25.05.2023

Landtag debattiert über Brückensanierungen

Der Zustand der Brücken in Nordrhein-Westfalen stand im Mittelpunkt einer Aktuellen Stunde. Die Fraktionen von FDP und AfD hatten die Aussprache unabhängig voneinander beantragt.

Beide Fraktionen beziehen sich auf eine gemeinsame Studie der Industrie- und Handelskammern (IHK) im Rheinland sowie der RWTH Aachen. Mehr als 1.000 Brücken im Rheinland seien in schlechtem oder sehr schlechtem Zustand, heißt es dort. 

Allein im Bezirk der IHK Köln befänden sich 61 sanierungsbedürftige Brücken auf Land- und Bundesstraßen – „und damit in Verantwortung von Straßen.NRW“, schreibt die FDP-Fraktion in ihrem Antrag (18/4404). Ein konkreter  Sanierungsplan der Landesregierung fehle bislang.

„Wichtig wäre es, die Vergabe der Bauaufträge zu straffen und dann auch die gesamte Bauzeit zu beschleunigen – etwa durch modulare Brückenbausysteme“, so die AfD-Fraktion in ihrem Antrag (18/4405). Lange, starre Verfahren sowie fehlende Personalkapazitäten führten „immer wieder zu massiven Verzögerungen“, die sich auf den Speditions- und Lieferverkehr sowie auf Pendlerinnen und Pendler negativ auswirkten.

„Sieben Industrie- und Handelskammern in Nordrhein-Westfalen schlagen Alarm“, sagte Christof Rasche (FDP). Die Kammern befürchteten „Verkehrschaos, Deindustrialisierung und unabsehbare Folgen für die Arbeitsplätze in Industrie und Handwerk“. Unter Beibehaltung des derzeitigen Tempos bei Sanierungen drohten Brückensperrungen, großräumige Umleitungen und unzumutbare Belastungen für die Bevölkerung. Eine Beschleunigung bei Planung, Sanierung und Neubau sei zwingend erforderlich, sagte Rasche. Die Landesregierung habe „immer Forderungen Richtung Berlin gestellt“, im eigenen Verantwortungsbereich aber nichts getan. 

Die mittlerweile gesprengte Rahmedetalbrücke bei Lüdenscheid sei „nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Klaus Esser (AfD). An der A 45 etwa seien weitere zehn Brücken in kritischem Zustand und müssten umgehend instandgesetzt werden. Nur an der Hälfte werde derzeit gearbeitet. Ähnlich sehe es entlang der A 3 und bei den Rheinbrücken aus. „Welche Stadt wird das nächste Lüdenscheid?“, fragte Esser. Es sei „nicht auszumalen, was ein Lüdenscheider Verkehrsinfarkt in Großstädten wie Duisburg, Düsseldorf oder Köln anrichten würde“. Die Landesregierung spiele „Russisch Roulette“ mit der nordrhein-westfälischen Infrastruktur. 

„Von Risikofaktoren, von Chaos oder Waterloo kann nun wirklich keine Rede sein. Das ist plumpe Panikmache“, erwiderte Klaus Voussem (CDU). Die Landesregierung habe seit dem Jahr 2018 bereits zahlreiche Maßnahmen ergriffen, „um den Sanierungsstau bei den Brücken schnellstmöglich zu beheben“. Der Abgeordnete bezeichnete die Infrastrukturpakete I und II als richtungsweisend. Er verwies zudem auf engmaschige Prüfmaßnahmen und mögliche anlassbezogene Sonderprüfungen von Brücken. Das Land investiere in den Erhalt von Straßen und Brücken in diesem Jahr 213,4 Millionen Euro. Das bekannte Hauptproblem sei der Fachkräftemangel. 

Man bekomme den Eindruck, dass Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) nichts gegen „ausufernde Brückendesaster“ und das „Stau-Chaos“ unternähmen, sagte Alexander Vogt (SPD). Weder entsprechende Vorschläge seiner Fraktion noch der Untersuchungsausschuss zur Rahmedetalbrücke hätte die beiden Politiker dazu veranlasst, das Problem ernst zu nehmen. „Sorgen Sie dafür, dass endlich die Brücken angepackt werden mit den Mitteln, die Sie hier auch in Nordrhein-Westfalen haben“, rief er die Landesregierung auf. Den Industrie- und Handelskammern dankte Vogt für ihre Initiative. 

Deutschland habe ein „Brückenproblem“, sagte Martin Metz (Grüne). Das sei keine neue Erkenntnis. Viele Brücken seien in den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren gebaut worden und nicht für die Verkehrslast des 21. Jahrhunderts ausgelegt. „Wir müssen den Anstieg des Lkw-Verkehrs bremsen“, forderte der Grünen-Politiker. Alternativen seien mehr Gütertransporte mit der Bahn und Binnenschiffen. Bund, Länder und Kommunen müssten die Fehler der vergangenen Jahrzehnte gemeinsam „heilen“ und die bestehende Infrastruktur wieder „flottmachen“. Was sanierungsbedürftige Brücken angehe, gelte die Prämisse: „Erhalt vor Neubau“. 

Die IHK-Studie beruhe auf Zahlen, die die Landesregierung zuvor transparent vorgelegt habe, sagte Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne). Bereits im März 2023 habe die Landesregierung in einem Bericht über den Zustand aller 6.422 Brücken informiert, für die das Land NRW die Verantwortung trage. 205 dieser Brücken müssten erneuert, 22 verstärkt und 69 instandgesetzt werden. Die meisten Brücken, die in der IHK-Studie problematisiert würden, seien an Autobahnen gelegen, für die der Bund zuständig sei. Der Bundesverkehrsminister müsse seine Pläne darlegen, wie diese Brücken in Zukunft zu sanieren seien. 

Text: zab, sow, tob 

Die Fraktionen im Landtag NRW