LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/636

 

20.08.2012

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 284 vom 23. Juli 2012

der Abgeordneten Monika Pieper   PIRATEN

Drucksache 16/420

 

 

 

Der Düsseldorfer Flughafen und Abschiebungen nach dem Dublin II - Abkommen

 

 

 

Der Minister für Inneres und Kommunales hat die Kleine Anfrage 284 mit Schreiben vom 17. August 2012 namens der Landesregierung beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Der Flughafen Düsseldorf International ist ein wichtiger Flughafen für Abschiebungen.

 

Diese finden allerdings nicht nur in Zielländer statt, deren Staatsangehörigkeit die asylsuchende Person (vermutlich) hat, sondern auch in Länder, die nach der sog. Dublin II - Verordnung für die Durchführung eines Asylverfahrens zuständig sind. Das ist dasjenige europäische Land, in dem ein Asylsuchender zuerst EU-Boden betritt bzw. dass ein Schengen-Visum ausgestellt hat.

 

Viele Mitgliedstaaten verfügen jedoch über keine Standards bei der Durchführung von Asylverfahren, die den Mindeststandards des Flüchtlingsschutzes erfüllen würden. Aus diesem Grund führt Deutschland nach Griechenland seit Anfang 2011 keine Rücküberstellungen mehr durch und macht von seinem „Selbsteintrittsrecht“ gebrauch, d.h. die Asylverfahren werden in Deutschland durchgeführt. In andere süd- und südosteuropäische Staaten, wie Italien, Malta Ungarn oder Bulgarien wird jedoch weiterhin abgeschoben, obwohl der Flüchtlingsschutz dort keinesfalls gewährleistet ist.

 

Das Asylverfahrensgesetz schließt den einstweiligen Rechtsschutz gegen Abschiebungsanordnungen im Rahmen der Dublin-II-Verordnung aus (sog. Eilrechtsausschluss). Hinzu kommt, dass es gängige Praxis ist, dass die Asylsuchenden erst während der Abschiebung darüber informiert werden, dass ein Überstellungsbeschluss vorliegt, und ihnen damit faktisch die Beantragung gerichtlichen Rechtsschutzes unmöglich gemacht wird. Diese Praxis wird von Flüchtlingsorganisationen seit geraumer Zeit gerügt. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21.12.2011, legt die Bewertung nahe, dass sie auch mit Unionsrecht nicht vereinbar ist (Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 21. Dezember 2011 in den Rechtssachen C-411/10 und C-493/10 – N.S. und M.E. - zum grundrechtskonformen Vollzug von Überstellungen nach der Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin – VO II))

 

 

1.         Wie viele Personen wurden im o.g. Zeitraum auf Grundlage der Dublin II - Verordnung vom Düsseldorfer Flughafen aus abgeschoben (bitte nach Zielländern und Anzahl sowie Staatsangehörigkeit der betroffenen Personen aufschlüsseln)?

 

Das Ministerium für Inneres und Kommunales verfügt nicht über die erbetenen Daten. Es wird auf die Zuständigkeit des Bundes verwiesen.

 

 

2.         In wie vielen Fällen wurde der Überstellungsbeschluss den Betreffenden erst am Überstellungstag – also bei der Abholung zum Flughafen bzw. am Flughafen – übergeben?

 

Nach § 31 Abs. 1 Satz 4 AsylVfG ist dem Asylsuchenden im Dublin-II-Verfahren der Rücküberstellungsbescheid durch das BAMF zuzustellen. Das Bundesamt übermittelte die Rücküberstellungsbescheide in der Praxis an die Ausländerbehörden bislang mit der Bitte, diese - möglichst am Überstellungstag - gem. § 31 Abs. 1 Satz 5 AsylVfG zuzustellen.

 

Das Ministerium für Inneres und Kommunales verfügt über keine statistischen Daten, in wie vielen Fällen Ausländerbehörden in NRW von dieser Vorgabe des Bundesamtes abgewichen sind.

 

Inzwischen hat das Bundesamt eine Verfahrensänderung bekannt gegeben. Sobald die Zuständigkeit eines anderen Dublin-Mitgliedstaates feststeht und die Modalitäten eines konkreten Überstellungstermins abgestimmt sind, wird das Bundesamt der zuständigen Ausländerbehörde den Dublin-Bescheid zum Zwecke der Zustellung mit einem Vorlauf von ca. zwei Wochen vor dem geplanten Überstellungstermin übersenden.

 

Mit Runderlass vom 26.07.2012 hat das Ministerium für Inneres und Kommunales die Ausländerbehörden angewiesen, in den Fällen, in denen die Zustellung der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erlassenen Rücküberstellungsentscheidungen nach § 34a Abs. 1 S. 5 AsylVfG an den Betroffenen unmittelbar durch die Ausländerbehörde erfolgt, den Bescheid unverzüglich nach Eingang bei der Ausländerbehörde und nach Möglichkeit mindestens eine Woche vor dem Überstellungstermin dem Betroffenen oder dessen Bevollmächtigten zuzustellen.