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Landtag

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Plenarprotokoll

Nordrhein-Westfalen

16/102

16. Wahlperiode

14.01.2016

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102. (Sonder-)sitzung

Düsseldorf, Donnerstag, 14. Januar 2016

Mitteilungen der Präsidentin. 10537

Ereignisse in der Silvesternacht in Köln

In Verbindung mit:

Serienweise Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof während der Silvesternacht

Unterrichtung
durch die Landesregierung

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/10730

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/10731

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/10732. 10537

Ministerpräsidentin Hannelore Kraft 10537

Armin Laschet (CDU) 10543

Norbert Römer (SPD) 10548

Christian Lindner (FDP) 10554

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE) 10559

Michele Marsching (PIRATEN) 10562

Daniel Schwerd (fraktionslos) 10566

Minister Ralf Jäger 10567

Armin Laschet (CDU) 10571

Minister Ralf Jäger 10572

Hans-Willi Körfges (SPD) 10574

Marc Lürbke (FDP) 10577

Verena Schäffer (GRÜNE) 10578

Dietmar Schulz (PIRATEN) 10580

Daniel Schwerd (fraktionslos) 10585

Peter Biesenbach (CDU) 10586

Michele Marsching (PIRATEN) 10589

Ergebnis. 10590

Entschuldigt waren:

 

Minister Johannes Remmel      

Minister Dr. Norbert Walter-Borjans

Helene Hammelrath (SPD)

Annette Watermann-Krass (SPD)

Hans-Peter Müller (CDU)

Andrea Asch (GRÜNE)

Horst Becker (GRÜNE)

 

Simone Brand (PIRATEN)        
       (bis 12 Uhr)

Birgit Rydlewski (PIRATEN)      

Kai Schmalenbach (PIRATEN)

 

 

 

 

Beginn: 10:05 Uhr

Präsidentin Carina Gödecke: Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich heiße Sie alle ganz herzlich willkommen zu unserer heutigen, 102. Sitzung des Landtags Nordrhein-Westfalen. Mein Gruß gilt unseren Gästen auf der Zuschauertribüne sowie den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Medien.

Für die heutige Sitzung haben sich sieben Abgeordnete entschuldigt. Ihre Namen werden wir wie immer in das Protokoll aufnehmen.

Bevor wir in die Tagesordnung eintreten, möchte ich Sie gerne darauf hinweisen, dass die Einberufung des Landtags zur heutigen Sitzung gemäß Art. 38 Abs. 4 der Landesverfassung in Verbindung mit § 21 Abs. 2 unserer Geschäftsordnung auf Antrag von 81 Abgeordneten der Fraktionen von CDU und FDP zu dem Thema „Serienweise Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof während der Silvesternacht“ erfolgt.

Nach den genannten Vorschriften muss der Landtag unverzüglich einberufen werden, wenn mindestens ein Viertel seiner Mitglieder, das heißt in dieser Wahlperiode mindestens 60 Abgeordnete, dies beantragen. Das ist geschehen.

Die Landesregierung hatte mit Schreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 12. Januar dieses Jahres zunächst mitgeteilt, dass sie beabsichtigt, den Landtag in seiner nächsten planmäßigen Plenarsitzung, am 27. Januar dieses Jahres, zu dem Thema „Ereignisse in der Silvesternacht in Köln“ zu unterrichten. Mit weiterem Schreiben vom 12. Januar dieses Jahres hat der Chef der Staatskanzlei dann vor dem Hintergrund der beantragten Sondersitzung des Landtages darum gebeten, die angemeldete Unterrichtung für die heutige Sitzung vorzusehen, was wir ebenfalls tun.

Nach dieser Vorbemerkung treten wir nun in die Beratung der heutigen Tagesordnung ein. Der einzige Tagesordnungspunkt lautet:

     Ereignisse in der Silvesternacht in Köln

In Verbindung mit:

Serienweise Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof während der Silvesternacht

Unterrichtung
durch die Landesregierung

 

Entschließungsantrag
der Fraktion der CDU
Drucksache 16/10730

Entschließungsantrag
der Fraktion der FDP
Drucksache 16/10731

Entschließungsantrag
der Fraktion der SPD und
der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Drucksache 16/10732

Wie bereits gerade ausgeführt, hat der Chef der Staatskanzlei mir mit Schreiben vom 12. Januar mitgeteilt, dass die Landesregierung beabsichtigt, den Landtag in der heutigen Plenarsitzung zu dem Thema „Ereignisse in der Silvesternacht in Köln“ zu unterrichten. Die Unterrichtung wird durch die Ministerpräsidentin Hannelore Kraft erfolgen.

Die Debatte dazu erfolgt dann in der von den 81 Abgeordneten der Fraktionen von CDU und FDP zu dem Thema „Serienweise Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof während der Silvesternacht“ beantragten heutigen Sondersitzung.

Ich weise darauf hin, dass sich die Fraktionen einvernehmlich auf die in der Einladung und Tagesordnung ausgewiesenen Redezeiten und Redereihenfolge verständigt haben. – Nach diesen Vorbemerkungen hat Frau Ministerpräsidentin jetzt das Wort.

Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin: Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! In der Silvesternacht ist in Köln für uns alle vorher Unvorstellbares geschehen. Es war kein Einzelfall – leider –, es gab auch Übergriffe an anderen Orten. Aber Köln ist ohne Zweifel der gravierendste Vorfall. Es gab massive Übergriffe, schwere Straftaten. Hier waren Frauen Gewalt ausgeliefert, haben Schockierendes durchlebt. Ich hätte mir so etwas nicht vorstellen können.

Am Schrecklichsten war vielleicht das Gefühl der Schutzlosigkeit, des Ausgeliefertseins, bedrängt zu werden, keine Hilfe zu erhalten. Als Frau kann ich mich, glaube ich, gut in diese Situation hineinfühlen. Es tut mir weh. Ich sage deutlich: Es lag in unserer Verantwortung, und es tut mir persönlich und uns allen unendlich leid, dass dies geschehen konnte.

Die Polizistinnen und Polizisten, die vor Ort im Einsatz waren, haben getan, was sie konnten, haben zum Teil selbst Gewalt erfahren. Aber es war eine nicht vorhergesehene, unerwartete Entwicklung. Die Einsatzplanung war – das wissen wir heute – dafür falsch angelegt. Es gab operative Fehleinschätzungen. Und so wurde, obwohl Verstärkung möglich gewesen wäre, im Laufe der Nacht keine Verstärkung angefordert.

Auch in der Kommunikation gab es gravierende Fehler. Daraus hat der Innenminister notwendige Konsequenzen gezogen und den Kölner Polizeipräsidenten von seinen Aufgaben entbunden. Es ist ein schlimmer Eindruck entstanden, nämlich: Der Staat hat das Heft des Handelns für ein paar Stunden verloren.

Wir müssen alles dafür tun, damit sich das nicht wiederholt. Dazu muss am Anfang eine lückenlose Aufklärung stehen. Das sind wir den Betroffenen, den Opfern schuldig.

Wir müssen sie auch deshalb leisten, damit rechte Kreise nicht weiter Falschmeldungen verbreiten und gezielt Gerüchte in Umlauf bringen. Ich denke an das Video, das verbreitet wurde und angeblich Vorgänge um Köln zeigen sollte. Es hat sich herausgestellt, dass es vom Tahrir-Platz in Kairo stammte. Diese geistigen Brandstifter sind eine Gefahr für das friedliche Miteinander von Menschen verschiedener Herkunft, das wir gerade hier in Nordrhein?West-falen über Jahrzehnte so erfolgreich aufgebaut haben.

Heute will ich auch deutlich sagen: Die riesige Mehrheit derjenigen, die als Zugewanderte schon seit Jahren hier leben oder neu zu uns gekommen sind, lebt hier friedlich und rechtstreu. Auch das gilt es festzuhalten.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

Damit so etwas nicht mehr vorkommt, müssen alle staatlichen Gewalten eng und gut zusammenwirken: Legislative, Exekutive und auch die Justiz. Jeder muss seiner Verantwortung gerecht werden. Wir wollen und wir haben einen starken Rechtsstaat, der Stärke zeigen muss, wo das notwendig ist. Das Gewaltmonopol des Staates muss durchgesetzt werden, und zwar – ich sage das ausdrücklich – durch die staatlichen Sicherheitskräfte, durch die Profis, die dafür ausgebildet und legitimiert sind und der demokratischen Kontrolle unterliegen, und nicht etwa durch Bürgerwehren. Das ist nicht der richtige Weg.

(Lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Am Anfang muss stehen, die Vorfälle in Köln so weit aufzuklären, dass alles auf dem Tisch liegt. Das muss unvoreingenommen und transparent geschehen. Ich habe schon mehrfach gesagt: Da wird nichts vertuscht oder unter den Teppich gekehrt. Und wir müssen daraus Schlussfolgerungen ziehen, um zukünftige Fehler zu vermeiden.

Die ersten Schlüsse hat die Landesregierung bereits gezogen. Unser erster Blick richtet sich dabei auf die Opfer der Silvesternacht. Ihnen wollen wir gezielt helfen und für eine konsequente Strafverfolgung sorgen. Wir werden daher für sie eine zentrale Anlaufstelle im Bereich der Justiz einrichten. Es wird eine hohe Belohnung für Hinweise ausgesetzt, die zur Ermittlung und Ergreifung der Täter aus der Silvesternacht führen. Wir alle wissen, dass es mit Zeugenaussagen der Opfer schwer wird, die einzelnen Täter zu identifizieren.

Außerdem werden wir innerhalb der Staatsanwaltschaften für eine personelle Verstärkung sorgen.

Um die innere Sicherheit insgesamt zu stärken, werden wir das sogenannte beschleunigte Strafverfahren intensiver nutzen, insbesondere in den Großstädten, an den kriminellen Schwerpunkten unseres Landes. Dabei muss stärker als bisher nach dem Prinzip gehandelt werden: Die Strafe muss direkt auf dem Fuße folgen.

Wir werden gezielt Ermittlungsteams einsetzen, um bandenmäßige Eigentums- und Sexualdelikte wirkungsvoller zu bekämpfen. Diese gemischten Einheiten aus Vertretern von Polizei und Staatsanwaltschaften sollen eine enge und vor allem schnelle Zusammenarbeit sicherstellen.

Die Landesregierung ist entschlossen, die Zahl der Polizistinnen und Polizisten, die fahnden und auf den Straßen für Sicherheit und Ordnung sorgen, noch einmal schnell um 500 zu erhöhen. Wir wollen das, obwohl diese Landesregierung bereits jetzt für den höchsten Stand seit sieben Jahren bei der Ausbildung neuer Polizeianwärterinnen und ?anwär-ter gesorgt hat.

Da die Ausbildung der Beamten drei Jahre dauern würde, wir aber schneller für eine Lösung sorgen wollen, werden wir mehrere Wege gehen.

Zum einen werden wir den bald ausscheidenden Polizistinnen und Polizisten anbieten, auf freiwilliger Basis ihre Dienstzeit zu verlängern. Zum anderen werden wir angesichts der veränderten Lage auch Ihren Vorschlag aufgreifen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Polizeibeamte zugunsten direkter Polizeiarbeit von Verwaltungsaufgaben zu entlasten.

(Zurufe und Beifall von der CDU)

Darüber hinaus werden wir künftig auch weniger oft unsere Polizeihundertschaften in andere Länder entsenden. Andere Bundesländer haben ihre Bereitschaftspolizei zum Teil abgebaut und fordern jetzt stetig von uns über das eigentlich vereinbarte Maß hinaus Hundertschaften an. Es gilt, zunächst die Sicherheit in diesem Lande sicherzustellen, und deshalb werden wir das einschränken.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Nur damit das nicht unter den Tisch fällt und weil auch immer wieder anderes behauptet wird, möchte ich noch Folgendes sagen:

(Dirk Schatz [PIRATEN]: Immer muss erst was passieren!)

In der Regierungszeit von CDU und FDP wurde die ausreichende Einstellung von jungen Polizistinnen und Polizisten unterlassen, die notwendig gewesen wäre, um den Personalbestand zu halten.

(Zurufe von der CDU – Ralf Witzel [FDP]: Lassen Sie doch die Kräfte anfordern, die notwendig waren!)

– Ja, ich höre, da kommt die Einlassung: zur Regierungszeit von Herrn Steinbrück. – Wir führen eine Debatte, um Sachlagen zu klären. Es gibt einige Kollegen aus Ihrer Fraktion, die damals nicht dabei waren. Ich war in der Regierungszeit Steinbrück allerdings dabei. Auch wir haben Stellen abgebaut. Allerdings ist damit die Kapazität vor Ort nicht verringert worden, weil gleichzeitig die Arbeitszeit ausgeweitet worden ist.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Es wäre nett, wenn Sie sich daran gelegentlich erinnern würden.

Aufgrund Ihrer Maßnahmen zwischen 2005 und 2010 wäre eine aufwachsende Lücke von 2.700 Polizeibeamten entstanden, die später bei der Bekämpfung der Kriminalität in diesem Land gefehlt hätten. Wir, Grüne und SPD, haben diese dramatische Fehlentwicklung korrigiert und die Einstellungszahlen für neue Polizeianwärter von 1.100 – so viele waren es bei Ihnen im Jahr 2010 – auf 1.400 in 2011 gesteigert. Und damit nicht genug: Wir haben die Zahl in den letzten Jahren weiter angehoben; inzwischen sind es 1.920 Polizeianwärter, die wir in diesem Jahr einstellen werden. Das ist doch ein wichtiger Faktor, dass wir hier aufbauen und nicht, wie andere, abbauen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mein Appell an die Opposition ist gerade zu diesem Punkt: Dass die Opposition Finger in Wunden legen muss, ist richtig. Aber man muss aufpassen, dass man, wenn man im Glashaus sitzt, nicht mit Steinen wirft.

(Zurufe von der CDU: Oh!)

– Ja, das ist so.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich sage auch hier deutlich: In Nordrhein-Westfalen verschweigt die Polizei nicht die Herkunft von Straftätern. Sie verhält sich so wie alle anderen Polizeien in Deutschland. Es gibt in Nordrhein-Westfalen keine Anweisung, dass Nationalitäten in internen oder externen Polizeiberichten nicht genannt werden dürfen.

In den Medien und den sozialen Netzwerken ist die Rede von einem Erlass aus dem Jahr 2008. Ich muss an dieser Stelle den damaligen Innenminister, Herrn Dr. Wolf, in Schutz nehmen; denn bei diesem Erlass – das erkennt man schon an der Überschrift – geht es um nationale Minderheiten. Wenn man bei Wikipedia nachschaut, was „nationale Minderheiten“ sind, dann stellt man fest, dass dies in Deutschland beispielsweise die Sorben, die dänische Minderheit und Roma und Sinti sind. Es gibt gute Gründe dafür, dass wir bei Straftätern beispielsweise nicht sagen, dass es sich um Roma handelt, sondern dass wir benennen, dass es sich um Bulgaren, Rumänen oder sonst eine Nationalität handelt. Auch dazu stehen wir.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden die Videobeobachtungen an Kriminalitätsschwerpunkten in Ballungsräumen verstärken, zum Beispiel auf den Kölner Ringen, um Straftäter abzuschrecken oder Straftaten besser nachweisen zu können. Der Innenminister wird in den Großstädten zu Sicherheitskonferenzen einladen, an denen Kommunen, Staatsanwaltschaften und Polizeibehörden beteiligt werden. Ziel ist es, Lösungen zu Kriminalitätsschwerpunkten zu entwickeln.

Meine Damen und Herren, das sind erste Maßnahmen, die ich Ihnen heute hier vorstellen möchte. Wir haben aber noch einiges mehr zu tun. Ich denke an den Fall – dieser ist in den letzten Tagen auch durch die Medien gegangen – des Attentäters von Paris, der zumindest zeitweise in Recklinghausen wohnhaft gewesen ist und sich mit mehreren Identitäten in Europa bewegt hat. Das unterstreicht die Notwendigkeit, dass Bund und Länder geordnete Verfahren schaffen müssen.

Im vorigen Jahr haben wir bei der Erstbetreuung und Unterbringung von Flüchtlingen schon viel erreicht. Die Registrierung erfolgt inzwischen mit der Aufnahme. Aber ich sage hier deutlich: Nordrhein-Westfalen hat frühzeitig in Berlin darauf hingewiesen, dass es sinnvoll und notwendig ist, von allen, die zu uns kommen, auch frühzeitig Fingerabdrücke zu nehmen. Durch die Nichtexistenz einheitlicher Datenräume ist das bisher nicht geschehen. Die Rechtsänderung ist jedoch auf dem Weg. Wir werden Gott sei Dank ab dem 01.02. eine andere Situation haben, und dann werden wir, wenn die bundesgesetzlichen Voraussetzungen geschaffen sind, erkennungsdienstliche Maßnahmen durchführen.

Die neuen Regelungen eröffnen die Möglichkeit der Datenspeicherung und des Datenzugriffs endlich für alle im Asylverfahren beteiligten Behörden, nicht nur für das BAMF. Es wird ein gemeinsamer Kerndatenbestand geschaffen und allen am Asylverfahren Beteiligten zugänglich gemacht. Alle Stellen werden dann mit sogenannten Fast-ID in der Lage sein, über einen Fingerabdruckvergleich die Identität der jeweiligen Person zu klären, um zum Beispiel Mehrfachantragstellungen zu verhindern. Wir werden diese Möglichkeiten so schnell wie möglich in die Regierungsprozesse unserer Einrichtungen einbauen. Darauf können Sie sich verlassen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es ist mir heute aber auch wichtig, deutlich darauf hinzuweisen: Einer der wirklich wichtigen Punkte in der Situation, in der wir uns zurzeit befinden, ist und bleibt die Dauer der Verfahren. Wir haben es mit einer Gruppe von Tätern zu tun, bei der man nach dem momentanen Stand der Ermittlungen davon ausgeht, dass sie aus Marokko und Algerien kommen. Die durchschnittliche Dauer des Asylverfahrens für Angehörige dieser Nationalitäten liegt bei 14,7 Monaten. Darin nicht eingerechnet ist die Zeit davor, die man braucht, bis das Verfahren beginnt. Das ist eindeutig zu lang, insbesondere wenn man bedenkt, dass nur rund 3 % der Asylsuchenden eine Bleibeperspektive haben.

Wir brauchen hier beschleunigte Verfahren. Es kann nicht sein, dass die Menschen mit der klaren Perspektive, nicht bleiben zu können, jahrelang bei uns sind und dass sie dann in die Kriminalität abdriften. Das darf nicht passieren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU und der FDP)

– Ja, ich sage auch etwas zur Abschiebung. Danke für den Hinweis. – Ich weiche hier keiner Debatte aus. Wir müssen Ordnung schaffen bei Asyl und Zuwanderung, aber auch bei Abschiebung. Die Landesregierung – und Sie wissen hoffentlich genauso gut wie ich, wer für Abschiebung zuständig ist – wird alle Maßnahmen auf Bundesebene unterstützen,

(Gregor Golland [CDU]: Ach so! Jetzt plötzlich?)

die tatsächlich dazu führen, Straftäter schneller auszuweisen und abzuschieben, wenn dazu die Voraussetzungen gegeben sind; darin sind wir uns einig.

Das Land wird die Kommunen bei Abschiebungen und freiwilligen Ausreisen noch effektiver unterstützen. Wir werden zentrale Koordinierungsstellen bei den Zentralen Ausländerbehörden einrichten und dort auch das Personal verstärken. Die Koordinierungsstelle wird bisherige Unterstützungsleistungen bei Abschiebungen, wie Flug- und Transportmanagement, bündeln und den Kommunen als zentrale Ansprechpartner für alle Probleme zur Verfügung stehen.

Meine Damen und Herren, wir kennen die Realitäten. Wir wissen, dass es viele gibt, die nicht abgeschoben werden können. Bei vielen Ausreisepflichtigen fehlen die Reisedokumente. Das betrifft insbesondere auch den Bereich Marokko und Algerien. Wir haben dann nämlich das Problem, dass diese Länder diese Menschen nicht zurücknehmen, weil sie Passersatzpapiere nicht akzeptieren.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Die nehmen auch nur 10 % zurück!)

Hier ist der Bund gefordert. Er ist auf dem Weg, auf die Beseitigung dieser Abschiebehemmnisse hinzuwirken, und das ist dringend erforderlich. Wir als Nordrhein-Westfalen werden uns an der geplanten Organisationseinheit für die Beschaffung von Passersatzpapieren selbstverständlich beteiligen. Das ist ein wichtiger Punkt, den wir hier in Deutschland miteinander regeln müssen.

(Beifall von der SPD)

Und noch ein Punkt im Bereich Justiz: Es ist gut, dass die Bundesregierung das Sexualstrafrecht nun endlich verschärft und die CDU ihren jahrelangen Widerstand aufgibt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wenn das Gesetz in Kraft tritt, wird damit zu rechnen sein, dass mehr Frauen den Mut finden, sexuelle Übergriffe auch anzuzeigen. Darauf werden wir Polizei und Justiz entsprechend vorbereiten, und wir werden dafür sorgen, dass das auch in organisatorischer Hinsicht abgefedert sein wird.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Doch schon?)

Ganz unabhängig von den aktuellen Ereignissen in Köln müssen wir uns klarmachen, dass sexuelle Gewalt auch in unserer Gesellschaft nach wie vor ein Problem ist. Nur findet sie typischerweise im sozialen Nahraum der Familie oder im Bekanntenkreis statt. Noch immer erleben Opfer, dass ihnen nicht geglaubt wird, oder es werden Taten bagatellisiert. Frauen, die sexuelle Gewalt erlebt haben, tun sich oft schwer mit einer Anzeige, weil sie befürchten müssen, dass ein Strafverfahren zu belastend wird, weil ihnen die Verantwortung oder gar Schuld für das Geschehen zugeschrieben wird.

Deshalb haben wir hier in Nordrhein-Westfalen gut ausgebaute Schutz- und Hilfsangebote für Opfer sexualisierter Gewalt. Es gibt Schulungen bei der Polizei und Sonderdezernate bei den Staatsanwaltschaften. Wir werden die weiteren Maßnahmen zur Prävention gegen alle Formen von sexualisierter Gewalt weiter ausbauen. Auch diese Zusage gilt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, kein Zweifel: Die Silvesternacht in Köln wirft einen großen und dunklen Schatten. Viele Menschen sind verunsichert. Wir stehen vor der großen und wichtigen Aufgabe, das Sicherheitsgefühl wieder herzustellen.

Wir dürfen aber die andere, womöglich größere Aufgabe nicht vernachlässigen. Ich spreche von der Aufgabe der Integration. Im Gegenteil: Wir müssen unsere Anstrengungen verstärken und darüber auch mit dem Bund weiter im Gespräch bleiben. Wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, was Landkreise und Kommunen für Flüchtlinge tun. Wir dürfen auch nicht aus dem Blick verlieren, was Hunderttausende Bürgerinnen und Bürger von Mensch zu Mensch für sie tun. Das darf nicht verloren gehen. Die Willkommenskultur ist und bleibt stark in diesem Land. Das freut mich, und das ist gut für unser Land.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Es gibt auch keinen Grund, die Chancen der Integration infrage zu stellen. Niemand hat gesagt, dass es einfach wird – wegen kultureller Hintergründe, Traumatisierungen und vielem anderen. Aber immer haben wir gesagt, dass Zuwanderung Chancen bietet, wenn wir frühzeitig das Richtige tun. Bildung, Wertevermittlung, Arbeit, Wohnen, Nachbarschaften – all diese Themen haben wir mehrfach miteinander diskutiert, und es ist richtig und gut, dass wir hier frühzeitig mit den richtigen Maßnahmen unterwegs sind.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine einzigartige Infrastruktur aufgebaut. Ich spreche von den Kommunalen Integrationszentren. Diese gibt es inzwischen flächendeckend, und sie wurden gerade erst personell weiter gestärkt, um neben den vorhandenen Aufgaben für die Koordination der Integrationsleistungen in den Kreisen und kreisfreien Städten auch Verantwortung für das Thema „Vermittlung von Werten und Regeln“ zu übernehmen. Dafür haben wir auch bereits die entsprechenden Materialien entwickelt; Stichwort: „KOMM-AN“-Paket.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, wir sind uns darüber einig, dass Sprache der Schlüssel für Integration ist. Deshalb möchte ich hier heute noch einmal festhalten: Als erstes und bisher einziges Bundesland investiert Nordrhein-Westfalen erhebliche Mittel, um zunächst 3.600 Plätze in Basissprachkursen zusätzlich zu den Angeboten des Bundes zu schaffen.

Uns ist wichtig, dass das frühzeitig erfolgt. Bei denen, die eine gute Bleibeperspektive haben, wollen wir nicht Monate warten, bis über den Asylantrag entschieden ist. Ich bin sehr davon überzeugt, dass das die richtige Maßnahme ist, um Integration gut anzulegen. Und wenn die Mittel nicht reichen, werden wir sie weiter aufstocken. Auch diese Zusage gilt.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Verhalten der Täter in der Silvesternacht war ekelhaft. Es war brutal. Es war herabwürdigend, und es war im Kern ohne jede Spur von Respekt. Klar ist: Wer bei uns leben möchte, muss sich nicht nur an unsere Gesetze halten, sondern auch unsere Werte achten. Sie müssen wissen, dass die Würde des Menschen unser höchstes Gut ist. Sie ist Kern unseres friedlichen Zusammenlebens, und deshalb ist und bleibt sie unantastbar. Das zu respektieren und zu leben, fordern wir ein, und davon weichen wir keinen Millimeter ab.

Es darf an dieser Stelle nicht darüber hinweggesehen werden. Zunehmende Respektlosigkeit ist mittlerweile zu einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen geworden; sie lässt sich nicht nur auf Männer, wie sie in der Silvesternacht gewütet haben, reduzieren.

Wie bereits angekündigt, wird sich die Landesregierung dieses Themas annehmen. Das ist ein Punkt aus dem Koalitionsvertrag, den wir für dieses Jahr auf die Agenda genommen haben, und zwar bereits vor den Vorfällen in Köln.

(Dr. Gerhard Papke [FDP]: Ah!)

Es geht – Sie wissen das, weil Sie ja mehrfach nachgefragt haben und ich Ihnen das auch erläutert habe – um die Woche des Respekts.

(Hendrik Schmitz [CDU]: Genau! Eine Woche!)

Es geht uns darum, den öffentlichen Diskurs, der erkennbar wichtig ist, zu intensivieren und gemeinsam mit allen gesellschaftlichen Gruppen klarzustellen, welchen Stellenwert Respekt in unserer Gesellschaft hat.

(Zuruf von der FDP: Ich bin schwer beeindruckt!)

Meine Damen und Herren, wir handeln für mehr innere Sicherheit, für bessere Integration, für mehr Respekt in unserer Gesellschaft. Wir stellen uns entschieden gegen Gewalt von rechts. Aber bei aller Emotionalität, bei aller Sorge und auch Angst dürfen wir uns nicht dazu hinreißen lassen, nicht mehr sachlich zu prüfen, zu analysieren, was zu tun ist.

Straftäter sind Straftäter, egal wo sie herkommen. Der Rechtsstaat wird nicht durch die Herkunft, die Religion, das Alter oder die Hautfarbe von Menschen herausgefordert. Er wird durch Täter herausgefordert, die Recht brechen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN – Michele Marsching [PIRATEN]: So ist es!)

Wir dürfen nicht alle über einen Kamm scheren. Köln darf nicht verdecken: Die große Mehrheit derer, die zu uns kommen, will arbeiten. Sie wollen gute Nachbarn werden und normaler friedlicher Teil unserer Gesellschaft sein – das hat sich nicht geändert –, so wie die vielen Menschen und ihre Nachkommen, die seit Jahrzehnten zu uns kommen, längst gute Mitbürgerinnen und Mitbürger, unsere Nachbarinnen und Nachbarn, unsere Arbeitskolleginnen und -kollegen sind. Damit ist ganz klar: Wir brauchen auch und gerade nach Köln mehr und nicht weniger Integration.

Wir werden weiter die großartige Willkommenskultur unterstützen, die sich hier in Nordrhein-Westfalen so vorbildlich gezeigt hat.

Es gehört aus Gründen der Glaubwürdigkeit aber auch dazu, dass wir systematisch vorgehen und sachlich analysieren. Wir Politiker – ich meine nicht nur die der regierenden Parteien, sondern alle – dürfen allerdings nicht mehr versprechen, als wir halten können. Wir dürfen keine Scheindebatten führen, uns nicht nur oberflächlich mit den Herausforderungen auseinandersetzen, vor denen wir stehen.

Meine Damen und Herren, es gibt dazu einige Punkte, die ich gerne ansprechen würde; das ist eine persönliche Anmerkung, die ich anschließen möchte.

Der Ausschuss hat getagt, die Berichte liegen vor. Die Fehler sind benannt. Es gab Fehler, ja – ich habe sie angesprochen –, auch bei der Öffentlichkeitsarbeit, zum Beispiel die Presseerklärung, es sei an Silvester ruhig gewesen.

Ich stelle hier aber auch noch einmal fest: Die ersten Berichte in der Öffentlichkeit, in den sozialen Medien, dass die Lage anders war, stammen vom 1. Januar.

Die öffentliche Debatte nahm Fahrt auf durch die Berichterstattung in den lokalen Medien am Montag, dem 4. Januar.

Mein erstes Statement habe ich am 5. Januar gegenüber der örtlichen Zeitung, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, abgegeben,

(Michele Marsching [PIRATEN]: Genau da ist das Problem!)

der diese Informationen in Absprache mit uns auch auf die sogenannten Ticker gegeben hat.

Das führte dazu, dass WDR Online das am 5. Januar hatte und am 6. Januar alle maßgeblichen Zeitungen in Nordrhein-Westfalen über mein Statement berichtet haben.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Dieses Statement war klar, war deutlich und hat das umfasst, was ich zu diesem Zeitpunkt habe sagen können und wollen. Es gehört zu einer guten Sachpolitik, zu verantwortlicher Politik, dass sich gerade diejenigen, die regieren, nicht zu Mutmaßungen hinreißen lassen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Michele Marsching [PIRATEN]: Ach, so wie Herr Minister Jäger am 04.01.? Super! -Zurufe von der CDU)

– Ja, Beispiele für die Dinge, die in der Berichterstattung über Mutmaßungen angefeuert worden sind, kann ich Ihnen gerne nennen.

(Zurufe von der CDU – Michele Marsching [PIRATEN]: Ich auch!)

Es gab ja nicht nur das Gerücht oder falsche Mutmaßungen, es gab beispielsweise die fatale Entwicklung, dass davon gesprochen worden ist, auf dem Platz seien mehr als 1.000 Menschen ausländischen Aussehens gewesen, aus denen dann in relativ kurzer Zeit medial 1.000 Täter wurden. Eine solche Entwicklung ist fatal. Wie wir heute wissen, waren es nicht 1.000 Täter auf dem Platz.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Ein weiteres Beispiel: Die Polizei sollte während des Einsatzes – so wurde berichtet – Verstärkung angefordert und nicht bekommen haben. Wie wir heute wissen, ist das falsch.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Immer wieder wird – bis heute noch – in den Medien gesagt, der Kölner Polizeipräsident hätte verschwiegen, welche Nationalität die Menschen haben, die dort – wie nennt man das? –

(Minister Ralf Jäger: Auf dem Platz waren!)

auf dem Platz waren,

(Minister Ralf Jäger: Die Störer!)

die Störer, von denen die Polizei versucht hat, die Personalien festzustellen. Wer sich die entsprechenden Videos der Pressekonferenzen anschaut, der sieht, dass das falsch ist. Er hat sehr frühzeitig darauf hingewiesen, aus welchem Raum – Nordafrika – die Täter kamen.

Ich sage das nur, weil ich es sehr wichtig finde, dass wir Fehler sachlich aufarbeiten.

Aber wir alle haben auch die gemeinsame Verantwortung, dafür zu sorgen, dass mit diesen Vorfällen nachhaltig, sachlich umgegangen wird.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich appelliere an alle, sich gemeinsam auf die Herausforderung zu konzentrieren, an realistischen Lösungen zu arbeiten.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Fangen Sie mal an!)

Wir nehmen die gewachsene Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger ernst. Wir stehen in der Verpflichtung, diese Verunsicherung nicht weiter zu schüren – auch das gilt –, sonst spielen wir denen am rechten Rand in die Hände, die eben keine Lösungen wollen, die daraus nur politisch Profit schlagen wollen. Wir spielen denen in die Hände, die sogar Jagd auf Ausländer machen.

Das sind Attacken auf unsere Demokratie, auf unsere Freiheit, auf unseren Rechtsstaat. Auch dagegen müssen wir uns wehren, und zwar gemeinsam.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Die Silvesternacht in Köln hat sehr schmerzhaft gezeigt, wo wir besser werden müssen. Wir müssen hart arbeiten. Nichts darf beschönigt oder verharmlost, aber auch nichts dramatisiert werden.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Wie im Innenausschuss?)

Ich höre Ihre Zwischenrufe. Ich lese und höre auch Ihre Interviews. Ich finde, das hat an manchen Stellen mit Angemessenheit nichts mehr zu tun. Auch das sage ich einmal in dieser Debatte.

(Starker Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Wir werden weiter eine sachliche und verantwortungsvolle Politik betreiben. Wir werden uns die Zeit nehmen, unsere Äußerungen und Rückfragen zu Details erst dann zu machen bzw. zu beantworten, wenn Berichte vorgelegt werden, und uns nicht in Mutmaßungen ergehen. Das ist Aufgabe von verantwortungsvoller Politik und insbesondere von Regierung, und dieser Verantwortung werden wir nachkommen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Frau Ministerpräsidentin. – Ich eröffne die Aussprache und erteile als erstem Redner vonseiten der antragstellenden Fraktion der CDU Herrn Kollegen Laschet, dem Fraktionsvorsitzenden der CDU, das Wort.

Armin Laschet (CDU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ausmaß und die Art der Geschehnisse in der Silvesternacht in Köln sprengen den Rahmen des Vorstellbaren. Die Ministerpräsidentin hat das beschrieben: furchtbare Gewaltorgien mitten in der größten Stadt unseres Landes. Der Kölner Hauptbahnhof und die Domplatte waren an diesem Abend ein rechtsfreier Raum, eine No-go-Area für Frauen.

Die Zahl der Anzeigen steigt von Tag zu Tag weiter. Das Ausmaß der Taten wird immer deutlicher. Sie alle haben den Bericht in seinen verstörenden Details gelesen, die man nicht einmal zitieren will. Ein Polizist schildert:

„Frauen mit Begleitung oder ohne durchliefen einen im wahrsten Sinne Spießroutenlauf, wie man es nicht beschreiben kann.“

Und ein Opfer sagt:

„Schon als wir auf dem Bahnhofsvorplatz ankamen, habe ich plötzlich nur noch Männer gesehen. Es waren Hunderte. Und sie haben uns behandelt wie Freiwild.“

Das sind traumatische Erfahrungen der direkt betroffenen Frauen und Polizisten. Im ganzen Land, an jedem Ort wird über diesen Vorgang in Köln debattiert – zu Recht, denn das, was in Köln passiert ist, hätte nicht passieren dürfen. Die Vorkommnisse in Köln werden uns noch lange beschäftigen.

