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LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

E  16/91

 

18.10.2012

 

 

Rechtsausschuss

Dr. Robert Orth MdL

 

Ausschuss für

Familie, Kinder und Jugend

Margret Voßeler MdL

 

Einladung

 

6. Sitzung (öffentlich)

des Rechtsausschusses

6. Sitzung (öffentlich)

des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend

am Mittwoch, dem 21. November 2012,

nachmittags, 13.30 Uhr, Raum E 3 – A 02

 

Landtag Nordrhein-Westfalen
Platz des Landtags 1

40221 Düsseldorf

 

 

Gemäß § 52 Abs. 1 der Geschäftsordnung des Landtags berufe ich den Ausschuss ein und setze folgende Tagesordnung fest:

 

Tagesordnung

 

 

Gesetz zur Regelung des Jugendarrestvollzuges in Nordrhein-Westfalen (Jugendarrestvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen - JAVollzG NRW)

 

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 16/746

 

- öffentliche Anhörung -

 

 

gez. Dr. Robert Orth

- Vorsitzender -

gez. Margret Voßeler

- Vorsitzende -

 

F. d. R.

 

 

 

Sascha Symalla

Ausschussassistent

 

 

Anlagen:

Fragenkatalog

Verteiler


 

Öffentliche Anhörung
des Rechtsausschusses
und des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend

 

Gesetz zur Regelung des Jugendarrestvollzuges in Nordrhein-Westfalen

(Jugendarrestvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – JAVollzG NRW)

 

Gesetzentwurf der Landesregierung, Drucksache 16/746
am 21. November 2012,

 

 

F R A G E N K A T A L O G

 

1.         Was ist Ihrer Ansicht nach das Ziel beziehungsweise der Zweck des Jugendarrestes und welche Bedeutung hat der Arrestvollzug als solcher von seiner Definition her gedacht in dem vorliegenden Gesetzesentwurf?

 

2.         Halten Sie Freizeit-, Kurz- und Dauerarrest für sinnvolle und effektive Maßnahmen und denken Sie, dass durch Freizeit- oder Kurzarrest nachhaltig erzieherisch Einfluss auf die Jugendlichen genommen werden kann? Welche Möglichkeiten der kriminalpräventiven Einwirkungen auf Jugendliche werden in Abkehr zum reinen Sanktionscharakter (gemeint sind die Instrumente nach dem JGG) zusätzlich eröffnet?

 

3.      Was ist Ihrer Ansicht nach der Grund für die hohen Rückfallquoten im Jugendarrest? Wieso sind die Rückfallquoten wesentlich höher, als bei der Jugendstrafe? Welche Instrumente (auch nach dem JGG) haben sich in ihrer Effizienz hinsichtlich des Erziehungsziels insbesondere für Jugendliche bislang bewährt? Ausgehend von der Feststellung, einer seit Jahren rückläufigen Jugendkriminalität: Welche Möglichkeiten zur differenzierten Herausarbeitung zwischen Jugendarrest und Jugendstrafe kann der Gesetzgeber zusätzlich nutzen?

 

4.      Wie können die gegenwärtig bekannten Instrumente im Jugendarrest zunehmend pädagogisch weiterentwickelt werden? Inwieweit sind die im Gesetzentwurf vorgesehenen Regelungen/Maßnahmen geeignet, erzieherisch nachhaltige Einwirkungen auf die Jugendlichen zu bewirken und wo sehen sie Nachbesserungsbedarf/Defizite? Inwieweit verbessert der Gesetzentwurf aus Ihrer Sicht die rechtliche Stellung der Jugendlichen ausreichend und schreibt tatsächlich innovative Standards fest, wie vom Justizministerium dargestellt? Wird aus vollzugspraktischer Sicht eine Mitwirkungspflicht der Arrestanten an der Erreichung des Vollzugsziels befürwortet? Wie beurteilen Sie die Möglichkeit, dass Jugendlichen im Fall der Kollision des Arrestvollzuges mit bestehenden Schul-, Ausbildungs- und Arbeitsverhältnissen, die Fortführung auch außerhalb der Arrestanstalt ermöglicht wird?

 

5.      Für wen soll Ihrer Ansicht nach der Jugendarrest das geeignete Mittel sein (für welche Zielgruppe/welche Klientel), inwieweit hat sich die Klientel seit Einführung des Jugendarrestes geändert und ist der Jugendarrest für die jetzige Klientel noch zeitgemäß?

 

6.      Wie schwer greift der Arrest in den Lebensweg der Jugendlichen ein und sehen Sie Alternativen zum Jugendarrest? Wenn ja, welche?

 

7.      Wie können die praktischen Erfahrungen aus dem Jugendarrest in den Fundus aller Akteure der Jugendgerichtsbarkeit eingespeist werden? Wie kann der Gewinn durch die bessere erzieherische Ausgestaltung künftig empirisch nachgewiesen werden?

