08.12.2022

Diskussion über Zustand des Waldes

Die Abgeordneten haben sich auf Antrag der FDP-Fraktion in einer Aktuellen Stunde mit dem Waldzustandsbericht für das Jahr 2022 befasst.

„Sehnsuchtsort Wald“: Weg in den Luerwald im Sauerland

Der Wald in Nordrhein-Westfalen sei einer der wichtigsten Faktoren für Klimaschutz und Artenvielfalt, schreibt die Fraktion in ihrem Antrag (18/1947). Allerdings sei der aktuelle Zustand der Wälder „besorgniserregend“. Das habe der aktuelle Waldzustandsbericht der Landesregierung gezeigt. 

Rund 27 Prozent der Landesfläche von Nordrhein-Westfalen seien bewaldet. Mehr als 70 Prozent der untersuchten Bäume hätten eine schwache Kronenverdichtung, nur 28 Prozent seien völlig gesund. Fast sämtliche Eichen und Buchen seien geschädigt, Fichtenkulturen fast völlig zerstört. Die Gründe seien vielfältig: Schäden durch Fichtenborkenkäfer, Wetterextreme wie Hitze, Dürre und Stürme, Waldbrände sowie belastete Böden durch Schadstoffe aus Luft und Niederschlägen. 

Mit der Aktuellen Stunde verbunden war ein weiterer Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Wälder in Nordrhein-Westfalen zukunftssicher und klimastabil aufstellen – Bodenschutzkalkung für gesunde Waldböden“ (18/1866). Der Antrag wurde zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Umwelt, Natur- und Verbraucherschutz, Landwirtschaft, Forsten und ländliche Räume überwiesen. 

„Der Wald war immer schon ein Sehnsuchtsort, denn er verspricht Ruhe und Erholung“, leitete Dietmar Brockes (FDP) seine Rede ein. Aber der Wald insgesamt leide, und der Boden leide unter Schadstoffen. Seit 1984 verschlechtere sich der Zustand. Der Wald brauche nun Hilfe und aktive Unterstützung, und zwar hinsichtlich einer Aufforstung, der Schädlingsbekämpfung und einer Schutzkalkung für den Waldboden. Letzteres habe im Staatswald seit 15 Jahren nicht mehr stattgefunden, obwohl dies den Boden revitalisiere und den Bäumen helfe, sich tiefer zu verwurzeln, sagte der Abgeordnete und forderte die Landesregierung zum Handeln auf. 

Die Bodenschutzkalkung flächendeckend für ganz Nordrhein-Westfalen sei ein „Mittel aus den Neunzigern“, entgegnete Jochen Ritter (CDU). „Wir versuchen lieber, das Problem an der Wurzel zu packen, als es mit weißem Pulver zu übertünchen.“ Den Waldzustandsbericht wolle die Koalition nun im Dialog mit den Verbänden auswerten und die entsprechenden Regelungen nachjustieren. Pflanzgut widerstandsfähiger Arten sei jedoch rar. Im Übrigen sei der Waldzustandsbericht vor einem Jahr sehr ähnlich ausgefallen – die damals noch an der Regierung beteiligte FDP habe darauf mit  „Schweigen im Walde“ reagiert, bemerkte Ritter. 

Es gebe einen „immensen Nutzungsdruck“ auf den Wald, stellte Julia Kahle-Hausmann (SPD) fest. Und: Der Holzbedarf steige weiter. Daher brauche es mehr Waldflächen für holzverarbeitende Betriebe. Klar sei auch: „Wir werden uns von der Fichte als Brotbaum verabschieden müssen.“ Das gelte vermutlich auch für einen Großteil der Buchen. Szenarien gingen von einem mediterranen Wald mit Küstentannen als künftige Lieferanten von Stammholz aus. Der „Waldumbau“ müsse aktiv gestaltet, der Landesbetrieb Wald und Holz gestärkt werden, forderte die Abgeordnete. Nötig seien auch mehr Investitionen in Ausbildung und Forschung. 

In der Vergangenheit seien zahlreiche Forste mit dem Ziel der wirtschaftlichen Nutzung aufgebaut worden, jedoch „keine Wälder im ökologischen Sinn“, sagte Dr. Gregor Kaiser (Grüne). Das sei aus heutiger Sicht ein Fehler. Nötig seien mehr Nachhaltigkeit und Biodiversität und weniger „Reinflächen“ mit nur ein oder zwei Baumarten. Die Landesregierung werde eine Waldstrategie NRW mit ökologischen Mindeststandards formulieren und das Landesforst- zu einem Landeswaldgesetz weiterentwickeln, kündigte Kaiser an. „Wir werden auch Waldflächen aus der Holznutzung nehmen und einen zweiten Nationalpark einrichten.“ 

Andreas Keith (AfD) hob die Bedeutung des Waldes hervor, nicht nur als Wirtschaftsfaktor. Gerade die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass der Wald ein „Sehnsuchts- und Freiheitsort“ sowie ein „Kraftspender“ sei. Es gelte, ihn zu erhalten. Bei ihren gewaltigen Aufgaben dürften die Waldbäuerinnen und Waldbauern sowie die Forstbetriebsgemeinschaften nicht alleingelassen werden. Konkret forderte er Unterstützung des Landes u. a. bei Baumpflanzungen und der Schädlingsbekämpfung. Der Wald sei auf die Unterstützung des Menschen angewiesen, um sich zu erholen, so der AfD-Abgeordnete. 

Wissenschaftsministerin Ina Brandes (CDU) kündigte in Vertretung von Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) ein Programm für die Unterstützung der Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer an. Die Situation für die nordrhein-westfälische Forstwirtschaft sei „sehr ernst und besorgniserregend“. Es stehe „die gewaltige Aufgabe der Wiederbewaldung“ an. Zudem müssten die Wälder an den Klimawandel angepasst werden. Das Programm sehe finanzielle Unterstützung vor, aber auch fachliche Beratung und Bürokratieabbau. Zur Stärkung der Bodenschutzkalkung im Wald habe die Landesforstverwaltung die Erstellung eines Kalkungskonzepts mit digitalen Karten geplant. 

Text: sow, tob, wib 

Die Fraktionen im Landtag NRW