abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag Drucksache 16/2417. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Das sind die Fraktionen von CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, einige Piraten. Wer möchte sich enthalten? – Die restlichen Piraten. Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag Drucksache 16/2404. Wer stimmt zu? Piraten, SPD, Grüne. – Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen.

Wir kommen zum Änderungsantrag Drucksache 16/2418. Wer stimmt dafür? – CDU und FDP. – Gegenstimmen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Bei den Piraten. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist der Änderungsantrag damit abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag Drucksache 16/2419. Wer stimmt dafür? – CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, Piraten. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Änderungsantrag mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zu Änderungsantrag Drucksache 16/2343. Wer stimmt dafür? – Die Piraten. – Gegenstimmen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP. Enthaltungen? – Keine. Damit ist der Änderungsantrag mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zum Änderungsantrag Drucksache 16/2344. Wer stimmt dafür? – Die Piraten. Gegenstimmen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, CDU und FDP. – Stimmenthaltungen? – Keine. Somit ist der Änderungsantrag mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zu Änderungsantrag Drucksache 16/2420. Wer stimmt dafür? – Die CDU. Gegenstimmen? – Piraten, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Enthaltungen? – Bei der FDP. Damit ist der Änderungsantrag mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Wir kommen zu Änderungsantrag Drucksache 16/2421. Wer stimmt dafür? – Die CDU und die Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Bei der FDP. Damit ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis der Änderungsantrag abgelehnt.

Nun liegt noch ein Änderungsantrag Drucksache 16/2430 vor, der identisch mit dem bereits abgestimmten Änderungsantrag Drucksache 16/2404 ist. Daher kann auf eine Abstimmung an dieser Stelle verzichtet werden. – Damit haben wir über die Änderungsanträge aus der Tischvorlage abgestimmt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über das Haushaltsgesetz 2013 Drucksache 16/1400. Ich muss Ihnen dazu einige Dinge erläutern. Zwischenzeitlich wurde festgestellt, dass in der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses Drucksache 16/2300 drei Änderungsanträge, die vom Haushalts- und Finanzausschuss angenommen wurden, nicht enthalten sind. Es handelt sich dabei um Änderungsanträge der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, bezogen auf die §§ 15 und 28 Haushaltsgesetz.

Es wurde zwischenzeitlich mit den Parlamentarischen Geschäftsführerinnen und Geschäftsführern geklärt, dass das ein redaktionelles Versehen ist. Im Protokoll des Haushalts- und Finanzausschusses ist dieses Abstimmungsergebnis aber enthalten.

Mit diesem Hinweis, der quasi eine Korrektur der Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses und damit auch eine Korrektur des Ihnen vorliegenden Berichtes darstellt, möchte ich das Haushaltsgesetz Drucksache 16/1400 in der Fassung der Beschlüsse nach der zweiten Lesung, die sich aus der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2300 ergeben, plus der Korrektur und den beiden eben angenommenen Änderungsanträgen zur Schlussabstimmung in der dritten Lesung stellen.

Wer dem in der dritten Lesung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP und Piraten. Wer enthält sich? – Niemand. Damit ist das Haushaltsgesetz mit allen beschlossenen Änderungen aus dem Haushalts- und Finanzausschuss und der eben erfolgten Abstimmung in dritter Lesung angenommen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir sind mit den Abstimmungen zu Tagesordnungspunkt 1 noch nicht fertig.

Ich lasse jetzt abstimmen über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/2292. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die beiden antragstellenden Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP. Stimmenthaltungen? – Bei den Piraten.

(Zurufe)

– Von den Piraten haben zwei zugestimmt. Entschuldigung! Also: Bei Zustimmung durch SPD und Bündnis 90/Die Grünen und zwei Stimmen aus der Piratenfraktion bei Ablehnung durch CDU und FDP sowie Stimmenthaltung der restlichen Piratenfraktion ist der Entschließungsantrag angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2347. Wer stimmt dem zu? – Das ist die Fraktion der FDP. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, Teile der Piraten. Wer enthält sich? – CDU und weitere Teile der Piraten. Damit ist der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2347 mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/2348. Wer stimmt dem zu? – Das ist die Fraktion der CDU. Wer stimmt dagegen? – Piraten, SPD, Bündnis 90/Die Grünen. Stimmenthaltungen? – Bei der FDP und eine Stimmenthaltung bei den Piraten. Damit ist der Entschließungsantrag der mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt worden.

Wir kommen zur letzten Abstimmung unter dem Tagesordnungspunkt 1, und zwar über die Finanzplanung 2012 bis 2016 des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2121, die Finanzplanung zur Kenntnis zu nehmen. Wer möchte gerne zur Kenntnis nehmen? – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und den Piraten. Wer möchte das nicht tun? – Das sind CDU und FDP. Wer möchte sich enthalten? – Niemand. Damit ist mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis die Beschlussempfehlung angenommen und die mittelfristige Finanzplanung zur Kenntnis genommen worden.

Wir sind am Ende des Tagesordnungspunktes 1 angelangt.

Da jetzt sicherlich viele Kolleginnen und Kollegen, die über Stunden im Plenarsaal gesessen haben, erst einmal allen Bedürfnissen, die man noch haben kann, Rechnung tragen möchten und den Raum verlassen, warte ich einen kleinen Moment.

Nichtsdestotrotz rufe ich schon einmal auf:

2   Gute Wissenschaft braucht gute Arbeit: Wissenschaftszeitvertragsgesetz reformieren


Antrag
der Fraktion der SPD,
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/2276 – Neudruck

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2428

In wenigen Sekunden eröffne ich die Beratung und erteile als erstem Redner der drei antragstellenden Fraktionen Herrn Kollegen Schultheis das Wort. – Es ist, glaube ich, ruhig genug; Sie können schon beginnen.

Karl Schultheis (SPD): Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin, ich bin in der Lage, etwas lauter zu sprechen, sodass man die Geräuschkulisse damit durchaus in den Griff bekommt.

Wir haben einen Antrag eingebracht – das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen und auch die Fraktion der Piraten, die sich diesem Antrag angeschlossen hat, was ich sehr begrüße, Herr Dr. Paul – zu einem Bereich der Gesetzgebung, der in die Zuständigkeit der Bundesebene fällt.

Wir fordern jedoch unsere Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen, um eine Reform des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes durchzusetzen. Dies soll im Kontext der großen Linie der NRW-Landespolitik stehen, nämlich gute Arbeit zu ermöglichen und gerade für junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler Rahmenbedingungen für gute Arbeit zu erreichen.

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist sozusagen ein Restbestand des ehemaligen Hochschulrahmengesetzes, das die Befristung von Arbeitsverträgen bei Beschäftigungsverhältnissen im Bereich der Wissenschaft vorsieht, ausgenommen die Professorinnen und Professoren.

Wir haben diesen Antrag gestellt, weil an unseren Hochschulen immer mehr Beschäftigungsverhältnisse einer Befristung unterliegen, die nicht mit dem ursprünglichen Ziel „Befristung zur Qualifikation“ übereinstimmt. Mittlerweile gibt es bei 83 % der Beschäftigungsverhältnisse Befristungen; so lautet die aktuelle Zahl. Von diesen Verträgen sind 53 % bis zu einem Jahr befristet, 36 % auf ein bis zwei Jahre; 11 % sind länger befristet, ab zwei Jahren.

Das macht deutlich: Die Befristung, um beispielsweise eine Promotion zu erreichen, wird sicherlich mehr als ein Jahr betragen. Das halten wir für unverantwortbar. Das sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse, die junge Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler aufnehmen müssen.

Insofern muss ich sagen, dass die im FDP-Ent­schlie­ßungsantrag dargestellte Ausgangslage sich so neutral verhält, dass diesem Tatbestand nicht Rechnung getragen wird. Im Antrag der FDP heißt es auf Seite 1 – ich möchte das mit Genehmigung der Präsidentin zitieren –:

„Das WissZeitVG enthält Sonderbefristungsregelungen, die sich wegen des Bezugs zu einem selbstständigen Weiterqualifizierungsziel – in der Regel die Promotion – nicht ohne weiteres auf andere ‚klassische‘ Arbeitsverhältnisse übertragen lassen.“

Das stimmt zwar, aber das wollen wir auch nicht, Frau Kollegin Freimuth. Wir sind uns sehr wohl bewusst, dass es eine Befristung geben muss. Aber die muss einen Zeitrahmen umfassen, der zumutbar ist und auch mit dem vereinbar ist, was an Qualifikation verlangt wird.

Bei dem Aufgabenkatalog, den Sie schildern, sieht das wiederum besser aus. Das passt in manchen Punkten mit unserem Antrag überein.

Aber wir wollen auf keinen Fall einen Tarifvertrag für die wissenschaftlichen Beschäftigten hier heute mit beschließen, weil dieses Thema auch unter denjenigen, die betroffen wären, sehr unterschiedlich beurteilt wird.

Uns geht es um die Aufhebung der Tarifsperre und bei Masterstudiengängen um die Anrechnung auf die zulässige Höchstbefristungsdauer. Bei Befristungen in der Promotionsphase brauchen wir eine Betreuungsvereinbarung. Dem stimmen Sie ja auch zu. Wir wollen, dass in der Regel 24 Monate die Zeit ist, die hier vertraglich vereinbart wird. Wir wollen auch, dass die Laufzeiten bei den Drittmittelprojekten mit den Laufzeiten der Drittmittelprojekte selbst übereinstimmen, aber auf jeden Fall – bei solchen Drittmittelprojekten, die länger angelegt sind – 24 Monate betragen.

Wir wollen natürlich, dass es eine Möglichkeit gibt, diese Regelungen, was die Beschränkung der Befristungen angeht, auch für das nichtwissenschaftliche Personal und für nichtkünstlerisches Personal anzuwenden.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Karl Schultheis (SPD): Ich sage noch einmal: Frau Kollegin Freimuth, Sie können gerne unserem Antrag zustimmen. Denn im Forderungsteil sind auch wesentliche Punkte enthalten, die Sie in Ihrem Entschließungsantrag vorsehen.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit!

Karl Schultheis (SPD): Insofern können wir wegen der genannten Gründe Ihrem Entschließungsantrag nicht zustimmen.

Wir bitten um direkte Abstimmung, weil wir den Bundesrat erreichen möchten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schultheis. – Die nächste Rednerin ist für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Frau Kollegin Dr. Seidl.

Ich will die Fraktionen darauf hinweisen, dass die Redereihenfolge sich geringfügig dadurch ändert, dass wir drei Antragsteller haben. Nach Frau Dr. Seidl bekommt dann die Piratenfraktion mit Herrn Dr. Paul das Wort. – Frau Dr. Seidl, bitte.

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die prekären Beschäftigungsverhältnisse von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an den Hochschulen sind ein bundesweites Thema. Das ist nicht nur relevant für Nordrhein-Westfalen. Spätestens seit der im September 2011 im Bundestag vorgestellten Evaluation der HIS GmbH zum sogenannten Wissenschaftszeitvertragsgesetz wissen wir, dass sich die positiven Erwartungen der damaligen Bundesregierung nicht erfüllt haben.

Ziel war es ja, nachhaltige Personalentwicklung zu befördern und zu einem ausgewogenen Verhältnis von befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnissen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zu kommen.

Aber die Wirklichkeit sieht derzeit anders aus. 83 % der hauptberuflichen wissenschaftlichen und künstlerischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine befristete Stelle, und zwar bundesweit, darunter ein hoher Anteil von Nachwuchswissenschaftlerinnen in der zweiten Qualifikationsphase, also gerade in einer Lebensphase, in der das Bedürfnis nach verlässlichen Berufsperspektiven steigt.

Besonders beunruhigend ist, dass 53 % der Arbeitsverträge eine Laufzeit von unter einem Jahr aufweisen. Das ist unangemessen und auch inakzeptabel. Denn wenn Aufgaben in Forschung und Lehre in immer größerem Umfang von befristet Beschäftigten ausgeübt werden, gefährdet das die Leistungsfähigkeit des Wissenschaftssystems. Hinzu kommt, dass Wissenschaft als Beruf ohne verlässliche Perspektiven auch zunehmend unattraktiver wird.

Wir sprechen hier keineswegs von einer kleinen Gruppe von Berufseinsteigern. Die Rede ist vielmehr von der Mehrheit und dem Kernbestand der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an den Hochschulen Daueraufgaben in Forschung und Lehre übernehmen.

Die derzeitige Vertragspraxis hin zu immer kürzeren Zeitverträgen bedeutet für die Betroffenen, auf Jahre hinaus unter hochgradig prekären Beschäftigungsverhältnissen arbeiten und leben zu müssen. Sie erschwert auch die Lebens- und Familienplanung und schadet der Attraktivität wissenschaftlicher Berufslaufbahnen erheblich.

Der Trend, an den Hochschulen möglichst viel Personal zu möglichst kostengünstigen Bedingungen einzustellen, kommt natürlich nicht von ungefähr. Wenn die Aufgaben in Forschung und Lehre wachsen, aber gleichzeitig auch immer mehr öffentliche Drittmittel über die Kofinanzierungspflicht der Länder die Sicherung der Studierendenzahlen und der Forschungsleistung abfedern sollen, dann geht das natürlich auch zulasten der Grundfinanzierung der Hochschulen.

Die Mittel aus dem Hochschulpakt erreichen zwar die Hochschulen unmittelbar, die Mittel pro Studienanfängerin entsprechen aber keineswegs den realen Kosten eines Studienplatzes. Die Drittmittel für die Forschung, insbesondere der Pakt für Forschung und Innovation, binden zusätzliche Mittel aus der Grundfinanzierung für die sogenannten Overheadkosten. Dies führt wiederum dazu, dass die Lücken mit kostengünstigen Nachwuchskräften und prekären Verträgen gestopft werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen deshalb, dass die Personalstrukturen an unseren Hochschulen wieder in ein vernünftiges Gleichgewicht gebracht werden. Es ist richtig, dass es weiterhin flexible Personalbedarfe in Wissenschaft und Forschung geben muss. Da gebe ich der FDP auch in ihrem Antrag Recht. Dies darf aber nicht zulasten der berechtigten Interessen der Beschäftigten gehen und zu immer kürzeren Arbeitsverhältnissen führen.

Vor diesem Hintergrund fordern wir – der Kollege Schultheis hat es schon gesagt – in unserem Antrag die Landesregierung auf, eine Bundesratsinitiative zu starten, um die verschiedenen Interessen im Wissenschaftssystem sachgemäß und flexibler auszutarieren, als dies bei dem derzeitigen Gesetz mit seinen starren Vorgaben möglich ist. Dazu gehören die Aufhebung der Tarifsperre und die Einführung von Mindestlaufzeiten für auf der Grundlage des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes abgeschlossene Arbeitsverträge.

Als zusätzliche Voraussetzung für eine Befristung in der Promotionsphase ist eine ergänzende Betreuungsvereinbarung vorgesehen. Diese soll das Qualifizierungsziel der Beschäftigung bezogen auf die Promotion festlegen. Darüber hinaus soll die Anrechnungspraxis von studienbegleitenden Arbeitszeiten und die Anrechnung von Elternzeit, Betreuungs? und Pflegezeiten auf die zulässige Gesamtbefristungsdauer verbessert werden.

Jetzt zu Ihrem kurz vor Toresschluss eingereichten Entschließungsantrag, liebe Frau Freimuth:

Erstens. Wenn Sie es ernst gemeint hätten, wären Sie vielleicht früher mit uns in die Diskussion eingestiegen.

Zweitens leistet Ihr Antrag keinen wesentlichen Beitrag zum eigentlichen Kern des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes, nämlich den Kurzbefristungen von Arbeitsverträgen im Wissenschaftsbereich.

Insgesamt bleiben Sie mit all Ihren Forderungen beliebig unpräzise. Vor dem Hintergrund können wir den parlamentarischen Einschub nicht berücksichtigen und ernst nehmen.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Ich komme zum Schluss. – Wir halten die von uns angestrebte Gesetzesänderung für überaus wichtig und würden uns freuen, wenn Sie die vorgelegten Änderungen für ein reformiertes Wissenschaftszeitvertragsgesetz im Sinne der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler,

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

im Sinne der Qualität der wissenschaftlichen Arbeit an unseren Hochschulen mittragen und die vorgeschlagene Bundesratsinitiative unterstützen würden. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Dr. Seidl. – Für die Piraten spricht Herr Dr. Paul.

Dr. Joachim Paul (PIRATEN): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauer auf der Tribüne und daheim! Bei der Durchsicht des Antrags haben wir festgestellt – leider ein bisschen spät –, dass wir ihn nicht nur gut, sondern richtig gut finden. Er entspricht einer Position, die wir 2010 in der Bundespartei diskutiert haben.

Das wichtige Thema der Arbeitsbedingungen an den hiesigen Hochschulen ist nicht nur im Landtag allgegenwärtig, sondern es wird an allen Hochschulen in Deutschland heiß diskutiert. Für uns ist es wichtig, dass Nachwuchswissenschaftlerinnen und ?wis­senschaftler eine verlässliche Perspektive in ihrer Karriereplanung und in ihrer persönlichen Lebensplanung haben. Das ist durch unbegründete Befristungen nicht möglich.

Die in der freien Wirtschaft gängige Argumentation, Zeitverträge seien eine Voraussetzung, um flexibel auf die Wirtschaftslage reagieren zu können, kann nicht so einfach auf Hochschulen übertragen werden. Sicherlich hat der Arbeitsplatz Hochschule seine Eigenheiten, aber für öffentliche Einrichtungen gerade im Bildungssektor sind prekäre Arbeitsverhältnisse zu verhindern. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz hat dem Ganzen leider Tür und Tor geöffnet. Für steuerfinanzierte Einrichtungen sollte und muss es möglich sein, eine mittel? bis langfristige Personalplanung realisieren zu können.

Die Hochschulen haben durch die Übertragung des Personals die Aufgabe, neu eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie dem jetzigen Personal eine Perspektive ohne Zeitverträge und unnötige Befristungen zu bieten. Die Zahlen sind bereits genannt worden, damit möchte ich nicht weiter langweilen.

Ein Punkt ist in dieser Frage noch wichtig: Flexibilität zeichnet sich eben nicht durch befristete Verträge aus, Flexibilität wird in der Wissenschaft selbst schon garantiert. Denn Wissenschaft bedeutet, dass Horizonte erweitert werden und interdisziplinär sowie auch international agiert wird. Die grundsätzliche Unterstellung, dass Planstellen oder unbefristete Verträge zu weniger Flexibilität führen, ist im Grunde ein Ammenmärchen.

Ich möchte aber einen anderen Punkt in den Fokus stellen, der wissenschaftlich valide ist: Lyman Porter und Edward Lawler haben in den 60er-Jahren mit ihrem Weg-Ziel-Modell der Motivation dargestellt, dass die Motivation von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von einigen Faktoren abhängt. Die beiden Kernpunkte des Modells sind: Die individuelle Motivation am Arbeitsplatz wird bestimmt von den Wahrscheinlichkeiten, dass erstens erhöhte Bemühungen zu verbesserter Arbeitsleistung und zweitens gute Arbeitsleistungen auch zu den gewünschten Zielen führen, die Wert, die Valenz besitzen. Dabei unterscheidet man zwischen intrinsischer und extrinsischer, also innerer und äußerer Belohnung. Die intrinsische Belohnung wird durch herausfordernde Aufgaben, Erfolgserlebnisse, Kompetenzerweiterung und das Gefühl, mit seiner Arbeit etwas Sinnvolles zu tun, bewirkt. Die extrinsische Belohnung ist nicht mit der Arbeit selbst verbunden, sondern fließt der Person aus Quellen der Organisation zu: finanzielle Belohnung, Gewinnbeteiligung, Karrierebeförderung, Freundschaften usw.

Wir sollten den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an den hiesigen Hochschulen gerade die extrinsische Belohnung im Zuge von sicheren und gut bezahlten Beschäftigungsverhältnissen nicht durch ein schlechtes Bundesgesetz vorenthalten. Das hat gerade im Sinne der Nutzung von Innovationspotenzialen in der deutschen Wissenschaft und damit auch in der Wirtschaft eine erhebliche Relevanz. Wenn die Annahme des internationalen Wettbewerbs innerhalb der Wissenschaft richtig ist, dann können wir uns einen akademischen Mittelbau auf Schleudersitzen erst recht nicht erlauben. Die Wissenschaft wird es uns durch Ergebnisse danken, die den Namen auch verdienen. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Paul. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Prof. Dr. Dr. Sternberg.

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Was soll dieser Antrag eigentlich? Wenn die Koalitionsfraktionen ihre eigene Regierung auffordern, eine Bundesratsinitiative in die Wege zu leiten, kann das nur bedeuten, dass die Landesregierung den Absichten der Fraktionen nicht nachkommen will. Oder ist es nur ein Scheinantrag, der eine ohnehin vorgesehene Absicht der Landesregierung noch durch eine parlamentarische Debatte unterstützen soll?

(Dr. Ruth Seidl [GRÜNE]: Das kann man nur auf Bundesebene regeln!)

Worum geht es eigentlich? – Es gab einmal eine Föderalismusreform. Danach wurde das Thema der Befristung von Verträgen in der Wissenschaft aus dem damaligen HRG herausgenommen und mit dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz vom 18. April 2007 ein Ersatz gefunden. Nun ist es für eine Wissenschaftspolitik, die gern von eigenem Versagen ablenken will, interessant, das zu regeln, was nicht in ihrer Kompetenz liegt. Föderalismus ist in diesem Hause offensichtlich schon lange kein Thema mehr. Anstatt sich um den Wissenschaftsstandort Nordrhein-Westfalen zu kümmern, kümmert man sich lieber um Bundesangelegenheiten.

(Dietmar Bell [SPD]: Unsinn!)

Aber das passt zu Ihrer Hochschulpolitik. Sie möchten nichts lieber, als endlich wieder die Details der Hochschulplanung und ?gestaltung zu übernehmen und sich um solche Fragen wie die Personalvertretung von wissenschaftlichen Hilfskräften und ähnliche Wichtigkeiten zu kümmern. Was soll das alles?

(Beifall von der CDU – Zuruf von Dietmar Bell [SPD])

Das Gesetz wurde von 2008 bis 2011 von der HIS evaluiert. Da findet sich folgende Konklusion – Zitat –:

„Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die mit Inkrafttreten des WissZeitVG neu eingeführten Vorschriften geeignete und überwiegend belastbare Instrumente sind, um befristete Beschäftigungsverhältnisse mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern eingehen zu können.“

Das reicht für die Anstellungsträger von der Rechtssicherheit bei Drittmittelprojekten bis zur Festlegung wissenschaftsspezifischer Befristungen. Für die im Hochschuldienst Tätigen bedeutet es klare Bedingungen, auch bei einer Familienkomponente.

Die HRK hat mit Sitzung vom April 2012 einige Veränderungen als Konsequenz aus dieser Evaluation vorgeschlagen. Diese Konsequenzen sind aber alle durch die Bank untergesetzlich zu regeln und bedürfen keiner großen gesetzlichen Initiative.

Aber es geht ja auch um mehr. Es geht um die Frage: Reden wir hier eigentlich über prekäre Beschäftigungsverhältnisse in dem Sinne wie in der Wirtschaft, Herr Paul? Oder reden wir über ganz andere Stellen? – Es handelt sich bei den Inhabern dieser Stellen, die hier in Rede stehen, in der Regel um Menschen unter 30 Jahren in der Dissertationsphase. Wenn sie in der zweiten Qualifikationsphase, der Habilitation, sind, sind das Menschen zwischen 29 und 35 Jahren. Das ist alles bei HIS nachzulesen.

Solche Positionen können ohne großen Schaden für die Wissenschaft nicht als Dauerstellen eingerichtet werden.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist im Übrigen auch den Stelleninhabern völlig klar. Ich habe selber im Moment zwei Kinder, die in solchen Arbeitsverträgen stehen. Seine Lebensplanung auf solche Assistenz- und Hilfskraftstellen auszurichten, wäre so vermessen, dass das keiner machen würde, der jemals an einer Universität gewesen ist, und es würde auch niemand empfehlen.

Ganz nebenbei schaffen Sie aber im Moment auf andere Weise Dauerstellen an den Universitäten, denn Sie lassen die Universitäten wieder volllaufen mit Studenten, deren einziges Studienziel das Semesterticket ist. Das ist aber ein anderes Thema; darauf werden wir noch zu sprechen kommen.

(Widerspruch von der SPD)

Was Ihren Antrag betrifft: Wie bereits bei der geplanten Rücknahme des Hochschulfreiheitsgesetzes und den abzusehenden Eingriffen in die Forschungsfreiheit wollen Sie reglementieren und kontrollieren. Das hilft aber weder den befristet angestellten Mitarbeitern noch dem Hochschulstandort Deutschland.

Die Fragen des Studienabschlusses und der zusätzlichen Aufnahme von Klauseln bedürfen keiner gesetzlichen Regelungen. Mindestlaufzeiten sind nicht sachgerecht. Die Familienkomponente ist zwar enthalten, wird allerdings viel zu selten genutzt.

Aber auf eines in Ihrem überflüssigen Antrag möchte ich doch näher eingehen, nämlich auf die von Ihnen so alarmistisch vorgetragenen prekären Beschäftigungsverhältnisse, die Grund für den Antrag sind, wie ich vorhin gehört habe. Es stimmt: Die Zahl dieser Verhältnisse ist in Nordrhein-Westfalen von 106.400 im Jahre 2004 auf 146.100 im Jahre 2009 angestiegen. Warum ist das so? – Ich habe eine ganz klare Begründung dafür. Studienbeiträge ermöglichten sehr viel mehr studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte, mehr Tutoren und Übungsleiter, mehr Lektoren und Korrekturassistenten. Diese Verbesserung des Studiums durch mehr eingestellte Doktoranden, Habilitanden und Studierende, diese Konsequenzen haben die Studenten auch als Verbesserung ihrer Studienbedingungen bemerkt – Verbesserungen, die Sie jetzt durch die Abschaffung der Studiengebühren beseitigt haben. Stattdessen haben Sie auf Pump den Hochschulen

(Dietmar Bell [SPD]: Sie reiten wieder ein totes Pferd!)

unzureichende Kompensation verschafft.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Was Sie hier wollen, geht ohne Weiteres untergesetzlich. Dafür brauchen wir keine große Landtagsdebatte. Die Frage ist nur: Jetzt liegt ein Antrag der FDP vor. Zumindest an einer Stelle macht er etwas anderes; er behandelt grundsätzlich die Fragen der Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnisse in den Universitäten. Da kann man mitgehen, solange sich das nicht auf den Bund bezieht. Als Bundesratsinitiative würden wir das ablehnen.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. – Einen größeren Gefallen würden Sie der Wissenschaft tun, wenn Sie die Tarifsteigerungen für die, die dauerhaft in der Wissenschaft tätig sind, also für die Akademischen Räte und alle Beamten über A11, nicht von den Lohnerhöhungen des öffentlichen Dienstes abkoppeln würden. Denn gute Wissenschaft verlangt nicht nur gute Arbeit, sondern auch anständige Bezahlung. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die FDP-Fraktion spricht Frau Kollegin Freimuth.

Angela Freimuth (FDP): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir eine Anmerkung zu dem Beitrag der Kollegin Frau Dr. Seidl. Wenn es Ihnen wirklich um eine Diskussion gegangen wäre, dann wäre es natürlich hilfreich gewesen, hier nicht sofort eine direkte Abstimmung zu beantragen, sondern dann auch in die inhaltliche Diskussion einzusteigen.

(Beifall von der FDP)

Herr Kollege Schultheis, ich fand schon sehr interessant, wie Sie hier begründet haben, warum Sie unserem Entschließungsantrag nicht zustimmen wollen. Aber nun – geschenkt.

Wir sind uns in jedem Fall in einem Punkt einig: dass wir unseren engagierten jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern die besten Rahmenbedingungen bieten wollen. Wir brauchen und wir wollen begabte und motivierte Hochschulabsolventen auch für eine Karriere in der Wissenschaft gewinnen. Denn damit wird letztlich auch die Grundlage der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit unserer Gesellschaft insgesamt gesichert.

Im Rahmen einer wissenschaftlichen Karriere ist die Promotionsphase, wenn auch nur über eine relativ kurze Dauer, eine überaus intensive Phase, in der der Grundstein für weiteres wissenschaftliches Wirken gelegt wird.

Die Erfahrungen der Nachwuchswissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler in dieser Phase prägen ihr oder sein wissenschaftliches Engagement. Daher ist es auch richtig, die Bedingungen, unter denen Doktoranden arbeiten und forschen, auch stets einer kritischen Überprüfung zu unterziehen und alles daranzusetzen, die Bedingungen und Umstände immer weiter verbessern zu wollen.

Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz ist ein Baustein. Man kann sicherlich darüber diskutieren, inwieweit an dem einen oder anderen Schräubchen noch gedreht werden sollte, wo noch Optimierungsbedarf vorhanden ist. Wir haben mit unserem Entschließungsantrag deutlich gemacht, dass auch wir das eine oder andere Optimierungspotenzial sehen.

Ich frage mich aber schon, liebe Kolleginnen und Kollegen von Grünen und SPD – die Piraten sind dann ja mit aufgesprungen –, ob der Landtag von Nordrhein-Westfalen dafür tatsächlich die richtige Plattform ist. Denn das Wissenschaftszeitvertragsgesetz kann eben nur auf der Bundesebene geändert werden; das ist ja gerade auch schon richtigerweise beschrieben worden.

Ich möchte auf die zutreffend vom Kollegen Sternberg aufgeworfene Frage „Was soll das?“ kurz eingehen. Wahrscheinlich soll hier einem Antrag der SPD-Bundestagsfraktion,

(Dietmar Bell [SPD]: Bundesratsinitiative!)

die jüngst einen Gesetzentwurf vorgelegt hat, der diesem Antrag sehr ähnlich ist, sozusagen beigestanden werden. Anders lässt sich kaum begründen, warum hier einem bereits im Beratungsverfahren des gesetzgebungsmäßig zuständigen Gremiums noch beigetreten wird.

Aber meinetwegen kann man auch darüber diskutieren. Ich finde an dem Antrag jedoch bedauerlich, dass darin kein einziger Vorschlag enthalten ist, was das Land selbst tun kann, um die Bedingungen für unsere Nachwuchswissenschaftler zu verbessern. Sie beziehen sich ausschließlich auf das Wissenschaftszeitvertragsgesetz, für das wir hier nicht zuständig sind. Ansonsten machen Sie keine Vorschläge. Und das, meine Damen und Herren, ist wirklich ein bisschen dünn.

Sie fordern die Aufhebung der Tarifsperre, die damals von der SPD als Taufpatin des Gesetzes aus guten Gründen, nämlich weil sich die Tarifpartner leider nur selten einigen konnten, mit aufgenommen wurde. Eine Forderung nach einem flächendeckenden Wissenschaftstarifvertrag habe ich in dem Antrag leider nicht gefunden. Herr Kollege Schultheis hat gerade dargestellt, dass ich darauf sicherlich auch lange warten muss.

Aber, meine Damen und Herren, es ist aus unserer Sicht die beste Möglichkeit, auch die Belange aller zu berücksichtigen und in Kooperation mit den Betroffenen einen solchen eigenständigen Wissenschaftstarifvertrag auszuarbeiten. Solange dieser nicht greifbar ist, halten wir an den Regelungen des in Rede stehenden Gesetzes fest, weil sich der Wissenschaftsbetrieb eben maßgeblich vom durchschnittlichen Arbeitsmarkt unterscheidet.

Wissenschaftliche Tätigkeit ist für viele Nachwuchsforscher nämlich nicht nur ein möglicher Einstieg in eine dauerhafte Wissenschaftskarriere an der Universität, sondern vielfach eben auch ein Einstieg in bzw. eine geplante Vorbereitung auf eine Tätigkeit in der Industrie, im öffentlichen Dienst oder auch in anderen Bereichen. Die wissenschaftliche Tätigkeit wird eben auch als eine Qualifizierungsphase anzusehen sein.

Ich will noch eine Anmerkung mit Blick auf die finanziellen Spielräume der Wissenschaftsorganisationen machen. Die Änderungsvorschläge, die Sie hier unterbreiten, nützen überhaupt nichts, wenn die finanziellen Spielräume nicht vorhanden sind, um die Verträge anders zu konditionieren. Ihnen wurde kürzlich vorgerechnet …

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Angela Freimuth (FDP): … dass 55 % – ich komme damit zu den Schlussbemerkungen, Frau Präsidentin – der Mittel, die den Hochschulen in diesem Jahr zur Verfügung stehen, temporäre Mittel sind. Dadurch wird die Entwicklung der Zunahme von kürzeren Befristungen gerade begünstigt.

Die von Ihnen nicht vorgenommene Kompensation der gesetzlich nun untersagten Erhebung von Studienbeiträgen zur Qualitätsverbesserung bewirkt bei den Hochschulen Mindereinnahmen in Millionenhöhe.

(Das Ende der Redezeit wird angezeigt.)

Das wirkt sich eben auch auf die Personalverträge aus. Viele Verträge werden nicht verlängert oder stärker befristet als vorher. Die Ursachen liegen damit aber nicht im Wissenschaftszeitvertragsgesetz, sondern in Ihrer unzureichenden Kompensation und verfehlten Hochschulpolitik. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU – Widerspruch von der SPD)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Nur zu Ihrer Information: Sie führen die Hitliste der Überziehungen bei diesem Tagesordnungspunkt mit einer Minute an. – Frau Ministerin Schulze spricht nun für die Landesregierung.

Svenja Schulze, Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gute Ergebnisse und Erfolge in der Wissenschaft und in der Forschung brauchen auch gute Arbeitsbedingungen und gute Arbeitsverhältnisse. Eines setzt das andere voraus.

Jemand, der in Unsicherheit arbeitet und der zum Beispiel nur einen Vertrag über ein halbes Jahr hat, bringt keine guten Forschungsergebnisse hervor. Wir wollen aber in Nordrhein-Westfalen gute Forschungsergebnisse haben. Wir wollen, dass Innovationen vorangebracht werden. Dazu gehören eben auch ganz existenziell gute Beschäftigungsbedingungen und die Chance, eine wissenschaftliche Karriere wirklich planen zu können.

Das war übrigens auch einmal das Ziel des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Die Praxis weicht aber heute deutlich davon ab. Der Anspruch eines modernen Zeitvertragsgesetzes muss es daher sein, die verschiedenen Interessen innerhalb des Wissenschaftssystems sachgerecht, fair und flexibel auszubalancieren. Dafür müssen wir dieses Gesetz ändern. Deswegen begrüße ich diese Initiative des Parlaments sehr.

Die zurzeit üblichen Befristungen entsprechen diesen Zielen gar nicht mehr, im Gegenteil: Der Anteil der befristeten Beschäftigungsverhältnisse, vor allen Dingen der Anteil der kurzen Laufzeiten mit unter einem Jahr nimmt immer weiter zu. Wie in anderen Bereichen muss auch an der Hochschule der Grundsatz gelten, dass Daueraufgaben von dauerhaft Beschäftigten geleistet werden. Hierbei machen Befristungen gar keinen Sinn. Diese Form von Befristungen sehen wir immer stärker an den Hochschulen.

Deshalb ist es nötig, das Wissenschaftszeitvertragsgesetz anzupassen. Dazu ist eine Bundesratsinitiative ein sinnvolles Instrument. Wir wollen gut ausgebildete Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die gute Arbeitsbedingungen haben.

Deswegen begrüßt die Landesregierung diese Initiative des Parlaments ausdrücklich. – Ich danke den antragstellenden Fraktionen, und ich wünsche ihnen eine breite parlamentarische Unterstützung.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Weitere Wortmeldungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegen mir nicht vor. Die antragstellenden Fraktionen haben um direkte Abstimmung gebeten.

Wir kommen nun zur Abstimmung. Wir stimmen ab über den Antrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der Piraten Drucksache 16/2276 – Neudruck. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piraten. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Damit ist der Antrag mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis angenommen. Habe ich nach Enthaltungen gefragt? Wollte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Dann ist mit dieser Abstimmung alles okay.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/2428. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Fraktionen von CDU und FDP. Wer stimmt dagegen? SPD, Bündnis 90/Die Grünen und die Piraten. Möchte sich jemand enthalten? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Entschließungsantrag der FDP mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis abgelehnt.

Ich rufe nun auf:

3   Gesetz zur Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge

Gesetzentwurf
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2124

erste Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die antragstellende Fraktion Herrn Kollegen Kuper das Wort.

André Kuper (CDU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Die CDU-Fraktion legt Ihnen heute einen pragmatischen Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vor.

Im Kern wollen wir die kommunale Selbstverwaltung in unseren Städten und Gemeinden stärken. Wir wollen eine neue Alternative zur Erhebung niedriger wiederkehrender Beiträge anstelle der bisher hohen einmaligen Straßenausbaubeiträge ermöglichen. Hierdurch erhalten die Kommunen eine neue bürgerfreundliche Option, den Anliegeranteil zum Straßenausbau zu erheben. Mehreinnahmen für die Kommunen sind damit nicht verbunden. Vielmehr sollen die Abgaben für die Bürgerinnen und Bürger besser kalkulierbar werden.

Wie ist die Situation heute? Wenn Straßen beispielsweise in Wohnbaugebieten saniert werden müssen, dann sollen die Anwohner entsprechend bezahlen. Ein fünfstelliger Betrag kommt schnell zusammen. Auseinandersetzungen zwischen Ratspolitik und Verwaltung auf der einen Seite und den Bürgerinnen und Bürgern auf der anderen Seite sind also an der Tagesordnung. Zu teuer, überflüssig oder zu aufwendig wird dann von den Anliegern argumentiert.

