21.12.2022

Landtag beschließt Haushalt 2023 und Sondervermögen

Der Landtag hat grünes Licht für den Haushalt 2023 gegeben. Der Entwurf wurde am 20. Dezember 2022 in 3. Lesung mit den Stimmen von CDU und Grünen verabschiedet. SPD, FDP und AfD stimmten dagegen. Der Verabschiedung ging eine kontroverse Grundsatzdebatte voraus. Am Tag darauf verabschiedete der Landtag dann mit den Stimmen von CDU und Grünen das NRW-Krisenbewältigungsgesetz.

Der Haushalt 2023 sieht Ausgaben in Höhe von 94,7 Milliarden Euro vor (18/1200, 18/1500, 18/2121, 18/2233, 18/2234, 18/2235, 18/2236). Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen wurden mit Mehrheit abgelehnt. 

Mit dem NRW-Krisenbewältigungsgesetz (18/1951, 18/2123) macht die Koalition den Weg frei für die Errichtung eines Sondervermögens in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro. Mit dem Geld sollen die Folgen für Nordrhein-Westfalen aus dem Krieg in der Ukraine aufgefangen werden. In einer ersten Tranche fließen 1,6 Milliarden Euro (Vorlage 18/617). Der ursprünglich für 2022 vorgesehene zweite Nachtragshaushalt wurde von der Landesregierung zurückgezogen. 

Mit den Stimmen von CDU und Grünen stellte der Landtag zudem eine „außergewöhnliche Notsituation“ für 2023 fest (18/2231). Dies ermöglicht, dass die sogenannte Schuldenbremse ausgesetzt wird und „ein Haushaltsausgleich durch Einnahmen aus Krediten zulässig“ ist. Zur Finanzierung des Sondervermögens werden entsprechende Kreditermächtigungen vorgesehen. 

SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty warf der Regierung in der 3. Lesung des Etats 2023 chaotische Haushaltsberatungen und Inkompetenz in der Krise vor. Zu den mehrfach erneuerten Vorlagen der Regierung für ein schuldenfinanziertes Sondervermögen aufgrund einer Notlage sagte er: „Erst bestreiten Sie die Notlage, dann erklären Sie die Notlage, dann bestreiten Sie die selbst erklärte Notlage.“ Und nun liege laut Landesregierung wiederum eine neue Situation vor. Die Regierung habe ein verfassungswidriges, hektisches Haushaltsverfahren damit begründet, dass sie noch in diesem Jahr Krisenhilfen auszahlen wolle. Kein einziger Cent komme aber noch in diesem Jahr bei den Menschen an. Kutschaty betonte: „Nach Verfassungsbruch kommt der Wortbruch.“ Der Ministerpräsident habe wegen fehlender Vorsorge in der Energiekrise „grob fahrlässig“ gehandelt. „Was wir von Ihnen bekommen, sind schöne Bilder. Sie wären ein guter Präsident von Instagram“ – aber kein Ministerpräsident, sagte Kutschaty. NRW verdiene mehr Kompetenz, Weitsicht, Verlässlichkeit und Mut. 

Der SPD gehe es bei ihrer Kritik am Haushalt nicht um Hilfe für Menschen, sondern um „Angriff“ und „politische Geländegewinne“, erwiderte Thorsten Schick, Fraktionschef der CDU. Gute Politik müsse Menschen eine Perspektive geben. Dazu passe der Haushalt der Landesregierung, da er Zukunft gestalte. Der Finanzminister habe ihn „in allerschwierigsten Zeiten“ aufstellen müssen – bedingt durch den Krieg in der Ukraine sowie steigende Energie- und Lebensmittelpreise. Die Landesregierung stelle mehr Geld für Tafeln, Flüchtlinge und die Schuldnerberatung bereit. Ziel sei zudem, NRW zur ersten klimaneutralen Industrieregion in Europa zu machen. Der Haushalt stärke ferner die Innere Sicherheit, u. a. durch mehr Polizeikräfte sowie mehr Investitionen in die Bekämpfung von Cyberkriminalität und Kindesmissbrauch. Die Besoldung aller Lehrkräfte werde schrittweise in die Besoldungsgruppe A 13 übergeleitet. Auch der Sportetat werde erhöht. Insgesamt handle es sich um einen „Zukunftshaushalt“, der „in schwierigen Zeiten Orientierung bietet“. 

