21.09.2023

Aktuelle Stunde zur Größe von Grundschulklassen

Laut aktuellen Angaben des Statistischen Landesamts gab es in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 bundesweit die größten Klassen in Grundschulen. In einer Aktuellen Stunde haben die Abgeordneten über die Gründe diskutiert und Handlungsbedarf angemahnt. Grundlage der Debatte waren Anträge der FDP-Fraktion sowie der AfD-Fraktion.

Die FDP-Fraktion verweist in ihrem Antrag (18/5960) darauf, dass die Zahl der Schülerinnen und Schüler im Schuljahr 2022/23 deutlich stärker als die der Lehrerinnen und Lehrer angestiegen sei. „Für eine tragfähige Schüler-Lehrer-Relation brauchen wir dringend mehr besetzte Lehrerstellen: bis zum Ende dieser Legislaturperiode nicht 10.000, sondern bis zu 16.674 Lehrkräfte zusätzlich.“ Die Integration zugewanderter Kinder bedeute eine „zusätzliche besondere Anforderung hinsichtlich der Förderung und zeitlicher Ressourcen“. 

Im Schuljahr 2021/22 habe die Zahl der Schülerinnen und Schüler an nordrhein-westfälischen Grundschulen durchschnittlich bei 23,5 gelegen, schreibt die AfD-Fraktion in ihrem Antrag (18/5961). Im Bundesdurchschnitt seien es 20,9 Schülerinnen und Schüler gewesen. Für die hohe Zahl in Nordrhein-Westfalen gebe es zahlreiche Gründe: „ein gravierender Lehrermangel, das Fehlen von Alltagshelfern und Assistenzen, unerwartete Schülerzuwächse durch Rekordmigration, Klassenwiederholungen, Umzüge etc.“. 

Nordrhein-Westfalen habe die größten Grundschulklassen, sagte Franziska Müller-Rech (FDP). Besserung sei nicht in Sicht – wenn nicht umgesteuert werde. Die Schulministerin habe aber lediglich „vier kleine Vorschläge gegen den Lehrermangel“ gemacht. Darüber hinaus habe sie geplant, die Inklusionspauschale zu streichen. Offenbar hätten die Koalitionsfraktionen sie aber „zurückgepfiffen“, vermutete Müller-Rech. Sie bat darum, auch die Stellen für Schulverwaltungsassistenzen nicht zu streichen. Diese Unterstützungskräfte brächten Lehrkräfte „raus aus Büros, rein in die Klassenzimmer“.

„Unterricht kaum noch möglich“ 

„Die schlechten Nachrichten über die Schul- und Bildungsmisere reißen nicht ab“, konstatierte Carlo Clemens (AfD). Laut einer Erhebung des ifo-Instituts bewerteten 29 Prozent der befragten Bürgerinnen und Bürger ihre Schule mit der Note 4 oder schlechter. Clemens benannte Beispiele, in denen „Unterricht kaum noch möglich“ sei und ebenso wenig, individuell auf die Kinder einzugehen. Es gelte, eine Politik zu korrigieren, „die in krassester Weise die Wirklichkeit und die Möglichkeiten unseres Gemeinwesens ignoriert“. „Es muss ein Ruck durch das Schulministerium gehen“, forderte er. „Wir wollen dauerhafte Lösungen.“

Die größte Herausforderung bestehe darin, „Sachlichkeit und Fachlichkeit“ zu wahren, sagte Dr. Jan Heinisch (CDU). Rund 100.000 Kinder mit Flüchtlingsstatus besuchten derzeit Schulen in NRW. Sie seien dort „hervorragend“ betreut und versorgt. Dafür gelte der Dank dem Schulministerium und allen, die dazu einen Beitrag leisteten. Jeder fünfte Euro im Landeshaushalt fließe in die Bildung. Die Landesregierung investiere u. a. 900 Millionen Euro in die Erhöhung der Besoldung von Lehrkräften sowie in Lehramtsstudienplätze. Schulministerin Dorothee Feller (CDU) habe ein Handlungskonzept zur Verbesserung der „Unterrichtsversorgung“ vorgelegt.

Ihr Vorredner versuche, überfüllte Klassenräume zu rechtfertigen, statt nach Lösungen zu suchen, kritisierte Dilek Engin (SPD). Gerade Grundschulkinder säßen stundenlang in engen und maroden Räumen. Je größer eine Klasse, desto schlechter sei der Lernerfolg. Das sei gerade für Kinder aus benachteiligten Familien eine Hypothek. Laut der ifo-Studie sei kaum jemand zufrieden mit dem Schulsystem in Nordrhein-Westfalen. Das Land sei „Schlusslicht in der deutschen Bildungslandschaft“. Für eine Absenkung der Klassengröße wiederum fehlten Lehrkräfte, Schulgebäude und Klassenzimmer. Das Bildungssystem sei „kaputtgespart“ worden.

Höhere Besoldung

Lena Zingsheim-Zobel (Grüne) sagte, es sei ein Problem, dass viele Klassen „proppevoll“ seien. Dies sei aber nicht rasch zu ändern. Anders als prognostiziert, seien die Zahlen der Schülerinnen und Schüler in den vergangenen Jahren nicht gesunken, sondern gestiegen. Hinzu komme der „gravierende“ Mangel an Lehrkräften besonders an den Grundschulen. Wichtig sei, spürbare Verbesserungen umzusetzen. So würden durch mehr multiprofessionelles Personal auch die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte verbessert. Angesichts des Lehrkräftemangels hätten CDU und Grüne zudem Schritte für eine höhere Besoldung auf den Weg gebracht.

Auch Schulministerin Dorothee Feller (CDU) verwies auf stark gestiegene Zahlen von Schülerinnen und Schülern. Die Prognose von sinkenden Zahlen habe sich nicht bestätigt. Und doch seien auf dieser Grundlage Entscheidungen getroffen worden, die bis heute Spuren zeigten. Es würden dringend mehr Lehrkräfte benötigt. An diesem Ziel arbeite das Ministerium mit Hochdruck. Weitere Maßnahmen seien ergriffen worden. Die Unterrichtsversorgung bleibe eine Daueraufgabe. Das Ergebnis einer jahrzehntelangen Entwicklung lasse sich nicht auf Knopfdruck umkehren. Die Landesregierung setze alles daran, die Lehr- und Lernbedingungen zu verbessern.

sow, tob, wib

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