 

8.      Halten sie den sogenannten „Warnschussarrest“ nach dem Jugendgerichtsgesetz für ein probates und sinnvolles Mittel? Passen Bewährung und Jugendarrest Ihrer Ansicht nach zusammen? Inwieweit halten Sie eigene / ergänzende Regelungen im Gesetzentwurf zum Vollzug des  Warnschussarrestes für sinnvoll/notwendig (vgl. anderslautende Ausführungen dazu im Gesetzentwurf auf S. 2 - Ende erster Absatz)?

 

9.      Sollten die Regelung zu Besuchen und Telefonaten in § 17 (z.B. hinsichtlich des maximal zulässigen Umfangs) und die Regelung des Ausgangs in
§ 17 Abs. 4 näher konkretisiert werden (z.B. Angabe der maximal zulässigen Dauer des Ausgangs) und insbesondere eine Differenzierung nach begleiteten/unbegleiteten Ausgängen vorgenommen werden?

 

10.    Wie beurteilen sie den Umstand, dass § 8 des Gesetzentwurfs relativ unbestimmt ein Angebot „ausreichender Sportmöglichkeiten“ vorschreibt, während
§ 54 des Jugendstrafvollzugsgesetzes NRW festschreibt, dass den Gefangenen insoweit „mindestens drei Stunden Sport wöchentlich zu ermöglichen ist“?

 

11.    Wie beurteilen Sie die Regelungen im Gesetzentwurf zu Sicherheit und Ordnung sowie Sanktionsmaßnahmen (insb. §§ 18 – 23)?

 

a)      Werden die in § 20 des Gesetzentwurfs vorgesehenen erzieherischen Maßnahmen aus vollzugspraktischer Sicht für ausreichend befunden oder sollten stattdessen zusätzliche erzieherische Maßnahmen, wie z.B. Beschränkungen des Einkaufs o. ä. angeordnet werden dürfen?

 

b)      Sollte die Anstaltsleitung gegenüber Arrestanten, bei denen die in § 20 des Gesetzentwurfs genannten erzieherischen Maßnahmen keine Verhaltensänderung bewirken, die Befugnis besitzen, Disziplinarmaßnahmen anzuordnen?

 

c)      Gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 2 dürfen Jugendliche, von denen eine erhebliche Störung der Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung oder Gewalttätigkeiten gegen Personen ausgehen, mit anderen Jugendlichen zusammen untergebracht werden. Wird diese Regelung aus vollzugspraktischer Sicht befürwortet? Ist die in § 21 Abs. 1 des Gesetzentwurfs gewählte Formulierung, dass „bei der Aufnahme in der Regel eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung durchzuführen ist, die Entkleidung im Einzelfall jedoch unterbleibt, wenn hierdurch die Sicherheit oder Ordnung der Einrichtung nicht gefährdet wird. Ansonsten ist eine solche Durchsuchung nur bei Gefahr im Verzug oder auf Anordnung der Vollzugsleitung im Einzelfall zulässig“ notwendig? § 74 Abs. 2 Satz 1 Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen wählt im Vergleich die folgende Formulierung: „Nur bei Gefahr im Verzuge oder auf Anordnung der Anstaltsleitung ist es im Einzelfall zulässig eine mit einer Entkleidung verbundene körperliche Durchsuchung vorzunehmen.“

 

d)      Sollten gemäß § 23 Abs. 1 neben Jugendlichen auch Personenberechtigte die Möglichkeit besitzen, sich mit „Wünschen, Anregungen und Beschwerden“ an die Vollzugsleitung wenden zu können, insbesondere, da durch den Vollzug auch deren Grundrechte berührt werden?

 

12.    Welche spezifischen Anforderungen an ein Übergangsmanagement für den Jugendarrest ergeben sich aus dem Gesetzesentwurf und wie bewerten Sie die dortige Ausgestaltung? Ergeben sich hieraus auf den Jugendarrest bezogene gesetzgeberische Aufträge?

 

13.    Ist es erforderlich, in § 26 konkrete Voraussetzungen für einen Jugendarrestvollzug in freien Formen zu benennen (z.B. Beschränkung dieser Vollzugsform auf geeignete Täterpersönlichkeiten und Einrichtungen)?

 

14.    Welche Veränderungen personeller, organisatorischer und baulicher/räumlicher Art sind für einen auf Prävention ausgerichteten Jugendarrest notwendig? Inwieweit enthält der Gesetzentwurf aus Ihrer Sicht insoweit geeignete und ausreichende Vorgaben und wo sehen Sie Nachbesserungsbedarf und Defizite, auch mit Blick auf §§ 112 - 115 Jugendstrafvollzugsgesetz NRW?

 

15.    Inwieweit halten sie es für geboten, die Wartezeiten im Jugendarrest weiter zu verkürzen, als auch die tatsächliche konsequent erzieherische Ausgestaltung für alle Arrestformen sicherzustellen?

