09.12.2022

Aktuelle Stunde zum Lehrkräftemangel

Der Lehrkräftemangel an den nordrhein-westfälischen Schulen hat den Landtag beschäftigt. Die Abgeordneten debattierten auf Antrag der SPD-Fraktion. Diese bezog sich auf Angaben des Schulministeriums, wonach Lehrkräfte im Umfang von mehr als 8.000 Stellen fehlten.

Damit sei der Mangel noch größer als bislang angenommen, heißt es im Antrag der Fraktion (18/1948). Und weiter: „Dies ist die Quittung für ein halbes Jahr Untätigkeit der Landesregierung, die in dieser Zeit zwar neue Stellen geschaffen hat, diese aber offensichtlich nicht besetzen konnte.“ Die Leidtragenden seien die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrerinnen und Lehrer in Nordrhein-Westfalen. 

Jochen Ott (SPD) beschrieb Bildung als „die Mutter aller Lösungen“ für die Herausforderungen der Zukunft wie den Klimaumbau, eine digitale Welt oder selbstbestimmtes Leben. Deshalb gelte es, die „Bildungskatastrophe“ heute zu stoppen. Ott beschrieb einen Burn-out im System, dies betreffe sowohl Lehrkräfte als auch Schülerinnen und Schüler. Er zitierte Studien, nach denen 20 Prozent der Jugendlichen mit 15 Jahren nicht ausbildungsfähig seien, zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen Schule mit Stress verbänden. Die „Peu-à-peu-Strategie“ der Landesregierung sei „viel zu wenig“. Notwendig sei eine „Schulrevolution“. 

Der Lehrkräftemangel sei eine gewaltige Herausforderung in NRW, aber auch bundesweit, erklärte Claudia Schlottmann (CDU). Sie zählte bereits erfolgte Gegenmaßnahmen auf, u. a. den Seiteneinstieg ins Lehramt und mehr Studienplätze. Auch habe NRW in diesem Jahr mehr als 7.940 zusätzliche Lehrkräfte und sonstiges Personal eingestellt. Zudem enthielten der Nachtragshaushalt 2022 und der Haushalt 2023 Geld für Tausende neue Lehrkräfte. Allerdings lasse sich das Problem nicht kurzfristig lösen: Die Lehrerausbildung dauere sieben Jahre. Schlottmann betonte das „glasklare Ziel“, Lehrkräfte zu gewinnen und guten Unterricht zu gewährleisten. 

„Nordrhein-Westfalen hat noch keine Bildungskatastrophe“, sagte Prof. Dr. Andreas Pinkwart (FDP). Das Bildungssystem leide aber seit Jahrzehnten Not. Die FDP habe daher ein Konzept für eine „Lehrkräfteoffensive“ mit vier Handlungsfeldern eingebracht. Erstens müssten mehr Lehrkräfte für den Schuldienst gewonnen und 20.000 Stellen geschaffen werden. Zweitens müssten mehr Lehrkräfte ausgebildet und – drittens – Möglichkeiten des Seiteneinstiegs erleichtert werden. Viertens seien Schulleitungen zu stärken. Sie müssten personell und technisch so ausgestattet werden, dass sie den Personaleinsatz selbst planen und umsetzen könnten.

„Eklatanter Lehrkräftemangel“ 

Der Lehrkräftemangel in Nordrhein-Westfalen sei seit Jahren „eklatant“, sagte Lena Zingsheim-Zobel (Grüne). Sich gegenseitig dafür die Schuld zuzuweisen, bringe niemanden weiter. Klar sei wiederum, dass Zehntausende Schülerinnen und Schüler seit Beginn des Krieges in der Ukraine nach Deutschland gekommen seien. Das sei nicht vorherzusehen gewesen. Die Schulministerin gehe „zielgerichtet und strukturiert“ vor. Schwarz-Grün werde im Schulausschuss in der kommenden Woche ein Handlungskonzept vorstellen. Säulen darin seien u. a. mehr Studienstandorte und Vereinfachungen beim Seiten- und Quereinstieg. 

Carlo Clemens (AfD) hielt der SPD-Fraktion Stimmungsmache und Populismus vor. „Die Lehrer, die heute fehlen, wurden in Ihrer Regierungszeit nicht ausgebildet“, sagte er. Der SPD-Fraktion sei zudem bekannt gewesen, dass die Schulministerin dem Fachausschuss noch in diesem Jahr den Bericht der ministeriumsinternen Arbeitsgruppe zur Unterrichtsversorgung vorlegen wolle. „Diese paar Tage hätten Sie auch noch abwarten können“, sagte Clemens. Wichtig sei u. a., die Attraktivität des Lehrerinnen- und Lehrerberufs zu stärken. Er regte eine „Imagekampagne“ an, um für das Lehramtsstudium und den Beruf zu werben. 

Das Thema „Bildung“ stehe bei der Landesregierung „ganz oben auf der Tagesordnung“, sagte Schulministerin Dorothee Feller (CDU). Nach wie vor fehlten die meisten Lehrkräfte an Grundschulen, in der Sekundarstufe I, an Förderschulen sowie in gewerblich-technischen Fachrichtungen der Berufskollegs. Von „Untätigkeit“ der Landesregierung könne keine Rede sein. Feller wies auf eine im Sommer im Ministerium gebildete Arbeitsgruppe hin. Sie solle kurz-, mittel- und langfristige Maßnahmen entwickeln, um die Unterrichtsversorgung zu verbessern. Das Konzept werde am 14. Dezember 2022 im Ausschuss für Schule und Bildung vorgestellt. 

Text: sow, tob, zab

Die Fraktionen im Landtag NRW