Die Folgen sind bereits jetzt sichtbar. Diese Folgen muss man wahrnehmen, wenn man Konsequenzen ziehen will. In Düsseldorf patrouillierte am letzten Wochenende zum ersten Mal eine Bürgerwehr. Eine Kölner Bürgerwehr sucht über Facebook nach Kampfsportlern, Bodybuildern und Türstehern, um auf Streife zu gehen. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die etwas anders aussehen, als Menschen sie sich vorstellen, sind Anfeindungen ausgesetzt.

(Unruhe von der SPD und den GRÜNEN)

– Ja, so denken die Täter. Sie müssen das wahrnehmen. Das ist doch eine der Folgen der Ereignisse dieser Nacht, dass Zuwanderer, die eine andere Hautfarbe haben, nicht mehr sicher durch Köln gehen können, weil Rechtsradikale sie angreifen.

(Beifall von der CDU)

Das ist doch eine der Folgen davon, die wir jetzt möglichst gemeinsam bewältigen müssen. Wir müssen die Anfeindungen wieder zurückführen. Menschen, die anders aussehen, werden krankenhausreif geschlagen. Das ist seit Silvester in einer Stadt, die eine der tolerantesten in ganz Deutschland ist, zur Realität geworden.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Und wer macht das salonfähig mit seinen Aussagen?)

Die Anzahl der Verkäufe von Pfefferspray steigen an. Die Kölner Polizei sagt, es gibt so viele Anträge auf einen kleinen Waffenschein, dass sie den Bürgern empfiehlt, den kleinen Waffenschein dort zu beantragen, wo sie wohnen. Sie können die Anträge nicht mehr bewältigen. Selbstverteidigungskurse für Frauen sind an manchen Orten ausgebucht. Und rechte Populisten nutzen im Netz diese Kölner Nacht, um gegen Schutzbedürftige in unserem Land und gegen die Flüchtlingspolitik zu hetzen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Nicht nur im Netz, auch gestern im Bundestag!)

Das ist das Ergebnis einer Silvesternacht in Nordrhein-Westfalen. Und das ist ein verheerendes Ergebnis, das wir heute zu attestieren haben.

(Beifall von der CDU)

Was in den betroffenen Frauen, den Opfern dieses Abends, vorgeht, wenn sie jetzt aus dem Haus gehen, das können wir gar nicht ermessen. Der Vertrauensverlust der Bevölkerung in die Sicherheitsbehörden und die innere Sicherheit in unserem Land ist immens.

Und was muss die Politik tun? – Aufklären, Gegenmaßnahmen diskutieren und umsetzen. Deshalb haben wir die Sondersitzung des Innenausschusses beantragt, die in dieser Woche stattgefunden hat. Der Landtag als Volksvertretung ist das Forum für Antworten. Die Sitzung am Montag wäre die Chance für den Innenminister gewesen, endlich reinen Tisch zu machen.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Hat er doch!)

Stattdessen gab es einen zackigen Auftritt wie eh und je. Als Ressortchef hat er die gesamte Verantwortung nach unten weggedrückt. Das ist nicht das richtige Verhalten!

(Beifall von der CDU, der FDP und Michele Marsching [PIRATEN])

Herr Jäger ist ein Situationsethiker. Er überlegt sich seine Maßstäbe je nachdem, wie es in die Landschaft passt.

(Beifall von der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Er hatte einmal den Maßstab, der unter Demokraten eigentlich normal ist, nämlich den der Ressortverantwortlichkeit. Wir erinnern uns an die diversen Rücktrittsforderungen, meistens von diesen Plätzen

(Der Redner weist auf die Bänke der SPD-Fraktion)

des Hauses lautstark vorgetragen und in jedem Medium ständig kommuniziert.

Die meisten Fälle kennen Sie alle; es sind ca. zehn an der Zahl in wenigen Jahren. Ein Fall war, dass die Staatsanwaltschaft Mönchengladbach im August 2009 Akten verloren hatte, was ein schlimmer Vorgang war. Er sagte dann – ich zitiere wörtlich –: Die Ministerin …

(Zurufe und Lachen von der SPD, den GRÜNEN und den PIRATEN)

– Die Zuschauer, die diese Debatte verfolgen, können ihre lachenden Gesichter nicht sehen. Ich weiß nicht, ob es angemessen ist, an einem solchen Tag in großes Gelächter auszubrechen,

(Beifall von der CDU und der FDP)

wenn der Hinweis darauf erfolgt, dass in Mönchengladbach Akten verloren gegangen sind. Aber Sie können sicher sein: Auch wenn Sie lange lachen und stören, werden Sie es nicht verhindern, dass ich das Zitat von Herrn Jäger, von dem Sie ahnen, dass es jetzt kommt, hier vorlesen werde. Deshalb: Je weniger Sie lachen, desto schneller kommt es, und der Vorgang ist für Sie vorbei. Das Zitat lautet:

„Die Ministerin versucht abermals, die Verantwortung für die skandalösen Zustände in der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach auf nachgeordnete Beschäftigte abzuwälzen.“ – Sie ist eine Gefahr für die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Meine Damen und Herren, liebe Kollegen, da waren ein paar Akten verloren gegangen. Was war denn dann die Silvesternacht mit den Skandalen für ein Vorgang der inneren Sicherheit!?

(Beifall von der CDU, der FDP und Michele Marsching [PIRATEN])

„… auf nachgeordnete Beschäftigte abzuwälzen.“ – Was war denn diese Tirade im Innenausschuss in dieser Woche anderes? Wir kennen das Prinzip.

Nach den Misshandlungen von Flüchtlingen in Burbach im September 2014 sagte der Minister noch: Ich übernehme keine Verantwortung, ich habe sie. – Aber in der Folge dieses Ereignisses, im nicht enden wollenden Chaos Ihrer Flüchtlingspolitik, hat er gemeinsam mit der Frau Ministerpräsidentin stillos den Regierungspräsidenten Bollermann vorzeitig aus dem Amt befördert.

(Vereinzelt Beifall von der CDU)

Er hat wieder auf niedrigere Beschäftigte abgewälzt. Das ist Ihre Art quer durch die Politik.

Heute sagt der Minister, Frau Ministerpräsidentin, er habe keine operative Verantwortung getragen. – Ja, das ist wahr. Das ist nun eine wirkliche Binsenweisheit, dass ein Innenminister keine operative Verantwortung hat und dass er auch nicht auf der Kölner Domplatte stehen muss. Aber der Kölner Polizeipräsident hat auch nicht auf der Kölner Domplatte gestanden. Der hatte in dem Moment auch keine operative Verantwortung,

(Zurufe von der SPD)

aber trotzdem haben Sie gesagt: Ich entlasse diesen Polizeipräsidenten, um einen Neuanfang möglich zu machen. Wie wird denn der Neuanfang in Nordrhein-Westfalen möglich gemacht, wenn Sie weiterhin auf diesem Stuhl sitzen?

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Dann haben Sie Ihr Amt erklärt. – Ich möchte noch einmal daran erinnern, wie das in Oppositionszeiten war; es ist immer weniger geworden. – Die letzte Amtserklärung lautet: Ich bin ja auch kein Gesundheitsminister, der Blinddarmoperationen durchführt. – Sie haben sich entschuldigt, Herr Minister, für die Banalisierung der Straftaten gegenüber den Frauen. Dafür habe ich vollen Respekt, dass Sie das getan haben.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Was hat das denn mit den Straftaten zu tun?)

Aber Sie haben Ihr Amtsverständnis nicht klargestellt. Das sind Ihre Beschäftigten, Sie sind der Dienstherr. Die Gesundheitsministerin ist nicht die Dienstherrin von jedem Arzt in Nordrhein-Westfalen, aber Sie sind der Dienstherr der Polizei. Und politische Verantwortung tragen Sie!

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Die Frau Ministerpräsidentin hat bei „Hart aber fair“ gesagt, ich zitiere:

„Ich habe die Macht und die Aufgabe, als Vertreterin des Staates dafür zu sorgen, dass so etwas nicht geschieht.“

Dann frage ich mich: Wenn Sie die Macht haben, die Aufgabe haben, warum haben Sie es dann nicht getan? – Das, was Sie heute hier vorgetragen haben, ist doch eine Bankrotterklärung von fünf Jahren Innenpolitik in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Ich frage Sie: Wenn Sie sagen, Sie haben die Macht und die Aufgabe – ja, die haben Sie, die hat ein Ministerpräsident dieses Landes –, warum sagen Sie denn nicht Ihrem Minister, der ressortzuständig ist, dass er mit Ihnen zusammen diese Macht und Aufgabe hat? Der sagt nur: Ich bin kein Gesundheitsminister, der Blinddarmoperationen durchführt. – Sagen Sie ihm bitte: Er hat die Macht und die Aufgabe, mit 50.000 Mitarbeitern dafür zu sorgen, dass man sich in diesem Land sicher bewegen kann. Das muss Herr Jäger endlich zugestehen.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Wie macht man das? – Man hat 47 Kreispolizeibehörden, drei Landesoberbehörden, 50.000 Beschäftigte. Das ist die Mitarbeiterschaft, die ein Innenminister hat.

(Minister Ralf Jäger: 45.000!)

– 45.000. Gut. Sie wissen es genau, wie immer. Bei 45.000 ist die Mühe ja nicht ganz so groß, sich auch um diese zu kümmern. Das ist weniger als bei 50.000.

(Beifall von der CDU)

Dann entscheiden Sie, wer wo Polizeipräsident wird. Das ist eine Entscheidung der Landesregierung, wer wo Polizeipräsident wird. Das ist ein Teil dessen, wie man innere Sicherheit herstellt. Sie haben vor vier Jahren Herrn Albers für die größte Stadt des Landes, für eine Millionenstadt, berufen. Sie haben geglaubt, das ist der Beste, den ich da hinschicken kann. Insofern tragen Sie Verantwortung.

Dann gab es die HoGeSa-Demonstration: Rechtsradikale, die an einem Sonntag in Köln Orgien der Gewalt veranstaltet haben. Auch da hat man gesagt: Das haben wir noch nie gesehen. Darauf waren wir nicht vorbereitet. Wir wussten nicht, dass Hooligans gewalttätig sind. So damals die Erklärung. – Und es waren Bilder zu sehen, wie Polizeiwagen umgekippt wurden.

Es folgte ein Handeln nach ähnlichem Muster. Jäger im „Morgenmagazin“: Polizeikonzept ist voll aufgegangen. Wir hatten alles im Griff. – Spätestens da hätten Sie Ihrer Verantwortung gerecht werden müssen, diesen Polizeipräsidenten auszuwechseln.

Dann kamen die SEK-Skandale. – Sie allerdings haben immer betont: Das ist mein bester Mann.

Deshalb ist es zu billig, heute zu sagen: Den entlasse ich. Ich bin der Oberaufklärer. Ich habe mit Köln nichts zu tun. – Sie haben durch Ihre Politik am allermeisten mit Köln zu tun.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Verantwortung gibt es nicht nur bei PR-Aktionen. Wenn irgendwo ein Blitzmarathon ist, dann steht der Minister mit riesigem Pressegefolge am Gerät und übt operative Verantwortung aus.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Er tut so, als würde er handeln. Er steht da wie ein Polizeibeamter.

Wir erinnern uns an die letzte Landtagswahl, die im Jahre 2012; ich erinnere mich sehr genau. Komischerweise wurden in der Woche vor der Landtagswahl überall im Land Rockerbanden verboten. Das ist über Jahre nicht passiert. Zehn Tage vor der Landtagswahl wurde plötzlich operative Verantwortung wahrgenommen.

Deshalb, Herr Minister: Sie tragen die politische Verantwortung. Was anderes ist denn politische Verantwortung, wenn man nicht bei einem solchen Punkt so etwas in sich selbst empfindet?

Was politische Verantwortung bedeutet, hat Rudolf Seiters 1993 nach einem GSG-9-Einsatz zur Ergreifung von RAF-Terroristen gezeigt. Er saß in Bonn, während in Bad Kleinen in Mecklenburg ein Polizeieinsatz schiefging. Ein Terrorist kam ums Leben. Damals wurden übrigens zu einem späteren Zeitpunkt alle Vorwürfe gegen die Beamten, die erhoben worden waren, widerlegt. Obwohl er persönlich nicht in der Kritik stand, zog er die Konsequenzen und trat damals als Bundesinnenminister zurück. Er hat das begründet mit der Aussage, es gäbe in Deutschland zu Recht den Begriff der politischen Verantwortung. Wer soll denn die Verantwortung übernehmen, wenn nicht der Minister? Das fragte Seiters damals.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Die Zeitung schrieb damals: Sein Abgang war so wie seine Amtsführung: honorig. Rudolf Seiters entsprach mit seinem Rücktritt besten demokratischen Tugenden.

Minister Jäger hat am Montag und bis zum heutigen Tag das Gegenbeispiel gezeigt: Drücken vor politischer Verantwortung, Abschieben auf Beschäftigte und nachgeordnete Behörden. – Nehmen Sie sich mal ein Beispiel an honorigen Ministern in Deutschland, lieber Herr Minister Jäger! So geht es nicht.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Was heißt das für die Zukunft? – Wir haben ja heute markige Ankündigungen der Ministerpräsidentin gehört. Wenn das demnächst wieder passiert, wenn irgendwo im Land wieder etwas schiefläuft, wird – egal, was passiert – nie der Minister verantwortlich sein. Dann wird man massenweise Polizeipräsidenten entlassen, vielleicht Beschäftigte im Ministerium entlassen. Aber der Minister selbst wird nach seiner Definition – egal, was passiert – nie persönlich verantwortlich sein.

Neben der Übernahme der politischen Verantwortung sind Sie bis heute auch eine Entschuldigung schuldig geblieben. Sie haben sich im Innenausschuss – im Gegensatz zur Frau Ministerpräsidentin bei anderer Gelegenheit – nicht bei den Opfern entschuldigt, bei denen, die in Köln am Silvesterabend nicht sicher über die Domplatte gehen konnten. Mindestens das hätten Sie machen können, wenn Sie honorig wären und einen Hauch von Anstand in sich hätten, Herr Minister.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN – Martin Börschel [SPD]: Unverschämtheit!)

Es gibt eine Menge offene Fragen. Warum gab es keine vollumfängliche Bereitstellung der im Vorfeld durch das Kölner Polizeipräsidium angeforderten Verstärkung? Ich meine nicht, in der Silvesternacht. Der Vorgang wird noch aufzuklären sein. Da erzählen uns Polizisten auch manches andere. Aber ich will nur das behaupten, was wir wissen. Das wird im Innenausschuss noch aufzuklären sein.

(Martin Börschel [SPD]: Das wäre das Neueste!)

– Ja, davor haben Sie Angst, dass das alles noch rauskommt, dass wir mal Zeugen der Kölner Polizei einladen. Ich weiß, dass das bei Ihnen Unruhe auslöst.

(Zurufe von der SPD)

Aber eines steht fest: Die Kölner Polizei hat mehr Kräfte beantragt, als dann am Ende bewilligt wurden. Dann kam eine abstrakte Terrorwarnung für Deutschland und aufgrund dieser Warnung hat die Bundespolizei die Kräfte am Kölner Hauptbahnhof dann ganz entschieden aufgestockt.

Sie aber haben nicht mehr reagiert. Sie haben dem Wunsch der Kölner Polizei nicht entsprochen, mehr Kräfte bereitzustellen. Dies wird aufzuklären sein.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Dann sagen Sie, Herr Minister, das Innenministerium habe das Kölner Polizeipräsidium immer wieder aufgefordert, für die Richtigstellung der Geschehnisse zu sorgen. – Wir wissen seit der gestrigen Innenausschusssitzung des Bundestages, dass eine Meldung, bereits in der Nacht bei Ihnen eingetroffen – das wissen wir von hier und den Rest vom Bundestag –, dann vom Lagezentrum nach Berlin gesandt wurde, dass zwischenzeitlich eine Massenpanik gedroht habe.

Hat Ihr Lagezentrum Sie, Herr Minister, darüber informiert? Wenn es Sie informiert hat, haben Sie denn dann die Frau Ministerpräsidentin mit der Meldung aus der Silvesternacht darüber informiert, was am Kölner Hauptbahnhof stattgefunden hat? Wenn das Ministerium Sie informiert hat – wovon ich mal ausgehe, denn dafür ist ja ein Lagezentrum da –, warum haben Sie nicht, als am 1. Januar, am Neujahrstag, die Kölner erklärt haben, es sei alles wunderbar und eine friedliche Stimmung gewesen, am 2. Januar oder am 3. Januar die Öffentlichkeit über die wirkliche Lage informiert?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Das ist Ihr Versäumnis. Niemand anders hat dieses Versäumnis zu verantworten.

Mit diesen drei Tagen des Nichtstuns haben Sie ganz persönlich das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Polizei und die Politik erschüttert.

Sprechen wir jetzt über die Täterinformationen. Auch hier wälzen Sie die Schuld komplett auf die Kölner Polizei ab. Wir hören jedoch das Gegenteil. Polizisten schildern uns – die Polizeigewerkschaft hat das auch gesagt; viele beschreiben das so –, dass es noch im August letzten Jahres die klare Ansage und die Erlasslage für ein internes Lagebild mit dem Begriff „Flüchtling“ gab. Im Dezember 2015 heißt es dann, dass ab 1. Januar 2016 das Merkmal „Zuwanderer“ benutzt werden soll und nicht mehr das Merkmal „Flüchtling“.

Sie werden jetzt sagen – und so ist es auch –: Das ist eine gemeinsame Verabredung aller Länder mit dem Bund, dass man jetzt an der Begrifflichkeit und an dem Maßstab etwas ändert. Aber Herr Minister Jäger, können Sie denn den einzelnen Beamten verstehen, der vor der Schwierigkeit stand, diese Meldung zu schreiben, und der gesagt hat: „Das ist politisch heikel“? Können Sie nicht verstehen, dass dieser Polizist unsicher ist, wenn es im Erlass vom Augst „Flüchtling“ heißt und im Dezember „Zuwanderer“, und er sagt: „Ich schreibe das anders“?

Sie haben im Ausschuss so getan, als würden wir alle anweisen: Ihr müsst „Flüchtling“ sagen. Das sagen wir immer schon so. – Nein, wir verheimlichen nichts. Im Gegenteil. Wir ermutigen die Beamten, klar zu benennen, ob jemand Flüchtling ist. Mit den Erlassen und dem, was sie ausstrahlen, hat das nichts zu tun.

(Beifall von der CDU)

Dieser Beamte hat sich schlicht und einfach an Ihre Weisungen gehalten. Wenn diese so unklar sind und Sie dauernd die Erlasse ändern, wenn Sie während der Sitzung des Innenausschusses diesen Erlass vom Dezember vielleicht gar nicht kannten, dann müssen Sie sich doch nicht wundern, wenn die Menschen, die das Ganze draußen zu kommunizieren haben, nicht mehr wissen, was sie sagen sollen. Die Beamten brauchen eine klare Führung, sie brauchen klare Ansagen und nicht das, was Sie im Innenausschuss in dieser Woche präsentiert haben.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Der lippische SPD-Landrat hat übrigens gesagt: Für uns spielt der Status keine Rolle. Wir werden auch mit der neuen Regelung nicht offensiver mit der Sache umgehen als bisher.

Sie machen dauernd neue Erlasse. Die Menschen, die das vor Ort umsetzen müssen, wissen nicht, was sie sagen sollen. Darum: Sie haben nicht die Wahrheit gesagt, als Sie im Ausschuss meinten: Es gibt keinen Erlass, der besagt, „Flüchtlinge“ nicht zu benennen – im Gegenteil. Es heißt jetzt „Zuwanderer“. Das ist die Erlasslage seit Dezember 2015.

Mit diesem Tricksen, mit diesen Formulierungen und diesen immer neuen Erklärungen

(Zurufe von der SPD)

verwirren Sie die Menschen und tragen nicht zur inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen bei.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zurufe von der SPD)

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben heute manche Forderungen aufgegriffen, die wir hier seit Langem erheben, jedenfalls verbal. Sie haben etwas gemacht, was mich eher verwundert hat: Sie haben hier eine lange Passage über Flüchtlingspolitik, über Abschiebungen und was auch immer vorgetragen. Darüber können wir durchaus mal in einer getrennten Debatte diskutieren. Aber heute geht es um ein Versagen der inneren Sicherheit, um ein Versagen des Innenministers und nicht um Abschiebungen oder irgendetwas anderes.

(Beifall von der CDU)

Diese Vermischung ist nicht angemessen.

(Beifall von der CDU)

Wir haben eine Strukturreform der Polizei und eine Konzentration auf Kernaufgaben gefordert. Wir haben Bodycams für die Polizisten gefordert, die den Polizisten in schwierigen Lagen schützen. Dadurch weiß der Täter, dass sein Tun aufgezeichnet wird.

(Daniel Düngel [PIRATEN]: 80 Kameras rund um den Hauptbahnhof in Köln! Lächerlich! Lächerlich!)

– Ja, gut ...

(Zurufe von den PIRATEN und der SPD)

– Dass die Piratenpartei kein besonderes Gespür für innere Sicherheit hat, ist bekannt.

(Beifall von der CDU – Michele Marsching [PIRATEN]: Genau! Kameras machen mehr Sicherheit! Ganz genau! Super! Daumen hoch! – Zuruf von Torsten Sommer [PIRATEN])

Ich dachte aber bisher, dass der sozialdemokratischen Partei dieses Thema wichtig ist. Die schwarz-grüne Regierung in Hessen hat Bodycams zum Schutz der Polizeibeamten und für mehr Sicherheit beschlossen.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Das haben wir vor zwei Jahren schon gefordert!)

Ich möchte, dass wir auch in Nordrhein-Westfalen unter einer rot-grünen Regierung schleunigst zu einem solchen Beschluss in diesem Landtag kommen.

 (Beifall von der CDU)

Wir haben die Einführung einer Mindeststrafe für Angriffe auf Polizeibeamte, Feuerwehrleute und Rettungskräfte beantragt. Sie machen das Gegenteil. Im Koalitionsvertrag ist Ihr Hauptanliegen, Namensschilder für Polizisten einzuführen. Wir müssen zu einer neuen Vertrauenskultur zu Polizeibeamten kommen und nicht zu einer Misstrauenskultur, wie Sie sie hier voranbringen.

(Beifall von der CDU)

Wir brauchen die Schleierfahndung. Wir brauchen verdachtsunabhängige Kontrollen. Das hätte auf der Kölner Domplatte geholfen!

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Zu wenig Polizeieinsatz!)

Es gibt zwei deutsche Bundesländer,

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Wir brauchen mehr Polizisten!)

bei denen dies mit voller Absicht nicht gesetzlich geregelt ist. Sie dürfen zweimal raten, welche Bundesländer das sind: Bremen und Nordrhein-Westfalen. Alle anderen Bundesländer haben dieses Mittel. Wenn es ernst gemeint war, Frau Ministerpräsidentin, dass jetzt alles anders werden soll, dass Sie jetzt – nach fünf Jahren Regierungszeit – mit innerer Sicherheit beginnen wollen,

(Jochen Ott [SPD]: Lächerlich!)

dann geben Sie der Polizei die Mittel, die sie braucht, damit sie alles das umsetzen kann, was wir politisch von ihr fordern.

(Beifall von der CDU – Nicolaus Kern [PIRATEN]: Wir haben auch nicht die Vorratsdatenspeicherung gefordert! – Zurufe von der SPD)

Frau Ministerpräsidentin, dann haben Sie ganz akribisch vorgerechnet, wie umfassend, wie gut und wie durchdacht Ihre Kommunikation der letzten zehn Tage war: Alles war gut, alles war richtig, es wurde kein Fehler gemacht. Es gibt immer mehr Personal für die Presse in der Staatskanzlei, während die Ministerpräsidentin immer stummer wird. Das war alles richtig und gut.

Aber, Frau Ministerpräsidentin, dieses Thema hat Menschen in ganz Europa beschäftigt.

(Zuruf von der SPD)

Donald Trump,

(Zurufe von der SPD)

für den, wie ich wette, niemand hier im Saal irgendeine Sympathie hat, hat unser Land, hat Köln für seine politische Kampagne missbraucht.

(Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

Dann braucht man eine Ministerpräsidentin, die das eigene Land gegen solche Brandstifter verteidigt!

(Beifall von der CDU – Zurufe)

Die Vorgänge in Köln werden doch überall genutzt, um Stimmung zu machen.

(Zuruf von der SPD: Genau! – Weitere Zurufe von der SPD)

Da muss die Frau Ministerpräsidentin …

(Zuruf von Torsten Sommer [PIRATEN] – Weitere Zurufe)

In einer solchen Phase muss eine Ministerpräsidentin aktiv sein; sie muss so viel kommunizieren wie nie. Sie darf nicht den Journalisten sagen: „Ihr dürft keine Fragen stellen“, sondern sie muss, damit Ruhe einkehrt im Land, jede Frage beantworten. Sie darf nicht abtauchen.

(Beifall von der CDU und der FDP – Zuruf von der SPD: Das wollen Sie doch gar nicht!)

Deshalb, Frau Ministerpräsidentin:

(Zuruf von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Betroffenheit ersetzt keine Verantwortung. Wenn das heute die Ankündigung einer Kursänderung sein sollte, was Sie hier verbal vorgetragen haben … Das sind übrigens alles Dinge, für die wir, wenn wir das hier auch nur andeutungsweise so scharf vorgetragen haben wie Sie heute, von Ihnen mit Häme, mit Beschimpfungen und mit anderem übersät worden sind.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Aber lassen wir das mal weg.

Wenn es ernst gemeint ist, dass jetzt alles anders werden soll, wenn Sie den Menschen signalisieren wollen, dass Sie die Macht und die Kraft, die Sie haben, in Zukunft für deren Sicherheit einsetzen wollen, dann müssen Sie, Frau Ministerpräsidentin, sich fragen: Wie symbolisiere ich diesen Neuanfang? Wie gewinne ich dieses Vertrauen zurück?

Wenn Sie dann sagen, das funktioniere idealerweise mit demselben Minister, der fünf Jahre lang das Gegenteil gemacht und versagt hat, dann haben Sie uns in dieser Frage nicht an Ihrer Seite. Wir wollen einen Neuanfang, wir wollen mehr Sicherheit in diesem Land. Fangen Sie an, und tun Sie das, was Ihre Aufgabe und Ihre Pflicht ist!

(Langanhaltender Beifall von der CDU und der FDP – Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Laschet. – Bevor ich dem Kollegen Römer das Wort gebe, möchte ich darauf hinweisen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, dass inzwischen drei Entschließungsanträge verteilt worden sind oder jetzt verteilt werden, die traditionell am Ende der Debatte zur Abstimmung gestellt werden.

Nun erteile ich für die SPD-Fraktion Herrn Abgeordneten Römer das Wort.

Norbert Römer (SPD): Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf die Rede des sogenannten Oppositionsführers eingehe, will ich über politische Verantwortung sprechen,

(Zuruf von der FDP)

und zwar über unsere politische Verantwortung als demokratisch gewählte Repräsentanten der Bürgerinnen und Bürger Nordrhein-Westfalens.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Jetzt komm, jetzt sei ehrlich!)

Ja, in der Silvesternacht wurden Hunderte Frauen von einer zusammengerotteten Bande alkoholisierter Männer bestohlen, gedemütigt, sexuell belästigt, verletzt und sogar vergewaltigt.

Die Polizei war zwar vor Ort, aber sie konnte diesen Frauen nicht helfen. Die Polizei war in jener Nacht überfordert. Nicht die einzelnen Beamtinnen und Beamten vor Ort haben versagt – die haben ihr Bestes getan –, sondern die Polizei hat als Behörde versagt – als die Behörde, die in allererster Linie den Schutz der Menschen im Land zu gewährleisten hat. Und mit ihr hat unser Staat versagt, dessen allererste Aufgabe es ist, die Sicherheit und Freiheit aller Menschen in unserem Land zu schützen. Das ist in der Silvesternacht nicht gelungen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Und warum ist das so?)

Die Gewaltexzesse hätten nicht passieren dürfen, und was mich – ich gebe das zu – besonders frustriert, im Übrigen auch wütend macht: Sie hätten auch nicht passieren müssen, jedenfalls nicht in diesem Ausmaß. Die Polizei wäre durch die richtige Führung in der Lage gewesen, Schlimmeres zu verhindern – sie hat es nicht geschafft.

Den Frauen, die in jener Nacht zu Opfern sexueller Gewalt geworden sind, möchte ich sagen: Ja, wir fühlen mit Ihnen – die Ministerpräsidentin hat das auf ihre sehr persönliche Weise gerade ausgedrückt –, wir sind auch mit Ihnen wütend, und wir sind beschämt, dass diese Ereignisse nicht verhindert werden konnten.

Wir können das Leid dieser Frauen nicht ungeschehen machen, und Wut ist kein guter Ratgeber. Aber es ist jetzt unsere Verantwortung, aufzuklären, was geschah und warum es geschah. Vor allem liegt es in unserer Verantwortung, alles in unserer Macht Stehende zu tun, um die Wiederholung eines solchen Gewaltexzesses zu verhindern. Das versprechen wir. Ja, genau das werden wir tun.

Meine Damen und Herren, wir werden alles tun, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt. Darauf kommt es jetzt an. Wir werden nicht zur Tagesordnung übergehen. Die Gewaltverbrechen der Silvesternacht werden Konsequenzen haben; die Ministerpräsidentin hat bereits auf einige hingewiesen. Ich komme darauf noch zurück.

Auch den Einwohnern und den Bürgerinnen und Bürgern Nordrhein-Westfalens, die aus der Türkei, aus Südeuropa oder aus dem Nahen Osten stammen, sage ich: Wir wissen, dass die allermeisten von Ihnen gute und gesetzestreue Menschen sind. Wir haben gemeinsam hier in Nordrhein-Westfalen mit Ihnen viel erreicht. Die Stärke Nordrhein-Westfalens wurzelt nicht zuletzt in seiner Tradition als Einwanderungs-, als Integrationsland. Umso mehr sind wir beschämt über das, was Sie in den letzten Tagen und Wochen an Beschimpfungen, Verunglimpfungen und auch an rassistischer Gewalt zu ertragen hatten.

Ich weiß, dass es für die meisten unserer Bürgerinnen und Bürger nur schwer erträglich ist, wenn sich ihre gewählten Vertreter angesichts einer politischen Krise gegenseitig mit Anschuldigungen und Anklagen überschütten. Doch kann ich das, was eben und auch schon in den letzten Tagen an Vorwürfen, an Halbwahrheiten, an Unwahrheiten über unser Land und über seine Regierung gesagt worden ist – was wir alle gehört haben –, nicht einfach übergehen.

Ja, Herr Kollege Laschet, Sie als Oppositionsführer verdienen eine Antwort. Ich weiß jedoch: Sie wird Ihnen nicht gefallen.

(Zurufe von der CDU)

Lieber Herr Kollege Laschet, angesichts Ihrer öffentlichen Einlassungen in den letzten zwei Wochen hatte ich gewisse Erwartungen an Ihre Rede.

(Zurufe von der CDU: Oh! – Weitere Zurufe)

Und nun, nach einer halben Stunde, kann ich Ihnen sagen: Sie haben keine einzige meiner Erwartungen enttäuscht.

(Zuruf von der CDU: Wir haben keine Erwartungen an Sie!)

Zum Teil haben Sie meine Erwartungen sogar übertroffen. Denn, Herr Kollege Laschet, Ihre Rede war unaufrichtig. Sie war feige und stellenweise auch schäbig.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Sie haben mich nicht enttäuscht, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Nichts ist jetzt wichtiger als aufzuklären und sicherheitspolitische Konsequenzen zu ziehen. Was ist in der Silvesternacht genau passiert? Warum konnte das passieren? Und vor allem: Was ist jetzt zu tun, damit derart furchtbare Übergriffe auf Frauen in Zukunft unterbunden werden können?

(Christian Möbius [CDU]: Wer ist verantwortlich?)

Dieser Landtag, Herr Kollege Laschet, müsste heute eine Debatte über politische Konzepte führen,

(Zuruf von der CDU: Ja!)

die innere Sicherheit, Integration und Flüchtlingspolitik miteinander verbinden. Herr Kollege Laschet, darüber müsste debattiert werden.

(Dr. Joachim Paul [PIRATEN]: Das haben wir schon vor zwei Jahren gesagt! – Marcel Hafke [FDP]: Machen Sie das doch mal!)

Der Landtag müsste heute darüber diskutieren, wie wir das Sicherheitsgefühl und das Sicherheitsbedürfnis der Menschen in unserem Land wieder stärken und

(Marcel Hafke [FDP]: Dann machen Sie doch mal!)

das Vertrauen in unsere Sicherheitsbehörden wieder erneuern.

Aber das alles interessiert Sie doch gar nicht. Sie wollen doch gar nicht aufklären. Sie wollen verurteilen. Das haben Sie gerade gemacht. Sie wollen kein politisches Konzept; Sie wollen eine politische Trophäe.

(Vereinzelt Beifall von der SPD)

Sie wollen nicht das Sicherheitsgefühl stärken und Vertrauen erneuern. Sie wollen die Ängste und den Vertrauensverlust für Ihre parteipolitischen Zwecke benutzen. Und das nenne ich schäbig, Herr Kollege Laschet!

(Lebhafter Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Wie gesagt, all das habe ich erwartet. Was ich nicht erwartet habe, Herr Kollege Laschet, ist, in welch tiefen Abgründen Sie nach Schmutz für parteipolitische Kampagnen suchen.

(Armin Laschet [CDU]: Langsam! Machen Sie mal langsam! – Zuruf von der CDU: Mein Gott! Das ist unerträglich! – Weitere Zurufe)

In der Silvesternacht wurden Hunderte Frauen Opfer brutaler Gewalt. Und diese Frauen wollen jetzt wie alle anderen Menschen in unserem Land wissen: Wie konnte das passieren?

(Armin Laschet [CDU]: Ja! Sagen Sie es uns!)

Ihre Antwort – jetzt nehme ich die FDP mit dazu –, die Antwort von CDU und FDP lautet: auch und vor allem aufgrund des vermeintlich schlechten Charakters des Innenministers.

(Klaus Kaiser [CDU]: Unglaublich!)

Herr Kollege Laschet, Herr Kollege Lindner,

(Armin Laschet [CDU]: Stillos! Stillos ist das! Es ist stillos, was Sie uns hier bieten! – Weitere Zurufe von der CDU und der FDP)

ist das wirklich das Niveau, auf dem Sie diese Debatte führen wollen?

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Unglaublich, was Sie hier machen!)

Das ist doch, meine Herren, auch unter Ihrer intellektuellen Restgröße.