 

a)        Wie beurteilen Sie insoweit den Umstand, dass der Gesetzentwurf im Wesentlichen nur den Dauerarrest (im Jahr 2010: 5.013; vgl. S. 19) sinnvoll erzieherisch ausgestalten und Kurz-, (im Jahr 2010: 539, vgl. S. 19) und Freizeitarreste (im Jahr 2010 immerhin 4.413, vgl. S 19) gemäß § 36 faktisch ausnehmen will und die Landesregierung - wie im Koalitionsvertrag ausgeführt - weiter die Wirksamkeit von Kurz- und Freizeitarresten überprüfen und gegebenenfalls durch eine Bundesratsinitiative auf die Abschaffung dieser als „pädagogisch sehr zweifelhaft bezeichneten Maßnahme“ drängen will und den Warnschussarrest weiter ablehnt?

 

b)        Inwieweit ist für die Wirksamkeit von Kurz- und Freizeitarresten auch der Umstand von Bedeutung, dass in Nordrhein-Westfalen neben 254 Arrestplätzen in sechs Anstalten zusätzlich landesweit 170 Plätze in Freizeitarresteinrichtungen bei insgesamt 30 Amtsgerichten vorhanden sind? Wie beurteilen Sie insoweit die Regelung des § 26 über die Arresteinrichtungen?

 

c)         Inwieweit teilen Sie die überwiegende Erfahrung der im Jugendstrafrecht tätigen Richter/innen laut Berufsvertretungen, dass Kurz- und Freizeitarreste generell geeignete Sanktionen sind? Inwieweit halten sie eine ergebnisoffene Prüfung/Evaluation von Kurz- und Freizeitarrest für notwendig?

 

 

d)        Wie beurteilen Sie die mit dem Gesetzentwurf verbundenen Ziele und Aufgaben durch entsprechende erzieherische Ausgestaltung des Arrestvollzugs vor dem Hintergrund, dass gemäß der Vorlage 16/124 in NRW am 31.12.2011 noch 1.938 unerledigte Vollstreckungsersuchen / unerledigte Arreste in den Jugendarrestanstalten vorlagen? Inwieweit halten Sie insoweit eine Ergänzung des § 4 i.V.m. § 5, § 9 für sinnvoll und möglich, um Wartezeiten bis zum Arrestantritt zu verkürzen bzw. sinnvoll zu nutzen, etwa indem ein erstes frühes Zugangsgespräch bereits zeitlich vor Arrestantritt stattfindet, um bereits bei Arrestantritt sofort mit ersten geeigneten Maßnahmen beginnen zu können und die höchstens vier Wochen optimal nutzen zu können?

 

16.    Beurteilen sie die Formulierung in § 30 des Gesetzentwurfs „Vollzugsbedienstete mit der für die Arbeit im Jugendarrestvollzug notwendigen Qualifikation“ als tragfähig und ausreichend bestimmt und wie bewerten sie diese im Vergleich zur Formulierung in § 119 Jugendstrafvollzugsgesetz NRWDie Bediensteten sollen mit der Behandlung von jungen Gefangenen nur betraut werden, wenn sie für den Umgang mit jungen Menschen besonders geeignet sind und über pädagogische Kenntnisse für die Arbeit im Jugendstrafvollzug verfügen. Gezielte Fortbildung sowie Praxisberatung und Praxisbegleitung für die Bediensteten sind zu gewährleisten.“?

 

17.    Gibt es Besonderheiten hinsichtlich der Gewährleistung des Opferschutzes?

* * *

 

 

Anhörung

des Rechtsausschusses
und des Ausschusses für Familie, Kinder und Jugend

"Gesetz zur Regelung des Jugendarrestvollzuges in Nordrhein-Westfalen
(Jugendarrestvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen – JAVollzG NRW)“

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 16/746

 

Mittwoch, 21. November 2012, mittags 13.30 Uhr, Raum E 3 – A 02

 

Verteiler

 

 

 

Herrn

Richter am Amtsgericht

Heinz-Dieter Beckmann

- Leiter der Jugendarrestanstalt Wetter –

Wetter (Ruhr)

 

Frau

Dr. Ingke Goeckenjan

Universität Osnabrück

Institut für Wirtschaftsstrafrecht

Osnabrück

 

Herrn

Prof. Dr. Michael Lemke

Berlin

 

Reiner Lindemann

Vorsitzender des Bundes der Richter und Staatsanwälte in Nordrhein-Westfalen e.V.

Hamm

 

Frau

Prof. Dr. Sabine Nowara

Institut für Rechtspsychologie

Waltrop

 

Herrn

Dipl.-Sozialpädagoge

Emanuel Schmidt

Bewährungshelfer am Landgericht Dortmund

Hagen

 

Herrn

Prof. Dr. Philipp Walkenhorst

Köln

 

Herrn

Prof. Dr. Michael Walter

Justizvollzugsbeauftragter NRW

Köln