LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2985

 

15.05.2013

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 1101 vom 23. April 2013

des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder   PIRATEN

Drucksache 16/2706

 

 

 

Nicht-Weiterverbreitung von Urananreicherungstechnologie durch die Firma Urenco und ETC in Gronau und Jülich

 

 

 

Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 1101 mit Schreiben vom 15. Mai 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Die Urananreicherung und Zentrifugenherstellung zur Urananreicherung gehört zu den militärisch brisantesten Geheimnissen der heutigen Zeit. Internationale Konflikte im Iran und Nordkorea drehen sich seit Jahren vor allem um diese Aspekte. In Deutschland betreibt die Firma Urenco in Gronau die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage. Das gemeinsam von Urenco und Areva betriebene Joint Venture ETC (Enrichment Technology Company) erforscht, entwickelt und produziert an den Standorten Gronau und Jülich die Zentrifugen zur Urananreicherung. Außerdem plant und realisiert die ETC den Bau kompletter Urananreicherungsanlagen (z. B. in Frankreich und den USA), aber auch den Ausbau der Urananreicherungsanlagen in Gronau und Almelo.

 

Da die jetzigen Eigentümer der Urenco (unter anderem EON und RWE) ihre Anteile komplett verkaufen wollen, stehen bei Urenco und ETC große Veränderungen ins Haus. Medienberichten zufolge möchten sogar Investment- und Pensionsfonds Anteile bei Urenco erwerben, aber auch undurchsichtige Konsortien.

 

 

 

1.     Wie bewertet die Landesregierung die Gefahr, dass die Nicht-Weiterverbreitung der militärisch sehr sensiblen Urananreicherungstechnologie, wie z. B. die Zentrifugen-Herstellung, bei einer vollständigen Privatisierung der Urenco letztlich nicht mehr gewährleistet sein könnte?

 

Ob es zu einer vollständigen Privatisierung der Urenco-Gruppe kommt, ist derzeit noch völlig offen. Die Bundesregierung hat stets erklärt, dass sie möglichen Änderungen der Anteilsstruktur von Urenco nur zustimme, wenn auch weiterhin die nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei Urenco sichergestellt ist (siehe Bundestagsdrucksachen 17/12142 und 17/12263). Die Landesregierung teilt diese Auffassung.

 

 

2.       Welche Kontrollmöglichkeiten besitzt die Landesregierung als Atomaufsicht aktuell, um eine Nicht-Weiterverbreitung von militärisch sensiblen Informationen aus dem Bereich Urananreicherung/Zentrifugen-Herstellung auszuschließen?

 

Die Atomaufsicht des Landes NRW ist gemäß § 19 Atomgesetz (AtG) insbesondere zuständig, darüber zu wachen, dass nicht gegen die Vorschriften des AtG und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, die hierauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen der Aufsichtsbehörden und die Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung oder allgemeine Zulassung verstoßen wird und dass nachträgliche Auflagen eingehalten werden. Hierzu gehören auch die Überprüfung der Zuverlässigkeit nach der Atomrechtlichen Zuverlässigkeitsüberprüfungsverordnung (AtZüV) und der erforderliche Schutz gegen Störmaßnahmen und sonstige Einwirkungen Dritter.

Kontrollverpflichtungen bzgl. Weiterverbreitung militärisch sensibler Informationen aus dem Bereich Urananreicherung/Zentrifugen-Herstellung obliegen der Bundesregierung und dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.

 

 

3.     Wie beurteilt die Landesregierung das jetzt bekannte Bewerberfeld für den Kauf von Urenco-Anteilen vor dem Hintergrund möglicher Probleme bei der Nicht-Weiterverbreitung von militärisch sensiblen Urenco-/ETC-Technologien?

 

Siehe Antwort auf Frage 1.

 

 

4.     Wie bewertet die Landesregierung mit Blick auf die Urananreicherungsanlage Gronau bzw. die Zentrifugen-Herstellung in Gronau die Äußerung des Chefs der Entsorgungskommission, Michael Sailer, vom 2. April 2013 in der taz, die Urananreicherung sei „der einfachste Weg zur Atombombe“?

 

Die Entsorgungskommission (ESK) berät das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) in technisch/wissenschaftlichen Fragen der nuklearen Entsorgung, sie schlägt keine politischen Entscheidungen vor. Die Mitglieder der ESK sind nicht an Weisungen des BMU oder einer anderen Institution gebunden. Sie ist pluralistisch zusammengesetzt, d. h. ihre Mitglieder repräsentieren die große Bandbreite von Anschauungen im Bereich der nuklearen Entsorgung, um eine sachverständige und umfassende objektive Beratung des BMU zu gewährleisten. Bei den Beratungen werden unterschiedliche fachliche Meinungen von ESK-Mitgliedern respektiert. Insofern bewertet die Landesregierung die Aussagen der ESK nicht.

 

 

5.       Wie überprüft die Landesregierung die Zuverlässigkeit von Urenco bzw. ETC bei der Durchsetzung einer rigorosen Nicht-Weiterverbreitung von militärisch sensiblen Technologien, insbesondere vor dem Hintergrund, dass in den 1970er-Jahren bei Urenco Almelo Blaupausen gestohlen wurden, die später zum Bau der pakistanischen Atombombe führten?

 

Siehe Antwort auf Frage 2.