06.12.2022

NRW-Pressefoto des Jahres

„Unbeirrbar“ heißt das NRW-Pressefoto des Jahres 2022 von Fotografin Barbara Schnell. Es zeigt einen Klima-Aktivisten sitzend vor einem Braunkohlebagger.

Erschienen ist es in der Frankfurter Rundschau, fotografiert hat Barbara Schnell aus Krefeld. Die Fotografin ist heute mit dem ersten Platz beim Journalistenpreis des Landtags Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet worden. 

Den Preis hat der Präsident des Landtags, André Kuper, ins Leben gerufen. Er wurde heute zum fünften Mal vergeben. Eine Ausstellung mit 35 Fotos zeigt die Bilder des Jahres und einen Rückblick auf das Jahr 2022 in Nordrhein-Westfalen: Extremes Wetter und Dürre, die Folgen des Krieges gegen die Ukraine, die marode Infrastruktur vieler Brücken sowie die Landtagswahl prägten dieses Jahr und auch die Ausstellung.
66 Fotografinnen und Fotografen reichten insgesamt 226 Bilder ein. Davon bewarben sich fünf Journalistinnen und Journalisten mit 16 Fotos um den Nachwuchspreis (bis 30 Jahre). Mit Unterstützung der Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West wurden Preisgelder in Höhe von 22.000 Euro vergeben. 

Im Mittelpunkt des Fotos, das Platz Zwei belegt, steht ein Förster, der auf eine durch einen Waldbrand zerstörte Fläche bei Lüdenscheid schaut. Das Bild von Ralf Rottmann, Funke Medien, überzeugt durch seine Perspektive auf die Zerstörung durch Naturgewalt. Platz Drei belegt Benjamin Westhoff, der für Thomson Reuters ebenfalls eine Folge des Klimawandels fotografierte: Den Rhein bei Bonn, aus dessen ausgetrocknetem Flussbett ein Einkaufwagen aufgetaucht ist.
 
Den Sonderpreis  zur Landtagswahl 2022 erhält Gerd Wallhorn. Er fand für die Westdeutsche Allgemeine Zeitung ein Wahllokal an einem ungewöhnlichen Ort – in einem Antiquitätengeschäft in Oberhausen. 
Über den Nachwuchspreis stimmten in einer Publikumswahl mehr als 1.200 Personen ab und wählten ein Foto von Daniel Schröder, der für den Soester Anzeiger den Brand eines Bauernhofs und die geretteten Tiere fotografiert hatte. Die Jury hatte zuvor zwei Bilder ausgewählt, zwischen denen dann die Öffentlichkeit abstimmen konnte. 
 
Der Präsident des Landtags, André Kuper, sagt: „Gute Bilder erzählen eine Geschichte, umfassen oft ganze Lebenswelten und sind bleibende Kommentare zu unserer Gegenwart. Die Fotos des NRW-Pressefotos erzählen die Geschichte unseres Landes im Jahr 2022. Sie sind ein Jahresrückblick auf die Themen und Ereignisse, die uns in den zurückliegenden Monaten beschäftigten und bewegten, erfreuten oder besorgten. Die Botschaften, die mit den Fotos verbunden sind, erreichen uns ganz ohne Sprache einzig über unsere Augen. Ein gutes Bild sagt mehr als tausend Worte. Der Landtag würdigt die Pressefotografie als eigenes Medium. Ein Medium, das Aufmerksamkeit verdient.“
 
Die Bilder des Jahres, zu sehen im Parlament bis 19. Januar 2023, sind unter anderem: Demonstrationen während des Karnevals gegen den Ukraine-Krieg und für die Frauen im Iran, die NRW-Landtagswahl, marode Brücken, die Diskussion um den Muezzin-Ruf und die Aufarbeitung des Missbrauchs-Skandals in der katholischen Kirche sowie die Folgen des Klimawandels für Mensch und Natur.
 
Zur Jury des NRW-Pressefotos gehörten:

• André Kuper, Präsident des Landtags
• Roland Geisheimer, Freelens, Verband der Fotografinnen und Fotografen
• Volkmar Kah, Geschäftsführer Deutscher Journalistenverband NRW
• Andreas Müller, Geschäftsführer des Zeitungsverlags Aachen und Mitglied des Vorstands des Zeitungsverlegerverbands NRW
• Jochen Trum, WDR und Mitglied im Vorstand der Landespressekonferenz
• Georg Jorczyk, Grimme-Institut 
(Ohne aktive Teilnahme: Prof. Elke Seeger, Fotografie und Konzeption, Prorektorin für Studium und Lehre, Folkwang Universität der Künste)

Platz 1: Barbara Schnell – „Unbeirrbar“
9. März 2022, Frankfurter Rundschau, fotografiert in Lützerath

Stellungnahme der Jury: 
Der Braunkohleausstieg ist beschlossen, die Auseinandersetzung geht weiter. Die Klimaschutzbewegung protestiert gegen die Abbaggerung des Dorfes Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier: „Unbeirrbar“ nennt die Fotografin Barbara Schnell ihr Bild – und meint damit beide Seiten: den Abbau der Kohle und den Protest der Bewegung. Die Das Siegerbild bringt die Auseinandersetzungen um die Energiepolitik in beeindruckender Weise auf den Punkt. Barbara Schnell hat im März in Lützerath für die Frankfurter Rundschau fotografiert, als sich ein einzelner Aktivist am Rande der Abbruchkante dem Schaufelrad des Braunkohlebaggers entgegenstellte. Die Jury überzeugte, wie die Fotografin den Protest gegen den Braunkohleabbau als David gegen Goliath-Szene dokumentiert: Ihr Bild zeigt den Protest eines Einzelnen gegen einen übermächtigen Gegner. Mensch gegen Maschine. Allein gegen den Riesen. 