Während der erstmalige Erschließungsbeitrag nach dem Baugesetzbuch noch eine gewisse Akzeptanz hat, ist dies bei der Wiederherstellung der Straßen nach 25 bis 30 Jahren nicht mehr der Fall. Die Beiträge fallen darüber hinaus häufig zu einem Zeitpunkt an, zu dem viele der Anlieger erstens nicht mehr damit rechnen und zweitens in den nächsten Lebensabschnitt, der Rente, gewechselt sind, in dem jeder Cent einmal mehr umgedreht werden muss. Der heutige Beitrag kann dann sogar zur Existenzbedrohung führen. Das gibt Diskussionen, das gibt Konflikte vor Ort.

Von daher tun sich die Räte in der Entscheidung häufig schwer und verschieben notwendige Straßenausbauten auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Schlechte Straßen, Schlaglöcher und ein Sanierungsstau sind dann die Folgen. Hier besteht aus unserer Sicht Handlungsbedarf.

Dieser Gesetzentwurf zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes gestaltet die Straßenausbaubeiträge flexibel und bürgernäher. Wir wollen den Kommunen damit eine neue Möglichkeit eröffnen. Wer mag, möge diese Option und das Angebot nutzen, wer nicht, kann das bisherige Instrument weiter nutzen. Damit stärken wir kommunale Entscheidungsspielräume und sorgen für eine Entlastung von Spitzenbeiträgen bei den Bürgern. Anstatt hohe einmalige Beiträge zu fordern, besteht nach diesem Gesetzentwurf die Möglichkeit, regelmäßig wiederkehrende Beiträge zu erheben, die dann häufig nur noch bei 120 bis 140 € im Jahr liegen.

Deshalb setzt sich auch der ADAC dafür ein, dass dieser wiederkehrende Beitrag als Option für die Kommunen in allen Bundesländern realisiert wird. Gleichzeitig kann man mit Übergangsregelungen dafür sorgen, dass Anwohner nicht doppelt zu Beiträgen herangezogen werden. Um Transparenz in diesem Verfahren zu sichern, ist vorgesehen, auch die Bildung der Abrechnungseinheiten zu begründen und das der Satzung beizufügen, damit der Bürger auch versteht, was in seiner Kommune passiert.

Ein weiterer Vorteil dieses Systems: Die Gemeinden werden auch aufgrund der Zweckbindung dieser Mittel in die Lage versetzt, ein über Jahre verbindliches Ausbau- und Erhaltungsprogramm aufzulegen und die Straßen in Ordnung zu halten.

Die Regelungen dieser KAG-Änderungen enthalten also Chancen für die Kommunen einerseits und für die Bürger andererseits. Daher werben wir bei Ihnen für die Unterstützung.

Ich bin gespannt auf die demnächst folgenden Expertenanhörungen sowie die weiteren Beratungen im Ausschuss und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Becker.

Andreas Becker (SPD): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kuper, Ihr Fraktionsvorsitzender Laumann hat vor zwei Tagesordnungspunkten behauptet und prophezeit, dass in dieser Wahlperiode alle Anträge mit CDU-Briefkopf von der Koalition abgelehnt werden würden. Weiteres Pech für ihn heute: Schon wenige Stunden danach, noch in der gleichen Sitzung, wird er eines Besseren belehrt.

(Beifall von der SPD)

Denn wir werden Ihren Gesetzentwurf zur Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge im weiteren Verfahren sehr ernsthaft und ergebnisoffen prüfen, allerdings nicht weil er von Ihnen kommt, sondern weil er in der Sache wirklich prüfenswert ist und die Einführung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge statt einmaliger Einzelrechnungen bürgerfreundlicher sein kann.

Das sage ich Ihnen auch als Praktiker, der in seiner Heimatstadt als Vorsitzender des Ausschusses für Verkehr, Feuerwehr und Tiefbau beinahe in jeder Ausschusssitzung mit entsprechenden KAG-Abrechnungen zu tun hat. In Klammern und mit einem Augenzwinkern aus der Praxis füge ich allerdings hinzu: Dem eigentlichen Anliegen der meisten Bürgerinnen und Bürger in solchen Diskussionen, nämlich wenig bis gar nicht als Anlieger zur Finanzierung herangezogen zu werden, können und wollen Sie auch mit Ihrem Gesetzentwurf nicht gerecht werden.

Was mir völlig neu war und was ich aus meiner Praxis nicht bestätigen kann, ist, dass in den Kommunen aufgrund der Abrechnungen über das KAG keine Straßenbaumaßnahmen mehr erfolgen. Da habe ich – das müsste man an anderer Stelle diskutieren – andere Gründe im Hinterkopf, warum die Kommunen Investitionsentscheidungen lange aufschieben müssen.

Wie gesagt, es ist eine Sache, über die man nachdenken muss und nachdenken sollte. Sie wissen, dass der Vorschlag nicht neu ist und in mehreren Bundesländern gesetzlich geregelt ist. Wenn Sie das wissen, dann wissen Sie auch, dass die entsprechende gesetzliche Regelung in Rheinland-Pfalz zum Beispiel vor dem Bundesverfassungsgericht anhängig ist. Auch hieraus können und sollten wir wichtige Erkenntnisse ziehen.

In diesem Sinne sehe ich mit meiner Fraktion der weiteren Beratung mit ehrlicher positiver Erwartung entgegen. Der Überweisung stimmen wir natürlich dementsprechend zu. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Becker. – Für die Grünen spricht Herr Kollege Krüger.

Mario Krüger (GRÜNE): Meine Damen, meine Herren! Frau Präsidentin! Wie mein Vorredner schon sagte: ein interessanter Vorschlag. Das sehen wir ähnlich und wollen das auch gern in Ruhe diskutieren und schauen, inwieweit dieser Vorschlag einer Abrechnung von Ausbaumaßnahmen gegenüber Anliegern ein Weg ist, der zu etwas mehr Frieden innerhalb der kommunalen Familie bzw. innerhalb der Bürgerschaft führt.

Wir wissen jedoch auch – als Beispiel ist unter anderem die Situation in Rheinland-Pfalz dargestellt worden –, dass gerichtliche Verfahren anhängig sind. Beispielsweise hat das Verwaltungsgericht Koblenz die Verfassungsmäßigkeit des Landesgesetzes bezweifelt und in diesem Zusammenhang eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts angerufen. Ich denke, wir sind gut beraten, das in unseren Abwägungsprozess miteinzubeziehen.

Schwierig wird es zum Beispiel werden, wenn es darum geht, nach welchen Kriterien die Abrechnungsgebiete auszugestalten sind. Es gibt einige Gemeinden in anderen Bundesländern, die in diesem Zusammenhang das gesamte Stadtgebiet als Abrechnungsgebiet sehen. Wir haben unsere Zweifel daran, dass man so großflächig herangehen kann.

Auf der anderen Seite wissen wir, dass bezogen auf die Frage, welche Maßnahmen tatsächlich abgerechnet werden können, das KAG im Grundsatz nur dann eine Einbeziehung von Anliegern vorsieht, wenn damit eine Aufwertung des eigenen Grundstückes einhergeht. Von einigen Akteuren wird möglicherweise gesehen, dass auf diese Art und Weise zusätzliche Investitionsmittel bereitgestellt werden können, um der Investitionsschwäche der kommunalen Haushalte Rechnung zu tragen. Das ist mitnichten so. Es geht nicht darum, inwieweit marode Straßen über wiederkehrende Straßenausbaubeiträge instand gesetzt werden. Es geht vielmehr darum, Straßen so weit zu modernisieren, dass auch ein Vorteil für Grundstücksanlieger zu erkennen ist.

Es ist zudem noch einmal zu differenzieren, in welchem Umfang Anlieger überhaupt herangezogen werden können. Das ist unter anderem davon abhängig zu machen, welchen Charakter die Straßen haben. Ist es zum Beispiel eine stark befahrene Straße, haben Sie bei der Bereitstellung von Finanzmitteln durch die öffentliche Hand teilweise Quoten von 80 bis 90 %. Nur 10 bis 20 % der eigentlichen Ausbaukosten können auf die Anlieger umgelegt werden. Diese Problemstellungen werden dadurch nicht ausgeräumt.

(Vorsitz: Vizepräsident Daniel Düngel)

Ich weiß, Herr Kuper, dass die kommunalen Spitzenverbände gegenüber diesen Überlegungen etwas distanziert sind. Ich bin aber schon der Auffassung, dass es Sinn macht, das Thema mal im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens mit einer entsprechenden Anhörung aufzugreifen und zu schauen, ob es ein praktikabler Weg ist oder nicht.

Wenn wir diesen Weg zu Ende gehen, werden wir allerdings erst in fünf oder zehn Jahren wissen, ob es wirklich ein guter Weg gewesen ist bzw. ob er von der Bürgerschaft angenommen wird. Denn wir wissen auch: Nichts wird häufiger beklagt als Abgaben nach dem Kommunalabgabengesetz.

Letzter Punkt. Sie haben in diesem Zusammenhang noch mal die Möglichkeit aufgeführt, Ratenzahlungen zu vereinbaren. Das kann man sicherlich machen. Nur, Herr Kuper, die Realität sieht so aus, dass nach der Straßenerneuerung in der Regel sechs bis zehn Jahre vergehen, bis der Gebührenbescheid kommt. Der Anlieger X oder Y kann sich also eigentlich darauf einstellen, dass er in diesem Zusammenhang möglicherweise in fünf oder sieben Jahren 5.000, 7.000, 8.000 oder 9.000 € zu zahlen hat.

So viel von unserer Seite. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Krüger. – Für die FDP-Fraktion hat der Kollege Abruszat das Wort.

Kai Abruszat (FDP): Ganz herzlichen Dank, Herr Präsident. Der vorliegende Entwurf entstammt der Feder eines kommunalen Praktikers, verehrter Herr Kollege Kuper. Es ist immer gut, wenn wir solche pragmatischen Fragestellungen abseits der Rituale beraten, die hier so gerne gepflegt werden.

Wir sehen diesen Entwurf aber mit gemischten Gefühlen:

Einerseits ist es gut und richtig, wenn über die Instrumente Stundung, Niederschlagung und Erlass hinaus in bestimmten Fällen auch die Möglichkeit für Ratenzahlungen gesetzlich verankert wird. Das trägt zur Rechtssicherheit bei. Das ist gut.

Auf der anderen Seite müssen wir aufpassen, kein Einfallstor für neue kommunale Einnahmemöglichkeiten zu schaffen, die von den Bürgerinnen und Bürgern am Ende nicht akzeptiert werden.

Es ist sehr wichtig, dass wir diesen Vorstoß der Unionsfraktion sehr sorgfältig beraten. Das tun wir im Ausschuss und mit Expertenanhörungen am besten. Deswegen will ich es für heute dabei belassen. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU und den GRÜNEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Abgeordneter Abruszat. – Für die Piratenfraktion hat nun der Kollege Fricke das Wort.

Stefan Fricke (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bei dem hier vorliegenden Gesetzentwurf fällt mir aus dem Stehgreif und quasi als Titel nur eines ein: Löcher in den Straßen sollen durch löchrige Gesetze geflickt werden. Denn das, was die werten Kollegen der CDU hier vorgelegt haben, ist nichts anderes als legislative Flickschusterei. Es ist Flickschusterei mit dem Zweck, die Anzahl der möglichen Prozesse nach vielleicht fragwürdigen Entscheidungen kommunaler Baubehörden zulasten von Grundstückseigentümern zu verringern. Und es ist auch wieder einmal Augenwischerei, Verpackungspolitik mit dem Zweck, den Wähler einzulullen. Vorgezogener Bundestagswahlkampf auf Landesparkett!

Sehen wir uns doch mal genauer an, was dem Bürger hier zugemutet wird: eine Vorababgabe auf Gebühren, die vielleicht erhoben werden, um Straßen instand zu halten, die an einem Grundstück liegen. Abgesehen davon, dass das Verursacherprinzip – wer Schäden verursacht, wird auch für diese haftbar gemacht – wieder einmal außen vor bleibt – genau wie dies bei der gesamten Bankendiskussion der Fall war, wenn ich daran erinnern darf –, wird das extrem ungerechte kommunale System mit diesem Gesetzentwurf um kein Komma geändert, sondern nur anders etikettiert.

Als plakatives Beispiel möchte ich die Kölner Seve­rinstraße erwähnen. Das ist die Straße, in der die U-Bahn gebaut wird und in der unglücklicherweise das Kölner Stadtarchiv wie ein Kartenhaus zusammengefallen ist. Als ob der U-Bahn-Bau nicht schon gereicht hätte, muss auf dieser Straße natürlich auch der entsprechende Baustellenverkehr fließen, was zwangsläufig schon zu enormen Sanierungskosten führte. Nun zeigte die Stadt Köln für eine kommunale Verwaltung ungewohnte Einsicht und wollte die Anlieger von den Sanierungskosten entlasten. Fehlanzeige! Die Regierungspräsidentin pfiff das Ganze aufgrund der Gesetzeslage zurück. Die Anrainer dürfen nun für etwas blechen, was sie nicht verursacht haben und worunter sie auch noch seit Jahren leiden.

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege Fricke, würden Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Ott von der SPD-Fraktion zulassen?

Stefan Fricke (PIRATEN): Ja.

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Ott, Sie haben das Wort.

Jochen Ott (SPD): Vielen Dank, Herr Fricke. Ist Ihnen bekannt, dass der Kölner CDU-Abgeordnete Möbius ausdrücklich darauf hingewiesen hat, dass das gegen das Gesetz verstößt? In verschiedenen Beiträgen wurde darauf hingewiesen: Wo kein Kläger, da kein Richter. – Vonseiten der CDU wurde aber ausdrücklich gefordert, dass diese Beiträge erhoben werden müssen. Deshalb musste die Regierung handeln. Ist Ihnen bewusst, dass die Überprüfung durch die Landesregierung dadurch veranlasst wurde?

Stefan Fricke (PIRATEN): Das ist mir bewusst. Deswegen fordere ich ja auch die Änderung des entsprechenden Gesetzes.

Vor allem die kleinen Eigenheimbesitzer werden es Ihnen danken, immer wieder und für sie oftmals überraschend von der kommunalen Verwaltung vielfach Jahre später in keinem Zusammenhang mehr mit den durchgeführten Arbeiten satte Rechnungen im fünfstelligen Bereich präsentiert zu bekommen. Die werden dann häufig nicht wissen, wo sie so schnell das Geld zum Bezahlen herzaubern sollen.

Natürlich: Wären die Bürger eine Bank, dann würde unsere Regierung ja … Aber ich schweife ab.

Sie, werte Kollegen, wollen diese Menschen entlasten, indem Sie ihnen das Geld für die Sanierung von Schäden, die sie selbst gar nicht mitverursacht haben, schon vorab aus der Tasche ziehen. Eine wahrhaft geniale Idee!

Denken wir aber mal an einen durchschnittlichen Besitzer einer Eigentumswohnung in einem Mehrfamilienhaus. Dort ist die Bildung von Rücklagen durch die Eigentümergemeinschaften bereits gesetzlich vorgeschrieben. Das ist in Ordnung. Aber: Diese Rücklagen werden verzinst. Jetzt kommen Sie an und wollen diese Rücklagen abgreifen. Nur: Diese Darlehen an die Kommunen werden natürlich nicht verzinst. Das mutet an wie des Geniestreiches zweiter Teil.

Und bei derartigen Eingebungen – die fast anmuten wie jene, auf die die Bayerische Staatsregierung aufgrund des anderweitig beschäftigten Dienstmannes Alois Hingerl bis heute vergeblich wartet – besitzen Sie auch noch die Chuzpe, von größerer Abgabengerechtigkeit zu sprechen. Bleibt zu wünschen, dass die betroffenen Bürger Ihnen direkt per Wahlzettel die passende Antwort geben! – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Fricke. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Jäger das Wort.

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Herzlichen Dank, Herr Präsident. – Das kommunale Abgabengesetz ist vor gar nicht so langer Zeit Gegenstand der Beratung in diesem Plenum gewesen. Das war im Jahre 2011. Damals haben die wiederkehrenden Straßenbaubeiträge in der Erörterung – sowohl bei der Anhörung als auch im Plenum – keine Rolle gespielt.

Gleichwohl glaube ich, dass die Landesregierung gut beraten ist, Ihnen Hinweise für die Beratungen im Ausschuss zu geben.

Ein Hinweis sei mir gestattet. Das Bundesland, das die längste Erfahrung mit diesem Instrumentarium hat – das ist Rheinland Pfalz –, musste feststellen, dass es eine ganze Reihe von Klagen gab. Es bedurfte immer wieder Gesetzesänderungen, um den entsprechenden Urteilen Rechnung zu tragen. Ein weiteres Verfahren ist beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Man sollte bei der Meinungsbildung daher einbeziehen, ob es in der Tat Sinn macht, den Kommunen jetzt diese Möglichkeit zu geben, oder ob es besser ist, dass Verfahren abzuwarten. Beides ist sicherlich möglich.

Wie Herr Becker bin auch ich der Auffassung, dass man dies ernsthaft beraten muss. Wir sollten dazu die entsprechende Anhörung abwarten. Insbesondere sollten wir abwarten, wie sich die kommunalen Spitzenverbände und die Vertreter von Städten und Gemeinden dazu positionieren. Das sind nämlich diejenigen, die später in Rechtssicherheit ein solches Gesetz anwenden würden. Daher bin ich sehr gespannt auf die entsprechende Anhörung und die Ausschussberatung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Daniel Düngel: Das ging schnell. Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Da mir keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, sind wir am Schluss der Beratung.

Wir stimmen ab über die Empfehlung des Ältestenrates. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/2124 an den Ausschuss für Kommunalpolitik – federführend – sowie an den Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr. Ist jemand gegen diese Überweisungsempfehlung? – Nein. Es enthält sich auch niemand. Dann ist die Überweisungsempfehlung so angenommen.

Wir kommen zu Tagesordnungspunkt

4   Neuer Rundfunkbeitrag muss überarbeitet werden – für ein gerechtes und transparentes Beitragssystem!

Antrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2286

Für die antragstellende Fraktion hören wir nun den Kollegen Nückel.

Thomas Nückel (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das hatten sich die Schöpfer der neuen Abgabe so sicher nicht vorgestellt. Der Rundfunkbeitrag sollte doch so sympathisch herüberkommen. Da änderte man extra das giftgrüne Layout der GEZ in ein sanftes Türkis. Aus der GEZ wurde der „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“, und man glaubte, jetzt wird alles gut.

Doch statt Tränen der Rührung gab es zu Jahresanfang harte Kritik. Ich hatte ohnehin vermutet, dass der Tausch der drei Buchstaben GEZ gegen den doch komplizierten und twitterunfreundlichen Namen „ARD ZDF Deutschlandradio Beitragsservice“ – das sind 40 Anschläge und fünf Sekunden Redezeit – nur den Grund haben kann, dass man schon beim Aussprechen verzweifelt und der Name zumindest nicht in eine kritische Schlagzeile passt.

Aber die Rundfunkgebühr scheint ein Thema zu sein, dem seine Brisanz allen PR-Verrenkungen zum Trotz nicht so schnell verlorengehen wird. Da könnten sie noch so lange im Bottich herumtrampeln: Aus der sauren Milch würde doch keine Butter mehr.

Ursprüngliches Ziel des Rundfunkänderungsstaatsvertrages war es ja, für eine bürokratiearme und gerechte Gebühr für den Verbraucher zu sorgen. Belastungen über Gebühr sollten abgeschafft werden. Das Verfahren sollte transparenter werden. Bestehende Irritationen bezüglich des Datenschutzes mit der alten GEZ beim Verbraucher sollten beseitigt werden.

Was ist daraus geworden? Nun, die neue GEZ verteidigt eisern ihren Ruf als nimmersatte Datenkrake. Auch sind Doppelbelastungen bei Bürgerinnen und Bürgern, gerade bei denen, die aus beruflichen Gründen ihren Lebensmittelpunkt unter der Woche verlassen müssen, den Wochenendpendlern, sehr stark geworden. Diese bezahlen dann sowohl für die Hauptwohnung als auch für die Zweitwohnung. Ich bin mir sicher, dass wir nicht zeitgleich an zwei unterschiedlichen Orten sein können. Dem Wochenendpendler jedoch wird diese Fähigkeit bei der Rundfunkgebühr unterstellt.

Was das Ganze dann aber ad absurdum führt: Wäre die eben genannte Wohnung nicht die Zweitwohnung eines Arbeitnehmers, sondern zum Beispiel eine 70 m2 große Einzimmer-Luxusferienwohnung, die zeitweise vermietet würde, müsste er dafür keine zusätzlichen Gebühren zahlen. Der Wohngeldempfänger muss hingegen zahlen. Da fragt man sich: Wo bleibt die soziale Gerechtigkeit?

Ein anderes Beispiel: Der Staatsvertrag nimmt Menschen mit Behinderung nicht grundsätzlich von der Gebührenpflicht aus, wenn sie finanziell leistungsfähig sind. Ich kann aber die Kritikpunkte der Sozialverbände nachvollziehen, dass der Ausbau barrierefreier Angebote zwar Seh- und Hörbehinderten zugutekommt, nicht aber schwerbehinderten Menschen, die wegen eines anderen Handicaps nicht an öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen können.

Bemerkenswert war in den letzten Wochen auch der Umgang der Landesregierung mit den hohen Kosten für die Städte und Gemeinden. Die wurden schlichtweg ignoriert. Fragte man nach dem Umgang mit dem geschilderten Problem, wurde auf das Fehlen von Zahlenmaterial verwiesen. Spätestens in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion versteckte man sich hinter dem Verweis auf eine Evaluierung. Es stellt sich die Frage: Interessiert sich die Landesregierung überhaupt für die aktuellen Problemlagen? Man hat den Eindruck, dass das nicht der Fall ist.

Dass die Sender jetzt nach vielen Wochen plötzlich so sensibel mit den erzürnten Kommunen und Kirchen umgehen, hat natürlich etwas damit zu tun, dass man sich nicht jeden Tag von den Kanzeln und Rathaustürmen herab die offensichtlichen Kostensteigerungen vorhalten lassen will.

Aber das Einlenken allein bei Kommunen und Kirchen reicht nicht. Denn durch den neuen Rundfunkbeitrag werden insbesondere Betriebe und Institutionen mit vielen Filialen, Nebenstellen und Fahrzeugen ungerecht hoch belastet. Sie dürfen bei den Nachbesserungen ebenso wenig wie die Bürger übergangen werden: ob es nun der Verein ist, der für eine zusätzliche Umkleide oder ein Toilettenhaus eine zusätzliche Rechnung erhält, oder Adam Ries in Annaberg-Buchholz, der vor 450 Jahren gestorben ist.

Apropos Adam Ries: Man hat sich eventuell auch bei einem anderen Punkt verrechnet. Das Gutachten eines renommierten Verfassungsrechtlers stellt die Frage nach der Verfassungsmäßigkeit des neu geregelten Systems. Es beruft sich nicht nur auf einen Eingriff in die Handlungsfreiheit von Unternehmen oder, damit verbunden, das Gleichheitsgebot. Nein, sogar die erforderliche Gesetzgebungskompetenz der Länder wird infrage gestellt, dann nämlich, wenn es sich bei dem Rundfunkbeitrag gerade nicht um einen Beitrag, sondern um eine Steuer handelt. Die Klageverfahren werden sicher nicht lange auf sich warten lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine Evaluierung im Jahre 2014 hilft den Betroffenen in diesem Fall herzlich wenig. Die Zahlungen müssen nämlich jetzt geleistet werden. Rasch muss also korrigiert werden. Selbst aus der SPD kommt dazu ein Ruf. Die Abgeordnete Cornelia Ruhkemper, die für die Sozialdemokraten im Petitionsausschuss sitzt, wurde in der Presse mit den Worten zitiert: Die neue Rundfunkgebühr muss überprüft werden. – Dem kann ich nur zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Daniel Düngel: Eine Punktlandung. Vielen Dank, Herr Kollege Nückel. – Für die SPD-Fraktion hat der Kollege Vogt das Wort.

Alexander Vogt (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

„Durch den Systemwechsel von der gerätebezogenen Rundfunkgebühr hin zum geräteunabhängigen Beitrag wird die Rundfunkfinanzierung endlich einfacher und transparenter. Die rechtlich höchst fragwürdigen Kontrollen durch die GEZ entfallen. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung.“

So Wolfgang Greilich, stellvertretender Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion in Hessen.

Nun ist die Rundfunkgebühr Realität. Das alte gerätebezogene Modell hatte sich überholt. Die technische Weiterentwicklung und die steigende Konvergenz der Medien führten dazu, dass beispielsweise Handys auch zum Rundfunkempfang geeignet sind. Das neue Modell, das sich an Wohnung und Betriebsstätten orientiert, hat das Ziel, das System einfacher und gerechter zu machen.

Schon vor der Beitragsumstellung war klar, dass es zu Verschiebungen kommen wird: Einige werden stärker belastet, für andere wiederum wird es günstiger.

Insgesamt ist es eine ziemlich große Veränderung des gesamten Systems. Eine zeitnahe Evaluation war schon vorher festgeschrieben worden. Der Beitragsstaatsvertrag wurde hier im Landtag mit großer Mehrheit – auch mit Stimmen der CDU – verabschiedet.

In den Ländern Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Sachsen wurde der Beitragsstaatsvertrag mit Stimmen der FDP verabschiedet. Damals – das muss man zugeben – war die FDP noch in einigen Landesregierungen mehr vertreten.

Die Verfassungsmäßigkeit des Staatsvertrages nun infrage zu stellen, wie gerade von Thomas Nückel angesprochen, ist schon ein merkwürdiges Vorgehen. Der frühere Bundesverfassungsrichter Professor Dr. Paul Kirchhof hat in einem ausführlichen Gutachten im April 2010 aufgezeigt, dass der Rundfunkbeitrag verfassungsrechtlich zulässig ist.

Meine Damen und Herren, die SPD-Fraktion nimmt die Probleme bei der Umstellung auf das neue System sehr ernst. Darum muss der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch weiter auf die Betroffenen zugehen.

Die angesprochene Evaluation ist vereinbart. Hierzu werden von den Rundfunkanstalten Daten erhoben. Diese werden dann von der KEF, also der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, geprüft. Erst auf dieser Grundlage können die Länder gemeinsam entscheiden, welche staatsvertraglichen Regelungen geändert bzw. verbessert werden sollen. Dieser KEF-Bericht wird voraussichtlich Ende 2013 vorliegen. Die Evaluation kommt also zeitnah. Unzumutbare Mehrbelastungen müssen anschließend natürlich korrigiert werden.

Generell wollen wir den neuen Staatsvertrag und die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht infrage stellen und lehnen den FDP-Antrag daher ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Vogt. – Für die CDU-Fraktion hat Herr Prof. Dr. Dr. Sternberg das Wort.

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Sieht man sich einmal die Presse der ersten beiden Monate dieses Jahres an, dann hat man den Eindruck, im Januar sei plötzlich eine gewaltige Abzocke über die Menschen dieses Landes hereingebrochen, eine Abzocke unter dem Namen Rundfunkgebühr. Die Zeitungen überschlugen sich mit Horrormeldungen über das, was da passierte.

Nun scheinen sich die Printmedien neben ihrem Oberteufel Google den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Lieblingsgegner ausgesucht zu haben – allerdings in der fälschlichen Vermutung, ihre Probleme seien dort angesiedelt.

Einige Städte klagten so wortreich über die neue Rundfunkgebühr, dass man sich fragt, ob sie bei der alten, gerätebezogenen Rundfunkgebühr eigentlich die tatsächlichen Gebühren bezahlt haben oder ob sie damals auch nicht wussten, wie viele Radiogeräte in ihren Kindergärten standen.

(Heiterkeit)

Man gewinnt mittlerweile auf vielen politischen Feldern den Eindruck, als würden die öffentlichen Debatten erst dann ernstgenommen, wenn die Auswirkungen der Planungen und Beschlüsse in die Umsetzung kommen.

Nun ändert sich mit der neuen Rundfunkgebühr für die meisten Haushalte gar nichts. Betroffen sind vor allen Dingen Unternehmen, Kommunen, Kirchen und Organisationen.

Jetzt wird der Eindruck erweckt, als würden die Rundfunkanstalten durch das neue Modell mehr Geld einnehmen. Zumindest liest man das allenthalben.

Die Darstellungen der Finanzen der öffentlich-rechtlichen Anstalten sind teilweise in einem Maße ungerecht, dass man sich als Kulturmensch die Augen reibt. So muss ich zum Beispiel in der „Rheinischen Post“ lesen, dass beim WDR, der angeblich so unglaublich reich ist, vor allen Dingen die Klangkörper herangezogen wurden. Als Kulturmensch ist man so etwas schon gewöhnt. Dabei liegen die eigentlichen großen Ausgabeposten bei den Sportrechten. Aber darüber sprechen wir nicht.

Eines sei gesagt: Die Beitragshöhe und die Mittel für die Anstalten werden festgelegt von einer politischen Einrichtung, der KEF, der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten. Vorsitzender ist zurzeit der Präsident des bayerischen Rechnungshofes. Aus Nordrhein-Westfalen ist Herr Röper aus Dortmund Mitglied der Kommission.

Die Einnahmen der Rundfunkanstalten verhalten sich zu den Ausgaben wie kommunizierende Röhren. Sollte das Aufkommen höher sein als jetzt, wird der Betrag so weit gesenkt, bis der zugesicherte Betrag erreicht ist. Das heißt: Die Anstalten bekommen durch veränderte Einziehung von Geldern keinen Euro mehr Geld. – Das ist ganz wichtig zu erwähnen, weil das immer anders dargestellt wird.

Aber trotzdem: Der öffentlich-rechtliche Rundfunk steht unter schwerem Beschuss, als hätten die Debatten um die neue Rundfunkgebühr nie stattgefunden. Wir standen doch alle vor dem Problem, dass in einer Zeit, in der man Rundfunk- oder Fernsehgeräte nicht mehr klar definieren und sogar mit dem Handy fernsehen und Radio hören kann und in der die Entwicklung klar zu netzgebundenen Angeboten oder netzgebundenem Konsum geht, die Abrechnung nicht mehr über die Geräteabgabe wie in den 50er-Jahren erfolgen kann.

Allerdings müssen wir als Parlamentarier selbstkritisch zugestehen, dass wir einige Bedenken, etwa in der sehr knappen Stellungnahme – es waren nur zwei Seiten – der kommunalen Spitzenverbände vom 28. März 2011, nicht ernst genug genommen haben. Die hatten sich damals nämlich für Korrekturen mit Blick auf Kindergärten, Jugendzentren und Volkshochschulen ausgesprochen. Diese Kritik hat sich bestätigt. Das steht im Antragstext ganz zutreffend. Da muss nachgebessert werden.

Die Schwierigkeiten beim Umstieg erweisen sich als komplizierter als erwartet. Und die Hoffnung, der wenig geliebte Riesenbetrieb GEZ würde künftig zumindest in Teilen überflüssig, scheint sich nicht nur nicht, sondern überhaupt nicht zu erfüllen.

Ganz eindeutig ist eine Kommunikationspanne zu konstatieren. Die Sender hätten sehr viel deutlicher, sehr viel besser über die neue Gebühr und auch über die Grundlagen der Gebühr informieren müssen. Es gab im NDR einen sehr guten Sendebeitrag unter dem Titel „Über Gebühr: Streit um den neuen Rundfunkbeitrag“, der aber erst vor gut drei Wochen im WDR lief. Diese Information hätte in einer breiten Kampagne Anfang des Jahres gegeben werden müssen.

Meine Damen und Herren, zum Antrag! Die „Beschlussfassung“ beginnt mit einem Bekenntnis zu unserem Rundfunksystem und seiner Finanzierung. Außerdem geht es darum, dass die neuen Regeln so weit wie möglich ausgelegt werden müssen, um Härten zu vermeiden. Das ist absolut richtig. Das verlangt ein hohes Maß an Flexibilität von allen.

Auch Frau Piel, die Intendantin des WDR, sichert in ihrem Brief vom 1. Februar 2013 an uns Parlamentarier zu, dass ARD, ZDF und Deutschlandradio bereit seien – Zitat –, „im Rahmen des rechtlich Möglichen eine Auslegung zu finden, die Städte und Gemeinden entlastet“.

Meine Damen und Herren, das wird nicht reichen. Grundsätzlicheres wird erst über die Evaluation möglich sein. Wir brauchen zeitnah Nachbesserungen; da liegt der Antrag absolut richtig. Und dafür muss die Evaluation vorgezogen werden.

Lieber Herr Nückel, da sind wir ganz aufseiten der FDP: die Evaluation so bald wie möglich zu machen, auch um den Druck aus diesem Thema herauszunehmen. Allerdings ist der Text Ihres Antrags weniger scharf als einige Formulierungen vorhin in Ihrer Rede.

Vizepräsident Daniel Düngel: Herr Kollege, Ihre Redezeit.

Prof. Dr. Thomas Sternberg (CDU): Wir möchten die im Text genannten grundsätzlichen Zweifel zwar nicht in der gleichen Weise wie die FDP teilen, möchten dem Antrag aber vor allen Dingen in den Punkten 1 a und 3 zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht jetzt der Kollege Keymis.

Oliver Keymis*) (GRÜNE): Herzlichen Dank. – Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Nückel, es wird Sie nicht verwundern: Meine Fraktion sieht die Sache ganz anders. Ich halte es auch, ehrlich gesagt, schon für ein tolles Ding, dass Sie uns hier auffordern, so schnell wie möglich die Verfassungsmäßigkeit unseres eigenen Beschlusses überprüfen zu lassen. Das kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.

(Beifall von den GRÜNEN)

16 Landtage haben den Rundfunkbeitrag beschlossen. 16 Anhörungen haben stattgefunden. Alle sind befragt worden, mit allen ist diskutiert worden. Der Prozess hat Jahre gedauert. Vor diesem Hintergrund greift Ihr Antrag nicht nur an der Stelle wirklich zu kurz.

Ich kann auch – Herr Kollege Sternberg, Sie haben es angesprochen – die Kampagne, die wir im Moment erleben, die sich durch unsere Presseorgane zieht, schwer nachvollziehen.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“, ein sehr ernst zu nehmendes Blatt, kostet pro Woche 13,80 €. Wenn ich sie abonniert habe, ist sie etwas günstiger. Dagegen habe ich für 17,98 € einen Monat lang beim Radio etwa 60 Programme, davon etwa 20 öffentlich-rechtliche Programme. Das ist vom Preislichen her für die meisten Menschen durchaus nachvollziehbar.

Ich habe gerade mit Freude gelesen – sehr viele freuen sich da mit –, dass die Bundesligaschaltkonferenzen weiterhin im Öffentlich-Rechtlichen bleiben. Das ist für sehr viele Leute samstags ein echtes Vergnügen. Auch das wird aus den Rundfunkbeiträgen bezahlt. Das alleine wäre manchen möglicherweise schon 17 € monatlich wert.

Ich will nicht übertreiben, aber ich glaube, dass Sie übertreiben, Herr Kollege Nückel, wenn Sie hier so tun, als ob der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland dadurch, dass er so finanziert wird, wie er finanziert wird, nämlich durch ein Beitragssystem, an dem sich alle Haushalte beteiligen, über seine Verhältnisse lebt. Wir haben ganz andere Probleme.

Ein Beispiel zum Beispiel ist das Beispiel,

(Heiterkeit)

dass Herr Rossmann klagt, und zwar dagegen, dass er jetzt mehr Rundfunkbeiträge für seine Drogeriefilialen bezahlen muss. Das Unternehmen Rossmann hat in Deutschland einen Umsatz von etwa 7 Milliarden €. Das entspricht fast dem, was der gesamte öffentlich-rechtliche Rundfunk an Einnahmen hat. Ein Unternehmen: 7 Milliarden €!

Wenn der jetzt plötzlich damit konfrontiert ist, dass seine Filialen etwas stärker in die Berechnung einfließen, als das möglicherweise vorher der Fall war – es gibt auch Leute, die den Eindruck haben, dass da bei verschiedenen, die jetzt klagen, nicht immer ganz genau bezahlt wurde; das wurde eben von Ihnen beim Beispiel der Städte von Ihnen, Herr Kollege Sternberg, auch angesprochen –, dann ist das genau die Diskussion, die wir uns leisten müssen, dass nämlich die, die breite Schultern haben, an der Stelle auch vernünftig zu Rundfunkbeiträgen herangezogen werden.

Herr Nückel, ich stehe ohne Wenn und Aber zu dem System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, auch zu dem dualen System; das ist richtig, was Sie da gesagt haben. Ich verstehe nicht, dass man sich im Grunde immer stärker gegen dieses System stellt. Das tun Sie aber mit dem, was Sie und auch andere politisch dazu sagen. Sie sehen nicht die Gefahren, die dann heraufziehen, wenn ein Staat völlig ohne öffentlich-rechtlichen Rundfunk funktioniert. Ich nenne Ihnen das Beispiel – Sie kennen es alle – Italien. Wir wollen in Deutschland keine italienischen Verhältnisse.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir wollen keinen Berlusconi, wir wollen keinen Privatrundfunk, der die politische Diskussion dominiert, sondern wir wollen einen öffentlich-rechtlich verfassten Rundfunk, der für 17,98 € – im Moment und seit Jahren übrigens konstant im Preis – ein breit gefächertes Programm anbietet. Es gibt Kritik. Die haben wir auch. Es gibt Dinge, die nicht vernünftig funktionieren. Manchmal wird das Geld auch falsch ausgegeben. Das ist übrigens nicht nur beim Rundfunk so. Insofern müssen wir wachsam sein. Aber Ihre Klage wie auch die von anderen finde ich wirklich nicht nachvollziehbar. Die Evaluation und Bewertung dessen, was wir gemeinsam eingeführt haben, ist schon lange beschlossen, war Teil der Beschlussfassung. Es gibt also keinen Grund, sich aufzuregen.

