29.03.2023

Landtag debattiert über hohe Inflation und Kinderarmut

Die Kinderarmut hat den Landtag in einer Aktuellen Stunde beschäftigt. Anlass der Debatte auf Antrag der SPD-Fraktion war die anhaltend hohe Inflation. Diese treibt auch die Kosten für Mittagessen in Kitas und Schulen in die Höhe.

„Essen ist ein Grundbedürfnis und eine ausreichende und ausgewogene Ernährung von Kindern und Jugendlichen darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen“, schreibt die SPD-Fraktion in ihrem Antrag (18/3784). Die Fraktion fordert die Landesregierung zum Handeln auf und bezieht sich auf Aussagen des Landesvorsitzenden der Grünen in Nordrhein-Westfalen, Tim Achtermeyer. 

In einem Zeitungsinterview hatte er sich in der Vorwoche angesichts einer Inflation von 20 Prozent bei Lebensmitteln für einen „vom Land getragenen Inflationsausgleich für das Mittagessen in Kindertagesstätten und Schulen“ ausgesprochen und angefügt: „Ich setze mich weiterhin dafür ein, dass das Land diesen Zuschuss in diesem Jahr gewährt.“ Die SPD-Fraktion fordert von der schwarz-grünen Landesregierung: „Diesen Worten müssen nun Taten folgen.“

Armut stigmatisiere, sagte Lena Teschlade (SPD). Sie erinnerte an den Antrag der SPD-Fraktion „NRW braucht jetzt eine Strategie gegen Armut“ aus dem vergangenen Jahr. Darin habe ihre Fraktion auch ein kostenloses Mittagessen gefordert. Der Antrag sei mehrheitlich abgelehnt worden. Das Thema sei noch immer „tagesaktuell“. Wegen der Inflation habe sich die Lage sogar zugespitzt. Den „warmen Worten“ der Landesregierung seien keine Taten gefolgt. „Sonntagsreden und Lippenbekenntnisse vor der Presse werden uns nicht helfen“, sagte Teschlade. Mit der CDU als Koalitionspartner würden die Grünen schnell an ihre Grenzen stoßen. 

Dr. Jan Heinisch (CDU) wies die Kritik seiner Vorrednerin zurück. Die Bekämpfung der Armut sei ein „großes, ernstes und wichtiges Thema“ und eines der Hauptanliegen der „Zukunftskoalition“ aus CDU und Grünen. Jedes fünfte Kind wachse derzeit in Armut auf, das dürfe nicht sein. Es gehe aber „Schritt für Schritt voran“. Besser als viele Einzelmaßnahmen sei jedoch ein großes Gesamtpaket, das Leistungen bündle. Er wies in diesem Zusammenhang auf die Kindergrundsicherung hin. Die Bundesregierung habe sie versprochen und im Koalitionsvertrag vereinbart. Heinisch fragte, wo sie denn bleibe.  

„Alle Kinder und Jugendlichen brauchen echte Chancen“, bekräftigte Marcel Hafke (FDP). Armut sei mehr als fehlendes Geld – sie sei der Verlust von Freiheit und Teilhabe. Er betonte, wie wichtig es sei, Perspektiven zu haben. „Nur wer optimistisch in die Zukunft blickt, vertraut auch unserem Staat“, argumentierte er. Es brauche nicht nur gezielte Unterstützung von Kindern, sondern auch Jobs für die Eltern. Nordrhein-Westfalen habe aber das geringste Wirtschaftswachstum aller Bundesländer, den langsamsten Kita-Ausbau der letzten zehn Jahre und – obwohl versprochen – nach wie vor kein drittes beitragsfreies Kita-Jahr. 

Armut bedeute für ein Kind, abgehängt zu sein, bevor es die Chance gehabt hätte, dazuzugehören, erklärte Eileen Woestmann (Grüne). Kostenloses Mittagessen sei wichtig, beende aber keine Armut, sondern bekämpfe nur ein Symptom. Für wesentlich hielt die Abgeordnete eine Kindergrundsicherung. Diese dürfe nicht nur eine Verwaltungsreform sein, sondern müsse die Sicht auf Kinder mit ihren eigenen Bedürfnissen berücksichtigen und Hürden senken: „Kein Antrags- und Bewilligungsmarathon mehr!“, forderte Woestmann. 70 Prozent der Betroffenen machten ihre Ansprüche auf Unterstützung nicht geltend. 

„Die Sozialpolitik der etablierten Parteien ist wie die Pharmaindustrie“, kritisierte Zacharias Schalley (AfD): „Sie wollen nur Symptome lindern, denn bei Heilung fiele der Patient ja als Kunde aus.“ Der geforderte Inflationsausgleich für das Mittagessen in Kitas und Schulen sei lediglich eine „weitere Linderung der Symptome“, um „immer mehr Menschen an den staatlichen Tropf zu zwingen“. Es sei zu bezweifeln, dass „ein bisschen Kleingeld für das Mittagessen der große Wurf ist“. Keine von mehr als 150 familienpolitischen Leistungen habe „auch nur ansatzweise die Kinder- und Familienarmut in Deutschland sinken lassen“. 

Kinder- und Jugendarmut zu bekämpfen, sei eine „zentrale soziale Herausforderung“, sagte Familienministerin Josefine Paul (Grüne). Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Krieg und die Inflation hätten die Armutskrise noch einmal verschärft. Paul kündigte für die Landesregierung an: „Wir werden einen Aktionsplan gegen Armut und einen Pakt gegen Kinder- und Jugendarmut erarbeiten.“ Dazu habe es im Dezember einen „ersten Aufschlag“ gegeben. Bund und Länder sollten zudem eine Gesetzesgrundlage für eine Kindergrundsicherung schaffen. „Armut darf nicht länger das größte Zukunftsrisiko für unsere Kinder und Jugendlichen sein.“ 

Die Fraktionen im Landtag NRW