05.06.2025

Landtag debattiert über Antisemitismus

Die Zunahme antisemitischer Vorfälle in Nordrhein-Westfalen war Thema einer Aktuellen Stunde. Die AfD-Fraktion hatte die Aussprache beantragt. Sie bezog sich auf den Jahresbericht 2024 der „Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus“ (RIAS).

Dem Bericht zufolge seien im vergangenen Jahr 940 Vorfälle erfasst worden, heißt es im Antrag (18/14110). Dies sei eine Steigerung um 42 Prozent im Vergleich zum Jahr 2023.

Sie wolle nicht über Antisemitismus sprechen, sondern „über den Judenhass, durch den wir gegenwärtig erleben, wie ein planmäßiger Versuch der systematischen Auslöschung jüdischen Lebens in Deutschland und in Europa ermöglicht werden soll“, sagte Enxhi Seli-Zacharias (AfD). Es paktierten „radikale Linksextremisten mit radikalen Islamisten, darunter Dutzende Moslems, die in Deutschland leben“. Der Hass werde „nicht bei den Juden haltmachen“, sagte Seli-Zacharias: „Niemand ist mehr sicher im Zentrum der westlichen Welt.“ 

Der Vortrag seiner Vorrednerin habe mit dem Thema der Aktuellen Stunde nichts zu tun gehabt, sagte Dr. Günther Bergmann (CDU). Er dankte der RIAS, die „auch unterhalb der Strafbarkeitsgrenze in unserem Land sehr effektiv tätig“ sei. „Solange Synagogen, jüdische Kindergärten, jüdische Schulen, jüdische Altenheime derart von der Polizei gesichert werden müssen, ist nichts normal in Deutschland“, sagte Bergmann. Dass dieses Thema von der AfD bespielt werde, sei jedoch „völlig unglaubwürdig“. Es diene nur als „Türöffner für erneut pauschales Ausländer-Bashing“. 

Die antragstellende Fraktion instrumentalisiere den „Kampf gegen Antisemitismus, um politische Hetze zu betreiben“, kritisierte Elisabeth Müller-Witt (SPD). Dieses Vorgehen erfordere „Handeln im Schulterschluss aller demokratischen Fraktionen“ – und Widerstand. Der dramatische Anstieg antisemitischer Vorfälle zeige, dass sich das „Geschwür des Antisemitismus“ in der Gesellschaft immer weiter ausbreite. „Wir sind aufgerufen, unsere Gesellschaft immun zu machen gegen Antisemitismus – egal aus welcher Richtung er kommt.“ 

Antisemitismus sei eine wachsende Bedrohung in Deutschland – „mitten in unserer Gesellschaft“, sagte Julia Eisentraut (Grüne). Die AfD tue so, als wolle sie jüdisches Leben schützen. „In Wahrheit nutzen Sie das Thema, um Hochschulen zu diskreditieren und politische Kontrolle über die Wissenschaft zu erlangen.“ Hochschulen würden unter Generalverdacht gestellt. Die AfD wolle vorbereiten, was US-Präsident Donald Trump mit Maßnahmen gegen Hochschulen bereits vollzogen habe. „Das ist autoritäre Agenda, getarnt als Sorge um jüdisches Leben.“ 

Dirk Wedel (FDP) sagte, die Zahlen zeigten einen „alarmierenden Zuwachs an realem Hass, der sich gezielt gegen jüdisches Leben in unserem Land richtet“. Antisemitismus sei keine Meinung, sondern ein Angriff auf die Grundwerte der Demokratie. Notwendig sei entschlossenes Handeln, unter anderem durch Stärkung der politischen Bildung, Schutz jüdischen Lebens und einer konsequenten Verfolgung antisemitischer Straftaten. Der AfD-Antrag sei nicht glaubwürdig, weil er Antisemitismus nur selektiv thematisiere. 

Integrationsministerin Josefine Paul (Grüne) betonte, der Anstieg sei eine klare Herausforderung für die Gesellschaft. Sie habe die Verantwortung, dass Jüdinnen und Juden sich in NRW sicher fühlen könnten. „Wir alle sind gefordert, solidarisch an der Seite jüdischer Menschen in unserem Land zu stehen.“ Es gehe darum, jeder Form von Antisemitismus entgegenzutreten. Die Landespolitik habe nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel einen Zehn-Punkte-Plan gegen Antisemitismus beschlossen. Damit mache sie deutlich, dass sie jüdisches Leben schützen und jüdische Kultur stärken wolle. 

Text: zab, tob, wib

 

Die Fraktionen im Landtag NRW