Platz 2: Ralf Rottmann – „Nach dem Feuer. Ein Förster erzählt“

26. August 2022, Funke Medien, fotografiert in Lüdenscheid

Stellungnahme der Jury:
Hitze und Fluten, Stürme, Trockenheit und Waldbrände – in allen Teilen der Welt begegnet dem Menschen der Klimawandel in Form von Wetterextremen. Auch hier in Nordrhein-Westfalen. Die Folgen sehen wir alle, ob Flut oder Feuer. Jörn Hevendehl leitet das Forstamt Lüdenscheid. Und er ist der Mittelpunkt des Fotos, das Ralf Rottmann bei einer Reportage für die Westfalenpost gemacht hat. Und er ist im wahrsten Wortsinne Protagonist dieses Bildes: Inmitten eines verbrannten Waldstücks blickt Hevendehl am 26. August 2022 auf die zerstörte Waldfläche bei Lüdenscheid Oedenthal. Auf einer Betrachtungsebene hat dieses Bild etwas Neo-Romantisches. Der einzelne Mensch vor der Erhabenheit einer Naturkulisse. Man fühlt sich an Caspar David Friedrich erinnert. Und doch geht es um etwas ganz anderes, eher um die Apokalypse. Es ist diese innere Spannung, diese Ambivalenz, die das Foto nach Meinung der Jury so anregend macht. Es ist auch ein Sinnbild für eine der größten politischen Herausforderungen der Zeit, weltweit und auch in Nordrhein-Westfalen. 

Platz 3: Benjamin Westhoff – „No shipping, no shopping - Niedrigwasser im Rhein“
16. August 2022, Thomson Reuters, fotografiert in Bonn

Stellungnahme der Jury: 
Viele Wochen ohne Regen hatten im Juli und August gravierende Folgen für die Flüsse. Kleine Bäche trockneten aus und die sonst großen Ströme führten extremes Niedrigwasser, bis hin zu Folgen für die Schifffahrt.  In dieser Zeit tauchten plötzlich an den Ufern der Flüsse und Seen Gegenstände auf, die lange versunken und vergessen waren. Benjamin Westhoff fotografierte im trockenen Flussbett des Rheins bei  Bonn einen verrosteten Einkaufwagen. Die Jury überzeugte die Umsetzung des Themas, das die Nachrichten in diesem Sommer stark prägte. Der Einkaufswagen, der auch als Symbol für Konsum verstanden kann, steht mitten in dem, was einmal der Rhein bei Bonn war. Für die Jury eine gelungene Kombination aus starken Farbkontrasten und ungewöhnlicher Perspektive

Sonderpreis: Gerd Wallhorn – „Außergewöhnliches Wahllokal“
15. Mai 2022, Funke Medien, fotografiert in Oberhausen

Trotz Briefwahl gehen viele Bürgerinnen und Bürger immer noch bewusst ins Wahllokal. Es ist eine besondere Atmosphäre, wenn das Rathaus, eine Schule oder der Kindergarten zum Wahllokal werden. Eine ganz andere Atmosphäre und Perspektive hat Gerd Wallhorn gesucht. Er fand für die Lokalredaktion Oberhausen der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung Wahllokale an ungewöhnlichen Orten. Er fotografierte unter anderem in einem Fitnessstudio und bei einem Antiquitätenhändler. Die Jury überzeugten die Perspektive und die Farbigkeit des Foto. Das Bild ist voller Ereignisse, das Auge findet keinen Halt. Es gibt kein richtiges Zentrum, fast wie bei einem Wimmelbild. Überzeugend war aber auch die Umsetzung des Themas Landtagswahl: Statt die oben beschriebenen Orte aufzusuchen, machte sich der Fotograf die Mühe, ungewöhnliche Orte zu finden und mit seinen Fotos eine spannende Geschichte zu erzählen. 

Nachwuchspreis: Daniel Schröder – „Schwein gehabt“
8. März 2022, Soester Anzeiger, fotografiert in Warstein-Mülheim
 
Stellungnahme der Jury:
Gerade im Lokaljournalismus ist es eine häufige Aufgabe für Pressefotografinnen und -fotografen, Einsätze von Polizei und Feuerwehr zu dokumentieren. Die Aufgabe ist nicht leicht. Sie müssen nah am Geschehen sein, ohne Rettungskräfte zu stören. Die Bilder müssen informieren, ohne aufdringlich zu sein. Und im besten Fall erzählen Sie auch noch eine Geschichte. Daniel Schröder ist das gelungen. Die Jury überzeugte der gleichzeitige Blick des Fotografen sowohl auf die Arbeit der Feuerwehrleute als auch auf eines der geretteten Tiere. Das Bild erzählt dadurch vielschichtig die Geschichte eines Feuerwehreinsatzes mit gutem Ausgang."

 

Die Fraktionen im Landtag NRW