(Zuruf von der CDU: Unverschämtheit! – Weitere Zurufe)

Lassen Sie das doch sein, meine Damen und Herren!

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Zurufe)

Ich setze die Fakten dagegen.

(Lachen von der CDU – Fortgesetzt Zurufe)

Es gibt niemanden, der in den vergangenen zehn Jahren mehr für die Polizei,

(Zuruf von der CDU)

mehr für die innere Sicherheit, mehr für den Schutz unserer Verfassung geleistet hat als Ralf Jäger. Niemanden!

(Lebhafter Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Armin Laschet [CDU]: Das sehen wir anders! – Lutz Lienenkämper [CDU]: Ja, klar! HoGeSa! Ja, ja! – Michele Marsching [PIRATEN]: Der Einzige, der verantwortlich war! Das ist ja schmierig! Als einzig Verantwortlicher! – Weitere Zurufe)

Ich sage Ihnen das in aller Ruhe.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

– Ich sage Ihnen das in aller Ruhe; Fakten kann man nicht wegbrüllen.

(Armin Laschet [CDU]: Das macht doch keiner!)

Da können Sie noch so laut werden; das hilft Ihnen nichts.

(Zurufe von der CDU)

Jetzt komme ich zu den Fakten. Es gibt keinen anderen Innenminister, der härter und erfolgreicher gegen Rockerbanden, Islamisten, Salafisten und Rechtsextremisten vorgegangen ist als der Innenminister von Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Lebhafter Widerspruch von der CDU)

Und es war dieser Innenminister Ralf Jäger, der unserer Polizei die Stärke zurückgegeben hat, die CDU und FDP ihr zuvor genommen haben. Das ist Fakt, meine Damen und Herren! Fakt!

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Es war Ralf Jäger, der wieder für Investitionen in unsere Sicherheit gesorgt hat,

(Zuruf von Marcel Hafke [FDP])

die CDU und FDP diesem Land jahrelang vorenthalten haben.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Oskar Burkert [CDU]: Stimmt doch gar nicht!  – Weitere Zurufe)

Als der „Deutschlandfunk“ gestern Morgen

(Armin Laschet [CDU]: Schönredner!)

Sebastian Fiedler, den NRW-Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in kritischer Absicht nach Ralf Jäger fragte, antwortete dieser Polizist – Zitat –

„Gerade die Kriminalpolizei in Nordrhein-Westfalen hat am meisten gelitten unter seinem Vorgänger …“

Das war der schon einmal angesprochene frühere FDP-Innenminister Wolf.

(Zuruf von Serap Güler [CDU])

Der Polizist führte weiter aus:

„Da haben wir heute noch dran zu knapsen, weil er uns Beförderungsstellen weggenommen hat und zu anderen Organisationseinheiten, zur Schutzpolizei verlagert hat. Das führt dazu, dass erfahrene Kollegen jetzt wechseln müssen und nicht mehr zur Verfügung stehen.“

(Christian Lindner [FDP]: Interessant! – Weitere Zurufe)

So viel zu Ihrer Verantwortung, und zwar von einem Polizeibeamten in diesem Land.

(Beifall von der SPD und Norwich Rüße [GRÜNE] – Lutz Lienenkämper [CDU]: Fragen Sie mal die Polizei in Nordrhein-Westfalen!)

Fakt ist doch: In Ihrem …

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Herr Wolf soll jetzt auch noch für Vergewaltigungen verantwortlich sein?)

– Herr Kollege Lienenkämper, Fakt ist doch: In ihrem Privat-vor-Staat-Wahn haben CDU und FDP die innere Sicherheit vernachlässigt. Das ist doch nicht mehr Ihre Kernkompetenz. Deshalb reagieren Sie doch so, weil die Menschen das inzwischen wissen. Das ist Ihr wunder Punkt.

(Beifall von der SPD und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft – Zuruf von Christian Möbius [CDU])

Herr Kollege Lindner, es war der WDR, der Sie an diesem wunden Punkt erwischt hat. Auf WDR 5 hat Ihnen der Moderator Thomas Schaaf doch vorgehalten, dass die FDP es war, die in ihrer Regierungszeit vehement einen Stellenabbau bei Polizeibehörden gefordert hat. Sie haben das empört von sich gewiesen.

(Zuruf von Oskar Burkert [CDU] – Gegenruf von der SPD: Ja, hallo?)

Das Gegenteil sei richtig, haben Sie behauptet. Das könne jeder im Internet recherchieren. Das ist ein guter Tipp. Denn was kommt bei der Recherche raus? Ich will Ihnen das einmal sagen. Ich zeige Ihnen das mal.

(Der Redner hält ein Blatt hoch, auf dem ein Diagramm zu sehen ist.)

Stellen bei der Polizei: unter Schwarz-Gelb – runter damit, unter Rot-Grün – rauf damit. Das ist die Wahrheit! So ist Ihre Verantwortung. Sie haben sie nicht wahrgenommen.

(Beifall von der SPD, den GRÜNEN und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Ich zeige es Ihnen noch mal. Können Sie es gut sehen? – Gut zu sehen, oder?

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

Ja, wir haben diesen Trend umgekehrt. Seit 2011

(Armin Laschet [CDU]: Ergebnisse zählen!)

haben wir fast 10.000 Polizeianwärterinnen und Polizeianwärter eingestellt.

(Armin Laschet [CDU]: Was hilft das, wenn die Leute zu Opfern werden?)

– Allein in diesem Jahr, Kollege Laschet, werden es knapp 2.000 sein – ein Rekord. Für 2016 – wir reden über Fakten – stehen im Haushalt fast 3 Milliarden € für die innere Sicherheit zur Verfügung; das sind 26 % mehr als noch unter Schwarz-Gelb.

(Michael Hübner [SPD]: Hört, hört!)

Auch das sind Fakten.

(Beifall von der SPD)

Wir sind ja für diese Politik über Jahre hinweg von der Opposition scharf kritisiert worden. Es ist noch keine zwei Jahre her, Herr Kollege Laschet, da standen Sie an diesem Pult und forderten einen Stellenabbau bei den Landesbeamten in Höhe von 1,5 % pro Jahr.

Was wäre denn die Folge gewesen, hätten wir seit 2010 wirklich die schwarz-gelbe Stellenkürzungspolitik fortgesetzt? Wir hätten heute nicht mehr als 40.000 Stellen für Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte in Nordrhein-Westfalen, sondern nur knapp 35.000 – mit anderen Worten: 5.000-mal weniger Verbrechensaufklärung, 5.000-mal weniger Verbrechensbekämpfung und insgesamt 5.000-mal weniger Sicherheit. Das ist die schwarz-gelbe Alternative, und die muss ausgesprochen werden. Wir machen das jedenfalls nicht mit!

(Beifall von der SPD)

Ja, wir sind diesen Irrweg nicht gegangen. Während im übrigen Bundesgebiet in den vergangenen Jahren fast 16.000 Polizeistellen abgebaut wurden, hat Nordrhein-Westfalen neue Stellen geschaffen.

(Armin Laschet [CDU]: Warum passiert dann immer bei uns etwas?)

Nordrhein-Westfalen ist heute eines der wenigen Länder, das noch eine Bereitschaftspolizei hat; die Ministerpräsidentin hat darauf hingewiesen. Wir verfügen über Personalressourcen, über die andere Länder nicht mehr verfügen,

(Zuruf von Dr. Joachim Stamp [FDP])

und die aus diesem Grund auf Unterstützung aus Nordrhein-Westfalen angewiesen sind.

Zu den Unterstützungsbedürftigen gehört übrigens auch die Bundespolizei. Auch sie muss regelmäßig um Einsatzkräfte aus Nordrhein-Westfalen bitten, weil der Bundesinnenminister die Bundespolizei nicht mit ausreichend Personal ausstatten will oder nicht ausstatten darf. Denn schließlich muss Herr de Maizière auch seinen Beitrag zur Schäubleschen schwarzen Null leisten.

Dieser Bundesinnenminister muss nur aufpassen, dass er darüber nicht selbst zur schwarzen Null wird, nämlich zur schwarzen Null der inneren Sicherheit in unserem Land. Auch darauf muss hingewiesen werden dürfen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zurufe)

Herr Kollege Laschet, wer die schrecklichen Ereignisse in der Silvesternacht in Köln wirklich aufklären will, der muss auch die Rolle der Bundespolizei aufklären. Denn auch im Hauptbahnhof, dem Verantwortungsbereich der Bundespolizei, herrschte in jener Nacht ein gewaltiges, ein gewalttätiges Chaos. Und auch die Bundespolizei kam den Frauen nicht zu Hilfe. Auch die Bundespolizei hat versagt. Auch da waren nicht genügend Beamtinnen und Beamte da.

(Gregor Golland [CDU]: Wieder Verantwortung abschieben!)

Wer also glaubwürdig über politische Verantwortung sprechen will, der darf nicht über die Verantwortung des Bundesinnenministers, dem Dienstherrn der Bundespolizei, schweigen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Doch genau das tun Sie, Herr Kollege Laschet. Sie schweigen darüber. Sie wollen nicht vollends aufklären. Sie wollen die Ereignisse in Köln nicht vollständig aufklären; denn Sie wollen nicht über die politische Verantwortung Ihres Parteifreundes sprechen. Und genau das, Herr Kollege Laschet – deshalb wiederhole ich das noch mal –, macht Ihren Auftritt so unglaubwürdig. Das nenne ich unaufrichtig, das nenne ich feige, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD)

Ja, wir sind mit der Aufklärung der Gewaltexzesse aus der Silvesternacht noch nicht am Ende. Es gibt noch viele Fragen, die beantwortet werden müssen. Vor allem müssen wir klären, warum die Polizei ihre Möglichkeiten zum Schutz der vielen Hundert Frauen nicht ausgeschöpft hat.

Darüber hinaus stehen wir für eine ehrliche Debatte über die Formen und Ursachen von Bandenkriminalität in unserem Land. Niemand, schon gar nicht der Innenminister, hat dieses Problem je geleugnet. Und schon gar nicht hat er verschwiegen, dass die Mitglieder dieser Banden in der Regel Ausländer sind, oft aus Nordafrika, dem Nahen Osten oder auch aus Ost- und Südosteuropa.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das hat er nicht gesagt! Er hat gesagt: aus Nordafrika!)

Man darf diese Kriminalität auf keinen Fall verharmlosen – weder indem man sie herunterspielt, noch indem man sie derart überzeichnet, dass am Ende nur ein Zerrbild übrig bleibt. Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein großes Problem mit Verbrecherbanden; aber es gibt hier keine rechtsfreien Räume und kein Gesetz der Straße.

(Widerspruch und Zurufe von der CDU)

Unser Land wird nicht sicherer, Herr Kollege Laschet, wenn Sie es in den Farben eines Gewalt-Comics malen und am Ende nicht einmal sagen können, was eigentlich konkret getan werden müsste.

(Werner Jostmeier [CDU]: Waren Sie noch nie in Duisburg-Marxloh?)

Die Angst und Verunsicherung ist nach Silvester ohnehin groß. Sie glauben, es könnte Ihnen nutzen, diese Verunsicherung durch maßlose Übertreibung noch zu verstärken. Sie irren, Herr Kollege Laschet,

(Zuruf: Ja, ja, ja!)

und Sie werden scheitern. Wer behauptet – Sie haben das gerade wieder versucht –, in Nordrhein-Westfalen

(Armin Laschet [CDU]: Hier ist alles sicher, alles wunderbar!)

gäbe es eine Art Maulkorberlass, durch den die Herkunft von Schwerstkriminellen vertuscht werden soll, der sagt schlicht die Unwahrheit.

(Zuruf von der CDU: Der Fall Duisburg!)

Die Ministerpräsidentin hat es vorhin schon benannt: Das Einzige, was es gibt, ist ein Erlass aus dem Jahre 2008,

(Armin Laschet [CDU]: Das stimmt nicht!)

der einer Stigmatisierung von Minderheiten entgegenwirken soll.

(Armin Laschet [CDU]: Das stimmt nicht! Das habe ich Ihnen eben vorgetragen!)

Und dieser Erlass stammt von Ingo Wolf und von Armin Laschet.

(Armin Laschet [CDU]: Er ist auch richtig!)

– Ja, Herr Laschet, es ist auch Ihr Erlass. Ich sage Ihnen mal was dazu. Für diesen Erlass kritisieren wir Sie auch gar nicht.

(Armin Laschet [CDU]: Es gibt auch keinen Grund!)

Aber dann seien Sie doch aufrichtig und stehen auch dazu, oder bringen Sie zumindest den Mut auf, sich davon zu distanzieren!

(Armin Laschet [CDU]: Ich habe über 2015 geredet!)

Aber tun Sie nicht so, als hätten Sie damit nichts zu tun. Vor allem erzählen Sie keine Märchen über eine Kultur des Verschweigens! Die gibt es in unserem Land nicht, nein!

(Beifall von der SPD – Zurufe von der CDU)

Die Landesregierung hat bereits eine Vielzahl von Maßnahmen in die Wege geleitet, um die Schwerstkriminalität zu bekämpfen.

Wir werden jetzt noch mehr tun. Die Ministerpräsidentin hat soeben ein dickes Maßnahmenpaket zur Verbrechensbekämpfung vorgestellt.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Bankrotterklärung!)

Wir werden unter anderem vor Ort noch mehr Polizei auf die Straße bringen. Wir werden die Videoüberwachung von Kriminalitätsbrennpunkten ausbauen – zunächst auf dem Kölner Ring –,

(Armin Laschet [CDU]: Warum denn bisher nicht?)

die Staatsanwaltschaften aufrüsten, das beschleunigte Strafverfahren ausweiten. – Herr Kollege Laschet, warum nicht sofort? Ich will Ihnen mal etwas sagen: Wir sind gerade dabei, Ihre Fehler, Ihre Versäumnisse nach und nach abzubauen.

(Heftiger Widerspruch von der CDU und der FDP)

Wir sind dabei,

(Vereinzelt Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

das, was Sie uns hinterlassen haben, zu korrigieren. Das braucht seine Zeit.

(Fortgesetzt lebhafter Widerspruch von der CDU und der FDP)

– Meine Damen und Herren von der Opposition, ich habe Ihnen schon mal ein Angebot gemacht.

(Armin Laschet [CDU]: Vor fünf Jahren!)

Ich wiederhole das noch mal:

(Armin Laschet [CDU]: Kölner Ring!)

– Herr Kollege Laschet, wenn Sie aufhören würden, die Unwahrheit über Rot-Grün zu verbreiten,

(Widerspruch von der CDU)

dann können wir aufhören, die Wahrheit über Sie zu erzählen. Das können wir gerne machen, Herr Kollege Laschet.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Also: Die Ministerpräsidentin hat das Maßnahmenpaket der Landesregierung gerade vorgestellt, das wir gleich in unserem Entschließungsantrag mit unterstützen werden.

Meine Damen und Herren – auch das hat die Ministerpräsidentin herausgestellt –, die Verbrechen aus der Silvesternacht fallen in die Zeit der größten Flüchtlingsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Wir wissen das: Nicht jeder und nicht jede, die zu uns kommen, werden dauerhaft bleiben können. Unser Land, meine Damen und Herren, braucht mehr denn je ein Einwanderungsgesetz, mit dessen Hilfe wir nach klaren Kriterien festlegen und kontrollieren können, wer auf Dauer bleiben kann und wer nicht.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN – Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

Herr Kollege Laschet, da wünsche ich Ihnen endlich mal Erfolg in Ihrer eigenen Partei, dass damit begonnen werden kann, dieses Einwanderungsgesetz zu diskutieren und dann auch im Deutschen Bundestag zu verabschieden.

Gleichwohl sind wir stolz auf unsere offene Gesellschaft, auf die große Hilfsbereitschaft für Menschen, die vor Krieg und Verfolgung zu uns geflohen sind. Das Recht auf Asyl und die Normen der Genfer Flüchtlingskonvention gehören zum Selbstverständnis unseres Landes, sind Teil einer Werteordnung, in deren Mittelpunkt die Würde, die Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung jedes Einzelnen stehen.

Viele Menschen fürchten allerdings, dass uns die vielen Flüchtlinge überfordern und der Staat die Kontrolle verliert. In der Silvesternacht haben wir die Kontrolle verloren. Das darf sich nicht wiederholen.

Viele Menschen fürchten darüber hinaus, dass die vielen Flüchtlinge und Einwanderer aus muslimischen Ländern unsere liberale Kultur infrage stellen und schließlich gefährden könnten. Offensichtlich erscheinen Dinge, die wir für selbstverständlich gehalten haben, nicht mehr so selbstverständlich zu sein.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Auch das müssen wir offen aussprechen. Deshalb will ich in aller Deutlichkeit sagen,

(Armin Laschet [CDU]: Unglaublich!)

meine Damen und Herren: Zu unseren Grundwerten gehören das Recht auf Religions- und Meinungsfreiheit, das Recht auf Kritik und Spott und nicht zuletzt das Recht auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit.

(Zuruf von der CDU: Oh!)

Wir sind eine Demokratie.

(Armin Laschet [CDU]: Ach was!)

Es sind die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes, die durch Wahlen und Abstimmungen die Regeln des Zusammenlebens in Deutschland und in Nordrhein-Westfalen bestimmen.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Und diese Regeln sind für alle verbindlich – ohne Ausnahme, ohne kulturelle oder religiöse Einschränkungen oder Sonderrechte.

(Armin Laschet [CDU]: Was sind das für Banalitäten! – Zuruf von Stefan Zimkeit [SPD])

– Das sind keine Banalitäten, Herr Kollege Laschet.

(Zurufe von der CDU)

Unsere Werte sind nämlich nicht relativ, sie sind universell.

(Armin Laschet [CDU]: Ach was!)

Sie gelten absolut und ohne jede Einschränkung – für jeden Menschen,

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Herr Kollege Laschet, für jeden Menschen. Alle Bürger, Einwohner und Zuwanderer haben diese Werte zu akzeptieren. Wer sie ablehnt, verletzt oder bekämpft, ist nicht willkommen. Wer sich an der Würde und Integrität, der Freiheit, dem Eigentum und der Sicherheit eines anderen Menschen vergeht, wird zur Rechenschaft gezogen und erfährt die Repressionen des demokratischen Rechtsstaates.

In schweren Fällen – auch das will ich aussprechen – verwirken Angehörige anderer Nationalitäten ihr Recht auf Aufenthalt in unserem Land.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Das ist ja was ganz Neues!)

Auch das muss klar sein.

Aber lassen Sie mich auch eines sagen: In der Vergangenheit – das sage ich vor allem an die Adresse der CDU – waren es nicht die Muslime, die etwa einer Gleichberechtigung von Frauen oder von Homosexuellen im Weg gestanden haben. Nein, meine Damen und Herren, die Muslime waren es nicht.

(Christian Lindner [FDP]: Unglaublich!)

Wir wissen, dass es in unserem Land Millionen von Menschen muslimischen Glaubens gibt, die an unserer Seite stehen werden, wenn es gilt, unsere liberalen Grundwerte, unsere demokratische Verfassung und das Recht auf Selbstbestimmung zu schützen und mit Leben zu erfüllen. Diese Menschen sind ein eindrucksvolles Beispiel gelungener Integration. Und sie zeigen, was unser Land ausmacht.

Daran werden wir festhalten; dafür werden wir uns politisch einsetzen. In Nordrhein-Westfalen setzen wir uns gemeinsam für Toleranz, Offenheit und Vielfalt, aber vor allem für die bei allen Unterschieden gemeinsam gelebten Werte der Freiheit, der Solidarität und der Demokratie ein. Das sollen die Menschen in unserem Lande wissen, meine Damen und Herren. – Vielen Dank fürs Zuhören.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Eckhard Uhlenberg: Vielen Dank, Herr Kollege Römer. – Für die FDP-Fraktion spricht Herr Abgeordneter Lindner.

Christian Lindner (FDP): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In der Silvesternacht war in Köln eine große Zahl von Frauen beschämenden und schrecklichen Angriffen ausgesetzt. Man muss davon ausgehen, dass sie Opfer von Männern wurden, denen wir unsere Solidarität gewähren. Sie wurden unter den Augen der zwar anwesenden, aber weitgehend machtlosen Polizei in ihrer Würde verletzt.

Diese Ereignisse sind nicht nur für die Betroffenen, sondern für unser ganzes Land traumatisierend. Es gehört zum Kern unserer Lebensweise, dass wir uns frei bewegen können, weil wir uns auf eine öffentliche Ordnung verlassen können. Der innere Frieden unserer Gesellschaft braucht einen handlungsfähigen Rechtsstaat, denn unser Zusammenleben darf nicht auf dem Recht des Stärkeren basieren, sondern muss auf der Stärke des Rechts gründen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Der Silvesterabend, Frau Ministerpräsidentin, markiert in dieser Hinsicht eine Zäsur. Wir alle spüren: In einer Stimmung bereits großer Unsicherheit in der Bevölkerung erschüttern die Ereignisse das Vertrauen in das Gewaltmonopol des Staates. Unabhängig von tages- und parteipolitischen Auseinandersetzungen muss sich dieser Landtag gemeinsam einer Verantwortung stellen: Aus aktueller Verunsicherung darf keine generelle Krise des Vertrauens in unseren Staat werden.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Bürgerwehren; Pfeffersprays und Kleinwaffen sind mitunter schon vergriffen. – All das sowie die Zahlen, die veröffentlicht werden, sind Alarmsignale. Die Bürger sind dabei, aufzurüsten. Wir wissen: Mehr Waffen in unserer Gesellschaft schaffen nicht mehr Sicherheit, sondern sind eher eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit.

Wir fordern einen Staat, der den Menschen möglichst viel Eigenverantwortung und Freiheit belässt. Aber auf die öffentliche Ordnung, den Schutz der körperlichen Unversehrtheit und ihres Eigentums müssen sich die Bürgerinnen und Bürger zu jeder Zeit und in jedem Winkel unseres Landes verlassen können.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Frau Ministerpräsidentin, Sie haben hier eben gesagt, der Silvesterabend habe den Eindruck erweckt, dass dies nicht so sei. Die traurige Wahrheit aber ist: In Köln konnten sich die Frauen nicht darauf verlassen. Das war kein Eindruck, sondern die Realität. Frau Ministerpräsidentin, wie passt die Tatsache, dass das in der Silvesternacht möglich werden konnte, zu der eben von Herrn Römer hier vorgetragenen Erfolgsbilanz in der Innen- und Rechtspolitik? Wie passt das zusammen?

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN – Lutz Lienenkämper [CDU]: Ja!)

Auch Ihre eben hier im Parteitagsduktus vorgetragene Rede, Frau Ministerpräsidentin, zeigt, dass Sie die Dimension der Ereignisse immer noch nicht erkannt haben. Immer noch nicht!

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN – Jochen Ott [SPD]: Lächerlich!)

Wenn Sie sich im sechsten Jahr Ihrer Regierungsverantwortung in dieser Debatte immer noch an einer Opposition abarbeiten müssen, die hier seit 2010 keine Verantwortung mehr trägt, dann ist das ein Dokument Ihrer völligen Hilflosigkeit, Frau Kraft!

(Lebhafter Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Die Täter von Köln müssen zur Rechenschaft gezogen werden, sofern das überhaupt möglich ist. Die Ereignisse in Köln müssen aufgeklärt werden. Die politische Verantwortung muss zugeordnet werden. Vor allem aber erwarten wir von der Landesregierung, dass sie in der Innen- und Rechtspolitik Konsequenzen zieht, damit es kein zweites Mal zu solch einem Kontrollverlust kommt. Das, was Sie an 15 Punkten vorgelegt haben, Frau Ministerpräsidentin, zusammengeschrieben aus Initiativen der Opposition der vergangenen Jahre, beruhigt uns noch nicht, denn es ist kein konzeptioneller Neuansatz in der Innen- und Rechtspolitik des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Sie, Herr Jäger, haben den Polizeipräsidenten von Köln am Freitag entlassen. Diese Entscheidung war richtig. Damit ist aber nicht die Frage nach der politischen Verantwortung geklärt. – Herr Jäger, Sie sind öffentlich nicht als Dienstherr aufgetreten, der sich schützend vor seine Polizei stellt.

(Zuruf von der FDP: Im Gegenteil!)

Das wäre nicht nur eine Frage Ihres Amtsethos gewesen, sondern diesen Respekt dürfen die Beamtinnen und Beamten, die im Einsatz ihre Knochen für uns hinhalten, von ihrem obersten Dienstherrn sogar erwarten.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Ihre Klarstellungen vom gestrigen Tag kamen zu spät. Die Öffentlichkeit hat den Eindruck gewonnen: Der Innenminister klagt seine Polizei an.

(Armin Laschet [CDU]: Ja!)

Die Polizeigewerkschaften waren darüber in öffentlichen Stellungnahmen zu Recht empört. So stärken Sie weder das Vertrauen der Bürger in die Polizei, noch stärken Sie das Vertrauen der Polizei in Ihre Person. Die Taktik des Aufklärers und Anklägers haben Sie nur gewählt, um Ihre eigene Haut zu retten, und das ist billig und unwürdig!

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

In der Nacht vom 31. Dezember auf den 1. Januar wurde Köln innerhalb von 15 Monaten nach dem HoGeSa-Vorfall zum zweiten Mal ein Massentatort. Weitere Führungsfehler waren Ihnen und der Öffentlichkeit bekannt; Stichwort „SEK“. Jedes Mal und bis zuletzt haben Sie Ihre schützende Hand über den Polizeipräsidenten gehalten. Sie haben toleriert, dass die Kölner Polizeiführung offensichtlich mit ihren Aufgaben überfordert war. Spätestens diese Untätigkeit begründet Ihre politische Verantwortung für die Silvesternacht.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Ich möchte das einmal in Ihre bemerkenswerte Diktion übersetzen. Sie haben sich ja mit einem Gesundheitsminister vergleichen, der keine Verantwortung für Blinddarmoperationen übernehmen kann. Diese Bemerkung lässt übrigens erahnen, wie Sie Ihr Amt verstehen. Aber selbst diese Verteidigung ging am Kern der Sache vorbei. Ein solches Amtsverständnis würde ich Frau Steffens nicht unterstellen, denn auch ein Gesundheitsminister, der von schweren ärztlichen Kunstfehlern weiß und tatenlos bleibt, handelt verantwortungslos.

(Beifall von der FDP und der CDU – Armin Laschet [CDU]: So ist es!)

Herr Römer, Sie haben hier eben vom Versagen der Polizeibehörden gesprochen. Sie haben sogar vom Versagen des Staates und von einem Kontrollverlust gesprochen.

Wenn Polizeibehörden versagen, wenn der Staat versagt, dann hat auch der Innenminister versagt, Herr Römer.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Das, was Sie hier gesagt haben, die Passage, die Sie hier verwendet haben, war eine indirekte Rücktrittsaufforderung an den Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen. Das war die erste.

(Zurufe von der CDU: So ist es!)

Sie waren damit heute der Erste, der dies geäußert hat.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Indirekt!)

Herr Jäger, Sie waren selbst immer sehr scharf, Maßstäbe an andere anzulegen. In den letzten Tagen haben wir aber erlebt, dass Sie selbst diesen Maßstäben nicht gerecht werden wollen. Aus dem einstigen „Jäger 90“ ist binnen weniger Tage ein Ultraleichtflugzeug geworden.

(Zurufe von der SPD: Oh, ist das billig!)

Wenn Sie Charakter haben, Herr Jäger,

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Die Hoffnung stirbt zuletzt!)

wenn Sie Charakter haben, dann stellen Sie sich jetzt Ihrer Verantwortung! Für die Wiederherstellung des Vertrauens in die Polizei und den Rechtsstaat in Nordrhein-Westfalen und auch für Ihre eigene Koalition sind Sie nur noch ein Klotz am Bein.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Von der Schande in Köln hat die Öffentlichkeit nicht durch eine amtliche Information, sondern durch die Medien erfahren. Und ganz offensichtlich haben sich dabei auch zahlreiche Polizeibeamte Journalisten offenbart, weil sie dem Dienstweg und dem Dienstherrn nicht vertraut haben. Auf solche Indiskretionen sollte die Polizei zukünftig nicht mehr angewiesen sein. Deshalb braucht das Land Nordrhein-Westfalen einen unabhängigen Polizeibeauftragten, an den sich die Beamten zukünftig wenden können.

(Zurufe von den PIRATEN: Oh!)

– Ihr lieben Freunde, ihr wart politisch noch gar nicht geboren, da haben wir das schon gefordert.

(Beifall von der FDP und der CDU – Zurufe von den PIRATEN: Ihr hattet fünf Jahre Zeit!)

Zentrale Fragen sind unverändert nicht zufriedenstellend beantwortet. Ab welchem Zeitpunkt hat eigentlich der Innenminister von diesen erheblichen Vorgängen in Köln Kenntnis erhalten? Noch in der Nacht oder am Neujahrstag?

Wann wurde die Ministerpräsidentin informiert? Sie, Frau Kraft, haben, sofern ich das richtig in Erinnerung habe, hier heute gesagt, Sie hätten erst am 4. Januar Kenntnis von den Ereignissen in Köln erhalten und hätten sich dann am 5. Januar öffentlich geäußert.

(Armin Laschet [CDU]: Unglaublich!)

Entweder müssen Sie Ihr Erinnerungsvermögen noch einmal prüfen, wann Sie informiert worden sind, oder wir haben heute erfahren, dass sich die Kümmerin Nummer eins in diesem Land einen feuchten Kehricht um die innere Sicherheit schert.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Natürlich. Bei einem solchen Vorgang, Frau Ministerpräsidentin, Tage später? In der Silvesternacht wurde der Kölner Polizei schließlich seitens des Landes Verstärkung angeboten. Insoweit muss es eine Lagebeurteilung gegeben haben. Spätestens seit dem frühen Neujahrsmorgen muss dem Innenministerium bekannt gewesen sein, dass es im und vor dem Kölner Hauptbahnhof massenhaft zu Straftaten gekommen ist.

Wenn Sie darüber nicht informiert worden sind, Herr Jäger, haben Sie Ihr Ministerium und die Sicherheitslage nicht im Griff. Wenn Sie aber von der Dimension der Ereignisse Kenntnis hatten und nicht selbst aktiv die Öffentlichkeit informiert haben, ist das ein Täuschungsversuch. Beides ist inakzeptabel.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Klar ist: Die Lage ist durch eine unzureichende Polizeipräsenz außer Kontrolle geraten. Der Polizei Köln wurde die im Vorfeld gewünschte Verstärkung durch eine Hundertschaft nicht in vollem Umfang zugesagt. Sie, Herr Innenminister, haben daraufhin gesagt, Ihre Einsatzbehörde und die Kölner Behörden hätten sich im Vorfeld auf eine Reduzierung der angebotenen Kräfte verständigt. Ich frage: War das ein Beispiel für vorauseilenden Gehorsam vor dem Dienstherrn, wie Gewerkschafter solche Fälle nennen?

Denn regelmäßig hat der Innenminister mit politischem Druck etwa die Zahl der Einsatzkräfte rund um Fußballspiele reduziert. Zu oft ist die Polizei vor Ort in Minimalbesetzung auf sich allein gestellt. Im täglichen Streifendienst sind Funktionsbesetzungspläne zusammengestrichen. Oft wird in Notbesetzung Dienst gemacht. Dieser politisch gewollte Mut zur Lücke gefährdet die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von der FDP und der CDU)

All das muss lückenlos aufgearbeitet werden, um das Vertrauen in die Führung der Polizei wieder herzustellen. Ein Aufklärungsinteresse der Landesregierung ist in dieser Debatte bislang allerdings nicht erkennbar gewesen. Deshalb stehen wir nicht am Ende, sondern erst am Anfang der weiteren Aufarbeitung dieser Ereignisse.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, allenthalben war diese Tage zu hören, dass man die Täter mit der ganzen Härte des Rechtsstaats und unabhängig von der Herkunft zur Rechenschaft ziehen muss. Ich dachte immer, das sei eine Selbstverständlichkeit. Wenn eine solche Selbstverständlichkeit öffentlich betont werden muss, dann ist das bereits ein Krisensymptom.

Die Silvesternacht war in ihrer Dimension zweifellos außergewöhnlich. Steigende Kriminalität ist aber kein neues Phänomen für unser Land. Die Sicherheitslage und die sich aus ihr ergebenden Aufgaben für den Staat haben sich in den vergangenen Jahren fundamental verändert. Die Flüchtlingslage macht Veränderungen in der staatlichen Schwerpunktsetzung noch dringlicher. Konzeptionelle Konsequenzen für Polizei und Justiz müssen gezogen werden. Der Staat, der Rechtsstaat muss in seinem Kernbereich gestärkt werden, indem er in anderen Bereichen verschlankt und entbürokratisiert wird.

(Beifall von der FDP)

Noch am 23. Dezember erklärte die Landesregierung durch Minister Jäger – Zitat –:

„In Nordrhein-Westfalen gibt es keine sogenannten rechtsfreien Räume; Straftätern wird nachhaltig verdeutlicht, dass das Gewaltmonopol ausschließlich beim Staat liegt.“

Die Ereignisse in Köln zeigen, wie wenig glaubwürdig die Worte dieses Ministers noch sind:

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

niedrige Aufklärungsquoten bei Wohnungseinbrüchen, No-go-Areas in Gelsenkirchen, rechtsfreie Räume in Duisburg, nordafrikanische Diebesbanden mit 2.200 Verdächtigen in Düsseldorf, Hooligans in Köln, organisierte Kriminalität durch Familienbanden und Rocker in vielen Orten.

Nordrhein-Westfalen ist ein Paradies für Taschendiebe, ein Eldorado für Salafisten, die für den Krieg im Nahen und Mittleren Osten Nachwuchs an Gotteskriegern suchen.

Die Wahrheit ist, Herr Jäger: Ihnen ist die öffentliche Sicherheit in Nordrhein-Westfalen bereits weitgehend entglitten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Notwendiges Personal fehlt. Bürgermeister und Ermittler schlagen seit Jahren Alarm. Aktuell stehen faktisch nur 75 % des Arbeitszeitvolumens der NRW-Polizei zur Verfügung. 10.000 Kräfte existieren also nur auf dem Papier und nicht vor Ort. Die Polizeigewerkschaften rechnen wegen anstehender Pensionierungen mit einem rasanten Personalabbau. Bis zum Jahr 2026 werden es 2.000 bis 4.000 Stellen sein.

Herr Jäger, Herr Römer und auch Frau Kraft, Sie interessieren sich ja so sehr für das, was zwischen 2005 und 2010 passiert ist. Dann sagen Sie aber bitte auch, wie die tatsächliche Lage war: Die damalige rot-grüne Landesregierung mit ihrem Innenminister Fritz Behrens.