Herr Kollege Vogt hat eben erklärt, dass die KEF, die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs, einen Zeitraum braucht, um die Zahlen zu sammeln und zu überprüfen. Das muss von denen bewertet werden. Anschließend befassen wir uns damit in den Gremien und – so hoffe ich jedenfalls – auch in den Landtagen, wenn es darum geht, diesen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag zu novellieren und an das anzupassen, was wir politisch gemeinsam für richtig halten.

Letzter Satz: Am Peinlichsten fand ich, ehrlich gesagt, die Klage der Stadt Köln,

(Beifall von den GRÜNEN)

einer Stadt, die als Sitzsender des Westdeutschen Rundfunks in erheblichem Maße davon profitiert, dass dort gute Gehälter gezahlt werden, anständig viele Menschen kontinuierlich-verlässlich Arbeit haben. Es gibt 4.000 feste Mitarbeiter, 15.000 freie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die in Köln ein- und ausgehen. Aber eine Stadt wie Köln jammert über gestiegene Rundfunkgebühren in einer Größenordnung, die ich hier jetzt gar nicht zu beziffern brauche, weil sie so gering ist!

Peinlich finde ich es auch, wenn Kampagnen mit falschen Zahlen gemacht werden. Die „Rheinische Post“ hat veröffentlicht, dass für Jubiläen und Urlaubsgelder beim WDR 899 Millionen € verausgabt würden. Der Westdeutsche Rundfunk verfügt über ein Jahresetat von 1,38 Milliarden €. Würden alleine 900 Millionen € für Jubiläen und Urlaubsgelder ausgegeben, wäre dieser Sender überhaupt nicht überlebensfähig. Das ist also völliger Quatsch. Aber so wird Politik gemacht, auf Kosten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das finde ich nicht in Ordnung.

Ich bringe aber auch – wie die „Rheinische Post“ auf Seite 4 ganz unten links – die Korrektur an: Es waren 899.000 €, von denen die Rede war. Betroffen sind 4.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ich denke, dass das ein Rahmen ist, der für den Westdeutschen Rundfunk vertretbar war. – Danke schön.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Keymis. – Für die Piratenfraktion erteile ich nun dem Kollegen Herrmann das Wort.

Frank Herrmann (PIRATEN): Danke schön. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger hier auf der Tribüne und im Live-Stream! Der zum 1. Januar dieses Jahres eingeführte geräteunabhängige Rundfunkbeitrag gilt nun gerade einmal seit drei Monaten, und schon dürfen wir uns im Landtag damit befassen. Dafür vielen Dank an die Kollegen von der FDP-Fraktion!

(Thomas Nückel [FDP]: Wäre aber nicht nötig gewesen!)

Meine Damen und Herren, Sie können sich sicher vorstellen, dass auch bei uns heftig über den neuen Rundfunkbeitrag diskutiert wird. Dabei ist für die Piratenpartei klar, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk für die unabhängige Meinungsbildung innerhalb unserer Demokratie unverzichtbar ist und seine Finanzierung durch eine Haushaltsabgabe nicht infrage gestellt wird.

Die Frage ist natürlich, wie diese Haushaltsabgabe im Detail ausgestaltet wird. Nehmen wir zum Beispiel den Punkt, ob der Rundfunkbeitrag für gewerbliche Teilnehmer überhaupt sinnvoll ist. Da mit dem 15. Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bereits alle Menschen von der Abgabe betroffen sind, erscheint uns eine Abgabe für Gewerbetreibende als nicht gerechtfertigte Mehrbelastung. Sollte aber in diesem Bereich eine Abgabe zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks aus Gründen der Gleichbehandlung unumgänglich sein, wäre eher die Anzahl der Mitarbeiter, nicht aber die Anzahl der Betriebsstätten eine sinnvolle Grundlage zur Berechnung der Beitragshöhe.

Im Gegensatz zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, waren wir jedoch am Prozess der Entstehung und der Verabschiedung des Rundfunkbeitrags nicht beteiligt. Wir hätten uns da gerne mit unseren Ideen eingebracht.

In Ihrem Antrag sprechen Sie von Mehrbelastungen – zum Beispiel für Wochenendpendler, Unternehmen mit zahlreichen Filialen oder Teilzeitangestellten und in fahrzeugintensiven Branchen. Auch erhebliche Mehrbelastungen der Kommunen führen Sie an. Schließlich erwähnen Sie noch ein Gutachten, das die Verfassungsmäßigkeit des neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrags infrage stellt. Alle diese Beispiele sind für die öffentliche Diskussion, die wir führen müssen, sicher wichtig.

Aber seien wir einmal ehrlich: Können wir drei Monate nach Einführung des neuen Modells schon wirklich sagen, wo und in welcher Form das Modell fehlerhaft ist, wo nachgebessert werden muss? Ich meine: Nein, das können wir nicht! – Trotzdem stellen Sie in Ihrem Antrag drei Forderungen auf:

Erstens fordern Sie die Überprüfung der Verfassungsmäßigkeit. – Ja, tatsächlich, der Staatsvertrag wird auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüft werden. Vor Gerichten sind bereits mehrere Popularklagen anhängig. Die Gerichte werden prüfen und entscheiden. Ihre Forderung ist damit schlicht überflüssig.

Zweitens fordern Sie, die Unstimmigkeiten, die zu möglichen Mehrbelastungen und bürokratischem Mehraufwand führen, zu bereinigen.

Dazu fordern Sie – drittens –, die für 2014 vorgesehene Evaluation auf das dritte Quartal dieses Jahres vorzuziehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich müssen wir offensichtliche Ungerechtigkeiten, die sich aus dem neuen Beitragsmodell ergeben, beenden. Niemand in diesem Hause wird offen dazu aufrufen, ungerecht zu sein. Auch wir sind der Meinung, dass das neue Beitragssystem so schnell wie möglich evaluiert werden sollte.

Allerdings wissen wir doch alle – Herr Vogt hat es eben gesagt –, dass die Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten, die KEF, ihren nächsten Bericht Ende des Jahres, wie ich gerade hörte, vorlegen wird. Ich war informiert, dass es erst Ende März der Fall sein wird, aber es ist schön, wenn das schon im vierten Quartal passiert. Darin werden dann erstmals die Ist-Zahlen des laufenden Jahres zur Beitragsentwicklung dargestellt werden. Ohne diese Zahlen können wir eine Evaluierung nicht ernsthaft machen.

(Thomas Nückel [FDP]: Die sind schon im Sommer da!)

Deswegen – damit möchte ich zum Ende kommen – habe ich den Eindruck, dass uns der Antrag im Moment nicht weiterbringt. Anstatt weiter darüber zu diskutieren, sollten wir uns lieber alle gemeinsam dafür einsetzen, dass die Verwendung der mit dem Rundfunkbeitrag erzielten Einnahmen transparent und nachvollziehbar erfolgt.

Wir sollten uns dafür einsetzen, dass alle Menschen Zugang zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk haben – auch Gehörlose und Blinde, für die es noch mehr Gebärdendolmetscher, Untertitel- und Audiobeschreibungen geben muss.

Wir sollten gemeinsam überlegen, wie die Rundfunkanstalten und ihre Aufsichtsräte möglichst staatsfern gestaltet werden können und wie parteipolitische Einflussnahme verhindert werden kann.

(Beifall von den PIRATEN)

Wenn ich jetzt noch den Datenschutz und die Datensicherheit im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag ansprechen würde, würde ich gar nicht mehr fertig. Zu allen diesen Punkten sagt Ihr Antrag leider nichts, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Auch deshalb werden wir ihn ablehnen. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Herzlichen Dank, Herr Kollege Herrmann. – Für die Landesregierung hat Ministerin Dr. Schwall-Düren das Wort. Bitte sehr.

Dr. Angelica Schwall-Düren, Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Nückel, es wird Sie nicht verwundern: Die Landesregierung spricht sich gegen den Antrag der FDP-Fraktion aus.

In Ihrem Antrag wird die Verfassungsmäßigkeit des Rundfunkbeitrags angezweifelt. Vor Vereinbarung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages sind aber verfassungsrechtliche Gutachten eingeholt worden. Daraufhin ist nicht nur von unserer Landesregierung festgestellt worden, dass der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag verfassungsmäßig ist. Dem hat sich der Landtag Nordrhein-Westfalen angeschlossen – wie übrigens auch alle übrigen Landtage, teilweise auch mit FDP-Beteiligung.

Meine Damen und Herren, im Übrigen bekennt sich sogar die FDP-Fraktion zur Finanzierungsgarantie für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk und zum Modellwechsel bei der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks.

Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag sichert diese Verfassungsgarantie. Deshalb muss er bestehen bleiben.

Ja, es kann zu Verschiebungen unter den Beitragszahlern kommen. So führt die Konvergenz dazu, dass nicht mehr zwischen Hörfunkgeräten und Fernsehgeräten unterschieden werden kann und unterschieden werden wird. Das führt mit großer Plausibilität im Übrigen auch dazu, dass es nach anfänglicher Datenaktualisierung schließlich zu einer Entlastung von Bürokratie und zum Zurückdrängen der Datenkrake kommen wird, Herr Nückel.

(Beifall von Martin-Sebastian Abel [GRÜNE])

Die Neuregelung führt ferner dazu, dass im Grundsatz nunmehr alle einen einheitlichen Beitrag bezahlen müssen, was verständlicherweise bei bisherigen Nurradiohörern Proteste auslöst. Sie äußern sich auch in Schreiben, die an mich oder auch an die Kollegen und Kolleginnen vom Landtag gerichtet sind. Das war aber auch zu erwarten, meine Damen und Herren.

Ob es im Endeffekt zu Mehrbelastungen für die Kommunen oder die Wirtschaft kommen wird, ist zurzeit noch völlig offen. Herr Nückel, Sie sprechen zwar von offensichtlichen Kostensteigerungen, belastbare Zahlen liegen aber noch nicht vor.

Sie können sicher sein, dass sich die Landesregierung im Rahmen der Evaluierung des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrages dafür einsetzen wird, eventuell festgestellte unzumutbare Mehrbelastungen sowohl der Kommunen als auch der Wirtschaft zu beseitigen.

Speziell dazu haben sich alle Landesregierungen – auch die, an denen die FDP in 2010/2011 noch beteiligt war – entschlossen, eine Evaluierung durchzuführen. Diese Evaluierung braucht aber eine Grundlage. Grundlage dafür ist, dass festgestellt wird, wie sich die Beitragseinnahmen entwickelt haben. Dies lässt sich zurzeit noch nicht gesichert absehen.

Deshalb sieht der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag ein geordnetes Verfahren vor. Die Rundfunkanstalten ermitteln Einnahmen und Ausgaben und legen diese zur Überprüfung der KEF vor. Die KEF prüft diese Angaben und kommt zu einem Beschluss, der sich im 19. KEF-Bericht niederschlagen wird.

Für die Vorlage des Entwurfs dieses Berichts ist zurzeit der Dezember 2013 vorgesehen. Dies lässt sich weder durch eine Entschließung unseres Landtags noch durch eine Entschließung aller Landtage beschleunigen. Die KEF muss schlicht und ergreifend die notwendige Zeit haben, die Angaben der Rundfunkanstalten zu überprüfen. Daran muss festgehalten werden.

Meine Damen und Herren, im Übrigen haben die Vorarbeiten für eine Evaluierung auf Fachebene bei den Rundfunkreferenten längst begonnen, sodass nach Vorliegen des KEF-Berichts zügig gehandelt werden kann. – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Frau Ministerin. – Wir sind damit am Schluss der Beratung zu diesem Tagesordnungspunkt und stimmen ab.

Die antragstellende Fraktion der FDP hat direkte Abstimmung beantragt. Wir stimmen somit über den Inhalt des Antrags Drucksache 16/2286 ab. Wer ist für diesen Antrag? – Die FDP-Fraktion und die CDU-Fraktion.

(Jochen Ott [SPD]: Ein paar von der CDU!)

Wer ist gegen den Antrag? – Die Piraten, die SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Enthält sich jemand der Stimme? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

5   Hochschulfinanzierung transparent gestalten – Benachteiligung von Hochschulen durch leistungsorientierte Mittelvergabe beenden

Antrag
der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/2281

Die Fraktionen haben sich zwischenzeitlich darauf verständigt, dass dieser Antrag ohne Debatte in den Ausschuss überwiesen werden soll.

Nach § 79 unserer Geschäftsordnung lautet die Überweisungsempfehlung wie folgt: Der Antrag Drucksache 16/2281 wird an den Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung überwiesen und nach Vorlage der Beschlussempfehlung des Ausschusses im Plenum beraten und abgestimmt. – Ich darf diejenigen um ein Handzeichen bitten, die dieser Überweisungsempfehlung so Folge leisten möchten. – Ist jemand dagegen? – Enthält sich jemand? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Antrag entsprechend überwiesen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

6   NRW bekennt sich zur grundgesetzlich garantierten Wissenschafts- und Forschungsfreiheit

Antrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2289

Ich eröffne die Beratung. Für die antragstellende Fraktion hat Frau Kollegin Freimuth das Wort.

Angela Freimuth (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir wollen mit der heutigen Debatte und Entscheidung die Klarstellung des nordrhein-westfälischen Landtags, dass Zivilklauseln, die auf ein Verbot von Forschungsvorhaben zielen, deren Ergebnisse auch militärisch nutzbar sein könnten, rechtlich unzulässig sind, weil damit die grundgesetzlich garantierte Wissenschafts- und Forschungsfreiheit in unzulässiger Weise eingeschränkt und natürlich auch die Autonomie und die Leistungsfähigkeit von Wissenschaft und Forschung beeinträchtigt würden.

(Beifall von der FDP)

Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass dieser Einschränkung der Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit ein klares Nein des nordrhein-westfälischen Landtags entgegengehalten wird.

(Dietmar Bell [SPD]: Da können Sie lange warten!)

– Irgendwie überrascht mich das nicht wirklich, Herr Kollege Bell. Eine solche Klarstellung ist aber gleichwohl nötig. Immerhin hat eine Partei, die an dieser Regierungskoalition beteiligt ist, auf ihrem Parteitag eine solche Klarstellung erforderlich gemacht.

Meine Damen und Herren, gerade für Hochschulen als Ort der Grundlagenforschung gilt, dass die Freiheit bei der Auswahl von Forschungsgegenständen und von Methoden selbstverständlich in verfassungsrechtlichen Grenzen Grundvoraussetzung für wissenschaftliche Innovationskraft und Qualität ist. Denn wie unterscheidet sich denn Forschung zum „guten“ Zweck von solcher zum „schlechten“ in der wissenschaftlichen Methodik? Wie können belastbare Unterscheidungen zwischen Forschungen mit Inhalten, die als zivil gelten könnten, und solchen, die als militärisch eingestuft werden, denn aussehen?

Begrifflichkeiten wie „ethische Verantwortung“ oder „friedliche Zwecke“ bedürfen regelmäßig einer Auslegung und inhaltlichen Definition. Fast unmöglich sind die Unterscheidungen in der Praxis, wenn es um die Forschung geht, die in die sogenannten Dual-Use-Güter, also sowohl zivil als auch militärisch einsetzbare Produkte und Technologien, mündet. Wollen wir diese Disziplin zum Beispiel bei der Friedens- und Konfliktforschung verbieten, nur weil die Erkenntnisse aus dieser Disziplin in der Regel auch militärisch nutzbar sind? Das wäre wirklich Ironie und eine groteske Situation.

Was ist mit Forschungen, die mit der Absicht angestellt werden, militärisch nutzbares Wissen oder militärisch nutzbare Technologien zu entwickeln, die aber dann Anwendung im zivilen Bereich finden, zum Beispiel in der Medizin – Traumaforschung ist ein Stichwort –, in der Sicherung der zivilen Luftfahrt, im Katastrophenschutz? Wollte man hier der Forschung Verbote entgegenhalten, wäre das Internet möglicherweise gar nicht entwickelt worden, und es würden sich auf der einen Seite dieses Raumes sicherlich dann viele Sinnfragen stellen.

Meine Damen und Herren, die FDP will Forschungsvorhaben nicht unter einen Generalverdacht stellen.

(Beifall von der FDP)

Die Abgrenzungsprobleme setzen sich bei den Auftraggebern und Projektpartnern fort. Würde man sämtlichen Unternehmen, deren Produkte oder Wissen auch militärisch genutzt werden könnten – beginnend mit der metallverarbeitenden Industrie, man kann weiter gehen zur Luftfahrt, zur Chemie, zur Informationstechnologie oder der Automobilindustrie –, verbieten zu forschen, dann wäre die Anzahl der Auftraggeber und der Projektpartner, die dann noch zulässig wären, sehr überschaubar.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, Forschungsfreiheit heißt nicht Verantwortungslosigkeit. Ein gesellschaftlicher Diskurs über und mit Forschung und Wissenschaft ist grundsätzlich zu begrüßen. Dieser kann gegebenenfalls auch durch Aufnahme von Transparenzregelungen für aus Steuergeldern finanzierte Forschung in den Förderungsbewilligungen ermöglicht werden.

Ziel darf es dabei gerade nicht sein, wissenschaftliche Arbeiten, die sich auch mit militärisch relevanten Themen befassen, zu verhindern. Es gilt aber dann auch zu berücksichtigen, dass es auch gewichtige Gründe geben kann, bestimmte Erkenntnisse nicht oder zumindest nicht sofort in jeder Einzelheit offenzulegen. Es kann sein, dass gerade die ethische Verantwortung von Forscherinnen und Forschern dafür spricht, wissenschaftliche Erkenntnisse nicht publik zu machen. Wir können das zum Beispiel in der aktuellen Debatte um die Veröffentlichung der Forschungsergebnisse beim Influenzavirus H5N1 deutlich sehen.

Meine Damen und Herren, in einer Diskussion über Transparenz an Forschung liegt auch ein Potenzial für eine Gefährdung der Allgemeinheit. Der Ruf nach grenzenloser Transparenz bedingt neue Diskussionsansätze und Fragen.

Vizepräsident Daniel Düngel: Frau Kollegin Freimuth, Ihre Redezeit.

Angela Freimuth (FDP): Herr Präsident, ich komme zum Schluss.

Aber wenn wir die Forschungs- und Wissenschaftsfreiheit im Grundsatz nicht garantieren und nicht sicherstellen, dass diese Freiheit nur durch die Grenzen der Verfassung, aber eben nicht darüber hinaus eingeschränkt wird, dann erübrigen sich auch solche Debatten um Transparenz. Deshalb ist diese Klarstellung nötig. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Frau Kollegin Freimuth. – Für die SPD-Fraktion spricht nun die Kollegin Preuß-Buchholz.

Iris Preuß-Buchholz*) (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon ein bemerkenswerter Vorgang, wenn die FDP einen Antrag auf Basis einer Stellungnahme einer grünen Ministerin aus einem anderen Bundesland stellt.

Wenn man den Antrag, den die FDP hier heute vorgelegt hat, mit der Stellungnahme der Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst des Landes Baden-Württemberg, Frau Theresia Bauer, von Dezember 2012 vergleicht, dann fallen einem zwei Dinge auf:

erstens die fast wortgenaue Übernahme von dem, was wir heute unter II.1 beschließen sollen, und zweitens, dass das Thema „Transparenzregeln für Forschungen an Hochschulen“, welches in der oben genannten Stellungnahme der baden-württembergischen Ministerin ebenfalls thematisiert wird, von der FDP nicht übernommen wurde.

Ich erlaube mir, ähnlich wie es die FDP für den von ihr heute vorgelegten Antrag gemacht hat, mich ebenfalls auf dieses Papier zu beziehen und fange bei genau dem Punkt an, den die FDP in diesem Zusammenhang ausgespart hat: der Idee von Transparenzregeln für Forschungen an unseren Hochschulen.

Forschungsfreiheit heißt nicht Verantwortungslosigkeit. Aus öffentlichen Mitteln finanzierte Wissenschaft muss sich stets auch dem öffentlichen Diskurs stellen. Die SPD erwartet von unseren Hochschulen, dass sie bei der Lösung von sozialen, ökologischen und ethischen Problemen unseres Gemeinwesens ihren Beitrag leisten.

Erfreulich ist, dass mir aus meiner Tätigkeit im Ausschuss für Innovation, Wissenschaft und Forschung keine Hochschule in unserem Land bekannt ist, an der das nicht gelebter Alltag ist. Wir haben keinen Anlass anzunehmen, dass die Hochschulen dieser Aufgabe derzeit nicht gerecht werden.

Das Thema „Zivilklauseln an Hochschulen“ ist kein neues Thema. Bereits in den 1970er-Jahren verabschiedeten einige Universitäten, unter anderem auch die Technische Universität Darmstadt, eine entsprechende Klausel, mit der die Durchführung militärischer Auftragsforschung abgelehnt wurde. An vielen Universitäten engagieren sich Studierende und auch Hochschullehrer in Initiativen, die die Einführung von Zivilklauseln zum Ziel haben. Diese Initiativen beweisen, dass es an den Hochschulen eine Bewegung gibt, für die Forschungsfreiheit und Verantwortung für die Folgen des eigenen Handelns zusammengehören.

Wir begrüßen es, wenn die Hochschulen Zivilklauseln in ihren Grundordnungen im Wege der Selbstverpflichtung aufnehmen. Für eine gesetzliche Verpflichtung der Hochschulen sehen wir keinen Grund.

Die Freiheit der Forschung ist heute – das darf ich in aller Deutlichkeit sagen – nicht durch unser demokratisches Gemeinwesen bedroht, sondern am ehesten dadurch, dass oftmals genau das nachgeforscht wird, was Einrichtungen und Unternehmen mit entsprechend hohen Ressourcen nachfragen.

Ich stelle deshalb fest: Die SPD steht zu Art. 5 Abs. 3 unseres Grundgesetzes. Wir lehnen den hier vorgelegten Antrag der FDP als überflüssig ab. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Frau Kollegin. – Für die CDU-Fraktion hat das Wort der Kollege Dr. Berger.

Dr. Stefan Berger (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Preuß-Buchholz, der vorliegende Antrag der FDP hat sicherlich einen aktuellen Bezug. Es sind nicht nur Äußerungen von Ministerinnen und Ministern aus anderen Bundesländern, sondern es sind auch Beschlüsse der Grünen in Nordrhein-Westfalen von deren Landesparteitag, die Anlass geben, einen solchen Antrag im Plenum des nordrhein-westfälischen Landtags zu diskutieren.

(Zuruf von der SPD: Schauen Sie sich doch mal Ihre Anträge an!)

Die Grünen haben auf ihrem Landesparteitag zunächst einmal festgestellt: Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen handeln in Freiheit. – Das konnte bei der grünen Basis natürlich nicht mit Wohlwollen goutiert werden; da musste der grüne Landesparteitag einschreiten.

Darum hat er erst einmal erklärt: Wenn die Hochschulen ihre Finanzmittel selber verwenden wollen, dann müssen wir dagegen sein und ihnen jetzt vorschreiben, wofür sie ihre Gelder verwenden sollen. Wenn die Universitäten ihre Professoren jetzt selber ernennen wollen, dann müssen die Landesgrünen dagegen sein und die Dienst- und Fachaufsicht wieder ins Ministerium verlegen.

(Beifall von der CDU)

Wenn Hochschulräte mit wirklich exzellenten Persönlichkeiten Impulse an die Universitäten in unser Bundesland geben, sind auch da die Grünen dagegen und wollen die Hochschulfreiheit an dieser Stelle zurückschrauben.

Die Grünen haben noch eine weitere Erkenntnis auf ihrem Landesparteitag gewonnen: Sie haben nämlich festgestellt, dass an unseren Hochschulen Forschungsfreiheit herrscht. Das ging den Grünen natürlich auch zu weit. Deswegen wollen sie jetzt wiederum den Hochschulen vorschreiben, dass bestimmte Forschungen von vornherein ausgeschlossen werden sollen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Märchenstunde!)

Die Grünen haben in ihrem Programm beschlossen – Sie waren doch auch da –, dass in Nordrhein-Westfalen nur ethisch einwandfreie Forschung stattfinden soll,

(Sigrid Beer [GRÜNE]: Und Sie möchten das nicht, oder?)

dass Forschung auf friedliche Zwecke ausgerichtet sein soll. Dazu sollen die Hochschulen in ihren Satzungen Zivilklauseln verankern.

(Zuruf von den GRÜNEN: Schweres Trauma, Herr Kollege, schweres Trauma!)

Die FDP hat bereits ausgeführt, dass es völlig unklar ist, wie Begrifflichkeiten wie „ethische Verantwortung“ und „friedliche Zwecke“ in der Forschungsrealität auszulegen sind. Das weiß kein Mensch.

Es gibt zahlreiche Beispiele – in der Informatik, in den naturwissenschaftlichen Bereichen –,

(Zuruf von der SPD: Wir sind hier in der Politik!)

bei denen eine spätere militärische Nutzung nicht auszuschließen ist. Das ist doch jedem hier im Hause klar. Es ist nicht nur das Internet, es sind nicht nur Navigationsgeräte oder ferngesteuerte Hubschrauber, die als Drohnen eingesetzt werden können – die Fülle von Beispielen, die man hier anführen könnte, ist nahezu endlos.

Das reicht hin bis zum Konsum des Rübenzuckers, den wir Napoleons Handelsblockade gegen England verdanken, der dann bei grünen Parteitagen auch nicht mehr gegessen werden dürfte, weil er ja für militärische Zwecke eingesetzt wurde.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Ich halte es da mit unserer Landesrektorenkonferenz, die klar sagt:

„Universitäre Forschung hat sich seit jeher dem Erkenntnisgewinn und dem Fortschritt zum Wohle der Menschheit verschrieben. … Dabei nehmen die nordrhein-westfälischen Universitäten ihre ethische Verantwortung aktiv wahr und forschen grundsätzlich im zivilen Bereich. ... Die Landesrektorenkonferenz sieht deswegen keinen Bedarf, zusätzliche Regelungen auf Ebene des Hochschulgesetzes hierzu zu schaffen.“

Damit ist doch eigentlich alles gesagt.

(Zuruf von der SPD: Dann würde ich doch Schluss machen!)

Letztlich erkennt man an den Beschlüssen, die die Grünen auf ihrem Landesparteitag gefasst haben, dass Gleichmacherei, Nichtsitzenbleibenkönnen, Bevormundung und Entmündigung – beim absoluten Rauchverbot, bei der Dichtheitsprüfung, beim Rauchmelderzwang – als durchgehendes Mittel und Instrument grüner Politik zu sehen ist.

Im Grunde wollen Sie die Bevölkerung nach Ihrem Gusto umerziehen. Sie wollen nicht Leistung belohnen, sondern Gesinnung.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Das zieht sich durch Ihre gesamte Politik in diesem Haus: bei Ihrer Schulpolitik, bei Ihrer Wissenschaftspolitik und bei Ihren Beschlüssen auf dem Landesparteitag.

Ich sage Ihnen: Wenn Sie versuchen, die Menschen umzuerziehen, ist das Ihre Sache. Sie werden Schritt für Schritt alltagstotalitär.

(Lachen von der SPD – Zurufe von den GRÜNEN)

Wir glauben, dass nur ein Mittel geeignet ist, diese Form von Gesellschaft zu verhindern, nämlich Freiheit und liberales Denken. Deswegen stimmen wir an dieser Stelle dem FDP-Antrag zu.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Berger. – Für die grüne Landtagsfraktion hat nun Frau Dr. Seidl das Wort.

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Dr. Berger, was soll man dazu noch sagen?

(Zurufe von den GRÜNEN)

Es ist aber schön, dass Sie sich mit unseren Parteitagsbeschlüssen auseinandersetzen. Gut ist es auch, wenn Sie hier mit uns im Landtag noch einmal über das Thema diskutieren; denn zur gesellschaftlichen Verantwortung der Hochschulen gehört es, sich mit den Folgen von Forschung und Entwicklung auseinanderzusetzen. Das sollte auch die CDU wissen.

Wir sind offensichtlich unterschiedlicher Meinung, Frau Freimuth, ob in das Gesetz für die Hochschulen in unserem Land auch eine Präambel gehört, in der der Landtag ein Leitbild formuliert. Wir haben noch einmal reflektiert: Der damalige Wissenschaftsminister Pinkwart hat das zu Ihrer Regierungszeit nicht so gesehen; denn die entscheidenden Sätze zu einer ethischen Ausrichtung von Wissenschaft und Forschung hat er mit dem Hinweis der Entbürokratisierung aus dem Hochschulgesetz gestrichen.

(Angela Freimuth [FDP]: Es gibt die Präambel des Grundgesetzes, Frau Kollegin!)

Damit hat er dem sogenannten Hochschulfreiheitsgesetz einen pseudoliberalen Stempel aufgedrückt.

Sämtliche Themenbereiche, die damals zu den Aufgaben der Hochschulen gehörten – ob es um die Umwelt, die sozialen oder die ökologischen Fragen ging –, hat er herausgestrichen.

Zu unserem Selbstverständnis gehört es, dass wir uns als Gesetzgeber ausdrücklich dafür aussprechen, dass es Aufgabe einer heutigen Wissenschaftspolitik sein muss, angesichts der ethischen Verantwortung der Hochschulen – ich zitiere aus unseren Eckpunkten – zentrale Beiträge zu umfassenden technologischen und sozialen Innovationen zu liefern und dabei ökologische, ökonomische und soziale Folgen zu berücksichtigen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Das ist in der Tat Teil unserer Verabredung in der Koalition. Das können Sie in den Eckpunkten zum Hochschulzukunftsgesetz gerne noch einmal nachlesen. Wenn Sie heute einen künstlichen Konflikt aufmachen möchten, Herr Berger, zwischen Rot-Grün oder etwa zwischen den Grünen in Baden-Württemberg und in Nordrhein-Westfalen, dann laufen Sie mit diesem Spaltungsversuch jedenfalls ins Leere.

Die Frage, ob Forschung und Lehre an den Hochschulen und Universitäten auf friedliche Zwecke begrenzt werden sollen, etwa mithilfe einer Zivilklausel in der Grundordnung, wird an den Hochschulen immer wieder offen diskutiert – nicht nur in den 70er-Jahren, sondern das ist auch heute noch so. Ich finde es richtig, dass wir uns vor dieser durchaus berechtigten Forderung auch nicht wegducken.

So verfügt bereits jetzt eine ganze Reihe von Hochschulen in Deutschland über Formulierungen in ihren Grundordnungen, die festschreiben, dass Forschung friedlichen Zwecken dienen soll, so die Universitäten Konstanz und Tübingen. Die Hochschule Ulm verweist auf die im Leitbild festgeschriebene Haltung, dort entwickelte Technik solle sozialverträglich eingesetzt werden. Beim Karlsruher Institute of Technology, also dem KIT, muss zwischen dem nach wie vor mit einer Zivilklausel versehenen ehemaligen Forschungszentrum und dem Universitätsteil unterschieden werden. Für Letzteren hat der Senat am 12. Mai 2012 ethische Leitlinien beschlossen, zu denen auch eine Orientierung an friedlichen Zwecken gehört. Ebensolche finden sich in der Grundordnung der Universität Oldenburg, der Universität Rostock, der Universität Bremen und im Leitbild der TU Berlin.

Wozu also dieser Popanz, der hier von Ihnen aufgebaut wird? Liebe Frau Freimuth, der Wunsch, sich im Rahmen einer Leitbilddiskussion an friedlichen Zwecken zu orientieren, ist offensichtlich an vielen Universitäten auch in Nordrhein-Westfalen vorhanden. Warum sollte sich dies nicht in unserem Hochschulgesetz widerspiegeln?

Das unterscheidet uns auch wieder von Ihnen, Frau Freimuth und Herr Berger. Wir stehen eben nicht für eine Politik der Beliebigkeit. Wettbewerb und marktorientierte Ansätze führen nicht von alleine zu mehr Nachhaltigkeit und Qualität an unseren Hochschulen.

Da Sie sich in Ihrer Argumentation ja auf Baden-Württemberg beziehen, möchte ich Ihnen gerne aus der Debatte ein Zitat von Theresia Bauer vortragen, der Wissenschaftsministerin in Baden-Württemberg, das meines Erachtens die Frage einer Zivilklausel entideologisiert und ins richtige Verhältnis setzt.

Sie sagt: Hinter der Zivilklausel steckt

„ein Anliegen, dem man alle Sympathie entgegenbringen möchte, nämlich das Anliegen, dass man sich darüber bewusst werden und sich klarmachen sollte …, dass Forschung relevant ist, dass Forschung risikobehaftet ist und dass Forschung sicher nicht immer einfach nur für Dinge eingesetzt wird, die gesellschaftlich erwünscht sind.

Die Sensibilisierung in dieser Frage, was man mit Forschungsergebnissen machen kann, die Notwendigkeit, dass sich Forscherinnen und Forscher damit auseinandersetzen, dass eine Hochschule auch darüber diskutiert und dass eine Gesellschaft in die Lage versetzt wird, zu entscheiden, wie sie damit umgehen möchte, alle diese Fragen sind hoch legitim, und es ist notwendig, sie zu stellen.“

(Angela Freimuth [FDP]: Das ist unbestritten!)

– Was wollen wir denn anders? Warum dann dieser Antrag heute von Ihnen, Frau Freimuth?

Deshalb beinhaltet der Weg nämlich auch beim KIT, also in Karlsruhe in Baden-Württemberg, kein Forschungsverbot, aber eine Transparenz- und Friedensklausel, die lautet: Zur Wahrnehmung der Großforschungsaufgabe betreibt das KIT im Interesse der Allgemeinheit Forschung und Entwicklung zu friedlichen Zwecken vorwiegend auf dem Gebiet der Technik und ihrer Grundlagen. – Zitat Ende.

Vizepräsident Daniel Düngel: Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Dr. Ruth Seidl (GRÜNE): Ich bin auch gleich am Ende.

Insofern lassen sich auch in Gesetzen klare Aussagen treffen, wenn es darum geht, verantwortlich mit Auftragsforschung umzugehen und die Gewissensfreiheit von Forscherinnen und Forschern zu respektieren.

Sie können sicher sein, liebe Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, dass uns das in Nordrhein-Westfalen genauso gut gelingt wie in Baden-Württemberg. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Daniel Düngel: Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Für die Piratenfraktion spricht der Kollege Bayer.

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Wissenschaftler und Interessenten!

(Vorsitz: Vizepräsident Oliver Keymis)

Freiheit ist ein kostbares Gut. Wir dürfen sie nicht aus Angst, Furcht oder Misstrauen aufgeben. Das gilt auch für die in der Verfassung garantierte Forschungsfreiheit.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Wenn die Hochschulen ein bestimmtes Forschungsziel verfolgen, können wir nur erahnen, was für eine wissenschaftliche Erkenntnis wir daraus ziehen können. Es ist unsere ganzheitliche Aufgabe, Forschungsergebnisse immer wieder auf ihre Vereinbarkeit mit etwaigen ethischen und gesellschaftlichen Auswirkungen zu überprüfen. Mit „unsere“ meine ich nicht uns Gesetzgeber, sondern uns Menschen.

Hierbei ist es für die Weiterentwicklung der Gesellschaft nötig, einen Dialog offen und transparent zu führen. Etwas grundsätzlich zu verbieten, bedeutet, sich einer Diskussion nicht stellen zu wollen.

Zivile und militärische Forschung klar voneinander zu trennen oder Dual Use zu berücksichtigen, ist für jede Hochschule, die eine Zivilklausel einführen möchte – es gibt auf dieser Ebene gute Gründe dafür, das haben wir gehört –, eine Herausforderung. Eine landesweite Regelung dagegen würde ein Bürokratiemonster schaffen.

(Beifall von den PIRATEN und der FDP)

Dass militärische Forschung zivilen Nutzen bringen kann – vom Internet einmal abgesehen –, hängt meist am entsprechend hohen Einsatz von Ressourcen. Wichtiger ist der umgekehrte Fall. Uralte mathematische Ideen, Jahrhunderte gänzlich ohne praktischen Nutzen, fast jede Oberflächentechnologie, Informationstechnologie generell – eigentlich alles hat einen militärischen Nutzen.

Die Hochschulen in NRW sind nicht allein. Sobald es Forschungseinrichtungen gibt, die nicht mitmachen, greift die Zivilklausel als Instrument der nationalen Friedensbewegung nicht. Auch außerhalb der Hochschulen können Auftraggeber ihre Forschungsvorhaben fortsetzen. Die Militärforschung würde dann vollends in eine Welt der Geheimhaltungsverträge abgedrängt. Hochschulen dagegen sollten transparent und nachvollziehbar forschen und auch gerne im Rahmen des Verteidigungsauftrags.

So ist die Zivilklausel als landesweites Instrument praktisch ungeeignet und wäre vermutlich sogar kontraproduktiv. Sie gefährdet das, was sie zu reglementieren versucht: die Freiheit der Forschung.

Allerdings bedrohen auch Rüstungsunternehmen die Forschungsfreiheit, und zwar indem sie die Abhängigkeit der Hochschulen von Sponsoring und Drittmitteln nutzen, um Forschungsziele und die Wege der Wissenschaft zu diktieren.

Hier muss die Landesregierung, müssen wir aufpassen. Die Grundmittel für die Forschung der Hochschulen wurden gesenkt. Damit die Hochschulen weiterhin auf gleichem Niveau operieren können, sind sie stärker auf die Einnahmen durch externe Auftraggeber angewiesen. Das ist das eigentliche Problem an den Hochschulen.

