22.09.2023

Landtag debattiert über Zukunft des Rheinischen Reviers

Der Landtag hat über die Leitentscheidung der Landesregierung für die Zukunft des Rheinischen Braunkohlereviers debattiert. Zuvor hatte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) die Pläne zum geplanten Ausstieg aus der Kohleförderung vorgestellt.

Im Herbst vergangenen Jahres hatten sich Bund, Land und der Energiekonzern RWE AG darauf verständigt, dass der Braunkohleabbau im Rheinischen Revier bereits 2030 endet - und damit acht Jahre früher als zunächst geplant. Dazu legte die Landesregierung nun die sogenannte Leitentscheidung vor, die die Umsetzung regelt. 

Mit der Leitentscheidung (Vorlage 18/1645) werden u. a. die Abbaugrenzen zu den Ortschaften im Rheinischen Braunkohlerevier festgelegt. Die Bergbauflächen sollen „hochwertig rekultiviert“ , dabei soll der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben werden. 

Die Landesregierung will „neue Räume für nachhaltige Entwicklungen“ schaffen, darunter für „klimaresiliente und flächensparende“ Siedlungen, attraktive Wirtschaftsflächen oder siedlungsnahe Freizeit- und Erholungsräume. Weiter heißt es: „Die Umsiedlung der Ortschaften Keyenberg, Kuckum, Unter- und Oberwestrich und Berverath (Stadt Erkelenz) sowie der Holzweiler Höfe ist bergbaulich nicht mehr erforderlich. In Folge werden die Umsiedlungen vorzeitig und sozialverträglich beendet.“

Die Leitentscheidung markiere einen historischen Punkt, sagte Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne). Die Braunkohle habe über lange Zeit bis zu 20.000 Beschäftigten Arbeit gegeben, aber auch mehr als 40.000 Menschen gezwungen, ihre Häuser und Dörfer aufzugeben. „Das beenden wir heute mit dieser Leitentscheidung in einem geordneten Verfahren.“ Es sei notwendig gewesen, eine „kluge Lösung“ zu finden, die eine sichere Energieversorgung, Klimaschutz und Klarheit für die Region gleichermaßen berücksichtige.

„Die Fehler dieser Landesregierung in Bezug auf das Rheinische Revier sind nicht länger tragbar“, kritisierte Lena Teschlade (SPD). So seien etwa die Gewerkschaften in die Erarbeitung der Leitentscheidung nicht einbezogen worden. Kürzlich habe die SPD eine Revierkonferenz einberufen – das sei eigentlich Aufgabe der Landesregierung gewesen. „Sie regieren nicht“, warf die Abgeordnete Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) vor. Es stünden mehr als 14 Milliarden Euro für den Strukturwandel bereit – trotzdem geschehe nichts.

„Heute ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg des Rheinischen Reviers in Richtung Klimaschutz, Stärkung der Versorgungssicherheit und Klarheit für die Menschen in der Region“, entgegnete Dr. Patricia Peill (CDU). In der Debatte gehe es um Menschen und die „Seele von Dörfern“, nicht um „lautes Oppositionsgebaren“. Mit dem vorgezogenen Braunkohleausstieg auf das Jahr 2030 leiste das Rheinische Revier den größten Beitrag zur Klimaneutralität bis 2045 und trage „maßgeblich“ zu den Zielen des Europäischen Grünen Deals bei. 

Die neue Leitentscheidung sei eine „klare Entscheidung für das Klima, für den Erhalt von Heimat, für den Strukturwandel und für die Erholung der Natur im Rheinischen Revier“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Wibke Brems. Es handle sich um die „letzte Leitentscheidung“ zum Thema: „Wir schließen das Kapitel Braunkohle in Nordrhein-Westfalen.“ Mit der Entscheidung behielten weitere 500 Menschen ihre Heimat und 280 Millionen Tonnen Braunkohle verblieben im Boden. Der Umbau der Region werde allerdings noch Generationen beschäftigen.

FDP-Fraktionschef Henning Höne kritisierte die Einigung auf ein Vorziehen des Kohleausstiegs als „Hinterzimmerdeal“. Damit habe die Landesregierung viel Vertrauen zerstört. Sie habe die „Fachlichkeit und Verlässlichkeit“ der Entscheidung der Kohlekommission, 2038 auszusteigen, verlassen. Die Energiepolitik von CDU und Grünen führe zu höheren Energiepreisen und Problemen bei der Energiesicherheit. Eine steigende Nachfrage nach Strom treffe auf eine Verknappung des Angebots. Die Landesregierung hätte darlegen müssen, wie sie diese Lücke schließen wolle. 

Markus Wagner (AfD) sagte, die Leitentscheidung sei kein Meilenstein, sondern „ein Mühlstein“ für die Wettbewerbsfähigkeit des Landes, der Arbeitsplätze kosten werde. CDU und Grüne nähmen für sich in Anspruch, 280 Millionen Tonnen Kohlendioxid einzusparen. Diese Menge emittiere China in neuneinhalb Tagen. Er sprach auch von einer „illusionären Energiewende“. In der Leitentscheidung fehle mit Blick auf die Versorgungssicherheit jeder Hinweis auf die notwendigen Stromspeicher für den „Flatterstrom“ aus Wind und Sonne.

Text: sow, tob, wib

Die Fraktionen im Landtag NRW