(Zurufe von der CDU – Heiterkeit von allen Fraktionen)

hat bis 2005 jedes Jahr nur noch 500 Polizeianwärter eingestellt. Das war die Minimalbesetzung, damit die Polizeischulen intakt bleiben. Die danach folgende schwarz-gelbe Koalition hat die Zahlen auf über 1.000 gegenüber dem damaligen rot-grünen Stand verdoppelt.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Hinzu kommt – warten Sie, ich bin noch nicht fertig, Frau Kraft –, dass die damalige Landesregierung Flexibilisierungen im Dienstrecht vorgenommen hat. Da angesichts der in den 70er- und 80er-Jahren massiv vorgenommenen Einstellungen der Altersaufbau der Polizei so ist, dass viele gleichzeitig in Pension gehen, hatte die damalige Landesregierung Flexibilisierungen ermöglicht, damit Beamte auf Wunsch auch länger im Dienst bleiben konnten, um den Personalmangel aufzufangen. Diese Regelung haben Sie unter Rot-Grün aufgehoben, und heute kommen Sie damit um die Ecke, sie wieder einführen zu wollen. Das zeigt doch Ihre Orientierungslosigkeit.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Herr Römer, Sie PowerPoint-Junkie mit Ihren Charts hier, wie wir eben gesehen haben,

(Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU] – Heiterkeit von der CDU)

wie Sie die Zahlen aufbereitet haben, das wirkte so ein bisschen wie Colin Powell im Weltsicherheitsrat. Aber das sollen Historiker aufarbeiten.

Jetzt wollen wir uns doch einmal ansehen, wie die Gewerkschaft der Polizei bei Ihren Plänen die zukünftige Entwicklung in Nordrhein-Westfalen einschätzt.

(Der Redner hält eine Unterlage hoch.)

Können Sie dieses Diagramm sehen? Können Sie erkennen, wie viel Rot hier steht?

(Beifall von der FDP und der CDU)

Das ist die Aufgabe, vor der Sie stehen, und zwar auch wegen der Pensionierungswelle, die es gegeben hat, aus der Sie bis dato noch in keinem Haushalt, in keiner mittelfristigen Finanzplanung Konsequenzen gezogen haben. Das ist die Lage,

(Beifall von der FDP und der CDU – Frank Herrmann [PIRATEN]: Noch ein PowerPoint-Junkie! – Jochen Ott [SPD]: Ist doch falsch!)

Stand: 31. März 2015. Das sind Berechnungen der Gewerkschaft der Polizei, Herr Römer.

(Michael Hübner [SPD]: Das sind zwei Sachverhalte!)

Die Sicherheitslage wird schwieriger, und gleichzeitig ist die Polizei absehbar geschwächt. Notwendig ist jetzt eine Strukturreform der Polizei: Fahnden statt verwalten.

Es ist nicht mehr die Zeit für Showveranstaltungen des Ralf Jäger wie die Blitzmarathons.

(Beifall von der FDP und der CDU)

In der Tat, Kolleginnen und Kollegen der SPD: Angesichts der Sicherheitslage halte ich die Blitzmarathons, Tage vorher angekündigte Showmaßnahmen ohne echte Wirkung für die Verkehrssicherheit, für überflüssig.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Die Möglichkeiten der Polizei müssen wieder auf den Kernbereich der öffentlichen Sicherheit konzentriert werden. Unser Land braucht nachhaltige innenpolitische Konzepte statt dieser Einmaleffekte.

(Jochen Ott [SPD]: Ein Schlag ins Gesicht der Raseropfer!)

Die Gewährleistung der inneren Sicherheit und der Strafverfolgung ist eine Kernaufgabe. Gerade der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Gewalt und Verbrechen auf unseren Straßen und in ihrem Zuhause sowie vor Extremismus und terroristischer Bedrohung muss heute mehr denn je im Zentrum stehen. Dafür brauchen wir nicht schärfere Gesetze, dafür brauchen wir kompetente Regierungen.

Wann, Frau Ministerpräsidentin, nehmen Sie eigentlich Ihren Innenminister in die Pflicht, die strukturellen Defizite bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen abzustellen? Wann, wenn nicht jetzt, machen Sie als Ministerpräsidentin die innere Sicherheit zur Chefinnensache, und zwar nicht nur heute in einer Debatte, sondern dauerhaft?

Würde ich all die Versäumnisse von Herrn Jäger nur aus einer parteipolitischen Perspektive betrachten, würde ich es ja noch ganz anders sehen.

(Lachen von Jochen Ott [SPD])

Dann würde ich mich darüber freuen, dass Sie sich einen solchen Klotz am Bein bis 2017 leisten wollen, der für Sie dauerhaft eine Flanke sein wird.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Aber die Debatte ist eben anders. Hier geht es grundlegend um das Vertrauen in die staatliche Ordnung. – Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie an Minister Ralf Jäger festhalten, dann wird die Wunde der Silvesternacht auf Dauer in Nordrhein-Westfalen sichtbar sein.

(Beifall von der FDP und der CDU – Jochen Ott [SPD]: Schäbig ist das!)

Die weit überwiegende Mehrheit der Flüchtlinge ist nach Deutschland gekommen, um vor Gewalt zu fliehen, und nicht, um Gewalttaten auszuüben. Sie müssen vor pauschaler Verurteilung und Ressentiments geschützt werden. Das gelingt aber nicht durch Verdruckstheit, sondern nur durch offene Debatten auch über Probleme. Ich habe erkannt, dass wir in dieser Frage übereinstimmen, also ist unsere Erwartung, dass die entsprechende Erlasslage ersetzt wird durch eine transparente Information der Öffentlichkeit über die Sicherheitslage – auch angesichts der Flüchtlingssituation.

Nicht erst in diesen Tagen meldet sich eine Vielzahl von Islamwissenschaftlern, Soziologen und Publizisten zu Wort, die uns über das Selbstverständnis vieler Männer und ihren Umgang mit Frauen in arabischen und nordafrikanischen Staaten berichten. Deshalb müssen wir klar definieren, wer bei uns Schutz erhält und wer keinen Anspruch auf ein Gastrecht geltend machen kann, weil er nicht bereit ist, unsere Rechtsordnung zu akzeptieren.

Es ist richtig, dass der Bund nun eine Verschärfung der Abschiebegesetze voranbringt. – Das gehört in diese Debatte, Armin Laschet; denn es ist nicht verantwortbar, dass wir solidarisch mit Menschen sind, die unseren Rechtsstaat mit Füßen treten und durch Straftaten dokumentieren, dass sie unsere Wertordnung nicht akzeptieren. Die Menschen erwarten zu Recht, dass diese Flüchtlinge ausgewiesen werden.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Meine Damen und Herren, wir müssen erkennen, dass die Ereignisse von Köln auch die Debatte um die Flüchtlingspolitik insgesamt verändern und das politische Klima in Deutschland massiv beeinflusst haben. – Frau Ministerpräsidentin, Sie sind kurz darauf eingegangen.

Die momentanen Grenzen unserer Integrationsmöglichkeiten und die Aufnahmebereitschaft der Bürger werden jetzt kritischer hinterfragt. Wie in Schweden sind sie auch in Deutschland nicht unbegrenzt. Deshalb muss die ungesteuerte Zuwanderung in unser Land enden. Symboldebatten um Integrationsgesetze oder rechtlich wie organisatorisch nicht umsetzbare Obergrenzen helfen dabei nicht. Mit solchen Symboldebatten macht man Rechtspopulisten groß. Erst mit realen Problemlösungen macht man sie wieder klein.

(Beifall von der FDP)

Statt wortwörtlich „grenzenloser Aufnahmebereitschaft“ oder reaktionärer Abschottungsversuche benötigt unser Land jetzt eine Wende zu einer humanitär verantwortlichen, aber wieder europäisch eingebetteten und endlich rationalen Einwanderungspolitik.

(Vereinzelt Beifall von der FDP)

Da eine gemeinsame europäische Lösung gegenwärtig nicht absehbar ist, muss Deutschland seine Handlungsfähigkeit wiedergewinnen. Die Priorität muss darauf liegen, den Menschen in den Nachbarstaaten Syriens vor Ort zu helfen. Die besondere Sogwirkung nach Deutschland muss reduziert werden, indem beispielsweise Kriegsflüchtlingen nur noch ein vorübergehender humanitärer Schutz gewährt wird. Analog zum gegenwärtig nicht angewendeten europäischen Recht hat meine Fraktion dazu hier bereits einen Gesetzentwurf vorgelegt.

Wenn nicht kurzfristig die Außengrenzen des europäischen Staatenverbundes wirksam geschützt werden können, wird unser Land zudem zum bisherigen Recht zurückkehren und seine Grenzen schützen müssen.

(Beifall von der FDP – Michele Marsching [PIRATEN]: Da klatscht nicht einmal die CDU!)

Deutschland muss so die Kontrolle zurückerhalten, wer sich aus welchem Grund auch immer dauerhaft oder vorübergehend in unserem Land aufhält. Sonst erodiert der Rechtsstaat und das Vertrauen in ihn.

(Beifall von Ralf Witzel [FDP])

Wir stehen in der Verantwortung, genau diese Vertrauenskrise abzuwenden.

(Beifall von der FDP – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Lindner. – Nun spricht für die grüne Fraktion der Fraktionsvorsitzende Herr Mostofizadeh.

Mehrdad Mostofizadeh (GRÜNE): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Erfahrungen der Silvesternacht in Köln machen uns tief betroffen. Wir fühlen mit den vielen Frauen, die Opfer sexualisierter Gewalt geworden sind. Ich möchte mich ganz persönlich und auch im Namen der grünen Fraktion bei diesen vielen Frauen entschuldigen.

(Beifall von den GRÜNEN, der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Es tut mir aufrichtig leid, dass es nicht gelungen ist, diese Frauen an diesem Abend in Köln ausreichend zu schützen. Ich finde es wirklich beschämend, dass dies auf einem zentralen Platz einer sehr schönen, unserer größten Stadt des Landes passieren konnte.

Ich weiß, dass sich viele Menschen in diesem Land nach diesen Geschehnissen in Köln ganz persönliche Gedanken gemacht haben. Ich will Ihnen sagen: Auch ich habe dies getan. Ich habe darüber nachgedacht, was gewesen wäre, wenn meine 20-jährige Tochter in Köln gewesen und begrapscht, bestohlen oder Opfer anderer Taten geworden wäre.

Mir ist schon sehr klar, über welche Dimension wir bei den Taten in Köln reden. Deswegen kämpft unsere Fraktion nicht erst seit den Geschehnissen in Köln gegen sexualisierte Gewalt und macht dies zum Thema. Wir haben dies mit Bezugnahme auf sexualisierte und sexistische Popmusiktexte und andere Dinge auch zum Thema von Kleinen Anfragen gemacht, die Sie als lächerlich abgetan haben.

Wir verteidigen die Freiheits- und Bürgerinnenrechte in diesem Land. Dazu gehört auch, dass diese Rechte nicht mit einem Federstrich durch populistische Debatten rechtskonservativer Politiker vom Tisch gewischt werden dürfen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Deswegen müssen wir sehr genau darauf achten, welche Lehren wir jetzt ziehen und wie wir die berechtigten Bedürfnisse nach Sicherheit, aber eben auch nach Freiheit ausbalancieren können.

Eine erste und ganz herausragende Arbeit ist es, verlorengegangenes Vertrauen zurückzugewinnen. Deswegen müssen wir die Geschehnisse in Köln aufarbeiten. Wir werden sehr genau prüfen müssen, warum in jener Nacht nicht zusätzliche Polizeikräfte abgerufen worden sind, obwohl sie zur Verfügung gestanden haben. Und wir müssen sehr genau klären, welche Kommunikationsstränge zu verbessern sind.

Ich sage an dieser Stelle ganz deutlich, weil das eben, wie ich finde, in einem etwas abenteuerlichen Vortrag angesprochen worden ist: Wir als Grüne haben die Aufstockung des Personals der Polizei in den letzten Jahren nachdrücklich unterstützt.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Damit das nicht aus dem Blick gerät: Wir haben 8.000 zusätzliche Stellen bei der Polizei bereitgestellt. Das sind, Herr Kollege Lindner, exakt doppelt so viele Einstellungsermächtigungen wie in Ihrer Regierungszeit. Mit 1.920 Polizeianwärterinnen in diesem Jahr sind es so viele wie seit Jahrzehnten nicht mehr in Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Dies entspringt einer ganz einfachen Überlegung: Wenn mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen leben, dann brauchen wir einen handlungsfähigen Staat, der diese Anforderung bewältigen kann. Nur ein handlungsfähiger und starker Staat kann die Schwachen in dieser Gesellschaft wirksam beschützen.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Vor dem Hintergrund der erheblichen Zuwanderung im letzten Jahr – wir gehen davon aus, dass auch in diesem Jahr wieder Flüchtlinge zu uns kommen werden – haben wir unter anderem 5.766 zusätzliche Stellen für die Schulen geschaffen. Wir haben die Betreuungsplätze in den Kitas ausgeweitet und auch die Justiz gestärkt. Darüber hinaus – da beißt die Maus keinen Faden ab – haben wir natürlich dafür gesorgt, dass das Personal zur Durchführung der Registrierungsverfahren durch zusätzliches Personal verstärkt wird; das Gleiche gilt eben auch für die Polizei. Rot-Grün hat keinen Anlass gebraucht, um zusätzliche Polizeistellen zur Verfügung zu stellen.

(Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich sage Ihnen: Wir unterstützen ausdrücklich auch das Ansinnen der Landesregierung, weitere Polizeikräfte – ich sage ganz ausdrücklich: – auf die Straße zu bringen, um sie sichtbar zu machen und für die Prävention von Straftaten einsetzen zu können.

Wir haben das Ganze mit einem sehr klaren Realismus gemacht. Wir sind nicht davon ausgegangen, dass die Menschen, die aus anderen Ländern zu uns kommen, alle nur das Beste wollen und dass niemand von ihnen straffällig wird. Auch deshalb sind wir der Überzeugung, dass die Polizei entsprechend mit Stellen ausgerüstet sein muss – im Übrigen auch die Justiz, um Verfahren von beispielsweise abgelehnten Asylbewerbern und Asylbewerberinnen schnell durchführen zu können. Wir waren da ganz illusionsfrei, wir wollten nichts vertuschen, und wir haben auch nichts beschönigt, wir wollen auch nichts verbergen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte einen Punkt aus der Rede der Ministerpräsidentin besonders anzusprechen. Den Frauen, die dort in Köln zu Schaden gekommen sind, ist es besonders wichtig, dass es jetzt zu einer schnellen Strafverfolgung kommt und insbesondere auch zu einer effektiven Bestrafung. Das heißt, dass zum Beispiel die Modelle, wie wir sie in Düsseldorf anwenden, bei denen Staatsanwaltschaften schnell handeln und die Justiz schnell verurteilt, deutlich machen, dass sich der Rechtsstaat nicht auf der Nase herumtanzen lassen darf und dass Straftäter schnell bestraft werden sollen und, wenn das Ausländerrecht es hergibt, sie dann auch schnell abgeschoben werden können.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Die Menschen sollen sich auf öffentlichen Plätzen und auch bei Feiern sicher fühlen und der Polizei vertrauen können. Es geht um das Vertrauen darin, dass die Polizei die Sicherheit im Alltag und am Festtag gewährleistet und im Zweifelsfall auch für eine effektive Strafverfolgung sorgt. Daran darf es keinen Zweifel geben. Der Staat muss sein Gewaltmonopol durchsetzen können.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte, und da bin ich ganz Durchschnittsbürger, Ihnen auch sagen: Ich möchte, dass sich meine Kinder in diesem Land frei entfalten und friedlich leben können. Meine Kinder sind auch Kinder einer Migrantenfamilie. Mindestens meiner Tochter sieht man an, dass sie fremdländische Wurzeln hat. Ich habe mich gefragt, was meine Kinder von den Ereignissen in Köln denken, auch vor dem Hintergrund, dass die Tätergruppe, von der berichtet wird, überwiegend aus dem nordafrikanischen oder arabischen Raum kommen oder so aussehen soll. Kann es sein, dass auch meine Kinder mit persischen Wurzeln einer Gruppe zugeschlagen werden, die pauschal als aggressiver, gewaltbereiter oder krimineller angesehen werden soll als die durchschnittlichen Deutschen ohne Migrationshintergrund?

Ich habe auch an die vielen Familien in Nordrhein-Westfalen gedacht, die vielleicht vor ähnlichen Fragen stehen. Familien, die eigentlich hier schon eine Heimat gefunden haben und die sich angesichts der Ereignisse von Köln erneut fragen, ob sie tatsächlich dazugehören oder ob sie Menschen zweiter Klasse sind. Ich habe an die vielen Flüchtlinge gedacht, die zu uns aus Situationen extremer, auch sexualisierter Gewalt gekommen sind, Menschen, die glaubten, hier endlich sicher zu sein, und die nun wieder Angst haben: Angst vor Ausgrenzung, Angst vor Benachteiligung und offenkundig auch Angst vor gewalttätigen Tätergruppen wie in Köln, wo pakistanische Mitbürgerinnen und Mitbürger gejagt und verprügelt worden sind.

Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wofür sollen diese Geschehnisse in dieser Silvesternacht nun alles herhalten? Da bilden sich selbsterklärte Bürgerwehren und wollen die Polizei ersetzen. Ausgerechnet Rockerbanden, von denen selbst Straftaten im Rotlichtmilieu begangen worden sind, sollen jetzt Frauen schützen. Das ist doch unappetitlich und abscheulich, was dort gesagt wird.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN sowie Ministerin Barbara Steffens – Vereinzelt Beifall von der CDU)

Ich kann nur alle warnen, die Taten von Köln zu instrumentalisieren. Die Frauen, die in Köln zu Opfern geworden sind, dürfen jetzt nicht für eine Politik des Generalverdachts herhalten. Sie dürfen nicht als Verschiebemasse auf dem Bahnhof der Rechtspopulisten dienen. Auch in dieser Auseinandersetzung stehen wir alle als gewählte Volksvertreterinnen in der Pflicht, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN, der SPD und den PIRATEN)

Aber, das will ich an dieser Stelle deutlich sagen, ich schaue nicht nur auf die Ränder, sondern auch auf das, was hier im Landtag passiert. Ich hatte den Eindruck, es geht nicht mehr wirklich nur um die Sache. Heute geht es darum, den Innenminister zum Rücktritt zu treiben. Ich habe, Herr Kollege Laschet, Herr Kollege Lindner, wenig von der Aufarbeitung der Vorfälle in Köln gehört.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Das Ganze gipfelt doch darin, dass Sie jetzt die gesamte Landesregierung als Sicherheitsrisiko darstellen.

Lieber Herr Kollege Laschet, ich habe gestern Abend noch mit meinen Kollegen in Berlin telefoniert. Da habe ich sehr Erfreuliches gehört. Ich habe gehört, dass die allermeisten Rednerinnen und Redner sowohl von CDU als auch von SPD nicht der Versuchung erlegen sind, die Vorkommnisse in Köln für billigen Populismus auszunutzen. Das liegt möglicherweise auch darin begründet, dass unser Innenminister und auch die Herren Schürmann und Heinen im Bundestag dem Innenausschuss Rede und Antwort gestanden haben – leider ganz anders als der Bundesinnenminister und auch die Vertreterin des Bundes hier im Innenausschuss des Landtages.

In dieser Befragung zeichnet sich doch folgendes Bild von den Geschehnissen in der Nacht in Köln: Die Berichte der Bundespolizei decken sich in wesentlichen Teilen mit den Erkenntnissen der Landespolizei, zumindest soweit sie mir bekannt sind. Ich will den einzelnen Beamtinnen und Beamten ausdrücklich meine Hochachtung und meinen Dank aussprechen. Vielen Dank an alle Kolleginnen und Kollegen, die in Köln tätig gewesen sind. Sie waren trotz erheblichen persönlichen Einsatzes nicht im ausreichenden Maße in der Lage und offensichtlich überfordert, die Frauen zu schützen und die Strafverfolgung durchzuführen. Auch bei der Feststellung der Deliktsarten decken sich die Erkenntnisse der Bundespolizei mit den Erkenntnissen der Landespolizei.

Es gibt allerdings einen ganz wesentlichen Unterschied: Die Landespolizei hätte zusätzliche Kräfte anfordern können. Die Bundespolizei allerdings nicht. Es standen keinerlei zusätzliche Kräfte bei der Bundespolizei zur Verfügung.

Leider sind diese zusätzlichen Kräfte – das hat der Innenminister zu Recht ausdrücklich gerügt –, in jener Nacht in Köln nicht angefordert worden. Diese Kräfte hätten zur Verfügung gestanden und auch deswegen zur Verfügung gestanden, weil wir in der Koalition mit Weitsicht diese Polizeistärke bereitgestellt haben.

Hier stellt sich doch die Frage: Welcher Minister hätte denn in dieser Nacht eine persönliche Verantwortung für sich reklamieren müssen? Der Bundesinnenminister hat keine einzige Person zusätzlich zur Verfügung gestellt. Die Bundespolizei ist im Moment offensichtlich nicht in der Lage, in besonderen Situationen mit Polizeistärke reagieren zu können. Das ist ganz unmittelbare politische Verantwortung, die beim Bundesinnenminister liegt.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD – Zuruf von Serap Güler [CDU])

– Hören Sie doch mal zu, Frau Güler!

In der Absprache mit der Landespolizei wäre es zudem nach meiner Einschätzung möglich gewesen, zu sagen: Hört mal, Leute, wir sind überfordert! Fordert doch zusätzliche Kräfte an! – Auch hier ist zu fragen, warum dies nicht geschehen ist, warum die zusätzlich zur Verfügung stehenden Polizeikapazitäten nicht abgerufen worden sind.

Nach dieser schlichten Betrachtung des Sachverhalts, der sich für mich in dieser Nacht so wie eben dargelegt darstellt, bricht das Sittengemälde zusammen, das Sie, Herr Laschet, von Innenminister Jäger als Sicherheitsrisiko gezeichnet haben. Alternativ müssten Sie diesem Sittengemälde hinzufügen: Der Bundesinnenminister ist das wahre Sicherheitsrisiko dieser Republik. – Das machen Sie natürlich nicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, was uns dann auch besonders geärgert hat, war der nachträgliche Umgang des Polizeipräsidiums Köln mit den Vorgängen. Man hat in der Silvesternacht die Lage falsch eingeschätzt und nur unzureichend kommuniziert und dadurch für Verunsicherung gesorgt und letztlich das Vertrauen in die Polizei – das ist mehrfach gesagt worden – und auch in den Rechtsstaat massiv beschädigt.

Entsprechende Konsequenzen wurden gezogen. Ich will es ganz klar sagen: Wir haben als Koalition größtes Interesse an einer lückenlosen Aufklärung dessen, was in Köln passiert ist: erstens, um die Strafverfolgung zu sichern, und zweitens, um Erkenntnisse gewinnen zu können, wie derartige Vorgänge vermieden oder zumindest wirksam bekämpft werden können, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Einigen – ich hoffe nicht, dass sie sich in diesem Raum befinden; allerdings habe ich von anderen Interviews heute Morgen im Radio gehört und musste sie auch heute in der Zeitung lesen – will ich ausdrücklich sagen: Einigen geht es offensichtlich darum, ganz plumpe rechtspopulistische Politik auszubreiten. Sie suggerieren, dass es sich bei dem Phänomen in Köln um eine rein importierte unmittelbare Folge der Zuwanderung von Flüchtlingen handelt. Da rate ich Ihnen nur: Denken Sie einmal zu Ende, was das dann heißt, auch für Sie selbst in der Bundespolitik, die von der Union regiert wird!

(Zuruf von der CDU)

– Jetzt hat wieder ein Mann dazwischengerufen.

(Zuruf von Dr. Stefan Berger [CDU])

Denken Sie das einmal vom Ende her, wie Herr Altkanzler Kohl formulierte! Vielleicht kommen Sie auf eine bessere Idee, wie man Populismus bekämpfen kann, ohne dass man das Original stärkt und sich selbst und damit dann die ganze Demokratie schwächt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich sage Ihnen deutlich: Wir machen konkrete Vorschläge. Die Ministerpräsidentin hat heute einen ganzen Katalog vorgetragen. Wir setzen uns für schnelle Asylverfahren ein, und das nicht erst seit 2016. Denn wir wollen, dass die Flüchtlinge endlich wissen, ob sie hier bleiben und integriert werden können oder ob sie schnell zurückgeführt werden können.

Zur Wahrheit gehört auch, dass beispielsweise die Maghreb-Staaten Marokko und Algerien kein Rücknahmeabkommen mit der Bundesrepublik Deutschland haben. Es ist doch Augenwischerei, wenn der Bundesinnenminister suggeriert, man könne die Menschen schnell ablehnen, wenn er seine Hausaufgaben nicht erfüllt.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich kann Ihnen nur sagen: Sie suggerieren Handlungsfähigkeit, wo noch sehr viele Hausaufgaben zu erledigen sind.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ich warne ausdrücklich davor, Versprechungen zu machen, die nicht eingehalten werden können, und auch ausdrücklich vor Aktionismus. Die Enttäuschung der Menschen schadet mehr als vorübergehende Geländegewinne, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir Grüne kämpfen seit Jahrzehnten gegen sexualisierte Gewalt und dafür, dass Frauen über ihren eigenen Körper verfügen können, dass sie frei und selbstbestimmt leben können und auch frei von patriarchaler Gewalt.

Heute wehren wir uns entschieden dagegen, Frauen, die Opfer von sexualisierter Gewalt geworden sind, für populistische Zwecke zu instrumentalisieren.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Weil uns der Kampf für Frauenrechte so wichtig ist, darum sind wir vorne mit dabei, wenn es darum geht, Konsequenzen aus den Vorgängen von Köln zu ziehen. Wir wollen die richtigen und zielgerichteten und wirksamen Konsequenzen ziehen, solche, die Frauen wirklich helfen und deren Freiheit und Sicherheit wirksam schützen.

Deshalb schlagen wir eine Veränderung des Sexualstrafrechts vor, die es ermöglicht, gegen sexuelle Belästigung wirksamer vorzugehen als bisher.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Hier muss sich mit Blick auf die bereits 2011 verabschiedete sogenannte Istanbul-Konvention vor allem die Union bewegen. Artikel 36 der Konvention verlangt, dass jede nicht einvernehmliche sexuell bestimmte Handlung unter Strafe zu stellen ist.

Wir Grüne wollen, dass endlich mit dem Grundsatz ernst gemacht wird: Nein heißt nein.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wer ein solches Nein nicht akzeptiert, ist ein Täter. Der muss die Härte des Rechtsstaats spüren und strenger Strafe entgegensehen.

Es muss auch möglich sein, liebe Kolleginnen und Kollegen, dass ein überraschender Griff beispielsweise an die Brust einer Frau nicht nur als Beleidigung – wie heute – bestraft wird und eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr möglich macht, sondern deutlich härter bestraft werden kann.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir müssen auch über die Einführung des neuen Straftatbestandes eines sexuellen Angriffs nachdenken, der gegenüber der bisherigen uneinheitlichen Rechtsprechung klarer und restriktiver fasst, was überhaupt als sexueller Übergriff zu werten ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es wäre wichtig, wenn diese Lehre aus Köln gezogen wird: dass das Problem sexualisierter Gewalt auch mit strengen und klaren Strafen bekämpft werden muss. Auch hier ist die Bundesregierung in der Pflicht.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Zum Schluss möchte ich einen versöhnlichen Appell an alle demokratischen Parteien hier im Landtag richten, einen Appell, der etwas Gemeinsames in den Mittelpunkt stellt, eine besondere Stärke unseres Landes, dessen Menschen in der Vergangenheit immer wieder bewiesen haben, dass sie Krisen bewältigen können: den Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg, die Integration von Hunderttausenden Flüchtlingen aus dem Osten und auch den Strukturwandel.

Wir waren die Gesellschaft, die immer wieder gefordert hat. Wir haben es geschafft. Das sage ich auch denjenigen, die jetzt zweifeln und vielleicht auch Angst haben. Wenn wir solidarisch bleiben, wenn wir Augenmaß und Vernunft bewahren, dann werden wir es auch an dieser Stelle schaffen. – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Anhaltender Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Oliver Keymis: Vielen Dank, Herr Mostofizadeh. – Nun spricht für die Piratenfraktion der Fraktionsvorsitzende Herr Marsching.

Michele Marsching (PIRATEN): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren auf der Tribüne und zu Hause! Die Vorkommnisse in Köln waren der extreme Auswuchs eines Sex-Rape-Mobs, der durch nichts zu entschuldigen ist. Ich möchte zunächst meine persönliche Betroffenheit gegenüber all denjenigen ausdrücken, die zum Jahreswechsel am Kölner Hauptbahnhof Opfer von Gewalt geworden sind. Ich möchte mich in aller Form für das Versagen des Staates an diesem Punkt entschuldigen.

(Beifall von den PIRATEN)

Die späte Reaktion der Polizei ist ein Skandal. Ich wünsche Ihnen jede Hilfe und jede Unterstützung, die Ihnen als Opfer zusteht.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

Aber eines möchte ich hier selbstkritisch klarstellen. Wir alle in diesem Raum tragen die Verantwortung dafür, dass so etwas passieren konnte. Ja, auch gerade wir als Piratenfraktion haben es nicht geschafft, genug politischen Druck aufzubauen, damit Ihnen so etwas nicht passieren konnte. Wir haben es nicht geschafft, genug Druck aufzubauen, um dieses Versagen des Ministers zu verhindern.

Herr Minister Jäger, Ihr Totalversagen erreicht zum dritten Mal diese internationale Tragweite. Ihre Bilanz ist vernichtend.

(Beifall von den PIRATEN, Josef Hovenjürgen [CDU] und Lutz Lienenkämper [CDU])

Auf der Loveparade sterben durch Polizeiversagen Menschen. Ich gestehe Ihnen noch zu, dass das Ihr zweiter Amtstag war. In Burbach allerdings werden unter Ihrer Oberaufsicht Menschen gefoltert. Jetzt geschahen die sexuellen Übergriffe am Hauptbahnhof in Köln. Wie erklären Sie die aus dem Ruder gelaufenen HoGeSa-Krawalle, die Prügelorgie von Garzweiler, den katastrophalen Bericht zum Rathaussturm in Dortmund oder auch die sexuellen Übergriffe bei der Kölner Polizeistaffel, zu denen Sie damals schon geschwiegen haben? Können Sie das überhaupt erklären? – Klar können Sie das erklären. Schuld sind nämlich immer die anderen.

Wer seine eigene Polizei so an den Pranger stellt – und ich meine nicht das Ob, sondern das Wie –, wer die eigenen Leute ans Messer liefert, der klammert sich an den letzten Strohhalm. Herr Minister, inzwischen haben Sie alle Bauern geopfert. Sie gehören nicht mehr auf diese Ministerbank. Es wird Zeit, dass Sie die Größe haben, politische Verantwortung zu übernehmen.

(Beifall von den PIRATEN und der CDU – Vereinzelt Beifall von der FDP)

Ich fordere Sie hiermit – und zwar nicht indirekt, sondern klipp und klar – auf: Treten Sie zurück!

(Beifall von den PIRATEN)

Herr Jäger, natürlich wollen Sie nicht zurücktreten. Natürlich muss ich auf Ihre Ausreden und Ihre Inszenierung im Innenausschuss eingehen. Natürlich muss ich noch mehr über Täter, über Opfer und über sekundäre Opfer sagen. Natürlich muss ich noch mehr zu Ihrem Organisationsversagen und zu Ihrem Kommunikationsversagen sagen.

Frau Ministerpräsidentin, im Bundestag sagte Ihr Innenminister gestern, das Einsatzkonzept wäre okay gewesen. Wie kann es sein, dass Sie sich vorhin hier hinstellen und sagen, das Einsatzkonzept sei fehlerhaft gewesen?

(Marc Olejak [PIRATEN]: Hört, hört!)

Entweder muss ich annehmen, dass Sie ein situationsbedingtes Verhältnis zur Wahrheit haben, oder Sie wissen nicht, was Ihr Minister gestern im Bundestag gesagt hat.

(Beifall von den PIRATEN)

Aber die Menschen hören zu; denn die Aufmerksamkeit ist enorm. Die ganze Republik redet von sexualisierter Gewalt. Dabei ist dieses Problem nicht neu. Die ARD-Tagesschauredakteurin Anna-Mareike Krause hat getwittert: Die neue Qualität an den Übergriffen in Köln besteht vor allem darin, dass den Opfern geglaubt wird.

Dass sich junge Männer in einem Sex-Rape-Mob zusammenschließen, um gemeinsam sexualisierte Gewalt zu praktizieren und sich in der Masse zu schützen, ist vielleicht in Deutschland eine bisher unbekannte Praktik. Aber leider ist es nur eine von vielen Praktiken im Kontext von sexualisierter Gewalt. Diese sexualisierte Gewalt ist in Deutschland seit Jahrzehnten ein Problem. Sie ist nicht – wie einige meinen – aus dem Ausland importiert.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN)

25 % – ein Viertel – der Frauen in Deutschland haben Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt aus dem eigenen häuslichen Umfeld und eben nicht von vermeintlich Fremden. Jetzt tun aber viele so, als wäre das alles unglaublich neu und als hätte es den Aufschrei nicht gegeben. Sollte Ihnen das nicht bekannt sein, Herr Minister, dann kann Ihnen der Arbeitskreis Sozialdemokratischer Frauen bestimmt weiterhelfen; denn er weist seit Jahren auf das Problem hin und fordert seit Jahren die entsprechenden Konsequenzen.

(Zuruf: Hört, hört!)

Bahnhöfe wie der Kölner Bahnhof sind seit Jahren bekannte Angsträume für Frauen.

(Minister Ralf Jäger entfernt sich von seinem Platz.)

Das Innenministerium wäre für die polizeilichen Präventivkonzepte zuständig. Ich frage Sie, Herr Innenminister: Wird bereits an einem solchen Konzept gearbeitet?

(Torsten Sommer [PIRATEN]: Er hat anderes zu tun!)

– Er hat anderes zu tun. Ich finde das sehr respektlos. Aber okay.

(Zuruf von Christof Rasche [FDP])

– Ja, das müssen wir alle einmal, aber nicht bei dieser Debatte, nicht, wenn es um eine solche Sache geht und nicht in einer solchen Situation.

(Beifall von den PIRATEN und von Christof Rasche [FDP] – Zuruf von Torsten Sommer [PIRATEN] – Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

– Es tut mir leid, Frau Ministerpräsidentin. Das ist für mich unfassbar.

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

– Ja, aber er reagiert ja nicht. Nein, so geht das nicht. So geht man mit einem Parlament einfach nicht um.

(Beifall von den PIRATEN – Zuruf von Ralf Witzel [FDP])

Also, ich frage in Richtung Innenministerium – anders wird mir anscheinend nicht geantwortet –: Gibt es ein solches Konzept? Und vor allen Dingen: Wird dieses Konzept allein vom Innenministerium gemacht oder über die Grenzen der Ministerien hinweg?

(Zuruf von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Da kann ich Sie, Frau Ministerin Steffens, ja gleich fragen:

(Zuruf von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Als zuständige Ministerin für Gleichstellung von Frauen sind Sie angesprochen worden. Gibt es ein gemeinsames Konzept? Passiert etwas?

