05.04.2022

Abschiebungen, Corona-Maßnahmen und Naturschutz: Fast 30.000 Petitionen in der 17. Wahlperiode

Forderungen zum Bleiberecht für Flüchtlinge, Protest gegen Corona-Maßnahmen und Massenpetitionen haben für einen Rekord an Petitionen im Landtag Nordrhein-Westfalen gesorgt. In der zu Ende gehenden Wahlperiode gingen fast 30.000 Eingaben beim Petitionsausschuss ein. In drei von zehn Fällen erreichten die Abgeordneten ein positives Ergebnis für die Petentinnen und Petenten. Bei knapp einem Fünftel der Eingaben konnte der Ausschuss Rat erteilen oder die Eingabe auf andere Weise abschließen.

Das geht aus dem Schlussbericht des Petitionsausschusses hervor. Den stellte bei der heutigen Plenarsitzung nicht wie üblich der Vorsitzende des Ausschusses, Serdar Yüksel, oder sein Stellvertreter Thomas Schnelle vor, sondern Karl Schultheis. Der Abgeordnete ist seit fast 27 Jahren Mitglied des Petitionsausschusses und scheidet mit dem Ende der Wahlperiode aus dem Landtag aus. Er sagte: „Das Petitionsrecht ist einer der Eckpfeiler unserer Demokratie. Jeder Mensch in Nordrhein Westfalen -ob jung oder alt – kann sich mit seinen Anliegen direkt an sein Landesparlament wenden. Hier wird Demokratie für jede und jeden direkt und persönlich erfahrbar. Das ist aktive Demokratiepflege und stärkt unsere Demokratie jeden Tag und an jedem Ort!“
Dem Bericht zufolge hat sich der Charakter der Eingaben in den vergangenen Jahren teilweise gewandelt. Petitionen werden zunehmend als Instrument der politischen Mitbestimmung genutzt. Der Ausschuss beschäftigte sich mit größeren Zahl Sammelpetitionen, beispielsweise zu Maßnahmen in der Coronapandemie, zu Straßenbaubeiträgen, zur Abschaffung oder Erlass des Rundfunkbeitrags, zum Einschulungsstichtag für Kinder und zuletzt mit einer Initiative gegen die Errichtung einer Pflegekammer. Schwerpunkt der Arbeit sind aber die vielen konkreten Beschwerden über Entscheidungen von Behörden und damit die persönlichen Schicksalen der Menschen.
72 Mal haben die Abgeordneten in den vergangenen fünf Jahren getagt und fast 28.000 Beschlüsse gefasst. Bei rund 3.500 Petitionen nutzte der Ausschuss seine Rechte aus Art. 41a der Landesverfassung: Er hörte die Bürgerinnen und Bürger an, sah Akten ein und erörterte den Sachverhalt bei den Behörden vor Ort.
Der größte Anteil aller Eingaben (17 Prozent, 5.000 Petitionen) war dem Ausländerrecht zuzuordnen. Im vergangenen Jahr erreichte der Ausschuss, dass eine Mutter aus Syrien mit ihrem schwerstbehinderten Sohn aus einer Sammelunterkunft in eine betreute Einrichtung ziehen konnte. Und aktuell setzen sich die Abgeordnten für zweie 15-jährige Cousinen ein, die nach ihrer Flucht aus der Ukraine unterschiedliche Schulen besuchen sollen. Hier wird sich der Petitionsausschuss für eine schnelle und unbürokratische Lösung einsetzen, damit die Mädchen nach ihrer Flucht nicht auch noch voneinander getrennt werden.

Rund 2.300 Petitionen (8 Prozent) hatten einen Bezug zur Corona-Pandemie. Bürgerinnen und Bürger beschwerten sich unter anderem über Schulschließungen, die besonderen Bedingungen bei Abiturklausuren, verhängte Bußgelder oder die Maskenpflicht. 

Gestiegen ist der Anteil der Eingaben, die sich mit Umwelt- und Naturschutz beschäftigen: Viele junge Menschen griffen zum Instrument der Petition greifen, um Forderungen an die Politik zu stellen: für Maßnahmen zum Stopp des Klimawandels aufrufen oder gegen die Rodung des Hambacher Forsts. Bürgerinnen und Bürger traten aber auch für persönliche Interessen ein: gegen die Erweiterung von Deponien, gegen Lärmbelästigungen durch Veranstaltungen, Geruchsbelästigungen oder die Errichtung von Windrädern.

In Ostwestfalen erreichte der Petitionsausschuss eine bessere Verkehrsführung an einer Landstraße, damit Familien eine Kindertagesstätte sicherer erreichen können. Die Stadt weitete die Geschwindigkeitsbegrenzung aus, stellte elektronische Hinweistafeln zur Geschwindigkeitsmessung und ein mit Landesmitteln geförderter Radweg sorgt künftig für mehr Sicherheit für Fahrradfahrer. 

Der Petitionsausschuss ist der so genannte „Kummerkasten“ des Parlaments: Jeder, der sich von einer Behörde ungerecht behandelt fühlt, kann sich an die Abgeordneten des Ausschusses wenden. Eine Petition darf grundsätzlich jede Bürgerin und jeder Bürger unabhängig von Staatsangehörigkeit, Wohnsitz und Alter einreichen. 

Informationen zum Petitionsverfahren finden Sie hier
 

Die Fraktionen im Landtag NRW