(Beifall von den PIRATEN)

Hier ist die Forschungsfreiheit bedroht durch starke finanzielle Abhängigkeiten von Unternehmen aller Art, die Forschungsziele und -wege vorgeben und auch die für die Wissenschaft unbedingt notwendige Transparenz einschränken. Anstatt den Hochschulen Geld in Form von Grundmitteln in die Hand zu geben, werden sie durch leistungsorientierte Mittelvergabe fehlgesteuert. Geben Sie den Hochschulen eine echte Möglichkeit, bei Bedarf „Rüstungsforschung – nein, danke“ sagen zu können,

(Beifall von den PIRATEN)

sich aus freien Stücken auch gegen Drittmittel entscheiden zu können. Geben Sie ihnen die nötigen Grundmittel. Wahl statt Sanktion!

Sie können noch etwas tun: Sorgen Sie hier, im Bund und in Europa dafür, dass die Forschungsfreiheit auch nicht durch öffentliche Forschungsprojekte mit zu engen Zielvorgaben eingeschränkt wird. Solange Forschungsprojekte wie INDECT mit Steuergeldern über das 7. Forschungsrahmenprogramm finanziert werden, brauchen wir, einschließlich der Universität Wuppertal, nicht über eine landesweite Zivilklausel zu sprechen. Stoppt INDECT!

(Beifall von den PIRATEN)

Laut Antrag soll der Landtag als Legislative beschließen, dass etwas rechtlich nicht zulässig ist, weil es die im Grundgesetz garantierte Wissenschafts- und Forschungsfreiheit einschränkt. Das ist ein wenig kurios. Die Aufforderung an die Landesregierung, allen Bestrebungen zur Einschränkung der Forschungsfreiheit entgegenzutreten, ist jedoch richtig. Das gilt für die Zivilklausel genauso wie für die Drittmittelabhängigkeit, Fremdbestimmung durch Sponsoring, intransparente und fragwürdige öffentliche Forschungsprojekte.

Daher werde ich persönlich für den Antrag stimmen, andere werden ihn womöglich anders interpretieren. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Bayer. – Nun spricht für die Landesregierung Frau Ministerin Schulze.

Svenja Schulze, Ministerin für Innovation, Wissenschaft und Forschung: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Eckpunkten zum Hochschulzukunftsgesetz hat die Landesregierung ihre Anforderungen an eine zeitgemäße und leistungsfähige Wissenschaftspolitik sehr deutlich formuliert. Angesichts der ethischen Verantwortung der Hochschulen und Forschungseinrichtungen erwarten wir zentrale Beiträge zu umfassenden technologischen und sozialen Innovationen. Dabei sollen ökologische, ökonomische und soziale Folgen gleichermaßen berücksichtigt werden. Das gilt vor allem für die Anwendung und Umsetzung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse.

Meine Damen und Herren, mir liegen keinerlei Erkenntnisse vor, dass Wissenschaft und Forschung in Nordrhein-Westfalen einen anderen Ansatz favorisieren. Die intensive Auseinandersetzung mit ethischen Fragen findet alltäglich an unseren Hochschulen statt, ohne als Einschränkung der Freiheit von Wissenschaft und Forschung gewertet zu werden, die übrigens grundgesetzlich garantiert ist. Die kann man überhaupt nicht einschränken.

(Beifall von den GRÜNEN)

Angesichts der Debatte möchte ich Ihnen noch ein gutes Beispiel vorstellen, und zwar das Kompetenznetzwerk Stammzellforschung. Dort werden seit mehr als zehn Jahren ethische Fragen mit und in der Öffentlichkeit diskutiert. Es wird größten Wert auf die Beteiligung und die Transparenz in der Arbeit gelegt. Auch in den Leitbildern etlicher Hochschulen in Nordrhein-Westfalen spiegelt sich die Haltung wider, in Forschung und Lehre Teil und Vorbild eines friedlichen Miteinanders zu sein.

Die Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen verbinden ihre ethische Verantwortung ganz souverän mit der Wahrnehmung der grundgesetzlich garantierten Freiheit von Wissenschaft und Forschung. Die Landesregierung sieht keinen Grund, daran etwas zu verändern. Wer etwas anderes sagt, bewegt sich außerhalb des hier seit Jahrzehnten entwickelten Konsenses. Dafür braucht man keine neuen Bekenntnisse.

Eben ist gesagt worden, dass das Ganze auch etwas mit der Finanzierung der Hochschulen zu tun hat. Nur damit am Ende des Tages nichts Falsches stehen bleibt: Wenn man vergleicht, welche Zuschüsse die Hochschulen 2007 bekommen haben und welche sie heute erhalten, dann sind es rund 25 % mehr. Dann kann man nicht davon reden, dass sie ausgehungert werden oder zu wenig Geld bekommen. Zeigen Sie mir einen Bereich in der Landesverwaltung, der in den letzten Jahren solche Zuwächse realisieren konnte!

(Beifall von Nadja Lüders [SPD])

Davon zu reden, dass man sich nicht um Friedensforschung kümmern kann, weil das Geld dafür fehlt – das kann man so nicht begründen. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Herzlichen Dank, Frau Ministerin. – Es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Damit kommen wir zur Abstimmung. Die FDP-Fraktion hat direkte Abstimmung beantragt. Wer stimmt dem Antrag Drucksache 16/2289 zu? – Die FDP-Fraktion und die CDU-Fraktion.

(Zurufe von der SPD: Auszählen!)

Wer stimmt gegen den Antrag? – Grüne und SPD. Wer enthält sich bei dem Antrag? – Es enthält sich ein Teil der Piratenfraktion. – Ich habe gesehen, ein Teil hat zugestimmt. Damit haben wir dennoch durch die Mehrheit ein eindeutiges Ergebnis: Der Antrag ist abgelehnt.

Wir kommen zu:

7   Gesetz zur Stärkung der kommunalen Demokratie

Gesetzentwurf
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/1468

Änderungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/2345

Änderungsantrag
der Fraktion der PIRATEN
Drucksache 16/2430

Beschlussempfehlung
des Ausschusses
für Kommunalpolitik
Drucksache 16/2268

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/1557

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die SPD-Fraktion Frau Kollegin Steinmann das Wort.

Lisa Steinmann (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Abgeordnete! Liebe Zuschauer und Zuhörer, gleich wo! Als ehemalige Fraktionsvorsitzende und langjährige Mandatsträgerin im kommunalen Ehrenamt freue ich mich ganz besonders, heute die ersten Worte in diesem Hohen Haus zu einem mir wohl vertrauten Anliegen an Sie richten zu dürfen: dem Gesetzentwurf von SPD und Bündnis 90/Die Grünen zur Stärkung der kommunalen Demokratie.

Nahezu pünktlich zum Frühlingsanfang – obwohl das Wetter es nicht spürbar macht – sollte es uns mit dem Gesetzentwurf gelingen, Fehlentscheidungen aus der Vorzeit auszumerzen und Flurschäden zu bereinigen, den Boden zu bereiten, um der kommunalen Selbstverwaltung nachhaltig Triebkraft zu geben.

Mit der Zusammenlegung kommunaler Wahlen stärken wir die Demokratie. Die gemeinsame kommunale Verantwortung von Rat und Verwaltung ist verfassungsrechtlich geregelt, wobei der im kommunalen Kontext gerne so genannten Fachverwaltung eben die Rolle der Verwaltung zukommt, während der Wille des Volkes, die Stimme der Bürger aber durch die gewählten Vertreter in Kreistagen, Räten und Bezirksvertretungen und die dazugehörigen Bürgermeister und Landräte zum Ausdruck kommt.

Ich betone an dieser Stelle gerne, dass das kommunale Mandat in NRW als Ehrenamt weiterhin eine Besonderheit in der politischen Landschaft Deutschlands darstellt und für Menschen, die kommunalpolitisch Verantwortung übernehmen, die sich neben Beruf und Familie ehrenamtlich einsetzen, zunehmend große Herausforderung nach sich zieht.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ihnen gebührt der größte Respekt in diesem Gefüge. Diesen Respekt, meine Damen und Herren, zollen wir dem Engagement der gewählten kommunalen Vertreter, indem wir für alle nachvollziehbare Rahmenbedingungen schaffen, die der Gemeinschaft aus Räten und Hauptverwaltungsbeamten ein effektives Handeln möglich machen.

Seit Einreichung unseres Gesetzentwurfs im November 2012 haben wir uns intensiv und mit allen Fraktionen über die Grundstrukturen von Rat und Verwaltung in den Kommunen auseinandergesetzt, um einen eklatanten Fehler im Kommunalwahlrecht zu korrigieren. Ich danke Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, den kommunalen Spitzenverbänden und den Sachverständigen für die weitestgehend konstruktive Debatte in der Anhörung und der darauf folgenden Ausschusssitzung.

Aus der Anhörung haben wir folgende Punkte mitgenommen: Die Synchronisation von Wahlzeiten ist Kernstück der gesetzlichen Initiative von SPD und Bündnis 90/Die Grünen und ist uns daher besonders wichtig. Eine Zusammenlegung der Wahlen schafft Klarheit für die Wähler und betont die Verantwortungsgemeinschaft als wesentliche Säule der kommunalen Demokratie.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Unter anderem deswegen werden wir natürlich auch den Entschließungsantrag der FDP ablehnen.

Der Wegfall eines zusätzlichen Wahltermins und der gesonderten Wahlgänge für Räte und Hauptverwaltungsbeamte hilft den Kommunen, Kosten zu sparen. Die gemeinsame Wahl fördert die Nachvollziehbarkeit der Bürger für die politischen Gefüge und erhöht die Wahlbeteiligung. Und diese, liebe Abgeordnete, ist die gewichtigste demokratische Legitimation.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Eine ab 2020 dauerhaft einheitlich verknüpfte Amtszeit der Räte, Bürgermeister und Landräte von fünf Jahren bringt stabile Planbarkeit vor allem in Bezug auf das Ehrenamt. Das steigert die Effizienz und die Funktionsfähigkeit kommunalen Handelns.

Der Vorstoß, die ab 2020 zwingende flächendeckende Zusammenlegung schon ab 2014 einleiten zu können, ist zulässig und verfassungskonform. Denn bei einer vorzeitigen Amtsniederlegung handelt es sich um Freiwilligkeit. Es werden auch keine besonderen Anreize geschaffen, aber es bietet sich für gewählte Hauptverwaltungsbeamte unter Umständen an, die Zumutbarkeit von Kommunalwahlen in 2014 und dann erneut in 2015 zu überprüfen. Ein freiwilliger Rücktritt beweist an dieser Stelle politische Verantwortung gegenüber seinen Wählern und dient guter Zusammenarbeit vor Ort.

Die Warnung vor einem Flickenteppich in NRW ist in der lokalen Wahrnehmung völlig unerheblich. Ob sich ein Oberbürgermeister in Aachen für eine vorzeitige Amtsniederlegung entscheidet und eine neue Kandidatur anstrebt, wird in Westfalen vermutlich wenig Ausschlag finden.

(Heiterkeit von der SPD)

Die Frist zur Entlassungserklärung setzen wir auf den 30. November fest. Ein guter Termin, der nicht in die Ferien fällt und sowohl der Verwaltung als auch konkurrierenden Kandidaten und Einzelbewerbern hinreichend Vorbereitungszeit ermöglicht. Kommunen, in denen die Amtszeit ihrer Hauptverwaltungsbeamten bereits vor den anstehenden Kommunalwahlen in 2014 ausläuft – das betrifft nurmehr sechs Gemeinden – können die entsprechende Neuwahl auch vor September 2014 durchführen.

Fristen für Stichwahlen werden wir nicht gesetzlich normieren. Der Wahltermin für die Stichwahl ist binnen einer bis hin zu drei Wochen zulässig. In der Kürze liegt die Würze – das haben wir mit dem knackigen Wahlkampf im Mai 2012 bewiesen. So stehe ja auch ich heute als neue Landtagsabgeordnete hier vor Ihnen. In der Kürze liegt der Würze – so entfällt zum Beispiel nach einer Woche der Aufwand für den erneuten Versand von Wahlbenachrichtigungen. Die Wahl ist zudem noch im Bewusstsein des Wählers. Das hält die Motivation hoch und die Wahlbeteiligung unter Umständen auch höher.

Aber je nach kommunaler Situation mag die Entscheidung unterschiedlich ausfallen. Auch Feiertage wie in 2014 der 8. Juni, der auf einen Pfingstsonntag fällt, können maßgebliche Gründe sein, die Freiräume innerhalb der Frist zu nutzen. Die Festlegung des Wahltermins obliegt dabei aber ausschließlich den Kommunen selbst.

Zur Sperrklausel, meine Damen und Herren, ist in allen Runden alles gesagt worden. Das Verfassungsgericht anerkennt unsere Argumente bislang nicht. Wir sind aber weiterhin für gute Ideen offen. Ich lade Sie – auch alle Fraktionen der Opposition – herzlich ein, sich ebenso intensiv wie bisher in die Ehrenamtskommission einzubringen, die wir noch in diesem Frühjahr einberufen werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, kurzum: Mit dem vorliegenden rot-grünen Gesetzentwurf haben Sie, haben wir gemeinsam die große Chance, Kommunen und ihre Handlungsträger wirklich zu stärken. Unsere Kommunen brauchen nicht nur Solidarität in punkto Gemeindefinanzausgleich, Städte und Gemeinden in NRW brauchen einen verlässlichen Gesetzgeber. Kommunalpolitik in NRW braucht außerdem starke Leistungsträger vor Ort. Diese zu stärken, das sollte uns im Landtag NRW über Parteigrenzen hinweg nicht nur Pflicht, sondern vor allen Dingen eine Herzensangelegenheit sein. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Herzlichen Dank, Frau Steinmann, und vor allem auch herzlichen Glückwunsch zur ersten Rede!

(Allgemeiner Beifall)

Mit 6:30 Minuten war sie ein bisschen länger als die Redezeit, aber das sollte man beim ersten Mal richtig auskosten,

(Heiterkeit)

und das haben Sie getan. Noch einmal meinen herzlichen Glückwunsch.

Der nächste Redner steht bereits am Pult. Er hat schön öfter da gesprochen. Herr Biesenbach, Sie haben das Wort.

Peter Biesenbach (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Kommunalverfassungsreform im Jahre 2007 haben wir in Nordrhein-Westfalen

(Michael Hübner [SPD]: Übles angerichtet! – Heiterkeit und vereinzelt Beifall von der SPD)

mit der Verlängerung der Wahlzeit der Hauptverwaltungsbeamten die Wahlen der Hauptverwaltungsbeamten von den allgemeinen Kommunalwahlen entkoppelt.

Herr Kollege Körfges, es ging uns damals darum, die Position und die Stellung der gewählten Hauptverwaltungsbeamten auch zu bekräftigen.

(Zurufe von Michael Hübner [SPD] und Britta Altenkamp [SPD])

– Langsam, langsam. Durch die eigenständige Wahl sollte insbesondere der Bürgermeister oder der Landrat in seiner persönlichen und fachlichen Unabhängigkeit gestärkt werden. Wir haben aber feststellen müssen, dass mit den ersten isolierten Wahlen die Wahlbeteiligung massiv zurückging.

(Michael Hübner [SPD]: Völlig überraschend!)

– Das muss man ja nicht unbedingt überlegen, oder? – Während wir bei den letzten gemeinsamen Kommunalwahlen im August 2009 eine Wahlbeteiligung hatten, die kräftig über 50 % lag, rutschte sie bei den isolierten Wahlen deutlich nach unten. Beispielsweise gab es bei der Landratswahl im Kreis Minden-Lübbecke schon im Mai 2007 eine Wahlbeteiligung von 32 %. Bei der letzten isolierten Bürgermeisterwahl, nämlich in Duisburg, wurden zunächst 32 % der möglichen Stimmen abgegeben, bei der anschließenden Stichwahl gab es nur noch eine Wahlbeteiligung von 25,7 %. Das heißt, der neue Duisburger Oberbürgermeister hat gerade noch 18 % Legitimation der Wahlberechtigten.

(Michael Hübner [SPD]: Nicht überraschend!)

– Es mag sein, dass Sie die Dinge in der Zukunft voraussehen. Wir haben es seinerzeit nicht vermutet.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Aber um die erhöhte demokratische Legitimation wieder zu erreichen, ist ein gemeinsamer Kommunalwahltermin erforderlich. Wir sind uns einig, dass das 2020 wieder erfolgen soll.

(Beifall von Hans-Willi Körfges [SPD])

Man kann auch über die Dinge schauen, über die wir uns nicht einig sind, zum Beispiel über die Dauer der Wahlperiode. Sie sagen: Das ahnen wir. Wir sagen: Es gibt andere Erfahrungen. Die CDU hat sich dafür entschieden, das bayerische Modell anzubieten. Das würde eine sechsjährige Wahlperiode sowohl für den Bürgermeister bzw. Landrat als auch für den Kreistag bzw. den Stadtrat bedeuten.

Warum? Wir glauben, dass wir in der Kommunalverwaltung und auch bei den Ratsmitgliedern ein hohes Maß an Fachkenntnissen benötigen. Das erreichen wir leichter, wenn wir die Wahlzeit um ein Jahr verlängern. Wir hätten uns gewünscht, dass Sie mitmachen. Sie wollen nicht, aber okay. Das wird dann dazu führen, dass wir bei unserem Modell bleiben. Wir halten es für das bessere. Sie halten Ihr Modell für das bessere. Dann werden wir heute unterschiedlich abstimmen. Wir lehnen jedenfalls Ihren Entwurf ab.

Aber, Herr Körfges und auch Herr Jäger, Sie gehen mit Ihren Entwurf, den Sie heute mit Mehrheit beschließen werden, ein riskantes Spiel ein. Denn das einmalige Niederlegungsrecht – man mag darüber diskutieren – ist nach den Aussagen der Verfassungsrechtler in der Anhörung eindeutig verfassungswidrig.

Warum? Herr Jäger, Sie können gleich zwar anders argumentieren, aber Sie sollten einmal die Protokolle lesen und zur Kenntnis nehmen, was darin steht. Denn Sie nutzen die Chance, mit einer freiwilligen Möglichkeit eine Umgehung einer prinzipiell unzulässigen Verkürzung der Wahlperiode anzubieten. Wir sind uns einig – Sie waren sogar mit uns derselben Meinung –, dass eine gesetzliche Möglichkeit der Verkürzung nicht geht. Stichwort: Demokratieprinzip.

Was machen Sie? Sie nutzen eine vermeintliche Option – Sie sagen, dass man das dann eben freiwillig macht –, um trotzdem eine verfassungswidrige Verkürzung zu bewirken. Sie werden deshalb ein hohes Risiko eingehen, weil Sie damit auch all den Fraktionen ein Anfechtungsrecht ermöglichen, die sagen, dass sie deshalb schlechter als sonst weggekommen seien. – Das ist Ihr Risiko. Sie gehen es ein. Wir haben darauf hingewiesen. Ich bin gespannt, wie sich das auswirken wird.

Zum Schluss wieder etwas Versöhnliches: Wir alle wollen eine Sperrklausel. Wir sind uns einig. Wir haben bisher noch keine Lösung gefunden, aber ich verrate auch nichts Neues, wenn ich sage, dass wir darüber im Gespräch bleiben, um zumindest dabei zu einer Lösung zu kommen, die wir alle mittragen können.

Also: 2020 auf jeden Fall gemeinsame Wahl der Hauptverwaltungsbeamten sowie der Räte und Kreistage. Da sind wir dabei. Über die Dauer der Wahlperioden sind wir uneins. Deswegen werden wir heute gegen Ihren Gesetzentwurf stimmen. Das Risiko tragen Sie alleine. Dann werden wir sehen, was daraus wird.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Biesenbach. – Für die grüne Fraktion spricht nun Herr Kollege Krüger.

Mario Krüger (GRÜNE): Vielen Dank. – Meine Damen, meine Herren! Herr Präsident! Ein Gesetzgebungsverfahren findet seinen Abschluss, und das ist gut so. Warum? Eine Fehlentwicklung wird korrigiert, die ausschließlich parteipolitischem Kalkül geschuldet war. Das sage ich ganz klar in Richtung FDP.

Gut ist, Herr Biesenbach, dass mittlerweile auch die Erkenntnis bei der CDU gegriffen hat: Die damalige Entscheidung, die Wahlen der Hauptverwaltungsbeamten von den Wahlen der Räte bzw. der Kreistage zu entkoppeln, war nicht durchdacht. Ihre Hinweise bezogen auf die zurückgehenden Wahlbeteiligungen – Sie hatten Duisburg mit 26 % genannt – sind richtig. Das war für uns Veranlassung, diese Fehlentwicklung zu korrigieren bzw. mit diesem Gesetz zur Stärkung der kommunalen Demokratie eine Situation herzustellen, in der die Hauptverwaltungsbeamten und die Räte gemeinsam an einem Tag gewählt werden.

Sicherlich haben wir länger die Frage diskutiert: Wie kann ein gemeinsamer Wahltermin für 2014 hergestellt werden? Grundsätzlich sieht es so aus: Jedem Hauptverwaltungsbeamten steht es frei, seine gesamte Amtszeit auszunutzen oder aber aus eigener Entscheidung bzw. aus eigenem Antrieb heraus zu sagen: Ich höre früher auf und stelle mich erneut zur Wahl, oder ich stelle mich nicht erneut zur Wahl.

Wir haben lediglich eine Erleichterung für die Pensionsregelung eingeführt. Er soll dadurch keine Nachteile haben. Natürlich ist es in diesem Zusammenhang Ziel, Möglichkeiten zu eröffnen, damit wir bereits 2014, soweit das möglich ist, zu gemeinsamen Wahlen für Hauptverwaltungsbeamte und für die Räte kommen.

Die Hinweise der Sachverständigen im Anhörungsverfahren haben wir sehr wohl zur Kenntnis genommen. Man wird sehen, wie das Ganze ausgehen wird. Meine Fraktion und ich sind aber ganz optimistisch – auch nach Unterredungen mit der SPD-Fraktion –, dass wir einen guten Weg gewählt haben, der letztlich zum Ziel führt. Ob er tatsächlich von den Beteiligten mit dem Ziel einer gemeinsamen Kommunalwahl in 2014 aufgegriffen und angenommen wird, ist eine ganz andere Frage.

Zur Einführung einer Sperrklausel haben Sie einiges gesagt. Ursprünglich hatten Sie vor, bereits in diesem Gesetzgebungsverfahren eine 3-%-Sperrklausel einzuführen. Davon haben Sie Abstand genommen; das ist auch gut so. Denn zum jetzigen Zeitpunkt kann eine fachliche Begründung zur Einführung einer Sperrklausel nicht gegeben werden. Darüber muss noch einmal nachgedacht werden.

Die Hürden, die uns der Verfassungsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen in diesem Zusammenhang gesetzt hat, sind recht hoch. Insofern braucht man überzeugende Argumente, um hier tätig werden zu können.

Vizepräsident Oliver Keymis: Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Müller?

Mario Krüger (GRÜNE): Gerne.

Vizepräsident Oliver Keymis: Das ist sehr nett von Ihnen. – Bitte schön, Herr Müller.

Holger Müller (CDU): Schönen Dank. – Ich habe eine Frage: Ein Bürgermeister oder Landrat wurde im Jahr 2011 mit sechsjähriger Amtszeit gewählt. Sie läuft bis 2017. Wie gedenken Sie, dieses Problem zu lösen?

(Minister Ralf Jäger: Wieso ist das ein Problem?)

Mario Krüger (GRÜNE): Ich habe gut 28 Jahre Kommunalpolitik gemacht, und ich weiß auch, mit welcher Aufstellung Grüne in Kommunalparlamenten angetreten sind. Es war durchaus gängig, dass bereits nach einem halben Jahr, nach einem Jahr oder nach anderthalb Jahren jemand gesagt hat: Ich schaffe das zeitlich nicht; ich nehme mein Mandat zurück oder gebe es ab. Das ist gängige Praxis gewesen.

Ich würde da auch nicht differenzieren wollen bezogen auf die Frage, inwieweit sich ein Hauptverwaltungsbeamter von seinen Ämtern, für die er einmal gewählt wurde, zurückzieht und selbst entscheidet, dass er nicht für die gesamte Wahlzeit zur Verfügung stehen wird. Insofern sehe ich da kein Problem.

Herr Biesenbach, ich möchte noch etwas zur Länge der Wahlzeit ausführen. – Wir haben unterschiedliche Wahlzeiten. Ich denke hier an Landtage, an den Bundestag, die teilweise mit vier, mit sechs oder auch mit fünf Jahren arbeiten.

Sicherlich, mit Blick auf die Einarbeitung von Hauptverwaltungsbeamten spricht einiges dafür, sich über eine sechsjährige Amtszeit zu unterhalten, wie es unter anderem auch von Ihnen vorgeschlagen worden ist.

Nur: Wenn man die Kommunalwahlen und die Wahlen des Hauptverwaltungsbeamten zusammenführen will, dann beträgt die Wahlzeit für die Mitglieder in Räten zwangsläufig auch sechs Jahre. Wer auf der einen Seite die mit einem Mandat verbundenen beruflichen Belastungen und auf der anderen die Lebensplanung von jungen Leuten kennt, der weiß: Das schreckt eher ab.

Wir sind in der Vergangenheit mit Wahlzeiten von fünf Jahren recht gut gefahren, und wir wollen diesen Weg gern weiter fortsetzen. Deswegen auch die entsprechenden Veränderungen mit der Ausnahmeregelung für die Situation 2014 bis 2020. Dann sind wir wieder im Fünfjahrestakt, und das ist ein richtiger Takt. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Krüger. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abruszat.

Kai Abruszat (FDP): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben sehr häufig über dieses Thema gesprochen. Deswegen möchte ich mich auf drei aus unserer Sicht wesentliche Punkte konzentrieren.

Ich beginne mit dem Thema „Wahlbeteiligung“. – Es ist vorhin – auch vom Kollegen Biesenbach – angesprochen worden, dass wir alle für hohe Wahlbeteiligungen, und zwar auch bei Kommunalwahlen, Sorge tragen müssen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, in der letzten kurzen Wahlperiode haben SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP gemeinsam die Stichwahlen wieder eingeführt, obwohl bei Stichwahlen die Wahlbeteiligung traditionell ganz besonders niedrig ist. Insofern ist das Argument der Wahlbeteiligung sicherlich ein Argument, aber kein durchschlagendes Argument. Ansonsten hätten Sie seinerzeit den Beschluss zur Wiedereinführung der Stichwahl nicht mit uns gemeinsam treffen dürfen.

Sie dürfen sich, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, die Argumente nicht so drehen, wie es passt.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Der zweite Punkt, Herr Kollege Krüger, betrifft die Amtszeiten. Sie haben davon gesprochen, es sei parteipolitisches Kalkül der Freien Demokraten gewesen. – Ich sage Ihnen: Es ist parteipolitisches Kalkül, dass Sie wieder einen Gleichklang der Amtszeiten von Hauptverwaltungsbeamten und Stadträten haben wollen, weil Sie kein Interesse an unabhängigen Bürgermeistern, Oberbürgermeistern und Landräten haben, obwohl diesen in der kommunalen Verfassung eine besonders hervorgehobene Stellung eingeräumt wird,

(Beifall von der FDP)

die besonders in Amtszeiten und der Unabhängigkeit einen Ausdruck findet.

Dass wir da nicht zusammenkommen, ist bedauerlich, aber ist in der Tat parteitaktisches Kalkül auf Ihrer Seite. Ich gebe deswegen diesen Spielball über Bande gern zurück, auch wenn Minister Jäger ihn gleich in seinem Wortbeitrag wieder zu uns spielen wird. Ich prophezeie aber: Der Ball geht nicht ins Tor, Herr Minister.

(Minister Ralf Jäger: Den werde ich volley nehmen!)

– Ich bin gespannt.

Aber der entscheidende Punkt – den versenke ich volley bei Ihnen im Tor, und zwar von der Mittellinie aus –,

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD] – Heiterkeit)

Herr Minister Jäger, ist, dass Sie – Herr Kollege Biesenbach hat es sehr fein ausgeführt – die verfassungsrechtlichen Fragen …

(Lachen)

– Jetzt lachen Sie noch und sind humoristisch. Ich sehe Sie schon in Münster. Sie haben ja Erfahrungen, wie das vor dem Verfassungsgericht ist. Warten Sie es ab!

(Zuruf von Jochen Ott [SPD])

Meine Damen und Herren, der entscheidende Punkt ist, dass Sie im Hinblick auf die verfassungsrechtliche Zulässigkeit beim Rücktrittsrecht der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister nahezu sämtliche Sachverständigen ignorieren. Das kann niemand bestreiten.

Ich sage Ihnen: Insofern legen Sie eben ein anderes Verständnis an den Tag. Denn oberster Souverän ist aus Ihrer Sicht nicht der Bürger, der 2009 gewählt hat, sondern oberster Souverän des Landes Nordrhein-Westfalen ist aus Ihrer Sicht eine rot-grüne Landtagsmehrheit, die heute per einfachgesetzlicher Mehrheit und ohne Beachtung des unsere Verfassung tragenden Demokratieprinzips diese Regelung verändert. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist verfassungsrechtlich bedenklich.

Deswegen bin ich der festen Überzeugung: Diese Angelegenheit wird Ihnen auf die Füße fallen. Wahlrecht ist keine Petitesse, Wahlrecht macht man interfraktionell. Deswegen ist das einer der Hauptgründe, warum wir diesem Gesetz nicht zustimmen können. – Ganz herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Abruszat. – Nun spricht für die Fraktion der Piraten Herr Herrmann.

Frank Herrmann (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich hoffe, zu Hause sind noch mehr Zuschauer als hier im Saal.

Wir sprechen hier über ein Gesetz, das die kommunale Demokratie stärken will. Im Gesetzestext wird jedoch der Titel nicht weiter erwähnt.

Was steckt dahinter? – Das Gesetz sieht vor, die bei der letzten Kommunalwahl 2009 für unterschiedliche Zeiträume gewählten kommunalen Vertretungen und die Hauptverwaltungsbeamten wieder in einer gemeinsamen Wahl am selben Tag und im selben Jahr zu wählen.

Das finden wir zunächst einmal gut, aber für die Stärkung der kommunalen Demokratie ist das ein zu kleiner Baustein.

Viel wichtiger finden wir den Plan, die Wahlperiode allgemein, also auch für Hauptverwaltungsbeamte, wieder auf fünf Jahre festzulegen und es nicht mehr bei sechs Jahren wie nach der Änderung 2004 durch die frühere schwarz-gelbe Landesregierung zu belassen oder sie sogar auf acht Jahre zu verlängern, wie es die FDP-Fraktion mit ihrem Entschließungsantrag heute möchte.

Kürzere Wahlperioden sind demokratischer. Denn der Bürger kann seine Vertretung häufiger wählen. Teil der Demokratie muss es immer sein, dass sich auch die Gewählten ihrer Legitimation regelmäßig in absehbarer Zeit versichern. Deshalb sind Wahlen auch so oft wie möglich durchzuführen.

(Beifall von den PIRATEN)

Längere Wahlperioden dagegen mit einer vermeintlich notwendigen Kontinuität zu begründen, ist absurd. Das sind leere Argumente, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP. Die beste Kontinuität erreichen Bürgermeister dadurch, dass sie sich mit einer ständig offenen und im Sinne der Bürger erledigten Arbeit nach fünf Jahren zur Wahl stellen und wiedergewählt werden. Das ist dann Kontinuität über zehn, fünfzehn oder mehr Jahre.

(Beifall von den PIRATEN)

Dass fünf Jahre eine ausreichend lange Zeit sind, um sich zum einen in eine neue Aufgabe einzuarbeiten und zum anderen durch Leistung zu belegen, dass man es Wert ist, wiedergewählt zu werden, werden wir Piraten bei der nächsten Landtagswahl in NRW beweisen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD-Fraktion und von Bündnis 90/Die Grünen, wenn die Demokratie durch gleichzeitige Wahlen der kommunalen Verantwortungsgemeinschaft und durch kürzere Wahlperioden gestärkt werden kann, könnte der Gesetzentwurf sehr einfach sein. Warum haben Sie ihn so kompliziert gemacht und Rücktrittsrechte für Bürgermeister bei vollen Versorgungsbezügen neu eingeführt, nur um deren Wahl schon im kommenden Jahr möglich zu machen?

Dass die nächste gemeinsame Wahl eben nicht schon 2014 erreicht werden kann, haben wir in der Anhörung aus unserer Sicht von allen Experten gehört. Der freiwillige Rücktrittszwang wurde nicht nur als verfassungsbedenklich, sondern als verfassungswidrig eingestuft, weil damit der eigentliche Wählerwille aus dem Jahr 2009, nämlich die Bürgermeister bis zum Jahr 2015 zu wählen, im Nachhinein ausgehebelt wird. Das verstößt gegen das Demokratieprinzip und ist deshalb absolut inakzeptabel.

Gleichzeitig stellt das Gesetz trotz Rücktritt gleichbleibende Versorgungsansprüche in Aussicht und belastet damit die Haushalte.

Zum Abschluss streichen Sie auch noch das Mindestzustimmungsquorum für Einzelbewerber. Damit kann ein einzelner Bürgermeisterkandidat demnächst auch ohne Wahl zum Sieger erklärt werden.

Spätestens durch diese Änderung ist nach unserer Auffassung der Titel des Gesetzes neutralisiert bzw. ins Gegenteil verkehrt. Von einer Stärkung der kommunalen Demokratie kann hier nicht mehr die Rede sein.

Jetzt muss ich eine Rückfrage an den Präsidenten stellen, weil ich mich auf einen Änderungsantrag beziehen wollte.

Vizepräsident Oliver Keymis: Sie können sich auf den Änderungsantrag beziehen. Er ist inzwischen eingegangen, wird aber gerade erst verteilt.

Frank Herrmann (PIRATEN): Okay, danke schön.

Es tut mir leid. Da ist irgendwo etwas schiefgelaufen. Ich hoffe, Sie haben noch Gelegenheit, in den Antrag zu schauen. Ich will ihn kurz vorstellen. Mit unserem Änderungsantrag möchten wir den gesamten Ballast über Bord werfen und Ihren Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, auf den nächstmöglich erreichbaren gemeinsamen Wahltermin und auf die gemeinsame Wahlperiode von fünf Jahren konzentrieren.

Bereits ab 2019 können wir dieses gemeinsam gewollte Ziel erreichen, wenn wir die Wahlperiode von Hauptverwaltungsbeamten einmalig auf ca. vier Jahre verkürzen. Die Verkürzung ist nach dem Demokratiegebot aus Artikel 20 Grundgesetz in jedem Fall vorzugswürdiger als eine Verlängerung auf sechs Jahre. Auch versorgungsrechtliche Bedenken für eine einmalig kürzere Periode können dem nicht entgegenstehen.

Ich möchte zusammenfassen: Mit unserem Antrag wird der vorliegende Gesetzentwurf so geändert, dass die kommunalen Vertretungen und die Hauptverwaltungsbeamten wieder in einer gemeinsamen Wahl am selben Tag und im selben Jahr zu wählen sind, und zwar zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Das wäre im Jahr 2019.

Gleichzeitig wird die gemeinsame Wahlperiode auf fünf Jahre festgelegt und damit wirklich eine Stärkung unserer kommunalen Demokratie bewirkt. Ich bitte für den Änderungsantrag um Ihre Zustimmung. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Herrmann. – Nun spricht für die Landesregierung der zuständige Minister, Herr Jäger.

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Herzlichen Dank, Herr Präsident. Eigentlich sollten wir über alle Fraktionen hinweg einer gemeinsamen Auffassung sein: Rat und Hauptverwaltungsbeamte in Form von Bürgermeistern, Oberbürgermeistern, Landrätinnen und Landräten stellen eine Verantwortungsgemeinschaft dar. Diese Verantwortungsgemeinschaft nehmen die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land wahr. Der Strang, der die Verantwortungsgemeinschaft miteinander verbindet, nämlich sich gleichzeitig zur Wahl zu stellen, ist 2007 zerschnitten worden. Das hat auch eine große Fraktion inzwischen als Fehler erkannt. Es ist gut, wenn man dazu steht und hinterher gemeinsam versucht, es zu reparieren.

(Beifall von der SPD)

Herr Abruszat, die präsidiale Stellung, die Sie den Bürgermeistern und Landräten in Ihrem Redebeitrag gerade zugeschrieben haben, gibt es in der Gemeindeordnung nicht.

(Beifall von der SPD)

Es gibt eine Gleichwertigkeit von Rat und Verwaltung und damit von Oberbürgermeistern oder Bürgermeistern. Es ist ein Beitrag zur Demokratie, diese Augenhöhe zwischen gewählten Ratsmitgliedern und Hauptverwaltungsbeamten dadurch wiederherzustellen, dass sie an einem gemeinsamen Termin gewählt werden.

Was den Wahltermin und die Wahlbeteiligung angeht, so gibt es neben den hier genannten Beispielen gute Gegenbeispiele. Letzten Sonntag lag die Wahlbeteiligung bei der Stichwahl in Gronau höher als bei der eigentlichen Bürgermeisterwahl. Die Zunahme der Wahlbeteiligung gefällt mir. Aber das Ergebnis, dass Sonja Jürgens dort zur Bürgermeisterin gewählt wurde, gefällt mir auch, um ehrlich zu sein.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die regierungstragenden Fraktionen haben einen guten Gesetzentwurf eingebracht. Die Landesregierung trägt ihn voll mit. – Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Minister Jäger.