FDP-Fraktionschef Henning Höne sprach von einem „grottenschlechten“ Etat und den „kürzesten Haushaltsberatungen“, die das Land je erlebt habe. Er kritisierte ein „hektisches Verfahren“ und „Kehrtwenden“. Die Rücknahme des zweiten Nachtragshaushalts für 2022 reihe sich da nahtlos ein. In der Tat seien die Zeiten dynamisch. Es gebe aber eine Konstante: „die Unzuverlässigkeit der schwarz-grünen Landesregierung“. Mit ihrem ersten eigenen Haushalt unter der Verantwortung von Ministerpräsident Wüst habe sie die Möglichkeit gehabt, die soziale Infrastruktur im Land zu stärken. Tatsächlich aber verpasse sie „Chance um Chance“ und merke das nicht einmal. Das Vertrauen der Bevölkerung in die Regierung sei „nachhaltig, vielleicht unwiderruflich gestört“. Höne unterstellte „mindestens Unvermögen, vielleicht sogar Vorsatz oder Gleichgültigkeit“. Die Koalitionsfraktionen nannte er „Erfüllungsgehilfen der Staatskanzlei“. Seine Fraktion habe deutliche Zweifel an der Begründung der „Notlage“. Deshalb behalte sie sich rechtliche Schritte vor. 

Grünen-Fraktionschefin Wibke Brems verteidigte die Haushaltspolitik der Koalition gegen die Kritik. Die Landesregierung sei mit politischen Versäumnissen der vergangenen Jahre konfrontiert und werde durch die aktuellen Krisen vor große Herausforderungen gestellt. Zudem habe es wochenlanges Tauziehen um die Finanzierung des Entlastungspaktes des Bundes gegeben. Die Koalition von CDU und Grünen habe aber den Mut, und das Land habe das Know-how und die Menschen, um gut durch diese Krisen zu kommen. Die Koalition sei dabei handlungsfähig und übernehme Verantwortung. Mit dem Sondervermögen in Höhe von bis zu fünf Milliarden Euro gehe man nun den entscheidenden Schritt und ergänze die Entlastungspakete des Bundes. Mit der ersten Tranche von 1,6 Milliarden Euro werde u. a. die soziale Infrastruktur unterstützt. Als weitere politische Schwerpunkte nannte Brems u. a. Hilfe für Kommunen und die Betreuung und Unterbringung von Geflüchteten, die Verkehrs- und Energiewende im Kampf gegen den Klimawandel und den Kampf gegen Kinderarmut. 

Die Landesregierung gehe von falschen Annahmen aus, sagte Dr. Martin Vincentz, Vorsitzender der AfD-Fraktion. Das habe schon in der Vergangenheit nicht funktioniert. „Die Menschen werden unter Ihnen immer ärmer“, sagte der AfD-Abgeordnete. Seit 2015 setze sich zudem das Scheitern einer Integrationspolitik fort, die schon zuvor erfolglos gewesen sei. Die Notlage habe sich als allgemeines Problem verstetigt. Die „etablierten Parteien“ von CDU, SPD, Grünen und FDP aber seien nicht Teil einer Lösung, „sondern die maßgebliche Ursache für unsere Probleme“. Im Land gebe es eklatante Mängel: in der Gesundheits-, Sport, Wohnraum-, Verkehrs-, Bildungs- und Baupolitik sowie in der Inneren Sicherheit. Die anderen Parteien seien und blieben das „Belastungspaket“ für NRW. Das einzige „Entlastungspaket“ sei die AfD. „Ein schlanker Staat, niedrige Steuern und mehr Freiheit – das gibt es eben nur mit der AfD“, sagte Vincentz. An die Landesregierung gewandt fügte er hinzu. „Treten Sie zurück. Machen Sie den Weg frei für neue Ideen, für frische Gedanken.“  

Die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine seien auch in Nordrhein-Westfalen zu spüren, sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Ziel der Landesregierung sei es, die Menschen gut durch diese Krise zu bringen. „Wir müssen jetzt Vorsorge für Unwägbarkeiten treffen, um den Menschen Sicherheit zu geben“, sagte Wüst. Und: „Wir werden diese Krise gemeinsam meistern. Wir sind das Land der Solidarität und des Zusammenhalts.“ Nordrhein-Westfalen unterstütze die Entlastungsmaßnahmen des Bundes jährlich mit vier Milliarden Euro. Das sei eine „große Belastung“, sagte der Ministerpräsident. Hinzu kämen Aufwendungen zur Versorgung der Flüchtlinge. Für Kommunen werde dies zunehmend schwierig. Allerdings könne niemand sagen, in welcher Größenordnung die Unterstützung erforderlich sein werde. Zudem müsse das Land eigene Hilfsprogramme finanzieren. In einer ersten Tranche seien 1,6 Milliarden Euro u. a. für Kitas, Wohnungslose, Mittelstand, Krankenhäuser und den ÖPNV vorgesehen. Wüst sprach zudem Investitionen in den Klimaschutz an: „Wir sind die erste Generation, die wirklich nicht mehr weggucken kann.“ 

Text: sow, tob, zab, wib

Die Fraktionen im Landtag NRW