LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN
16. Wahlperiode

 

Drucksache  16/2564

 

10.04.2013

 

 

 

 

Antwort

 

der Landesregierung

auf die Kleine Anfrage 941 vom 27. Februar 2013

des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder   PIRATEN

Drucksache 16/2222

 

 

 

Sicherheitskriterien beim Verkauf der Urenco-Anteile

 

 

 

Der Minister für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk hat die Kleine Anfrage 941 mit Schreiben vom 5. April 2013 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Finanzminister und dem Minister für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet.

 

 

 

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

 

Im westfälischen Gronau betreibt die Firma Urenco die bundesweit einzige Urananreicherungsanlage, die trotz des 2011 im Bundestag beschlossenen Atomausstiegs nicht mit einem Stilllegungsdatum versehen wurde. Mit der Urananreicherungsanlage in Gronau kann weltweit für jedes zehnte Atomkraftwerk Uran zur Brennelementefertigung angereichert werden. Zugleich ist die verwendete Zentrifugentechnologie aber auch geeignet, um waffenfähiges Uran herzustellen. Dies macht die Urenco-Technologie auch unter dem Gesichtspunkt der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffentechnologie extrem sensibel. In Gronau und Jülich forscht, entwickelt und baut die Urenco diese Zentrifugen über das Joint Venture ETC zusammen mit Areva.

 

Anteilseigner der Urenco sind der niederländische und der britische Staat sowie in Deutschland EON und RWE. Nach Auskunft der Bundesregierung wollen sowohl EON, RWE wie auch der britische Staat ihre Anteile verkaufen, die niederländische Regierung scheint ihre Anteile (zunächst) behalten zu wollen.

 

Vor diesem Hintergrund beantwortete die Landesregierung am 14. Januar 2013 eine Kleine Anfrage des Abgeordneten Hanns-Jörg Rohwedder zum Verkauf der Urenco-Anteile und den Mitwirkungsmöglichkeiten und -pflichten der Landesregierung (Landtagsdrucksache 16-1880). Darin spricht die Landesregierung u. a. von sog. „Patronatserklärungen“ und definiert als (einziges) Ausschlusskriterium die „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“ des möglichen Erwerbers. Auch verweist die Landesregierung auf die Bundesratsinitiative von 2011 zur Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau.

 

Am 22. Januar 2013 nahm auch die Bundesregierung zum Thema Verkauf der Urenco-Anteile Stellung (Bundestagsdrucksache 17-12142). Die Bundesregierung verteidigt darin den zeitlich unbegrenzten Weiterbetrieb der Urananreicherungsanlage Gronau. Zugleich definiert sie als Voraussetzung für ihre Zustimmung zu einer veränderten Struktur der Anteilseigner die „nukleare Nichtweiterverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität der Urenco.“

 

 

 

 

 

1.       Haben seit der Beantwortung meiner diesbezüglichen Kleinen Anfrage durch die Landesregierung, also seit dem 14. Januar 2013, Gespräche zwischen der Landesregierung, der Bundesregierung oder anderen Beteiligten in puncto Veränderung der Struktur der Anteilseigner bei Urenco stattgefunden?

 

Ja

 

 

2.       Worum genau geht es bei den von der Landesregierung erwähnten Patronatserklärungen?

 

Mit den Patronatserklärungen haben sich RWE und E.ON in Hinblick auf eine finanziell abgesicherte Entsorgungsvorsorge für die Urananreicherungsanlage Gronau verpflichtet, sich als mittelbare Muttergesellschaften der Urenco Deutschland dafür einzusetzen, dass diese ihren atomrechtlichen Entsorgungsverpflichtungen durch Bildung ausreichender Rückstellungen nachkommt. Darüber hinaus haben sie erklärt, ihre Geschäftsanteile an Urenco im Falle eines Verkaufs nur an wirtschaftlich vergleichbare Dritte zu veräußern.

 

 

3.     Gibt es für die Landesregierung weitere Ausschlusskriterien beim möglichen Wechsel in der Eigentümerstruktur von Urenco als die in Landtagsdrucksache 16-1880 erwähnte „wirtschaftliche Leistungsfähigkeit“, insbesondere vor dem Hintergrund des deutschen Atomausstiegs und der militärischen Brisanz der Urananreicherungstechnologie?

 

Die sich aus dem völkerrechtlichen Vertrag von Almelo („Übereinkommen vom 4. März 1970 zwischen der Bundesrepublik Deutschland, dem Königreich der Niederlande und dem Vereinigten Königreich von Großbritannien und Nordirland über die Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Nutzung des Gasultrazentrifugenverfahrens zur Herstellung angereicherten Urans“) ergebenden Kontrollverpflichtungen fallen in den Zuständigkeitsbereich der Bundesregierung. Diese hat stets erklärt, dass sie mögliche Änderungen der Anteilsstruktur von Urenco nur zustimme, wenn auch weiterhin die nukleare Nichtverbreitung, Sicherung der Technologie und wirtschaftliche Solidität bei Urenco sichergestellt ist (siehe Bundestagsdrucksachen 17/12142 und 17/12263). Die Landesregierung teilt diese Auffassung.

 

 

 

 

 

 

4.       Wird die Landesregierung ggf. den Landtag vor einer Entscheidung zum Wechsel in der Eigentümerstruktur von Urenco beteiligen?

 

Die zukünftige Eigentümerstruktur der Urenco ist derzeit völlig offen. Die Landesregierung wird den Landtag zu gegebener Zeit über die Auswirkungen einer geänderten Eigentümerstruktur auf die Urananreicherungsanlage Gronau informieren.

 

 

5.       Wird die Landesregierung angesichts der neuen Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat nach der Niedersachsen-Wahl ihre Bundesratsinitiative zur Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau neu starten?

 

Dies wird die Landesregierung zu gegebener Zeit entscheiden.