(Ministerin Barbara Steffens: Ja!)

Ganz konkret: Gab es für diese Silvesternacht mit der Terrorwarnung und mit der erhöhten Gefahrenlage ein Präventivkonzept? – Okay, ich gebe zu, die Frage ist rhetorisch; ich beantworte sie gleich selbst. Sie haben die Frage im Ausschuss beantwortet: Sie hatten gar kein Konzept. – Oder wie erklären Sie sonst, dass an Silvester nur eine einzige Beamtin als Ansprechpartnerin zur Verfügung stand, um bei ihr die Übergriffe anzuzeigen?

(Zuruf von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft)

Wie erklären Sie sonst, dass den Frauen keine Betreuung zum Thema „Traumabegleitung“ zur Verfügung gestanden hat? Wie erklären Sie, dass Frauen sich von der Polizei komplett im Stich gelassen gefühlt haben, von Ihnen komplett im Stich gelassen fühlen?

Stattdessen hat die Politik gute Ratschläge: Man soll von Fremden möglichst eine Armlänge Abstand halten.

(Ingrid Hack [SPD]: Das war eine Person, die das gemacht hat! Das wissen Sie ganz genau!)

Wie abstrus es ist, wenn die Opfer von Übergriffen dafür verantwortlich gemacht werden, dass dieser Übergriff passiert, das zeigt die Diskussion in den sozialen Medien. Das können Sie unter #einearmlaenge nachlesen.

Jetzt werden plötzlich alle Politiker zu den großen Verteidigern der Frauen. Aber wie sehr Sie sich tatsächlich um die Opferbelange kümmern, um die Belange von Opfern sexualisierter Gewalt, das zeigt ein einfacher Blick in die Zahlen zur aktuellen Finanzlage in relevanten Bereichen.

Ich zähle drei Bereiche auf:

Erstens. Die Finanzierung von Frauenhäusern. Sie wird seit Jahren nicht auf ein sicheres, auf ein dauerhaftes Fundament gestellt.

(Mehrdad Mostofizadeh [GRÜNE]: 7 Millionen € zusätzlich!)

Zweitens. Die Opferberatungsstellen sind chronisch unterfinanziert.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Das sind dieselben, die dann von Schulden reden!)

Drittens. Auch dieser Punkt gehört wieder in den Versagensbereich des Innenministers: Die Sensibilisierung von Polizeikräften für sexualisierte Gewalt ist kaum bis gar nicht vorhanden.

(Britta Altenkamp [SPD]: Was erzählen Sie da?)

Ein Fortbildungskonzept gibt es nicht, trotz der grünen Genderregierung.

(Beifall von den PIRATEN)

Jetzt stellen Sie sich hierhin, Frau Ministerpräsidentin, und sagen: Okay, wir setzen das jetzt um, und wir arbeiten daran. – Wir und vor allen Dingen die Betroffenen werden Sie beim Wort nehmen.

(Zuruf von Britta Altenkamp [SPD])

Wenn ich die Zwischenrufe höre: „Haben wir doch gemacht“, „Machen wir doch“, entgegne ich: Die Straftaten von Köln werden eben zunächst nicht als sexualisierte Gewalt erkannt. Die Opfer bekommen stattdessen einen Handzettel, auf dem ihnen erklärt wird, was sie tun sollen, wenn ihnen ihr Handy geklaut wird. Das ist ein unmöglicher Zustand. Ein neuer Minister, eine neue Ministerin muss das sofort ändern.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie, Herr Jäger, sind Teil des Problems; Sie sind nicht Teil der Lösung. Jetzt brauchen wir eine Person auf dem Ministersessel, die Lösungen anbietet. Jemanden, der Öl ins Feuer gießt, einen Scharfmacher, kann NRW als Minister in dieser Situation nicht gebrauchen. Damit schadet ein Minister aktiv den Integrationsbemühungen in diesem Land.

Ich zitiere aus dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vom 4. Januar 2016. Die Ministerpräsidentin hat zwar gerade sagt, man dürfe keine Mutmaßungen anstellen, man müsse das Ganze in Ruhe analysieren; dennoch sagt am 4. Januar 2016 der Innenminister  – Zitat –:

„Wir nehmen es nicht hin, dass sich nordafrikanische Männergruppen organisieren, um wehrlose Frauen mit dreisten sexuellen Attacken zu erniedrigen.“

Wer mit solch markigen Sprüchen versucht, die Debatte um sexualisierte Gewalt ethisch zu konnotieren, der ist sicherheitspolitisch der größte Gefährder in diesem Land.

(Beifall von den PIRATEN)

Unter uns wissenden weißen Männern – bis auf die Frau Ministerpräsidentin haben leider nur Männer hier geredet –

(Ingrid Hack [SPD]: Das hätten Sie mit Ihrer Fraktion mal ändern können! – Weitere Zurufe)

– Das habe ich nicht behauptet.

Aber wer sich für das Thema interessiert und wer sich umsieht, der fragt sich: Kennen Sie, Herr Minister Jäger, den Hashtag #ausnahmslos? Frau Ministerin Steffens unterstützt den Aufruf von Netzfrauen, die in sozialen Medien anprangern, dass sie sich nicht zu einer plumpen Ausländerhetze instrumentalisieren lassen wollen. Ich zitiere kurz von der Website des Aufrufs:

„Sexualisierte Gewalt darf nicht nur dann thematisiert werden, wenn die Täter die vermeintlich ‚Anderen‘ sind:“

Egal wer ein Angreifer ist oder woher er kommt – jeder Übergriff ist einer zu viel. Und für sexualisierte Übergriffe ist in unserem Land genauso wenig Platz wie für Rassismus.

(Beifall von den PIRATEN – Vereinzelt Beifall von SPD und GRÜNEN)

Wenn wir jetzt wollen, dass diese Diskussion nicht den Rassisten in die Hände spielt, dann müssen wir uns jeden Einzelfall ansehen, jede konkrete Tat und die konkreten Tatumstände, und zwar ohne falsch verstandene politische Korrektheit.

Wir müssen über die Massenunterkünfte für Flüchtlinge reden und über die Situation der Frauen dort – der Frauen! –, über die fehlende Privatsphäre, über die beengte Situation, über die viel zu lange Unterbringung, über das fehlende obligatorische Screening. Das könnte die besonderen Bedarfe der Frauen aufdecken, wie zum Beispiel Hilfe bei psychischen Erkrankungen oder Traumata. Und wir müssen über die Weitergabe dieser Daten bei der Zuweisung der Asylsuchenden an die Kommunen reden.

So stellt die Verwaltung beispielsweise in der Vorlage 16/1641 schon Ende Mai 2015 auf Anfrage der Piratengruppe im Rat der Stadt Köln fest, dass die Landesregierung keinerlei Angaben bei der Übergabe der Menschen an die Kommunen macht.

Vermutlich aber reden wir nicht nur über Frauen, sondern wahrscheinlich reden wir auch über Männer aus anderen Ländern, die hier Schutz gesucht haben und die sich jetzt an Frauen schuldig gemacht haben.

(Brigitte Dmoch-Schweren [SPD]: Was?)

Sie haben sich zugleich an anständigen Flüchtlingen schuldig gemacht.

Jetzt alle Flüchtlinge über einen Kamm zu scheren, und sei es nur rhetorisch durch die Diskussion über schnellere Ausweisung, wie sie gestern auch im Bundestag geführt wurde, befördert die rassistische Spaltung in diesem Land.

(Beifall von den PIRATEN)

Wer jetzt von jedem Flüchtling Fingerabdrücke nehmen will und damit Flüchtlinge unter Generalverdacht stellt

(Zuruf: Unsinn!)

oder zumindest unter den Verdacht, dass Migranten unter anderen Identitäten irgendwo unterwegs sein könnten, befördert die rassistische Spaltung in diesem Land.

(Zuruf von der SPD: Quatsch!)

Um es noch einmal ganz klar zu sagen: Wir unterstützen die Forderung der Feministinnen im Netz unter dem Hashtag #ausnahmslos. Die Opfer von Köln dürfen bei allem Verständnis für ihr Leiden nicht für rassistische Hetze oder für Forderungen nach einer Verschärfung des Asylrechts missbraucht werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Im Gegenteil: Die Vorkommnisse von Köln zeigen, dass wir jetzt noch mehr Anstrengungen in der Integrationspolitik brauchen. Wir brauchen Lösungen; wir brauchen aber keine Stigmatisierungen à la „Nordafrikanische Männer begrapschen unsere deutschen Frauen“, Herr Kollege Jäger.

Perspektivlose Männer, die am Rand der Gesellschaft stehen und in Massenunterkünften zusammengepfercht sind, versammeln sich auf der Domplatte – Geduldete, die über keine Arbeitserlaubnis verfügen und nichts zu verlieren haben. Sie werfen mit Feuerwerkskörpern in die Menge, und vermutlich bedrängen sie die Frauen bis zur – ich spreche es aus – Vergewaltigung.

(Zurufe von der CDU)

Natürlich sind die Umstände keine Entschuldigung für sexualisierte Gewalt,

(Zuruf von Daniel Sieveke [CDU])

aber wir als Politiker stehen in der Verantwortung, Rahmenbedingungen zu setzen, die Chancen schaffen, statt gesellschaftliche Teilhabe zu verhindern. Wir stehen in der Verantwortung, Menschen die Möglichkeit zu geben, dass sie arbeiten und sich einbringen. Stattdessen verweigern viele Ausländerbehörden den Flüchtlingen Arbeitserlaubnisse. Wir stehen in der Verantwortung, Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Zeit sinnvoll zu nutzen: mit Sprachkursen, mit Lernorten, mit Literatur und mit der Teilhabe am kulturellen Leben.

Noch einmal, damit wir uns nicht falsch verstehen – ich will hier nichts schönreden, und ich will keine einzige Tat verschweigen –: Täter sind Täter, und Opfer sind Opfer. Wir stehen eben auch in der Verantwortung, dass die Taten umfassend aufgeklärt werden und dass die Täter bestraft werden – ohne Ansehen der Herkunft, des Status oder des Alters.

(Beifall von den PIRATEN)

Aber durch die Taten von Köln und durch die vorschnelle, populistische und falsche Reaktion sowie durch die katastrophale Kommunikation der Politik wurde eben auch eine weitere Opfergruppe geschaffen, auf die wir unseren Blick richten müssen, nämlich die der rechtschaffenen, der wartenden, der integrationswilligen Migranten, die sich plötzlich in der Gruppe des „bösen Ausländers, der deutsche Frauen vergewaltigt“ wiederfinden, und gegen den sich jetzt auf der Straße Bürgerwehren formieren, Stadtschützer, Nachbarschaftswächter, kurz: der braune Mob.

Ja, in der Kommunikation zwischen den Behörden, zwischen der Aufsicht und der Behördenleitung herrschte das Chaos. Das muss grundsätzlich aufgeklärt und untersucht werden. Ja, die Landesregierung, das Innenministerium wird dazu allein nicht fähig sein. Dafür wäre ein Untersuchungsausschuss durchaus in Ordnung.

Wir brauchen jedoch Lösungen für die Menschen, und wir brauchen kein parteipolitisches Geplänkel bis hin zur pauschalen Forderung nach Untersuchungsausschüssen, um den Wahlkampf am Köcheln zu halten, liebe CDU, liebe FDP.

(Vereinzelt Beifall von den PIRATEN – Armin Laschet [CDU]: Was?)

Wer sich jetzt hinstellt und die schändlichen Angriffe von Köln ausnutzen will, um parteipolitische Geländegewinne zu erzielen, wer jetzt in der Rhetorik einen Kampf der Kulturen anwendet, der spielt damit den Idioten von AfD und Pegida in die Hände.

(Beifall von den PIRATEN)

Sie, Herr Jäger, haben die Vorgänge und die Opfer mit Ihrer Aussage instrumentalisiert. Sie haben gespalten, statt zu verbinden. Sie, Herr Minister, sind dafür verantwortlich, dass Menschen in Köln heute sagen, sie hätten das Vertrauen in den Staat verloren und bei ihnen sei kein Sicherheitsgefühl mehr vorhanden.

Sie, Herr Noch-Minister, sind mit Ihren Äußerungen über nordafrikanische Männergruppen mit dafür verantwortlich, dass pauschal ganze Volksgruppen als Straftäter angesehen werden.

Sie, Herr Immer-noch-Minister, sind dafür verantwortlich, dass die Menschen in den Flüchtlingsunterkünften neue Ängste haben, nämlich die Ängste, pauschal diffamiert zu werden und hier nicht willkommen zu sein.

Sie, Herr Jäger, sind eine Fehlbesetzung auf diesem Stuhl. Treten Sie zurück, und machen Sie Lösungen Platz! Frau Ministerpräsidentin, wenn Herr Jäger nicht freiwillig geht: Die Bauern sind schon alle geopfert. Bevor die Königin fällt, sollten Sie den Springer vom Brett nehmen. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall von den PIRATEN – Minister Rainer Schmeltzer: Oh! – Weitere Zurufe)

Vizepräsident Oliver Keymis: Als nächster Redner spricht der fraktionslose Abgeordnete Schwerd.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und an den Bildschirmen! Die Ereignisse der Silvesternacht und des Neujahrsmorgens am Kölner Hauptbahnhof haben uns alle entsetzt. Massenhaft waren Frauen sexualisierter Gewalt ausgesetzt, wurden begrapscht, beraubt und bestohlen.

Wir sind uns alle in dem Abscheu über diese Taten und in dem Wunsch einig, dass all das restlos aufgeklärt werden und den Opfern alle erdenkliche Hilfe zukommen muss.

Unzulässig ist allerdings die Vermischung der Ereignisse mit der Frage, wie wir in Zukunft mit geflüchteten Menschen umgehen wollen.

Natürlich gibt es unter Geflüchteten auch Kriminelle. Alles andere wäre realitätsfremd. Sind damit aber auch alle anderen nach Deutschland geflohenen Menschen Täter? Asylrecht ist ein Menschenrecht und kein Gastrecht. Das kann man nicht entziehen.

Unzulässig ist auch der Ruf nach härteren Strafen. Das, was da am Kölner Hauptbahnhof passiert ist, ist bereits jetzt strafbar. Doch gibt es zum Beispiel im Bereich „sexuelle Belästigung in der Öffentlichkeit“ noch Schutzlücken. Das sollte dann aber bitte unabhängig von der Nationalität der Täter geregelt werden; das soll dann bitte auch in der U-Bahn, im Karneval und beim Oktoberfest gelten. Nein heißt nein – ausnahmslos.

Unzulässig hingegen ist der Ruf nach harter Antwort des Rechtsstaats. Sollen Muslime jetzt härter bestraft werden? Das ist Quatsch. Der Rechtsstaat soll nicht hart sein, er soll konsequent sein. Die Strafe soll der Tat und den Tatumständen angemessen sein, dann aber bitte für alle Täter gleichermaßen. Das Asylrecht zum Beispiel ist gerade erst zum 1. Januar 2016 verschärft worden.

Überhaupt ist dieser ganze Diskurs meiner Meinung nach unzulässig; denn er soll vom eigentlichen Problem ablenken: dem totalen Staatsversagen in dieser Nacht. Der eigentliche Skandal ist, dass diese Taten unter den Augen der Polizisten geschahen – stundenlang.

Lassen Sie mich das klarstellen: Ich bin davon überzeugt, dass die Beamten vor Ort absolut alles getan haben, was in ihrer Macht lag. Das ändert aber nichts daran, dass es offensichtlich viel zu wenige waren. Das ändert nichts daran, dass sie unzureichend ausgerüstet waren, dass die Kommunikation nicht funktionierte. Das ist nicht die Schuld der einzelnen Beamten.

Wenn an Polizeibeamten, an deren Ausrüstung und Organisation, gespart wird, dann werden wir es irgendwann erleben, dass sie ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können. Und wenn so etwas bereits in einer alkoholgeschwängerten Silvesternacht passiert, wie wäre es dann erst bei einer Umweltkatastrophe oder bei einem Anschlag?

Stattdessen setzt man auf esoterische Überwachungstechnik. Sagen Sie mir: Wie sollen mehr Kameras, wie sollen neue Strafen die Frauen schützen? Das ist doch Verhöhnung der Opfer! Das ist eine Illusion von Sicherheit. Natürlich muss man Täter fangen und überführen. Das ist eine ganz klassische Aufgabe der Polizei. Aber wenn bereits der Schutz zu kurz kommt, hilft das auch nichts mehr.

Die Verantwortung dafür liegt bei der Polizeiführung. Es ist ein starkes Stück, dass der Herr Minister jetzt so tut, als sei er nicht Teil dieser Polizeiführung, dass er die Verantwortung an eine untergeordnete Behörde abschiebt. Dabei ist er deren Dienstherr und damit in vollem Umfang dafür verantwortlich. Wer denn sonst?

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

Ein gleiches Versagen trifft übrigens auch die Führung der Bundespolizei, die für den Bereich des Bahnhofs zuständig ist. Auch hier waren viel zu wenige Beamte vor Ort. Auch hier war die Situation vollkommen außer Kontrolle. Auch hier sitzt der dafür Verantwortliche auf einer Regierungsbank, nämlich in Berlin: Bundesinnenminister de Maizière.

Wollen wir No-go-Areas in unserem Land? Wollen wir in unseren Straßen weitere Treibjagden auf Ausländer unter den Augen der Polizei? Vergessen wir nicht die erste HoGeSa-Demo: Betrunkene Hooligans und Nazis randalieren stundenlang in der Stadt. Auch hier war die Kölner Polizei überfordert.

Verehrter Herr Minister Jäger, vielleicht erinnern Sie sich an den Satz, den Sie hier damals sagten: „Mit dieser massiven Gewalt haben die Sicherheitsbehörden und hat auch das Polizeipräsidium Köln nicht gerechnet.“ – Das war 2014. Wird das jetzt zur Standardausrede?

Die Bürger dieses Landes haben ein Recht darauf, dass der Staat sie vor Gewalt beschützt. Wenn man sich darauf nicht verlassen kann, dann hat der Staat versagt. So ein Versagen muss Konsequenzen haben, und zwar keine Bauernopfer.

Der Innenminister des Landes NRW und der Innenminister des Bundes müssen gehen. Herr Jäger, Herr de Maizière, packen Sie Ihre Sachen! Und wir brauchen hier einen Untersuchungsausschuss. – Vielen herzlichen Dank.

Vizepräsident Oliver Keymis: Das war der fraktionslose Herr Schwerd. – Nun spricht für die Landesregierung Herr Minister Jäger.

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was diesen Frauen am Silvesterabend in Köln passiert ist, was ihnen widerfahren ist, was ihnen nicht hätte widerfahren dürfen – das tut mir aufrichtig leid. Das tut mir unendlich leid.

Ich gebe offen zu, dass man sich als Mann nicht vollständig in eine solche Situation hineinversetzen kann, wenn Frauen aggressiv angegangen, begrapscht, umringt, bedrängt werden. Ich bin Vater einer 23-jährigen Tochter. Ich bin Ehemann. Wenn ich mir vorstelle, dass meine Tochter oder meine Frau solchen Übergriffen ausgesetzt wären, würde mich Wut packen – Wut über die Taten, Wut über die Hilflosigkeit. Ich gestehe offen: Es wäre sogar kalte Wut.

Meine Aufgabe als Innenminister besteht darin, alles, was in meiner Macht steht, dafür zu tun, dass sich solche Taten nicht wiederholen. Meine Aufgabe als Innenminister ist es, die Voraussetzung für die größtmögliche Sicherheit in Nordrhein-Westfalen zu schaffen. Und meine Aufgabe als Innenminister ist es, Fehler anzusprechen und sie ehrlich zu bewerten.

(Zuruf von den PIRATEN: Auch die eigenen?)

Fehler, die von Beamtinnen und Beamten im Einsatz begangen wurden, gibt es nicht. Diejenigen, die vor Ort waren – egal ob Kölner Polizei oder Bundespolizei –, haben alles gegeben, was sie konnten. Sie leiden zum Teil selbst darunter, dass sie diese schrecklichen Taten nicht verhindern konnten, dass sie die Frauen nicht alle schützen konnten.

Wir haben – darauf will ich gleich noch näher eingehen – die Situation, dass in der Einsatzführung erhebliche, gravierende Fehler begangen worden sind. Die Polizei ist nicht Täter. Als Täter müssen sich diejenigen verantworten, die diese verabscheuungswürdigen Taten begangen haben. Die Polizei muss sich aber für ihre Fehler entschuldigen, und damit auch ich mich als Innenminister.

Ich möchte mich für die Fehler, die die Polizei am Silvesterabend gemacht hat, bei den Opfern entschuldigen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, ich stehe für eine offene Fehlerkultur der Polizei in Nordrhein-Westfalen.

(Lachen von der CDU – Zurufe von der CDU und der FDP)

Da, wo Fehler identifiziert werden, werden sie als Fehler benannt.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Das haben wir im Innenausschuss gesehen! – Weitere Zurufe)

Mit Fehlern wird offen, ehrlich und transparent umgegangen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, wie man mit Fehlern umgeht: sie ehrlich zu benennen oder sie zu vertuschen. Für Letzteres stehe ich nicht zur Verfügung.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich will auf einige Vorgänge in der Silvesternacht eingehen, die bereits angesprochen worden sind.

Eines vorab: Das war ein Einsatz von Bundespolizei und Kölner Polizei. Das haben wir beide – sowohl die Bundesregierung als auch ich selbst – gestern im Innenausschuss des Deutschen Bundestages klargemacht: gemeinsam vorbereitet, gemeinsam durchgeführt. Ebenso wie die Kölner Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die vor Ort waren, haben auch die Bundespolizisten alles gegeben. Die Bundespolizei ist nicht in der Lage, Kräfte nachzuordern. Das hat auch damit zu tun, dass sie im bayerisch-österreichischen Grenzgebiet viel leisten muss.

Aber für die Kölner Polizei hätte die Möglichkeit bestanden, Kräfte, die dringend erforderlich waren, nachzuordern. Als um 20:30 Uhr klar war: „400 bis 500 betrunkene Menschen auf dem Bahnhofsvorplatz“ – nicht auf der Domplatte, Herr Laschet –, hätte die Entscheidung des Polizeiführers und der Polizeiführung lauten müssen: Wir ordern Kräfte nach.

Das wäre auf vier Wegen möglich gewesen:

Man hätte den Spätdienst – in dem übrigens, Herr Laschet, eine weitere Hundertschaft ohne einen Zug enthalten war – anfordern können, statt ihn um 21:44 Uhr aus dem Dienst zu entlassen.

Man hätte durch Sofortverstärkungskräfte anderer umliegender Kreispolizeibehörden mehr Beamtinnen und Beamte nach Köln bekommen können.

Man hätte die regionale Einsatzreserve alarmieren können.

Außerdem hätte man eine in Rufbereitschaft befindliche Einsatzhundertschaft nach Köln beordern können.

Es hätte eine Lageeinschätzung – unter Berücksichtigung dieser vier Möglichkeiten – vorgenommen werden müssen, um das eigentlich Notwendige zu tun und diese Übergriffe nicht in dieser Dimension stattfinden zu lassen, sondern möglichst gänzlich zu unterbinden.

Sehr betroffen macht mich die fatale Öffentlichkeitsarbeit, die nach Silvester stattgefunden hat. Wir haben das dezidiert im Innenausschuss dargestellt. Der Bericht steht im Internet, lesbar für jeden Bürger in diesem Land.

Allein dass der Eindruck entstanden ist, die Kölner Polizei habe etwas unter den Teppich kehren wollen, schadet dem Bild der Polizei insgesamt massiv. Das darf nicht passieren!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich erwarte von einer modernen Polizeibehörde, dass sie trotz des raschen Tempos unserer Medienwelt einem solchen Eindruck von vornherein konsequent entgegentritt. Dies ist nicht geschehen.

(Armin Laschet [CDU]: Sie wussten das doch bereits! Warum haben Sie denn nicht angerufen?)

Um es deutlich zu sagen, bevor Verschwörungstheorien entstehen, Herr Lindner, Herr Laschet: Ich will die Frage, ob ich persönlich über die Umstände in dieser Nacht informiert worden bin, gerne beantworten.

(Armin Laschet [CDU]: Ja!)

Die Behörde selbst hatte keinen Kenntnisstand über das Ausmaß dieser Übergriffe. Das hat damit zu tun – das ist von uns auch kritisiert worden und ist in dem Bericht, der im Internet steht, nachlesbar –, dass anstelle einer Dezernatslage in der Behörde Köln der gesamte Einsatz in einer Polizeiinspektion gefahren wurde.

Obwohl 30 bis 50 Personen, überwiegend Frauen – hochemotionalisiert nach diesen sexuellen Übergriffen –, dieser Polizeiinspektion ihre Anzeigen vortragen wollten, stand nur eine einzige Beamtin zur Verfügung. Es wurde keine weitere Beamtin nachgeordert. Dabei sollten es Frauen sein, die solche Anzeigen aufnehmen.

Die Behörde selbst hatte in dieser Nacht keinen Überblick über die Dimension dieser Übergriffe, weil es in dieser Behörde keine Kommunikation der Einzelstellen untereinander gegeben hat. Ich beantworte das mit aller Deutlichkeit, bevor Sie, Herr Laschet, diese Verschwörungstheorien weiter vortragen.

(Christian Lindner [FDP]: Wann wussten Sie es denn?)

An mich ist weder eine WE-Meldung, die auf die Größenordnung einging, noch überhaupt eine WE-Meldung gesteuert worden, weil die Behörde selbst gesagt hat: Diese Nacht war ohne Vorkommnisse.

(Christian Lindner [FDP]: Wann wussten Sie es denn?)

Das ist ein schweres Versäumnis in dieser Behörde.

– Herr Laschet und Herr Lindner, Sie haben einen umfangreichen weiteren Fragenkatalog zusammengestellt, den wir, glaube ich, heute bekommen haben. Wir werden noch heute anfangen, daran zu arbeiten,

(Christof Rasche [FDP]: Eine Frage!)

Ihnen jede einzelne Frage bis Dienstag zu beantworten. Denn ich will, dass nichts, aber auch gar nichts zum Einsatz in Köln offenbleibt, sondern alles offen und transparent gegenüber dem Parlament, gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, vor allem aber auch gegenüber den Opfern dieser Nacht dargestellt wird.

(Zuruf von Christina Schulze Föcking [CDU])

Meine Damen und Herren, ich habe einen Geschäftsbereich,

(Christof Rasche [FDP]: Wann wussten Sie es?)

in dem 55.000 Menschen tätig sind.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

– Herr Laschet, es sind übrigens 45.000 Beschäftigte bei der Polizei: 40.000 Polizeivollzugsbeamte, etwa 5.000 Beamtinnen und Tarifbeschäftigte in der Verwaltung der Polizei.

(Weitere Zurufe von der CDU)

Es geht in meinem Geschäftsbereich auch um die Sicherheit in diesem Land. Es geht darum, ob sich die Leute im Land Nordrhein-Westfalen

(Christof Rasche [FDP]: Wann?)

sicher bewegen können. Deshalb möchte ich versuchen, diesem Zerrbild von Herrn Lindner und Herrn Laschet über die innere Sicherheit mit einigen objektiven Zahlen entgegenzutreten.

(Christian Lindner [FDP]: Ihre Zahlen sind so objektiv: keine besonderen Vorkommnisse! – Weitere Zurufe)

Diese objektiven Zahlen basieren auf einer Zehnjahresentwicklung; denn ich will deutlich sagen: Es sind nicht nur eigene Erfolge einer rot-grünen Politik, sondern auch Erfolge der Sicherheitspolitik der Vergangenheit, die dazu geführt haben, dass wir in Nordrhein-Westfalen sicherer leben.

Ein Beispiel: Die Gewaltkriminalität ist in den letzten zehn Jahren um 13,5 % zurückgegangen Herr Laschet.

(Armin Laschet [CDU]: Die was?)

Die Straßenkriminalität ist in den letzten zehn Jahren um 15 % zurückgegangen.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Herr Laschet – darauf sind wir ein wenig stolz –,

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Alles toll!)

allein die Zahl der Vergewaltigungen und Sexualdelikte ist seit der Regierungsübernahme um 20 % zurückgegangen.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Der angezeigten!)

In Köln ist in dieser Silvesternacht etwas Furchtbares, etwas Schlimmes geschehen.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Burbach!)

Aber das Zerrbild eines unsicheren Landes, das Sie hier kolportieren wollen, ist falsch.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Lutz Lienenkämper [CDU])

Ich will die Probleme – Sie haben ja gerade dazwischengerufen – auch gerne ehrlich benennen.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

– Ja, Herr Laschet, wir haben Probleme bei den Einbrüchen.

(Zuruf: Okay!)

Nach einem Rückgang im letzten Jahr steigen sie wieder deutlich: in Nordrhein-Westfalen, in Bayern, in Rheinland-Pfalz, in Hessen, in Schleswig-Holstein, in Belgien, in den Niederlanden, in England, in Frankreich. Dies ist ein Megatrend – ein Megatrend in ganz Westeuropa.

Das ist aber ein Trend, den wir nicht einfach nur hinnehmen. Es ist unsere Aufgabe, sich dagegenzustemmen und konzeptionell gut zu arbeiten.

(Zurufe von der CDU und der FDP)

Wie sich die nordrhein-westfälische Polizei beispielsweise bei Einbrüchen aufgestellt hat, ist gut. Es ist sogar so gut, dass die Innenministerkonferenz beschlossen hat, unsere konzeptionellen Ansätze auf alle Bundesländer zu übertragen.

(Beifall von der SPD – Armin Laschet [CDU]: Ach Gott!)

Hören Sie auf, dieses Zerrbild zu zeichnen!

Ich möchte gerne auf die sogenannten No-go-Areas, eine Begrifflichkeit aus den USA, eingehen. Dieser Begriff definiert Räume, in die sich die Staatsgewalt bzw. die Polizei nicht mehr hineinzugehen traut.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Genau, die haben wir! – Zuruf von der CDU)

– Jetzt höre ich gerade wieder: Duisburg-Marxloh. Darauf würde ich gerne eingehen. Duisburg-Marxloh ist wie andere Städte auch ein Stadtviertel, in dem sich soziale Probleme vielfältigster Art kumulieren, im Geleitzug übrigens die Kriminalität. Die Polizei wird diese sozialen und gesellschaftlichen Probleme nicht allein lösen können, aber ihre Aufgabe ist es, sich gegen diese Kriminalität zu stemmen.

(Marcel Hafke [FDP]: Das ist Ihre Aufgabe!)

Um dies auch hier deutlich zu sagen – damit es aufhört, das dieses Zerrbild gezeichnet wird –: Mit zusätzlich zwei Zügen der Einsatzhundertschaft sorgen wir tagtäglich im Streifendienst dafür, dass in Duisburg-Marxloh keinerlei Straftaten toleriert werden. Wir zeigen null Toleranz gegenüber denen, die den Rechtsstaat nicht akzeptieren. Diese Maßnahmen ergreifen wir, und diese Maßnahmen zeigen Wirkung, meine Damen und Herren, auch mit so banalen Dingen wie 400 Verwarnungsgeldern in einer Woche. Wir lassen es nicht zu, dass rechtsfreie Räume entstehen. Das sind wir den Bürgerinnen und Bürgern in diesem Land schuldig.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Dort, wo Menschen glauben, diesen Rechtsstaat nicht akzeptieren zu müssen, handeln wir.

Diese Debatte wird, wenn ich richtig informiert bin, im Westdeutschen Rundfunk übertragen. Das heißt, eine Vielzahl von Menschen verfolgt diese Sendung im Augenblick. Ich glaube, darunter sind auch viele Polizeibeamtinnen und -beamte, die diese Debatte im Landtag verfolgen.

(Werner Lohn [CDU]: Die schalten gleich ab!)

Diese Beamtinnen und Beamten mögen von dieser Debatte den Eindruck haben, dass Politiker bestimmter Couleur ein Bild von ihrer Arbeit zeichnen, das nicht zutrifft.

(Zurufe von CDU und FDP)

Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine sehr gut ausgebildete, eine sehr gut ausgestattete und hoch motivierte Polizei, und diese Polizei hat Respekt für ihre Arbeit verdient. Auch wenn diese Polizei einmal Fehler macht, ist sie zu respektieren!

(Anhaltender lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Josef Hovenjürgen [CDU])

Heute Morgen ist schon viel über Einstellungen diskutiert worden. PowerPoint-Charts unterschiedlichster Güte sind vorgezeigt worden. Ich möchte mich gerne daran beteiligen, Herr Lindner. Herr Römer hat die Zahl der Einstellungen in diesem Land erwähnt, die von 1.100 über 1.400, 1.600 auf inzwischen 1.920 erhöht worden ist. Die 500, die Frau Ministerpräsidentin noch zusätzlich angekündigt hat, werden wir schnell auf die Straße bekommen, weil wir Pensionäre, sofern sie dies wollen, länger im Dienst halten und Verwaltungsassistenten einstellen, um die Polizei von der Verwaltungsarbeit zu entlasten.

(Josef Hovenjürgen [CDU]: Das haben Sie vorher abgeschafft! Sie sind so verantwortungslos! Unglaublich!)

Aber was heißt das? – Herr Lindner, wenn Sie die personelle Entwicklung der nordrhein-westfälischen Polizei aufzeigen wollen, dann ist das diese Grafik.

(Der Redner hält ein Blatt Papier hoch.)

Da sind Sie, wir sind hier oben. Das sind Menschen, die jetzt auf der Straße sind und für die Sicherheit auf diesen Straßen in Nordrhein-Westfalen sorgen.

(Christof Rasche [FDP]: Wo ist denn 2000 bis 2005?)

Bitte hören Sie auf, das Zerrbild zu zeichnen, es gebe keine Bemühungen dieser Landesregierung, die Polizei auf die Straße zu bringen! Noch nie ist in diesem Land so viel in der zweigeteilten Laufbahn ausgebildet worden wie heute. Das ist übrigens das Verdienst dieses Parlamentes, das mir die entsprechenden Haushaltsmittel zur Verfügung gestellt hat.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Mir macht die Debatte Sorgen.

(Lachen von der CDU – Zuruf von der CDU: Mir macht die Lage Sorgen! Die Lage macht mir Sorgen! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Mir machen andere Dinge Sorgen, aber nicht die Debatte!)

Diese Debatte macht mir in einem Punkt Sorgen, den Sie wahrscheinlich nicht erkennen oder erkennen wollen. Es macht mir Sorgen, dass die Debatte um die Ereignisse der Silvesternacht eine Szene in Deutschland befeuert. Ich kann Ihnen gerne darüber berichten, wie der Staats- und Verfassungsschutz zurzeit rechte Foren und Chats durchsucht

(Armin Laschet [CDU]: Das ist doch Ihre Schuld, dass es so weit kommt! – Josef Hovenjürgen [CDU]: Schuld sind immer andere bei Ihnen!)

und dort eruptionsartige Äußerungen von vielen findet und registriert, die bisher in der Szene überhaupt nicht bekannt waren.