Jetzt kommen wir zur Abstimmung. Zusätzlich ist ein Änderungsantrag der Piratenfraktion Drucksache 16/2430 eingegangen. Er wird zurzeit über unser papierloses System verteilt. Er liegt den Fraktionsspitzen allerdings bereits gedruckt vor. Wenn gewünscht wird, dass ich diesen Änderungsantrag vorlese …

(Zurufe: Nein!)

– Es wird allgemein nicht gewünscht. Der Antrag wurde vom Kollegen Herrmann in seinen wesentlichen Punkten vorgestellt. Wenn das allseits so gesehen wird und sich kein Widerspruch erhebt, dann verfahren wir so.

Wir stimmen dann erstens über den Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/2345 ab. Wer stimmt dem Änderungsantrag zu? – SPD, Grüne und Piraten. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist der Änderungsantrag von SPD und Grünen mit Mehrheit angenommen.

Wir stimmen zweitens über den Änderungsantrag der Fraktion der Piraten Drucksache 16/2430 ab. Wer stimmt diesem Antrag zu? – Die Fraktion der Piraten. Wer stimmt dagegen? – SPD, Grüne, CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Das ist nicht der Fall. Damit ist dieser Änderungsantrag mit überwiegender Mehrheit abgelehnt.

Wir stimmen drittens ab über den Gesetzentwurf der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/1468 unter Berücksichtigung der soeben beschlossenen Änderung der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2268. Wer stimmt dem zu? – SPD und Grüne. Wer stimmt dagegen? – CDU und FDP. Gibt es Enthaltungen? – Bei Enthaltung der Piratenfraktion ist die Beschluss­empfehlung mit den soeben beschlossenen Änderungen mit Mehrheit angenommen und der Gesetzentwurf damit in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir kommen viertens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der FDP-Fraktion Drucksache 16/1557. Wer stimmt dieser Entschließung zu? – Die FDP-Fraktion. Wer stimmt gegen die Entschließung? – SPD, Grüne und die Piraten. Wer enthält sich? – Die CDU-Fraktion. Damit ist der Entschließungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir sind damit am Ende der Beratung dieses Tagesordnungspunktes und kommen zu Tagesordnungspunkt

8   Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1624

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses
für Bauen, Wohnen,
Stadtentwicklung und Verkehr
Drucksache 16/2243

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst Herrn Abgeordneten Kramer von der SPD-Fraktion das Wort.

Hubertus Kramer (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen heute am vorläufigen Schlusspunkt einer Debatte, die die Menschen in unserem Land und dieses Haus seit Jahren beschäftigt. Diese sehr ernsthaft geführte Diskussion ist verständlich und konsequent, geht es doch um den Schutz von Menschenleben.

Als Abgeordneter kenne ich die Debatte um Rauchwarnmelder in diesem Haus seit dem Jahr 2005. Anlass ganz breiter Debatten war damals ein furchtbares Feuer in Köln-Mülheim in der Nacht zum Heiligabend 2005, das das Leben von fünf Menschen auslöschte. Der damalige Innenminister Dr. Wolf sprach seinerzeit vor Ort von einem grauenhaften Schicksal und erklärte wörtlich: Der Staat schützt die Menschen vor Stolperfallen auf Gehwegen, aber gegen Lebensgefahr durch Rauchvergiftung tut er bisher nichts. Deshalb muss der Gesetzgeber unverzüglich handeln.

Aus der generellen Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern, wie vom Innenminister gefordert, wurde aber nichts, denn Bauminister Wittke erklärte, er stehe für die Stärkung der Eigenverantwortung der Bürger und für die weitere Entbürokratisierung und würde den Wunsch seines Kabinettskollegen nicht unterstützen. – Er setzte sich durch.

Die damalige Landesregierung entschloss sich allerdings zu der gesetzlichen Verpflichtung, nach der Rauchwarnmelder in neuen öffentlich geförderten Wohnungen verpflichtend eingebaut werden müssen, und sie startete mit Partnern die Kampagne „Rauchmelder sind Lebensretter“ zum freiwilligen Einbau von Rauchwarnmeldern.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, zwar sind bis heute in NRW Zehntausende von Rauchwarnmeldern tatsächlich neu in Wohnungen eingebaut worden – jeder vierte Haushalt ist mittlerweile ausgestattet –, aber immer noch beklagen wir jedes Jahr 50 Brandopfer, die den Erstickungstod durch toxische Gase sterben und die durch den Einsatz von Rauchwarnmeldern vielleicht hätten überleben können.

Nach diesem Vorlauf ist die gesetzliche Verpflichtung zum Einbau von Rauchwarnmeldern heute konsequent. Mit dem Eigentümer-Nutzer- bzw. Vermieter-Mieter-Modell erreichen wir eine sachgerechte Verteilung von Verantwortung, Kosten und Lasten. Die Eigentümer sind für den Einbau, die Besitzer der Wohnungen für die Wartung der Geräte zuständig.

Neue Wohnungen sind sofort mit Rauchwarnmeldern auszustatten, Bestandswohnungen sind bis zum 31. Dezember 2016 nachzurüsten. Auch diese Regelung ist sinnvoll, bleibt damit vor allem Wohnungsunternehmen mit großen Beständen genügend Zeit zur Nachrüstung.

Bei bereits bestehenden Ausstattungen liegt es in der Entscheidung des Eigentümers, die Wartungspflicht weiter selbst zu übernehmen. Auch lässt das Gesetz die Möglichkeit, dass sich Eigentümer und Besitzer vertraglich einigen, dass der Eigentümer auch die Wartung übernimmt.

Wie wir im Ausschuss diskutiert haben, werden wir nun die Erfahrungen mit der neuen gesetzlichen Regelung sammeln. Die SPD ist überzeugt, dass sich die Gesetzesänderung in der Praxis bewähren wird. Auch im Ausschuss fand sich eine deutliche Mehrheit dafür. Sollten sich im Vollzug Defizite zeigen, werden wir darauf im weiteren Verfahren zur Änderung der Landesbauordnung reagieren.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, wer in regelmäßigem Kontakt mit unseren Feuerwehren steht, der weiß, wie dringlich dort die Forderung nach der verpflichtenden Einführung von Rauchwarnmeldern ist. Diese Forderung kommt genau von den Kräften, die in ihrer täglichen Arbeit am stärksten mit der Frage konfrontiert werden, ob Rauchwarnmelder bei Bränden hätten helfen können.

Wir bringen heute eine Gesetzesinitiative zu Ende, die nachhaltigen Schutz für Menschen bedeuten soll. Wir senden mit dieser Entscheidung auch die Botschaft an unsere Feuerwehren aus, dass wir ihre Arbeit zum Wohle unserer Mitbürger auch dadurch unterstützen wollen, dass wir endlich ihre zentrale Forderung erfüllen. Rauchwarnmelder werden in unserem Land in der Zukunft noch mehr Menschen schützen. Das ist die wichtigste Botschaft dieses Tages. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Kramer. – Nun spricht für die CDU-Fraktion Herr Kollege Voussem.

Klaus Voussem (CDU): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten in abschließender Lesung die Änderung der Landesbauordnung. Einziger Punkt der Novelle ist die Verankerung der Rauchmelderpflicht im Gesetzestext. Ich habe bei der Einbringungsdebatte im Dezember bereits gesagt, dass wir ausdrücklich jede Initiative begrüßen, die dem Schutz von Leib und Leben dient. Diese Zielsetzung war nie streitig. Alle Fraktionen im Hause bekennen sich dazu. Wir sind uns darin einig, dass schreckliche Unfälle durch Brände so gut wie möglich verhindert werden müssen.

Ich habe im Rahmen der Einbringung aber auch schon angekündigt, dass wir zur Klärung offener Fragen eine Anhörung beantragen würden. Wir haben uns die Stellungnahmen noch einmal genau angeschaut und sehen uns in der Beurteilung des Gesetzentwurfs durch die Sachverständigen bestätigt. Aus Sicht der CDU-Landtagsfraktion lässt sich der vorliegende Entwurf mit „Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht“ treffend zusammenfassen.

Zur Erläuterung möchte ich einige Problemstellungen kurz anführen. Die Ingenieurkammer-Bau NRW kritisiert fehlende Rechtssicherheit. Nach Auffassung der Ingenieurkammer muss aus dem Gesetz klar und eindeutig hervorgehen, dass eine besondere Kontrolle der Einhaltung der Verpflichtung zur Anbringung von Rauchwarnmeldern durch Behörden oder Dritte auch in Person staatlich anerkannter Sachverständiger für die Prüfung des Brandschutzes nicht erfolgen soll.

Die kommunalen Spitzenverbände befürchten weitere finanzielle Belastungen. Ich zitiere mit Genehmigung des Präsidenten aus ihrer Stellungnahme:

„Wenn das Land aber eine gesetzliche Rauchmelderpflicht in der Landesbauordnung verankern will, so hat es den Kommunen die Kosten zu erstatten, die dadurch entstehen, dass die Kosten des landesweit tausendfachen Batterietauschs im Falle des Bezugs von Arbeitslosengeld II denen der Unterkunft zugeschlagen werden.“

Im Gesetz heißt es hingegen lapidar, dass keine zusätzlichen Kosten entstehen.

Aus Sicht der Versicherungswirtschaft sollten die Anforderungen an die Brandmelder weiter konkretisiert werden. Haus & Grund lehnt den Gesetzentwurf aufgrund der verpflichtenden Regelung für die Eigentümer zwar grundsätzlich ab, macht aber zusätzlich noch auf einen weiteren bemerkenswerten Sachverhalt aufmerksam. So hat Rot-Grün im Koalitionsvertrag etwas anderes festgelegt als jetzt im Gesetz steht. Ich zitiere wieder: „Richten soll sich diese Verpflichtung an die Mieterinnen und Mieter bzw. die selbstnutzenden Eigentümerinnen und Eigentümer“.

(Zuruf von der SPD: Tut sie auch! – Zuruf von Marc Herter [SPD])

Rot-Grün verstößt hier also eindeutig gegen den eigenen Koalitionsvertrag.

Der Verband der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft Rheinland-Westfalen kritisiert die mangelnde Flexibilität. Der letzte Satz in § 49 Abs. 7 nimmt dem Eigentümer jegliche Möglichkeit, die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft zu einem späteren Zeitpunkt selbst in die Hand zu nehmen.

Der letztgenannte Aspekt der Flexibilisierung, nach der die Eigentümer die Sicherstellung der Betriebsbereitschaft auch noch nach Inkrafttreten des Gesetzes selbst übernehmen können, war bereits Gegenstand der abschließenden Ausschussdebatte. Die FDP hat hier einen, wie ich finde, bedenkenswerten Änderungsvorschlag gemacht. Wir wollten uns dieser Verbesserung nicht verschließen, wenngleich sie minimal ist, und haben zugestimmt. Doch SPD und Grüne haben selbst diese kleine Veränderung abgelehnt und damit bewiesen, dass es ihnen in Wahrheit nicht um die Sache, sondern um den Koalitionsfrieden geht.

An dieser Stelle, sehr geehrter Herr Minister Groschek, muss ich für meine Fraktion leider erklären, dass wir Ihrem Gesetz in dieser Form nicht zustimmen können. Wir wollen allerdings auch klarstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass wir nicht gegen Verbesserungen sind, die Menschenleben retten. Die CDU-Fraktion wird sich daher bei der Abstimmung enthalten. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Danke schön, Herr Voussem. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Schneckenburger.

Daniela Schneckenburger (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ein Drittel aller Brände geschieht nachts. In dieser Zeit entstehen aber zwei Drittel aller Brandschäden. Auch zwei Drittel aller Brandverletzten und Brandtoten sind nachts zu beklagen. Warum das so ist, liegt unmittelbar auf der Hand: Während die Menschen schlafen, nehmen sie entstehenden Rauch lebensentscheidend später wahr als während des Tages. Das zeigt ganz deutlich, warum es notwendig und sinnvoll ist, für den Brandschutz in Nordrhein-Westfalen mehr zu tun.

Die Landesregierung tut das mit dem vorgelegten Gesetzentwurf. Wenn man die Notwendigkeit anerkennt, ist es gerade an einer solchen Stelle, an der es um Leben geht, nicht verständlich, warum man sich enthält und nicht zustimmt, Herr Voussem.

Von der ersten Flamme bis zum Brand vergehen selten mehr als vier Minuten. Eine Rauchwarnmeldung in der davorliegenden Schwelbrandphase ist daher in vielen Fällen lebensrettend. Die Zahl der Personen mit schweren Brandverletzungen ist zehnmal höher als die Zahl der Toten. Die Fallzahl von 4.000 bis 5.000 Toten und Verletzten bundesweit kann mit Rauchwarnmeldern deutlich verringert werden.

Es gibt keine andere bekannte Maßnahme, die zwei Bedingungen erfüllt, nämlich vergleichbar wirkungsvoll und andererseits genauso kostengünstig zu sein. Ein Rauchmelder kostet ungefähr 10 €. Dafür kann man die kleinen Geräte in jedem Baumarkt kaufen und im Falle eines Falles Leben retten.

Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die ohnehin begrenzte Last zwischen Mietern und Vermietern geteilt wird. Die Investition wird von der Vermieterseite, die Wartung von der Mieterseite vorgenommen. Das ist unseres Erachtens eine gerechte und sinnvolle Aufteilung der Lasten.

Jeder einzelne durch Rauchmelder gerettete Mensch rechtfertigt die Einführung einer Pflicht zum Einsatz von Rauchmeldern. Sie ist im Grunde genommen auch schon lange überfällig. Übrigens haben bereits zehn Bundesländer diesen Weg beschritten und gute Erfahrungen mit Rauchmeldern gemacht, weil sie die Zahl der Brandopfer senken. Darüber herrscht in diesem Haus Einigkeit.

Uneinigkeit herrscht bei der Frage, wie die Pflicht zur Investition einerseits und zur Wartung andererseits aufgeteilt werden sollen. Ich finde, die Landesregierung hat eine praktikable Lösung vorgelegt. Der Formulierung im Koalitionsvertrag tut das keinen Abbruch. Wenn man dazu kommt, dass eine sinnvolle Lösung anders gestaltet werden muss –die Wohnungswirtschaft hat im Grunde genommen gesagt, es sei eine sinnvolle Lösung, und Haus und Grund hat es im Grunde genommen auch als eine sinnvolle Lösung bezeichnet, wenn man die Lasten so aufteilt –, dann sollte man es auch tun.

Eigentlich müsste es bei diesem Gesetzentwurf eine sehr große Einigkeit in diesem Raum geben. Grundsätzlich sollte man ihm zustimmen können. Verdient hätte er es jedenfalls, weil jedes einzelne Leben, das in Nordrhein-Westfalen dadurch gerettet wird, es wert ist. Insofern bitte ich um Zustimmung. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Herzlichen Dank, Frau Schneckenburger. – Nun spricht für die FDP-Fraktion Herr Kollege Ellerbrock.

Holger Ellerbrock (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kramer, Kompliment! Wir haben es sehr wohl vernommen, dass Sie hier sehr sachlich die Entwicklungsgeschichte der Rauchmelderproblematik dargestellt und auch darauf hingewiesen haben, dass Ingo Wolf als Innenminister und Oliver Wittke als Bauminister diese Initiative gestartet haben, die den Titel trägt: „Rauchmelder sind Lebensretter. Für Ihr sicheres Zuhause“.

Das hat dazu geführt, dass zum Beispiel beim VdW Rheinland Westfalen 70 % der Wohnungen mit Rauchmeldern ausgestattet sind. Leider, muss man sagen, ist das insgesamt mit rund 30 % immer noch zu wenig. Punktum!

Wir sagen Ja zu Rauchmeldern. Da haben wir eine große Einigkeit. Frau Schneckenburger, Sie haben eben gesagt, dem müssten doch alle zustimmen können. Ich teile Ihre Auffassung. Das müssten wir eigentlich machen. Es wäre nur schön gewesen, wenn Sie in der Ausschusssitzung unserer kleinen Änderung zugestimmt hätten – Herr Kollege Voussem hat darauf hingewiesen –, es auch dem Vermieter zu ermöglichen, die Wartung zu übernehmen. Dann hätten wir eine große, breite Mehrheit gehabt. Dem haben Sie sich dann doch verweigert. Warum, weiß ich nicht so genau.

Wir sagen also Ja zu Rauchmeldern. Rauchmelder sind Lebensretter. Wir werden dem Gesetzentwurf der Regierung im Ergebnis auch zustimmen, Herr Minister. Aus den Äußerungen des Kollegen Kramer ist ja deutlich geworden, dass Sie unserem Entschließungsantrag, dass der Vermieter die Wartung übernehmen kann, vom Grundsatz her durchaus positiv gegenüberstehen. Das, was Frau Kraft immer fordert, dass wir im Plenum aufeinander zugehen, einander zuhören, abwägen und nachfragen, um dann unabhängig von der Farbe dem, was richtig ist, zuzustimmen, muss die Regierungskoalition vielleicht im Einzelnen noch lernen. Vielleicht kommen wir dann doch noch auf den Weg, dass wir hier konstruktiv gemeinsam etwas bewirken können.

Allerdings muss man auch eines sagen: Das Gesetz hat noch Optimierungspotenzial, und zwar dahin gehend, dass wir uns fragen müssen – auch darauf wies der Kollege Voussem hin –: Was nützt ein Gesetz, wenn wir es nicht kontrollieren? Ist das vielleicht nur eine Rückfallposition für Versicherungen, die sich dann aus ihrer Leistungspflicht herausmogeln können? Auch darüber müssen wir noch reden. Zum Thema „Rauchmelder“ werden wir – der Weg ist das Ziel – also noch miteinander reden müssen.

(Vorsitz: Vizepräsident Dr. Gerhard Papke)

Der zweite Punkt betrifft unsere eigene Position – das habe ich eben schon gesagt –: Es gibt bestimmte Wohnungsbestände, wo es sehr sinnvoll sein kann, dass der Vermieter, der ohnehin für das Anbringen der Rauchmelder verantwortlich ist, auch die Wartung übernimmt, weil er auf der sicheren Seite sein will. Ich will nicht verhehlen, dass ich, wenn ich in einer solchen Situation wäre, die Wartung gerne selbst übernehmen würde, um auf der sicheren Seite zu sein. Das war unser Vorschlag. In der Diskussion wurde deutlich, dass man dem auch sehr aufgeschlossen gegenüberstand. Nur beim Heben der Hand zu unserem Vorschlag war bei Ihnen eine gewisse Muskelschwäche festzustellen. Aber vielleicht können wir das noch gemeinsam bewegen.

Meine Damen und Herren, ich bin sicher, wir werden darüber noch mal reden. Auch die FDP wird dem Entwurf zustimmen. Das, was der Kollege Voussem deutlich gemacht hat, sollten wir in aller Ruhe in einem zweiten Schritt diskutieren. Dann werden wir, glaube ich, zu einem einstimmigen Beschluss kommen können.

Für die Kollegen Voussem und Schemmer darf ich hier sagen: Wenn man mit uns zusammenarbeiten will, sind wir dazu bereit. Jetzt liegt es an Ihnen, deutlich zu machen, dass Sie die ausgestreckte Hand annehmen. – Schönen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Piratenfraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Fricke das Wort.

Stefan Fricke (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem hier vorliegenden Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung der Landesbauordnung werden wir Piraten zustimmen. Wir sehen ihn jedoch als Anfang; denn im Ansatz ist er ein richtiger Schritt, auch wenn er durchaus verbesserungswürdig ist.

Ich persönlich hätte mir gewünscht, dass dieser Schritt nicht so halbherzig gemacht worden wäre. Denn auch wenn die Installation mit Rauchmeldern in Schlafzimmern und Fluren als Fluchtwegen als Ansatz durchaus korrekt ist, wird das Konzept der Sicherheit im Bereich des Brandschutzes für die Betroffenen nicht wirklich konsequent umgesetzt. Perfektion ist nicht von dieser Welt – sagt man so schön.

Perfektion hätte hier bedeutet, wenn dieser Gesetzentwurf die Anbringung von Rauchmeldern auch in allen anderen Wohnräumen vorgesehen hätte. Denn eines muss man ganz klar sagen: Was nützt ein Rauchmelder im Schlafzimmer, wenn im Wohnzimmer ein Schwelbrand ausbricht? Gar nichts! Bis ein Alarm ausgelöst wird, kann es unter Umständen schon zu spät sein, weil der dadurch entstehende Qualm oder die dadurch entstehenden Gase vom Brandherd bereits in den Rest der Wohnung vorgedrungen sind und die Sicherheit der Bewohner dadurch nicht mehr gewährleistet ist.

Aber vielleicht ringt sich die Regierung ja doch noch dazu durch, diese wünschenswerte Vorlage zeitnah zu verbessern. Wir Piraten stehen dafür gerne zur Verfügung.

Alle anderen Argumente sind im Ausschuss bereits ausführlich behandelt worden, sodass ich mir und Ihnen weitere Ausführungen dazu ersparen kann und somit dazu beitrage, diese Plenarsitzung nicht unnötig zu verlängern. Darüber sind Sie mir sicherlich nicht böse, nicht wahr? – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen herzlichen Dank, Herr Kollege Fricke. – Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Groschek das Wort.

Michael Groschek*), Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Ellerbrock! Ich bin ein großer Fan der Politik der Einladung, habe aber den Eindruck gehabt, dass diese Einladung bei den beiden angesprochenen CDU-Kollegen auf eher taube Ohren gestoßen ist.

(Widerspruch von Holger Ellerbrock [FDP])

– Dann gilt mein Dank allen Fraktionen, auch der Fraktion, die sich noch ein wenig zögerlich gezeigt hat. Wenn ich demnächst entsprechende Einladungshilfe brauche, werde ich mich an Sie wenden, Herr Kollege Ellerbrock. Offensichtlich wirkt das.

Jetzt zum Gesetzestext selbst! Ich finde es gut, dass wir die Mahnung von 62 Brandopfern des letzten Jahres allein in Nordrhein-Westfalen hier mit dem Verständnis aufnehmen, dass wir dieses Gesetz im Grunde genommen einmütig verabschieden wollen, um eine Mindestausstattung an Rauchwarnmeldern zu gewährleisten.

Herr Fricke, es ist natürlich richtig, dass noch mehr noch besser wäre. Aber die allermeisten Haushalte werden angesichts der wiederkehrenden Diskussionen eh über das Maß an Mindestausstattung hinaus – ob sie dazu gesetzlich verpflichtet sind oder nicht – zusätzliche Rauchwarnmelder anbringen, zumal der Kostenfaktor kaum noch eine Hemmschwelle für zusätzliche Sicherheit darstellt.

Ich möchte mich aber nicht nur bei den Fraktionen, sondern ausdrücklich auch bei den Feuerwehren bedanken. Denn auch deren Hartnäckigkeit hat geholfen, dieses Gesetz endlich umzusetzen. Das Aufeinanderzugehen wird auch an der allgemein bekannten Tatsache deutlich, dass wir nicht buchstabentreu und sklavisch am Originaltext dieser Passage des Koalitionsvertrages kleben, sondern uns pragmatisch auf handhabbarere Verfahrensregeln verständigt und geeinigt haben. Auch das ist ein kleines Stück Plus an politischer Kultur und von daher eine prinzipiell gute Sache, wie man aus dieser Rauchwarnmelderdiskussion ableiten kann.

Die Anhörung hat im Grunde eine etwas breitere Zustimmung signalisiert, als Herr Voussem sie gerade dargestellt hat. Herr Voussem, man kann es natürlich so machen, wie Sie es gerade getan haben. Man kann es aber auch etwas versöhnlicher darstellen und sagen: Vom Tenor her waren alle einig, dass es gut ist, wenn mit Nordrhein-Westfalen und Bayern die beiden Nachzügler jetzt endlich eine gesetzliche Regelung bekommen. Dass der eine noch mehr Expertentum für die Berufsgruppe reklamiert, ist richtig. Dass der andere gerne noch eine Kostenvergütung zu seinen Gunsten und nicht zu seinen Lasten hätte, ist auch richtig. Aber vom Grundsatz her haben alle gesagt: Macht endlich eine Regelung!

Ich finde, wir haben einen Kompromissvorschlag, der zustimmungsfähig ist. Ich habe ja auch die Zustimmung fast aller Fraktionen wahrnehmen können.

Sie haben unsererseits natürlich die Ankündigung, dass wir pragmatisch aus der Praxis lernen. Wenn sich in der Praxis Verbesserungsbedarf zeigen sollte, werden wir das aufgreifen und umsetzen. Wir sind ja nicht mehr auf dem Stand, dass wir glauben, jede gesetzliche Regelung müsse – wie die Bücher Mose – für die Ewigkeit gelten. Wir führen keinen Tanz um das goldene Kalb auf, sondern wir wollen erste, vernünftige Hilfe für die leisten, die dann hoffentlich nicht mehr Brandopfer werden. Das gilt jedenfalls dann, wenn es um die Funktionstüchtigkeit von Brandwarnmeldern geht.

Deshalb bitte ich noch mal herzlich um Zustimmung. Herr Voussem, wenn Sie sich einen Ruck geben könnten, wäre das ein schönes Signal an die Feuerwehren. Uns brauchen Sie dabei nicht im Fokus haben, wohl aber diejenigen, die seit vielen Jahren wie Pater Leppich auf uns einreden, endlich für eine Brandwarnmelderpflicht zu sorgen. Wenn das einmütig geschehen könnte, würde das die Feuerwehren freuen. Es wäre so etwas wie eine Ehrenamtsmedaille für unsere Feuerwehren. Verwehren Sie die Verleihung dieser Ehrenamtsmedaille unseren Feuerwehrfrauen und ?männern doch nicht!

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Minister Groschek. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Der Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2243, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/1624 in der Fassung seiner Beschlüsse anzunehmen. Wer dieser Empfehlung folgen will, den darf ich um sein Handzeichen bitten. – Das sind die Fraktionen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen, FDP und Piraten. Wer stimmt gegen diese Beschlussempfehlung? – Kein Abgeordneter. Wer enthält sich? – Das ist die Fraktion der CDU. Damit ist die Empfehlung mit dem von mir genannten Ergebnis mit großer Mehrheit angenommen und der Gesetzentwurf der Landesregierung in zweiter Lesung verabschiedet.

Wir treten ein in den Tagesordnungspunkt

9   Gesetz zur Zweckbindung der dem Land Nordrhein-Westfalen nach dem Entflechtungsgesetz aus dem Bundeshaushalt zustehenden Finanzmittel (Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz – EMZG NRW)

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/748

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses
für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung
und Verkehr
Drucksache 16/2244

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile als erstem Redner Herrn Kollegen Breuer das Wort für die SPD-Fraktion.

Reiner Breuer (SPD): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz hat nicht nur einen vielversprechenden Namen, sondern es hält auch, was es verspricht. Dieses Gesetz bindet die Mittel, die das Land Nordrhein-Westfalen nach dem Entflechtungsgesetz des Bundes noch – noch! – erhält, an einen bestimmten Zweck. Das soll auch so bleiben.

Dabei geht es immerhin um die zweckgerichtete Bindung von etwa 470 Millionen € pro Jahr, die wir vom Bund als Kompensation dafür erhalten, dass dem Land nach der ersten Föderalismusreform ab dem Jahr 2007 bestimmte Aufgaben zugefallen sind. Zu diesen Aufgaben zählen neben der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden die soziale Wohnraumförderung, der Ausbau und Neubau von Hochschulen und Hochschulkliniken sowie die Bildungsplanung.

Für die Finanzierung dieser wichtigen Politikbereiche schaffen wir mit diesem Gesetz Rechtsklarheit und Planungssicherheit, soweit uns das als Landesgesetzgeber möglich ist. Wenn Ende dieses Jahres die bisherige Zweckbindung des Bundes wegfällt, könnten wir die Mittel auch anderen investiven Zwecken zuführen. Das wollen wir jedoch nicht. Wenn der Bund uns weiterhin Mittel bereitstellt, dann werden wir diese auch weiterhin sinnvoll einsetzen: für die Mobilität der Menschen in den Städten und Gemeinden, für bezahlbaren sozialen Wohnraum, für gute Hochschulen und Hochschulkliniken sowie für die Bildungsplanung.

Die Anhörung zu diesem Gesetzentwurf hat deutlich gemacht, dass wir mit der Weiterverfolgung der Finanzierung dieser Zwecke absolut richtig liegen. Alle Expertinnen und Experten haben uns darin bestärkt, die bestehende Zweckbindung aufrechtzuerhalten. Sie haben sich dafür ausgesprochen, die Förderungen fortzusetzen, für die diese Mittel unerlässlich sind.

Die in der Anhörung gemachten Anregungen zur Öffnung der Zweckbindung für Erhaltungsinvestitionen im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs werden wir uns näher ansehen. Wir wollen prüfen, ob die bisherigen untergesetzlichen Regelungen ausreichen, um auch dem enorm gestiegenen Bedarf an Mitteln für den Erhalt von Investitionen Rechnung zu tragen.

Gleichwohl dürfte uns allen klar sein, dass wir für eine Ausweitung der Zweckbindung eigentlich mehr Geld bräuchten. Im Moment müssen wir uns aber große Sorgen machen, ob wir im kommenden Jahr überhaupt noch Mittel vom Bund bekommen. Nach unseren Informationen will der Bundesfinanzminister die erforderlichen Mittel nicht einmal für das Jahr 2014 freigeben. Es liegt nur ein Gesetzentwurf vor, der nicht beschlossen ist.

Deshalb herrscht auch in der kommunalen Szene große Verunsicherung, wie es zum Beispiel mit dem kommunalen Straßenbau weitergeht. Man weiß, dass zurzeit keine neuen Maßnahmen bewilligt werden. Es müssen auch Verpflichtungsermächtigungen aus den Vorgängerjahren abgearbeitet werden.

Deshalb ist es umso wichtiger, dass wir heute ein eindeutiges Signal an den Bund senden, dass er sich nicht aus der Verantwortung stehlen darf; denn der Bund ist auch in der Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung – dafür, dass die Investoren noch attraktivere Konditionen bekommen können.

(Beifall von Gordan Dudas [SPD])

Es reicht eben nicht aus, runde Tische für die Studentenwohnraum­förderung einzurichten. Vielmehr müssen attraktive Förderkonditionen für die Studentenwerke angeboten werden, die wir jetzt auch haben.

Wir brauchen weiterhin erhebliche Mittel für die Investitionen in die Verkehrsverhältnisse, sowohl in Schiene und ÖPNV als auch in Straße und Nahmobilität. Die Sicherung der nachhaltigen Mobilität der Menschen bleibt weiterhin eine Aufgabe, die Bund, Länder und Kommunen nur gemeinsam bewältigen können.

Wir appellieren deshalb sehr deutlich an den Bund, dass er sich hier nicht aus der Verantwortung stiehlt. Es geht um die Sicherung der Finanzierung des Hochschulbaus, der sozialen Wohnraumförderung und der Investitionen in Schiene und Straße in den Kommunen in Nordrhein-Westfalen.

Ich bin froh, dass wir diesen Appell heute wohl mit breitester Mehrheit an den Bund richten können, weil möglicherweise alle Fraktionen diesen Gesetzentwurf heute mitbeschließen. Herr Schemmer, die Hand ist ausgestreckt. Schlagen Sie ein, und unterstützen Sie diesen Gesetzentwurf! – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege. – Der von Ihnen angesprochene Kollege Schemmer hat jetzt auch das Wort. Bitte, Herr Kollege Schemmer.

(Gordan Dudas [SPD]: Er kann es auch kaum erwarten!)

Bernhard Schemmer (CDU): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Breuer, Sie brauchen uns nicht darauf hinzuweisen, welche Dinge wir zu tun haben und welche Dinge wir nicht zu tun haben. Das machen wir schon. Im Ergebnis kommen wir auch dazu, diesem Gesetzentwurf zuzustimmen. Über die Geschichtsklitterung, die Sie zwischendurch gemacht haben, müssen wir uns aber mal unterhalten.

Wir reden über die Regelung der Föderalismusreform I zu Hochschulen, Bildungsplanung, Finanzhilfen, Wohnraumförderung und Verkehrsverhältnissen. Das waren ja die Auswüchse des Koch/Steinbrück-Papiers. Anschließend fängt die Geschichte aber schon an, etwas kritisch zu werden.

Hier einfach die Behauptung in die Welt zu setzen, die Bundesregierung würde Finanzhilfen für 2014 nicht zur Verfügung stellen, ist schlicht dreist; denn der Bundestag hat mit der Regierungskoalition aus Schwarz und Gelb bereits eine entsprechende Beschlussfassung vorgenommen. Es fehlt nur noch die Zustimmung des Bundesrates.

Gestatten Sie mir folgenden Hinweis: Sagen Sie mir mal, wo diese Landesregierung Dritten gegenüber bereits heute, obwohl sie das nicht muss, finanzielle Zusagen für 2014 gemacht hat! Einen solchen Fall kenne ich nicht. Eigentlich spielt es aber auch keine Rolle.

Im Übrigen kann ich Ihnen gerne helfen. Bei diesem von Schwarz und Gelb eingebrachten Gesetzentwurf handelt es sich um die Bundestags-Drucksache 17/12296. Noch einmal: Die Kompensationszahlungen werden kommen.

Was nicht kommt, ist Folgendes: Im Jahre 2013 sind vom Bund GVFG-Mittel in Höhe von 260 Millionen € angekommen, davon die Hälfte für die Schiene. Bei diesen 130 Millionen € haben Sie, bei den Regionalräten etwas unterschiedlich, Kürzungen auf 10 bis 20 % der früheren GVFG-Mittel vorgenommen – offensichtlich, um Ihre wie auch immer gearteten Altlasten zu bedienen.

(Reiner Breuer [SPD]: Wenn, dann Ihre!)

Wenn Sie mir sagen, das seien alles Anfinanzierungen, dann kann ich Ihnen sagen: Die Anfinanzierungen können so klein nicht sein. Nein, Sie missbrauchen die noch nicht vorliegende Zusage bis 2019 dazu, den Kommunen bestimmte Finanzmittel für den Bereich Verkehr vorzuenthalten.

So schlecht Ihre praktische Umsetzung von Politik auch sein mag, sind wir gleichwohl dafür, dass die Kunden, wenn Sie so wollen, in diesem Falle die Kommunen, der Wohnungsbau und die Hochschulen, wissen, woran sie sind. Deshalb werden wir den vorliegenden Gesetzentwurf mittragen: um den Beteiligten Rechts- und Planungssicherheit zu geben.

Sie sollten in der Zwischenzeit dafür sorgen, dass die Gelder auch zweckentsprechend eingesetzt werden. Dafür habe ich Ihnen ein Beispiel genannt. Ich könnte Ihnen auch noch die 7 Millionen € nennen, die Sie zum Abbruch von Wohnraum statt zur Förderung des Wohnungsneubaus nehmen. Es gibt auch noch ein paar andere Dinge, die wir aber hier jetzt nicht diskutieren müssen.

Ich glaube, wichtig ist die grundsätzliche Aussage, dass wir eine vernünftige Regelung für Nordrhein-Westfalen finden sollen. Und dazu tragen wir bei. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun Herr Kollege Beu das Wort.

Rolf Beu (GRÜNE): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit diesem Gesetz tun wir etwas zum Wohle der kommunalen Familie, was wir eigentlich nicht tun müssten: Wir binden uns selber! Wir erreichen, dass die Mittel, die wir vom Bund erhalten, zukünftig auch an die kommunale Familie fließen, dass die Kommunen Planungssicherheit haben, dass sie Rechtssicherheit haben, und zwar im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Städte, im Interesse der Gemeinden, im Interesse der Gemeindeverbände.

Ich glaube, auch die Festlegung auf die vier Hauptpunkte – Verkehrsinfrastruktur, Aus- und Neubau von Hochschulen, soziale Wohnraumförderung und Bildungsplanung – ist absolut korrekt und keinesfalls zu beanstanden.

Das Einzige, was wir in Zukunft noch mal diskutieren müssen, ist die Frage der Reinvestitionen, also des Erneuerungsbedarfs bei öffentlichen Verkehrsmitteln und öffentlichen Verkehrseinrichtungen. Wir wissen alle, dass in vielen Städten des Landes in den 60er-, 70er-Jahren Stadtbahnanlagen und U-Bahn-Anlagen gebaut wurden, die inzwischen so marode sind, dass sie nur mit großen Investitionsbedarfen langfristig erhaltbar sind. Der VDV rechnet mit einem jährlichen Finanzbedarf von 660 Millionen € bis 2016 und sogar mit über 1 Milliarde € im Folgezeitraum bis 2025.

Man kann es in der Verwaltungspraxis so lösen, dass man die Mittel hierfür nach dem jetzigen Gesetz zur Verfügung stellt. Andererseits sind diese Summen nicht ausreichend. Man kann trefflich darüber streiten, ob die jeweiligen Kommunen nicht hätten Rücklagen bilden müssen, um ihren Investitionsbestand zu erhalten. Das wäre vernünftig gewesen. So wie fast jeder private Hausbesitzer vorgeht! Aber die Welt ist nun einmal so, wie sie ist. Wir werden natürlich nicht hingehen, Herr Ellerbrock, und sagen: Etlichen Städten geben wir nichts. Wenn ihr nichts mehr habt, wird der Verkehr eben eingestellt. – Das wäre eine unverantwortliche Politik, die wir nicht tätigen wollen und werden.

Wie gesagt: Dieser Frage werden wir uns noch mal allgemein widmen müssen. Dem jetzigen Gesetzentwurf kann man nur zustimmen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Beu. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Ellerbrock zu uns.

Holger Ellerbrock (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Groschek, Sie haben Herrn Schemmer doch eben gehört. So schlimm ist er doch gar nicht. Er hat Bedenken und stimmt zu. Man muss nur auf den Mann zugehen. So einfach ist das.

