LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2978

 

15.05.2013

 

 

 

 

Änderungsantrag

 

der Fraktion der PIRATEN

 

 

 

zum Gesetzentwurf der Landesregierung

 

Anerkennungsgesetz (Drucksache 16/1188)

 

 

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Gesundheit und Soziales (Drs. 16/2903)

 

 

 

Die Fraktion der PIRATEN beantragt, den Gesetzentwurf der Landesregierung für ein Anerkennungsgesetz Nordrhein-Westfalen

 

Artikel 1

Gesetz zur Feststellung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsqualifikationen in Nordrhein-Westfalen (Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz NRW – BQFG NRW)

 

wie folgt zu ändern:

 

 

1.

 

Nach § 20 wird folgender § 21 neu eingefügt:

 

§21 Beratungsanspruch

(1) Inhaberinnen und Inhaber ausländischer Berufsqualifikationen haben einen Anspruch auf Beratung, wenn sie beabsichtigen, in Nordrhein-Westfalen einer ihrer im Ausland erworbenen Berufsqualifikation entsprechenden Erwerbstätigkeit

nachzugehen.

Der Anspruch auf Beratung entfällt, soweit die in Absatz 2 genannten Beratungsleistungen von einer nicht vom Land Nordrhein-Westfalen finanzierten Stelle erbracht werden.

(2) Der Anspruch nach Absatz 1 umfasst die Beratung über die zuständige Stelle, die Festlegung des Referenzberufes, allgemeine Hinweise über die Voraussetzungen der Gleichwertigkeit sowie die vorzulegenden Unterlagen, das Verfahren sowie Möglichkeiten, Ausgleichs- und Nachqualifizierungsmaßnahmen zu absolvieren. Der Anspruch bezieht sich sowohl auf bundes- als auch auf landesrechtlich geregelte Berufe.

(3) Die Beratungsstelle berät organisatorisch und personell unabhängig von den Stellen, die über die Feststellung der Gleichwertigkeit ausländischer Berufsqualifikationen oder deren Anerkennung entscheiden.

(4) Die Beratungsstelle muss nachweisen, dass sie die Beratung in englischer Sprache auf dem Niveau C1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens gewährleisten kann.

 

 

2.

 

Nach § 21 wird folgender § 22 neu eingefügt:

 

§22 Verordnungsermächtigung zur Gebührenregelung und zur Finanzierung von Nachqualifizierungsmaßnahmen

 

(1) Das Land Nordrhein-Westfalen wird ermächtigt, für Verfahren zur Feststellung der Gleichwertigkeit im Ausland erworbener Berufsqualifikationen nach bundes- oder landesrechtlichen Bestimmungen durch Rechtsverordnung Vorschriften zu erlassen über die gebührenpflichtigen Tatbestände und deren Höhe sowie über Gebührenermäßigungen und -befreiungen und Auslagen.

(2) Die Kosten für notwendige Nachqualifizierungsmaßnahmen trägt mit einem Anteil von 50 von 100 das Land Nordrhein-Westfalen.

(3) Für notwenige Nachqualifizierungsmaßnahmen im Sinne einer vollständigen Anerkennung der Gleichwertigkeit der im Ausland erworbenen Berufsqualifikation wird das Land Nordrhein-Westfalen ermächtigt,  durch Rechtsverordnung Finanzierungsmodelle, die über den Kosten im Sinne des Absatzes 2 liegen, zu erlassen.

 

3.

 

§ 21 (alt) wird zu § 23.

§ 22 (alt) wird zu § 24.

§ 23 (alt) wird zu § 25.

 

 

Begründung:

 

Zu 1.:

 

Das Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz (BQFG) wurde am 01.04.2012 beschlossen. Für Mitbürger mit ausländischen Berufsabschlüssen bestand fortan ein Anspruch auf die Feststellung der Gleichwertigkeit zu deutschen Berufsabschlüssen in bestimmten Berufszweigen.

 

Hamburg hat als erstes Bundesland am 01.08.2012 das Gesetz über die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen (HmbABQG) beschlossen. Im Hamburger Gesetz ist ein Anspruch auf kostenlose Beratung festgeschrieben. Danach hat jeder, der entweder in Hamburg wohnt oder nachvollziehbar belegen kann, dort arbeiten zu wollen, einen Anspruch auf umfassende Beratung durch eine neutrale Einrichtung.