Mir macht das deshalb Sorgen, weil auch die Diskussionen um die Täter der Silvesternacht dazu führen, dass Flüchtlinge, die hierherkommen, stigmatisiert werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass die allermeisten, die vor Gewalt, vor Übergriffen, vor Krieg nach Deutschland fliehen, froh sind, hier zu sein, hier in Ruhe leben und einen Neustart wagen wollen.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das stellt keiner in Abrede!)

Einige von ihnen mögen auch Straftäter sein, die die Willkommenskultur in Deutschland missbrauchen. Aber um es deutlich zu sagen: Ich finde, wir müssen in dieser Debatte sehr genau darauf achten, zu sagen: Straftäter sind Straftäter, und Straftäter sind nicht Straftäter, weil sie Syrer, Ägypter, Marokkaner oder Algerier sind, sondern Straftäter sind Straftäter, weil sie Straftaten begehen, meine Damen und Herren.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Michele Marsching [PIRATEN]: Das habe ich auch schon gesagt! Da haben Sie leider nicht zugehört, als ich das gesagt habe!)

In einer parlamentarischen Demokratie ist es Aufgabe einer Opposition, den Finger in die Wunden zu legen, Fehler, die gemacht worden sind, auch offenzulegen. Es ist auch ein Mittel der Opposition, dabei zu skandalisieren und auch zu personalisieren. Sie projizieren das, was geschehen ist, auf eine Person, nämlich auf meine Person. Das ist Ihr gutes Recht. Ich werde das ertragen, aber ich bitte darum, das mit einem Appell verbinden zu dürfen.

(Dr. Joachim Stamp [FDP]: Das können Sie! – Christian Lindner [FDP]: Sie sind auch der Minister, genau!)

Deutschland verändert sich in einem rasanten Tempo, auch durch Zuwanderung. Dieses rasante Tempo gehen viele in diesem Land mit, viele sogar mit Begeisterung. Manche sind skeptisch. Andere machen sich Sorgen. Manche haben sogar Angst. Und wir alle hier, die wir uns im selben politischen Koordinatensystem befinden, sollten alles dafür tun, Sorgen und Ängste zu nehmen und nicht zu verstärken.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Zuruf von Christina Schulze Föcking [CDU])

Wir müssen verhindern, meine Damen und Herren, dass Menschen sich aus diesem demokratischen, politischen Koordinatensystem verabschieden. Dazu müssen wir alle einen Beitrag leisten – ich, die Regierungsfraktionen, aber auch die Oppositionsfraktionen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Lang anhaltender lebhafter Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Minister Jäger. – Meine Damen und Herren, Herr Minister Jäger hat die der Landesregierung zur Verfügung stehende Redezeit um 18:30 Minuten überzogen. Selbstverständlich kommt diese Zeit, falls gewünscht, auch den Rednern der Fraktionen zugute.

Als Erster hat sich für die CDU-Fraktion deren Fraktionsvorsitzender, Herr Kollege Laschet, gemeldet. Bitte, Sie haben das Wort.

Armin Laschet (CDU): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister Jäger, Sie haben

(Werner Lohn [CDU]: Nichts gesagt!)

nach intensiver Beratung eine Situation beschrieben, wie Sie sie wahrnehmen. Sie haben festgestellt, welche Folgen entstehen – für den Staatsschutz, in den sozialen Netzwerken, an rechtsradikalen Aktivitäten – und haben an uns appelliert, diese Situation zu beseitigen. Das brauchen Sie nicht, Herr Minister. Aber dass erneut nicht in Hamburg, nicht in München, nicht in Berlin, nicht an irgendeinem anderen Ort, sondern wieder in Nordrhein-Westfalen dieser Zustand erzeugt worden ist, liegt in Ihrer Verantwortung. Das gilt auch für die Folgen.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Wenn Rechtsradikale jetzt durch Köln marodieren und sich als Bürgerwehr organisieren – ich greife das auf, was ich hier eben vorgetragen habe –, dann ist das eine Folge des Versagens. Herr Jäger nennt das Staatsversagen. Wer ist denn der Staat? Der Staat ist doch nicht der Polizeiführer in Köln. Der Staat ist eine Regierung, ist ein Minister.

(Jochen Ott [SPD]: Was ist das denn für eine Definition? – Ingrid Hack [SPD]: Der Staat sind wir!)

Und wenn Sie „Staatsversagen“ sagen, dann war das, auch wenn Sie lange geklatscht haben, eine Misstrauenserklärung gegen den Vertreter des Staates, gegen den Innenminister. – Erste Bemerkung.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN – Jochen Ott [SPD]: Der Staat ist die Regierung? Was ist das denn?)

– Das ist der Repräsentant des Staates, Herr Ott. Wir haben ja eben den Integrationskurs von Herrn Römer erlebt, der uns das Grundgesetz erklärt hat. Der Staat wird repräsentiert durch den Innenminister,

(Zurufe von der SPD und den GRÜNEN)

und die Ministerpräsidentin hat gesagt: Ich habe die Macht und die Aufgabe. – Die Bürger erwarten, wenn eine Ministerpräsidentin das sagt, dass sie das auch wahrnimmt. Es passiert aber leider in Köln und nirgendwo anders, und deshalb wühlt uns diese Thematik so auf.

Zweites Thema: Wir erlebten hier gerade wieder Schönrederei. Aber nicht wir haben das Wort „No-go-Area“ erfunden. Vielmehr waren es Polizeigewerkschafter, sozialdemokratische Mitglieder der Gewerkschaft der Polizei,

(Michele Marsching [PIRATEN]: So sieht es aus!)

die gesagt haben, dass es in Duisburg und Gelsenkirchen No-go-Areas gibt.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Es fällt einem schwer, ruhig zu bleiben, wenn sich ein Minister hierhin stellt und erklärt: Wir sind hier in Nordrhein-Westfalen so toll, dass die gesamte deutsche Polizei unsere Modelle übernimmt. – Wie realitätsfern sind Sie inzwischen, dass Sie das nicht mehr wahrnehmen?

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Glauben Sie ernsthaft, die bayerische Polizei hätte auch nur eine Stunde lang am Münchner Hauptbahnhof einen solchen Zustand akzeptiert, wie es hier in Köln der Fall war? Glauben Sie das allen Ernstes?

(Beifall von der CDU)

Ich glaube, keine Sekunde würde in anderen Bundesländern HoGeSa akzeptiert, würde akzeptiert, dass Frauen nicht mehr Bahnhöfe betreten können, würden No-go-Areas wie in Duisburg oder Gelsenkirchen akzeptiert. Nirgendwo in Deutschland wäre das wie hier der Fall.

(Beifall von der CDU)

Jetzt kommt die dritte und letzte Frage.

(Minister Ralf Jäger spricht mit einer Mitarbeiterin.)

– Das wird Ihnen jetzt auch nicht Ihre Referentin beantworten können, Herr Jäger.

(Heiterkeit und Beifall von der CDU)

Die Frage ist relativ simpel – dafür brauchen Sie auch nichts bis Dienstag zu prüfen, dafür brauchen Sie auch keine Akten zu wälzen –: Ab welchem Zeitpunkt haben Sie gewusst, dass in Köln mehr passiert ist als eine friedliche Nacht? Sie haben nicht alle Details gewusst; ohne Zweifel. Ist in Berichten der Nacht geschrieben, dass eine Massenpanik drohte? Ja oder nein? Nur das wollen wir wissen. Wir wollen wissen, ob Sie darüber nicht informiert worden sind, wie das eben den Eindruck machte, und wann die Ministerpräsidentin informiert wurde. Schließlich sagte sie, sie habe es erst am 4. Januar erfahren.

Wenn in einer Stadt in Nordrhein-Westfalen eine Massenpanik gedroht hat, ist das ein Punkt, den ein Innenminister und eine Ministerpräsidentin unverzüglich hätte erfahren müssen. Sonst läuft etwas falsch in diesem Land.

(Anhaltender Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Körfges das Wort.

(Ministerpräsidentin Hannelore Kraft: Die Landesregierung muss erst darauf eingehen!)

– Frau Ministerpräsidentin, Sie geben ein Signal, aber wir haben hier ein bestimmtes Verfahren verabredet. Zu diesen Verabredungen gehört, dass jetzt eigentlich die Redner der Fraktionen das Wort haben. Wenn das Anliegen des Innenministers allerdings so dringend ist, dass er darum bittet, jetzt mitten in der Debatte noch einmal das Wort zu erhalten …

(Christian Lindner [FDP]: Gerne! Komm, komm, komm!)

Möchten Sie jetzt sprechen, Herr Minister, oder sollen zuerst die anderen Redner sprechen?

(Minister Ralf Jäger: Ich wollte direkt darauf eingehen!)

– Wunderbar. Das müssen wir nur abstimmen.

(Zurufe von der CDU und der FDP – Minister Ralf Jäger: Kein Problem!)

Wir können es nämlich nicht so machen, dass die …

(Erneut Zurufe von der CDU und der FDP)

Also: Herr Körfges stellt seinen Beitrag einen Moment zurück, und jetzt hat Herr Innenminister Jäger noch einmal das Wort. Bitte schön.

(Dietmar Schulz [PIRATEN]: Herr Körfges, setzen Sie sich doch auf den Platz des Ministers!)

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Herr Laschet, ich bitte um Verzeihung, dass mir die Beantwortung in meinem Wortbeitrag entgangen ist. Ich hatte sie mir notiert, ich habe es überlesen.

(Christof Rasche [FDP]: Wir haben doch tausendmal nachgefragt!)

– Ja. Ich will das aber jetzt sofort beantworten.

Es gab unterschiedliche Zuständigkeiten, unterschiedliche Einsatzabschnitte und unterschiedliche Absprachen zur Silvesternacht. Es gab, ich glaube, Anfang Dezember eine Lagevorbesprechung der Bundespolizei, der Kölner Polizei und der Stadt Köln. In diesem Gespräch hat die Bundespolizei angeregt, die Hohenzollernbrücke nicht für die Eisenbahn, sondern für den Fußgängerverkehr –

(Zuruf von der FDP – Eva Voigt-Küppers [SPD]: Jetzt hört doch mal zu!)

Sie kennen die Möglichkeit, sich auf beiden Seiten der Brücke zu bewegen, und die vielen Schlösser, die da an den Gittern angebracht sind – zu sperren, weil vonseiten der Bundespolizei befürchtet wurde, dass der große Zustrom auf diese Brücke dazu führt, dass einige die Gleise betreten könnten und dadurch der Zugverkehr eingestellt werden müsste.

(Michele Marsching [PIRATEN]: So wie jedes Silvester! Jedes Jahr!)

In der Nacht selbst ist genau diese Situation eingetreten – die Stadt Köln hatte im Vorfeld eine solche Sperrung für den Fußgängerverkehr nicht genehmigt –, dass viele Personen, weil die Fußgängerwege auf der Brücke voll waren, ihren Weg über die Gleise gesucht haben und dadurch der Zugverkehr für eine Stunde eingestellt werden musste. Das hat im Übrigen Kräfte der Bundespolizei an dieser Stelle gebunden, die wir eigentlich dringend auf dem Bahnhofsvorplatz gebraucht hätten.

(Zuruf von Marc Lürbke [FDP])

Wie gestern der Präsident der Bundespolizei, Romann, auch gegenüber dem Innenausschuss erklärt hat, hat ein Beamter der Bundespolizei innerhalb der Meldekette der Bundespolizei nach Berlin gemeldet, dass es an der vollen Hohenzollernbrücke, die in der Zuständigkeit der Bundespolizei liegt, in der Tat drohte, zu einer Panik zu kommen. Dies hat der Präsident der Bundespolizei, Herr Romann, gestern gegenüber dem Bundestagsausschuss noch einmal deutlich bestätigt.

Ich hoffe, Herr Laschet, ich habe Ihre Frage damit beantwortet.

(Zurufe von der CDU und der FDP: Nein! – Weitere lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Meine Damen und Herren, ich darf …

(Fortgesetzt lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP – Ralf Witzel [FDP]: Seit wann wussten Sie Bescheid?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich darf doch bitten, den Pegel so zu regulieren, dass wir in der Debatte weiter fortfahren können.

(Ralf Witzel [FDP]: Schauspieler! Unerträglich!)

Also, Herr Innenminister hat gemerkt, es gibt offenbar noch Fragebedarf,

(Christian Lindner [FDP]: Wann wusste er Bescheid? Wann wurde er informiert?)

und bittet darum, noch einmal direkt das Wort zu erhalten, um Weiteres zu beantworten. – Bitte, Herr Innenminister.

Ralf Jäger, Minister für Inneres und Kommunales: Herr Laschet, ich hatte nur die Frage zur Hohenzollernbrücke bzw.

(Lachen von der CDU und der FDP)

die Frage, ob dort eine Panik entsteht, wahrgenommen.

(Klaus Kaiser [CDU]: Sie müssen mal zuhören! – Weitere lebhafte Zurufe von der CDU und der FDP)

Alles andere will ich auch sehr gerne beantworten, was im Übrigen in der Beantwortung im Innenausschuss am Dienstag sowieso stattgefunden hätte.

Es hat in der Silvesternacht eine erste WE-Meldung vonseiten der Polizeibehörde Köln um 3:15 Uhr mit folgendem Inhalt gegeben:

Circa 1.000 Personen waren auf der Örtlichkeit Domplatte, die den Jahreswechsel feiern wollten. Mehrfach kam es zum Zünden von Feuerwerkskörpern in der Menschenmenge sowie unter anderem offensichtlich gezieltem Abfeuern pyrotechnischer Signalmunition in die Menschenmenge. Die Situation wurde stetig brisanter, und es drohte eine Massenpanik auszubrechen.

(Lutz Lienenkämper [CDU]: Die Massenpanik meinen wir!)

Ferner stieg feststellbar das Aggressionspotenzial der anwesenden meist alkoholisierten Personen. Zwecks Gefahrenabwehr wurde die Platztreppe geräumt.

Jetzt kommt das Entscheidende:

Die Räumung verlief ohne Vorkommnisse.

Deshalb ist diese WE-Meldung nicht zu mir gesteuert worden – nur an das Ministerium, nicht an mich.

(Zuruf von der CDU: Ach? – Zuruf von Christian Lindner [FDP])

– Das will ich Ihnen doch jetzt gerade vorlesen. Es gab am 1. Januar um 14:36 Uhr ebenfalls eine WE-Meldung der Polizeibehörde Köln in Richtung des Ministeriums. Diese habe ich auch erhalten:

Im Rahmen der Silvesterfeierlichkeiten kam es am Bahnhofsvorplatz in der Innenstadt zu insgesamt bislang elf bekannten Übergriffen zum Nachteil junger Frauen – elf von jetzt 279 angezeigten –, begangen durch eine 40- bis 50-köpfige Personengruppe. Die Frauen wurden hierbei von der Personengruppe umzingelt, oberhalb der Bekleidung begrapscht, bestohlen und ihnen wurde Schmuck entrissen.

Das ist die WE-Medlung vom 1. Januar, 14:36 Uhr. Die habe ich erhalten.

Freitag, 1. Januar, 21:40 Uhr – auch das will ich gerne vorlesen –:

Im Laufe des 01.01.2016 ist es zu weiteren Anzeigenerstattungen beim PP Köln, den umliegenden Behörden sowie bei der Bundespolizei gekommen, die mit dem geschilderten Grundsachverhalt im Zusammenhang stehen könnten. Zur Erhellung der Sachverhalte hat das PP Köln eine Ermittlungsgruppe eingerichtet, die die weiteren Ermittlungen übernimmt.

Ich bin dann im Zuge dessen, dass die Polizeibehörde Köln selbst intern keinen Überblick hatte, dass es diese Dimension von Übergriffen gab – diese ist erst Zug um Zug in den nächsten Tagen dadurch bekannt geworden, dass die Frauen ihre Anzeigen später gestellt haben, weil viele von ihnen sie in der Nacht selbst mangels Polizeibeamten vor Ort in der Polizeiinspektion nicht stellen konnten –, Zug um Zug darüber unterrichtet worden, dass es diese Dimension hat.

Ich habe die WE-Meldungen jetzt vorgelesen. Wir werden das aber deutlich, Herr Laschet, Herr Lindner, in unserem Bericht an den Innenausschuss – für Dienstag können wir die Beantwortung zusagen – noch einmal umfänglichst beantworten. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: So weit der Innenminister. – Jetzt hat das Wort Herr Kollege Körfges für die SPD-Fraktion.

Hans-Willi Körfges (SPD): Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Herrn Innenminister Jäger sehr dankbar dafür, dass er die Fragen noch aufgegriffen und beantwortet hat. Der Geräuschpegel auf dieser Seite des Hauses zeigt ja, dass die Auskünfte bei Ihnen ganz offensichtlich angekommen sind.

Liebe Kolleginnen und Kollegen insbesondere von CDU und FDP, ansonsten lassen Sie sich ja die Zerrbilder, die Sie hier für die Öffentlichkeit und sich selber aufbauen, von Fakten offensichtlich nicht kaputt machen.

Ich will versuchen, einige Dinge zum eigentlichen Hintergrund der heutigen Debatte beizutragen. Denn getreu dem Motto „Was vom Tage übrig bleibt“ muss man ja auch einmal sehen, welche Wirkungen Debatten dieser Art insbesondere den Betroffenen gegenüber haben. Insofern muss man sehr differenziert mit dem Thema umgeben. Für billigen Populismus, für Verzerrung und falsche Darstellung von Fakten ist an der Stelle kein Platz.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Wo habe ich einen falschen Fakt dazu dargestellt?)

Ich beginne mit dem, was der verehrte Kollege Laschet eben dazwischengerufen hat. Wenn mein Fraktionsvorsitzender, der Kollege Norbert Römer, hier zu Recht das Grundgesetz als Maßstab für unser Handeln gerade im Bereich der öffentlichen Sicherheit und der Gleichbehandlung von Menschen vor dem Gesetz bemüht und der Fraktionsvorsitzende der größten Oppositionsfraktion „Banalität“ dazwischenruft, liebe Kolleginnen und Kollegen, dann ist das der Situation und der Thematik in diesem Hause absolut nicht angemessen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Alles, was nicht passt, Herr Laschet, wird dann passend gemacht. Ich beginne mit der operativen Verantwortung und dem Aufbau der Verwaltung. Ich erspare mir jetzt ein Proseminar zu diesem Thema, aber all das, was Sie dargelegt haben, widerspricht eindeutig den Tatsachen. Die Verantwortung für die Aufarbeitung liegt ja wohl bei der Regierung, aber auch bei uns allen hier im Hause. Da darf ich nur sagen: Wer ein Staatsverständnis hat, den Staat mit der Landesregierung zu verwechseln, hat offensichtlich an einigen wesentlichen Stellen seiner Vorbildung als Parlamentarier nicht richtig aufgepasst, Herr Laschet.

(Beifall von der SPD)

Ich will auch auf eine weitere Problematik, die Sie hier aufgemacht haben, eingehen. Ja, die Übergriffe in Köln sind nicht tolerierbar, waren dramatisch und insbesondere für die Opfer traumatisierend. Es ist eine schreckliche Tatsache, dass wir heute darüber reden müssen. Leider ist es aber nicht nur in Nordrhein-Westfalen zu vergleichbaren Übergriffen gekommen. Zu behaupten, das habe es nur in NRW gegeben, ist schlichtweg falsch und dient nur der Stimmungsmache.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Ich komme nun zu dem vielfach zitierten und bemühten Hauch von Anstand. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben es hier in Nordrhein-Westfalen nicht in der Hand, wenn ein verirrter Geist wie der Herr Trump in den Vereinigten Staaten schlecht über NRW redet. Aber wir haben es in der Hand, zu vermeiden, einen solchen Unfug in die Debatte hier einzuführen, lieber Herr Kollege Laschet!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Faktengenauigkeit – ich greife ein anderes Beispiel aus Ihrem Wortbeitrag auf – ist offensichtlich wirklich nicht Ihre Stärke. Sie haben sich womöglich bis auf die Vorbereitung auf die heutige Rede, die aber nicht besonders gut war, mit dem Thema „innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen“ noch nicht intensiv auseinandergesetzt. Sonst wäre Ihnen doch mit Sicherheit bekannt, dass es bei der von uns diskutierten Kennzeichnungspflicht für Beamtinnen und Beamte der Polizei gerade nicht um Namensschilder geht. All das, was sich auf Ihre Zerrbilder nicht reimt, wird einfach passend gemacht. Das ist nicht angemessen, Herr Laschet.

(Beifall von der SPD - Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Sie haben die Frage angesprochen – ich glaube, auch die FDP –, was im Vorfeld zwischen der Polizeibehörde, der Stadt Köln, der Bundespolizei, aber auch dem LZPD vereinbart worden ist. Offensichtlich scheinen Sie von der Vorgehensweise in einer dezentral aufgestellten Verwaltung bezogen auf polizeiliche Zuständigkeiten überhaupt keine Ahnung zu haben. Sonst wüssten Sie es. Ich gebe Ihnen einen kleinen Lesehinweis:

Auf Seite 6 des Berichtes der Landesregierung können Sie genau nachlesen, wie die Vereinbarung zwischen der Polizei in Köln und dem LZPD gelaufen ist. Da ging es nicht darum, dass Dinge gegen den Willen der Kölnerinnen und Kölner in der Polizei nicht zur Verfügung gestellt worden sind. Da ging es um ein abgestimmtes Verfahren.

Jetzt erlaube ich mir einen Ausblick auf die Bundespolizei. Ja, die Vorkommnisse sind schrecklich. Ich persönlich schäme mich, dass das in Nordrhein-Westfalen vorgekommen ist. Nur: Wir haben im Innenausschuss einen Bericht erhalten, der sehr schonungslos die Vorkommnisse beleuchtet. Auf meine persönliche Nachfrage, ob es bei der Bundespolizei etwas Vergleichbares gibt, sodass wir uns einen solchen Vorgang unter dem Aspekt der Fehlerkultur bezogen auf die Vorgänge im Bereich des Bahnhofs ansehen können, ist uns gesagt worden: Nein, das gibt es nicht.

Darüber hinaus ist von mir – diejenigen, die da waren, werden sich vielleicht erinnern – auf einen persönlich gefärbten Bericht eines einzelnen Beamten, der den Medien zur Verfügung gestellt worden ist, hingewiesen worden. Und was ist darauf erwidert worden? – Die Bundespolizei – bitte genau hinhören, liebe Kolleginnen und Kollegen! – macht sich diesen Bericht ausdrücklich nicht zu eigen, um ihn nicht zu autorisieren. – Das ist Fehlerkultur aufseiten der Bundespolizei! Lassen Sie sich von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Polizeibehörde in Köln, die vor Ort gearbeitet haben und denen unsere gesamte Anerkennung und unser gesamtes Lob gilt, einmal schildern, was passiert ist, um Frauen sicher zu den Bahnsteigen zu bringen. Das haben, und zwar auf Bitten der Bundespolizei, Kräfte unserer Landespolizei machen müssen, weil die Bundespolizei an der Stelle überfordert war.

Wer in die eine Richtung Vorwürfe macht, liebe Kolleginnen und Kollegen, der darf auf dem anderen Auge nicht blind sein. Von daher fordere ich Sie dazu auf, wenn wir darüber diskutieren, was in der Silvesternacht falsch gelaufen ist, zur Kenntnis zu nehmen, dass wir eine komplette Aufarbeitung wollen, und zwar auch unter Einbeziehung möglicher Versäumnisse der Bundespolizei. Da ist bis jetzt nichts geliefert worden.

(Beifall von der SPD – Vereinzelt Beifall von den GRÜNEN)

Es ist wirklich superabenteuerlich, wer welches Schaubild hat und wie aussagekräftig es ist. Ich halte den Chart jetzt nicht mehr hoch.

(Zuruf von Christian Lindner [FDP])

– Ach, Herr Kollege Lindner, gut, dass Sie sich gerade melden. Das passt ganz gut in meine Redevorstellung. Herrn Wolf sehe ich leider nicht mehr.

Es gab einmal so etwas wie einen Demografiebericht bei der Polizei in Nordrhein-Westfalen. Der ist zu schwarz-gelber Zeit erstellt, aber eben nicht vorgelegt worden. Wissen Sie, was der damalige Innenminister gemacht hat? Er wollte nicht gerne über haushaltstechnische Konsequenzen für mehr Beamtinnen und Beamte reden und hat ihn in die unterste Schublade getan. Er hat diesen Demografiebericht dem Parlament vorenthalten und somit dazu beigetragen, dass die demografische Lücke bei der Polizei verschleiert worden ist. So viel zum Verursachungsbeitrag der FDP, lieber Herr Lindner!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN – Christian Lindner [FDP]: 500 Stellen hat er gebracht!)

Und dann die Frage: Wie sind die Stellen angewachsen? – Ja, wir haben seinerzeit diese Situation vorgefunden. Und wer sich, Herr Lindner, statt dazwischenzureden mit Grundrechenarten beschäftigt, kann die Spanne zwischen 1.100 bis 1.920 leicht berechnen. An dieser Zahl der Einstellungsermächtigungen kann man schnell nachvollziehen, welche Landesregierung und welche sie tragenden Fraktionen für die innere Sicherheit Nordrhein-Westfalens mehr getan haben. Das waren nicht Sie!

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Aber wir sind dazu bereit, weil sich die sicherheitstechnischen Voraussetzungen ändern. Wir müssen aufgrund der vielen Menschen, die neu in unser Land kommen – und da will ich niemanden unter Generalverdacht stellen; auch da müssen wir alle aufpassen – zusätzliche Herausforderungen bewältigen. Insoweit haben wir auch gesagt. Das kann nicht ausreichen.

Es wäre schön gewesen, hätten wir in der Debatte auch darüber noch geredet, dass die Landesregierung entschieden hat: Jawohl, wir wollen zusätzlich Personal mobilisieren und noch einmal 500 Beamtinnen und Beamte mobilisieren, die – das liegt mir besonders am Herzen – sofort für die polizeiliche Präsenz vor Ort zur Verfügung stehen. Das heißt, die Anregung aus dem Kreis – da muss sich jetzt nicht die Opposition auf die Brust klopfen – der Polizeigewerkschaften, mit Pensionärinnen und Pensionären darüber zu reden, die Dienstzeit zu verlängern, begrüßen wir als SPD-Landtagsfraktion ganz ausdrücklich.

Ich darf Ihnen an der Stelle noch eins sagen: Dass allgemein in Deutschland Polizei abgebaut wird, ist ein schlimmer Fehler. Darauf wird allerorten hingewiesen.

Das bedingt manch böse Folge, zum Beispiel für Einsatzhundertschaften aus Nordrhein-Westfalen. Wir garantieren die Sicherheit mit unseren Einsatzhundertschaften zum Beispiel bei Großereignissen in anderen Bundesländern. Ich finde es nicht hinnehmbar, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, dass Polizistinnen und Polizisten aus Nordrhein-Westfalen jeden Montag nach Dresden fahren müssen, dort für die innere Sicherheit geradestehen, ihren Dienst da verrichten und auf der anderen Seite der Freistaat nichts dafür tut, die Anzahl der Polizistinnen und Polizisten in eigener Verantwortung zu erhöhen.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die nordrhein-westfälische Polizei ist sogar da präsent, wo andere bei Polizei sparen. Dafür gebührt nicht nur den Beamtinnen und Beamten, sondern auch denen im Land, die damit die innere Sicherheit in der ganzen Bundesrepublik gewährleisten, unser Dank. Nur: Nach dem, was wir hier im Augenblick diskutieren, halten wir es für richtig, diese Praxis noch einmal grundsätzlich zu überdenken. Denn Polizistinnen und Polizisten, die wir bezahlen, die wir ausbilden und die uns für die innere Sicherheit in Nordrhein-Westfalen wichtig sind, haben zuerst ihren Dienstort hier bei uns. Von daher werden wir uns sehr darüber freuen, wenn es da zu neuen Lösungen kommt.

(Beifall von Eva Voigt-Küppers [SPD])

Lassen Sie mich noch etwas zu dem Thema der sexualisierten Gewalttaten sagen. Ich will nicht beckmesserisch sein. Man kann juristisch über alles diskutieren. Wir sind dafür, dass die Opfer Genugtuung zumindest insoweit erfahren, als – da, wo möglich – sehr schnell Verfahren eröffnet werden. Deswegen ist die Frage nach der Belohnung eine sehr gute, weil ich denke, dass dies der Aufklärung dienen wird. Wenn wir mit Blick darauf zusätzliche Kräfte bei der Staatsanwaltschaft einstellen, liebe Kolleginnen und Kollegen, Schwerpunkte bilden, ist das im Sinne der Opfer.

Es wäre aber ganz besonders im Sinne der Opfer gewesen, wenn in der Vergangenheit die konservativen Parteien, insbesondere die CDU auf Bundesebene, zum Beispiel bei § 177 Strafgesetzbuch mitgezogen hätten. Dann hätten wir nämlich zugunsten unserer Frauen in ganz Deutschland eine Schutzlücke schließen können. Leider haben Sie sich da verweigert.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Ich darf ein Zitat vortragen – ich gebe zu, das ist nicht mir eingefallen, sondern ist nachzulesen in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ in einer Glosse, die nicht freundlich mit der Regierung umgeht, die ich jedoch nicht ganz vorlesen will –:

(Zuruf von der CDU: Doch! – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Nichts mehr verschweigen!)

Denn ich finde, der letzte Satz, liebe Kolleginnen und Kollegen, insbesondere an die Adresse der CDU gerichtet, heißt: Wenn das mal gutgeht. Denn seit Jahren ist nicht klar, ob die NRW-CDU Teil der Lösung

(Beifall von den GRÜNEN – Dr. Joachim Stamp [FDP]: Komplett vorlesen und nichts verschweigen! Alles oder nichts!)

oder vielleicht mehr Teil des Problems ist, bezogen auf die innere Sicherheit.

(Christof Rasche [FDP]: Täuschen und Tricksen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich habe gerade auch den Stil ein wenig vergröbert – das gebe ich offen zu –, aber ich habe nur die Art und Weise der Debatte aufgegriffen, die hier von anderen, und zwar nicht wegen der Ereignisse, wegen der Aufklärung, sondern wegen politischer Feldgewinne im kleinteiligen Bereich, vom Zaun gebrochen worden ist.

Ich würde mir im Interesse der inneren Sicherheit, im Interesse der Opfer, im Interesse der Menschen in unserem Land wünschen, dass wir von der Polemik Abstand nehmen und uns lieber – und da bin auch bereit, über meinen Schatten zu springen – über die sachlichen Vorschläge aller Fraktionen zur Verbesserung der inneren Sicherheit in Nordrhein-Westfalen unterhalten. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von der SPD und den GRÜNEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Körfges. – Für die FDP-Fraktion erteile ich Herrn Kollegen Lürbke das Wort.

Marc Lürbke (FDP): Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Körfges, das können Sie besser, und ich weiß auch, dass Sie das besser können. Wir haben uns in den letzten Jahren im Innenausschuss sehr intensiv über die Sicherheitslage in Nordrhein-Westfalen unterhalten. Wenn Sie heute davon sprechen, wir würden hier Zerrbilder zeichnen, dann erklären Sie das bitte einmal den Opfern beispielsweise der 65.000 Wohnungseinbrüche, die wir allein in 2015 hatten.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wir haben wachsenden Extremismus, wachsende organisierte Kriminalität etc. Hier von Zerrbildern zu sprechen, wird der Situation sicherlich nicht gerecht.

Herr Körfges, ich bleibe bei Ihnen. Wir haben das x-mal auch in der Diskussion mit dem Minister erörtert, wer letztlich für die desolate Personalsituation bei der Polizei verantwortlich ist. Ich will das hier nicht wiederholen – den Menschen draußen ist das letztlich auch fürchterlich egal, wer dafür die Verantwortung trägt; letztlich kann sich wahrscheinlich keine einzige Partei hier im Haus davon freisprechen –, sondern nur einen Punkt herausheben:

Was die Menschen wollen, ist, dass das Vertrauen in die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen wieder hergestellt wird. Dafür steht dieser Minister in der Verantwortung und nicht erst seit gestern

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

und nicht erst seit letzter Woche, sondern seit über fünfeinhalb Jahren.

Herr Körfges, ich bin aber bei Ihnen, wenn es darum geht, eine Aufgabenanalyse bei der Polizei durchzuführen. Darüber haben wir auch gesprochen. Der Bericht der Expertenkommission liegt ja vor. Einiges nehmen Sie jetzt in Ihren Antrag auf, obwohl wir das auch binnen des letzten Jahres x-mal gefordert haben. Ich finde hier auch sehr viele Vorschläge der Opposition wieder. Es ist traurig, dass wir sie erst aus diesem traurigen Anlass vermutlich umsetzen können.

Das heißt, was Ihren Antrag anbelangt, sind wir bei Ihnen, wenn es darum geht, die Situation der nordrhein-westfälischen Polizei zu verbessern, wenn es uns gelingt, mehr Stellen zu schaffen – das ist immer unsere Linie gewesen –, aber wir sind natürlich nicht in der Lage, Ihrem Antrag zuzustimmen, weil die pauschale Kritik, die in dem Antrag zu finden ist, natürlich falsch ist.

Herr Minister, jetzt komme ich zu Ihnen. Ihr Auftritt eben hat eigentlich für mehr Widersprüche gesorgt als für Aufklärung in dieser Debatte.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Sie feiern sich als schonungslosen Aufklärer, aber letztlich waren es Widersprüche.

Ich will einen ganz eklatanten herausheben. Ich hoffe, Sie können ihn gleich hier noch erläutern. Sie haben eben gesagt, in Köln hätte man den Überblick verloren, man hätte die Situation in dieser Dramatik, in dieser Dimension nicht erkannt.

Ja, aber dann stellt sich doch die Frage nach den zusätzlichen Kräften, die Sie ja zur Verfügung gestellt haben. Wenn Sie eine Lagebeurteilung sowohl vor dem Abend vorgenommen und einen zusätzlichen Zug verweigert haben als auch an dem Abend selber und gesagt haben „Wir sind zu der Erkenntnis gekommen, wir können euch Kräfte schicken“, dann hätten Sie die Kräfte tatsächlich auch schicken müssen.

(Jochen Ott [SPD]: Was ist das denn? Das ist lächerlich! – Weitere Zurufe von der SPD)

Sie haben eine eigene Lagebeurteilung gemacht. Sie haben selbst eingegriffen. Sie haben hier selbst mit eigener Kompetenz vorher einen Zug verweigert. Dann hätten Sie den auch in dieser Nacht durchsetzen können. Das ist ein ganz eklatanter Widerspruch.

(Beifall von der FDP und der CDU)

Wenn Sie sagen, man hatte keine Kenntnisse, warum haben Sie dann Kräfte in Aussicht gestellt?

(Jochen Ott [SPD]: Das ist ja peinlich!)