(Heiterkeit – Reiner Breuer [SPD]: Aber es ist nicht immer so!)

Herr Kollege Schemmer, wenn der Kollege Breuer nicht weiß, dass die Bundesregierung den Antrag für 2014 schon gestellt hat, die entsprechenden Mittel bereitzustellen – dass das noch nicht in Gesetzesform gegossen worden ist, liegt daran, dass der Bundesrat noch nicht zugestimmt hat –, dann ist er eben nicht vollständig informiert. Den Kollegen müssen sie nicht so vorführen. Das macht man nicht.

Meine Damen und Herren, auch die FDP sagt eindeutig Ja zu den Fördermitteln, die wir aus Berlin bekommen. Wir müssen dafür sorgen, dass diese Fördermittel zweckentsprechend eingesetzt werden. Das ist die Selbstbindung, von der Sie, Herr Beu, eben gesprochen haben. Dafür müssen wir sorgen. Auch die Prioritäten sind da richtig. Darüber brauchen wir nicht lange zu reden.

Man sollte, auch wenn die Regierung hier eine andere Farbgebung hat, einfach anerkennen, dass der Bund – sicherlich aus einer Verpflichtung heraus – seit Jahren verlässlich Mittel zahlt, die dann auch zielgerichtet eingesetzt werden müssen, wobei wir durchaus Freiheit haben. Ich vergebe mir in der jetzigen Situation nichts, wenn ich aus Nordrhein-Westfalen sage: Danke schön Bund! Weiter so! Die Mittel können wir gut gebrauchen und werden sie auch weiter zielgerichtet einsetzen. – Dabei vergebe ich mir doch nichts. Stark zu sein heißt, Schwäche zeigen zu können. Ein Dankeschön – das habe ich gelernt – kann nie falsch sein. Deswegen könnten wir das hier eigentlich mal so deutlich sagen.

Meine Damen und Herren, wichtig ist allerdings, dass wir die Zweckbindung, die Selbstbindung auch wirklich durchführen.

Herr Minister, bei unserer Zusammenarbeit im Ausschuss habe ich manchmal das Gefühl, dass Sozialpolitik und Wohnungsbaupolitik hier ein bisschen zu viel miteinander vermengt werden. Wohnungsbaupolitik hat ihre Ziele, Sozialpolitik hat ihre Ziele. Das will ich nicht kleinreden. Nur, wenn diese Fördermittel kommen, müssen wir sie auch zielgerichtet einsetzen. Und die Sozialförderung ist Sozialförderung, und die Wohnungsbauförderung ist Wohnungsbauförderung. Darunter müssen wir, glaube ich, einen deutlichen Strich setzen. Das gilt auch für die Quartiersentwicklung; die will ich auch nicht kleinreden. Das müssen wir sauber trennen. Sonst könnte sich beim Bund festsetzen, dass diese Mittel doch nicht so zielgerichtet eingesetzt werden, wie man das bei der Zweckbindung vorgesehen hatte. Und einem solchen Eindruck sollte man, glaube ich, frühzeitig entgegenwirken.

Ich sage ganz klar: Wir stimmen dem Gesetz zu. Es ist vernünftig. Es gibt Planungssicherheit, so wie wir das von Schwarz-Gelb aus Berlin über die Jahre gewohnt sind. Das ist eine richtige Sache. Schönen Dank, Berlin! Weiter so! – Danke schön.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Schönen Dank, Herr Kollege Ellerbrock. – Für die Piratenfraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Bayer das Wort.

Oliver Bayer (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer hier am Stream und an den Video-Plattformen! Fünf Ausschüsse haben sich mit dem Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz beschäftigt. Dort, wo ein Votum abgegeben wurde, wurde die Annahme auch einstimmig – manchmal bei Enthaltung der CDU – empfohlen.

Ja, wir brauchen das Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz. Ich erläutere für unsere Besucher und die Zuschauer im Stream und auf YouTube kurz, worum es geht. Die Entflechtungsmittel sind die Ersatzzahlungen des Bundes an die Länder für die durch die Föderalismusreform umverteilten Aufgaben. Herr Breuer hat das auch schon erklärt. Anders als bei den dauerhaft übertragenen Aufgaben sind die Zahlungen hierfür zeitlich begrenzt, und zwar bis 2019. Zudem muss 2014 die Verteilung neu verhandelt werden.

Jetzt muss zügig eine landesinterne Regelung herbeigeführt werden, um diese Verhandlungen entsprechend führen zu können. Dies ist seit 2007 bekannt und wurde schon lange genug aufgeschoben. Die freiwillige Zweckbindung zeigt allen: Wir brauchen das Geld, und zwar genau für die Bereiche, für die es ursprünglich vorgesehen war – es gab nämlich einmal eine Zweckbindung –, und wir brauchen es auch weiterhin.

Das Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz findet auch unsere Zustimmung. Ich möchte noch einmal auf die guten Ideen und Verbesserungsvorschläge hinweisen, die bei der Anhörung im Januar dieses Jahres unter anderem von der Architektenkammer, vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen und dem Fahrgastverband PRO BAHN vorgetragen worden sind.

Ich spreche beispielhaft die Verteilung der Mittel für die Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und für die Wohnraumförderung an. Bezüglich der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse könnte auch eine Festschreibung der Verteilung zwischen dem ÖPNV und dem Straßenbau stattfinden. In Baden-Würt­temberg wurde dies im Verhältnis 60 zu 40 zugunsten des ÖPNV festgelegt. Dies würde auch bei uns eine Verbesserung des ÖPNV bedeuten.

Daehre-Kommission und die ÖPNV-Zukunftskom­mission haben erst kürzlich den dramatischen Fehlbetrag in der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur offengelegt. Insbesondere der ÖPNV steht vor großen Herausforderungen und ist in NRW dafür nur unzureichend finanziell ausgestattet.

In NRW gibt es laut Zwischenbericht der ÖPNV-Zukunftskommission beispielsweise einen Erneuerungsbedarf bei U-Bahn- und Straßenbahnsystemen von 1,1 Milliarden € bis 2016. Herr Beu hat hier andere Quellen mit gleichem Fazit genannt. Hier besteht dringender Handlungsbedarf. Wir brauchen Planungssicherheit und darüber hinaus eine Ausweitung der Mittel.

Ich möchte gerne noch einen zweiten Verbesserungsvorschlag hervorheben, und zwar den von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen sowie vom Deutschen Mieterbund NRW e. V. Dieser Vorschlag – die Einrichtung eines Wohnraumförderfonds als Sondervermögen – nach dem Vorbild des Niedersächsischen Wohnraumfördergesetzes würde zweierlei bewirken:

Erstens wäre damit einer Zweckentfremdung in andere Investitionsbereiche vorgebeugt. Zweitens wäre eine Verstärkung der Investitionstätigkeit sichergestellt, da die Mittel nicht als Verrechnungsposition des Landes für den Schuldendienst genutzt werden könnten.

Der Bestand an öffentlich geförderten Wohnungen liegt derzeit bei nur etwa einem Drittel des Bedarfes. Es gibt rund 650.000 geförderte Wohnungen; wir bräuchten jedoch weitere 1,2 Millionen. Das gilt für jetzt, das gilt aber auch für die fernere Zukunft, wenn die Zinsen wieder höher sind, und wer weiß, was dann mit der NRW.BANK ist.

Der zuvor schon erwähnte Zwischenbericht der ÖPNV-Zukunftskommission empfiehlt außerdem ausdrücklich, eine Aufstockung der Mittel nach dem Entflechtungsgesetz vorzunehmen. Das kann hier natürlich nicht entschieden werden, aber der heute vorliegende Gesetzentwurf bildet die Grundlage dafür, auf Bundesebene zu verhandeln, und ist zugleich die Aufforderung an die Landesregierung, dies auch zu tun.

Die hier erfolgende Festschreibung des gegenwärtigen Zustandes ist keine dauerhafte Lösung der hier nur knapp angerissenen Probleme. Das Ganze ist halt pragmatisch – eine geeignete Maßnahme, um Planungssicherheit zu gewährleisten. Daher geben wir unsere Zustimmung zum pragmatischen, formal wichtigen Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz und ein Ja zu den Fördermitteln aus dem Bund, Herr Ellerbrock.

Dass man weiter optimieren kann und inhaltlich mehr gestalten könnte, zeigt die Anhörung. Vielen Dank nochmals für die Ideen und Ihnen vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN und Reiner Breuer [SPD])

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Auch Ihnen vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Und nun spricht für die Landesregierung erneut Minister Groschek. Bitte.

Michael Groschek*), Minister für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Um es noch einmal deutlich zu machen: Bei dem Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz des Bundes läuft die Auseinandersetzung weniger parteibuchorientiert ab – da kann man ruhig farbenblind sein –, denn die Konfrontation besteht zwischen Bund und Ländern.

Die Länder sagen völlig zu Recht: Der Bund steht in der Pflicht, 2014 bis mindestens 2019 und darüber hinaus auskömmlich zu finanzieren. Dieser Verpflichtung entzieht sich der Bund aus Sicht der Bundesländer, nicht nur der A-Bundesländer.

Deshalb geht es in der Auseinandersetzung zwischen den Ländern und dem Bund darum, ob das Volumen, das über das Entflechtungsmittelzweckbindungsgesetz des Bundes verteilt wird, angemessen ist. Da sagen die Länder: Nein, es ist nicht angemessen; wir brauchen mindestens 2 Milliarden € statt der 1,5 Milliarden €.

Kommen wir zu unserem eigenen Gesetz. Ja, wir legen jetzt fest: Bildung, Wohnen und kommunaler Straßenbau entsprechen den Bundesvorgaben und sind die ausschließlichen Verwendungszwecke und Investitionsschwerpunkte. Diese Festlegung stärkt uns natürlich gegenüber dem Bund, der immer den Verdacht äußert, dass die Länder diese Mittel zur Haushaltskonsolidierung oder sachfremden Investitionstätigkeit missbrauchen.

Diesem Verdacht wollen wir – obwohl er völlig unbegründet ist – mit diesem Gesetz entgegentreten. Zweckbindung und Quotierung werden in diesem Gesetz so stark geregelt, dass es auch ein Signal ist, das selbst in Berlin nicht übersehen werden kann.

Wenn der Bund an einem vernünftigen, partnerschaftlichen, dem Föderalismus Deutschlands angemessenen Verhältnis zwischen Bund und Ländern interessiert ist, dann muss er seinem Interesse auch dadurch Ausdruck verleihen, dass er seinerseits davon absieht, 2014 ein nicht auskömmliches Angebot zu unterbreiten. Vielmehr muss ein faires Angebot für die Jahre 2014 bis 2019 erfolgen. Das wäre die Verfassungspflicht des Bundes. Daran zu erinnern, sollte auch Gegenstand der Verabschiedung dieser landesgesetzlichen Grundlage sein. – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Minister. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor – das wollte ich zumindest sagen, bis Herr Kollege Schemmer kam. Sie haben noch gewaltige 42 Sekunden, Herr Kollege. Bitte.

Bernhard Schemmer (CDU): Schönen Dank, Herr Präsident. Ich will das in aller Kürze und aller Schnelle machen. Damit hier keine Missverständnisse auftauchen: Diese Bundesregierung hat für 2013/2014 diese Finanzmittel vorgesehen. Es freut mich, Herr Minister Groschek, dass Sie von dieser Bundesregierung das auch für 2015 folgende erwarten. So machen Sie ja klar, welches Wahlergebnis Sie erwarten. Ich unterstütze das auch ausdrücklich, weil das der richtige Weg ist. Um bei Herrn Ellerbrock zu bleiben: Die haben gezeigt, dass sie uns mit den 470 Millionen €

(Gordan Dudas [SPD]: Die Redezeit ist vorbei!)

für diese Aufgaben ausreichend unterstützen. – Schönen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Jetzt liegen mir aber endgültig keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Das heißt, ich schließe die Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Der Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2244, den Gesetzentwurf Drucksache 16/748 unverändert anzunehmen. Wer dieser Beschlussempfehlung folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Enthaltungen? – Dann darf ich feststellen, dass diese Empfehlung mit den Stimmen aller Fraktionen einstimmig angenommen ist und der Gesetzentwurf in zweiter Lesung verabschiedet wurde.

Wir treten direkt ein in den nächsten Tagesordnungspunkt:


10       Gesetz zur Änderung des Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbandsgesetzes – AAVG und zur Änderung wasserverbandlicher Vorschriften

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/1821

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses
für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz,
Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Drucksache 16/2295

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD,
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2431

zweite Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile zunächst für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Sundermann das Wort.

Frank Sundermann (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kollegen! Vielen Dank. Ich wollte anfangen: Heute ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen, für das Land, für die Kommunen und auch für die Industrie in diesem Land. Denn der AAV, das Erfolgsmodell aus Nordrhein-Westfalen, wird weitergeführt und auf eine finanziell solide Basis gestellt.

Meine Damen und Herren, das wird nicht nur durch das deutlich, was die Städte und Gemeinden, die Kommunen, uns geschrieben haben. Die Kommunen haben uns bei diesem Vorhaben unterstützt. Sie haben gesagt: Wichtig ist, dass die finanzielle Basis an dieser Stelle vertieft wird, dass die Kompetenz, die sich der AAV mittlerweile über Jahrzehnte erarbeitet hat, vorhanden bleibt und dass wir über den AAV ein Instrumentarium haben, um weiter Flächen zu sanieren und auch so auf die Flächen zugreifen zu können, um sie einer weiteren industriellen Nutzung zuführen zu können.

Neben der Stellungnahme des Städte- und Gemeindebundes, die sehr positiv war, haben wir auch diese Stellungnahme der Industrie- und Handelskammer vorliegen. Ich habe dazu ja auch schon in den diversen Ausschüssen ausgeführt, dass mir diese Stellungnahme für einen Verband, der die Industrie- und Handelskammern hier in Nordrhein-Westfalen vertritt, ein wenig weinerlich ist. Dazu muss man wissen, dass in den letzten Jahren das Land und auch die Kommunen zu ihren finanziellen Verpflichtungen gestanden haben, dass aber leider – das führen ja auch die Kommunen aus – die Industrie hier nicht zu ihrer Verantwortung gestanden hat.

Trotzdem oder auch gerade deswegen sind wir der Meinung, dass diese bewährte Partnerschaft auf Augenhöhe – Herr Wirtz, das waren ja auch sehr häufig Ihre Worte in den Ausschusssitzungen – fortgesetzt werden soll. Aufgrund dessen haben wir auch mit den Kollegen der FDP hier einen Entschließungsantrag vorbereitet, der einen dieser Punkte aus der IHK-Stellungnahme ein Stück aufnimmt. In der Delegiertenversammlung sollen alle Delegierte ein Rederecht bekommen.

Das Nächste ist – das schreiben wir hier noch einmal fest –, dass es im Prinzip so sein muss, dass diejenigen, die bezahlen, im AAV auch Rede- und Stimmrecht haben. Das halten wir für eine vernünftige Regelung, vor allen Dingen vor dem Hintergrund der Historie, dass sich die Industrie hier ein Stück weit aus ihrer Verantwortung gestohlen hat.

Was wir in diesem Entschließungsantrag noch feststellen, ist, dass wir über die Beitragsentwicklung einen jährlichen Bericht haben wollen, um festzustellen, wie sich der AAV entwickelt. Man könnte das sicherlich auch mit einem Tätigkeitsbericht verbinden.

Meine Damen und Herren, ich habe angefangen mit: Es ist ein guter Tag für Nordrhein-Westfalen. Das ist auch mein Appell an die CDU. Es steht im Prinzip nichts zwischen uns. Wir sagen, der AAV ist gut. Wir sind im Prinzip der IHK noch einmal ein Stück entgegengekommen. Ich kann wirklich nur an Sie appellieren: Geben Sie sich einen Ruck und unterstützen Sie dieses Erfolgsmodell, um das uns viele andere Länder in Deutschland beneiden. Geben Sie sich an dieser Stelle einen Ruck!

Eines muss ich Ihnen aber auch sagen. Auch wenn Sie sich keinen Ruck geben, wird eine Zweidrittelmehrheit – so wie es aussieht – in diesem Landtag dem Gesetzentwurf zustimmen. Glück auf! – Vielen Dank.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Wirtz.

Josef Wirtz (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf zur Änderung des AAVG zeigt wieder einmal sehr deutlich, dass diese Landesregierung scheinbar nicht an einem partnerschaftlichen Verhältnis zwischen öffentlicher Hand auf der einen Seite und der Wirtschaft auf der anderen Seite interessiert ist. Der Gesetzentwurf ist von einer gravierenden Einseitigkeit zulasten der freiwilligen Mitglieder geprägt, die am Ende das gemeinsame Ziel gefährden könnte.

Positiv ist, dass es nach wie vor hier in diesem Landtag einen Grundkonsens über die Notwendigkeit des AAVG und dessen Ziele bei allen beteiligten Akteuren gibt. Doch jenseits dieses Grundkonsenses offenbart Ihr Gesetzentwurf gewisse Schwächen und Unwuchten, bei denen wir einige Nachbesserungen mehr erwartet hätten.

Meine Damen und Herren, es ist nicht in Ordnung, wenn Sie ständig vom Prinzip der partnerschaftlichen Zusammenarbeit reden, es bei der Umsetzung aber einfach vernachlässigen. Sie behaupten, die Mitglieder im Vorstand des Verbandes ständen auf gleicher Augenhöhe. Die Realität sieht leider ganz anders aus. Das Gegenteil ist der Fall. Das Ziel, den Verband für weitere Akteure attraktiver zu machen, gefährden Sie. Auch nach den Beratungen in den Fachausschüssen war nicht zu erkennen, dass Sie unsere Bedenken in Gänze ernst nehmen. Insbesondere unsere Kritik am Neuzuschnitt des Vorstands konnte nicht ausgeräumt werden. Sie behindern die Zusammenarbeit aller Partner auf Augenhöhe.

Aktuell besteht der Vorstand aus drei Vertretern des Landes, zwei Vertretern der Kommunen und fünf Vertretern der Wirtschaft. Damit war eigentlich ein Gleichgewicht sichergestellt. Dies hat im Übrigen auch dazu geführt, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass die Entscheidungen in der Regel im Konsens getroffen wurden.

Die nun von Ihnen vorgeschlagene Neuregelung verschiebt die Kräfteverhältnisse und führt zu einer überproportionalen Vertretung des Landes; das wissen Sie. Weder die Kommunen noch die Wirtschaft, also die freiwilligen Partner, sollten ursprünglich die Möglichkeit bekommen, Sitzungen zu beantragen. In dem Punkt, meine Damen und Herren von SPD und Grünen, sind Sie uns entgegengekommen. Wir hätten uns dann aber auch gewünscht, dass man den beiden Gruppen eine Sperrminorität eingeräumt hätte.

Außerdem bleibt unklar, warum Sie, Herr Minister Remmel, die Absicht äußern, den Sachverständigen zwar das Rederecht einzuräumen, dies aber ausdrücklich nicht durch das Gesetz garantiert werden soll. Eine bloße Absichtserklärung begründet kein Recht. Daher hätte es unserer Meinung nach ins Gesetz gehört.

Zwischenzeitlich schien uns die Regierungskoalition entgegenkommen zu wollen. Deutlich wurde dies im Umweltausschuss, als Sie, Herr Minister Remmel, erklärten, das Rederecht der Sachverständigen über die Satzung zu regeln. Das erkennen wir ausdrücklich an, das möchte ich betonen. Doch als es um die konkreten Verbesserungen der anderen Problemfelder ging und die Koalition mit einem Änderungsantrag hätte reagieren können, war keine Einigung über diese Punkte in Sicht.

Aus den genannten Gründen – Sie haben von einem Ruck gesprochen, Herr Kollege Sundermann – hält die CDU-Fraktion den vorliegenden Entwurf zum AAVG für nicht ausgereift. Wir hätten uns hier deutlichere Nachbesserungen gewünscht. Nichtsdestotrotz halten wir das Altlastensanierungs? und Altlastenaufbereitungsverbandsgesetz für so wichtig, dass wir es heute nicht ablehnen werden. Die Ziele des Gesetzes unterstützen wir grundsätzlich, wenn wir auch mit der praktischen Ausführung unzufrieden sind. Deshalb wird sich die CDU-Fraktion nachher der Stimme enthalten. Das gilt für den Gesetzentwurf, aber auch für den Entschließungsantrag von SPD, Grünen und FDP. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Als Nächster erhält für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Markert das Wort.

Hans Christian Markert (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erlauben Sie mir, zu Beginn meiner Ausführungen den Begründer der wissenschaftlichen Bodenkunde zu zitieren, niemand anderen als den Bodenkundler und Juristen Friedrich Albert Fallou, der bereits 1862 in seinem Lehrbuch „Pedologie oder allgemeine und besondere Bodenkunde“ ausführte – Zitat –:

„Es gibt in der ganzen Natur keinen wichtigeren, keinen der Betrachtung würdigeren Gegenstand als den Boden! Es ist ja der Boden, welcher die Erde zu einem freundlichen Wohnsitz der Menschen macht, er allein ist es, welcher das zahllose Heer der Wesen erzeugt und ernährt, auf welchem die ganze belebte Schöpfung und unsere eigene Existenz letztlich beruhen.“

Diese Botschaft hat nichts an ihrer Aktualität eingebüßt. Sie besitzt eine eindringliche Aufforderung, der Verantwortung für Mutter Erde gerecht zu werden.

Unsere Böden – ich habe das bereits im Umweltausschuss ausgeführt – schreiben quasi ein kulturökologisches Geschichtsbuch. Der Zustand unserer Böden sagt etwas darüber aus, wie wir mit dieser wichtigen natürlichen Grundlage umgegangen sind. Das hat sich bis heute nicht geändert. Auch heute stehen wir vor großen Herausforderungen beim Bodenschutz. Denken Sie an die fortschreitende Erosion. Denken Sie an die immer noch hohe Zahl der Altlasten in unseren Böden. Denken Sie an den exorbitant hohen Flächenverbrauch. Aber sehen Sie auch die Rolle des Bodens im Bereich des Klimaschutzes, als CO2-Senke. Sehen Sie die Bedeutung des Bodenschutzes als Grundlage für gesunde Nahrungsmittel.

Insofern ist es gut, dass wir bei der AAVG-Novelle jetzt mit so großer Geschlossenheit agieren. Die Kolleginnen und Kollegen Piraten haben ihre Zustimmung sehr früh signalisiert. – Herzlichen Dank dafür.

Die FDP-Fraktion hat sich mit dem Entschließungsantrag, den wir heute gemeinsam einbringen, noch einmal ganz deutlich an unsere Seite gestellt. Sie hat einige eigene Akzente eingebracht, und das ist auch gut so. Wir wollen ja Geschlossenheit und alle mitnehmen. Das macht eine Koalition der Einladung aus.

Schade, lieber Josef Wirtz, dass es trotz des Bemühens der Koalitionsfraktionen nicht gelungen ist, auch die CDU zu einer Zustimmung zu bewegen. Wir haben noch den Entwurf eines Änderungsantrags vorgelegt, der zumindest das Quorum für die Einberufung der entsprechenden Gremien abgesenkt hätte. Jetzt aber aufzurüsten und zu sagen, das Quorum für die Einladung müsse auch mit einem Vetorecht in der gleichen Anzahl der Stimmen versehen werden, geht uns, mit Verlaub, zu weit. Wir geben aber die Hoffnung nicht auf. Vielleicht können Sie auf der Strecke oder sogar heute Abend noch ein Zeichen setzen und sich der großen Mehrheit des Hauses anschließen. Wenn nicht, dann offenbart das einmal mehr, dass es leider bei dem Bodenschutz in der CDU offensichtlich zwei Linien gibt – die eine, die den Bodenschutz sehr aktiv mit vorantreiben will, und die andere, die auf der Bremse steht. Ich erinnere daran, dass die CDU-geführte Bundesregierung seit Jahren auch die europäische Bodenschutzrahmenrichtlinie blockiert.

Abschließend noch einmal Friedrich Albert Fallou. Er sagte auch:

„Eine Nation, die ihren Boden zerstört, zerstört sich selbst.“

Diese Mahnung sollten wir ernst nehmen, auch über die AAVG-Novelle hinaus. Denn es bleibt dabei: Wir haben die Welt von unseren Kindern nur geborgt.

In diesem Sinne wünsche ich uns weiterhin große Geschlossenheit bei den Aufgaben des Bodenschutzes in den nächsten Jahren. Denn mit der AAVG-Novelle geht die Arbeit weiter, sie ist bei Weitem nicht beendet. – Herzlichen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Herzlichen Dank, Herr Kollege Markert. – Für die FDP-Fraktion spricht nun Herr Kollege Höne.

Henning Höne (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ein Thema, bei dem viel Einigkeit besteht. Einigkeit besteht vor allem in dem Aspekt, den ich bei den Debatten zu diesem Thema schon öfter angesprochen habe, nämlich bei der Frage der Augenhöhe, der Augenhöhe, auf der sich die beteiligten Akteure bewegen müssen, die Akteure Wirtschaft, Kommunen und eben auch das Land.

Die Kollegen haben das bereits gesagt: Die Arbeit des AAV hat sich definitiv bewährt. Da ist viel Fachwissen vorhanden. Die Arbeit, die dort gemacht wird, ist sehr gut und wirtschaftlich wie umweltpolitisch sehr sinnvoll. Genau deshalb muss eine Weiterentwicklung des Verbands mit Augenmaß betrieben werden.

Für eine Weiterentwicklung mit Augenmaß müssen alle Akteure das Gefühl haben, dass sie ernst genommen werden, im Prozess eingebunden sind, und dass das in der Praxis weiter gelebt wird.

Augenhöhe ist uns also wichtig. Mit Blick auf die leider rückläufige finanzielle Beteiligung der Wirtschaft in den letzten Jahren will und muss ich festhalten, dass diese Entwicklung extrem bedauerlich ist und dass wir uns das so nicht vorgestellt haben. Das gehört zur Wahrheit auch dazu.

Auch beim AAV muss natürlich gelten, dass derjenige, der die Rechnung bezahlt, auch die Musik bestimmen darf. Was ist daraus zu schließen? – Erstens. Es ist richtig, die Stimmrechte mit der finanziellen Beteiligung zu koppeln. Zweitens. Rederechte müssen davon aber differenziert betrachtet werden. Denn die Möglichkeit zum inhaltlichen Input, zum Fachbeitrag, sollte eben nicht vom Geldbeutel der Beteiligten, der beteiligten Verbände abhängen. Das haben wir auch in der letzten Ausschusssitzung vonseiten der FDP noch einmal deutlich gemacht.

(Beifall von der FDP)

Wir halten es für richtig, beide Aspekte noch einmal hervorzuheben, und  – drittens – auch zu beobachten, wie sich die finanziellen Beteiligungen insbesondere aus der Wirtschaft über die nächsten Jahre entwickeln. Denn es war ja eine Zielsetzung, dass sich diese erhöhen. Darum haben wir hier den vorliegenden Entschließungsantrag initiiert, und ich freue mich sehr, dass wir an dieser Stelle so viel Unterstützung erfahren haben und einen breiten Konsens herstellen konnten.

Das wird meines Erachtens der allgemein und der auch von uns speziell anerkannten Arbeit des AAV gerecht. Ich bitte daher um Zustimmung zu dem Entschließungsantrag. Dem Gesetzentwurf stimmen wir natürlich zu. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP und der CDU – Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Piratenfraktion erteile ich nun Herrn Kollegen Rohwedder das Wort.

Hanns-Jörg Rohwedder (PIRATEN): Verehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen und Zuschauer hier im Saal und draußen. Wir hatten schon bei der ersten Lesung gesagt, dass Flächenverbrauch und Management gerade hier im dichtbesiedelten Nordrhein-Westfalen mit seinen vielen Altlasten wichtige Fragen sind, dass das Flächenrecycling selbstverständlich eine gemeinsame Aufgabe von Land, Wirtschaft und Kommunen ist und dass es drei Kooperationsvereinbarungen gab, die in den letzten Jahren zu einer guten Zusammenarbeit zwischen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand mit einem effektiven Flächenrecycling und einer Altlastensanierung geführt hatten.

Diese Kooperationsvereinbarung vom Oktober 2012 war ohne Finanzierungsgrundlage und soll jetzt durch die Änderung des Altlastensanierungs- und Altlastenaufbereitungsverbandsgesetzes gesetzlich festgeschrieben werden, was wir begrüßen.

Die neue Aufgabe ist Boden- und Wasserschutz. Darüber hinaus wurden die Amtszeiten der Delegierten und Vorstandsmitglieder von drei auf fünf Jahre erhöht. Auch das ist in unseren Augen eine gute Sache und hilft der Kontinuität. Diese Änderungen halten wir für sinnvoll und geeignet, um die notwendigen Ziele zu erreichen.

Leider muss ich jetzt feststellen, dass der Entschließungsantrag 16/2431 nicht wirklich weiterhilft. Dieser Vorschlag läuft auf einen Stimmrechtskauf hinaus. Wenn man das mit dem Gesellschaftsrecht in der Wirtschaft vergleichen möchte, wäre das ein Konzept wie eine Aktiengesellschaft. Wer das meiste Geld investiert, die meisten Aktien kauft, hat auch das meiste Stimmrecht. Um bei dieser Analogie zu bleiben: Piraten ziehen in einem solchen Fall ein Genossenschaftsmodell vor, wo unabhängig von den Anteilen jeder Genosse das gleiche Stimmrecht hat: one man – one vote.

(Beifall von den PIRATEN)

Es gibt eine allgemeine Tendenz bei Vereinbarungen zwischen Wirtschaft und Staat, die zeigt, dass rein freiwillige Modelle ohnehin nicht wirklich funktionieren.

Im Gesetzentwurf ist eine Kombination ausgesetzt, Freiwilligkeit vorgesehen. Wir hoffen, dass diese Kombination besser funktioniert als eine reine Freiwilligkeit.

Wenn sich die Wirtschaft jetzt zurückzieht, dann gibt sie ihr Mitspracherecht auf. Das wäre dann zwar auch freiwillig, aber nicht zielführend, und das wissen die natürlich auch.

Der Gesetzentwurf in seiner ursprünglichen Form, also ohne diesen Entschließungsantrag, nimmt in § 6 Abs. 2, in dem es um freiwillige Mitgliedschaft und freiwillige Beiträge laut Satzung geht, in § 8 Abs. 3, wo steht, dass die Satzung die Details bestimmt, Verflechtungen und Beitragshöhe, und in § 20 Abs. 3, wo es um freiwillige Beiträge geht, Stellung dazu und lässt ausreichend Freiheiten, eine einvernehmliche Lösung zu finden für diejenigen aus der Wirtschaft, die weiter an einer Zusammenarbeit interessiert sind.

Es gibt also keine Notwendigkeit, eine Kopplung zwischen Beitrag und Stimmrecht festzuschreiben. Diese Regeln, die hier vorgeschlagen werden, lassen im ursprünglichen Entwurf mehr Optionen offen und erhöhen damit die Chance auf eine einvernehmliche Kooperation. Dieser Entschließungsantrag ist einfach obsolet. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass derjenige, der mehr Geld investiert, auch mehr Kompetenz hat. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass derjenige, der mehr Geld investiert, um sich Stimmrechte zu kaufen, das tut, weil ihm das Gemeinwohl am Herzen liegt. Vielmehr besteht die Gefahr, dass er das tut, um Lasten von sich auf andere abzuwälzen.

Deshalb kann ich nur sagen: Wir werden diesen Entschließungsantrag ablehnen, dem Gesetzentwurf insgesamt in der zweiten Lesung natürlich zustimmen.

Ich möchte wirklich darum bitten, sich das noch einmal zu überlegen, was im ersten Punkt des Entschließungsantrags Drucksache 16/2431 zum Stimmrechtskauf steht. Das, finden wir, geht so nicht, während die beiden anderen Punkte, das Rederecht für nicht Beitrag zahlende Mitglieder und die Aufforderung, erstmals 2014 einen jährlichen Bericht über die Beitragsentwicklung abzuliefern, unsere Zustimmung finden können. Damit haben wir kein Problem. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Für die Landesregierung erteile ich nun Herrn Minister Remmel das Wort.

Johannes Remmel, Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass eine Beratung zu dem wichtigen Gesetz zum Flächen- und Bodenschutz zum Abschluss kommt. Wir beenden heute einen Prozess, der viel Mühe bereitet und der viele Menschen in diesem Land beschäftigt hat.

Deshalb danke ich an erster Stelle allen, die mitgewirkt haben: den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den verschiedenen Ministerien, den Abgeordneten in diesem Hause, den Vertreterinnen und Vertretern der Kommunen, den Vertretern und Vertreterinnen der Wirtschaft – allen, die guten Willens waren und anderthalb Jahre lang gewerkelt haben, damit dieses Ergebnis herausgekommen ist. Herzlichen Dank von dieser Stelle! Das war und ist ein Gemeinschaftswerk. So stellen wir uns kooperative Politik weiterhin in diesem Land vor.

Worum geht es? Wir haben – ich will die Problembeschreibung kurz skizzieren – gut 80.000 Altlastenverdachtsflächen in Nordrhein-Westfalen. Gut 10 % davon sind erst bearbeitet und saniert. Der Rest wartet darauf. Wir haben gleichzeitig einen hohen Druck auf die Fläche. Wir haben in Nordrhein-Westfalen – ich hatte das bereits erwähnt – die höchsten Pachtpreise im landwirtschaftlichen Bereich und nach wie vor einen unglaublichen Flächenverbrauch. Mit dem AAV haben wir die Möglichkeit, Altlastenflächen, die industriell überformt waren, wieder in den Kreislauf bringen – ein anerkanntes Instrument, das wir weiter pflegen und hegen sollten.

Wir haben – das ist der Punkt – einen Systemwechsel. Wir kommen weg von einer Konstellation, in der die öffentliche Hand sowie die Kommunen darum gebeten und gebettelt haben, entsprechende Beiträge der Wirtschaft zu bekommen, und gehen mit einer Vorleistung nach vorn, indem wir sagen: Die Kommunen erhöhen ihren Anteil, die öffentliche Hand erhöht ihren Anteil, um auf die Wirtschaft als Einladung zuzugehen: nicht auf diejenigen, die schon dabei sind – denn denen muss man danken –, sondern auf diejenigen, die sich verabschiedet haben, bzw. diejenigen, die neu kommen sollen, um bei dieser wichtigen Aufgabe mit einzuschlagen.

Herr Rohwedder, ich habe an dieser Stelle überhaupt kein Problem, wenn damit auch zukünftig möglicherweise zusätzliche Stimmrechte verbunden sind. Ich würde dann wieder vor das Parlament treten und sagen: Jetzt ist es so weit; die Wirtschaft ist bereit, mehr zu investieren und mehr dabei zu sein. Liebes Parlament, lass uns unseren Anteil entsprechend erhöhen, um gleiche Augenhöhe herzustellen!

Aber dabei geht es gar nicht um gleiche Augenhöhe. Wer die Arbeit des Verbandes in der Vergangenheit intensiv beobachtet hat, wird feststellen: Es gab keine kontroverse Entscheidung innerhalb des Vorstands. Es gab auch keine Querelen, sondern alle haben an einem Strang gezogen. Ich gehe davon aus, dass bei dieser Aufgabe auch in Zukunft alle Beteiligten das so tun und handhaben werden. Deshalb sehe ich hier nicht das Problem.

Es geht darum, dass die Arbeit zukünftig gesichert wird und dass wir mit neuen Komponenten aufwarten. Eine dieser Komponenten wird sein, dass wir den Unternehmen, die sich auf Altlastenflächen ansiedeln, eine zusätzliche Möglichkeit geben, sich gegen das Risiko abzusichern. Auch das ist eine Innovation.

(Beifall von Holger Ellerbrock [FDP])

Darüber hinaus wollen wir Kompetenz anbieten, wenn es darum geht, an der Schnittstelle zwischen Wasser, Boden und Umwelt auch technologische Innovationen nach vorn zu bringen. Ferner wollen wir das Feld von Altlasten hin zu einem integrierten Konzept des Flächenrecyclings erweitern.

(Vorsitz: Vizepräsident Eckhard Uhlenberg)

Also: Innovation verbunden mit einer Neuaufstellung, aber trotzdem mit dem verbleibenden Werben um zusätzliche Beteiligung.

Ich würde, wenn es um die offenen Fragen geht, die auch von der CDU angesprochen worden sind, anbieten, dass wir in einem Jahr eine entsprechende Berichterstattung im Ausschuss machen, um zu schauen, ob das, was Sie als Problem sehen, tatsächlich zu einem Problem geworden ist. Ich gehe davon aus, dass sich das in Luft auflösen wird. Im Übrigen ist es auch Haltung der Wirtschaft, dass wir hierbei zu keinen Veränderungen kommen sollen.

Also: Einladung an alle. Dank an alle, die mitgewirkt haben. Ich wünsche uns einen großen Erfolg für die Arbeit, die noch vor uns liegt. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Minister Remmel. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung.

Wir kommen zur Abstimmung. Wir haben zwei Abstimmungen vorzunehmen. Wir stimmen erstens über den Gesetzentwurf Drucksache 16/1821 ab. Der Ausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2295, den Gesetzentwurf unverändert anzunehmen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen von SPD, Grünen, FDP und den Piraten bei Enthaltung der CDU in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen zweitens zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion der FDP Drucksache 16/2431. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist dieser Entschließungsantrag mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP bei Gegenstimmen der Piraten und Enthaltung der CDU angenommen.

Wir kommen zu:

11       Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Zensusgesetz 2011

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/2255

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Jäger das Wort.

(Der Minister betritt den Plenarsaal.)

