10.03.2025

Anhörung zum Wolf: Zwischen Arten- und Weidetierschutz

Nordrhein-Westfalens Wolfspopulation wächst. Damit nimmt auch die Zahl an Weidetierrissen zu. Sachverständige haben in einer Anhörung des Ausschusses für Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Forsten und ländliche Räume Ideen zum „Wolfsmanagement“ vorgestellt.

Grundlage der Anhörung waren Anträge der FDP-Fraktion (18/4356) und der SPD-Fraktion (18/4580) sowie ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen von CDU und Grünen (18/11333). Zentrale Themen aller drei Anträge sind das Wachstum der Wolfspopulation in Nordrhein-Westfalen und die damit verbundenen Probleme von Weidetierhalterinnen und -haltern. Die FDP-Fraktion fordert unter anderem zusätzliche Referenzlabore zum genetischen Nachweis von Wolfsrissen. Zudem sei eine „Lockerung des Schutzstatus“ und „eine Überführung des Wolfs in das Jagdrecht“ erforderlich. Die SPD-Fraktion weist auf die Funktion der Wölfe als „Gesundheitspolizei des Waldes“ hin, da sie vor allem kranke und schwache Tiere rissen. Notwendig sei ein modernes Gesetz zum präventiven Schutz von Weidetieren und ein „verbessertes Wolfsmanagement“. CDU und Grüne regen an, die Förderung von Herdenschutzmaßnahmen auszuweiten. Außerdem solle die Landesregierung prüfen, ob auch laufende Kosten in die Förderung aufgenommen werden können.

"Keine Fortschritte"

Der Rheinische Landwirtschafts-Verband kritisierte, dass trotz der Ausbreitung des Wolfes und der zunehmenden Risse von Nutztieren „keine Fortschritte zum Schutz der gesellschaftlich erwünschten Weidetierhaltung“ festzustellen seien. Investitionen in den Herdenschutz seien nur dann glaubwürdig, wenn auffällige Wölfe schnell und konsequent „entnommen“, also getötet würden. Andernfalls werde die Akzeptanz für den Wolf weiter schwinden. Zudem mahnte der Verband an, dass angesichts länderübergreifend streifender Wölfe Unterschiede zur Herdenschutzförderung der Nachbarbundesländer nicht vermittelbar seien. In Rheinland-Pfalz zum Beispiel seien die Folgekosten des Herdenschutzes förderfähig, ebenso die Unterhaltungskosten für Herdenschutzhunde. Die Tierhalterinnen und -halter in Nordrhein-Westfalen blieben hingegen „beim Schutz ihrer Herden auf Kosten sitzen“.   

Ziel: Konfliktarmes Miteinander

Der NABU NRW betonte dagegen in seiner Stellungnahme, dass Wolf und Weidetierhaltung aufgrund ihres hohen Wertes für den Naturschutz „nicht gegeneinander ausgespielt werden dürfen“.  Der Wolf als großer „Beutegreifer“ erfülle eine wichtige Rolle im Naturhaushalt, die Weidetierhaltung sei für den Natur- und Artenschutz wichtig. Um das Ziel eines „konfliktarmen Miteinanders von Wolf und Weidetierhaltung“ zu erreichen, sei es unter anderem notwendig, nicht nur Herdenschutzmaßnahmen, sondern auch deren Folgekosten zu fördern und Wolfsberaterinnen und -berater hauptamtlich zu beschäftigen. Demgegenüber erscheine die Ausweisung zusätzlicher Referenzlabore als wenig sinnvoll: Die Verursacherfeststellung sei durch die Rissdokumentation beschleunigt worden; letztere ermögliche es Betroffenen, Entschädigungsleistungen bereits vor der genetischen Analyse zu beantragen. Der Schutzstatus des Wolfes sei zu erhalten, die Aufnahme ins Jagdrecht strikt abzulehnen.  

Eine ähnliche Position vertrat die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe. Sie wies auf die Bedeutung des Wolfes für ein widerstandsfähiges Ökosystem hin und lehnte die Überführung des Wolfes ins Jagdrecht ab. Eine Bejagung werde die Problematik für die Weidetierhaltung nicht vereinfachen. Notwendig sei hingegen ein flächendeckender präventiver Herdenschutz: „Herdenschutz und nur Herdenschutz kann wirksam Wolfsrisse minimieren.“ Wichtig sei es außerdem, auch die Kleinsthalterinnen und -halter sachlich zu informieren. Entsprechend sei der Ausbau der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) in Sachen Wolf längst überfällig.  

Gesamtgesellschaftliche Verantwortung

Schäfer Maik Dünow aus Wesel kritisierte, das Wolfsmanagement sei eine „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“, der sich bisher jedoch nur die Weidetierhalterinnen und -halter stellten. Er hob die Zunahme von Rissen im Schermbecker Wolfsgebiet hervor. Dort sei der Wolf auf unvorbereitete Schafhalter getroffen, was zu vermehrten Rissen und zur Aufgabe kleinerer Schafhaltungen geführt habe. Dünow fordert ein verbessertes Monitoring der Wolfspopulation, eine Entbürokratisierung der Antragsverfahren für Herdenschutzförderungen, schnellere Bewilligungen und Auszahlungen der Gelder sowie eine stärkere Einbindung der Weidetierhalter in das Wolfsmanagement.

Deutliche Kritik am Umgang mit dem Wolf übt die Initiative „Wolfstop Europe“. Wölfe seien in Europa keine gefährdete Art. Ihr hoher Schutzstatus sei entsprechend nicht gerechtfertigt. Auch werde die Bedeutung des Wolfes für das Ökosystem Wald überschätzt. Technischer Herdenschutz sei aufgrund der Kosten-Nutzen-Problematik ausschließlich als Notfallmaßnahme in Krisenzeiten zu verstehen: Die Population müsse massiv reguliert werden. Der Wolf sei in das Jagdrecht zu überführen. Außerdem seien eine „Wolfsbestands-Obergrenze“ auf ein Wolfsrudel pro 11. 000 Quadratkilometer festzulegen und Zonen zu etablieren, in denen sich Wölfe nicht aufhalten dürften.

Text: rüc

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Die Fraktionen im Landtag NRW