Sie zeigen mit dem Finger auf andere. Die Landespolizei, die Kölner Polizei, die Bundespolizei seien schuld.

Liebe Grüne, ich will das auch noch einmal erwähnen: Das ist nicht die Bundespolizei an der Stelle. Die Bundespolizei hatte 70 Beamte im Einsatz. Die Landespolizei hatte in der Spitze 83 Beamte am Bahnhof. Also machen Sie es sich bitte nicht so leicht und zeigen mit dem Finger auf andere! Natürlich sind auch Verantwortlichkeiten in Nordrhein-Westfalen und natürlich auch Verantwortlichkeiten im Hause des Innenministers.

Also, liebe Kolleginnen und Kollegen, worum es jetzt doch gehen muss, ist, das Vertrauen in den Rechtsstaat, das Vertrauen in die Sicherheit in Nordrhein-Westfalen wieder herzustellen. Wir haben heute verschiedenste Vorschläge gelesen und wenig tatsächlich über diese Vorschläge gesprochen. Es muss jetzt der Punkt kommen, an dem diese Vorschläge in der Tat umgesetzt werden. Beispielsweise müssen endlich die Ergebnisse des Berichts der Expertenkommission angepackt werden.

Wir brauchen eine handlungsfähige Polizei, eine handlungsfähige Justiz. Aber dafür brauchen wir auch einen handelnden Minister, der dieser Verantwortung gerecht wird. – Herzlichen Dank.

(Beifall von der FDP, der CDU und den PIRATEN)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Herr Kollege Lürbke. – Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen erteile ich Frau Kollegin Schäffer das Wort.

Verena Schäffer*) (GRÜNE): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die massenhaften sexualisierten Übergriffe auf Frauen in der Silvesternacht quasi vor den Augen der Polizei machen mich sowohl als junge Frau als auch als Innenpolitikerin fassungslos und wütend. Es kann und es darf nicht sein, dass Mädchen und Frauen im öffentlichen Raum nicht sicher sind. Es kann und darf auch nicht sein, dass rechtsextreme Kräfte die Opfer für ihre rassistische Hetze instrumentalisieren und dass Menschen mit Migrationshintergrund angegriffen werden.

Ja, es ist ein Problem, dass diese Debatte von einer Angst beherrscht wird, obwohl wir eigentlich, finde ich, eine sachliche, eine differenzierte Auseinandersetzung bräuchten, auch um angemessen und wirksam reagieren zu können und darüber diskutieren zu können, wie die Reaktionen aussehen sollten. Ich meine, diese sachliche Debatte wären wir eigentlich auch den Opfern schuldig. Deshalb bitte ich auch darum, hier mal etwas Sachlichkeit einkehren zu lassen.

Es waren ja leider bis auf die Ministerpräsidentin nur Männer, die bisher in dieser Debatte über sexualisierte Gewalt geredet haben, und ich finde es beschämend, dass dieses Thema der sexualisierten Gewalt bei vielen hier eigentlich überhaupt keine Rolle mehr gespielt hat.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Aber ich möchte hier auch ganz klar die Fehler der Polizei benennen. Der Bericht des Innenministeriums – ich hoffe, dass ihn zumindest einige gelesen haben, denn bei einigen habe ich da meine Zweifel, ob dieser Bericht gelesen wurde – legt ja sehr schonungslos offen, welche Fehler es bei diesem Einsatz gegeben hat. Ich meine, dass wir genau diese kritische Nachbetrachtung jetzt auch brauchen. Herr Laschet, Sie haben offensichtlich überhaupt kein Interesse daran, diese kritische Nachbetrachtung zu führen ganz konkret über die Fehler des Einsatzes der Polizei in Köln, damit wir eine Fehleranalyse machen können und für zukünftige Einsätze daraus lernen können.

(Beifall von den GRÜNEN – Dietmar Schulz [PIRATEN]: Sie sind nur am Lernen! Was muss eigentlich passieren?)

Der Vorwurf der Vertuschung hat ja hier auch zu weiteren Spekulationen geführt. Um es vorweg zu sagen: Es wurde klargestellt, dass es keine Anweisung des Ministeriums gegeben hat, den Hintergrund der Störer und Tatverdächtigen nicht zu nennen. Der Erlass, der jetzt kursiert und immer als Beleg herangezogen wird, ist ja nicht nur aus der Zeit von Ingo Wolf, sondern natürlich darf die Herkunft eines Tatverdächtigen genannt werden, wenn ein Informations- oder Fahndungsinteresse besteht. Deshalb finde ich auch, dass sich diese Spur eigentlich objektiv betrachtet überhaupt nicht für eine weitere Skandalisierung eignet, die hier immer noch betrieben wird.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Ja, eindeutig benennen muss man auch, dass keine Reservekräfte der Bereitschaftspolizei nachgefordert wurden, obwohl diese sogar vom Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg ja routinemäßig angeboten wurden. Ganz offensichtlich gab es eine mangelnde Kommunikation zwischen Polizeiinspektion, Präsidium und Lagezentrum.

Das hat dazu geführt, dass niemand ein umfassendes Bild über die Einsatzlage hatte. Herr Lürbke, genau aus diesem Grund, der in dem Bericht auch kritisiert wurde, hätte das LZPD keine Kräfte schicken können. Auch das Amt hatte keine Übersicht über die Gesamtlage in Köln.

In dem Bericht wird zu Recht kritisiert, dass dieser gravierende Fehler aus fehlender Kommunikation und fehlender Lageeinschätzung natürlich zu fatalen Folgen für die geschädigten Frauen geführt hat.

(Dietmar Schulz [PIRATEN): Eben!)

Das muss hier auch so klar benannt werden.

(Beifall von den GRÜNEN)

Natürlich haben wir auch mit unseren Kolleginnen aus Berlin telefoniert. Im Innenausschuss des Bundestages ist gestern klar geworden, dass die Bundespolizei eben keine Reservekräfte zur Verfügung hatte. Die Bundespolizei war leider nicht bei uns im Innenausschuss des Landtags, sonst hätten wir sie selbst darauf ansprechen können. Uns haben die Kolleginnen aus Berlin aber berichtet, dass es im Zuständigkeitsbereich der Bundespolizei mindestens genauso verheerend abgelaufen ist wie im Bereich des PP Köln.

Es gibt eine gemeinsame Verantwortung, die auch gemeinsam bearbeitet und benannt werden muss. Wenn ich mir die Kommentierungen von Bundesinnenminister de Maizière anhöre, kann ich eigentlich nur sagen: So undifferenziert kann und darf Politik nicht arbeiten.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Ich will auch klar benennen, an welcher Stelle der Bund dringend gefordert ist. Das ist bei der Verschärfung des Sexualstrafrechts der Fall. Der aktuelle Zustand ist nicht hinnehmbar. Derzeit gehen Täter zumeist straflos aus, weil die Widerstandsleistung der Betroffenen zentraler Bezugspunkt für eine Strafbarkeit ist. Deutschland hat die Istanbul-Konvention unterzeichnet und sich damit verpflichtet, dass es für die Strafbarkeit einer sexuellen Handlung genügen muss, dass das Opfer damit nicht einverstanden ist.

Es liegt mittlerweile einen Referentenentwurf der Bundesregierung vor. Dieser geht uns Grünen noch lange nicht weit genug. Wir fordern ganz klar, dass es eine konsequente Umsetzung dieser Istanbul-Konvention geben muss. Das heißt, dass bei sexualisierter Gewalt strafrechtlich der Grundsatz gelten muss: Nein heißt Nein.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich will hier noch einmal sehr deutlich sagen, dass sexualisierte Gewalt auch im öffentlichen Raum natürlich kein neues Phänomen ist, also kein Phänomen, das erst auftritt, seit viele Flüchtlinge in unser Land kommen. Laut einer Studie der Europäischen Grundrechteagentur erlebt jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens geschlechtsspezifische Gewalt.

Deshalb müssen wir diesen schrecklichen Anlass, den es nicht hätte geben dürfen, jetzt nutzen, um eine dringend notwendige gesellschaftliche Debatte über sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen zu führen. Das Schlimme an dieser momentanen öffentlichen Debatte ist, sie ist so überhitzt, dass sie droht, die Opfer zu vergessen oder sogar zu instrumentalisieren.

(Beifall von den GRÜNEN)

Es ist doch völlig absurd, wenn Hooligans und Rocker meinen, uns Frauen beschützen zu wollen. Wir brauchen ganz sicherlich keinen Schutz von marodierenden Männerhorden oder von zwielichtigen Gestalten aus dem Rotlichtmilieu.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Wir brauchen auch keine Bürgerwehren; denn das Gewaltmonopol liegt beim Staat. Deshalb ist es richtig, wenn die Polizei Präsenz auf der Straße zeigt und das Gewaltmonopol durchsetzt.

Die Einstellungsermächtigungen für die Polizei sind schon angesprochen worden. 2011 lag die Einstellungszahl noch bei 1.109 Polizeibeamtinnen und -beamten. Im Jahr 2016 liegt sie bei 1.920 Einstellungsermächtigungen. Das zeigt, wie stark wir in die Polizei investiert haben.

Herr Lindner und Herr Lürbke, wenn Sie hier die Fakten falsch darstellen, dann muss man das hier ansprechen. Das tue ich auch. In der ersten Hälfte der schwarz-gelben Landesregierungszeit ist durch die Einstellung von nur 500 Polizeibeamtinnen und -beamten der Personalkörper der Polizei insgesamt abgebaut worden, weil mehr Polizistinnen und Polizisten pensioniert als eingestellt wurden.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Genau dieses von mir angesprochene Minus haben Sie in den folgenden Jahren nicht aufholen können. Sie haben mehr eingestellt. Zugestanden! Aber das von Ihnen angerichtete Minus haben Sie nicht mehr aufgeholt. Wir als rot-grüne Koalition haben seit 2011 viel mehr Personen eingestellt als pensioniert wurden. Das heißt, momentan bauen wir einen Personalkörper auf. Es gibt mehr Polizistinnen und Polizisten. Herr Lindner und Herr Lürbke, das gehört zur Wahrheit.

(Beifall von den GRÜNEN)

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf das Thema Asylrecht eingehen. Es gibt ständig voreilige Rufe nach einer Verschärfung des Asylrechts und geradezu einen Überbietungswettbewerb, der von AfD und anderen rechtspopulistischen und rechtsextremen Kräften natürlich händereibend beobachtet wird. Mit dieser auch von Ihnen angezettelten Debatte und dem Ruf nach mehr Abschiebung und einer Asylrechtsverschärfung treiben Sie Wählerstimmen in die Arme von Populistinnen und Populisten.

(Zuruf von Armin Laschet [CDU])

Das finde ich total fatal und falsch. Was Sie fordern, ist zudem noch inhaltlich völliger Blödsinn. Natürlich ist die Abschiebung straffälliger Asylbewerber auch heute schon möglich. Aber Sie brauchen eine Verurteilung dafür. Sie brauchen die Voraussetzung dafür. Ich finde, man muss auch klar benennen: Natürlich kann nicht jeder Asylbewerber abgeschoben werden. Das gilt beispielsweise, wenn sein Leben im Herkunftsland bedroht ist. Deshalb möchte ich Sie dringend bitten, mit der Verbreitung von diesem billigem Populismus endlich aufzuhören.

(Beifall von den GRÜNEN und Michele Marsching [PIRATEN] – Vereinzelt Beifall von der SPD)

Wir benötigen natürlich eine Analyse über die Täter und ihren Hintergrund. Ich finde, es wäre jetzt angemessen, genau diese Debatte zu führen. Ja, die bisherigen Erkenntnisse über die Tätergruppe deuten sehr wohl darauf hin, dass ein hoher Anteil der Männer einen nordafrikanischen Hintergrund hat.

Man muss sich aber auch noch einmal die Situation dieser Menschen ansehen. Die Anerkennungsquote liegt bei unter 2 %. Die Antragsteller halten sich regelmäßig etwa zwei Jahre in Deutschland auf. Das hat etwas mit der Dauer bis zur Entscheidung zu tun. Wir benötigen dringend beschleunigte Asylverfahren. Das benennen wir klar in unserem Antrag.

(Beifall von den GRÜNEN)

Wesentlich wichtiger, als nur zu sagen, wir schieben jetzt alle ab, was – wie gesagt – auch gar nicht funktioniert, wäre ein abgestimmtes Vorgehen von Polizei, Ausländerbehörden, Justiz und Kommunen, wie es zum Beispiel bereits in Düsseldorf der Fall ist. Ja, bei der Justiz muss es beschleunigte Verfahren nach dem Grundsatz geben: Die Strafe muss auf dem Fuße folgen. – Das wäre ein wichtiges Zeichen, um Tätern die Konsequenzen ihres Handelns aufzuzeigen.

Ich möchte noch einmal ganz kurz auf das Thema Generalverdacht eingehen. Genau das passiert jetzt und ist in der Debatte so gefährlich. Viele Flüchtlinge, viele Männer mit Migrationshintergrund werden unter einen Generalverdacht gestellt.

Herr Golland – ich weiß nicht, ob Sie noch im Raum sind –,

(Michele Marsching [PIRATEN]: Der ist eben abgehauen, weil er es nicht mehr ertragen konnte!)

ich habe heute die „Rheinische Post“ gelesen und war ehrlich gesagt nicht so sehr verwundert, weil solche Sachen von Ihnen häufiger kommen. Aber Sie betreiben genau diesen pauschalen Generalverdacht, wenn Sie eine Sicherheitsüberprüfung aller Flüchtlinge fordern.

(Beifall von den GRÜNEN – Vereinzelt Beifall von der SPD – Zuruf von Michele Marsching [PIRATEN])

Ich frage mich ernsthaft, ob Sie damit wirklich die Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen beschäftigen wollen. Angesichts von salafistischem Terrorismus, von gewaltbereiten Neonazis finde ich das ehrlich gesagt unverantwortlich. Das kann man so nicht stehen lassen. Ich finde, es ist Blödsinn, was Sie da erzählen. Wir brauchen keine Sicherheitsüberprüfung aller Flüchtlinge hier in Nordrhein-Westfalen.

Was dieser Generalverdacht aber auch noch befeuert – und das ist das Gefährliche an der Debatte –: Natürlich fühlen sich rechtsextreme und rechtspopulistische Kräfte dadurch gestärkt. Diese instrumentalisieren ohnehin schon die Opfer und verbreiten ihre rassistische Hetze. Es wurden bereits mehrere Menschen Opfer von Übergriffen.

Das gilt es klar zu verurteilen. Das müssen wir verhindern. Wir müssen deutlich machen, dass das Gewaltmonopol beim Staat liegt, wir Selbstjustiz nicht akzeptieren, aber wir natürlich auf die Tätergruppe schauen müssen. Aber ich sage auch: Rechter Hetze müssen wir uns gemeinsam entgegenstellen, dem müssen wir zum Beispiel auch unsere Willkommenskultur hier in Nordrhein-Westfalen entgegenstellen. – Vielen Dank.

(Beifall von den GRÜNEN und der SPD)

Vizepräsident Dr. Gerhard Papke: Vielen Dank, Frau Kollegin Schäffer. – Für die Piratenfraktion erteile ich Herrn Kollegen Schulz das Wort.

Dietmar Schulz (PIRATEN): Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer im Saal und daheim! Wir haben heute viele Dinge gehört, die sich abseits der Ereignisse bewegen und auch bewegen werden, wofür die Ereignisse der Silvesternacht in Köln und anderswo in Deutschland, auch in Nordrhein-Westfalen, Anlass sind.

Es wurde heute oft beklagt und auch gemahnt, dass diese Ereignisse, die stattgefunden haben, nicht instrumentalisiert werden sollen für populistische, gar übereilte Maßnahmen. – Wir haben heute drei Entschließungsanträge vorliegen, vor deren Befassung ich das aus meiner Sicht hier im Saal einzig richtig Gesagte zitieren möchte. Ich zitiere den Kollegen Mostofizadeh, der sagte, die Geschehnisse mögen aufgearbeitet werden, und danach mag darüber nachgedacht werden, in welcher Form balancierte Maßnahmen ergriffen werden.

Das, was heute mit den Entschließungsanträgen aus der Hüfte geschossen vorliegt, ist weit von dem entfernt, was ausbalanciert nach einer Aufklärung wahrscheinlich nötig sein wird und gemacht werden muss.

(Beifall von den PIRATEN)

Wir vonseiten der Piratenfraktion – das stelle ich gleich an den Anfang – werden alle drei Entschließungsanträge, so sehr wir einzelne Aspekte aus jenen durchaus für gut diskutabel und auch für richtig halten, ablehnen.

Kommen wir zu den eigentlichen Ereignissen und dem Anlass für diese Debatte zurück. Kommen wir darauf zurück, was auch Herr Kollege Römer in seiner Rede sehr eindringlich angemahnt hat, nämlich die Befassung mit der Verantwortung und der Verantwortlichkeit der Politik in diesem Zusammenhang.

Wir in Nordrhein-Westfalen, wir in Deutschland beklagen infolge dieser widerlichen Ereignisse in der Silvesternacht in Köln – übrigens auch in Stuttgart, in Düsseldorf, Hamburg und anderen Orten – den Verlust des Sicherheitsgefühls der Menschen in unserem Land.

Dies ist eine Folge falscher innerer Sicherheitspolitik, und es stellt sich in der Tat heute mehr denn je die Frage nach der politischen Verantwortung, auch heute und hier. Es geht sicherlich nicht ausschließlich darum, wer wann wo welche Polizeistellen abgebaut und wieder aufgebaut hat, sondern es stellt sich die Frage nach einer Lagebeurteilung am 31. Dezember des vergangenen Jahres und in der Nacht des 1. Januar dieses Jahres – politische Verantwortung – und darum geht es –, die nicht die Polizeikräfte vor Ort zu tragen haben, nicht diejenigen, die in Köln am Hauptbahnhof ihren Kopf hingehalten haben, und nicht diejenigen, die vonseiten der Polizei auf der Domplatte ihren Kopf hingehalten haben.

Es stellt sich auch ganz sicher keine Verantwortung oder Verantwortlichkeit von Opfern, die möglicherweise nicht aufgepasst haben. Im Gegenteil. Politische Verantwortung für das Versagen in der Präventionspolitik, wozu auch eine Lagebeurteilung gehört, wozu möglicherweise auch eine harte Hand eines Ministers gehört bis hinein in die Polizeiführung der Operative vor Ort, ist hier zu diskutieren und diese ist hier an den Pranger zu stellen. Es mag sein, dass damit Herr Minister Jäger unter Beschuss steht.

(Michele Marsching [PIRATEN]: Der wieder gegangen ist, den es wieder nicht interessiert!)

Es mag sein, dass indirekt auch Frau Ministerpräsidentin Kraft unter Beschuss steht. Fakt ist aber: Es geht hier um Organe, es geht hier um Staatsversagen, es geht hier um das Versagen von Ministerien und möglicherweise einer Landesregierung, die Köpfe hat. So, wie Minister Jäger im Bereich der Operative Köpfe rollen lässt, muss er sich möglicherweise auch gefallen lassen, dass im Bereich der obersten Verantwortung ein Kopf rollt, und das könnte eben doch seiner sein.

(Beifall von den PIRATEN – Michele Marsching [PIRATEN]: Das müsste seiner sein!)

Kommen wir einmal zu den Ursachen. Es wurde hier insbesondere von Minister Jäger gesagt: Die Lagebeurteilung ist gemacht worden, die Polizei in Nordrhein-Westfalen, insbesondere unter der LZPD-Ägide, war gut aufgestellt, und man hat Kräfte angeboten.

Das mag sogar sein. Und es mag sogar sein, dass unter Berücksichtigung der Lagebeurteilung aus dem Innenministerium, die möglicherweise etwas zu lax kommuniziert worden ist – da wären wir wieder bei den Kommunikationsproblemen –, die operative Führung vor Ort in Köln gar nicht die Notwendigkeit erkannt hat, die Notwendigkeit dafür, die Hundertschaft tatsächlich auch anzufordern. In dem Moment, in dem es in Köln eskalierte und das Ding explodierte, war es vielleicht schon zu spät.

Betrachten wir die Ereignisse der Silvesternacht in Köln nämlich genauer, dann müssen die Menschen in diesem Land auch wissen, dass die Erkenntnisse, die dem Innenministerium über mögliche Gewaltszenarien, insbesondere hervorgerufen durch nordafrikanische Männer, bereits im Sommer des vergangenen Jahres bekannt waren.

Und wir müssen wissen, dass diese Erkenntnisse den Mitgliedern des Innenausschusses bereits im Sommer des vergangenen Jahres mitgeteilt worden sind.

Das mag möglicherweise daran liegen, dass im Bereich der Operative in Köln eben kein Beamter des höheren Dienstes, der vielleicht sogar über die Erkenntnis hätte verfügen können, im Dienst war, sondern ein Beamter des gehobenen Dienstes.

Kann es möglicherweise sein, dass die Erkenntnislage von Mitgliedern des Innenausschusses vom Sommer des vergangenen Jahres gar nicht bis nach Köln vorgedrungen ist? Sonst hätte nämlich gewusst werden können – auch unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Manpower im Innenministerium von roundabout 1.000 Beamten –,

(Beifall von Christian Lindner [FDP])

dass solche Szenarien gerade vor dem Hintergrund der massiven Präsenz von nordafrikanischen Männern durchaus möglich sind – gerade im Abgleich zu dem, was beispielsweise in Kairo oder anderen Großstädten im nordafrikanischen Bereich und im arabischen Raum üblich ist, nämlich das Belästigen von Frauen und Mädchen bei Großveranstaltungen. Das ist in diesem Kulturraum gang und gäbe.

Es kann also sein, dass die Lagebeurteilung über den „Gewaltimport“ in der Konferenz zwischen Innenministerium und Polizeibehörden eben nicht in ausreichendem Maße stattgefunden hat, sodass die Polizeibehörden vor Ort nicht für derartige Gefahrenlagen sensibilisiert waren. Die Verantwortung dafür trägt der Innenminister des Landes Nordrhein-Westfalen.

(Beifall von den PIRATEN)

Handlungen und Konzeptentwicklung auf Basis dieser Erkenntnislage gab es also offenbar nicht. Das geschah auch nicht in Ansehung der rasanten Entwicklung der Zahl von Asylbewerberinnen und Asylbewerbern und der Zunahme der Zahl von Zuwanderern in Deutschland – besonders in NRW – im Allgemeinen. Sonst hätten auch die Kölner Polizei und andere örtliche Polizeien möglicherweise – ich wiederhole das – entsprechend präventiv reagiert.

Bauernopfer, Frau Kraft, wie sie von Ihrem Innenminister geradezu heldenhaft ins Feld geworfen werden, Beleidigungen der Kölner Polizei – die heute ein bisschen zurückgenommen werden angesichts der Tatsache, dass sich die Polizei in Köln aufopferungsvoll für die Opfer in die Bresche geworfen hat –

(Zuruf von der SPD)

sind kontraproduktiv, zerstören das Vertrauen der Polizei in die Führungsstrukturen und verunsichern letztlich die Menschen in diesem Land.

Sie sind dilettantisch bis schädlich. Sie sind – wie auch die Versetzung eines Polizeipräsidenten in den einstweiligen Ruhestand – kein Ersatz für die eigene Übernahme politischer Verantwortung. Im Gegenteil: Sie sind ein fataler bis vorsätzlicher Versuch, von der eigenen Verantwortung für Organisations- und Exekutivverschulden und damit von dem Versagen der eigenen Behörde und seiner selbst abzulenken.

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

Wann, Herr Minister Jäger, stellen Sie sich eigentlich an dieses Mikrofon und übernehmen selbst die politische Verantwortung? Dazu hätte ich von Ihnen heute ein Wort erwartet. Ich habe nicht gehört, dass Sie bereit sind, für Ihre Behörde die Verantwortung zu übernehmen. Stattdessen hören wir in der Sondersitzung des Innenausschusses, dass das polizeiliche Versagen und die gemachten Fehler – die Frau Ministerpräsidentin Kraft hier auch als Fehler hingestellt hat – quasi als Anlass genommen werden, um daraus vielleicht Konzepte zu entwickeln, die von NRW auf die Bundesebene übertragen werden, sodass sich NRW einmal mehr als Vorreiter für polizeiliche Konzepte und Maßnahmen gerieren kann.

Dafür hätte die Landesregierung Nordrhein-West-falen schon lange Zeit gehabt,

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN])

im Grunde schon seit den Ereignissen rund um die Loveparade – das muss man ganz klar sagen –, spätestens aber seit den Ereignissen um die HoGeSa.

(Beifall von den PIRATEN)

Es bedarf keiner besonderen nochmaligen Erwähnung dessen, was heute schon mehrfach gesagt worden ist, nämlich dass sich Frau Ministerpräsidentin Kraft eigentlich erst heute gegenüber den Menschen im Land Nordrhein-Westfalen und diesem Hause verantwortlich der Situation stellt. Die Menschen in diesem Land haben einen Anspruch darauf, nicht permanent Zeugen oder gar Spielball einer Kette von Versuch und Irrtum der Exekutive zu werden.

Inzwischen geht es gar an die körperliche Unversehrtheit der Menschen, und das in einem Maße, das erkennen lässt: Diese Landesregierung verletzt in zahlreichen Positionen ihren Amtseid, der einen Schutz eben jener Menschen einschließt.

(Zuruf von der SPD: Oh!)

Heute war viel von Gesetzesänderungen zu hören, die nötig seien. Es ist zwingend erforderlich, der Rechtsstaatlichkeit in diesem Land wieder zur Geltung zu verhelfen. Es ist darüber hinaus zwingend erforderlich, dem Gewaltmonopol des Staates auch in Nordrhein-Westfalen wieder zur entsprechenden Geltung zu verhelfen. Die Sicherheit im Land, auf den öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Gebäuden und in Verkehrsmitteln, bedarf einer dringenden Stärkung. Sie kann ganz offensichtlich durch die hierfür zuständige verantwortliche Truppe der Exekutive, wie sie sich derzeit darstellt, nicht mehr gewährleistet werden.

Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem eine Bürgerwehr eine Wachablösung mit der Scharia-Polizei zelebriert. Und ich möchte nicht, dass sich mein Kind, die Kinder unserer Familien, Frauen und ihre Töchter nur noch durch warme Worte und Handzettel beschützt sehen, auf denen steht, dass sie nur noch in Begleitung ihnen vertrauter Menschen auf die Straßen gehen sollen oder wie sie ihre Telefone sperren können.

(Beifall von den PIRATEN)

Die Piratenfraktion erwartet von einer Regierung Konzepte zur Prävention und nicht erst dann, wenn zum zehnten Mal gravierende Ereignisse geschehen, die über das Land Nordrhein-Westfalen hinaus – sogar weltweit – Aufmerksamkeit erregen.

Die Piratenfraktion erwartet, dass die klaffende Lücke zwischen geltendem Recht auf der einen Seite und seiner Durchsetzung bzw. Durchsetzbarkeit auf der anderen Seite geschlossen wird. Es ist ein Skandal, wenn über 600 Strafanzeigen erst viele Tage oder gar Wochen nach den Straftaten von Köln eingehen, weil der Staat seine Bürgerinnen und Bürger im Stich gelassen hat.

Es ist ein Skandal, wenn die personelle Unterbesetzung der Polizei in dieser Nacht auf dem möglicherweise vom Innenministerium verschuldeten Fehlen einer hinreichenden Instruktion über das Gefährdungspotenzial in Richtung Polizeibehörden beruht. Es ist ein Skandal, dass Täter nicht schon vor Ort dingfest gemacht werden können, weil die Opfer massenhaft sich selbst überlassen bleiben, wie eben in jener Silvesternacht.

Es ist geradezu ein Hohn, Frau Ministerpräsidentin, wenn Sie in Ihren Entschließungsantrag hineinschreiben, dass jetzt, Wochen später, Belohnungen für das Ergreifen von Tätern ausgesetzt werden, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit schon längst über alle Berge sind.

Wem wollen Sie das zumuten? Wem in diesem Land wollen Sie – möglicherweise auch bei den Flüchtlingen, der Asylbewerberinnen und Asylbewerbern – zumuten, dass jetzt durch derartiges Treiben Ihrer Landesregierung eine Welle der Denunziation losgebrochen wird?

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe)

Es ist ein Skandal, dass aus demselben Grund die Begehung von Straftaten nicht verhindert oder zumindest eingedämmt worden ist. Die Sicherheit in Köln wird auch nicht durch ein Mehr an Videoüberwachung oder durch das Aufhängen von mehr Kameras erzielt, und schon gar nicht auf den Kölner Ringen. Denn auf den Kölner Ringen haben wir nichts gehört von derartigen Übergriffen wie am Hauptbahnhof und auf der Domplatte.

Fakt ist: Am Hauptbahnhof und auf der Kölner Domplatte sind 80 Überwachungskameras installiert. Keine einzige dieser Kameras hat ein einziges Verbrechen, welches dort begangen worden ist, verhindert. Das muss hier doch einmal ganz klar festgestellt werden.

(Beifall von den PIRATEN)

Videoüberwachung wiegt die Bevölkerung nur vermeintlich in einer Sicherheit. Das ist eine subjektive Sicherheit, die tatsächlich aber keine Straftaten verhindert – schon gar nicht solche Straftaten, die im Schutz von Gruppen oder inmitten einer großen Menge von Umstehenden begangen werden, und die mangels Polizeipräsenz vor Ort auch nur dann begangen werden können. Auch Bodycams, liebe CDU, hätten bei den wenigen Beamten angesichts der Tausenden von Menschen, die sich auf der Domplatte und vor dem Hauptbahnhof aufhielten, nichts genutzt.

(Beifall von den PIRATEN)

HoGeSa Ende 2014, die unsägliche Existenz von No-go-Areas in ganz Nordrhein-Westfalen und auch die Ereignisse der Silvesternacht in Köln sprechen eine eindeutige Sprache. Was muss noch passieren, Frau Ministerpräsidentin, damit die Polizei und an oberster Stelle Ihr Innenminister – und nicht zuletzt Sie selbst, Frau Kraft – sich ihrer Verantwortung bewusst werden und den Weg freimachen für verantwortungsvolle und verantwortungsbewusste Politik im Sicherheitsinteresse der Menschen unseres Landes?

Halten auch Sie eine Armlänge Abstand zu Gewalttätern, die zudem nicht als Gewalttäter erkennbar sind, für ein valides Konzept für das bevorstehende Karnevalsfest? Halten Sie die Aufmerksamkeit und Obacht von potenziellen Opfern, namentlich von Frauen, für ein Konzept der inneren Sicherheit? – Ich hoffe nicht. Sie leisten mit derartigen Vorstößen einer Umkehr der Opfer-Täter-Relation Vorschub, die unerträglich ist und einer Kapitulationserklärung des Rechtsstaats gleichkommt.

Auch wenn dies – Gott sei Dank! – heute in diesem Hause nicht zur Debatte gestanden hat, wird aber in der öffentlichen Diskussion – auch in der des Bundestages, in dem die Parteien dieses Hauses ebenfalls vertreten sind; und ich weiß, dass diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen in den Länderparteien bestehen – die Obergrenze im Zusammenhang mit der Zuwanderung durch Asylbewerberinnen und Asylbewerber thematisiert. Auch in Reihen der SPD hört man derartige Worte. Aber wir wissen alle, dass das keine Lösung sein kann.

Die Bundesrepublik Deutschland steht nämlich, auch was das angeht, in einer historischen Verantwortung, die sich aus den schrecklichen Ereignissen des Zweiten Weltkriegs ergibt. Ich hoffe – da spreche ich alle Parteien an, insbesondere die hier im Landtag vertretenen Fraktionen –, dass nach wie vor Konsens besteht, dass unser Grundgesetz in dieser Hinsicht Bestand haben wird. Und das möge so bleiben.

Abgesehen davon wären Änderungen in diesem Bereich des Asylrechts menschenrechtswidrig – sowohl nach der Genfer Flüchtlingskonvention als auch nach der Europäischen Menschenrechtscharta. Jede Instrumentalisierung der Ereignisse von Köln im Hinblick auf die mögliche Verschärfung des Asylrechts wäre ein Missbrauch jener historischen Verantwortung und überdies eine Verhöhnung der Opfer von Silvester wie anderer Opfer anderer eskalierender Gewalt in unserem Land und in unserem Gesamtstaat Bunderepublik Deutschland.

(Beifall von den PIRATEN)

Es würde überdies diejenigen Flüchtlinge gleichermaßen treffen, die sich schon jetzt einer zunehmenden Gefahr ausgesetzt sehen, und die ausschließlich einem durch – ich sage mal –Schönrednerei manifestierten Staatsversagen hilflos ausgeliefert sind.

Jeder von Neonazis und sonstigem rechtsradikalen Gesindel in Ausübung von Selbst- oder gar Lynchjustiz auf Deutschlands Straßen gejagte und teilweise krankenhausreif geschlagene Ausländer, jeder traktierte Flüchtling, jede brennende Asylbewerberunterkunft im Lande Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus ist ein Weckruf – ein Weckruf, dem die politisch Verantwortlichen mit der Härte des Gesetzes zu begegnen haben: präventiv und sanktionierend.

Dies aber setzt ein funktionierendes System des staatlichen Gewaltmonopols voraus. Und dieses hat schon bei HoGeSa versagt und hat überdies in der Silvesternacht in Köln versagt.

Die Landesregierung steht ununterbrochen in der Verantwortung, endlich das Vertrauen in den Rechtsstaat und die innere Sicherheit zurückzugewinnen. Und dazu dienen die hier vorliegenden Entschließungsanträge, insbesondere der relativ populistische Entschließungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen, nicht. Das Sicherheitsempfinden der Menschen ist auf dem Nullpunkt angelangt. Das Papier, das hier beschlossen werden soll, bringt dies nicht zurück.

Diese Situation wird stattdessen von Eiferern für Fremdenhass missbraucht – und nicht nur das, sondern Regierungsparteien liefern die Blaupausen und Vorlagen für ausländerfeindliche Parolen, die auf den Plätzen unserer Republik beinahe täglich in widerwärtiger Weise das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland weltweit beschmutzen.

Eben in dieses Horn hat auch dieser Innenminister geblasen, als er Anfang Januar seine Äußerung bezüglich der nordafrikanischen Männergruppen im Hinblick auf deren mögliche Gewalttaten bezüglich wehrloser Frauen gemacht hat. In dieses Horn bläst auch der Bundesjustizminister, der vor dem Hintergrund der Straftaten von Silvester in Köln eine verschärfte Abschiebungs- und Ausweisungspraxis – man höre und staune! – verurteilter Straftäter fordert.

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass der Staat dieser Straftäter zunächst habhaft werden muss. Wir hören davon, dass 19, 20 oder 21 Verdächtige sich derzeit in irgendeiner Weise im Gewahrsam des Staates befinden. Es sind aber Hunderte von Straftaten begangen worden. Die Belohnungen, die dafür ausgesetzt worden sind, werden nicht reichen, um aus dem Kreis von derzeit einer Million Flüchtlingen in Deutschland die entsprechenden Täter herauszufiltern, sie dann einer Verurteilung zuzuführen und sie daraufhin gemäß der Forderungen auf Bundes- und Landesebene auszuweisen bzw. abschieben zu können.