Wir warten einen Moment. – Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Minister Ralf Jäger: Ich gebe die Rede zu Protokoll!)

Das ist eine große Hilfe. Minister Jäger hat gesagt, dass er seine Rede zu Protokoll gibt. (Siehe Anlage 2)

Unabhängig von der Rede muss dieser Gesetzentwurf überwiesen werden, damit er weiter beraten werden kann. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/2255 an den Innenausschuss – federführend – sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung der Drucksache 16/2255 einstimmig erfolgt.

Wir kommen zu:

12       Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und des Polizeiorganisationsgesetzes

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/2256

erste Lesung

Zur Einbringung des Gesetzentwurfs erteile ich für die Landesregierung Herrn Minister Jäger das Wort.

(Minister Ralf Jäger: Ich gebe die Rede zu Protokoll!)

– Auch hier das gleiche Verfahren. Die Rede des Ministers wird zu Protokoll gegeben. (Siehe Anlage 3)

(Beifall)

Wir kommen damit unmittelbar zur Abstimmung, weil eine Beratung im Plenum heute nicht vorgesehen ist. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs Drucksache 16/2256 an den Innenausschuss. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung an den Innenausschuss einstimmig erfolgt.

Wir kommen zu:

13       Gesetz zur Einführung der untergesetzlichen Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (Normenkontrollgesetz)

Gesetzentwurf
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/2287

erste Lesung

Ich eröffne die Beratung und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Kollegen Wedel das Wort.

Dirk Wedel (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten heute erneut über einen Gesetzentwurf, den wir in ähnlicher Form in der letzten Legislaturperiode eingebracht haben und der damals – leider – nach einer ersten Beratung im Rechtsausschuss noch vor der geplanten Expertenanhörung der Diskontinuität anheimgefallen ist.

Aber das Thema ist und bleibt aktuell. Schon 1973/74 hat sich der Landtag mit einem entsprechenden Gesetzentwurf beschäftigt. Worum geht es also? Es geht um die Stärkung eines effektiven und lückenlosen Rechtsschutzes für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land, wenn sie durch unter dem Landesrecht stehende Rechtsvorschriften, vor allem also Rechtsverordnungen und Satzungen, betroffen sind. Es geht beispielsweise um Friedhofssatzungen, um Polizeiverordnungen, Studienpläne, Gebiete für Windkrafträder und vieles mehr.

Durch die unmittelbare Kontrolle von Rechtsvorschriften, deren Rechtmäßigkeit auch bei ihrer Anwendung im Einzelfall überprüft werden muss, und durch die allgemeinverbindliche Entscheidung bei deren Unwirksamkeit gibt das Normenkontrollverfahren die Möglichkeit, eine Vielzahl von Einzelprozessen und gegebenenfalls divergierenden Entscheidungen zu vermeiden. Es dient mithin der Rechtsklarheit und der ökonomischen Gestaltung des Prozessrechts und entlastet somit die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Durch die Möglichkeit, in einem einzigen Verfahren einer Vielzahl von Behördenentscheidungen ihre Grundlage zu entziehen, wird der Rechtsschutz im Einzelnen effektiver, rationeller und damit auch ökonomischer gestaltet. Da Vollzugsakte nicht abgewartet werden müssen, wird auch eine Beschleunigung und Vorverlagerung des Rechtsschutzes bewirkt.

Denken Sie zum Beispiel an ein Normenkontrollverfahren einen Regionalplan betreffend. Und daneben – darauf hat die CDU-Fraktion in der letzten Legislaturperiode zu Recht hingewiesen – stärkt eine solche Überprüfungsmöglichkeit die demokratische Rückkopplung von untergesetzlichen Normen, indem sie der unmittelbaren gerichtlichen Kontrolle unterworfen werden.

Es muss die Frage erlaubt sein, weshalb Nordrhein-Westfalen das einzige Flächenland ist, in dem von der Ermächtigung in der VwGO, die es bereits seit 1960 gibt, noch kein Gebrauch gemacht wurde. Neben NRW haben nur die beiden Stadtstaaten Berlin und Hamburg bislang keine untergesetzliche Normenkontrolle eingeführt.

Die in der Debatte vor anderthalb Jahren von der Landesregierung und von den regierungstragenden Fraktionen vorgebrachten Argumente bedürfen selbstverständlich einer vertiefteren Auseinandersetzung, als sie hier heute geleistet werden kann.

Aber in aller Kürze einige Punkte vorab:

Frau Kollegin Hanses, Sie vermissen eine Evaluation der in den Bundesländern geschaffenen Regelungen.

(Dagmar Hanses [GRÜNE]: Ja!)

Daher erlaube ich mir, Ihnen die Abhandlungen des 43. Deutschen Anwaltstags in Mannheim aus dem Jahr 1985 zu empfehlen.

Herr Kollege Wolf, wie Sie wissen, ist die Antragsbefugnis des Normenkontrollverfahrens nicht deckungsgleich mit der Klagebefugnis im konkreten Einzelfall. Beispielsweise können gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO auch Behörden entsprechende Anträge stellen.

Herr Minister, niemand ist gezwungen, neben einer etwaigen Klage im konkreten Einzelfall einen Normenkontrollantrag zu stellen. Es handelt sich vielmehr um eine zusätzliche Rechtsschutzmöglichkeit, die es erlaubt, in der konkreten Situation abzuwägen, welcher Weg aus Sicht des Rechtsuchenden am sinnvollsten ist. Das dürfte für jemanden, der aus der Anwaltschaft kommt, nichts Neues sein.

Eine Verfahrensart, die außer in Nordrhein-Westfalen fast überall in Deutschland möglich ist, sollte den Bürgerinnen und Bürgern des bevölkerungsreichsten Bundeslands nicht vorenthalten werden. Die Zeit dafür ist reif.

Meine Damen und Herren, der Justizminister hat den Begriff einer „leistungsstarken und bürgernahen Justiz“ für sich zum Credo erhoben. Und wieder einmal bietet Ihnen die FDP eine weitere Möglichkeit, es mit Wirklichkeit zu füllen.

Um mit den Worten von Werner Hoppe aus der Festschrift für Konrad Redeker zu sprechen – ich zitiere mit Erlaubnis des Präsidenten –:

„Die normenkontrollfeindliche Haltung des nordrhein-westfälischen Gesetzgebers sollte endlich aufgegeben werden, zumal keine vernünftigen Gründe sie stützen; es sollte vielmehr eine selbstverwaltungsfreundliche rechtsschutzgewährende Tendenz verfolgt werden.“

Wir freuen uns auf eine intensive und konstruktive Beratung in den Ausschüssen. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Wedel. – Für die SPD-Fraktion spricht Herr Kollege Wolf.

Sven Wolf (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Wedel! Gestatten Sie mir – wir haben in der letzten Wahlperiode schon einmal über einen ähnlichen Antrag diskutiert –, dass ich mich ein bisschen kürzer fasse und hier auch keine Festschriften zitiere.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich denke, wir werden noch ausführlich Zeit haben, über Ihren Antrag zu diskutieren.

Lassen Sie mich zwei Argumente aus Ihrer Argumentation herausgreifen. Das eine hatte ich seinerzeit schon angedeutet. Der Vergleich mit den übrigen Flächenländern ist das schwächste Argument, glaube ich. Es überzeugt mich auch weiterhin nicht. Wir können gerne noch einmal in eine empirische Untersuchung einsteigen und die Frage mit den Experten diskutieren.

Das zweite von Ihnen vorgetragene Argument betrifft die Frage des effektiven Rechtsschutzes. Sie zeichnen auch hier wieder ein Bild, wonach die Bürgerinnen und Bürger nicht effektiv geschützt sind, wenn wir diese Normenkontrolle für untergesetzliche Vorschriften nicht zulassen. Diese Meinung teilen wir so nicht. Wir gehen davon aus: Es gibt keine Lücke im Rechtsschutzsystem für die Bürgerinnen und Bürger.

Herr Wedel, Sie haben ausdrücklich darauf hingewiesen: Das Normenkontrollverfahren steht nicht in Konkurrenz zu den Verfahren der Verwaltungsgerichtsordnung. Das hatte ich seinerzeit auch nicht so ausgeführt. Es ist ein Aliud. Es kann durchaus Fälle geben, bei denen sich die Verfahren zeitgleich mit dem gleichen Gegenstand befassen.

Es gibt aus unserer Einschätzung heraus aber ein wichtiges Argument dafür, warum ein Verfahren in einem konkreten belastenden Verwaltungsakt vor einem Verwaltungsgericht effektiver ist als ein abstraktes Normenkontrollverfahren. In einem solchen Verfahren werden nicht nur die Satzungen inzident geprüft, sondern auch weitere mögliche Fehler, die bei einem solchen Verfahren entstanden sein können. Diese weitergehende Prüfung, die durch die Gerichte durchgeführt wird, bietet den Bürgerinnen und Bürgern einen besseren Rechtsschutz.

Lassen Sie mich etwas ketzerisch sagen, ich gehe nicht davon aus, dass es die Motivation Ihres Antrags war, mit einer Normenkontrolle die Möglichkeit von prinzipiellen Überprüfungen zu ermöglichen, damit zum Beispiel eine ehemalige Justizministerin nicht dazu gezwungen wird, für 2,48 € vor ein Verwaltungsgericht zu ziehen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir werden die Debatte im Rechtsausschuss aber sehr ausführlich und sachlich begleiten. – Ich danke Ihnen.

(Beifall von der SPD)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Wolf. – Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Kamieth.

Jens Kamieth (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ureigene Recht des Parlaments ist es, Gesetze zu erlassen, Gesetze zu verabschieden. In einer Zeit, in der immer mehr Lebensbereiche der Regulierung bedürfen und die Zahl der Gesetze für die Bürger unübersichtlicher wird, sind wir mehr denn je gefragt, die Möglichkeiten des Individualrechtsschutzes kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls zu optimieren.

Der Gesetzentwurf der FDP greift diese Erkenntnis auf. Die Einführung einer Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO macht insbesondere vor dem Hintergrund Sinn, dass untergesetzliche Rechtsnormen bislang nur dann im Wege eines Normenkontrollverfahrens überprüfbar sind, wenn es sich dabei um Satzungen und gewisse Verordnungen handelt, die auf Grundlage des Baugesetzbuches erlassen wurden. In allen Regelungsbereichen ist eine gerichtliche Kontrolle erst möglich, wenn schon eine belastende Entscheidung getroffen wurde, die sich auf die angegriffene Rechtsnorm stützt. Sprich: Der Bürger muss abwarten, bis er direkt durch eine Verwaltungsentscheidung in seinem Recht beeinträchtigt wird. Nur dann kann er Klage gegen die Entscheidung erheben und eine inzidente Kontrolle der Norm erreichen.

Diese Praxis ist für den Betroffenen sowohl zeit- als auch kostenintensiv und lässt sich dem Rechtsuchenden in der Regel nur schwierig vermitteln. Diesem unbefriedigenden Zustand trägt der FDP-Antrag Rechnung. Die Verwaltungsgerichtsordnung des Bundes sieht explizit vor, dass die Länder eigene Regelungen für eine untergesetzliche Normenkontrolle treffen können. Diese stellt sicher, dass Betroffene die Gültigkeit einer Satzung direkt oder vor Gericht hinterfragen können, ohne erst auf eine belastende Verwaltungsentscheidung warten zu müssen.

Alle Flächenländer der Bundesrepublik haben bereits von dieser Ermächtigungsgrundlage Gebrauch gemacht. Herr Wolf, wir hören so oft von Ihnen, was andere Flächenländer in der Bundesrepublik machen. Warum Sie diesmal diesen Vergleich nicht gelten lassen wollen, weiß ich nicht. Sie machen es so, wie es Ihnen gerade passt. Gerade weil wir das bevölkerungsreichste Bundesland mit den meisten Verfahren sind, halte ich das für geboten.

Die Einführung einer untergesetzlichen Normenkontrolle entspricht ferner der in Artikel 19 Abs. 4 Grundgesetz normierten Rechtsweggarantie. Auf diese Weise verleiht sie folglich auch dem grundrechtlich verankerten Justizgewährungsanspruch des Bürgers Geltung. Aktuell sind wir bemüht, mehr Bürgerbeteiligung in der Demokratie herzustellen, sei es durch die Herabstufung der Voraussetzungen bei Volksentscheiden oder durch die Neueinführung anderer Beteiligungsformen.

Im Sinne der Ausweitung einer direkten Demokratie auf einfachgesetzliche Ebene erscheint es mehr als geboten, den Rechtsschutz in Nordrhein-Westfalen noch effektiver zu gestalten. Vorhandene Lücken im System müssen zugunsten der Interessen der Bürgerinnen und Bürger für Gerechtigkeit und Rechtssicherheit geschlossen werden. Warum also sollten wir diese ausdrücklich genannte Chance, den Zugang zu Gerechtigkeit für Bürger einfacher zu gestalten, ungenutzt verstreichen lassen?

Beachtenswert ist außerdem, dass die Rechtsnormen, die nach Einführung einer untergesetzlichen Normenkontrolle gemäß der Verwaltungsgerichtsordnung zur Überprüfung gestellt werden könnten, nicht durch das Parlament als demokratisch legitimiertem Gesetzgeber, sondern durch einen Verwaltungsträger erlassen worden sind. Auch wenn hierfür eine Ermächtigungsgrundlage existiert, so ist es doch die Exekutive, die hier nur mittelbar legitimiert ist, diese Rechtssätze fortzuschreiben. Durch eine untergesetzliche Normenkontrolle wird deshalb auch die demokratische Rückkopplung von durch öffentlich-rechtliche Körperschaften geschaffene Rechtsnormen gestärkt, indem Satzungen der Verwaltung einer unmittelbaren gerichtlichen Kontrolle zugänglich gemacht werden.

Zur Verbesserung des Rechtsschutzes und der untergesetzlichen Kontrolle treten weitere Vorteile hinzu. Durch eine direkte Überprüfung der Rechtsnorm durch das Oberverwaltungsgericht werden langjährige und parallel stattfindende Verfahren um Entscheidungen vermieden, die auf diese Norm gestützt sind.

Letztendlich wird so eine wünschenswerte Entlastung der Verwaltungsgerichte erreicht. Außerdem wird die materielle Normenprüfung beschleunigt und beim Oberverwaltungsgericht gebündelt. Darüber hinaus kann so die Rechtssicherheit für Bürgerinnen und Bürger rascher wiederhergestellt und das Vertrauen der Bürger in die Rechtsprechung gestärkt werden.

In diesem Sinne kann uns die Einführung einer untergesetzlichen Normenkontrolle in Nordrhein-Westfalen nur zum Vorteil gereichen. Effektiver Rechtsschutz, Rechtssicherheit, Verfahrensvermeidung und Gerichtsentlastung – all das sind die Vorteile.

Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der CDU)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Kamieth. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Hanses.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schönen guten Abend den vier Zuschauerinnen zu einem spannenden Thema, der untergesetzlichen Normenkontrolle.

Um es gleich vorweg zu sagen: In der Rechtspolitik wollen wir ja die Schwarz-weiß-Spiele, wie wir sie heute Morgen schon erlebt haben oder in anderen Bereichen manchmal erleben, nicht spielen. Deshalb stelle ich jetzt nicht die Frage, warum Sie es nicht gemacht haben. Ich will Ihnen aber gleich vorweg sagen, dass ich für unsere Fraktion noch nicht überzeugt bin. Ich freue mich deshalb wirklich auf die Beratung im Ausschuss.

Wir möchten sicher alle effektiven Rechtsschutz für alle Bürgerinnen und Bürger in Nordrhein-Westfalen. Doch trägt die Einführung einer untergesetzlichen Normenkontrolle wirklich sinnvoll dazu bei? Welche Folgen hätte die Einführung gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 wirklich? Werden Bürgerinnen und Bürger Doppelklagen, Doppelverfahren anstreben? Wie würden Behörden, Verwaltungen und öffentliche Körperschaften damit umgehen, wenn es um die Einhaltung von Satzungsnormen oder um Gebührenbescheide geht? Wie würde sich das auswirken?

Herr Wedel, Sie haben es angesprochen: Ich hatte hier schon vor zwei Jahren die Frage der Evaluierung gestellt. Ich habe eben akustisch nicht verstehen können, was Sie dazu zitiert haben. Deshalb freue ich mich auf das Protokoll und werde nachlesen, wo Sie eine Evaluation gefunden haben. Auf die Erfahrungen anderer Bundesländer sind wir gespannt.

Ich möchte aber deutlich sagen, dass das Argument der Quantität für uns nicht für Qualität steht.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wenn viele Flächenländer das eingeführt haben, wissen wir noch nicht, ob das wirklich für uns einen qualitativen Sinn ergibt. Wir wollen uns das ansehen, weshalb ich mich wirklich auf die Beratung im Ausschuss freue. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Hanses. – Für die Fraktion der Piraten spricht Herr Kollege Schulz.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Kollegen! Liebe wenige Zuschauer! Ich will mich zunächst einmal allen bisher vorgetragenen Argumenten anschließen. Ich freue mich auf die Ergänzungen dazu im Ausschuss.

Eines muss ich allerdings sagen: Das wird eine hoch juristische Diskussion werden. Sie ist weniger politisch und zumindest von der Grundtendenz her doch eher juristisch. Eine Kritik möchte ich aber anführen: Ob hierdurch Bürgerbeteiligung und demokratische Beteiligung tatsächlich gestärkt werden, wage ich zu bezweifeln. Immerhin bewegen wir uns hierbei im Rahmen der Rechtsprechung, egal wie Sie es sehen.

Um es einmal ganz klar zu sagen: Bürgerbeteiligung sehe ich auf der Entscheidungslinie hin zu Normen, aber nicht bei der Auslegung von Normen bzw. deren Rechtsprechungsprüfung. Das muss ich einmal ganz klar sagen. Ich möchte vonseiten der Piratenfraktion da eine Differenzierung sehen. So verstehen wir Bürgerbeteiligung und demokratische Partizipation nicht.

Unabhängig davon ist natürlich die Frage, wie auch schon Frau Kollegin Hanses anmerkte, nach der Evaluierung bestimmter Kriterien, die damit im Zusammenhang zu sehen sind, zu stellen. Sie haben dazu schon in der Begründung zu Ihrem Gesetzentwurf unter D hinsichtlich der Kosten angeführt, dass das natürlich zu einer Steigerung der Zahl der Verfahren bei den Oberverwaltungsgerichten führen wird und entsprechende Planstellen für Richter- und Justizpersonal anfallen werden, es also eine Steigerung geben wird, ohne das tatsächlich ausgeführt zu haben. Es wird interessant sein festzustellen, zu welchen Effekten das in anderen Bundesländern geführt hat. Es fehlen also die Zahlen.

Auf der anderen Seite muss man auch infrage stellen, ob tatsächlich von der Anzahl her die gleiche Reduzierung an Verfahren bei den Verwaltungsgerichten eintritt. Das sehe ich noch nicht.

Eines kommt noch hinzu: Auch für das Normenkontrollverfahren, wie es in diesem Gesetzentwurf vorgesehen ist, bedarf es definitiv der Vorbringung eines zumindest nach der Möglichkeitstheorie subjektiven Rechts. Das brauche ich aber auch bei einer Feststellungsklage nach § 43 VwGO. Das heißt, ich kann auch nach § 43 VwGO eine Feststellungsklage unter Bezugnahme auf mein subjektives Recht machen und dabei inzident eine Norm, auch eine untergesetzliche Norm, überprüfen lassen. Ich muss in jedem Falle etwas dazu vortragen.

Ich sage das, damit nicht nach außen der Anschein erweckt wird, jeder Bürger könne dann, weil ihm irgendeine Norm nicht passt, zum Oberverwaltungsgericht laufen und sagen: „Überprüfe das einmal“, nach dem Motto, ich habe vielleicht irgendwann einmal vor, etwas zu tun, was mit dieser Norm gegebenenfalls nicht im Einklang steht und lasse es deswegen überprüfen.

Ich bin gespannt, wie wir all diese Probleme, die heute schon angesprochen worden sind, im Rechtsausschuss qua Diskussion gelöst kriegen. Ich freue mich ebenfalls darauf. – Danke schön.

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Danke schön, Herr Kollege Schulz. – Für die Landesregierung hat nun Herr Minister Kutschaty das Wort.

Thomas Kutschaty, Justizminister: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist vorhin schon zu Recht gesagt worden, dass wir dieses Thema hier nicht zum ersten Mal diskutieren. Es ist eine nahezu identische Vorlage der FDP-Fraktion aus der letzten Legislaturperiode. Das Land Nordrhein-Westfalen hatte auch schon viele Jahrzehnte Möglichkeiten, sich mit dieser Idee zu beschäftigen.

Herr Kollege Wedel, Sie haben zu Recht darauf hingewiesen, wie lange eine solche Möglichkeit schon besteht. Vielleicht aus guten Gründen ist auch in der Zeit von 2005 bis 2010 unter anderen Mehrheitsverhältnissen keine entsprechende Regelung geschaffen worden. Wir werden das alles im Ausschuss sicherlich noch intensiver diskutieren.

Lassen Sie mich aber dennoch zwei Punkte nennen, weswegen die Landesregierung erhebliche Bedenken gegen Ihren Vorstoß hat.

Zum einen gibt es die von Ihnen behauptete Rechtsschutzlücke tatsächlich nicht. Denn im Rahmen einer Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt, also einer Anfechtungsklage, prüft das Gericht inzident natürlich die entsprechende Norm, die dahintersteht. Das heißt, der Bürger bekommt natürlich hinreichenden Schutz. Und mehr noch: Das Gericht prüft natürlich auch umfassend im Anfechtungsklageverfahren die Rechtmäßigkeit der betreffenden Maßnahme selbst. Denn schließlich kann es Fälle geben, in denen die Norm, die Satzung, die dahintersteht, zwar rechtmäßig ist, die Behörde aber bei der Anwendung der Norm einen konkreten Fehler gemacht hat, indem beispielsweise Berechnungen falsch sind oder das Ermessen falsch ausgeübt wurde. Insoweit ist die jetzige Regelung für die Bürgerinnen und Bürger weitaus besser, weil ihr Einzelfall, ihr belastender Verwaltungsakt überprüft wird, der auch aus anderen Gründen rechtsfehlerhaft sein kann, wie ich gerade gesagt habe.

Zum anderen ist eine Rechtsschutzverbesserung für den Bürger nicht gewährleistet. Zunächst mag es natürlich abstrakt gesehen ein ganz probates Mittel sein, über eine abstrakte Normenkontrollklage zügig Rechtssicherheit zu bekommen. Aber wir müssen weitere Probleme genauer betrachten. Eine abstrakte Normenkontrollklage entbindet den einzelnen Bürger natürlich nicht davon, sich auch noch gegen einen Einzelbescheid zur Wehr zu setzen. Da das Widerspruchsverfahren weitgehend abgeschafft worden ist, ist der Bürger trotz einer abstrakten Normenkontrollklage verpflichtet, parallel dazu noch eine ganz individuelle Klage gegen den ihn belastenden Verwaltungsakt einzulegen.

Der Bürger kann auch nicht darauf vertrauen, dass die Verwaltungsbehörde abwartet, wie denn die Normenkontrollklage ausgeht, und nichts mehr im konkreten Akt macht, weil natürlich auch die Behörde aufgrund von Fristen gehalten ist, Bescheide zu erlassen, weil man sonst gegebenenfalls bestimmte Forderungen gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern nicht mehr geltend machen kann.

Im schlimmsten Fall ist der Bürger also gezwungen, zwei Klagen zu führen: eine Normenkontrollklage und eine individuelle Anfechtungsklage gegen den ihn belastenden Verwaltungsakt. Das heißt, der Bürger wird in das Risiko eines kostenintensiven Parallelprozesses getrieben. Das können wir nicht als Rechtsschutzverbesserung für Bürgerinnen und Bürger betrachten. Eine Entlastung der Gerichte durch stattfindende Parallelprozesse ist auch nicht gewährleistet.

Insofern darf ich Ihnen mitteilen, dass die Landesregierung Ihren Vorstoß sehr kritisch und skeptisch sieht. Aber ich freue mich natürlich, weitere Argumente im Rahmen der Ausschussberatungen zu hören. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Minister Kutschaty. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir sind damit am Schluss der Beratung und kommen zur Abstimmung.

Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs der FDP-Fraktion Drucksache 16/2287 an den Rechtsausschuss – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss sowie an den Ausschuss für Kommunalpolitik. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich – Damit ist die Überweisung einstimmig angenommen.

Wir kommen zu:

14       Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit erleichtern

Antrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/2273

Ich eröffne die Beratung und erteile für die CDU-Landtagsfraktion Herrn Kollegen Kamieth das Wort.

Jens Kamieth (CDU): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich knüpfe am Beitrag von Frau Kollegin Hanses zum letzten Tagesordnungspunkt an: weg vom Schwarz-Weiß! Ich habe einen Antrag im Köcher,

(Lachen von Dagmar Hanses [GRÜNE])

der sicherlich eine gute Basis für eine einvernehmliche Entscheidung bietet. Es geht um den Antrag „Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit erleichtern“. Was verbirgt sich hinter diesem zugegebenermaßen etwas sperrigen Begriff?

Die meisten Straftäter kommen mit einer Geldstrafe davon; das zeigt die Statistik. Doch nicht alle Geldstrafen können oder wollen die Verurteilten tatsächlich bezahlen. Diese Geldstrafen sind uneinbringlich. Wer nicht bezahlt, kommt natürlich trotzdem nicht ungeschoren davon, sondern ins Gefängnis. Es wird eine sogenannte Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen.

Eine andere Möglichkeit ist, dass die Verurteilten gemeinnützige unentgeltliche Arbeit leisten und damit ihre Strafe abarbeiten. Wir wollen mit unserem Antrag erreichen, dass es zu einer Geldstrafe verurteilten Straftätern erleichtert wird, ihre Strafe abzuarbeiten.

Wie soll das geschehen? Seit 2010 kann ein Straftäter beantragen, sogenannte freie Arbeit zur Tilgung der Geldstrafe leisten zu dürfen. Pro Arbeitstag von sechs – in Ausnahmefällen drei – Stunden wird ein Tagessatz getilgt. Zu wenige machen von diesem Angebot Gebrauch.

(Dagmar Hanses [GRÜNE]: Warum denn?)

Wir schlagen deshalb vor, dass künftig nur noch fünf Stunden gemeinnützige Arbeit geleistet werden müssen. Somit kommt es dem Verurteilten etwas näher, tatsächlich einen entsprechenden Antrag zu stellen. Es wird ihm erleichtert, die Arbeit auch wirklich durchzuhalten.

Außerdem brauchen wir ein Konzept mit weiteren geeigneten Maßnahmen. Wir fordern von der Landesregierung, dies bis zur Sommerpause vorzulegen. Wir erhoffen uns davon Folgendes: Die hohen Kosten für die Unterbringung im Gefängnis entfallen. Für die Ersatzfreiheitsstrafen entstehen dem nordrhein-westfälischen Steuerzahler – also uns allen – Gesamtkosten in Höhe von über 600.000 € jährlich. Das ist zu viel Geld, das wir einsparen könnten, wenn wir die gemeinnützige Arbeit attraktiver gestalten.

Hinzu kommen weitere Kosten für die gesundheitliche Versorgung. Die kurze Haftzeit führt zu einem Mehraufwand in der JVA-Organisation. Deswegen bin ich mir sicher, dass gerade die Praktiker in den Gefängnissen unseren Vorschlag begrüßen werden.

Darüber hinaus profitiert die Allgemeinheit von der gemeinnützigen Arbeit der Verurteilten – sei es bei der Gartenarbeit auf dem Friedhof, der Essensausgabe in Obdachlosenunterkünften usw. Angesichts der Kosten, die pro Haftplatz pro Tag in Höhe von rund 111 € entstehen, ist es umso sinnvoller, diese Ersatzfreiheitsstrafen durch Arbeit abgelten zu lassen – insbesondere wenn man sich vor Augen führt, dass oft nur Tagessätze von 10 oder 20 € verhängt werden.

Auch die Verurteilten erleiden keine Folgeprobleme durch die Gefängnishaft. Es ist bekannt und sicher auch nicht verwunderlich, dass das soziale Umfeld negativ auf die Haftstrafe eines Bekannten oder eines Mieters reagiert. Der möglicherweise gute Ruf ist dann genauso schnell weg wie die Mietwohnung. Das wird natürlich vermieden, wenn der Betroffene einer Arbeit nachgeht und – wie jeder von uns auch – nach getaner Arbeit nach Hause kommen kann.

Aber warum müssen die bisherigen Regelungen geändert werden? Es gibt Meldungen, dass 40 % der Straftäter ihre Arbeit vorzeitig abbrechen. Gerade Drogensüchtige – viele von den Verurteilten sind drogensüchtig – sind allein schon körperlich nicht in der Lage, sechs Stunden am Stück zu arbeiten. Andere sind es schlichtweg nicht mehr gewohnt oder waren es noch nie gewohnt, so lange einer geregelten Arbeit nachzugehen. Sie brechen die gemeinnützige Arbeit vorzeitig ab mit dem Ergebnis, dass sie dann doch noch im Gefängnis ihre Ersatzfreiheitsstrafe verbüßen.

Ich denke, wir haben einen guten Kompromiss auf den Weg gebracht.

Einen ähnlichen Weg geht übrigens die Hansestadt Hamburg. Bisher waren dort ebenfalls sechs Stunden gemeinnützige Arbeit nötig. Nun reichen fünf Stunden. Die zuständige Justizsenatorin – übrigens eine Parteifreundin von Ihnen, Herr Minister –

(Minister Thomas Kutschaty: Eine sehr nette Kollegin!)

hat einen entsprechenden Weg eingeschlagen.

Warum müssen wir als Opposition tätig werden? Obgleich die Justizsenatorin in Hamburg einen entsprechenden Weg eingeschlagen hat, tut sich hier bei uns wieder nichts. Herr Minister Kutschaty macht große Ankündigungen, beteiligt sich am Bundestagswahlkampf, möchte gerne in der Bundesliga spielen, aber hier vor Ort liefern Sie nichts. Für die wirklichen Probleme in der Justiz und für die vielen Baustellen im Strafvollzug, den Gefängnisausbrüchen usw. bieten Sie keine Lösung an. Wir fordern daher von Ihnen: Bringen Sie ein ordentliches Konzept auf den Weg! Stimmen Sie der Reduzierung der Pflichtstunden von sechs auf fünf zu!

Ich bitte um die Überweisung in den Rechtsausschuss und freue mich dort auf die Diskussion und Zustimmung. – Vielen Dank.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Kamieth. – Für die SPD-Fraktion spricht nun Frau Kollegin Wagener.

Tanja Wagener (SPD): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mehr gemeinnützige Arbeit statt Verbüßen einer Ersatzfreiheitsstrafe oder, ein bisschen salopp formuliert, Schwitzen statt Sitzen – das ist die Intention des Antrags der CDU, mit dem wir uns heute hier beschäftigen.

Vorweg: Die SPD-Fraktion teilt das Ziel, gemeinnützige Arbeit statt Ersatzfreiheitsstrafen zur Regel werden zu lassen bzw. zu intensivieren. Die Vorteile liegen auf der Hand. Herr Kollege Kamieth hat sie genannt. Wir vermeiden die negativen Folgen eines Freiheitsentzuges, auch bei Familienangehörigen derjenigen, die in die Haft mussten. Wir entlasten den öffentlichen Haushalt und den Justizvollzug. Und diese gemeinnützige Arbeit hat auch einen resozialisierenden Charakter.

Aber der CDU-Antrag greift die entscheidenden Probleme nicht auf, er behandelt nur einen Teilbereich des Problems. Die Reduzierungsmöglichkeit der Stundenzahl ist bereits in der Verordnung vorgesehen – in Ausnahmefällen. Ich nehme an, der Antrag wird dahin gehen, dass wir es zur Regel machen, dass regelmäßig nur fünf Stunden geleistet werden müssen; das müssen wir im Fachausschuss sicherlich diskutieren.

Aber fünf oder sechs Stunden sind nicht der entscheidende Punkt. Das Umfeld muss stimmen. Und es stimmt nicht, wenn es nicht genügend Arbeitsstellen gibt, in die vermittelt wird, wenn es nicht genügend Träger gibt, die gemeinnützige Arbeit vermitteln, und wenn wir keine ausreichende Betreuung der Verurteilten haben. Wenn wir beispielsweise Personen mit fehlender Gewöhnung an die Arbeit haben, müssen diese betreut werden. Man kann sie nicht einfach dorthin schicken, und dann machen sie ihre Arbeit. Diese müssen betreut werden, und dafür brauchen wir ein entsprechendes Umfeld und Träger, die das alles leisten. Wir müssen bei Menschen mit fehlenden Schlüsselqualifikationen Motivation geben, und sie müssen entsprechend angesprochen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrter Herr Kollege Kamieth, Sie kritisieren Minister Kutschaty wegen angeblicher Untätigkeit. Was Sie nicht erkannt haben, ist: Der Justizminister ist bereits ein wenig weiter als Sie. Er möchte fünf weitere freie Träger im Bereich der Vermittlung fördern und hat dafür die Erhöhung der Mittel im Landeshaushalt von 200.000 auf 400.000 € beantragt. Das ist heute Morgen auch in der Abstimmung durchgewunken worden. Und an der Stelle wird Ihre Argumentation ein wenig widersprüchlich. Sie haben nämlich den Antrag gestellt, dass diese Erhöhung reduziert wird, und heute Morgen mit Ihrer Ablehnung des Haushalts eine Erhöhung in diesem Bereich komplett abgelehnt.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion, Sie haben mit Ihrem Antrag lautstark B gesagt, obwohl Sie nicht einmal A sagen wollen. Das ist nicht durchdacht, wenig stringent, und es steckt auch kein Konzept dahinter. Aber wir in der rot-grünen Koalition haben aufgepasst. Wir haben Ihren Schnitzer heute Morgen ausgemerzt, indem wir dem Haushalt zugestimmt haben. Die entsprechenden Mittel stehen jetzt zur Verfügung.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich fasse mich kurz: Wir stimmen natürlich der Überweisung in den Rechtsausschuss zu. Das Problem muss behandelt und dort konstruktiv diskutiert werden. Wir stimmen der grundsätzlichen Intention des Antrags zu, und von daher freue ich mich auch auf eine entsprechende konstruktive Diskussion im Fachausschuss.

Damit möchte ich zum Ende kommen, und das noch innerhalb meiner Redezeit. Es war eine Befürchtung, dass ich das nicht schaffe. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend und danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Wagener. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen spricht Frau Kollegin Hanses.

Dagmar Hanses (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herzlichen Glückwunsch, Frau Kollegin Wagener! Ich glaube, das war Ihre erste Rede.

(Allgemeiner Beifall)

Aber: Die liebe CDU hat uns einen Antrag beschert, bei dem ich mich frage: Was will die CDU? – Wir können im Grunde noch weiter gehen, als die Kollegin Wagener eben beschrieben hat; denn wir haben nicht nur mit dem Haushalt beschlossen, dass die Mittel für freie Träger der Straffälligenhilfe hinsichtlich der Ableistung gemeinnütziger Arbeit erhöht werden, sondern Sie haben eben gerade noch – heute Morgen – Ihren Änderungsantrag zur Reduzierung um 100.000 € aufrechterhalten. Das habe ich nicht verstanden. Das konterkariert Ihren Antrag jetzt. Das – Ihr Änderungsantrag mit dem Kürzungsvorschlag heute Morgen und jetzt der inhaltliche Antrag – passt nicht zusammen.

(Beifall von den GRÜNEN)

Eine solche Kehrtwende innerhalb von zwei Wochen oder gar eines Tages? Was ist denn in der CDU los? – Gut, mittlerweile erkennen Sie die Bedeutung der gemeinnützigen Arbeit, den Wert der Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen. Besser spät als nie! Machen wir an der Stelle weiter. Sie haben die Zahlen des Ministers in Ihren Antrag übernommen. Auch das begrüßen wir sehr. Deutlich wird, dass das Ausgabereduzierungspotenzial der Haftvermeidung erheblich ist. Auch dazu unseren Respekt!

Sie haben eben in Ihrem Beitrag wörtlich nicht nur auf die Kosten abgehoben, Herr Kollege, sondern auch auf den Profit der Allgemeinheit, zusätzlichem Gemeinwohl oder die direkten Auswirkungen auf die Biografie der Menschen. Das ist deutlich lobend zu erwähnen.

Das Allerallerwichtigste aber ist, dass Sie aus Ihrem Maßnahmenkatalog ein klitzeklitzekleines Schräubchen herausgesucht haben, nämlich die Reduzierung von sechs auf fünf Pflichtstunden pro Tag für gemeinnützige Arbeit. Die Betroffenen sprechen übrigens immer von „Sozialstunden“. Wir bleiben gerne bei der „gemeinnützigen Arbeit“. Das alleine trägt überhaupt nicht dazu bei, dass die Abbruchquote sinkt. Ich sage Ihnen, was dazu beiträgt, dass die Abbruchquote sinkt und es gelingt, dass weniger Menschen in Haft landen:

Gemeinnützige Arbeit braucht klare, verbindliche Regeln, braucht Menschen, die sich darum kümmern, dass diese Regeln eingehalten werden, und zwar sowohl mit der Bewährungshilfe an den Landgerichten wie auch bei freien Trägern, Einrichtungen und Behörden, wo die gemeinnützige Arbeit abgeleistet wird. Es bedarf Menschen, die sich kümmern.

Gemeinnützige Arbeit braucht Geld, damit diese Menschen personell und sachlich ausgestattet sind.

Gemeinnützige Arbeit braucht Kompetenz und Fortbildung, damit auf die Menschen individuell eingegangen werden kann.