 

Der Träger der Beratungsstellen in Hamburg, die Diakonie Hamburg, ist mit den Erfahrungen des gesetzlichen Beratungsanspruches äußerst zufrieden. Die Beratungsstelle hatte das Ziel, über den Zeitraum von drei Jahren 1500 hochqualifizierte Migranten zu erreichen. Nach Angaben des Leiters sind aufgrund des gesetzlichen Beratungsanspruchs bisher sogar 2000 Betroffene beraten worden.

 

Aufgrund der Tatsache, dass viele Betroffene den Anspruch auf Feststellung der Gleichwertigkeit ihres ausländischen Berufsabschlusses nicht ohne Beratung geltend machen werden können, bedarf es eines gesetzlich verankerten Beratungsanspruches.

 

Die Beratung soll neben Deutsch auch in Englisch erfolgen können, um eine barrierefreie Kommunikation zwischen den Betroffenen und Beratenden zu ermöglichen.

 

In der Anhörung zum Anerkennungsgesetz NRW erläuterte die Vertreterin der Zentralstelle für ausländische Bildungswesen (ZAB), dass in dem Augenblick, wo eine Beratung verpflichtend gemacht werde, der Anspruch ernst genommen werde. So würde die Gefahr eines Kreislaufes der Verweisung vorgebeugt. Die ZAB bestätigte also, dass mit dem gesetzlichen Anspruch auf Beratung eine Sicherheit für die Ratsuchenden besteht und das ständige Weitervermitteln bzw. -verweisen ausgeschlossen wird.

Das aktuell im Anerkennungsgesetz NRW vorgesehene Beratungsmodell sieht eine Ankopplung der Anerkennungsberatung an das neue Förderprogramm „Beratung zur beruflichen Entwicklung“ vor. Die für die Ausführung vorgesehene Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung (GIB) erläuterte, dass das Arbeitsministerium das neue Förderprogramm „Beratung zur beruflichen Entwicklung“ entwickelt habe und damit eine Anerkennungsberatung flächendeckend in NRW gewährleisten würde. Eine erste Orientierungs- und Verweisberatung werde bei all diesen 70 Einrichtungen stattfinden. Der Träger der neuen Beratungsstellen erwähnt also selbst das größte Problem beziehungsweise die Gefahr eines Verweis-Teufelskreises. Auch Minister Schneider konnte auf Nachfragen von der Fraktion der PIRATEN im Integrationsausschuss nicht die Gefahr des Verweis-Teufelskreises ausschließen.

 

Daher ist die gesetzliche Verankerung des Beratungsanspruches die einzig richtige Alternative.

 

 

Zu 2.

 

In der aktuellen Gesetzesvorlage des Anerkennungsgesetzes NRW ist die Finanzierung von Nachqualifizierungsmaßnahmen nicht geregelt.

 

Insbesondere die Lösung der Finanzierungsproblematik ist für Erhöhung der Anerkennungszahlen und damit die Sicherung von Fachkräften wichtig.

 

Aufgrund der Zusagen des Bundes, die Kosten von Nachqualifizierungsmaßnahmen hälftig zu übernehmen, ist eine Festschreibung der Kostenübernahme durch das Land Nordrhein-Westfalen zu einem Mindestanteil von 50 von 100 sinnvoll.

Erfahrungen in Hamburg zeigen, dass es äußerst wichtig ist, die Finanzierung der Nachqualifizierungsmaßnahmen bereits im Voraus zu regeln. Nachqualifizierungen sind häufig sehr spezifisch und müssen auf besondere Defizite eingehen. Diese Nachqualifizierungskurse sind daher sehr teuer und werden von Bildungsträgern nicht angeboten, wenn die Finanzierung unklar ist.

 

In der Anhörung zum Anerkennungsgesetz wurde deutlich, dass davon auszugehen ist, dass die Personen der Zielgruppe des Anerkennungsverfahrens entweder das Geld für die Nachqualifizierungsmaßnahmen nicht besitzen oder nicht die Zeit haben, das notwenige Geld zu verdienen. Die GIB erläuterte, dass es ein großes Problem bei der Teilanerkennung gäbe. So habe man nicht viel davon, wenn mit dem Anerkennungsgesetz hohe Erwartungen geweckt würden, aber die entsprechenden Anpassungsqualifizierungen nicht finanziert werden könnten.

 

Daher ist die gesetzlich verbindliche Finanzierung von Nachqualifizierungskursen mit einem Mindestanteil von 50 von 100 durch das Land Nordrhein-Westfalen wichtig.

 

 

Zu 3.

 

Redaktionelle Folgeänderung.

 

 

 

Dr. Joachim Paul

Monika Pieper

Torsten Sommer

Simone Brand

 

und Fraktion