Abgesehen davon müsste dann auch noch festgestellt werden, ob überhaupt das damit verbundene Strafmaß – wenigstens ein Jahr Freiheitsstrafe – als Urteilsspruch der Justiz herauskommt, um so diesem populistischen Petitum Folge leisten zu können.

Wir alle brauchen keine Lex Colonia im Asylrecht. Wir brauchen keine Verschärfung der Ausweisungs- oder Abschiebepraxis.

(Beifall von den PIRATEN)

Der Staat ist jener Täter – ich erwähnte es – noch nicht habhaft geworden. Wahrscheinlich wird er ihrer auch nicht habhaft werden – es sei denn, es käme noch einmal zu ähnlichen Ereignissen wie in der Silvesternacht, was Gott, eine fähige Landesregierung und ein optimaler Polizeiapparat aber bitte verhindern mögen.

Zudem sind noch nicht einmal ausreichend Polizeikräfte pro Jahr eingestellt worden. Zwar wurde hier davon berichtet, dass Rot-Grün in ihrer Regierungszeit peu à peu den jährlichen Einstellungsstand erhöht hat, aber die Polizeigewerkschaft spricht seit Jahren davon, dass jährlich 1.800 bis 2.000 Polizeikräfte eingestellt werden müssten. – Davon sind wir angesichts der Zahlen, die uns im Zusammenhang mit den letzten Haushaltsberatungen bekannt geworden sind, weit entfernt.

(Zuruf von der SPD)

Ich komme kurz auf den Aspekt der sexualisierten Gewalt zurück.

(Zuruf: Nein! – Zuruf von der SPD: Redezeit! – Unruhe)

– Ich hoffe, liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie haben einen kleinen Snack dabei, den Sie, während Sie reden, zu sich nehmen können.

(Zurufe)

Seit Jahren ist – auch das hat Kollege Mostofizadeh angesprochen – die Ratifizierung der Istanbuler Konvention überfällig, die europaweite Vereinbarung zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt. Deutschland hat diese Konvention nicht umgesetzt.

Sie, sehr geehrte Damen und Herren von SPD und CDU, hätten mittels Ihres Einflusses im Bund längst für die Umsetzung dieser Konvention Sorge tragen können. Dies heute nach den Ereignissen von Silvester einzufordern, ist eine Unverschämtheit – so wichtig sie ist.

(Beifall von den PIRATEN)

Ja, ein Nein von Frauen muss ein Nein sein. Bisher setzt das Gesetz leider voraus, dass immer auch Gewalt im Spiel sein muss. Aber selbst eine Umsetzung der Istanbuler Konvention zum Schutz von Frauen vor sexueller Gewalt hätte in der Silvesternacht in Köln keine einzige Straftat verhindert.

Wissen Sie warum? – Ich kann es Ihnen sagen: Die dortigen Straftäter wären gar nicht in der Lage gewesen, in deutscher Sprache nachzulesen, um was es geht.

Wissen Sie, was fehlt? – Ich sage es Ihnen. Angesichts der Verfahrensdauer bei Asylverfahren von zwei Jahren und länger, die hier ebenfalls schon beklagt worden ist, fehlt es an der Integration auch von nichtanerkannten Flüchtlingen und Asylbewerbern vom ersten Tag an.

Wo ist eigentlich der Integrationsminister, der auf diesem Stuhl sitzen müsste?

(Ministerin Barbara Steffens: Da! Neben Ihnen! )

– Ah!

(Zurufe von der SPD)

– Ja, ist ja gut. Er ist da.

Aber wissen Sie was, Frau Kraft? Ich habe vom 1. Januar dieses Jahres bis heute von dem Integrationsminister des Landes Nordrhein-Westfalen zu dieser relevanten Frage noch nichts gehört oder gelesen. Es wäre wohl richtig und wichtig,

(Beifall von Michele Marsching [PIRATEN] – Beifall von Josef Hovenjürgen [CDU])

dass dieser Minister immer dann, wenn in diesem Landtag von Integrationsmaßnahmen gesprochen wird – insbesondere dann, wenn massenhaft kriminelle Handlungen begangen worden sind, die möglicherweise auch darauf zurückzuführen sind, dass Integrationsmaßnahmen nicht durchgeführt werden –, ein Wort dazu verlieren würde.

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe von der SPD)

Integration ist nämlich eine staatliche Aufgabe, und zwar – noch mal – vom ersten Tag an. Das gehört zur Wahrheit dazu.

Sagen Sie den Menschen, dass Sie keine Konzepte haben: weder in der Asylpolitik bzw. der Umsetzung einer integrationspolitisch sinnvollen Flüchtlingspolitik noch in der zweckorientierten Umsetzung eines international anerkannten Sexualstrafrechts! Da muss nichts mehr evaluiert werden. All das ist in Wissenschaft und Praxis ausdiskutiert.

Sagen Sie den Menschen, dass die Polizei hoffnungslos unterbesetzt ist! Sagen Sie den Menschen, dass Sie vonseiten der Landesregierung zwar bemüht sind, ihnen Schutz zu bieten, es aber verabsäumt haben, die Zeichen des demografischen Wandels zu erkennen und so gegenzusteuern, dass auch unter Berücksichtigung ausreichender Lagebeurteilung das Ereignis von Köln gar nicht hätte stattfinden müssen!

Ziehen Sie endlich die Notbremse, Frau Kraft, und sorgen Sie für einen interdisziplinären und interministeriellen Diskurs, um die Probleme im Land zu lösen, anstatt den Lösungen hilflos und planlos hinterherzulaufen! Denn das beste und menschenrechtskonformste Asylrecht der Welt und das beste Strafrecht der Welt greifen nicht, wenn die Exekutive versagt.

Angefangen bei der Justizgewährungspflicht des Staates in Umsetzung des Rechtsstaatsprinzips bis zur Umsetzung des Gewaltmonopols des Staates, Frau Kraft – das haben Sie und insbesondere Ihr Innenminister für Nordrhein-Westfalen zu verantworten.

Schluss

(Beifall und Zustimmung von der SPD)

mit scheinheiligen …

– Ich danke Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, für den vorgezogenen Applaus.

Schluss mit scheinheiligen Debatten!

(Zurufe von der SPD: Och!)

Schluss mit öffentlich zur Schau getragener Betroffenheit!

(Beifall von den PIRATEN – Zurufe von der SPD: Oh!)

Schluss mit der Beweihräucherung etablierter und zudem in Regierungsverantwortung stehender Politik! Handlungskompetenz muss her! Diese fehlt bei der auf diesem Feld ausgetragenen Debatte hier und heute in NRW gänzlich.

Frau Kraft, walten Sie Ihres Amtes! Üben Sie Regierungsverantwortung aus, und komplettieren Sie die Kabinettsumbildung, die Sie im Sommer begonnen haben! Werden Sie Ihrem Amtseid endlich gerecht, und schützen Sie die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land nicht nur durch Reden, sondern durch Taten!

Frau Ministerpräsidentin, es ist nicht davon auszugehen, dass Ihr Innenminister selbst den Hut nimmt. Sollten Sie sich daher nicht selbst zum personifizierten Sicherheitsrisiko für NRW entpuppen wollen,

(Zurufe von der SPD)

sollten Sie ihm den Hut in die Hand geben.

Die Zeit des Trial and Error, die Zeit des Learning by Doing ist nach fünfeinhalb Jahren sicher vorbei. Sämtliche Schonfristen für Ihre Exekutive sind abgelaufen. Jeglicher Bonus, einschließlich eines etwaigen Amtsbonus, ist verbraucht. Frau Kraft, entlassen Sie Ihren Innenminister, besser heute als erst morgen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Danke, Herr Kollege Schulz. – Nun spricht der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Herr Schwerd, Sie haben drei Minuten Redezeit.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Frau Präsidentin, vielen Dank. – Nach dieser Rede ist es, glaube ich, für mich ein bisschen schwierig, überhaupt noch Aufmerksamkeit zu gewinnen.

(Unruhe)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, trotzdem wäre ich Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir noch ein paar Minuten zuhören würden. Ich habe nur drei, es geht also schnell.

Wir haben in dieser Runde sehr viel davon gehört, dass wir schnellere Abschiebungen brauchen. Dazu zwei Anmerkungen von mir.

Erstens. Was bedeutet es denn für die Frauen in den Herkunftsländern, wenn Gewalttäter mir nichts, dir nichts einfach zurückgeschickt werden? Ist uns das jetzt egal – Hauptsache, das passiert nicht hier?

Zweitens. Eine Abschiebung in den drohenden Tod durch Verfolgung oder Krieg stellt de facto eine Todesstrafe dar. Wollen wir das? Das Asylrecht ist ein Menschenrecht – denken Sie an die Genfer Konvention – und nichts, was man generös gewährt. Darauf hat man ein Recht.

Wir haben von vielen Seiten die Forderung nach einem Einsatz von noch mehr Kameras gehört. Ich möchte in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass es im Umfeld des Hauptbahnhofes jede Menge Kameras mit Hunderten Stunden an Videoaufnahmen gibt und wir schon jetzt Probleme haben, diese Kameras auszuwerten.

Sie dürfen auch nicht vergessen: Die Täter am Kölner Hauptbahnhof haben sich in Gruppen um die Opfer gestellt, Schulter an Schulter; da war nicht viel aufzuzeichnen. Die vorhandenen Kameras haben also jetzt nicht geholfen, und wenn etwas schon jetzt nicht geholfen hat, scheint mir ein Mehr davon keine sinnvolle Strategie zu sein.

Zum Thema „No-go-Areas“. Diese haben wir tatsächlich schon. Es gibt nämlich sogenannte national befreite Zonen, in die sich kein Polizist mehr traut. Es gibt Hunderte verurteilter Rechtsterroristen, die untergetaucht sind und von denen man nicht weiß, wo sie sind. Wer fängt die?

Solche No-go-Areas – das muss man sich auch vor Augen halten – sind der Nährboden für Terrorismus. Das zeigen die Ereignisse in Frankreich und Belgien, aber wir sehen es auch bereits hier: Als Reaktion darauf bilden sich demnächst Bürgerwehren und Milizen. Wir können nicht sagen, das hätten wir vorher nicht gewusst.

Ein letzter Punkt. Der Herr Minister hat die offene Fehlerkultur angesprochen. Ja, es gibt jede Menge Fehler, die ich gerne angesprochen hätte, und Fragen, die ich gerne gestellt hätte. Es ist sehr schade, dass ich im Innenausschuss keine Gelegenheit hatte, zu sprechen.

Es ist auch sehr schade, dass man die Kleinen Anfragen, die ich diesbezüglich gestellt hatte, aus formalen Gründen zurückgewiesen hat. Wir wissen nämlich immer noch nicht genau, wie viele Beamte wann vor Ort waren. Wir wissen immer noch nicht genau, wie lange die Verstärkung gebraucht hätte.

Präsidentin Carina Gödecke: Die Redezeit.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Wir wissen nicht, warum sie abgelehnt wurde. Wir wissen nicht, ob die Angriffe vorhersehbar waren. Wir wissen nicht, warum es keine Festnahmen gab und warum der Lagebericht aus der Presse nicht bestätigt werden konnte. Wir wissen nicht, warum die Anzeigenaufnahme nicht funktioniert hat.

Präsidentin Carina Gödecke: Herr Kollege Schwerd, Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Daniel Schwerd (fraktionslos): Wir wissen nicht, wie die Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden funktionierte, und wir wissen immer noch nicht, was zwischen 1 Uhr und 4 Uhr passiert ist. Ich könnte noch weitermachen. – Vielen Dank.

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Schwerd, Ihre Redezeit ist aber vorbei. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Biesenbach für die CDU-Fraktion.

(Zurufe von der SPD: Oh!)

Peter Biesenbach (CDU): Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die besten Wünsche, die mich auf dem Weg begleiteten, hießen: Mach es kurz! – Ich werde mich bemühen. Dennoch sind einige Ausführungen notwendig, um keine Legenden in die Welt zu setzen.

Wir haben heute den Herrn Jäger erlebt, den wir seit Langem kennen: Das ist Herr Jäger, der Schneidige. Angriff ist die beste Verteidigung. „Klare Kante“ heißt das bei ihm. Für Zweifel und selbstkritische Töne bleibt da kein Raum.

In dieselbe Richtung ging aber vor ihm bereits Herr Römer. Herr Römer, Ihnen muss angesichts der Rede, die Sie heute hier gehalten haben, das Hinterteil ganz schön auf Grundeis gehen. Sie haben sich mehr mit uns beschäftigt als mit dem Inhalt des Geschehens in Köln

(Beifall von der CDU und der FDP)

und dem, was tatsächlich notwendig gewesen wäre. Vermisst habe ich aber bei Ihnen – genauso wie bei der Ministerpräsidentin und erst recht bei Herrn Jäger – ein Quäntchen demütiger Äußerung nach draußen.

(Beifall von der CDU und den PIRATEN)

Ich will jetzt gar nicht groß darüber berichten, mit wie vielen Menschen ich gesprochen habe. Ich brauche mir nur die Betroffenheit meiner Frau und meiner Mitarbeiterinnen in meiner Kanzlei über die Ereignisse in Köln in Erinnerung zu rufen, sozusagen die Schockwelle, die bei ihnen ausgelöst wurde. Meine Frau wird mich heute Abend sicher fragen: Ist denn dazu irgendetwas gesagt worden?

Hierzu habe ich von Herrn Römer nichts gehört. Bei Herrn Jäger habe ich nur eine Entschuldigung für die Polizei und nicht für sich selbst gehört, und auch von der Ministerpräsidentin habe ich nichts dergleichen gehört.

Nein, was Sie heute hier gemacht haben, war nichts anderes als der Versuch, die Opposition wieder ein Stück in die Ecke der Krawallmacher zu stellen. Das hilft Ihnen aber überhaupt nicht; denn Ihnen ist das Thema unangenehm. Die Menschen in Nordrhein-Westfalen werden in den nächsten Wochen intensiv darüber nachdenken, wem sie gerade im Bereich der inneren Sicherheit Vertrauen schenken oder nicht.

Da beginnt Herr Jäger – von Ihnen, Herr Römer, angekündigt als „der härteste und entschlossenste Innenminister der ganzen Nation“ –, hier eine Bilanz zu ziehen. Das hätte er besser sein lassen.

Nehmen wir nur einige Punkte seiner Bilanz:

Er kann strahlend mitteilen, dass wir im letzten Jahr die höchste Zahl an Einbrüchen in der Geschichte dieses Landes verzeichneten. Das ist desaströs, auch was die Aufklärungsquote angeht. Denn nur 6 % der Einbrüche in den Großstädten werden aufgeklärt.

(Inge Howe [SPD]: Was hat das jetzt mit Köln zu tun?)

Ebenso desaströs ist die Beweissicherung, was diejenigen angeht, derer man überhaupt habhaft wird. Denn nur 2 % der Einbrüche werden nachher von der Justiz mit Urteilen begleitet. Das ist ein Erfolg, auf den Sie wahrlich stolz sein können.

Wir haben gehört – egal, ob der Begriff „No-go-Area“ stimmt oder nicht –, dass wir diese Plätze in Nordrhein-Westfalen haben. Der Leiter einer Gelsenkirchener Polizeiwache sieht sich dazu genötigt, mit Vertretern eines Vereins der organisierten Kriminalität an einem Tisch zu sitzen. Kleinste Einsätze der Polizei in Gelsenkirchen führen sofort zu großen Menschenansammlungen, zu denen dann sogar die Bereitschaftspolizei mit ihren Hundertschaften gerufen werden muss. Berichte der Polizei weisen Teile von Duisburg als No-go-Area aus.

Herr Innenminister, fragen Sie doch einmal Menschen, die aus Duisburg kommen. Sie müssten es eigentlich sehr gut wissen. Fragen Sie einmal meine Kollegin Petra Vogt, die uns in unserer Fraktionssitzung gestern sehr eindrücklich deutlich machte: Das Kölner Geschehen sei in der Dimension besonders auffällig. Nur, was da geschehen sei, geschehe täglich in Duisburg-Nord, und das unter Ihren Augen. – Das sind die Situationen, die Sie in Ihrer Bilanz beschreiben sollten.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Und wenn Sie uns dann hier deutlich machen, Sie hätten Verstärkung durch die Bereitschaftspolizei dorthin gebracht, dann sollten Sie auch sagen, wie diese wieder abgebaut wurde. Mitte Dezember letzten Jahres war in der Zeitung zu lesen, dass der Duisburger Polizeipräsident diese Kräfte langsam reduziert habe; es sollten auch keine mehr dagewesen sein. Legen Sie uns einmal die Zahlen auf den Tisch. Machen Sie es doch deutlich – nicht mit dem Kehlkopf, sondern ganz simpel mit den Zahlen!

Gehen wir ein bisschen weiter in Ihrer Erfolgsbilanz. Seitdem Sie Innenminister sind, hat sich die Zahl der Salafisten in Nordrhein-Westfalen verfünffacht. Die Zahl der gewaltbereiten Salafisten hat sich allein im letzten Jahr fast verdoppelt. Das sind die Zahlen, über die Sie sprechen sollten. All das fällt in Ihren Zuständigkeitsbereich.

Wir haben heute von der Ministerpräsidentin gehört, was alles geschehen soll. Frau Kraft, in dem Entschließungsantrag von Rot-Grün ist zum Beispiel nichts mehr von den Entlastungskräften zu finden, die Sie hier angekündigt haben. Es sind alles Dinge, über die wir gesprochen haben und die längst hätten umgesetzt werden sollen.

Herr Jäger, wo sind denn die landesweiten Konzepte gegen rechtsfreie Räume? Sind es die paar Pilotprojekte mit der Handvoll Mitarbeiter, die das machen sollen? Welche Erfolge können Sie präsentieren? Die Zahlen haben Sie noch nicht vorgelegt.

Was sind denn die Schlüsse, die Sie aus dem Kölner Silvesterabend gezogen haben? Wie sehen die Gegenmaßnahmen aus, damit sich das an Karneval nicht wiederholt?

Was tut denn die Landesregierung, um der wachsenden Terrorgefahr in unserem Land Einhalt zu gebieten? Sollen wir über den straffällig gewordenen Asylbewerber aus Recklinghausen sprechen, der wahrscheinlich am Terroranschlag in Paris beteiligt war? Wo sind die Vorschläge von Rot-Grün, um die Schlagkraft der Polizei in Nordrhein-Westfalen zu vergrößern und die Strukturen zu verdeutlichen?

Der Rechtsstaat hat das Heft des Handelns an dem Abend in Köln verloren, sagt Frau Kraft. Nein, das war schon viel früher der Fall.

(Beifall von der CDU)

Und wenn Sie glauben, auch das bestreiten zu können, dann akzeptieren Sie doch jemanden als Beweis, der nicht im Verdacht steht, uns einen Gefallen tun zu wollen. Wer von Ihnen – Herr Jäger, haben Sie es gelesen? – hat denn das Buch von Tania Kambouri gelesen,

(Zurufe von der SPD: Oh!)

den Notruf der jungen Bochumer Polizeibeamtin, die deutlich macht, wie die Polizei im Ruhrgebiet angesehen wird, die deutlich macht, wo die Schwächen liegen, die deutlich macht, wo sie Hilfe braucht?

(Beifall von der CDU und der FDP)

Und wie sieht die Hilfe aus, die gekommen ist? Der Innenminister hat sich, nachdem in Köln sicherlich viele Fehler bei der Polizeiführung gemacht wurden, diesmal mit einer Massivität gegen seine eigenen Beamten gestellt, wie ich es in diesem Parlament noch nicht erlebt habe. Das, Herr Jäger, nehmen Ihnen viele Polizeibeamte in Köln übel. Denn es ist kein einziges Mal die Frage gestellt worden, ob es wirklich nur an den Handelnden in Köln oder auch an Ihren Versäumnissen lag. Darauf komme ich gleich noch zu sprechen.

(Beifall von der CDU)

Die Ministerpräsidentin hat versucht, hier die Legende zu bilden, was alles getan wurde und getan wird für die Polizei. Liebe Frau Kraft, nehmen Sie wie viele andere doch bitte Folgendes zur Kenntnis: Als Ministerpräsident Rüttgers die Regierung übernahm, wurden jährlich 500 Polizeibeamte – und kein einziger mehr – eingestellt. Die Regierung Rüttgers hat sofort damit begonnen, diese Kapazität zu erhöhen.

(Thomas Stotko [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! Nicht sofort! Zwei Jahre später!)

Sie hat sie auch erhöht, Herr Stotko, auf 1.100!

(Zurufe von der SPD)

– Daran, dass die Opposition angeblich immer nur Falsches sagt, habe ich mich schon gewöhnt. Aber dann legen Sie doch einmal die Zahlen offen!

(Erneut Zurufe von der SPD)

Sie müssen auch wahrnehmen, was die GdP sagt. Sie haben doch gerade gezeigt, wie Sie damit umgehen. Sie haben aus einem Artikel in der „FAZ“ zitiert und versuchen, mit dem letzten Absatz deutlich zu machen, wir seien das Risiko.

(Hans-Willi Körfges [SPD]: Sie sind das Problem!)

Nur, Sie haben den Artikel nicht gelesen. Dieser beschäftigte sich nämlich mit Ihnen, und die Überschrift lautete: „Pappnasen“. Das ist die Meinung, die draußen existiert.

(Beifall von der CDU und der FDP)

Außerdem hat Schwarz-Gelb relativ schnell nach Regierungsübernahme dafür gesorgt, dass 841 Stellen bei der Polizei erhalten geblieben sind, die die Vorgängerregierung mit einem kw-Vermerk versehen hatte.

Wir können es aber noch deutlicher machen: In den letzten 50 Jahren hatte die SPD in Nordrhein-Westfalen 45 Jahre Regierungsverantwortung.

(Achim Tüttenberg [SPD]: Aus gutem Grund!)

Jetzt nehmen wir einmal die Zahlen: Anfang bis Mitte der 90er-Jahre hatten wir rund 44.000 Polizeibeamte im aktiven Dienst. Wenn die Zahlen, die heute veröffentlicht werden, stimmen, sind es noch rund 37.500. Wo ist da Ihre große Unterstützung für die Polizei?

Die Ministerpräsidentin mag heute sagen, Sie erhöhen diese Zahl auf 1.920. Aber nehmen wir doch einmal die Zahlen der GdP. Gleich werden Sie schreien, dass die falsch sind. Aber wenn die Zahlen stimmen – Herr Lindner hat sie auch angeführt –, dann werden wir mit allen Bemühungen, die Sie heute hier verkünden, 2025 noch einmal 3.000 Beamte weniger haben als heute. Das sind weitere fast 10 %, die Sie abbauen werden oder abbauen wollen. – Das ist die Sicherheitspolitik, die Sie uns heute verkaufen.

Nehmen wir einen anderen Punkt. Eben ist der Bund Deutscher Kriminalbeamter zitiert worden. Wir haben den Anteil der Kripobeamten in der Polizei seit 1985 unverändert gelassen. – Herr Herter, das heißt, 22,8 % der Polizeibeamten in Nordrhein-Westfalen sind bei der Kripo. Das Blöde ist nur, dass sich die Zahl der Straftaten in der Zeit um 50 % erhöht hat. Ein Beamter bei der Kripo hat heute im Schnitt eine Stunde Zeit, um einen Einbruch zu bearbeiten. In derselben Zeit geschehen sieben bis acht neue. Das ist die Arbeit, die Unterstützung, die Sie der Polizei gewähren. Das ist die Situation.

(Beifall von der CDU – Zuruf von Marc Herter [SPD])

Wir werden dieses Thema ganz sicher weiterführen, weil so viele Fragen offengeblieben sind. Deswegen will ich mich im Augenblick nur noch auf zwei Punkte konzentrieren.

Erstens. Herr Jäger, Sie haben gesagt: Ich habe keine Fehler gemacht, mein Ministerium auch nicht. – Dann würde ich Sie doch bitten – wir haben es getan –, sich noch einmal mit all den Dingen auseinanderzusetzen, die im März letzten Jahres bei der HoGeSa-Demonstration in Köln auffällig waren.

(Eva Voigt-Küppers [SPD]: Aber es geht doch jetzt um Silvester!)

– Ja, aber aus der Vergangenheit kann man lernen, aus Fehlern auch. Der Minister nicht, aber vielleicht wir.

Denn es ist klar: Die Einschätzung der Lage seinerzeit war völlig falsch. Aufgrund der Einschätzung der Lage sahen sich rund 1.500 Polizeibeamte einer dreifachen Mehrheit auf der anderen Seite gegenüber. Das haben die Beamten nicht vergessen.

Wie war es jetzt? Wieder die Einschätzung einer Lage nach dem Motto: „Wird schon gut gehen“. Dabei gab es Hinweise: Achtet bitte einmal darauf! Wir hatten Hinweise aus München mit der Terrorwarnung. Hätte dies nicht dazu führen müssen, dass sich auch ein Minister mit seinen Beamten Gedanken macht: Könnte das etwas für Köln bedeuten?

Wir hatten Hinweise – im „EXPRESS“ nachzulesen –, dass man mit mehr Straftaten in Köln rechnet. Hätte das nicht dazu führen können, dass der Minister mit seiner Mannschaft in Köln mal darüber nachdenkt: Was habt ihr vor? – Im Nachhinein aus dem Sessel zu sagen: „Das war falsch“, macht nicht deutlich, dass Sie vorher darüber nachdenken: Wo muss ich handeln?

Wir haben nach HoGeSa von diesem Minister gehört: Wir werden all die Dinge, die falsch gelaufen sind, bearbeiten und werden den Kölnern helfen, dass es nicht wieder vorkommt. Die gleichen Abläufe haben wir heute wieder mit dem Ergebnis: Es sind ja die Kölner. – Wo war denn die Hilfe? Wo sind denn die Erkenntnisse gezogen worden? Welche Erkenntnisse hat man denn aus HoGeSa in Köln verarbeitet?

Zweitens. Offene Transparenz verspricht der Minister. Diese offene Transparenz, den Umgang mit allen Infos nach außen können wir in seinem abschließenden Bericht zu HoGeSa nachlesen. Da heißt es nämlich:

„Eine Vorlage dieses Berichtes“

– den uns das Polizeipräsidium Köln in voller Länge gegeben hat –

„in vollem Umfang ist … in einem öffentlichen Verfahren nicht möglich, da der Abschlussbericht als Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch – eingestuft ist und daher der Geheimhaltung unterliegt.“

Das ist die Transparenz, die wir bei diesem Minister erleben. Prügel für die anderen, den Finger auf die anderen,

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

nur bei sich selber sieht er den Balken im Auge nicht.

Herr Jäger, Sie haben uns heute deutlich gemacht, Sie hätten keine Informationen gehabt. Das halte ich im Augenblick für unwahrscheinlich. Denn es gibt ja nicht nur die Landesleitstelle beim Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg, sondern Sie haben auch noch Ihre „Feuerwehr“ im Innenministerium, nämlich den Lagedienst des Innenministeriums, der rund um die Uhr besetzt ist, wo die WE-Meldungen eingehen, die für Sie, für den Staatssekretär, für den Abteilungsleiter 4 oder für das LKA wichtig sind.

Bisher haben wir nichts davon gehört, welche Rolle der Lagedienst spielte, wann der Minister auch im Nachgang von seinem Lagedienst informiert wurde. War die Pressestelle des MIK eingebunden?

Wie war die Lageentwicklung? Die ersten Anzeigen gab es doch bereits in der Nacht. Wenn man im Land angeblich nichts so richtig gewusst hat, wieso bietet die Landesleitstelle des LZPD dann noch nachts zusätzliche Kräfte an? Vor allem: wann genau, aufgrund welcher Situation? Um 2 Uhr nachts brauchte man keine zusätzlichen Kräfte für die Lagebewältigung, da war der Platz geräumt. Da brauchte man Kapazitäten für die Anzeigenaufnahmen.

Wir haben im Untersuchungsausschuss zum NSU mitbekommen, dass Ihr Lagedienst zum Teil stündlich nachgefragt hat, wenn Interesse bestand. Die haben sich teilweise sogar minütlich berichten lassen, wenn Situationen da waren, die sie für wichtig hielten. Und da wollen Sie tatsächlich erst am Nachmittag des 1. Januar, fast einen ganzen Tag später, die zweite WE-Meldung bekommen haben, die wichtig war?

Ihr Lagedienst ist so intensiv dabei, dass die KPB teilweise eigenes Personal abstellen muss, um der Berichtspflicht nachzukommen. Und hier, bei einer solchen Lage, erfährt keiner, was Sache ist? Das halte ich für höchst zweifelhaft.

Wir werden die Debatte fortführen. Sie können dazu beitragen, Transparenz zu schaffen, indem Sie uns sämtliche WE-Meldungen vorlegen. Lassen Sie uns die Funkmitteilungen hören, die gelaufen sind, und gestatten Sie doch den Beamten des PP Köln, uns im Innenausschuss Rede und Antwort zu stehen! Dann erfahren wir vielleicht ein Stück Transparenz.

(Vereinzelt Beifall von der CDU und der FDP)

Und Sie sollten sich in den nächsten Stunden und Tagen einmal überlegen, was Verantwortung bedeutet. Das heißt nicht, im Nachhinein draufzuhauen, sondern – so wie Sie es in Köln im März letzten Jahres versprochen haben – vorbeugend zu helfen, vorbeugend einzugreifen, vorbeugend zu denken. Das wäre gute Innenarbeit.

Wenn wir Konzepte hätten, könnten wir auch darüber nachdenken, ob wir mit Ihren Konzepten arbeiten können oder nicht. Sie haben keine Konzepte. Sie tragen keine Verantwortung, Sie machen sich einen schlanken Fuß. Die Ministerpräsidentin verspricht wieder etwas, was aber längst schon nicht mehr im Entschließungsantrag steht. Das ist die Situation heute, und das begreifen auch die Menschen im Land. Vertrauen werden Sie damit nicht ernten.

(Beifall von der CDU, der FDP und den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Vielen Dank, Herr Kollege Biesenbach. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Marsching von den Piraten.

Michele Marsching (PIRATEN): Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich verspreche auch, es tatsächlich kurz zu machen. –  Ich habe mir die komplette Debatte bis zum Ende angehört. Vorhin hatte ich versucht, mit meinem Redebeitrag einen Aspekt einzubringen, den ich tatsächlich bei allen anderen Rednern vermisse.

Wir debattieren hier aufgrund eines Antrags mit dem Titel „Serienweise Übergriffe auf Frauen rund um den Kölner Hauptbahnhof während der Silvesternacht“. Wenn ich mir die Debattenkultur und die Argumente anhöre, dann muss ich mich fragen – und ich lese diese Fragen auch online von Frauen –: Was interessiert uns eigentlich die Anzahl der Polizisten bei der Kriminalpolizei 1985?

(Zuruf: So ist es!)

Die Opfer müssen sich bei dieser Debatte und diesen Argumenten – ich vermeide das unparlamentarische Wort – vorkommen. Lesen Sie einmal in den sozialen Medien, was über eine solche Debatte gedacht wird. Lesen Sie einmal, was darüber gedacht wird, wenn öffentlich von Politikern Verschärfungen das Wort geredet wird. Es wird eben nicht nach Verschärfungen gerufen. Es müssen Lücken geschlossen werden!

Meine Damen und Herren, leider – ja, das war vorhin durchaus selbstkritisch – reden hier bei dieser Debatte in der Mehrzahl männliche Redner, aber einige davon können Frauen zuhören. Andere frönen hier einem gewissen Narzissmus und einem gewissen Maskulinismus, indem sie sagen: Ich weiß, was am besten für die Frauen ist. – Hören Sie den Frauen zu! Wenn Sie über Respekt gegenüber den betroffenen Frauen reden, dann sollten Sie auch gegenüber dieser Debatte Respekt haben.

Die Frauen fordern von den wissenden weißen Männern – ich habe es vorhin extra so ausgedrückt –, Lücken zu schließen und nicht unverhohlen immer nur Verschärfungen zu fordern. Das Schlimmste daran ist, dass ich einer der Forderungen tatsächlich unvoreingenommen zustimmen muss: Präventionskonzepte sind wichtig, sie sind immer wichtig. Diese kommen auch aus einem Innenministerium. Sich dann in der Innenausschusssitzung beinahe unverhohlen freuend hinzusetzen und zu sagen: „Gott sei Dank haben wir jetzt einmal so eine Lage gehabt; ab jetzt können wir präventiv vorgehen, denn jetzt wissen wir, dass wir eine solche Gefährdungslage haben“, das verhöhnt die Opfer ein zweites Mal, und zwar ungefähr so wie ein Großteil dieser Debatte, die hier geführt wurde. – Vielen Dank.

(Beifall von den PIRATEN)

Präsidentin Carina Gödecke: Danke, Herr Kollege Marsching. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, das war nach bisherigem Kenntnisstand der letzte Redner. Da es noch Redezeiten gibt, frage ich, ob noch jemand sprechen möchte. – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Aussprache und die Debatte.

Wir kommen zur Abstimmung. Ihnen ist in Erinnerung, dass wir über drei Entschließungsanträge abzustimmen haben.

Der erste Entschließungsantrag ist der der Fraktion der CDU Drucksache 16/10730. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Das ist die CDU-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – Das sind SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piraten und der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. – Enthalten möchte sich demzufolge die FDP-Fraktion. Mit dem festgestellten Abstimmungsergebnis ist damit der Entschließungsantrag der Fraktion der CDU Drucksache 16/10730 abgelehnt.


Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10731. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das ist die FDP-Fraktion. Wer stimmt dagegen? – SPD, Bündnis 90/Die Grünen, die Piraten. Wer enthält sich? – CDU-Fraktion und der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Dann ist mit diesem festgestellten Abstimmungsergebnis der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP Drucksache 16/10731 ebenfalls abgelehnt.

Wir kommen zur dritten und letzten Abstimmung, nämlich zu der über den Entschließungsantrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/10732. Wer möchte diesem Entschließungsantrag zustimmen? – Das sind SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Wer stimmt dagegen? – CDU, FDP, die Piraten. Wer möchte sich enthalten? – Der fraktionslose Abgeordnete Schwerd. Dann ist mit diesem festgestellten Abstimmungsergebnis der Entschließungsantrag von SPD und Bündnis 90/Die Grünen Drucksache 16/10732 angenommen.

Wir sind am Ende der heutigen Sitzung. Ich berufe das Plenum wieder ein für Mittwoch, den 27. Januar 2016, 10 Uhr.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Nachmittag und einen guten weiteren Arbeitstag.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 14:49 Uhr

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*)    Von der Rednerin bzw. dem Redner nicht
überprüft (§ 102 GeschO)

 

Dieser Vermerk gilt für alle in diesem Plenarprotokoll so gekennzeichneten Rednerinnen und Redner.