Gemeinnützige Arbeit braucht Einrichtungen, die Verständnis dafür haben, dass gemeinnützige Arbeit dazu beiträgt, Menschen manchmal nach sehr langer Zeit wieder einen strukturierten Tag zu ermöglichen.

Bedenken Sie nicht, dass die Reduzierung um eine Stunde überhaupt nichts bringt. Die Menschen sind in der Regel in großer Armut. Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre Rechnungen zu bezahlen, haben manchmal auch ein Problem, zu bestimmten Orten zu kommen, mit Behördenbriefen umzugehen. Alle diese Menschen dürfen wir nicht alleine lassen.

Wollen wir doch einmal schauen, was die CDU eigentlich möchte! Möchte die CDU – wie sie heute Morgen noch vorgeschlagen hat – die Kürzung oder doch bei der gemeinnützigen Arbeit weiterkommen?

Zum Schluss des Plenums muss ich an eine sogenannte christliche Partei doch noch einmal appellieren: Christlich-gläubige Menschen nutzen die Fastenzeit häufig zur Besinnung, zur Erneuerung und Überprüfung von Haltungen und Einstellungen. Liebe CDU, nutzen Sie die nächste Woche vor Ostern noch für eine Rechtsklausur. Das kann ich Ihnen sehr empfehlen. Dann sehen wir uns nach Ostern mit einem Signal des Aufbruchs für mehr gemeinnützige Arbeit in NRW wieder. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Frau Kollegin Hanses. – Für die FDP-Fraktion spricht der Kollege Wedel.

Dirk Wedel (FDP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! „Gartenarbeit statt Gefängnis“ heißt es in Hamburg. „Schuften statt sitzen“ hieß es in der 13. Legislaturperiode. „Schwitzen statt sitzen“ nannte es Schwarz-Gelb in der 14. Legislaturperiode. Als „Straßenfegen statt Haft“ bezeichnet es Minister Kutschaty. Die CDU titelt in ihrem Antrag „Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen durch gemeinnützige Arbeit erleichtern“. Das sind viele Bezeichnungen, aber in der Sache geht es immer um ein und dasselbe: Ausgehend von Artikel 293 des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch und § 43 StGB sieht die einschlägige NRW-Verordnung vor, dass zur Tilgung eines Tagessatzes einer Geldstrafe sechs Stunden freie Arbeit zu leisten sind, wobei in bestimmten Fällen eine Reduzierung auf bis zu drei Stunden möglich ist.

Das entspricht im Wesentlichen der Rechtslage von zwölf anderen Bundesländern. Hamburg fordert neuerdings nur fünf Stunden, Baden-Württemberg und Bremen gar nur vier Stunden. Der Arbeitstag eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt immerhin regelmäßig acht Stunden.

Meine Damen und Herren, immer wieder kritisieren Justizminister, dass der Staat durch Ersatzfreiheitsstrafen doppelt verliere, einerseits weil er die Geldstrafe nicht einnehme, andererseits weil jeder Tag Haft den Staat 111 € koste. Stattdessen sollten die Verurteilten lieber Straßen fegen oder Parks pflegen, da die Gemeinschaft davon etwas habe und dies kostenneutral sei bzw. der Staat spare.

Das klingt auf den ersten Blick einleuchtend. Aber dabei darf man folgende Aspekte nicht aus dem Auge verlieren: Staatsanwaltschaft oder Gericht haben das Verfahren gerade nicht nach § 153a Abs. 1 Nr. 3 StGB gegen Auflage der Erbringung gemeinnütziger Arbeit eingestellt. Wir müssen kriminalpolitische und strafrechtsdogmatische Gesichtspunkte beachten, etwa dass es Straftatbestände wie die Beförderungserschleichung gibt, die auch dazu existieren, Recht und Gesetz gegenüber Personen durchzusetzen, bei denen Schadenersatzansprüche usw. uneinbringbar sind.

Oft wurde zuvor versucht, durch Ratenzahlung eine Vollstreckung abzuwenden, etwa über eine Kontaktaufnahme zu Angehörigen, Arbeitgebern und Freunden, Geld für eine Verkürzung von Ersatzfreiheitsstrafen aufzubringen.

Meine Damen und Herren, so sinnvoll die Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen ist, darf dies aber nicht zum gefühlten Nulltarif erfolgen. Die Alternative gemeinnützige Arbeit muss vom Verurteilten noch als Sanktion wahrgenommen werden. Er ist immerhin wegen einer Straftat zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Wir haben genau zu hinterfragen: Warum brechen so viele die gemeinnützige Arbeit ab? – Hamburg spricht von einer Abbruchquote von 40 %, die durch die Absenkung des Stundenumfangs deutlich reduziert werden soll. Dazu hätte ich gerne einmal Vergleichszahlen aus anderen Ländern. Wie ist das in Nordrhein-Westfalen?

Wie wesentlich ist die Anzahl der abzuleistenden Stunden im Vergleich zur konkreten Ausgestaltung der Tätigkeit? Kurz: Erhält auch heute schon ein Verurteilter, der mit dem Besen herumsteht, für seine Anwesenheit die Bescheinigung? Oder muss er wirklich die vollen sechs Stunden arbeiten?

Gibt es nicht andere Ansatzpunkte, Ersatzfreiheitsstrafen häufiger zu vermeiden? Minister Kutschaty hat zuletzt am 15.02.2013 betont, die Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen sei reichlich kompliziert, da es einer genauen Abstimmung der Tätigkeit von Vollstreckungsbehörde und ambulantem sozialen Dienst bedürfe.

Was können wir sparen? – Nach unseren Informationen sind in nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten kontinuierlich knapp 1.000 Haftplätze wegen Ersatzfreiheitsstrafen belegt, was zu jährlichen Kosten von 40 Millionen € führen dürfte.

Meine Damen und Herren, „Schwitzen statt Sitzen“ ist ein richtiges Konzept. Primäre Ziele müssen nach Ansicht der FDP der Ausbau der bestehenden Arbeitsmöglichkeiten sowie die Senkung der Abbrecherquote durch andere Mittel als die Senkung des zu leistenden Stundenumfangs der Arbeit sein.

Wir als FDP halten tendenziell ein Anreizsystem, wie es die hessische Regelung bietet, für zielführender. Danach kann die Vollstreckungsbehörde die Anzahl der Stunden auf drei Stunden herabsetzen, wenn die verurteilte Person die erste Hälfte unverzüglich und ohne jede Beanstandung durch gemeinnützige Arbeit getilgt hat. In Ausnahmefällen kann die Herabsetzung des Anrechnungsmaßstabs auf bis zu drei Stunden mit Rücksicht auf Art und Umfang der Tätigkeit oder auf besondere persönliche Verhältnisse der verurteilten Person auch von Beginn an erfolgen.

Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Wedel. – Für die Fraktion der Piraten spricht der Kollege Schulz.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Zuschauer sind auch noch im Raum. Schönen guten Abend! Ich freue mich ebenfalls auf die Beratungen im Ausschuss. Auch hier haben wir es wieder – allerdings nur teilweise – mit einem juristischen Problem zu tun. Außerdem ist es ein sozialpolitisch relevantes Problem – und natürlich auch ein kriminalpolitisch relevantes Problem.

Insofern stellt sich die Frage, ob dieser Antrag und die mit ihm beabsichtigten Folgen tatsächlich zur Spezialprävention geeignet sind, um dafür zu sorgen, dass die Verurteilten, die die Ersatzfreiheitsstrafe nicht verbüßen sollen, tatsächlich auch ihre aktive Leistung erbringen.

Der Unterschied, ob man das nun durch die Anordnung von sechs Stunden oder durch die Anordnung von fünf Stunden hinbekommt, erhellt sich mir, ehrlich gesagt, noch nicht. Wenn wir dem Beispiel Baden-Württembergs folgen, sollten wir doch auch so konsequent sein und vielleicht drei oder vier Stunden daraus machen; denn dann ist die Wahrscheinlichkeit relativ hoch, dass man möglicherweise sogar zwei Tage an einem Tag hinbekommt.

(Lachen von Dirk Wedel [FDP])

– Sie lachen, Herr Kollege Wedel. Aber das ist doch die Konsequenz. Das muss man ganz klar sagen. Wenn wir eine Verkürzung wollen und sie für das probate Mittel halten, um die Verurteilten an gemeinnützige Arbeit heranzuführen – insbesondere diejenigen Verurteilten, die gar nicht dazu in der Lage sind, die Geldstrafe zu bezahlen –, sollte man das tatsächlich überlegen. Wenn Baden-Württem­berg sagt, vier Stunden reichen, dann reichen vier Stunden.

Vielleicht sollten wir das im Rahmen der Ausschussberatung tatsächlich durch Anhörung – ich kündige jetzt schon einmal einen entsprechenden Antrag an, falls er nicht von einer anderen Seite gestellt wird – von Beteiligten aus anderen Bundesländern, die bereits solche Regelungen haben, klären. Übrigens gehört Berlin dazu. Auch Brandenburg setzt das schon in der Praxis um.

Schauen wir also einmal, was es da so gibt! Auch ich freue mich. – Danke. Tschüss!

(Beifall von den PIRATEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Schulz. – Für die Landesregierung spricht Herr Minister Kutschaty.

Thomas Kutschaty, Justizminister: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jeden Tag sitzen in unseren 37 Justizvollzugsanstalten in Nordrhein-Westfalen knapp 1.000 Menschen nicht deshalb, weil sie so gefährlich sind, sondern deshalb, weil sie eine Geldstrafe nicht bezahlt haben. Es ist schön, dass wir hier bei dem Kern des Problems ganz offensichtlich eine große Übereinstimmung und viele Gemeinsamkeiten haben.

Zu Recht ist schon darauf hingewiesen worden, dass der Staat doppelt verliert – erstens dadurch, dass er die Geldstrafe nicht bekommt, und zweitens dadurch, dass er für die Unterbringung eines zumindest seitens des Gerichts als nicht gefährlich betrachteten Gefangenen auch noch die Unterkunftskosten tragen muss.

Deswegen muss unser primäres Ziel sein, die verhängten Geldstrafen auch tatsächlich einzutreiben. Das ist zunächst eine Aufgabe der Staatsanwaltschaften, die für die Vollstreckung der Geldstrafen zuständig sind. Das wird dort auch mit großem Nachdruck getan.

Sehr geehrter Herr Kamieth, das ist ein ganz wichtiges Anliegen. Ihr Antrag hängt der Realität in Nordrhein-Westfalen aber in ganz vielen Punkten weit hinterher.

Bereits am 17. Dezember 2010, wenige Monate nach dem Regierungswechsel in Nordrhein-Westfalen, habe ich § 7 der Verordnung über die Tilgung uneinbringlicher Geldstrafen geändert. Danach kann die Regelzeit von sechs Stunden auf bis zu drei Stunden reduziert werden. Das deckt sich im Wesentlichen mit den Vorstellungen der FDP-Fraktion, im Rahmen von einzelfallbezogenen Maßnahmen zu schauen, was auf die einzelne Person passt und wie sie sich zu Beginn bemüht. Dann kann man entsprechende Regelungen praktizieren. Das haben wir also schon getan. Wenn Sie jetzt wieder auf fünf Stunden hoch wollen, betrachte ich das als deutlichen Rückschritt.

Zweitens erstaunt mich sehr, Herr Kamieth, dass Sie in den heutigen Haushaltsberatungen, aber auch schon in den vorherigen Beratungen Ihr tatsächliches Handeln ganz offensichtlich nicht an dem orientiert haben, was Sie hier vollmundig fordern.

(Beifall von der SPD)

Die Landesregierung und die Koalitionsfraktionen treten dafür ein, einen Ausbau der Stellen vorzunehmen, an denen gemeinnützige Arbeit tatsächlich auch erbracht werden kann. Bislang fördert Nordrhein-Westfalen fünf entsprechende freie Träger. Mit diesem Haushalt haben wir heute beschlossen, die Zahl auf zehn freie Träger zu verdoppeln, die gefördert werden können. Ihr Antrag war, den Entwurf der Landesregierung um 100.000 € reduzieren, sodass wir in diesem Bereich weniger machen könnten.

(Zuruf von der SPD: Das passt gar nicht zu ihrem Antrag!)

Ich möchte Ihnen gerne noch einen dritten Punkt nennen – auch da haben Sie die Realität offensichtlich nicht ganz erkannt; Herr Kollege Wedel hat es angesprochen –: Ich habe vor einigen Monaten die ambulanten sozialen Dienste der Justiz mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben betraut. Für mich ist es nämlich nicht ausreichend, an einzelnen Standorten freie Träger zu haben. Wir müssen diese Angebote auch flächendeckend im Land haben. Deswegen sehen wir insbesondere in den Bezirken, in denen noch keine freien Träger tätig sind, vor, dass die ambulanten sozialen Dienste sich gezielt um solche Probanden zu kümmern haben und die entsprechenden Arbeitsstellen zu vermitteln haben, damit das von uns allen gemeinsam verfolgte Ziel erreicht werden kann.

Sie sehen also: Wir arbeiten schon mit einem mehrstufigen Modell – Beteiligung der Staatsanwaltschaften, bessere Förderung und Ausstattung der freien Träger sowie Einbindung der ambulanten sozialen Dienste –, um dieses gemeinsam erkannte Problem auch sinnvoll zu lösen. Wir sind da schon längst am Ball. Ihr Antrag kommt deutlich zu spät.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Minister. – Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor.

Wir sind damit am Schluss der Beratung und kommen zur Abstimmung. Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung des Antrags Drucksache 16/2273 an den Rechtsausschuss. Die abschließende Beratung und Abstimmung soll dort in öffentlicher Sitzung erfolgen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht seine Zustimmung geben? – Wer enthält sich? – Damit ist die Überweisung einstimmig erfolgt.

Wir kommen jetzt noch zu einigen Tagesordnungspunkten, zu denen wir keine Debatte führen und lediglich abstimmen werden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

15       Drittes Gesetz zur Änderung der gesetzlichen Befristung in § 29 des Verfassungsschutz­gesetzes Nordrhein-Westfalen

Gesetzentwurf
der Landesregierung
Drucksache 16/2041

Beschlussempfehlung
des Hauptausschusses
Drucksache 16/2260

zweite Lesung

Eine Debatte ist nicht vorgesehen.

Wir kommen deshalb unmittelbar zur Abstimmung. Der Hauptausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2260, den Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/2041 unverändert anzunehmen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und der Gesetzentwurf bei Enthaltung der Fraktion der Piraten mit Zustimmung der Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP verabschiedet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

16       Jahresbericht 2012 des Kontrollgremiums gemäß § 23 VSG NRW (PKG)

Unterrichtung
durch das Parlamentarische Kontrollgremium
gemäß § 23 VSG NRW
Drucksache 16/2296

Eine Debatte ist nicht vorgesehen.

Das Gremium kommt der jährlichen Berichtspflicht an das Plenum durch die Unterrichtung mit Drucksache 16/2296 nach. Diese stelle ich hiermit fest.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

17       Noch nicht genehmigte über- und außerplanmäßige Ausgaben des Haushaltsjahres 2011

Antrag
des Finanzministeriums
gemäß Artikel 85 Absatz 2
der Landesverfassung
Vorlage 16/728

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2298

Auch hier ist eine Debatte nicht vorgesehen.

Wir kommen deshalb direkt zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2298, die mit Vorlage 16/728 beantragte Genehmigung zu erteilen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung angenommen und die Genehmigung mit Zustimmung von SPD und Bündnis 90/Die Grünen bei Enthaltung der Fraktionen von CDU, FDP und Piraten erteilt.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

18       Veräußerung von Liegenschaften des Sondervermögens Bau- und Liegenschaftsbetrieb Nordrhein-Westfalen (BLB NRW)


Antrag
des Finanzministeriums
gemäß § 64 Absatz 2 LHO
Vorlage 16/740

Beschlussempfehlung und Bericht
des Haushalts- und Finanzausschusses
Drucksache 16/2306

Auch hier ist eine Debatte nicht vorgesehen.

Wir kommen deshalb direkt zur Abstimmung. Der Haushalts- und Finanzausschuss empfiehlt in der Beschlussempfehlung Drucksache 16/2306, in die mit Vorlage 16/740 beantragte Veräußerung einzuwilligen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist die Beschlussempfehlung und damit die Vorlage mit den Stimmen der Fraktionen von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der Piraten angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt

19       Verfassungsgerichtliches Verfahren wegen Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Landtagswahl vom 13. Mai 2012

VerfGH 6/13
Vorlage 16/743

Beschlussempfehlung
des Rechtsausschusses
Drucksache 16/2307

Eine Debatte ist nicht vorgesehen.

Wir kommen daher direkt zur Abstimmung. Ich lasse über die Empfehlung des Rechtsausschusses abstimmen, in dem Verfahren keine Stellungnahme abzugeben. Wer kann dem seine Zustimmung geben? – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist mit Zustimmung aller Fraktionen des Hohen Hauses die Beschlussempfehlung Drucksache 16/2307 angenommen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt:

20       In den Ausschüssen erledigte Anträge

Übersicht 6
gemäß § 79 Abs. 2 GeschO
Drucksache 16/2309

Die Übersicht 6 enthält zwei Anträge, die vom Plenum nach § 79 Abs. 2 Buchstabe c an die Ausschüsse zur abschließenden Erledigung überwiesen wurden. Das Abstimmungsverhalten der Fraktionen ist aus der Übersicht ersichtlich.

Ich lasse nun über die Bestätigung des Abstimmungsverhaltens der Fraktionen in den Ausschüssen entsprechend der Übersicht 6 abstimmen. Wer dem seine Zustimmung geben kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer kann dem nicht zustimmen? – Wer enthält sich? – Damit ist das Abstimmungsverhalten der Fraktionen gemäß Drucksache 16/2309 bestätigt worden.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt

21       Beschlüsse zu Petitionen

Übersicht 16/8

Wird hierzu das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ist jemand mit den Beschlüssen nicht einverstanden? – Das ist auch nicht der Fall.

Dann stelle ich gemäß § 91 Abs. 8 unserer Geschäftsordnung fest, dass die Beschlüsse zu Petitionen in der Übersicht 16/8 bestätigt sind.

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sind damit am Ende der heutigen Tagesordnung.

Ich berufe das Plenum wieder ein für morgen, Donnerstag, den 21. März 2013, 10 Uhr.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 20:05 Uhr

_______________________________________

*)    Von der Rednerin bzw. dem Redner nicht
überprüft (§ 96 GeschO)

Dieser Vermerk gilt für alle in diesem Plenarprotokoll so gekennzeichneten Rednerinnen und Redner.


Anlage 1

Namentliche Abstimmung über Änderungsantrag Drucksache 16/2416 (TOP 1 – Haushaltsgesetz 2013)

 


Lfd.
Nr.


Name des Abgeordneten


Fraktion

Abstimmung


ja


nein

Stimm-
ent-
haltung

1

 Herr Abel

GRÜNE

 

X

 

2

 Herr Abruszat

FDP

X

 

 

3

 Herr Dr. Adelmann

SPD

 

X

 

4

 Herr Alda

FDP

X

 

 

5

 Frau Altenkamp

SPD

 

X

 

6

 Frau Andres

SPD

 

X

 

7

 Frau Asch

GRÜNE

 

X

 

8

 Herr Bas

GRÜNE

 

X

 

9

 Herr Bayer

PIRATEN

X

 

 

10

 Herr Becker, Andreas

SPD

 

X

 

11

 Herr Becker, Horst

GRÜNE

 

X

 

12

 Frau Beer

GRÜNE

 

X

 

13

 Frau Dr. Beisheim

GRÜNE

 

X

 

14

 Herr Bell

SPD

 

X

 

15

 Frau Benninghaus

SPD

 

X

 

16

 Herr van den Berg

SPD

 

X

 

17

 Herr Dr. Berger

CDU

X

 

 

18

 Herr Berghahn

SPD

 

X

 

19

 Herr Dr. Bergmann

CDU

X

 

 

20

 Herr Beu

GRÜNE

 

X

 

21

 Herr Bialas

SPD

 

X

 

22

 Herr Biesenbach

CDU

X

 

 

23

 Frau Birkhahn

CDU

X

 

 

24

 Herr Bischoff

SPD

 

X

 

25

 Frau Blask

SPD

 

X

 

26

 Herr Börner

SPD

 

X

 

27

 Herr Börschel

SPD

 

X

 

28

 Freifrau von Boeselager

CDU

abwesend

29

 Herr Bolte

GRÜNE

 

X

 

30

 Herr Bombis

FDP

X

 

 

31

 Herr Prof. Dr. Bovermann

SPD

 

X

 

32

 Frau Brand

PIRATEN

X

 

 

33

 Frau Brems

GRÜNE

 

X

 

34

 Herr Breuer

SPD

 

X

 

35

 Herr Brockes

FDP

X

 

 

36

 Frau Dr. Bunse

CDU

X

 

 

37

 Herr Burkert

CDU

X

 

 

38

 Herr Busen

FDP

X

 

 

39

 Herr Dahm

SPD

 

X

 

40

 Herr Deppe

CDU

X

 

 

41

 Frau van Dinther

CDU

X

 

 

42

 Frau Dmoch-Schweren

SPD

 

X

 

43

 Frau Doppmeier

CDU

X

 

 

44

 Herr Dr. Droste

CDU

X

 

 

45

 Herr Dudas

SPD

 

X

 

46

 Frau Düker

GRÜNE

 

X

 

47

 Herr Düngel

PIRATEN

X

 

 

48

 Herr Eiskirch

SPD

 

X

 

49

 Herr Ellerbrock

FDP

X

 

 

50

 Herr Engstfeld

GRÜNE

 

X

 

51

 Frau Fasse

CDU

X

 

 

52

 Herr Fehring

CDU

X

 

 

53

 Herr Feuß

SPD

 

X

 

54

 Herr Fortmeier

SPD

 

X

 

55

 Frau Freimuth

FDP

X

 

 

56

 Herr Fricke

PIRATEN

X

 

 

57

 Herr Ganzke

SPD

 

X

 

58

 Herr Garbrecht

SPD

 

X

 

59

 Herr Gatter

SPD

 

X

 

60

 Frau Gebauer

FDP

X

 

 

61

 Frau Gebhard

SPD

 

X

 

62

 Herr Geyer

SPD

 

X

 

63

 Frau Gödecke

SPD

 

X

 

64

 Herr Goldmann

GRÜNE

 

X

 

65

 Herr Golland

CDU

X

 

 

66

 Frau Grochowiak-Schmieding

GRÜNE

 

X

 

67

 Herr Große Brömer

SPD

 

X

 

68

 Herr von Grünberg

SPD

 

X

 

69

 Herr Grunendahl

CDU

X

 

 

70

 Frau Güler

CDU

X

 

 

71

 Herr Haardt

CDU

X

 

 

72

 Herr Dr. Hachen

CDU

X

 

 

73

 Frau Hack

SPD

 

X

 

74

 Herr Hafke

FDP

X

 

 

75

 Herr Hahnen

SPD

 

X

 

76

 Frau Hammelrath, Gabriele

SPD

 

X

 

77

 Frau Hammelrath, Helene

SPD

 

X

 

78

 Frau Hanses

GRÜNE

 

X

 

79

 Herr Hausmann

CDU

X

 

 

80

 Herr Hegemann

CDU

X

 

 

81

 Herr Heinrichs

SPD

 

X

 

82

 Frau Hendricks

SPD

 

X

 

83

 Herr Herrmann

PIRATEN

X

 

 

84

 Herr Herter

SPD

 

X

 

85

 Herr Hilser

SPD

 

X

 

86

 Herr Höne

FDP

X

 

 

87

 Herr Hovenjürgen

CDU

X

 

 

88

 Frau Howe

SPD

 

X

 

89

 Herr Hübner

SPD

 

X

 

90

 Herr Jäger

SPD

 

X

 

91

 Herr Jahl

SPD

 

X

 

92

 Frau Jansen

SPD

 

X

 

93

 Herr Jörg

SPD

 

X

 

94

 Herr Jostmeier

CDU

X

 

 

95

 Herr Jung

CDU

X

 

 

96

 Herr Kämmerling

SPD

 

X

 

97

 Herr Kaiser

CDU

X

 

 

98

 Herr Kamieth

CDU

X

 

 

99

 Herr Kerkhoff

CDU

X

 

 

100

 Herr Kern, Nicolaus

PIRATEN

abwesend

101

 Herr Kern, Walter

CDU

X

 

 

102

 Herr Keymis

GRÜNE

 

X

 

103

 Frau Kieninger

SPD

 

X

 

104

 Herr Klocke

GRÜNE

 

X

 

105

 Frau Klöpper

CDU

X

 

 

106

 Herr Körfges

SPD

 

X

 

107

 Frau Kopp-Herr

SPD

 

X

 

108

 Frau Korte

CDU

X

 

 

109

 Herr Kossiski

SPD

 

X

 

110

 Frau Kraft

SPD

 

X

 

111

 Herr Kramer

SPD

 

X

 

112

 Herr Krick

SPD

 

X

 

113

 Herr Krückel

CDU

entschuldigt

114

 Herr Krüger

GRÜNE

 

X

 

115

 Herr Kruse

CDU

X

 

 

116

 Herr Kufen

CDU

X

 

 

117

 Herr Kuper

CDU

X

 

 

118

 Herr Kutschaty

SPD

 

X

 

119

 Herr Lamla

PIRATEN

X

 

 

120

 Herr Laschet

CDU

X

 

 

121

 Herr Laumann

CDU

X

 

 

122

 Herr Lienenkämper

CDU

X

 

 

123

 Herr Lindner

FDP

X

 

 

124

 Herr Löcker

SPD

 

X

 

125

 Herr Lohn

CDU

X

 

 

126

 Frau Lück

SPD

 

X

 

127

 Frau Lüders

SPD

 

X

 

128

 Herr Lürbke

FDP

X

 

 

129

 Frau Lux

SPD

 

X

 

130

 Frau Maaßen

GRÜNE

 

X

 

131

 Herr Maelzer

SPD

 

X

 

132

 Herr Markert

GRÜNE

 

X

 

133

 Herr Marquardt

SPD

 

X

 

134

 Herr Marsching

PIRATEN

X

 

 

135

 Herr Meesters

SPD

 

X

 

136

 Frau Middendorf

CDU

X

 

 

137

 Frau Milz

CDU

X

 

 

138

 Herr Möbius

CDU

X

 

 

139

 Herr Moritz

CDU

X

 

 

140

 Herr Mostofizadeh

GRÜNE

 

X

 

141

 Herr Müller, Hans-Peter

SPD

 

X

 

142

 Herr Müller, Holger

CDU

X

 

 

143

 Frau Müller-Witt

SPD

 

X

 

144

 Herr Münchow

SPD

 

X

 

145

 Herr Münstermann

SPD

 

X

 

146

 Herr Nettelstroth

CDU

entschuldigt

147

 Herr Neumann

SPD

entschuldigt

148

 Herr Nückel

FDP

X

 

 

149

 Herr Olejak

PIRATEN

X

 

 

150

 Herr Dr. Optendrenk

CDU

X

 

 

151

 Herr Ortgies

CDU

X

 

 

152

 Herr Dr. Orth

FDP

abwesend

153

 Herr Ott

SPD

 

X

 

154

 Herr Dr. Papke

FDP

X

 

 

155

 Herr Dr. Paul, Joachim

PIRATEN

X

 

 

156

 Frau Paul, Josefine

GRÜNE

 

X

 

157

 Frau Philipp

SPD

entschuldigt

158

 Frau Pieper

PIRATEN

X

 

 

159

 Herr Post

CDU

entschuldigt

160

 Herr Preuß

CDU

X

 

 

161

 Frau Preuß-Buchholz

SPD

 

X

 

162

 Herr Priggen

GRÜNE

 

X

 

163

 Herr Rahe

SPD

 

X

 

164

 Herr Rasche

FDP

X

 

 

165

 Herr Rehbaum

CDU

X

 

 

166

 Herr Römer

SPD

 

X

 

167

 Herr Rohwedder

PIRATEN

X

 

 

168

 Herr Rüße

GRÜNE

 

X

 

169

 Frau Ruhkemper

SPD

 

X

 

170

 Frau Rydlewski

PIRATEN

X

 

 

171

 Frau Schäfer, Ute

SPD

 

X

 

172

 Frau Schäffer, Verena

GRÜNE

 

X

 

173

 Frau Scharrenbach

CDU

X

 

 

174

 Herr Schatz

PIRATEN

X

 

 

175

 Herr Scheffler

SPD

 

X

 

176

 Herr Schemmer

CDU

X

 

 

177

 Herr Schick

CDU

X

 

 

178

 Herr Schittges

CDU

X

 

 

179

 Herr Schlömer

SPD

 

X

 

180

 Herr Schmalenbach

PIRATEN

X

 

 

181

 Herr Schmeltzer

SPD

 

X

 

182

 Herr Schmitz, Hendrik

CDU

X

 

 

183

 Frau Schmitz, Ingola Stefanie

FDP

X

 

 

184

 Frau Schneckenburger

GRÜNE

 

X

 

185

 Herr Schneider, Guntram

SPD

entschuldigt

186

 Herr Schneider, René

SPD

 

X

 

187

 Frau Schneider, Susanne

FDP

X

 

 

188

 Herr Schultheis

SPD

 

X

 

189

 Herr Schulz

PIRATEN

X

 

 

190

 Frau Schulze

SPD

 

X

 

191

 Frau Schulze Föcking

CDU

X

 

 

192

 Herr Schwerd

PIRATEN

entschuldigt

193

 Herr Seel

CDU

X

 

 

194

 Frau Dr. Seidl

GRÜNE

 

X

 

195

 Herr Sieveke

CDU

X

 

 

196

 Herr Sommer

PIRATEN

X

 

 

197

 Frau Spanier-Oppermann

SPD

 

X

 

198

 Herr Spiecker

CDU

X

 

 

199

 Herr Dr. Stamp

FDP

X

 

 

200

 Herr Stein

PIRATEN

X

 

 

201

 Frau Steininger-Bludau

SPD

 

X

 

202

 Frau Steinmann

SPD

 

X

 

203

 Herr Prof. Dr.Dr. Sternberg

CDU

X

 

 

204

 Herr Stotko

SPD

 

X

 

205

 Frau Stotz

SPD

 

X

 

206

 Herr Sundermann

SPD

 

X

 

207

 Herr Tenhumberg

CDU

X

 

 

208

 Herr Thiel

SPD

 

X

 

209

 Herr Töns

SPD

 

X

 

210

 Herr Tüttenberg

SPD

 

X

 

211

 Herr Ünal

GRÜNE

 

X

 

212

 Herr Uhlenberg

CDU

X

 

 

213

 Frau Velte

GRÜNE

 

X

 

214

 Herr Vogt, Alexander

SPD

 

X

 

215

 Frau Vogt, Petra

CDU

X

 

 

216

 Frau Voigt-Küppers

SPD

 

X

 

217

 Frau Voßeler

CDU

X

 

 

218

 Herr Voussem

CDU

X

 

 

219

 Frau Wagener

SPD

 

X

 

220

 Frau Warden

SPD

 

X

 

221

 Frau Watermann-Krass

SPD

 

X

 

222

 Herr Weckmann

SPD

 

X

 

223

 Herr Wedel

FDP

X

 

 

224

 Herr Wegner

PIRATEN

X

 

 

225

 Herr Weiß

SPD

 

X

 

226

 Herr Weske

SPD

 

X

 

227

 Herr Wirtz, Axel

CDU

entschuldigt

228

 Herr Wirtz, Josef

CDU

X

 

 

229

 Herr Wittke

CDU

X

 

 

230

 Herr Witzel

FDP

X

 

 

231

 Herr Dr. Wolf, Ingo

FDP

X

 

 

232

 Herr Wolf, Sven

SPD

 

X

 

233

 Herr Wüst

CDU

X

 

 

234

 Herr Yetim

SPD

 

X

 

235

 Herr Yüksel

SPD

 

X

 

236

 Frau Zentis

GRÜNE

 

X

 

237

 Herr Zimkeit

SPD

 

X

 

 

Ergebnis

 

101

125

-


Anlage 2

Zu TOP 11 – Gesetz zur Änderung des Ausführungsgesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen zum Zensusgesetz 2011– zu Protokoll gegebene Rede

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales:

Wie die meisten von Ihnen wissen, fand der Zensus 2011 in der Bundesrepublik zum Stichtag 9. Mai 2011 statt.

Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder werden die in diesem Zuge ermittelten Einwohnerzahlen voraussichtlich am 31. Mai 2013 im Rahmen von bundesweiten Pressekonferenzen veröffentlichen.

Für die Gemeinden in Nordrhein-Westfalen gilt: Im Anschluss an diesen Veröffentlichungstermin wird IT.NRW die amtlichen Zahlen gegenüber jeder einzelnen Kommune per Bescheid feststellen. Das Ganze läuft ab wie jedes andere Verwaltungsverfahren auch, das heißt, die Gemeinden erhalten die Gelegenheit, im Rahmen einer Anhörung Stellung zu nehmen.

Wie Sie wissen, nehmen zahlreiche Fachgesetze und Normen, zum Beispiel das GFG, die Gemeindeordnung, die Kommunalwahlordnung oder das Flüchtlingsaufnahmegesetz, direkt auf die Einwohnerzahl Bezug.

Mit dem vorliegenden Änderungsantrag wollen wir erreichen, dass die neuen amtlichen Einwohnerzahlen in ganz NRW möglichst zum gleichen Stichtag gelten. Das dient schlicht und einfach dazu, eine größtmögliche Einheitlichkeit zu erreichen.

Das ist aber nur möglich, wenn etwaige Rechtsbehelfe gegen die Bescheide keine aufschiebende Wirkung entfalten. Genau das regeln wir mit dem vorliegenden Gesetz.

Um jedem Verdacht hier von Anfang an entgegenzuwirken: Das Gesetz ist keine Schikane an unseren Kommunen. Ganz im Gegenteil.

Wenn in Kommune A Zahlen von 2011 gelten, in Kommune B hingegen Zahlen von 1987, dann dient das nicht gerade der Überschaubarkeit und Rechtssicherheit. Unser Anliegen ist es aber, für Klarheit und Rechtssicherheit zu sorgen. Dazu dient unser Verfahren. Das ist sowohl im Interesse der Kommune als auch der Bürgerinnen und Bürger.

Auch die kommunalen Spitzenverbände haben im Rahmen des Anhörungsverfahrens im Interesse einer einheitlichen Verfahrensweise keine Einwände erhoben.

Ich darf Sie daher bitten, den Gesetzentwurf der Landesregierung zu unterstützen.   


Anlage 3

Zu TOP 12 – Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen und des Polizeiorganisationsgesetzes – zu Protokoll gegebene Rede

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales:

Unser Polizeigesetz ist in guter Verfassung! Das soll nach dem Willen dieser Landesregierung auch so bleiben.

Deshalb wollen wir es an die jüngeren Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts zur Datenverarbeitung anpassen. Bewährte Mittel der Gefahrenabwehr sollen erhalten bleiben. Denn für unsere Polizei gilt: Wirksamkeit und Rechtsstaatlichkeit gehören zusammen.

Die Regelungen zum PolG betreffen die Abfrage von näher bestimmten aktuellen Telekommunikations- und Telemediendaten bei den Providern sowie den entsprechenden Einsatz eigener technischer Mittel (sogenannter IMSI-Catcher).

Beides gehört zum Standard-Rüstzeug, mit dem unsere Polizei zum Zweck der Gefahrenabwehr etwa den Inhaber eines Telefon- und Internetanschlusses oder den Standort eines Handys ermitteln kann.

Damit versetzen wir unsere Polizei auch künftig in die Lage,

–   angedrohte Suizide zu verhindern,

–   vermisste und hilflose Personen aufzufinden und

–   angedrohte Straftaten gegen Leben, Gesundheit und Freiheit zu verhindern.

Das ist der erste Schwerpunkt der Novelle.

Der zweite Schwerpunkt betrifft die Videobeobachtung.

Für uns steht fest: Videobeobachtung macht nur Sinn, wenn sie in ein polizeiliches Gesamtkonzept eingebunden ist. Das setzt zum Beispiel ständiges Beobachten der übertragenen Bilder und Präsenz von Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten vor Ort voraus.

Dennoch ist sie an Kriminalitätsbrennpunkten ein bewährter Baustein bei der Verhinderung und Abwehr von Straftaten. Die aktuelle Rechtsgrundlage zur offenen Videobeobachtung ist bis zum 31. Juli 2013 befristet. Wir möchten unserer Polizei ermöglichen, dieses Mittel auch zukünftig einzusetzen, und wollen die Befristung um fünf Jahre verlängern.

Unsere Polizei setzt dieses Instrument mit Augenmaß ein. Derzeit sind landesweit nur zwei Anlagen zur polizeilichen Videobeobachtung in Betrieb, nämlich in Düsseldorf und Mönchengladbach.

Beide haben sich vor allem bei der frühzeitigen Erkennung eventuell eskalierender Sachverhalte, der gezielteren Kräftesteuerung und bei dem schnellen Einschreiten in diesen Situationen bewährt. Den ausführlichen Evaluierungsbericht zur Videobeobachtung habe ich dem Innenausschuss vorgelegt.

Der Gesetzentwurf zeigt einmal mehr: Effektive Polizeiarbeit einerseits und der Schutz der Bürgerrechte andererseits schließen sich nicht aus.

Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf bringen wir beide Seiten in ein ausgewogenes Verhältnis.

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationssicherheit wurde beteiligt; er hat keine grundlegenden Bedenken erhoben. Ich hoffe daher auf eine breite Unterstützung des Vorhabens durch den Landtag.